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Vorläufige Evaluation der Auswirkungen der FIFA Weltmeisterschaft ...

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„Es wurde lei<strong>der</strong> zu einer vorhersehbaren Realität, dass in Län<strong>der</strong>n, die Grossanlässe<br />

wie eine WM vorbereiten, die Autoritäten und die Grossunternehmen diese Möglichkeit<br />

nutzen, um die Strassen von Schwarzhändlern zu reinigen.“ 47<br />

2007 trat eine Koalition für die Rechte von Schwarzarbeitern (Street Net International) mit<br />

den Gastgeberstädten Cape Town, Durban, Johannesburg und Nelson Mandela Metro in<br />

Kontakt. Ziel war es, von den lokalen Regierungen ein Bekenntnis zum Schutz <strong>der</strong> Armen für<br />

die Zeit während den Vorbereitungen zur WM zu erhalten. Im Speziellen ging es dabei um<br />

ihre Häuser und Existenzgrundlagen. Doch auch nach den Treffen zwischen <strong>der</strong> Koalition<br />

und den Stadtregierungen än<strong>der</strong>ten diese ihre einseitig festgelegte Praxis nicht. Als Vorwand<br />

für diese Säuberungsmassnahmen wurde auf die nicht bindenden „<strong>FIFA</strong>-Gesetze“ verwiesen,<br />

gemäss <strong>der</strong>er nationale Regelungen während <strong>der</strong> WM ausser Kraft gesetzt werden<br />

können. Offensichtlich versuchte man, Stadtsäuberungen als für eine erfolgreiche WM absolut<br />

notwendig darzustellen.<br />

In Durban versuchte die Lokalverwaltung einen fast 100jährigen Markt aufzulösen, <strong>der</strong> die<br />

Lebensgrundlage von knapp 10'000 Personen darstellte. Die Gemeinde wollte dort während<br />

<strong>der</strong> WM ein Einkaufszentrum erstellen. Glücklicherweise sprach sich ein Gericht für den Erhalt<br />

des Marktes aus. Die lokale Regierung von Rustenberg im Nordwesten unternahm Anstrengungen,<br />

alle informellen Händler von den Hauptstrassen zu entfernen. Dies konnte jedoch<br />

ebenfalls durch einen Richterspruch unterbunden werden. In Cape Town vertrieb die<br />

Regierung alle 300 Strassenhändler von <strong>der</strong> „Grande Parade“ in an<strong>der</strong>e Gegenden, um Platz<br />

für ein <strong>FIFA</strong>-Public Viewing zu schaffen. Dazu wurden zur schon bestehenden Händlerkontrolle<br />

20 zusätzliche Polizisten beigezogen, um renitente Händler von ihrer Tätigkeit abzuhalten<br />

und um nicht-lizenzierte Fanartikel zu konfiszieren. Nach monatelangen Protesten, erzielten<br />

die Händler in Johannesburg eine Einigung für den Handel an bestimmten Orten um das<br />

Soccer City Stadion. Beim Nelson Mandela Stadion in Port Elisabeth protestierten Strassenhändler<br />

mehrmals für das Recht sowohl um das Stadion als auch in <strong>FIFA</strong>-Fanpark Handel<br />

betreiben zu können. So erhielten sie zwar eine grundsätzliche Zusage <strong>der</strong> Stadt, durch zu<br />

hohe Bewilligungsgebühren wurden sie jedoch trotzdem marginalisiert und konnten ihrer<br />

Arbeit nicht nachgehen.<br />

Durch (versuchte) Vertreibungen und Umsiedlungen an „passen<strong>der</strong>e“ Orte, verloren die<br />

Strassenhändler wohl einen gewichtigen Teil ihrer Einkommen während <strong>der</strong> WM, was dazu<br />

beitrug, dass sich die sozialen Ungleichheiten verschärften.<br />

Schlussfolgerungen<br />

Die <strong>FIFA</strong> WM 2010 in Südafrika lieferte einen Anstoss zu grossen Debatten über ihr Erbe<br />

und ihre sozioökonomischen Wirkungszusammenhänge für Südafrika. Der Grossteil dieser<br />

Debatten dreht sich um sportliche, infrastrukturelle und touristische Themen wie auch um<br />

den Einfluss auf die BIP-Entwicklung. Bis anhin wurde aber nur wenig zur Wirkung <strong>der</strong> WM<br />

auf die Arbeiterschaft geforscht, sowohl was den formellen und den informellen Bereich, als<br />

auch die Entwicklung <strong>der</strong> sozialen Ungleichheiten in <strong>der</strong> Bevölkerung von Südafrika betrifft.<br />

Südafrika ist ein Land mit massivem Nachholbedarf bei <strong>der</strong> Bereitstellung von öffentlichen<br />

Gütern. So erkannte das Umweltministerium (Water and Environmental Affairs Ministry) kürzlich,<br />

dass ca. 23 Mia. R (3,1 Mia. $) benötigt werden würden, um eine landesweite und stabile<br />

Wasseraufbereitung garantieren zu können. Auch Präsident Jacob Zuma klagte über einen<br />

Mangel an 2,1 Mio. Häusern für 12 Mio. Menschen, die in 2'700 illegalen Siedlungen<br />

wohnen. Wenn man die Ausgaben von knapp 40 Mia. R anstelle für die WM für das Wohnungsproblem<br />

verwendet hätte, hätte man bei einem Preis von 84'000 R pro Haus 476'180<br />

Wohnmöglichkeiten für 2,4 Mio. SüdafrikanerInnen bauen können.<br />

<strong>Vorläufige</strong> <strong>Evaluation</strong> <strong>der</strong> <strong>Auswirkungen</strong> <strong>der</strong> <strong>FIFA</strong> <strong>Weltmeisterschaft</strong> 2010 in Südafrika<br />

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