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Integration aus Überzeugung

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T OP T HEMA T OP T HEMA<br />

Kontaktadresse:<br />

DJK Diözesanverband<br />

Essen,<br />

Kl<strong>aus</strong> Scholz,<br />

Dreilindenstr. 43,<br />

45128 Essen,<br />

Tel. 0201/235960,<br />

dv-essen@djk.de,<br />

www.djk-dv-essen.de<br />

Fußball als Mittel der <strong>Integration</strong> –<br />

das Beispiel der DJK Katernberg<br />

Fußball integriert. Elf Freunde müsst ihr sein:<br />

Da ist kein Platz für Parallelgesellschaften. Zumindest<br />

nicht während der 90 Minuten.<br />

Doch was ist nach dem Spiel? „Sport und<br />

mehr“ lautet das Motto des katholischen DJK-<br />

Verbandes. Das gilt für die Vermittlung von<br />

Fairness und Teamfähigkeit. Die Vereine können<br />

auch das Zusammenleben zwischen den<br />

Kulturen fördern.<br />

Ein Spielbericht:<br />

Kl<strong>aus</strong> Scholz ist fest davon überzeugt: „In<br />

den Vereinen wird unheimliche <strong>Integration</strong>sarbeit<br />

geleistet“, sagt der Geschäftsführer des Essener<br />

DJK-Verbandes. Er ist Mitglied beim DJK<br />

Katernberg 19. Die Spielstätte des Traditionsclubs<br />

liegt direkt an der Meerbruchstraße. Die<br />

alte Bergarbeiter-Siedlung ist bekannt <strong>aus</strong> dem<br />

Film „Das Wunder von Bern“ und wird heutzutage<br />

überwiegend von türkischen Familien bewohnt.<br />

Von hier <strong>aus</strong> können die Spieler zwischen<br />

den Bäumen erkennen, wie sich neben<br />

dem Kirchturm von St. Joseph die Fatih-Moschee<br />

in den Himmel<br />

erhebt. Am Dialog der<br />

Kulturen führt kein<br />

Weg vorbei.<br />

Der Verein, als<br />

ehemaliger Bergarbeiterclub<br />

schon immer<br />

Ort der <strong>Integration</strong><br />

gewesen, stellte sich<br />

auf die neue Situation<br />

ein. Bei großen Festen<br />

gibt es nicht nur<br />

Würstchen, sondern<br />

auch gegrillte Hähnchen. „So viele Trainer und<br />

Betreuer arbeiten für ein Miteinander, ohne eine<br />

spezielle Ausbildung“, betont Scholz. Und<br />

weiter: „Ich wünsche mir mehr Zuspruch für<br />

diese Leistung, die von der Gesellschaft kaum<br />

wahrgenommen wird.“<br />

Der ehemalige Übungsleiter weiß, wovon er<br />

spricht: „Ich habe ein Jugendteam von der F-Jugend<br />

bis zur C-Jugend trainiert. Wir hatten da<br />

fünf Nationen: Türken, Libanesen, Afghanen,<br />

Polen und Deutsche. Aber der Zusammenhalt<br />

war trotzdem super, die Jungs grüßen mich<br />

auch heute noch, wenn sie mich treffen.“<br />

Mittlerweile ist es 18:00 Uhr. An der Meerbruchstraße<br />

trainiert gerade die E1-Nachwuchsmannschaft.<br />

Bunt geht es zu, Trikots <strong>aus</strong> aller<br />

Herren Länder zeigen Flagge. Der deutsche<br />

Nationalspieler flachst mit dem türkischen Auswahlspieler,<br />

ein Schalker und ein Spieler von<br />

Fenerbahce Istanbul passen sich den Ball zu. Es<br />

ist ein typisches Team: Sieben Deutsche und<br />

neun Kinder mit Migrationshintergrund mischen<br />

sich beim abschließenden Trainings-<br />

spielchen zu zwei homogenen Mannschaften.<br />

Damit das Team nicht in kleine Grüppchen zerfällt,<br />

darf auf dem Spielfeld nur deutsch gesprochen<br />

werden.<br />

Am Rand stehen türkische Eltern und beobachten<br />

das Treiben ihrer Söhne. „Ich komme,<br />

wenn ich kann, zu Spielen und zum Training“,<br />

sagt Abdul Dom-Bayci. Mehrere Taschen dabei<br />

hat Shaba Aksoy. Nach Ende der Trainingszeit<br />

verteilt er Schokoriegel und Getränke an das<br />

ganze Team, denn sein Nachwuchs hat Geburtstag.<br />

Die beiden stolzen Väter stecken viel<br />

Engagement in die schönste Nebensache der<br />

Welt: „Wir sind auch Betreuer der Mannschaft.“<br />

Sport als Gemeinschaftserlebnis: Das scheint<br />

auch bei den Erwachsenen zu funktionieren.<br />

Eine halbe Stunde nach Trainingsende sind<br />

die ethnischen Gruppen immer noch gemischt<br />

– allerdings nur bei den Jüngsten bis acht Jahren.<br />

Die Älteren bleiben unter sich. So streunt<br />

eine Gruppe von sieben türkischen Jungs über<br />

die Anlage, als ihre Mitspieler schon längst in<br />

der Kabine verschwunden sind. Jetzt sind nur<br />

noch türkische Töne zu hören.<br />

Vorboten eines Trends, der auch bei der benachbarten<br />

Fatih-Moschee-Gemeinde zu spüren<br />

ist. Dort hat sich ein eigener muslimischer<br />

Sportverein gegründet: Fatihspor. Wenn muslimische<br />

Jungs bei den Katernbergern eintreten<br />

wollen, kann es schon einmal passieren, dass<br />

sie von Vätern und Gemeindevertretern darauf<br />

hingewiesen werden, wo sie künftig zu spielen<br />

haben. Ein solches Verhalten untergrabe die<br />

Versuche, durch den Sport das Zusammenleben<br />

zu verbessern, klagt Kl<strong>aus</strong> Scholz: „<strong>Integration</strong><br />

darf keine Einbahnstraße sein.“<br />

Mancherorts drohen gemischte Mannschaften<br />

bereits zum Auslaufmodell zu werden. Erst<br />

kürzlich verhinderte der Sport<strong>aus</strong>schuss der<br />

Stadt Essen den Versuch dreier türkischer Gemeinden,<br />

einen Karnaper Großverein zu gründen.<br />

Die Gesellschaft steht auch auf dem Fußballplatz<br />

vor einer ungewissen Zukunft. Kl<strong>aus</strong><br />

Scholz und sein DJK-Verein werden trotzdem<br />

nicht aufgeben, neue Mitglieder zu werben –<br />

gleich welcher Nationalität und Kultur.<br />

(Christopher Friedburg)<br />

„Rote Karte“ gegen Fremdenfeindlichkeit<br />

Mit der 15. Ausgabe der Vereinszeitschrift „phönix visuell“ hat die Jugendabteilung der DJK<br />

Phönix Schifferstadt (DV Speyer) die Aktion „Rote Karte gegen Fremdenfeindlichkeit“ eingeleitet,<br />

die sich länger als ein Jahr hinziehen sollte. „Allein der Gedanke, dass Menschen, die <strong>aus</strong><br />

fremden Ländern kommen … hier Verfolgungen und Demütigungen <strong>aus</strong>gesetzt sind, ist unerträglich<br />

und nicht zu verantworten. Hierfür darf es Null Toleranz geben“, erklärt Jugendsprecher<br />

Michael Johann (B-Junioren) in einem Aufruf. Er ist stolz darauf, dass sein Verein bei der<br />

Aktion des Deutschen Fußballbundes „Kein Platz für Gewalt“ mitmacht. Immerhin sind von<br />

derzeit 248 aktiven Jugendspielern 47 <strong>aus</strong>ländischer Herkunft. Das sind 19 Prozent und damit<br />

ein höherer Anteil als der Prozentsatz <strong>aus</strong>ländischer Mitbürger im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung.<br />

In den Jugendmannschaften kämpfen die Spieler unvoreingenommen Seite an Seite<br />

miteinander, siegen gemeinsam, verlieren gemeinsam, lachen und leiden miteinander. Keiner<br />

