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Geschichtstafeln<br />

in Rhüden<br />

und Umgebung<br />

2


Vorwort<br />

Mie 2009 machte unser Heimatpfleger Gerd Syniawa den Vorschlag, alle wichgen<br />

historischen Gebäude und Einrichtungen in unserem Ort mit Hinweistafeln zu versehen,<br />

um deren Funkon und Entwicklung für die Nachwelt in Erinnerung zu erhalten.<br />

Es fanden sich Vereinsmitglieder, mit deren Hilfe der Plan umgesetzt werden<br />

konnte.<br />

Friedrich- Wilhelm Harenberg und Gerd Syniawa übernahmen die Recherche, Heine<br />

Harenberg und Dieter Sperling fergten die Holztafeln an, in die Informaonsbläer<br />

mit einem Bild des Objekts eingelegt wurden. Karl-Heinz Dirich und Klaus Pülm<br />

übernahmen die Gestaltung der Informaonsbläer und das Anbringen der Tafeln<br />

an den Häusern bzw. das Aufstellen der Pfähle an den vorgesehenen Stellen. Dass<br />

dies natürlich nur nach Rücksprache mit den jetzigen Besitzern geschehen konnte,<br />

war selbstverständlich. In fast allen Fällen erhielt Gerd Syniawa jedoch die Zusmmung,<br />

wenn er die Bie vortrug, eine Geschichtstafel anbringen zu dürfen. Nachdem<br />

die ersten Tafeln ihren Platz gefunden haen, kamen auch aus der Bevölkerung<br />

Hinweise auf weitere Standorte mit historischem Hintergrund.<br />

An 36 Stellen im Ort und in der näheren Umgebung sind Hinweistafeln auf die<br />

frühere Nutzung von Gebäuden und Plätzen angebracht worden. So kann man erfahren,<br />

dass es eine Öl- und Sägemühle gab, Zigarren produziert wurden, Rhüden<br />

eine Saline und zwei Molkereien hae, an mehreren Standorten unterrichtet wurde,<br />

es auch vor dem heugen Schwimmbad eine Badeanstalt gab und wo sich der<br />

Kemnadenhof und die Burg der Spaden befanden.<br />

Dass in Rhüden Kalisalz abgebaut wurde, ist bekannt, die ,,Schamoe" und<br />

die ,,Kolonie“ sind heute noch im Sprachgebrauch, aber wer weiß, dass auch eine<br />

Schokoladenfabrik und ein Kaiserliches Postamt im Ort waren.<br />

In diesem vorliegenden He sind nun zu allen Geschichtstafeln noch weitere detaillierte<br />

Informaonen hinzugefügt. Die Standorte der Tafeln sind auf der Karte gekennzeichnet<br />

und somit leicht zu finden. Bis zur Zusammenlegung der beiden<br />

Rhüdener Ortsteile (1974) war die amtliche Schreibweise Großrhüden bzw. Kleinrhüden.<br />

In den Texten dieses Hees und der Tafeln wird die heute übliche Schreibweise<br />

Groß Rhüden und Klein Rhüden verwendet.<br />

Rhüden, im Februar 2012<br />

3


Seite<br />

1 Schule Klein Rhüden An der Schule 4 6<br />

2 Schule St. Georg Groß Rhüden Am Burgberg 2 8<br />

3 Alte Schule Groß Rhüden Auf den Steinen 27 10<br />

4 Katholische Schule Groß Rhüden Spadentorstraße 14 12<br />

5 St. Marnikirche (keine Tafel) Bei der Kirche 14<br />

6 Katholische Kirche St. Oliver Klein Rhüden Maschstraße 17 16<br />

7 „Selbstständige Ev.-alt-luth. Kirche“ Bethlehemskirche In der Bleiche 11 18<br />

8 Synagoge (keine Tafel) Auf den Steinen 23 20<br />

9 Bahnhof Groß Rhüden Katelnburgstraße 1 22<br />

10 Standort Bahnwärterhäuschens An der großen Brücke 24<br />

11 Molkerei Groß Rhüden Schulstraße 1 26<br />

12 Molkerei Klein Rhüden An der Schule 28<br />

13 Schamoewerk in Klein Rhüden Ostlandstraße 2 30<br />

14 Zigarrenfabrik Albrecht und Schmidt Katelnburgstraße 5 32<br />

15 Zigarrenfabrik Göke Groß Rhüden W.-B.-Straße 14 34<br />

16a Saline Groß Rhüden Salinenweg 1 19 36<br />

16b Salzfaktorei Schlackenstraße 8 38<br />

17a Kalibergbau (Schachtgelände) Schulplatz/Heberg 40<br />

17b Kalibergbau (Chlorkaliumfabrik) Im Schlörbachtal 42<br />

17c Kalibergbau (Kolonie) Lamspringer Straße 4 44<br />

17d Kalibergbau (Direkonsgebäude) Carlsfund 46<br />

17e Kalibergbau (Pumpenhaus) Alte Mühlenstraße 8 48<br />

17f Kalibergbau (Rangierbahnhof Rothenberg) Straße n. Königsdahlum 50<br />

18 Elektrizitätswerk (Brandes/Teichert) Hildesheimer Straße 17 52<br />

19 Kaiserliches Postamt Maschstraße 6 54<br />

20a Schokoladenfabrik Gropp Bruchstraße 11 56<br />

20b Schokoladenfabrik Gropp (Bierwirth) Bruchstraße 11 58<br />

21a Bruchmühle In der Bleiche 34 60<br />

21b Alte Badeanstalt In der Bleiche 34 62<br />

22 Ölmühle (Breyther) W.-B.-Straße 5 64<br />

23 Sägemühle W.-B.-Straße 2-4 66<br />

24 Burg der Spaden Spadentorstraße 11 68<br />

25 Kemnadenhof Auf dem Burggraben 4 70<br />

26 Standort der Gr. Rhüdener Feuerwehr Schlackenstraße 1 72<br />

27 Standort der Kl. Rhüdener Feuerwehr In der Bleiche 74<br />

28 Verhüungsplatz Feld am Freibad 76<br />

4<br />

Geschichtstafeln Rhüden


Nr. 1<br />

Schule Klein Rhüden<br />

Lage: Früher Nr. ass 108, heute: An der Schule 4<br />

1891 Seit 1596 besteht ein gemeinsamer Schulverband mit Groß Rhüden. Das Schulgebäude<br />

befindet sich in der heugen Straße ,,Auf den Steinen“. In diesem Jahr wird dieser seit<br />

fast 300 Jahren bestehende Verbund mit dem Schultrennungsvertrag aufgelöst. Das gemeinsame<br />

Vermögen wird unter den beiden Gemeinden aufgeteilt. Klein Rhüden wird eine<br />

eigene Schule bauen.<br />

1893 Neubau einer Schule (das heuge Hauptgebäude), mit zwei Klassenzimmern und zwei<br />

Lehrerwohnungen. Mit Beginn des Kalibergbaus in Groß Rhüden und dem damit einhergehenden<br />

Zuzug von zahlreichen Arbeitskräen mit ihren Familien erhöht sich die Zahl der<br />

Schüler so stark, dass eine Erweiterung des Schulraums dringend erforderlich wird.<br />

1906 Neubau eines ,,Schulpavillons“, später im Dorf nur ,,Schulbaracke“ genannt, mit einem<br />

großen Klassenzimmer. Dieser moderne Pavillon ist der erste seiner Art im Lande<br />

Braunschweig und wird 1909 eigens vom Herzogsregenten während eines Besuches besich-<br />

gt.<br />

1946 Nach Kriegsende erfolgt der Abriss der längst baufälligen Schulbaracke.<br />

1952 Durch den starken Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen reichen die vorhandenen<br />

zwei Klassenräume nicht mehr aus und somit ist ein Erweiterungsbau unumgänglich. Der<br />

Gemeinderat entschließt sich für eine großzügige Lösung. Zunächst wird in diesem Jahr der<br />

südlich anschließende Gebäudetrakt mit zwei Klassenzimmern, einem Gruppenraum,<br />

Werkraum und Lehrküche erstellt. Auch Lehrerzimmer, Toileen und Duschen für die Allgemeinheit<br />

gehören dazu.<br />

1957 Fergstellung des Erweiterungsbaus mit Räumen für die Gemeindeverwaltung, einer<br />

Dienstwohnung für den Gemeindedirektor (heute Heimatmuseum) sowie im Untergeschoss<br />

zwei Garagen für die Freiwillige Feuerwehr. Damit waren die Raumprobleme der Gemeinde<br />

endgülg gelöst.<br />

2003 Mit dem Neubau der Grundschule im Wiesenbruch kommt das endgülge Aus für den<br />

Schulbetrieb an dieser Stelle. Alle Kinder aus Rhüden, Mechtshausen und Bornhausen können<br />

nun in einem zentralen Bau beschult werden. Das Hauptgebäude wird von der Stadt<br />

Seesen zu Wohnzwecken verkau. Der Südflügel wird zum ,,Haus der Vereine“ umgebaut<br />

und die Räume der ehemaligen Gemeindeverwaltung mit Dienstwohnung verbleiben dem<br />

Heimatmuseum.<br />

6


Nr. 2<br />

St. Georgsschule und ehemalige St. Georgskapelle<br />

Lage: Früher Nr. ass 123, heute: Am Burgberg 2<br />

1232 Erste Erwähnung der St. Georgskapelle. Das Baujahr ist unbekannt. Die St. Georgskapelle<br />

stand auf dem Gelände des Kemnadenhofes. Dies war der Sitz der Herren von Rhüden,<br />

sowie der Herren von Linde, denen sie wahrscheinlich als Hauskapelle gedient hat.<br />

Später kam sie in den Besitz der Kirche, der sie bis 1851 als Begräbniskapelle für Groß Rhüden<br />

und Wohlenhausen diente. Der Friedhof befand sich unmielbar daneben, bis er auf<br />

den Sültenberg verlegt wurde.<br />

1757 Wegen Baufälligkeit wurde die Kapelle abgerissen und durch einen soliden Steinbau<br />

ersetzt. Das Steinrelief des St. Georg war über dem Eingangsportal angebracht und das<br />

hölzerne Reiterstandbild des Georg befand sich neben dem Altar. Beide befinden sich heute<br />

im Heimatmuseum. Nach dem großen Brand von 1834 wurde die Kapelle zeitweise zum<br />

Schulunterricht und 54 Jahre lang bis zum Neubau der abgebrannten Kirche von beiden<br />

Gemeinden sowie Wohlenhausen für den regelmäßigen Goesdienst genutzt.<br />

1903 Die reparaturbedürige Kapelle wurde abgerissen und auf deren Platz ein neues<br />

Schulgebäude errichtet, welches (weil das Kaliwerk Carlsfund die Finanzierung trug) im Sl<br />

den Werkshäusern auf der Kolonie ähnelte und auch Elemente der alten Kapelle enthielt.<br />

Es entstanden zwei Klassenräume und zwei Lehrerwohnungen. Der Neubau war dringend<br />

notwendig geworden, weil durch den enormen Einwohnerzuwachs wegen des Kaliwerks<br />

die Schülerzahlen stark angesegen waren. Auch die alte Schule ,,Auf den Steinen“ wurde<br />

weiterhin benutzt.<br />

1945 Nach Kriegsende erhöhte sich die Einwohnerzahl durch den Zuzug der Flüchtlinge<br />

und Vertriebenen dramasch und es kommt wiederum zu Raumnöten. Auch die Hinzunahme<br />

der ehemaligen katholischen Schule in der Spadentorstraße brachte nur eine geringe<br />

Entspannung.<br />

1956 Durch einen großzügigen Anbau entstanden mehrere neue Klassenräume, die es<br />

der ,,St. Georgsschule“, wie sie seit längerer Zeit genannt wurde, ermöglichte, alle Kinder<br />

nun an einer Stelle angemessen zu unterrichten.<br />

2003 Weil die St. Georgsschule reparaturbedürig ist und auch sonst nicht mehr den heu-<br />

gen Ansprüchen genügt, entschließt die Stadt Seesen sich, im Wiesenbruch neben den<br />

Sportstäen eine vollkommen neue und moderne Schule zu errichten. Hier werden nun<br />

die Grundschüler aus Rhüden, Mechtshausen und Bornhausen opmal unterrichtet. Die<br />

Gebäude der alten St. Georgsschule werden zu Wohnzwecken verkau. Das historische<br />

Steinrelief des St. Georg und das hölzerne Reiterstandbild des heiligen Georg kommen in<br />

das Rhüdener Heimatmuseum.<br />

8


Nr. 3<br />

Alte Schule Groß Rhüden<br />

Lage: Früher Nr. ass 161, heute: Auf den Steinen 27<br />

1565 Erster Hinweis im Kirchenbuch auf einen ,,Hans Scholmester", der zugleich Opfermann (Küster) der<br />

Kirche ist. Demzufolge muss es also in irgendeiner Form schon eine Schule gegeben haben.<br />

1578 Hans Scholmester verstorben. Sein Nachfolger als Küster und Lehrer wird Simon Kolthamer, der im<br />

Jahr 1611 in der Kirche unter dem Turm begraben wird.<br />

1596 Herzog Heinrich Julius gründet eine freie Knabenschule für Groß und Klein Rhüden. (Groß Rhüden ist<br />

von 1523 bis 1648 im Herzogtum Braunschweig). Der Lehrer wird vom Konsistorium Wolfenbüel gestellt,<br />

die gemeinsame Schule befindet sich in der heugen Straße ,,Auf den Steinen“.<br />

Nach dem 30jährigen Krieg, mit der Wiedereingliederung von Groß Rhüden in das S Hildesheim, kommt<br />

es zu zahlreichen Kompetenzstreigkeiten zwischen Hildesheim und Wolfenbüel um die Zuständigkeiten,<br />

aber letztendlich bleibt der gemeinsame Schulverband doch bestehen.<br />

1754 Herzog Karl I. erlässt eine Landschulordnung mit der Schulpflicht für alle Kinder, also auch für Mädchen.<br />

Die schlechte Bezahlung und die nicht vorhandene soziale Absicherung führen zu erheblichen Härten<br />

für den Lehrer, der ganztägig um die 300 Schüler in einem Raum unterrichten muss.<br />

1825 Die baufällige Schule brennt ab. Der geplante Neubau wird wegen Streigkeiten zwischen den beiden<br />

Rhüden und zusätzlich durch die Folgen des großen Brandes von 1834 immer wieder verschoben. Der Unterricht<br />

muss behelfsweise in der St. Georgskapelle und in angemieteten Häusern erfolgen.<br />

1853 Endlich erfolgt der Neubau am alten Platz in der Steinstraße. Die 350 Kinder werden nun von zwei<br />

Lehrern in vier Klassenräumen unterrichtet. 28 Jahre Provisorium haben nun<br />

ein Ende. In den Folgejahren wird von beiden Orten eine Schultrennung angestrebt.<br />

1891 lm Schultrennungsvertrag werden die Vermögenswerte zwischen den beiden Gemeinden aufgeteilt<br />

und Klein Rhüden baut 1893 eine eigene Schule. Damit hat ein fast 300 Jahre währender gemeinsamer Unterricht<br />

ein Ende.<br />

1903 Durch den Kalibergbau steigen die Schülerzahlen erheblich an. Die Schulräume in der Steinstraße reichen<br />

nicht mehr aus. Groß Rhüden errichtet auf dem Platz der alten St. Georgskapelle, die zu diesem<br />

Zweck abgerissen wird, ein zweites Schulgebäude. Die Finanzierung erfolgt hauptsächlich durch das Kaliwerk<br />

Carlsfund. In beiden Schulen wird unterrichtet.<br />

1918 Nach dem 1. Weltkrieg scheidet die Kirche aus der Schulzuständigkeit aus. Nunmehr<br />

ist der Staat mit dem Kultusministerium verantwortlich.<br />

1945 Infolge des verlorenen 2. Weltkriegs und dem damit verbundenen starken Zustrom<br />

von Flüchtlingen und Vertriebenen steigen die Schülerzahlen wiederum enorm an.<br />

1956 Die St. Georgsschule bekommt nun einen so großen Erweiterungsbau, dass von nun<br />

an alle Schüler von Groß Rhüden hier beschult werden können.<br />

1957 Die ,,Alte Schule" auf den Steinen wird bis 1976 als Gemeindeverwaltung genutzt.<br />

1976 Durch die Eingemeindung nach Seesen werden die Räume frei. Das Haus geht in den Privatbesitz<br />

über.<br />

10


Nr. 4<br />

Ehem. Katholische Schule mit Bonifauskapelle<br />

Lage: Früher Nr. ass 127, heute: Spadentorstraße 14<br />

Um 1800 erbaut. Wahrscheinlich schon um 1810 mit zwei Räumen im Erdgeschoss als katholische<br />

Schule genutzt. Eine Lehrerwohnung war im Obergeschoss vorhanden. Laut Einwohnerliste<br />

gibt es zu dieser Zeit 168 Katholiken in Rhüden, die von der katholischen Pfarrei<br />

in Bilderlahe betreut werden.<br />

1852 kau die Katholische Kirche (Konsistorium Hildesheim) dieses Haus und richtet dort<br />

zusätzlich die Bonifauskapelle für die Rhüdener Katholiken ein.<br />

1908 wird das Gebäude von der Gemeinde Groß Rhüden gekau.<br />

1910 richtet die Gemeinde in einem Anbau einen Schulraum ein, um wohl die erhöhten<br />

Schülerzahlen , die durch den Kalibergbau entstehen, aufzufangen. Wahrscheinlich hat der<br />

im Jahr 1903 zu diesem Zweck errichtete Neubau der St. Georgsschule doch noch nicht ausgereicht.<br />

1919 wird in dem Schulraum zeitweise die Gemeindeverwaltung eingerichtet. Diese wird<br />

später in das von der Gemeinde neu erbaute Haus Nr. ass 173 auf dem Burggraben verlegt.<br />

1932 wird die St. Bonifauskapelle renoviert und vergrößert. Es gibt 106 Katholiken im Ort.<br />

1933 lm Drien Reich wird der katholische Schulbetrieb aufgelöst. Die letzten 12 katholischen<br />

Schüler werden in der St. Georgsschule unterrichtet.<br />

1945 Nach dem Krieg wird wegen des starken Schülerauommens der Schulraum wieder<br />

für den Unterricht genutzt.<br />

1956 Nach dem in diesem Jahr erfolgten Anbau an der St. Georgsschule wird der Schulbetrieb<br />

in der Spadentorstraße eingestellt.<br />

1958 Die Gemeinde nutzt den ehemaligen Schulraum zeitweise als Jugendheim.<br />

1976 Die Bonifauskapelle wird von der katholischen Pfarrgemeinde noch bis zum Neubau<br />

der Kirche St. Oliver in der Maschstraße genutzt.<br />

Heute im Privatbesitz<br />

12


Nr. 5<br />

Ev.-luth. St. Marni-Kirche<br />

Über die Anfänge der Rhüdener Kirchengeschichte liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor.<br />

Herbert Timm (Rhüden I) verlegt den ersten Kirchenbau in die Zeit der ersten Äbssin von<br />

Gandersheim (852-874), während W. Rademacher (Chronik 1) dafür die Zeit der Oonen, also 2.<br />

Häle des 10. Jahrhunderts angibt. Wir neigen dem früheren Termin zu. Der Name des von den<br />

Franken verehrten St. Marn deutet darauf hin; außerdem war dieser Heilige der Schutzpatron<br />

der genannten Äbssin. Die Abtei war sicherlich bestrebt, ihrem umfangreichen Eigenbesitz in<br />

der Mark Rhüden mit einem zentralen Kirchenbau eine christliche Zukun zu sichern. Von Anfang<br />

an waren Rhüden (damals noch ungeteilt) und Wohlenhausen in einem Pfarrverbund vereinigt.<br />

Das Kirchenpatronat lag bis 1806 bei der Abtei Gandersheim.<br />

1232 Erster urkundlicher Hinweis auf unsere Kirche. Danach üben ein Hermannus und ein Wedekindus<br />

das Priesteramt aus. Auch die Kapellen St. Georg und St. Jakob werden genannt. Die Kapelle<br />

,,Zum heiligen Blut" besteht noch nicht.<br />

1477 Erweiterung der Kirche, Erneuerung des Daches und Renovierung des Innenraums.<br />

1608 Nach Einsturz des Turms erfolgt ein vollständiger Neubau. Dazu werden u.a. die Steine der<br />

verfallenen Kapellen St. Jakob und Zum heiligen Blut verwendet. Auch die Fenster und Glocken<br />

werden erneuert und die Kirche um 8 Fuß (ca. 2,30 m) verlängert. Somit ist die Kirche fast neuwerg.<br />

Die neuen Maße in Meter (m) umgerechnet sind: Kirchenlänge : 28,5 m, Chorbreite: 6,56<br />

m, Schiöhe: 7,55 m.<br />

1722 Nach den schlimmen Schäden aus dem 30jährigen Krieg können diese wegen der großen<br />

Armut in der Bevölkerung erst jetzt behoben werden. Es wird eine umfassende Renovierung<br />

vorgenommen. Eine Orgel wird eingebaut und der Fußboden der Kirche wegen der Hochwassergefahr<br />

erhöht.<br />

1783 Bei schwerem Unweer erfolgt ein Blitzeinschlag. Danach wird lange Zeit regelmäßig<br />

ein Brandfest gefeiert.<br />

1834 Beim großen Brand brennt die Kirche ab. Die Goesdienste müssen 54 Jahre lang in der<br />

viel zu kleinen St. Georgskapelle gehalten werden. Der fällige Neubau verzögert sich wegen der<br />

Behebung der Brandschäden, des Neubaus der abgebrannten gemeinsamen Schule und der Kosten<br />

für die erfolgte Verkoppelung und Ablösung der Lasten bei den Bauern.<br />

1888 Einweihung der im neugoschen Sl nach Plänen des Kirchenbaumeisters Hase erbauten<br />

Kirche. Die Baukosten betragen fast 128 000 Mark. Das Gebäude ist aus Luerschen Sandsteinen<br />

errichtet und bietet 675 Personen Platz.<br />

1917 lm Laufe des 1. Weltkriegs werden zwei große Glocken eingeschmolzen.<br />

14


Nr. 6<br />

Ehemalige kath. Kirche „St.-Oliver“<br />

Lage: Maschstraße 17<br />

Die vorher im Bistum Hildesheim gelegene Gemeinde Groß Rhüden gehörte nach der<br />

Ssfehde von 1523-1643 zum Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüel. Hier wurde im<br />

Jahr 1568 von Herzog Julius die Reformaon eingeführt. Der Landesherr konnte damals<br />

die Religion der Untertanen besmmen. Als nach dem 30jährigen Krieg Groß<br />

Rhüden wieder in das katholische S Hildesheim eingegliedert wurde, verblieben die<br />

Einwohner überwiegend bei ihrem neuen evangelischen Glauben, sodass es nur wenige<br />

Katholiken im Ort gab. Diese wurden von der katholischen Pfarrei in Bilderlahe betreut.<br />

Als sich die Anzahl der kath. Gläubigen im Lauf der Jahrhunderte langsam erhöhte,<br />

wurde in der Spadentorstraße 1852 die Bonifauskapelle eingerichtet. Nach<br />

dem 2. Weltkrieg zählte man über tausend Katholiken. Man konnte zwar über 20 Jahre<br />

in die evangelische St.-Marni-Kirche ausweichen, aber der Drang nach einem eigenen<br />

Goeshaus wurde immer größer.<br />

1976 Nun ist es endlich gescha. Durch Schenkung der ehemalige Hofstelle der Frau<br />

Wagenschieber ist ein Bauplatz vorhanden, der Kirchbau kann erfolgen und am 4. Dezember<br />

1976 wird die langersehnte neue Kirche ihrer Besmmung übergeben. Sie ist<br />

mit einem angebauten Pfarrheim versehen und dem irischen Heiligen Oliver Plunke<br />

geweiht. Dieser hat in der nahen Klosterkirche Lamspringe seine letzte Ruhestäe gefunden.<br />

1920 wurden seine Gebeine in Vorbereitung auf die Seligsprechung aus dem Grab genommen.<br />

Nur einige Reliquien blieben in der Klosterkirche.<br />

2001 Die katholische Kirchengemeinde feiert in einem würdigen Rahmen mit vielen<br />

Gästen<br />

das 25jährige Bestehen dieses schönen Goeshauses.<br />

2007 Nachdem es sich schon seit einiger Zeit abzeichnet, dass durch den stegen Rückgang<br />

der Anzahl der Gemeindemitglieder der Aufwand für das Halten dieser Kirche nicht<br />

mehr zu rechergen ist, hat nun das Bischöfliche Generalvikariat die endgülge Profanierung<br />

der St. Oliver-Kirche beschlossen. Mit einer Heiligen Messe in Anwesenheit<br />

des Hildesheimer Bischofs nehmen die Rhüdener Katholiken Abschied von ihrer schönen<br />

Kirche, deren Bau sie vor nur 30 Jahren mit Spenden und Beiträgen maßgeblich<br />

unterstützt haben.<br />

2008 Der Musikverein Rhüden von 1901 e.V. kau das Grundstück und Gebäude.<br />

16


Nr. 7<br />

Ehemalige Selbstständige Ev.-luth. Kirche ,,Bethlehemskirche“<br />

Lage: Früher Nr. ass 182, heute: In der Bleiche 11<br />

In den östlichen Provinzen des Deutschen Kaiserreichs bildeten sich in der ersten<br />

Häle des 20. Jahrhunderts verschiedene lutherische Kirchenkörper, so die Altlutherische,<br />

die Selbstständige ev.-lutherische, die ev.-luth. Bekenntniskirche und die<br />

ev.-luth. Freikirche, die sich aus der allgemein vorherrschenden Evangelischen Kirche<br />

Deutschlands herauslösten.<br />

Nach 1945 haben sich in der Bundesrepublik Deutschland die nach hier vertriebenen<br />

Mitglieder dieser Kirchen zur ,,Selbstständigen Ev.—luth. Kirche" zusammengeschlossen.<br />

1945 Ca. 65 Mitglieder dieser unabhängigen luth. Kirchen finden nach ihrer Vertreibung<br />

aus den deutschen Ostgebieten in Rhüden ihre neue Heimat. Sie halten an<br />

verschiedenen Stellen des Ortes ihre Goesdienste ab, so u.a. in der ev. Pfarre, im<br />

Saal des ,,Kammerkrugs“ und in der alten Schule. Zu der Gemeinde gehören auch<br />

das Ehepaar Anna und Julius Müller mit 10 Kindern. Da diese Familie keine geeignete<br />

Wohnung im Ort findet, wird sie provisorisch im Pfarrhaus der Ev. Kirche untergebracht.<br />

Wegen der räumlichen Enge suchen sie dringend nach Verbesserungen.<br />

1954 Mit Unterstützung durch staatliche Hilfen durch andere Gemeinden, durch<br />

die Missouri-Synode (USA) und durch eigene Beiträge kann endlich ein Grundstück<br />

in der heugen Straße ,,In der Bleiche" gekau werden. Dort wird<br />

die ,,Bethlehemskirche“ errichtet, die im oberen Bereich einen Kirchsaal und im<br />

Erdgeschoss eine Küsterwohnung enthält. Dort zieht die Familie Müller ein.<br />

1968 Nach Auszug der Familie Müller wird die Wohnung an verschiedene Personen<br />

vermietet. Die sowieso schon kleine Kirchengemeinde wird durch den Wegzug von<br />

mehreren Gemeindegliedern so geschwächt, dass die kirchliche Nutzung vollends<br />

aufgegeben werden muss. Die verbleibenden Mitglieder werden von der Kirche in<br />

Goslar betreut.<br />

1971 Das Grundstück wird verkau und die ehemalige Kirche nach Umbauten als<br />

Wohnhaus genutzt.<br />

18


Nr. 8<br />

Ehemalige jüdische Synagoge<br />

Lage: Früher Nr. ass 128, heute: Auf den Steinen 23<br />

In der Feld-, Wald- u. Wiesenbeschreibung des Dorfes Klein Rhüden von 1759 werden zwei jüdische<br />

Einwohner benannt. In späteren Einwohnerlisten sind keine weiteren Juden aufgeführt.<br />

Trotzdem nehmen wir eine größere Anzahl an, denn in der Flurkarte des Verkoppelungsrezesses<br />

von 1870 ist am westlichen Dorfrand am Ahlerbach ein genau vermessener ,,Jüdischer Begräbnisplatz“<br />

von 100 m 2 Größe eingezeichnet. Heute wird der Platz als Ackerland genutzt.<br />

In Groß Rhüden kann eine weit größere Anzahl von ansässigen Juden festgestellt werden,<br />

Aus Einwohnerlisten:<br />

1810 = 36, 1812 = 34, 1852 = 52, 1861 = 44, 1925 = 8, 1935 = 6 Einwohner.<br />

Ein erster alter israelischer Friedhof in Groß Rhüden befand sich an der heugen Lindenstraße.<br />

Er soll angeblich um 1700 entstanden sein. (Rademacher, Bd.V) Der Bauer Schellmann kaue<br />

1873 diesen Platz, um dort seine Hofstelle zu erweitern. (Diese Urkunde befindet sich im Archiv<br />

des Heimatvereins.) Die noch gefundenen Knochenreste wurden auf dem neuen israelischen<br />

Friedhof beigesetzt. Die Grabsteine wurden 1886 beim Bau der ,,großen Brücke" als Fundament<br />

verwendet. Der neue Friedhof wurde westlich der Straße ,,Auf dem Burggraben“ angelegt. Seine<br />

Reste wurden nach 1933 eingeebnet und der Platz an den Nachbarn verkau.<br />

1822 lm Brandkataster erscheint für das Haus Nr. ass 128 die Bezeichnung ,,Judentempel“.<br />

Schon 1812 werden in einer Liste 7 Juden als Bewohner dieses Hauses aufgeführt. In weiteren 5<br />

Häusern wohnen 29 Juden.<br />

1825 Die Synagoge mit Wohnung brennt ab.<br />

1829 Die Synagoge wird wieder aufgebaut mit Raum für die jüdische Schule und einer Wohnung<br />

für den Lehrer Meyer.<br />

1834 Beim großen Rhüdener Brand wird die Synagoge wieder zerstört. Der danach errichtete<br />

Neubau besteht bis heute.<br />

1863 Die Schule wird von der jüdischen Gemeinde aufgehoben und die Kinder werden je zur<br />

Häle in der evangelischen und katholischen Volksschule unterrichtet.<br />

1900 Nach dieser Zeit werden im Haus keine Kulthandlungen mehr verrichtet, da die jüdische<br />

Gemeinde zu klein geworden ist.<br />

1920 Das Haus geht in Privatbesitz über. lm Synagogenraum wird ein Kaufladen eingerichtet.<br />

Heute wird das Gebäude nur noch zu Wohnzwecken genutzt.<br />

20


Nr. 9<br />

Ehemaliger Bahnhof Groß Rhüden der BLE = Braunschweigischen Landeseisenbahn,<br />

Lage: Früher Bahnhofstraße, heute: Katelnburgstraße 1<br />

Nachdem 1835 die erste deutsche Eisenbahnlinie zwischen Nürnberg und Fürth in Betrieb<br />

genommen wird, beginnt man in ganz Deutschland mit dem Bau weiterer Eisenbahnstrecken.<br />

Für weite Landstriche und viele bis dahin unbedeutende Orte bringt die Eisenbahn einen<br />

erheblichen wirtschalichen Aufschwung mit sich.<br />

Bis zum Beginn der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts ist der Bau der wichgsten Haupt-<br />

strecken weitestgehend abgeschlossen. Das gesamte deutsche Eisenbahnnetz ist auf knapp<br />

20 000 km angewachsen. Um auch die abseits der Hauptstrecken liegenden Regionen an<br />

das Eisenbahnnetz anzuschließen und den wirtschalichen Vorteil der Eisenbahn auch auf<br />

diese Gebiete auszudehnen, beginnt man in der Folge verstärkt mit dem Bau von Zweigstrecken<br />

und Nebenbahnen. Auch im Raum des Ambergaus, insbesondere in der Stadt Bockenem,<br />

bemüht man sich seit 1972 in vielen Eingaben und Verhandlungen um die Errichtung<br />

der Nebenstrecke von Derneburg nach Seesen.<br />

20. April 1885 Die Braunschweigische Landeseisenbahn beginnt mit dem Bau der Strecke<br />

zwischen Derneburg und Seesen.<br />

1885-1887 Der Bahnhof Groß Rhüden wird gebaut. Das Betriebsgebäude enthält außer<br />

dem Wartesaal mit Gastwirtscha, dem Fahrkartenschalter mit Güterabfergung, dem Signalstellwerk<br />

und dem Ladeschuppen noch eine Dienstwohnung des Staonsvorstehers.<br />

1. Oktober 1887 Fergstellung der Strecke Derneburg - Groß Rhüden.<br />

1. Mai 1889 Fergstellung der Strecke Groß Rhüden - Seesen.<br />

1898 Gleisanschluss des Kaliwerks ,,Carlsfund“ an die Landeseisenbahn. Die Gesamtlänge<br />

zum Werk beträgt 2,2 km. Der Rangierbahnhof wird am Rothenberg an der Landstraße Rhüden<br />

- Königsdahlum errichtet. lm Jahr 1906 wird auch das Kaliwerk ,,Hermann II“ angeschlossen.<br />

Auch die ,,Rhüdener Thonwerke" (Schamoe) erhalten einen Gleisanschluss.<br />

1. Januar 1938 Die Landeseisenbahn wird von der Deutschen Reichsbahn (DR) übemommen.<br />

1949 Die Deutsche Bundesbahn (DB) wird Rechtsnachfolger der DR. Zwei Zuckerrüben-<br />

Verladestaonen (Bockenem und Klein Mahner) werden errichtet.<br />

25. Mai 1990 Endgülge Slllegung dieser Strecke. Das Bahnhofsgebäude wird zu Wohnzwecken<br />

verkau.<br />

2002 Die Bahntrasse wird Richtung Bornhausen zu einem Radfahrweg umgebaut.<br />

22


Nr. 10<br />

Ehemaliger Standort Bahnwärterhäuschen der früheren Braunschweigischen<br />

Landeseisenbahn (BLE)<br />

Lage: Früher Bahnübergang an der Großen Brücke, heute: am Radweg an<br />

der Großen Brücke<br />

Funkon: Sicherung des Bahnübergangs der eingleisigen Bahnstrecke von<br />

Derneburg nach Seesen.<br />

1889 bis 1990 war diese Strecke ununterbrochen im Betrieb.<br />

In Rhüden bestanden die Posten 63 und 64. Die zuständigen Schrankenwärter<br />

sicherten die Bahnübergänge Maschstraße, Große Brücke und Spadentorstraße.<br />

1938 Die Braunschweigische Landeseisenbahn wird von der Deutschen<br />

Reichsbahn (DR) übernommen.<br />

1949 Die Deutsche Bundesbahn (DB) wird Rechtsnachfolger der (DR)<br />

1990 Endgülge Slllegung dieser Strecke.<br />

2002 Die Bahntrasse wird zum Fahrradweg umgebaut.<br />

24


Nr. 11<br />

Ehemalige Molkerei Groß Rhüden<br />

Lage: Früher Schulstraße Nr. ass 99 (Diese Nr. hae vorher die abgebrochene Saline),<br />

heute: Schulstraße 1<br />

Die in der 2. Häle des 19. Jh. durchgeführten Agrarreformen (Verkoppelung, sowie die<br />

Ablösung der grundherrschalichen Lasten) haben erhebliche günsge Auswirkungen<br />

auf die Landwirtscha. In der Viehhaltung wird wegen des Wegfalls der gemeinschalichen<br />

Hutungen die nun erforderliche Stallhaltung eingeführt, die zu einer erhöhten<br />

Leistung führt. Verbesserter Feldfueranbau (Klee) und ein durch zusätzliche Mineraldüngung<br />

erhöhter Strohanfall ermöglichen einen höheren Viehbesatz, der wiederum<br />

durch den nun höheren Humusanfall zu einer verbesserten Felddüngung führt. Diese<br />

steigert dann wieder die Flächenerträge im Ackerbau - also ein sehr erfolgversprechender<br />

Kreislauf wird damit eingeleitet. Bisher wird das Vieh nur für den eigenen Bedarf<br />

gehalten.<br />

Nun steigern sich im Rindviehbereich die Milcherträge und man sucht nach Möglichkeiten,<br />

die Mehrprodukon in den volkswirtschalichen Umlauf zu bringen. Das kann der<br />

einzelne Milcherzeuger nicht, dazu braucht man eben gewerbsmäßige Verarbeitungsbetriebe<br />

also Molkereien. Die erste gemeinschaliche Milchverarbeitung erfolgt in den<br />

neunziger Jahren des 19. Jh. im Anbau der Grimpe‘schen Ölmühle.<br />

Um 1895 Gründung der Molkereigenossenscha Groß Rhüden. Die erste Betriebsstäe<br />

ist im Anbau der 1917 abgebrannten Gastwirtscha Flügge in der Lindenstraße, Nr. ass<br />

30. Der erste Verwalter ist ein W. Bertram, der mithilfe seiner Frau die Milch verarbeitet.<br />

Es wird mit einer Handzentrifuge produziert.<br />

1898 Es wird berichtet, dass bei einem Nee-Hochwasser die Frauen und Mägde, die<br />

die Milch miels Handwagen angeliefert haben, vom Wasser in der Molkerei eingeschlossen<br />

worden sind.<br />

Um 1906 Bau der Molkerei in der Schulstraße.<br />

1934 Übernahme der Molkereigenossenscha Klein Rhüden. Die Vergrößerung des Betriebsgebäudes<br />

erfolgt wahrscheinlich aus diesem Grund.<br />

Um 1948 Modernisierung der Anlagen, Ölfeuerung und Kachelung aller Räume.<br />

1970 Schließung der Molkerei. Fusion mit Zentralmolkerei Seesen. Danach im Privatbesitz<br />

von Molkereileiter Helmut Keunecke.<br />

26


Nr. 12<br />

Ehemalige Molkerei Klein Rhüden<br />

Lage: Auf dem Gartengrundstück von W. Grüne, Nr. ass 25, heute: Hildesheimer Str. 24<br />

Früher hielten die Bauern auf ihren Höfen im Allgemeinen nur etwa 1-3 Milchkühe für ihren<br />

eigenen Bedarf. Die Kühe wurden von dem dörflichen Viehhirten tagsüber in einer Herde<br />

auf die gemeinschalichen Hudeflächen des Dorfes getrieben und kehrten jeden Abend<br />

wieder in den jeweiligen Stall zurück. In der Winterzeit wurden sie im Stall mit Heu und<br />

Runkelrüben gefüert.<br />

Die Milcherträge waren nur gering und reichten meist auch gerade so für die eigene Familie.<br />

Das änderte sich nach den Agrarreformen in der 2. Häle des 19. Jh., als in deren Folge die<br />

Anzahl der Milchkühe und auch die Milcherträge je Kuh stark ansegen. Die Bauern konnten<br />

nun die überschüssige Milch nicht mehr allein verarbeiten und suchten nach gemeinschalichen<br />

Verarbeitungsmöglichkeiten.<br />

Zunächst wurde die Milch zu einer Sammelstelle für eine auswärge Molkerei gebracht. Diese<br />

befand sich auf dem Hof des Halbspänners Friedrich Naue, Nr. ass 27, (heute Löffler).<br />

1898 Der Landtagsabgeordnete und Halbspänner W. Sonnemann, Nr. ass 37, (heute Fritz<br />

Kölle) lädt alle Interessenten zu einer Gründungsversammlung in die Lawes‘sche Gastwirtscha<br />

ein. Hier wird von 37 Bauern die ,,Molkereigenossenscha Klein Rhüden" gegründet.<br />

Vorsitzender wird der Halbspänner Karl Blanke, Nr. ass 6, (heute Blanke-Kirsch, Lahberg). Zunächst<br />

will man die Milch auf dem Hof von Friedrich Naue verarbeiten. Als sich diese Möglichkeit<br />

nicht bewährt, fasst man einen Neubau ins Auge.<br />

1900 lm Garten des Großköthers Wilhelm Grüne, Nr. ass 25, (heute Rühmekorf, Nee) neben<br />

der heugen Schule wird das neue Molkereigebäude errichtet. Die Mauersteine liefert<br />

die Ziegelei Overbeck am Ahlerbach und den Bau führen Maurermeister Albert Wenthe, Sägewerksbesitzer<br />

Wilhelm Blanke, Dachdeckermeister Carl Weßling, Tischlenneister W. Temme<br />

und die Malermeister Oo Bethge und Andreas Kiehne aus, sämtlich aus Rhüden. Molkerist<br />

und Molkereileiter wird Adolf Schulze aus Klein Rhüden. Rechnungsführer wird der<br />

Gastwirt Wilh. Hasserodt. Die Milch wird jahrelang von den Höfen mit dem Handwagen den<br />

Berg hinauf zur Molkerei gefahren. Ein gemeinschalicher pferdegezogener Milchwagen<br />

wird erst später angescha. Auch in der Verarbeitung werden die Zentrifugen und Buermaschinen<br />

zunächst mit Handarbeit betrieben.<br />

1909 Alle Maschinen werden mit E-Motoren betrieben. Der Strom wird vom neuen E-Werk<br />

in der Hildesheimer Straße (Schmiede Brandes) geliefert.<br />

1934 Zusammenschluss mit der Groß Rhüdener Molkerei zur ,,Molkereigenossenscha Rhüden“.<br />

Die Maschinen werden verkau. Es wird nur noch in Groß Rhüden produziert. Das<br />

nicht mehr benögte Molkereigebäude fällt wieder an den Vorbesitzer zurück. Nutzung als<br />

Lagerraum.<br />

28


Nr. 13<br />

Ehemalige Ziegelei ( Schamoewerk)<br />

Lage: Früher Nr. ass 100, heute: Ostlandstraße 2<br />

Um 1875 errichtet der Maurer Heinrich Overbeck (der als späterer Gastwirt ,,Hüjer" genannt<br />

wurde) in der Feldmark Klein Rhüden am Ahlerbach eine Ziegelei, bestehend aus einem Brennofen,<br />

einer Formerei, in der die Steine von Hand hergestellt werden und einem Trockenschuppen.<br />

Lehm und Ton entnahm er aus naheliegenden Gruben.<br />

Um 1900 gibt er die Herstellung der zu weichen Steine auf.<br />

1881 errichtet Maurermeister Wilhelm Overbeck auf seinem Grundstück im Koppelkamp eine<br />

zweite Ziegelei. Wegen der Benutzung des gemeindeeigenen Ahlerbachsweges haben beide Betriebe<br />

laufend Streigkeiten mit dem Gemeinderat über die Benutzungsgebühr.<br />

1895 Die ,, Rhüdener Thonwerke GmbH“ übernehmen die Ziegelei im Koppelkamp und stellen<br />

außer Steinen nun auch Töpfereierzeugnisse, wie Kacheln und Majolika her.<br />

1898 Der benögte Ton wird, ohne Gemeindewege zu beschädigen, auf einem neu erstellten<br />

Bahngleis (im Volksmund ,,Judengleis“ genannt) miels pferdegezogener Loren von der Tongrube<br />

ins Werk befördert. 1899 besaß das Werk drei Pferde.<br />

1900 U. a. auch Herstellung von Schamoesteinen, daher rührt die Bezeichnung ,,Schamoe“.<br />

1912 Vom Bahnhof der Landesbahn erhält das Werk einen Gleisanschluss.<br />

1924 Die Fa. Göbel, Großalmerode bei Kassel kau die Ziegelei.<br />

1930 Wegen des Fehlschlags einer Lieferung nach Russland gerät die Firma in Schwierigkeiten<br />

und muss das Werk schließen. Für 170 Arbeitnehmer ein harter Schlag.<br />

1935 Verkauf an die Getreidehandelsfirma Gebr. Eicke in Hildesheim. Während des 2. Weltkriegs<br />

werden die Gebäude von der Wehrmacht als Heeresverpflegungslager für Marketenderwaren,<br />

Lebensmiel, Alkoholika u. ä. genutzt. Bei Kriegsende kommt es zu Plünderungen durch die Bevölkerung.<br />

1950 In diesen Jahren sind die Gebäude an die Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS) Einbeck<br />

verpachtet, die hier ihr Rübensaatgut aufarbeitet.<br />

1971 Die Hauptgenossenscha Hannover kau das Werk zum Lagerhausbetrieb und zur Annahme<br />

und Trocknung von Getreide. Die angrenzenden großen Hallen werden an die Bundesrepublik<br />

zur Lagerung von Getreide als Bundesreserve vermietet.<br />

1995 Die HG Hannover stellt die Getreideannahme und -verarbeitung in Rhüden ein. Das Gelände<br />

mit den Gebäuden wird an die Fa. Marquardt in Bornhausen verkau und als Lagerplatz für<br />

Altmaterial aller Art genutzt.<br />

30


Nr. 14<br />

Ehemalige Zigarrenfabrik<br />

Lage: Früher Nr. ass 105, heute: Katelnburgstraße 5<br />

Im Zuge des in der 2. Häle des 19. Jh. auommenden Zuckenübenanbaus und der nachfolgenden<br />

Einschränkung des Flachsanbaus verlieren viele Rhüdener Leineweber ihre Erwerbsmöglichkeit.<br />

Wegen der zur gleichen Zeit steigenden Bevölkerungszahl suchen immer mehr Menschen<br />

eine lohnende Beschäigung. Die große Zeit der Industrialisierung steht noch bevor. So sind viele<br />

Rhüdener froh, dass sie in der sich im Harzvorland ausbreitenden Zigarrenindustrie Arbeit und<br />

Brot finden. Schon bald nach 1750 versuchen mehrere Seesener kleine Zigarrenfabriken ihr<br />

Glück mit der Herstellung von Zigarren aus Tabak, der im nicht weit enernten Eichsfeld angebaut<br />

wird. Sie haben allerdings keinen Erfolg und geben bald auf. Auch auf den Flächen des ehemaligen<br />

,,Rüder Teichs“ vor Bornum soll zu dieser Zeit Tabak gepflanzt worden sein.<br />

Erst zwischen 1850 bis 1860 wird dann in Seesen, nachdem die Eisenbahnstrecke Braunschweig -<br />

Kreiensen die Stadt berührt, in mehreren Fabriken die Zigarrenprodukon wieder aufgenommen.<br />

Auch zahlreiche Rhüdener finden dort eine neue Anstellung. Bald darauf werden auch in<br />

Rhüden mehrere Zigarrenfabriken eröffnet, zunächst als Filialen der Seesener Betriebe, später<br />

aber auch als selbstständige Unternehmen. Einige Zigarrenarbeiter wählen auch den Weg in die<br />

Selbstständigkeit, indem sie mithilfe der Familie bis in die Zeit nach dem 1. Weltkrieg Zigarren<br />

produzieren.<br />

1889 Mit dem ferggestellten Eisenbahnanschluss Derneburg -Seesen eröffnen sich auch für die<br />

Rhüdener Tabakindustrie neue Möglichkeiten. Man ist nicht mehr auf den Tabak des Eichsfeldes<br />

angewiesen, sonden kann nun aus den besten Tabaksorten der Welt wählen.<br />

1891 errichtet die Fa. Albrecht und Schmidt aus Hamburg an der neuen ,,Bahnhofsstraße“<br />

einen großen Neubau mit Wohnung und Räumen für eine Zigarrenprodukon. Zeitweise sind bis<br />

zu 60 Mitarbeiter dort beschäigt. Weil viele von ihnen Mitglieder der hiesigen Gesangvereine<br />

sind, kann man während der Arbeitszeit o fröhliche Lieder aus den geöffneten Fenstern hören.<br />

Davon erzählen heute noch die älteren Einwohner. Harter Konkurrenzkampf, höhere Lohnkosten<br />

und Abwanderung von Arbeitskräen in die besser zahlende Industrie bereiten den Rhüdener<br />

Betrieben große Probleme. Auch während des 1. Weltkriegs muss die Produkon eingeschränkt<br />

werden, weil der ausländische Tabak nicht verfügbar ist und die Arbeitskräe fehlen. In den<br />

zwanziger Jahren leidet die Produkon unter den Folgen der Inflaon, danach folgen die Auswirkungen<br />

der Weltwirtschaskrise. Die Zigarrenindustrie kann sich nicht wieder so richg erholen;<br />

es kommt zu Absatzschwierigkeiten und Slllegungen.<br />

1936 Wegen Absatzproblemen kommt es zur Einstellung der Produkon.<br />

1937 Die Fa. Albrecht u. Schmidt schließt endgülg die Fabrik.<br />

Danach befindet sich das Grundstück im Privatbesitz.<br />

32


Nr. 15<br />

Zigarrenfabrik Göke<br />

Lage: Früher Nr. ass 36, heute: Wilhelm-Busch-Straße 61<br />

Die Vorgeschichte der Tabakindustrie in Rhüden ist auf der Seite zuvor unter<br />

Nr. 14 beschrieben.<br />

1896 Heinrich Fehlig gründet in der damaligen Frankfurter Straße ass 36 eine<br />

Zigarrenfabrik.<br />

1908 Neubau des heugen Wohnhauses mit der Zigarrenfabrik Die Firma<br />

durchlebt eine schwierige Zeit während des 1. Weltkrieges.<br />

1919 Heinrich Göke kau das Grundstück mit der Fabrik. Er betrieb vorher<br />

die Zigarrenherstellung als ,,Einmannbetrieb“ in Groß Rhüden, im Winkel,<br />

Nr. ass 33. Heinrich Göke vergrößert die Fabrik, scha neue Maschinen an<br />

und beschäigt regelmäßig 6 bis 8 Mitarbeiter als Stammpersonal.<br />

1933 Heinrich Göke jun. übernimmt die Firma. Außer der Zigarrenprodukon<br />

werden Tabakwarengroßhandel und ein Ladengeschä betrieben.<br />

1950 sind in der Fabrik 10 Angestellte und zusätzlich zwei Vertreter für den<br />

Vertrieb im ganzen Bundesgebiet beschäigt. Die Produkon wird nach und<br />

nach zurückgefahren.<br />

1955 Die Eigenprodukon und der Großhandel werden vollständig aufgegeben.<br />

Nur das Ladengeschä wird von der Tochter des Heinrich Göke jun. weitergeführt.<br />

34


Nr. 16 a<br />

Saline Groß Rhüden<br />

Lage: Früher Nr. ass 97 — 100, heute: Salinenweg 1 bis 19<br />

Die Gemarkung Groß Rhüden liegt über einem mächgen Salzstock aus dem Zeitalter des Zechsteins. Die westlich<br />

am Ortsrand in den Sültenbach sprudelnde Solequelle wird wohl auch zu früheren Zeiten bekannt gewesen sein,<br />

aber über eine evtl. Nutzung derselben liegen keine Nachrichten vor.<br />

1680 Jobst Edmund Freiherr v. Brabeck, Stahalter des Fürstbischofs von Hildesheim und zugleich Drost des Amtes<br />

Bilderlahe, erkennt die Nutzbarkeit der Quelle. Weil das Fürstentum selbst eine Salzgewinnung wegen zu geringen<br />

Wasserzulaufs ablehnt, beantragt der Freiherr v. Brabeck die Genehmigung eines eigenen Salinenbetriebs.<br />

1685 V. Brabeck wird vom Bischof mit der Solequelle und einem späteren Salzwerk belehnt. Es wird sofort mit<br />

dem Bau begonnen. Um die benögte Wassermenge für den Betrieb der Pumpen zu erhalten, wird mit Hilfe von<br />

Bergleuten ein unterirdischer Stollen zum Schlörbach getrieben. Zusätzlich werden am Oberlauf dieses Baches drei<br />

große Teiche angelegt. Miels Gradierwerk und mit Holz befeuerten Siedepfannen wird nun das Salz gewonnen. In<br />

den besten Zeiten werden bis zu 6000 Ztr. im Jahr produziert.<br />

1688 Jobst Edmund Freiherr V. Brabeck wird Fürstbischof von Hildesheim und belehnt nun seine Verwandten, zwei<br />

Brüder v. Brabeck mit der Saline. Drei Wolfsangeln aus dem Wappen derer von Brabeck erinnern noch heute im<br />

Dorfwappen an diese Familie.<br />

1699 Kaiser Leopold I. bestägt diese Belehnung an die v. Brabecks.<br />

1732 Die staatlich geführten Salinen in Norddeutschland wehren sich gegen die privat betriebenen, gut florierenden<br />

Betriebe. Die umliegenden Fürstentümer versuchen, durch Einfuhrverbote und Beschränkungen ihre eigenen<br />

Salzwerke zu schützen. Auch unsere Saline soll den Absatz nur über die ,,Salzfaktorey“ in der Schlackenstraße abwickeln.<br />

So kommt es in dieser Zeit immer wieder zu Salzschmuggeleien über die Grenze nach Klein Rhüden. Einige<br />

noch immer im Volksmund erhaltene lusge Begebenheiten künden davon.<br />

1815 Das Geschlecht derer von Brabeck ist ausgestorben. Der Besitz geht an die Verwandte<br />

Linie der Grafen von Stollberg-Wernigerode über. Amtmann Bartels pachtet die Saline bis 1842. Groß Rhüden<br />

kommt zum Königreich Hannover. Die neu eingeführten Ausfuhrzölle und die Salzsteuer fördern den Salzschmuggel.<br />

1833 Neubau eines Siedehauses.<br />

1859 Verkauf der Saline an den Ökonomen, Gutspächter Heusinger aus Nienhagen. Es gehören ca. 60 Morgen Land<br />

zur Saline.<br />

1865 Die Saline wird sllgelegt. Die Produkon ist unrentabel geworden, weil Konkurrenz, hohe Salzsteuer,<br />

schlechte Verkehrsbedingungen (noch keine Eisenbahn) usw. dazu führen, dass die Kosten nicht mehr gedeckt<br />

werden können. 180 Jahre Salzprodukon und viele Rhüdener Arbeitsplätze haben ein Ende gefunden. Die Gebäude<br />

werden auf Abbruch verkau. Auch das Ackerland wird verkau.<br />

1871 Der Postrat Sergel aus Hannover kau das Gelände und erbaut um 1900 das heuge<br />

Wohnhaus.<br />

1910 Herr Sergel plant die Anlage eines Solebades auf dem Gelände. Der Gemeinderat lehnt dieses Vorhaben ab.<br />

1958 kau die Forstgenossenscha Groß Rhüden Haus und Gelände.<br />

2003 Verkauf zur privaten Nutzung.<br />

36


Nr. 16 b<br />

Ehemalige Salzfaktorei der Saline Groß Rhüden<br />

Lage: Früher Nr. ass 4, heute: Schlackenstraße 8<br />

Um 1690 erwirbt der Salinenbesitzer Freiherr von Brabeck den Mancke‘schen Hof, der später die Nr.<br />

ass Nr. 4 erhält. Es ist ein Meierhof mit 11 Morgen Ackerland und 3 Morgen Wiesen, zinspflichg dem<br />

Kloster Lamspringe. Er liegt in der heugen Schlackenstraße. Bis 1736 ist der Hof an Bauern verpachtet,<br />

danach wird er mit der Saline vereinigt und von der<br />

Saline aus selbst bewirtschaet. Das Wohnhaus wird als Salzfaktorei (Salzlager und Verkauf) genutzt.<br />

1769 In der Feld-,Wald- und Wiesenbeschreibung Groß Rhüden ist der Hof unter Nr. ass 4 als dienstpflichger<br />

Halbspännerhof mit ca. 60 Morgen Acker und Wiesen aufgeführt. Wahrscheinlich haben<br />

die Brabecks zusätzlich Land erworben. Bewirtschaer ist der Salzfaktor Meier, der auch Betriebsleiter<br />

der Saline ist. Dieser Salzfaktor Meier muss ein sehr tüchger Geschäsmann gewesen sein, denn<br />

er taucht in vielen Rhüdener Urkunden auf. So erbaut er 1780 auf seinem Land an der Nee die Ölmühle<br />

und die Sägemühle, die er 1789 seinem Schwiegersohn, dem Amtsverwalter Joh. Knoke, übergibt.<br />

1803 lm Zuge des von Preußen eingeführten Salzmonopols wird besmmt, dass alles produzierte Salz<br />

zur besseren Kontrolle nur in den Faktoreien gelagert und verkau werden darf. Der Salzschmuggel<br />

über die Landesgrenze nach Klein Rhüden blüht.<br />

1814 Der neue Besitzer Graf zu Stolberg/Sder verpachtet Saline und Landwirtscha an den Amtmann<br />

Heinrich Bartels.<br />

1830 lm Kataster der Feuerversicherung ist Graf zu Stolberg als Besitzer von Nr. ass 4 benannt.<br />

1842 Administrator Karl Rohlfs ist neuer Pächter der Saline. Hohe Salzsteuer, starke Konkurrenz und<br />

Ausfuhrzölle beschränken die Salzprodukon.<br />

1844 Das Haus Nr. ass 4 in der Schlackenstraße wird an den Kaufmann Klügel verkau. Die dazugehörigen<br />

Ländereien müssen n a c h 1859 verkau worden sein, denn der neue Besitzer der Saline, der<br />

Gutspächter Heusinger aus Nienhagen bei Schlewecke, erwirbt die Saline noch mit den Ländereien.<br />

Als dieser die Saline im Jahr 1871 an den Postrat Sergel verkau, sind die Ländereien schon nicht<br />

mehr dabei. Als Nachfolger im Hausbesitz wird der Kaufmann Eugen Patzle genannt, der nach einem<br />

Konkurs das Haus an einen Arzt abgeben muss. Damit beginnt eine bis heute andauernde Reihenfolge<br />

von Ärzten, die dem Haus den Namen ,,Doktorhaus" einbringen.<br />

1872 Dr. Robert Pförtner<br />

1879 Dr. med. Kothe<br />

1887 Dr. med. Durlach<br />

1890 Sanitätsrat Dr. med. Louis Müller<br />

1930 Dr. med. Bira<br />

1960 Dr. med. Peters<br />

1973 Dr. med. Helmuth Altrogge<br />

38


Nr. 17 a<br />

Kalibergbau Groß Rhüden 1896 - 1924<br />

Schachtgelände<br />

Lage: Im Wald der Forstgenossenscha Groß Rhüden, auf dem ,,Heberg", östlich des Ortes<br />

In den Jahren von 1896 bis 1900 wurde von der Gewerkscha ,,Car1sfund" der Schacht bis auf<br />

eine Tiefe von 783 m abgeteu. Er wies einen Durchmesser von 5,50 m aus. Über dem Schacht<br />

stand der 10 m hohe Förderturm. Auf dem westlichen Schachtgelände befand sich das Kesselhaus<br />

mit 6 Kesseln, die mit Kohle beheizt wurden. Daneben stand der 50 m hohe Schornstein<br />

mit einem Innendurchmesser von 1,80 m, der mit diesen Ausmaßen bald zum Wahrzeichen von<br />

Rhüden wurde.<br />

Unterhalb des Kesselhauses befand sich im Schlörbachtal ein kleines Pumpenhaus mit<br />

Dampetrieb. Zwei Pumpen drückten das gestaute Bachwasser durch eine lange Rohrleitung<br />

bis in das Kesselhaus.<br />

Auf der Nordseite hinter dem Schacht stand das Zechenhaus, in dem sich die Bergleute umkleiden<br />

und waschen konnten. Das nöge Warmwasser lieferte das Kesselhaus.<br />

An der Ostseite des Platzes stand das Gebäude der Elektrozentrale. Hier wurde mit einem Generator<br />

der hier die Beleuchtung erforderliche Gleichstrom erzeugt.<br />

Gleich neben der Zentrale stand das Venlatorenhaus mit einem kleinen Venlator. Dieser versorgte<br />

die Bergleute im Schacht mit der nögen Atemlu. Auch hier sorgte eine Dampfmaschine<br />

für den Antrieb. Den nögen Dampf erhielt sie aus dem Kesselhaus.<br />

In einem Wohnhaus mit einem kleinen Garten am südöstlichen Rand des Platzes, das als Steigerwohnung<br />

dienen sollte, war zeitweise die Verwaltung von Carlsfund untergebracht.<br />

Die beiden Gebäude für Schmiede und Zimmerei standen an der südwestlichen Seite des Platzes<br />

und bildeten den Abschluss zur ,,schiefen Ebene“.<br />

Östlich vom Schacht befand sich das Maschinenhaus mit einer 600 PS starken Trommel- Fördermaschine.<br />

Sie besaß einen Zylinderdurchmesser von 415 mm und einen Hubraum von 940 mm.<br />

Die Trommel, auf der ein 65 mm starkes Seil aufgerollt wurde, wies einen Durchmesser von 8 m<br />

auf. Zahlreiche Exponate sind im Heimatmuseum zu besichgen.<br />

Für weitere technische Details und Einzelheiten aus dem damaligen Rhüdener Kaliabbau verweisen<br />

wir auf das Buch von Herbert Timm: ,,Kaliwerke Carlsfund und Herman II“, welches in<br />

anschaulicher und fesselnder Weise den Werdegang, den Höhenflug, sowie den<br />

abrupten Niedergang der Rhüdener Kaliindustrie schildert. Dieses sehr interessante Buch wurde<br />

vom Verein der Natur- und Heimareunde Rhüden im Jahr 1994 herausgegeben und ist jederzeit<br />

im Heimatmuseum zu erwerben.<br />

40


Nr. 17 b<br />

Kalibergbau Groß Rhüden 1896 - 1924<br />

Chlorkaliumfabrik<br />

Lage: lm Schlörbachtal unterhalb des Schachtgeländes<br />

Bedingt durch das enge Tal, errichtete man alle Bauten und Gleise in Längsrichtung von Osten<br />

nach Westen. Die übliche Bauweise ,,Schacht, Mühle, Fabrikaon und Lager“, die hintereinander<br />

folgten, wurde hier nicht vorgenommen.<br />

So standen an der nördlichen Seite des Platzes in Ost—Westrichtung das Spritzenhaus, Labor,<br />

Kanne, Mannschasraum, Werkstäen und Lager und der Kristallisierungsraum. Zwischen Labor<br />

und Kanne befand sich der Fabrikeingang mit einer Porersloge.<br />

Auf der Gegenseite in Ost-Westrichtung zogen sich Lagerhallen, Trockenräume, Maschinenhallen,<br />

Verdampferstaonen, Kesselhaus, Mühle und das Salzlager dahin. Zwei Gleiswaagen mit<br />

dem dahinter folgenden Rangierbahnhof bildeten den Abschluss. Zwischen dem Kesselhaus und<br />

Kristallisierungsraum fanden noch eine Mühle, Lager und Füllstaon ihren Platz.<br />

Fast am westlichen Ende des Platzes stand das Kesselhaus. Es bot ausreichend Platz für acht<br />

Heizkessel. Der dazugehörige Schornstein erreichte eine Höhe von 70 m und wies eine obere<br />

Weite von 2,80 m auf Auf der Gegenseite errichtete man die automasche Kohleförderanlage<br />

zum Beheizen der Kessel.<br />

Ebenfalls am Westende des Geländes stand die Salzmühle mit dem Maschinenhaus. Zwei Steinbrecher<br />

von 8 m Länge und 4 m Breite zerkleinerten in einer Stunde bis zu 800 Dz. Rohsalz und<br />

führten es der weiteren Verarbeitung zu. Ferner gab es noch eine Doppelhammermühle und<br />

zwei kleine Einfachhammermühlen mit allen notwendigen Schnecken, Elevatoren und sonsgem<br />

Zubehör.<br />

Der Mühlenbau hae eine beachtliche Höhe von 12,20 m. Diese Höhe war erforderlich, weil die<br />

Salzwagen vom Schacht über eine Brücke bis zur Mühle und zurück selbstständig rollen sollten.<br />

Um diesen Plan verwirklichen zu können, trieben Bergleute einen Förderstollen vom Schacht in<br />

Niveauhöhe mit der Mühlenplaorm bis zum Berghang.<br />

Um das gemahlene Salz in die Fabrikaon zu schaffen, wurde eine Keenbahn installiert, die aus<br />

dem Maschinenhaus angetrieben wurde. Gleich im Anschluss daran stand das Kristallisierungsgebäude,<br />

das den größten Raum auf dem Fabrikgelände beanspruchte. Es war ein niedriger<br />

Fachwerkbau, der Platz bot für bis zu 200 Klärkästen von 4 mal 5 m Grundfläche und 70 cm Höhe.<br />

Die produzierten Kalisalze fanden vorwiegend Verwendung als Düngemiel für die Landwirtscha.<br />

Das Werk hae einen Gleisanschluss zum Rangierbahnhof unter dem Rothenberg ins den<br />

Weitertransport ins In- und Ausland.<br />

42


Nr. 17 c<br />

Kalibergbau Groß Rhüden 1896 bis 1924<br />

Werkssiedlung ,,Kolonie“<br />

Lage: Am westlichen Ortsausgang, Richtung Lamspringe, südwestlich des Fabrikgeländes<br />

Wegen der Wohnungsnot, hervorgerufen durch den Zuzug der benögten Arbeitskräe, beschließt<br />

die Werksleitung von Carlsfund, eine Wohnsiedlung zu erbauen. So entsteht auf dem vom Ackermann<br />

Pülm erworbenen Flurstück an der heugen Lamspringer Straße um 1900 eine Werkssiedlung<br />

für die Betriebsangehörigen. Es werden 32 Doppelhäuser mit jeweils zwei Wohnungen, Stallungen für<br />

Kleinvieh und kleinen Gärten errichtet. In jeder Straße befindet sich ein Trinkwasserbrunnen.<br />

Alle Doppelhäuser sind eingeschossig mit Mielrisalit, Dreiecksgiebel und mit je einem Saeldach<br />

ausgebildet. Als besondere bauliche Verzierungen sind die Abtreppungen an den Giebeln, die Lisenen<br />

(senkrechte Mauerstreifen) an den Gebäudeecken und die schmalen Schbogenfenster anzusehen.<br />

Nur das Eckhaus Lamspringer Straße - Wohlenhäuser Kirchweg besitzt zwei Risalite mit Dreiecksgiebeln<br />

und steht nicht rechtwinklig sondern schräg zu dem rasterargen Grundriss der Siedlung. In den<br />

Spitzen der Giebel sind hier die Embleme des Bergbaus angebracht: Schlägel und Eisen für das Bergwerk<br />

und die Salzstufe im Zahnrad für die Kalifabrik. Weil dieses Haus am Anfang der Siedlung steht,<br />

soll es wohl mit seinen Emblemen auf den Kalibergbau in Rhüden hinweisen.<br />

Somit ist diese Siedlung, die im Volksmund ,,Kolonie“ genannt wurde, ein typisches Beispiel für die<br />

Werkssiedlungen der damaligen Kaliindustrie.<br />

Die Erstellung der Bauten war nur durch einen Großeinsatz von Arbeitskräen möglich. Weil die eigenen<br />

Arbeiter der Bauunternehmen und Montagefirmen nicht ausreichten, mussten sie Fachkräe aus<br />

anderen Regionen anreisen lassen. Leider fehlte es auch in diesen Fällen an Unterbringungsmöglichkeiten<br />

für die über 250 Bauarbeiter. Dafür wurden nun im Schlörbachtal zusätzliche Baracken aufgestellt.<br />

Mit dem Ende der Rhüdener Kaliindustrie im Jahr 1924 brach für die Bewohner und ehemaligen<br />

Werksangehörigen eine schwere Zeit an. Nur wenige fanden im Kaliwerk Salzdeurth eine gewohnte<br />

Arbeit. Die meisten mussten sich umstellen und versuchen, eine andere Arbeitsstelle zu finden.<br />

Um 1930 gelang es den Hausbewohnern der Kolonie mit Hilfe von günsgen Krediten der<br />

Kreissparkasse die Häuser käuflich zu erwerben.<br />

1949/50 wurden die Häuser der Kolonie mit Unterstützung durch viel Eigenarbeit aus dem nahen<br />

Tierunnen des ehemaligen Kalischachts mit einer eigenen Hauswasserversorgung versehen.<br />

Um 1958 wurden außer dem historischen Wohlenhäuser Kirchweg die übrigen Straßen zur Erinnerung<br />

an die verlorenen deutschen Ostgebiete Schlesier- (heute Liegnitzer), Pommern- und Ostpreußenstraße<br />

benannt. Die später entstehenden Straßen der Kolonie erhielten die Namen Winterbergweg<br />

und Schlörbachweg.<br />

44


Nr. 17 d<br />

Kalibergbau Groß Rhüden 1896 bis 1924<br />

Direkons- und Verwaltungsgebäude<br />

Lage: An der Kreisstraße Richtung Lamspringe, westlich der Kolonie<br />

Auf der benachbarten Anhöhe südlich der Kalifabrik wird um 1900 das Direkons-<br />

und Verwaltungsgebäude errichtet. Zusätzlich werden ein Kutscherhaus, mehrere Remisen<br />

sowie ein Endlaugenbassin gebaut. Das Verwaltungsgebäude ist von Holz und<br />

im Sl der Oberharzer Bergwerksbauten angelegt. Der Bau hat einen lang gestreckten<br />

rechteckigen Grundriss und ist zweigeschossig. Auf der westlichen Fassadenseite befinden<br />

sich zwei Risalite mit Dreiecksgiebel und einer hölzernen Portalüberdachung.<br />

Die Rückseite verzieren verglaste Veranden, Altanen und Glasmalereien. Zwei Fensterreihen<br />

sind schmal und hoch angelegt. An den beiden Längsfassaden verschönern<br />

hübsche Dachgauben mit spitzen Bekrönungen das Gebäude. Ein einfaches geteertes<br />

Saeldach krönt den Bau. Ein Anbau an der Nordseite wird 1901 ferggestellt und<br />

dient als Direktorenwohnung. Die Remisen und das Stallgebäude sind in Stein gehalten.<br />

Die darüber liegende Kutscherwohnung hat ein flaches Dach, ist verbreert und<br />

mit schmalen hohen Fenstern versehen. Auch dieses Gebäude ist ein untypischer Bausl<br />

in unserer Gegend.<br />

Diese Architektur ist im Kalibau ungewöhnlich, weil man solche Bauten hauptsächlich<br />

in Mauer- oder Hausteinen errichtet. Wahrscheinlich soll diese Bauweise die Nähe<br />

des Harzes widerspiegeln.<br />

Nach dem Ende des Rhüdener Kalibergbaus wird das große Gebäude auf verschiedene<br />

Art<br />

und Weise genutzt. In den Jahren des 2.Weltkriegs sind dort Arbeitsmaiden des weiblichen<br />

Arbeitsdienstes untergebracht.<br />

Nach dem Krieg, ungefähr in den siebziger Jahren, wird das gesamte Gelände von der<br />

Rhüdener Baufirma Karl Rühmann aufgekau, die auf dem freien Werksgelände eine<br />

Fabrikaon von Fergteilen für die Bauindustrie aufnimmt. Das Verwaltungsgebäude<br />

wird zu Wohnzwecken umgebaut und vermietet. In dem Laugenbassingebäude wird<br />

nach entsprechendem Umbau eine Sauna mit Badebecken für die Öffentlichkeit eingerichtet<br />

und viele Jahre betrieben.<br />

W Heute befindet sich der Verwaltungstrakt mit den umliegenden Gebäuden sowie<br />

dem Parkgelände in Privatbesitz.<br />

46


Nr. 17 e<br />

Kalibergbau Groß Rhüden 1896 bis 1924<br />

Ehemaliges Pumpenhaus<br />

Lage: Früher Nr. ass 267, heute: Alte Mühlenstraße 8, am Ortsausgang nach Königsdahlum<br />

Quelle: ,,Kaliwerke Carlsfund - Hermann II, von Herbert Timm, Rhüden 1994<br />

Seit der Gründung des Werkes bezog Carlsfund sein Wasser aus den Schlörbach-Teichen am<br />

Waldrand des Hebers. Der Besitzer der Teiche, Postrat a.D. Sergel aus Groß Rhüden, hae diese<br />

in einem sehr verwahrlosten Zustand an Carlsfund verpachtet. Arbeiter entschlammten beide<br />

Teiche, legten einen Staudamm an und ließen das überschüssige Wasser über eine Abtreppung<br />

wieder in den Schlörbach laufen. Von hier aus gelangte das Wasser im natürlichen Gefälle in ein<br />

Auffangbecken am Werk, aus dem es mit Pumpen entnommen wurde. Carlsfund ließ an den Teichen<br />

ein kleines Blockhaus mit Boot und einem Bootssteg errichten, das den Direkonsangehörigen<br />

zur Benutzung freistand. Außerdem führte ein Wanderpfad um die Teiche und dann entlang<br />

des Schlörbachs zum Kaliwerk und dure von allen Wanderfreunden benutzt werden.<br />

Am 1. Oktober 1910 kündigte Herr Sergel den Pachtvertrag und verlangte einen höheren Pachtpreis,<br />

den das Werk aber nicht zahlen wollte. Darauin beabsichgte der Verpächter, ohne Voranmeldung<br />

das gesamte Stauwasser abzulassen. Das gelang ihm aber nicht, denn das Werk<br />

hae sofort einen Notstau vor dem Werk im Bachbe anlegen lassen, um genügend Wasser für<br />

die Fabrikaon zu erhalten.<br />

In der Zwischenzeit beantragte Carlsfund bei den zuständigen Behörden eine Genehmigung zur<br />

Wasserentnahme aus der Nee. Schon nach kurzer Zeit wurde diese erteilt mit der Auflage, das<br />

benögte Wasser nicht direkt aus dem Fluss zu entnehmen, sondern aus einem daneben liegenden<br />

Brunnen.<br />

Darauin legte das Werk zwischen der Kreisstraße und der Nee zwei Brunnen an und<br />

errichtete schnell eine Hüe für die Dampflokomobile, die beide Pumpen antreiben sollte.<br />

Eine Rohrleitung führte am Schlörbach entlang und versorgte die Fabrik mit dem nögen Wasser.<br />

Damit war das Wasserproblem zunächst gelöst. Kurze Zeit später erstellte Carlsfund auf dem<br />

gleichen Gelände ein massives, schmuckes Pumpenhaus, dessen Aussehen sich von den Koloniehäusern<br />

abhob und in dem nun zwei Elektropumpen die Arbeit übernahmen. Soweit die ausführliche<br />

und logische Beschreibung von Herbert Timm.<br />

Gemäß dieser Darstellung müsste also der Bau des Pumpenhauses nach 1910 erfolgt sein. In den<br />

baulichen Unterlagen, die wir beim heugen Hausbesitzer einsehen duren, ist allerdings als<br />

Baujahr das Jahr 1895 angegeben. (Vielleicht ein Schreibfehler ?)<br />

Nach der 1924 erfolgten Schließung des Kaliwerks wurde das Pumpenhaus verkau und von seinem<br />

neuen Besitzer zu einem Wohnhaus umgebaut.<br />

Nach mehrmaligem Besitzerwechsel hat es nach einigen Umbauten sein heuges schmuckes<br />

Aussehen erhalten.<br />

48


Nr. 17f<br />

Kalibergbau Groß Rhüden 1896 bis 1924<br />

Rangierbahnhof Rothenberg<br />

Lage: Östlich der Landstraße nach Königsdahlum, unterhalb des Rothenbergs<br />

Das seit dem Jahr 1896 im Bau befindliche Kaliwerk Carlsfund im Schlörbachtal brauchte<br />

dringend einen direkten Bahnanschluss. Der Transport aller Güter zum Werk aus dem<br />

Bahnhof Groß Rhüden über Dorfstraßen und Feldwege war zu beschwerlich und auch zu<br />

teuer. Da aber die Einführung eines Gleises in den Bahnhof Groß Rhüden der Braunschweigischen<br />

Landeseisenbahn aus topografischen Gründen nicht möglich war, entschloss man<br />

sich, unterhalb des Rothenbergs einen eigenen mehrgleisigen Rangierbahnhof zu errichten.<br />

Dieser Plan wurde 1898 verwirklicht.<br />

Von diesem Rangierbahnhof aus führte die neue Anschlussbahn zunächst in südlicher Richtung<br />

mit zunehmendem Abstand vom Braunschweigischen Landesbahngleis in einem Bogen<br />

am Nordhang des Schlörbaches entlang in Richtung Westen bis an das Kaliwerk. Die<br />

gesamte Strecke hae eine Länge von 2,2 km. Der Rangierbahnhof selbst war 400 m lang.<br />

Mit der baulichen Genehmigung wurden Auflagen erteilt:<br />

Carlsfund darf die Werksbahn selbst betreiben, muss aber alle Kosten übernehmen. Das eigene<br />

Personal muss sich durch eine besondere Kleidung von anderen Personen deutlich<br />

unterscheiden. Den Bahndienst dürfen nur ruhige Leute mit einem einwandfreien Leumund<br />

und guten Augen und Ohren versehen. Die Züge auf dem Anschlussgleis dürfen nur<br />

mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h fahren. Die 200 PS starke Lok, Fabrikat Borsig,<br />

darf nur die Strecke zwischen dem Werksbahnhof Carlsfund und dem Rangierbahnhof<br />

am Rothenberg fahren. Außerdem erhielt Carlsfund 7 Güterwagen für die notwendigen<br />

Transporte auf dieser Strecke.<br />

lm Jahr 1905 begann man mit dem Bau des Kaliwerks Hermann II. Auch für dieses Werk<br />

war der direkte Anschluss an den Bahnhof Bornum aus topografischen Gründen nicht möglich.<br />

Also einigte man sich mit Carlsfund auf eine gemeinsame Nutzung des Rangierbahnhofs<br />

am Rothenberg und baute von hier eine Werksbahn von 3,5 km Länge mit einer stegen<br />

Steigung in einem weiten Bogen durch die Königsdahlumer Feldmark bis hin zum Betriebsgelände.<br />

Auch hier galten die gleichen Auflagen für die Genehmigung.<br />

Hermann Il hae eine 300 PS starke Rangierlok und zwei Güterwagen zur Verfügung. 1909<br />

wurde die Werksbahn vom Rangierbahnhof bis zum Werk eingeweiht. Somit haen nun<br />

beide Kaliwerke einen direkten Anschluss an das Eisenbahnnetz und konnten nun alle Maschinen<br />

und Materialien einfach ins Werk schaffen und ihre eigenen Produkte schnell und<br />

kostengünsg zum Kunden bringen.<br />

50


Nr. 18<br />

Ehemaliges Elektrizitätswerk Rhüden<br />

Lage: Früher Nr. ass 17, heute: Hildesheimer Straße 17<br />

Um die Jahrhundertwende ging es aufwärts in Rhüden und Umgebung. Man war an das Eisenbahnnetz angeschlossen.<br />

Eine Wasserleitung war gebaut worden. Die Dörfer, so auch Rhüden, errichteten Molkereien. Die Kaliindustrie<br />

und die Rhüdener Tonwerke nahmen einen erfreulichen Aufschwung. Das Kaliwerk hae schon eine eigene<br />

Stromversorgung. Nun möchte man auch elektrischen Strom für Licht und zum Antrieb von Motoren für das<br />

Gewerbe und die Landwirtscha im Ort haben.<br />

1903 Ing. Müller aus Bornhausen will eine elektrische Zentrale bauen, u. a. zur Beleuchtung der Straßen. Es bleibt<br />

aber nur bei der Planung.<br />

1905 Ing. Clauß aus Hildesheim macht Vorschläge für eine E-Anlage.<br />

1906 Man plant den Bau eines wassergetriebenen Krawerks an der Bruchmühle.<br />

1907 Ingenieur Müller aus Bornhausen erbaut nun auf dem Gelände des Schmiedemeisters<br />

Wilhelm Brandes in Klein Rhüden ein E-Werk zur Stromversorgung beider Rhüden. Zwei Dieselmotoren und eine<br />

Dampfmaschine sorgen für den Antrieb der Generatoren. Das Dieselöl wird per Bahn angeliefert und miels<br />

Holzfasswagen zur Anlage gebracht. Die Anlage liefert Gleichstrom, der aber nicht über längere Strecken transporert<br />

werden kann. Schmiedemeister W. Brandes erhält die Konzession.<br />

1913 Die erste elektrische Straßenbeleuchtung wird installiert. Wenn im Winter viele Bauern gleichzeig ihre<br />

Dreschmaschinen anstellen, reicht der Strom nicht für alle Motoren, die Dreschzeiten müssen abgesprochen werden.<br />

1915 W. Brandes gibt die Konzession zurück, die nun der Bauer Wilhelm Drechsler aus Klein Rhüden übernimmt.<br />

1919 W. Drechsler will das Werk und die Konzession an einen Herrn Cleve aus Suhlingen abgeben. Darüber gibt<br />

es einen Rechtsstreit mit den Gemeinden, in den auch die Kreisdirekon eingeschaltet wird. Schließlich wird dieser<br />

Wechsel doch genehmigt.<br />

1920 Werkbesitzer Cleve verkau das Krawerk an Elektromeister Fricke aus Groß Ilsede. Beide Gemeinden erteilen<br />

ihm auch die Konzession, wenn er alle Verträge, die bisher zwischen den Gemeinden und dem jeweiligen<br />

Betreiber bestehen, anerkennt.<br />

1921 Es kommt zu großen Zerwürfnissen zwischen Herrn Fricke und den Gemeinden. Beide Parteien verklagen<br />

sich schließlich gegenseig. Der Streit zieht sich hin über das Schiedsgericht bis zum Landgericht.<br />

1922 Man versucht den Verkauf Cleve — Fricke rückgängig zu machen. Nach Misslingen dieses Plans fassen beide<br />

Gemeinden den eigenen Ankauf des Werks ins Auge.<br />

1925 Das private E-Werk wird von Groß Rhüden und Klein Rhüden gekau und übernommen.<br />

1941 Übernahme durch die Hastra (Hannover-Braunschweigische Stromversorgungs AG)<br />

1950 Slllegung des Werks. Stromumstellung von Gleich- zu Wechselstrom. Der Schmied Brandes kau Fläche<br />

und Gebäude zurück.<br />

Um 1970 Die Eisenwarenhandlung Heinrich Brandes erwirbt das Gebäude.<br />

Um 2005 Wilfried Teichert als neuer Besitzer der Eisenwarenhandlung richtet eine Kamin- und Ofenausstellung<br />

im Gebäude ein.<br />

52


Nr. 19<br />

Kaiserliches Postamt<br />

Lage: Früher Nr. ass 191, heute: Maschstraße 6<br />

Schon in den frühen Kulturen der Menschheitsgeschichte benutzen die Herrscher reitende oder fahrende Botendienste,<br />

um wichgen Nachrichten zu übermieln. Auch im Europa der beginnenden Neuzeit unterhalten die Fürsten<br />

und die wichgen Handelshäuser derarge postähnliche Einrichtungen. Zunächst befördert man nur amtliche<br />

Nachrichten, später werden auch Personen und Privatpost gegen Bezahlung mitgenommen.<br />

Um 1511 entsteht in Süddeutschland, Österreich, halb Ungarn, den Niederlanden und Norditalien das Gebiet der<br />

Thurn-und Taxischen Post. In Norddeutschland richteten die Fürsten eigene Postlinien ein. So entsteht im Braunschweigischen<br />

1555 unter Herzog Heinrich d. Jüngeren eine eigene Post, die zunächst nur Regierungssachen befördert.<br />

Ab 1575 wird auch Privatpost mitgenommen. Um 1600 hat Braunschweig schon feste Postverbindungen zu<br />

allen größeren Städten im Reich.<br />

1637 organisiert Röger V. Hinüber im Hildesheimschen auf eigene Kosten eine Post und betreibt diese mit Erfolg.<br />

1641 erhält der Hildesheimer Postmeister v. Hinüber vom Braunschweiger Herzog das Privileg für eine reitende<br />

Post von Braunschweig über Luer und Seesen nach Gandersheim.<br />

1659 wird eine Postordnung für die Gesamthäuser Braunschweig-Lüneburg, also für die Länder Celle, Calenberg<br />

und Wolfenbüel erlassen.<br />

1772 gibt es bereits wöchentlich vier regelmäßige Postverbindungen von Braunschweig über Seesen nach Gandersheim,<br />

die neben Briefen auch Pakete und Personen befördern.<br />

1809 also in der napoleonischen Zeit, wird in unserer Heimat durch die Franzosen eine neue Posaxe eingeführt<br />

mit genauen Gebührensätzen.<br />

1846 Klein Rhüden bekommt eine braunschweigische Postexpedion (Abfergung). Postexpediteure sind: 1846 -<br />

1852 Kaufmann W. Henze<br />

1852 bis 1857 Gastwirt Wöhler<br />

1857 bis 1864 Heinrich Delolme<br />

1852 Die ersten Briefmarken werden verwendet.<br />

1857 Die Königl. Hannoversche Landdrostei gibt bekannt: An der Chaussee von Hildesheim nach Seesen wird am<br />

Königsturm (zwischen Bockenem und Bornum) eine Wegegeldzahlstelle eingerichtet. (Grenze Königr. Hannover -<br />

Hzgt. Braunschweig)<br />

1864 Groß Rhüden bekommt eine hannoversche Postexpedion, die durch die Fahrpost Bockenem - Seesen ihre<br />

Anschlüsse erhält. Dieses Postamt befindet sich in der heugen Maschstraße 6, Nr. ass 191 (früher Malermeister<br />

Kiehne). Die braunschweigische Postexpedion wird nach Bornum verlegt.<br />

1868 Die tägliche Briefzustellung wird eingeführt.<br />

1871 Mit der deutschen Reichsgründung wird aus der hannoverschen Postexpedion das „Kaiserliche Postamt“.<br />

Wie auf dem Bild ersichtlich arbeiten 8 bis 10 Beamte dort.<br />

1910 Das Postamt ist durch die enorme Steigerung des Postverkehrs, bedingt durch den Bevölkerungszuwachs wegen<br />

des Kaliwerks, räumlich überlastet und wird geschlossen. Es wird verlegt in die heuge Wilhelm-Busch-Straße<br />

34. Das ehemalige ,,Kaiserliche Postamt“, heute Maschstraße 6 ist im Privatbesitz.<br />

54


Nr. 20 a<br />

Ehemalige Schokoladenfabrik<br />

Lage: Früher Nr. ass 258, heute: Bruchstraße 11<br />

Seit ca. 1865 werden vom Kaufmann Carl Gropp in Groß Rhüden in der Schlackenstraße<br />

in eigener Regie schon Schokoladenwaren hergestellt.<br />

Um das Jahr 1900 entschließt er sich, die Produkon von Schokoladenerzeugnissen<br />

auf eine industrielle Basis zu stellen. Auf dem sogenannten ,,Bruche“ betreibt er in<br />

einer Schokoladenfabrik von nun an die Herstellung dieser Produkte. Ob es sich um<br />

einen speziell dafür erstellten Neubau handelt, konnten wir noch nicht ermieln.<br />

Vielleicht hat er auch einen Altbau übernommen.<br />

lm Archiv der Natur- und Heimareunde befinden sich zahlreiche Erinnerungsstücke<br />

aus der Produkon. So z.B. einige Formen für Schokoladenherzen, Kreuze,<br />

Pfennige, Fische und<br />

Zigarren. Auch eine noch verpackte Tafel mit folgender Aufschri ist vorhanden:<br />

GEBR: GROPP i<br />

CHOCOLAT-FONDANT<br />

zu deren Herstellung nur die alleredelsten Sorten Cacaobohnen<br />

verwendet werden, ist an Wohlgeschmack unübertroffen.<br />

Diese Aufschri ist in drei Sprachen aufgedruckt und zeugt daher von der internaonalen<br />

Verbreitung dieser Rhüdener Erzeugnisse.<br />

Leider ist die Fabrikaon dieser süßen Produkte um das Jahr 1920 eingestellt worden.<br />

Das Lebensmiel- und Süßwarengeschä in der Schlackenstraße ist von der<br />

Familie Gropp noch viele Jahre nach dem letzten Krieg betrieben worden. Von<br />

manchen älteren Einwohnern wird heute noch die Lagebezeichnung ,,upper Schokoladenfabreik“<br />

verwendet.<br />

56


Nr. 20b<br />

Ehemalige Schokoladenfabrik<br />

Lage: Früher Nr. ass 258, heute Bruchstraße 11<br />

Text: siehe zu Nr. 20a<br />

58


Nr. 21 a<br />

Ehemalige Bruchmühle<br />

Lage: Früher Klein Rhüden Nr. ass 49, heute: In der Bleiche 34<br />

1289 Erste Erwähnung als Kornmühle, die ,,jenseits der Nee“ liegt (aus Hildesheimer Sicht). Trotz der um 1275<br />

erfolgten Teilung Rhüdens mahlen Groß Rhüden und Mechtshausen hier.<br />

1524 Cord Alverde ist Müller, zahlt ans Amt Bilderlahe Gründzins für 30 Morgen Land.<br />

1565 Nach der Ssfehde hat der braunschweigische Herzog der Familie Alveld das Mahlrecht ab gekau.<br />

1578 Müller Hans Probst gibt das Mahlrecht zurück, die Mühle liegt sll.<br />

1643 Rückgabe des Ss an Hildesheim. Das Mahlrecht bleibt bei Braunschweig -Wolfenbüel. Das Amt Bilderlahe<br />

baut eine eigene Mühle, Groß Rhüden und Mechtshausen müssen dort mahlen.<br />

1651 Der Bruchmühle fehlen Kunden. Wolfenbüel fordert vom S Hildesheim, dass die<br />

Einwohner von Groß Rhüden und Mechtshausen wieder in Klein Rhüden mahlen.<br />

1699 Klein Rhüden hat keine Mühle, sondern muss in der Bornumer Mühle mahlen lassen.<br />

1700 Neubau der Bruchmühle, zu der auch der Halbspännerhof Nr. ass 49 gehört, durch den Müllermeister Friedrich<br />

August Prelle.<br />

1759 Witwe Prelle betreibt eine erbliche Wassermühle mit 1 Mahlgang und 1 Ölgang. Dazu gehört ein Halbspännerhof<br />

mit 69 Morgen Land.<br />

1797 Als Müller wird Heinrich Brodtmann genannt.<br />

1823 Nach Konkurs übernimmt Friedrich Wilhelm Naue die Mühle.<br />

1850 Nach Ablösung der herrschalichen Lasten ist die Mühle im Privatbesitz.<br />

1877 Mühlenbesitzer Georg Naue verkau meistbietend seinen Halbspännerhof Nr. ass 49.<br />

1880 Müller Georg Naue verkau die Mühle an den Müllermeister Karl Wilhelm Harenberg.<br />

1885 Ersatz des Wasserrades durch eine wassergetriebene Turbinenanlage.<br />

1913 Müllermeister August Grimpe von der Ölmühle auf dem ,,Kaiser" kau die Bruchmühle von der Witwe des<br />

Müllers Harenberg.<br />

1920 Erich Grimpe übernimmt die Mühle.<br />

1921 Modernisierung der Turbinenanlage.<br />

1932 Die Mühle brennt ab. Neubau als Mahl- und Schrotmühle. Zusätzlich wird ein staonärer Lohndreschbetrieb<br />

in der Scheune eingerichtet und betrieben.<br />

1948 Nach dem Krieg hil Müller Erich Grimpe vielen notleidenden Einwohnern. Neben der Mühle errichtet E.<br />

Grimpe in diesen Jahren ein mehrgeschossiges Getreidelager, welches um 2000 abgerissen wird.<br />

Um 1970 wird der Mühlenbetrieb eingestellt. Die Scheune wird zu Wohnzwecken ausgebaut.<br />

60


Nr. 21 b<br />

Ehemalige Badeanstalt<br />

Lage: Unmielbar gegenüber der Bruchmühle am südlichen Ufer der Nee<br />

Einer Anzeige des Seesener Beobachter vom 18. Mai 1899 entnehmen wir:<br />

Groß Rhüden: Auf vielseigen Wunsch hat sich Herr Zimmermeister Feuerhahn hierselbst entschlossen,<br />

oberhalb seiner Sägemühle in der Nee eine Badeanstalt zu erbauen. Dieselbe soll vollständig sicher angelegt<br />

und mit hoher, dichter Breerwand umschlossen werden. Der Preis einer Abonnementskarte für den<br />

Sommer ist vorläufig auf 3.00 Mark festgelegt.<br />

Dieser Plan eines privaten Unternehmers kommt jedoch nicht zur Ausführung, er spiegelt<br />

jedoch den Wunsch der Bevölkerung wider. Es dauert nun einige Jahre, bis der Gemeinderat von Groß Rhüden<br />

im Jahr 1911 sich mit der Planung einer Badeanstalt in der Nähe der Bruchmühle befasst.<br />

1912 werden von der Gemeinde Groß Rhüden probeweise Erdarbeiten durchgeführt.<br />

1914 lm Pachtvertrag mit dem Müllermeister August Grimpe stellt dieser die benögte Fläche für die Badeanstalt<br />

nebst einem Zugangsweg von der Kreisstraße her zur Verfügung und es wird sofort mit den Bauarbeiten<br />

begonnen. Es entsteht ein 30 m X 12 m großes Badebecken mit einem 3 m hohen Sprungturm. Die<br />

Seitenwände werden mit Holz abgestützt, der Beckenboden mit Kies ausgelegt und die Freiflächen mit weißem<br />

Sand versehen. Eine Unterteilung für Schwimmer und Nichtschwimmer wird eingerichtet. Die Umkleiden<br />

sind aus Holz und die gesamte Anlage wird als Sichtschutz mit einem 2 m hohen Breerzaun umgeben.<br />

Die Wasserzuleitung erfolgt aus der Nee.<br />

Folgende Badezeiten werden festgesetzt: 10 bis 13 Uhr für weibliche Personen<br />

16 bis 18 Uhr für Schulkinder<br />

19 bis 20 Uhr 30 für männliche Personen<br />

Eintri: 1 Einzelbad 10 Pfg., 1 Saisonkarte 2,00 Mark<br />

Zur Kontrolle der sienstrengen Baderegeln wird ein Badewärter eingestellt.<br />

Eröffnung und der Beginn des Badebetriebs am 1. Juni 1914.<br />

Von unseren Eltern wissen wir, dass dieses für die damaligen Verhältnisse durchaus fortschriliche Bad von<br />

den Rhüdenern gern in Anspruch genommen wurde. Wegen der strengen Geschlechtertrennung soll es mitunter<br />

auch zu kuriosen Vorfällen gekommen sein.<br />

lm Laufe der Jahre hat das Bad dann doch nicht mehr den sich wandelnden Ansprüchen in<br />

baulicher und vor allem in hygienischer Sicht genügt.<br />

1933 im Mai Beschluss des Gemeinderates, die Badeanstalt so instandzusetzen, dass der Badebetrieb wieder<br />

möglich ist.<br />

1937 Der Pachtvertrag mit der Mühle Grimpe wird aufgehoben. Das Becken wird zugeschüet und die Fläche<br />

wieder in eine grüne Wiese verwandelt. Nichts erinnert mehr daran, dass an dieser Stelle 33 Jahre lang<br />

die Rhüdener Einwohner Badefreuden genießen konnten.<br />

1940 am 7. Juni eröffnen die Gemeinden Groß Rhüden, Klein Rhüden und Mechtshausen ihr gemeinschaliches<br />

modernes Schwimmbad an der Kreisstraße Richtung Bilderlahe.<br />

62


Nr. 22<br />

Ehemalige Ölmühle<br />

Lage: Früher Nr. ass 104, heute: Wilhelm-Busch-Straße 5<br />

Es gibt 2 Versionen über die Begründung dieser alten Mühle. Herbert Timm hat in einer alten Karte<br />

aus dem Jahr 1704 an dieser Stelle einen Vermerk auf eine Mühle entdeckt. Mit großer Wahrscheinlichkeit<br />

wäre sie aber viel älter. Dem ist entgegenzuhalten, dass in der um 1750 geschaffenen Landesbrandversicherung<br />

als letzte Nummern in Groß Rhüden die Gebäude der Saline mit 97 bis 100 verzeichnet<br />

sind und daher die Nr. ass 104 erst nach dieser Zeit errichtet sein müsste. Außerdem ist auch<br />

in der Feld-, Wald- und Wiesenbeschreibung von 1769 keine Mühle oder anderes Bauwerk hier erwähnt.<br />

W. Rademacher und auch Rektor Pfaue vermerken in ihren Aufzeichnungen, dass 1780 die<br />

Steine des abgebrochenen Kemnadenhofes (Strube) zum Bau der Sägemühle und der Ölmühle verwendet<br />

werden.<br />

Uns liegt der schriliche Antrag des Salzfaktors Meyer aus Groß Rhüden an das Hochs Hildesheim<br />

vor, in dem dieser um Genehmigung für die Anlegung einer Säge- und Ölmühle auf dem Gelände seines<br />

Gartens auf dem Bruche vor Groß Rhüden am Neefluss ersucht. Der Antrag stammt aus dem<br />

Jahr 1779.<br />

1780 Bau der Öl-und Kornmühle. Herstellung von Speiseöl aus Leinsamen, Bucheckern, Mohn und<br />

Raps, sowie Mehl und Schrot aus Getreide. Der Antrieb erfolgt zunächst über ein Wasserrad aus dem<br />

Roegraben.<br />

1789 Salzfaktor Meyer verkau die Mühle einschließlich der Krugwirtscha ,,Zum Römischen Kaiser“<br />

an seinen Schwiegersohn Amtsverwalter Joh. Knoke. Dieser ist in der napoleonischen Zeit Maire<br />

(Bürgermeister) von Groß Rhüden.<br />

1800 In dieser Zeit entsteht der Antrieb der Mühle über einen Damm aus der Luer.<br />

1827 Die Erben des verstorbenen Knoke verkaufen die Mühlen und den Krug ,,Zum Römischen Kaiser“.<br />

1850 lm Brandkataster der Feuerversicherung ist als Besitzer der Gastwirt Carl Knackstedt aufgeführt.<br />

1866 Der Müller Johann Heine ist neuer Besitzer der Mühle.<br />

1867 Franz Heine ist als Mühlenbesitzer genannt.<br />

1874 Müllermeister August Grimpe erwirbt die Mühle. Er gibt die Krugwirtscha und die Ölmühle auf<br />

und konzentriert sich auf das Mahlen und Schroten von Getreide.<br />

1913 August Grimpe kau aus einem Konkursverfahren die Bruchmühle in Klein Rhüden und betreibt<br />

beide Mühlen.<br />

Um 1920 wird hier der Mühlenbetrieb endgülg eingestellt. Das Gebäude wird zu Wohnzwecken<br />

umgebaut.<br />

64


Nr. 23<br />

Ehemalige Sägemühle<br />

Lage : Früher Nr. ass 103, heute: Wilhelm-Busch-Straße 2 und 4<br />

1779 Der Salzfaktor Meyer (Saline) beantragt die Errichtung einer Säge- und Ölmühle in seinem Garten an der<br />

Nee, auf dem Bruche gelegen. (Akte vorhanden)<br />

1780 Neubau der Sägemühle (sowie der gegenüber liegenden Ölmühle). Nachdem der Wasserdruck des Roebaches<br />

sich als zu gering erweist, wird in den nächsten Jahren die Umleitung der Nee von der Bruchmühle entlang<br />

des Sägewerks beantragt und durchgeführt.<br />

1789 Salzfaktor Meyer verkau beide Mühlen an seinen Schwiegersohn, den Amtsverwalter Joh. Knoke.<br />

1810 ln der napoleonischen Zeit ist Knoke der ,,Maire“ (Bürgermeister) von Groß Rhüden.<br />

1827 Die Erben des verstorbenen Knoke verkaufen die Mühlen und den Krug ,,Zum Römischen Kaiser“.<br />

1850 lm Brandkataster der Feuerversicherung ist der Gastwirt Carl Knackstedt aufgeführt.<br />

1866 Carl Knackstedt ist als Besitzer von Sägemühle, Ölmühle und Gastwirtscha genannt.<br />

1868 Der Holzhändler Friedrich Feuerhahn kau die Sägemühle von Carl Knackstedt. Damit ist wohl die endgülge<br />

Trennung der beiden Mühlen erfolgt.<br />

1908 Zimmermeister Ernst Feuerhahn ist Besitzer der Sägemühle. Er baut eine von der Nee angetriebene Dreschmaschine<br />

ein. Damit drischt er im Lohn das Getreide der kleinen<br />

Kornbauer. Wegen des unvollkommenen unterschlächgen Wasserrades soll es o zu ärgerlichen Störungen gekommen<br />

sein.<br />

1912 Zimmermeister Wilhelm Kiehne erwirbt das Sägewerk und betreibt nebenbei noch die Gastwirtscha ,,Zum<br />

Deutschen Kaiser“.<br />

1913 Friedrich Kühle aus Groß Rhüden kau die Gastwirtscha.<br />

1913 Holzhändler Karl Klügel aus Willershausen besitzt die Sägemühle. Im 1. Weltkrieg liegt das Sägewerk sll.<br />

1919 Das Sägewerk mit dem dazugehörigen Land kommt an den Bauern Karl Südekum, Nr. ass 82, der das Land zu<br />

seinem Hof legt und das Werk wieder abgibt.<br />

1920 Neuer Besitzer des Sägewerks wird der Zimmennann Heinrich Wolf.<br />

1938 H. Wolf kau die Gastwirtscha von Friedrich Kühle zurück. Beides ist wieder vereint.<br />

1945 Erbengemeinscha der beiden Töchter Wolfs, Schwiegersöhne Ernst Ruhe (Rektor) und Werner Kiehne.<br />

Schulrektor Ruhe führt den Betrieb viele Jahre weiter, bis er von dem Neffen der alten Frau Wolf, dem Maurermeister<br />

Karl Rühmann, gekau wird.<br />

Um 1990 Nach weiteren Jahren werden Sägewerk und auch die Gastwirtscha sllgelegt. Das Staurecht wird zurückgegeben.<br />

Der heuge Besitzer nutzt die Gebäude hauptsächlich zu Wohnzwecken.<br />

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Nr. 24<br />

Ehemalige Burg der Spaden - auch Drostenhof genannt<br />

Lage: Östlich der Spadentorstraße, auf dem südl. Ende des Grundstücks der Fa. Pülm<br />

Die Herren von Spaden werden von 1360 bis 1518 sehr o urkundlich in Groß Rhüden erwähnt.<br />

Sie sind mit zahlreichen Höfen und Grundstücken vom S Gandersheim belehnt<br />

und üben zeitweise das Drostenamt (Drost=Stahalter) für die Abtei aus.<br />

1475 haen sie allein in Rhüden und Panshausen 18 Höfe im Besitz. Ihr Wohnsitz wird<br />

auch ,,Drostenhof“ genannt. Dieser wohl mit Wall und Graben befesgte Wohnsitz,<br />

auch ,,Spadische Burg“ genannt, muss der Skizze nach im südl. Geländebereich der heugen<br />

Firma Pülm gelegen haben. Nach Herbert Timms Schilderung leitete man den Ahlerbach<br />

in einem Graben um das zu erbauende Gehö und schuf so eine Insel. Zusätzlich<br />

umgab man diesen Bereich mit einer Morastzone, um Angreifern das Durchkommen zu erschweren.<br />

Mit dem Grabenaushub erhöhte man das Niveau, um den Hof vor Hochwasser<br />

zu schützen. Eine umlaufende Dornenhecke sorgte für weitere Sicherheit. Der Innenbereich<br />

war nur über eine Brücke und ein Tor zu erreichen. Auf dieser Insel stand wohl kein<br />

großer Hof zum Betreiben von Ackerbau und Viehzucht. Das Anwesen bestand lediglich<br />

aus Wohnhaus, