Da ist ein Kraut gewachsen - Ritterhaus Bubikon
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natürlich 6 | 2013<br />
Einst fantasierte Kaiser Karl der<br />
Grosse: «… dass man im Garten<br />
alle Kräuter habe …». Ein Ding<br />
der Unmöglichkeit, <strong>ist</strong> die Biodiversität<br />
von Kräutern doch immens. Zu allen Zeiten<br />
nutzte der Mensch Heil- und Küchenkräuter<br />
zu den verschiedensten Zwecken.<br />
Interessant <strong>ist</strong> dabei, dass <strong>ein</strong>zelne<br />
Kräuter im Laufe der Epochen teilweise<br />
ganz unterschiedlich genutzt wurden. Genau<br />
diesen Aspekt beleuchtet der vor zwei<br />
Jahren neu eröffnete Kräutergarten im<br />
<strong>Ritterhaus</strong> <strong>Bubikon</strong> im Zürcher Oberland.<br />
Aus verschiedenen Geschichtsepochen<br />
werden die wichtigsten Vertreter gezeigt.<br />
Für oder gegen alles wurden und werden<br />
Kräuter <strong>ein</strong>gesetzt; nur – so sagt es das<br />
Sprichwort – gegen den Tod <strong>ist</strong> k<strong>ein</strong> <strong>Kraut</strong><br />
<strong>gewachsen</strong>.<br />
Pflanzliche Multitalente<br />
Ein gutes Beispiel für die unterschiedliche<br />
Nutzung, die auch damit zu tun hat, dass<br />
im Verlaufe der Zeit immer wieder <strong>ein</strong>mal<br />
neue Eigenschaften <strong>ein</strong>es <strong>Kraut</strong>s entdeckt<br />
wurden, <strong>ist</strong> Baldrian. S<strong>ein</strong>e getrockneten<br />
Wurzeln dienten in der Antike als Duftwasser<br />
und -öl für die Körperpflege. Wellness<br />
würde man heute sagen. Im Mittelalter<br />
dagegen war Baldrian – in Form von<br />
Tee oder Pulver – <strong>ein</strong> beliebtes Mittel zur<br />
Beruhigung. Später fand man zudem heraus,<br />
dass er auch hervorragend als Lockmittel<br />
für Katzen und Marder <strong>ein</strong>gesetzt<br />
werden kann – <strong>ein</strong> botanisches Multitalent.<br />
Ebenso Thymian: Während er heute<br />
in der Küche nicht fehlen darf, galt er in<br />
vorchr<strong>ist</strong>licher Zeit als Heilmittel gegen<br />
Schlangenbisse und Skorpiongift, und der<br />
hohe Gehalt an Thymol machte ihn später<br />
auch noch zur Heilpflanze bei Erkrankungen<br />
der Atmungsorgane.<br />
Magische Kräfte?<br />
In der antiken Säftelehre betrachtete man<br />
die Körperfunktionen als <strong>ein</strong> Zusammenspiel<br />
von Säften mit unterschiedlicher Eigenschaft:<br />
feucht-warmes Blut, trockenwarme<br />
gelbe und trocken-kalte schwarze<br />
Galle sowie feucht-kalter Schleim (siehe<br />
auch Milzartikel auf Seite 14). Krankheit<br />
interpretierte man als Ungleichgewicht<br />
dieser Säfte. War zu viel Kälte im Körper,<br />
musste Wärme zugeführt werden. <strong>Da</strong>zu<br />
dienten Knoblauch und Fenchel. Heute<br />
profitiert die Medizin und die Naturheilkunde<br />
vom im Knoblauch enthaltenen<br />
Wirkstoff Allicin, welcher sich günstig auf<br />
die Blutfettwerte auswirkt.<br />
Zu allen Zeiten schrieb man dem Knoblauch<br />
aber auch magische Kräfte zu, nicht<br />
nur als Schutz gegen Vampire. Indische<br />
Priester bezeichneten ihn als Sinne betäubend<br />
und warnten davor, dass «die Frommen<br />
vom rechten Weg» abgebracht würden.<br />
Der franzö sische «Kräuterpapst» Maurice<br />
Mességué hingegen pries den Knoblauch<br />
in den 1950er-Jahren als potenzstärkendes<br />
Mittel an. Auch Arnika und Benediktenkraut<br />
wirkten angeblich als Liebeselixier,<br />
Wegerich dagegen als Neutralisator derselben.<br />
Gewürzkräuter sind oft auch aus r<strong>ein</strong>en<br />
Zierpflanzen entstanden, so etwa die aus<br />
Nordamerika stammende Wilde Bergamotte,<br />
die in der Kolonialzeit zum Teeund<br />
Siruplieferanten mutierte oder die als<br />
Sinnbild der R<strong>ein</strong>heit geltende Madonnen-Lilie<br />
mit Heilkraft gegen Nervenleiden<br />
und Gürtelrose. Andere Beispiele sind<br />
die Goldmelisse, die als Beruhigungstee<br />
verwendet wurde sowie das Duftveilchen,<br />
das in der Antike mehreren Gottheiten ge-<br />
Der Epochen-Kräutergarten<br />
<strong>Da</strong>s <strong>Ritterhaus</strong> <strong>Bubikon</strong> im Zürcher Oberland, die <strong>ein</strong>stige Kommende<br />
des Johanniterordens, eröffnete im Sommer 2011 den Epochen-<br />
Kräutergarten. Er umfasst die Antike, das Mittelalter, die Kolonial- und<br />
die heutige Zeit.<br />
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 13 –17 Uhr,<br />
Samstag/Sonntag, Feiertage 10 –17 Uhr.<br />
Montag geschlossen (ausser Feiertage). Saisonschluss Ende Oktober.<br />
www.ritterhaus.ch oder Telefon 055 242 12 60.<br />
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