verschwendet einen Gedanken an die Herkunft des Anderen.<br />

„Anders könnte ein Mannschaftssport auch<br />

nicht erfolgreich sein“, wird in „phönix visuell“<br />

die Situation geschildert. Unter dem Corporate<br />

Design des DOSB „Wo spielt die Herkunft keine<br />

Rolle?“ werden in dem Heft, für dessen Redaktion<br />

Wolfgang Münster verantwortlich zeichnet,<br />

mehrere <strong>aus</strong>ländische Jugendspieler porträtiert.<br />

Als Beispiele vorbildlicher <strong>Integration</strong><br />

werden unter anderem Ercüment Yildiz, türkischer<br />

Trainer der E2-Junioren, und Mete Ince,<br />

ein türkischer A-Jugendspieler vorgestellt, die<br />

im Verein großes Ansehen genießen. Mete Ince,<br />

der sich nach eigener Aussage zu 51 Prozent<br />

als Deutscher und zu 49 Prozent als Türke fühlt,<br />

spielt seit der F-Jugend bei Phönix und ist von<br />

jeher ein Leistungsträger seiner jeweiligen<br />

Mannschaft. Er hat bereits auf allen Positionen<br />

gespielt, sogar als Torwart. Am Ende dieser Saison<br />

soll er von den A-Junioren ins Aktivenlager<br />

wechseln.<br />

Doch insgesamt ist für die <strong>Integration</strong> außerhalb<br />

des Sports noch viel Arbeit zu leisten,<br />

denn für eine dauerhafte Bindung reicht es<br />

nicht, wenn sich die Kinder im Verein zu H<strong>aus</strong>e<br />

fühlen. „Erst wenn auch Eltern und Großeltern<br />

ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln, werden<br />

sie integriert sein“, betont Münster in „phönix<br />

visuell“. Auch die Frage wird aufgeworfen, was<br />

nun konkret zu tun ist, um das Miteinander enger<br />

und dauerhaft zu gestalten. „Hier sind in erster<br />

Linie die Eltern aufgerufen, initiativ zu werden“,<br />

betont Münster, der bei Phönix für die<br />

Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Beispielsweise<br />

müsse man bei Vereinsveranstaltungen<br />

dazu beitragen, dass die Familien der <strong>aus</strong>ländischen<br />

Kinder nicht unter sich bleiben, auch<br />

wenn hier und da Sprachbarrieren überwunden<br />

werden müssten.<br />

„Beide Seiten müssen aufeinander zugehen“,<br />

laute die Aufgabe, bei der der Suche<br />

nach Jugendbetreuern eine entscheidende<br />

Rolle zukomme. Im Laufe des Jahres sollen<br />

weitere konkrete Maßnahmen zur Förderung<br />

der <strong>Integration</strong> erörtert und in der Vereinszeitschrift<br />

vorgestellt werden.<br />

Die nächste praktische Aktion wird beim<br />

Pfingst-Turnier der A-Jugend starten, wie Wolfgang<br />

Münster angekündigt. Dann werden an<br />

die Zuschauer „Rote Karten“ verteilt mit der<br />

Aufschrift „Kein Platz für Gewalt. Rote Karte für<br />

Fremdenhass und Gewalt in der Gesellschaft<br />

und in den Sportarenen. – Den Kindern eine<br />

friedfertige Welt schaffen“.<br />

Hand in Hand für mehr<br />

Toleranz: DJK-Oberwesel<br />

Das Beispiel der DJK Oberwesel kann herangezogen<br />

werden um zu zeigen, dass <strong>Integration</strong>sarbeit<br />

im Sportverein nicht erst durch die<br />

aktuellen Anlässe unserer Tage geschieht, sondern<br />

schon auf eine lange Geschichte zurückblicken<br />

kann. Ebenso ist die Arbeit der DJK<br />

Oberwesel auch ein gutes Beispiel wie, <strong>aus</strong>gehend<br />

von einem DJK-Ortsverein, eine Aktion<br />

auf breitere Füße gestellt wurde und so weit<br />

über den eigentlichen Verein hin<strong>aus</strong> <strong>aus</strong>strahlte.<br />

So konnten z.B. über 7.000 Button verkauft<br />

werden und der Erlös weitergeleitet werden an<br />

Organisationen die sich der <strong>Integration</strong>sarbeit<br />

verpflichtet fühlen. Die Bemühungen der DJK<br />

Oberwesel über viele Jahre hinweg zeigen<br />

auch exemplarisch, dass <strong>Integration</strong>sarbeit im<br />

Verein auch über das rein Sportliche hin<strong>aus</strong>geht.<br />

So gehörte z.B. eine Erlebnisfreizeit im<br />

Berchtesgadener Nationalpark zu den Angeboten<br />

des Vereins in der eine gemischte Gruppe<br />

zunehmend zusammen wuchs. Diese Maßnahme<br />

und die dabei gewonnenen Erfahrungen<br />

dienten z.B. dem Landesportbund Rheinland-<br />

Pfalz für ein Projekt „Sport mit Aussiedlern“ als<br />

Vorbild. Spielfeste im Stadion oder Kindertage<br />

auf dem Marktplatz ergänzen das Angebot.<br />

Dem gegenseitigen Kennenlernen diente z.B.<br />

auch eine Aktion, in der landestypische Spezialitäten<br />

zubereitet wurden, um sich so mit den<br />

Herkunftsländern der Aussiedler und <strong>aus</strong>ländischen<br />

Mitbürgern vertraut zu machen. Hierbei<br />

und bei weiteren Maßnahmen standen im<br />

Mittelpunkt auch einmal fremde und unbekannte<br />

Sitten und Bräuche kennen zu lernen.<br />

Viele dieser Maßnahmen wurden in den Folgejahren<br />

erweitert und neue Angebote kamen<br />

hinzu.<br />

Kontaktadresse:<br />

DJK Phönix Schifferstadt<br />

(DV Speyer),<br />

DJK SV Phönix Schifferstadt,<br />

Speyererstr. 147,<br />

67105 Schifferstadt<br />

…buero@djkphoenix.de,<br />

www.djk-phoenix.de<br />

Kontaktadresse:<br />

DJK Diözesanverband<br />

Trier, Herzogenbuscher<br />

Str. 56, 54292 Trier, Tel.<br />

0651-240 40<br />

8 – Das Magazin Januar/Februar 2007<br />

– Das Magazin Januar/Februar 2007<br />

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