Da ist ein Kraut gewachsen - Ritterhaus Bubikon
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Wegwarte. Zur Förderung der<br />
Manneskraft und bei Leberleiden.<br />
Bilsenkraut. Gegen starke Zahnschmerzen<br />
und als Betäubungsmittel.<br />
Rainfarn. Bei Husten, Verdauungsproblemen<br />
und Prostataleiden.<br />
weiht war und so entstanden s<strong>ein</strong> soll: Eine<br />
junge Schönheit, Tochter des Gottes Atlas,<br />
wurde vom Sonnengott mit dessen Strahlen<br />
verfolgt. Sie floh und bat Zeus um<br />
Hilfe. Dieser verwandelte sie in <strong>ein</strong> Veilchen,<br />
das geschützt vor den Sonnnenstrahlen<br />
im Walde wächst. Als Heilmittel zeigte<br />
sich das Duftveilchen wirksam gegen<br />
Kopfschmerzen und Sehstörungen.<br />
Den umgekehrten Weg <strong>ist</strong> die heute als<br />
Zierpflanze genutzte Pfingstrose gegangen:<br />
Aus deren Blüten gewann man im<br />
Mittelalter Paeonienzucker, der gut war<br />
gegen Bauchschmerzen und zum Abgewöhnen<br />
der Muttermilch bei Kindern.<br />
Iva-Pflanze bei «Blödigkeit»<br />
Seit jeher <strong>ein</strong> Allerwelts-Heilmittel für<br />
Mensch und Tier <strong>ist</strong> die Schafgarbe, die<br />
ihren wissenschaftlichen Namen Achillea<br />
wahrsch<strong>ein</strong>lich dem griechischen Helden<br />
Achilles verdankt: Sie gilt als Verdauungsförderer<br />
und Wundheiler, zumal ihre kl<strong>ein</strong>ere,<br />
in Gletschernähe wachsende alpine<br />
Form, die Moschus-Schafgarbe oder Iva-<br />
Pflanze. Schon der Berner Naturgelehrte<br />
Albrecht von Haller wusste im 18. Jahrhundert,<br />
dass sie «bei Blödigkeit, Unverdaulichkeit,<br />
Schwäche des Magens, Blähungen<br />
und Grimmen» hilfreich <strong>ist</strong>. Später<br />
mutierte die Iva-Essenz, der «Ge<strong>ist</strong> der<br />
wilden Fräul<strong>ein</strong>» (gewonnen aus den Blättern<br />
der Moschus-Schafgarbe, auch «Wildfräuli-Chrut»<br />
genannt), zum aromatischen<br />
Kräuterlikör und Engadiner Nationalge-<br />
natürlich 6 | 2013 Fotos: <strong>Ritterhaus</strong>gesellschaft <strong>Bubikon</strong><br />
tränk «Iva», das im 19. Jahrhundert zum<br />
Exportschlager wurde und heute noch von<br />
vielen Einheimischen selbst hergestellt<br />
wird.<br />
Nicht zu vergessen die Rosenmalve, deren<br />
Absud man früher verwendete, um<br />
glattes Haar kraus zu machen. Und während<br />
wir Rosen heutzutage vor allem als<br />
gut duftende Augenweide hegen, waren<br />
sie in der Antike primär Rosenwasser-Lieferanten<br />
für Haushalte vornehmer Leute.<br />
Einst <strong>ein</strong>e Pflegestation<br />
<strong>Da</strong>ss der Epochen-Kräutergarten gerade<br />
beim <strong>Ritterhaus</strong> <strong>Bubikon</strong> angesiedelt <strong>ist</strong>,<br />
kommt nicht von Ungefähr. Dieses wurde<br />
im Mittelalter als Kommende des Johanniterordens<br />
gegründet. Die Anfänge dieses<br />
Hospitalordens reichen ins 11. Jahrhundert<br />
zurück, wo sich <strong>ein</strong>e Johannes<br />
dem Täufer geweihte Bruderschaft in Jerusalem<br />
der Pflege kranker Pilger verschrieben<br />
hatte. <strong>Da</strong>raus erwuchs der militärische<br />
Johanniterorden, in dessen<br />
europaweiten Niederlassungen auch<br />
Krankendienst gele<strong>ist</strong>et wurde, unter Einbezug<br />
orientalische Heilkunde.<br />
Im Verlaufe der Zeit <strong>ist</strong> aber viel Wissen<br />
um die Wirkung von Kräutern verloren<br />
gegangen. Bedrängt durch die synthetische<br />
Konkurrenz, konnten sich nur <strong>ein</strong><br />
paar wenige Kräuter <strong>ein</strong>en sicheren Platz<br />
als wissenschaftlich erforschtes Medikament<br />
ergattern. Etabliert sind beispielsweise<br />
Ginkgo zur Behandlung von De-<br />
Kolonialzeit<br />
Schnittknoblauch. Aus China,<br />
k<strong>ein</strong>en Körpergeruch hinterlassend.<br />
Roter Sonnenhut. Aus den USA,<br />
bakterizid und gut fürs Immunsystem.<br />
<strong>Da</strong>mascener-Rose. Aus Persien,<br />
Rosenöl und Blüten für die Küche.<br />
menzersch<strong>ein</strong>ungen und Johanniskraut<br />
gegen Stimmungsschwankungen. Nach<br />
wie vor zur Kategorie Hausmittel gehört<br />
hingegen der Frauenmantel, verwendet<br />
nicht nur bei vielen Frauenleiden, sondern<br />
auch bei Verdauungs- und Nervenproblemen.<br />
Oder der Waldme<strong>ist</strong>er, <strong>ein</strong> in der<br />
Volksheilkunde bewährtes Mittel zur Stärkung<br />
des Herzens und gegen Durchblutungsstörungen.<br />
Auch wenn viele Kräuter nicht über<br />
den Status Hausmittel hinauskommen und<br />
man als Laie <strong>ein</strong>en grösseren Effort le<strong>ist</strong>en<br />
muss, als bei <strong>ein</strong>er konventionellen Therapie,<br />
besinnen sich immer mehr Leute auf<br />
die Heilkraft der Natur. Einen Kräutergarten<br />
zu haben, sei er noch so kl<strong>ein</strong>, <strong>ist</strong> wieder<br />
in; er schmeichelt Augen und Nase, bereichert<br />
die Küche und die Hausapotheke.<br />
Ob aller Bege<strong>ist</strong>erung darf aber nicht<br />
übersehen werden: Sowohl die antike, die<br />
mittelalterliche als auch die heutige Pflanzenmedizin<br />
setzte auch giftige Arzneipflanzen<br />
<strong>ein</strong>, bei denen grösste Vorsicht<br />
geboten <strong>ist</strong>, so zum Beispiel die Tollkirsche<br />
(Belladonna), Aronstab, Herbstzeitlose<br />
oder Maiglöckchen. Heute werden diese<br />
Pflanzen vor allem in der Homöopathie<br />
verwendet. u<br />
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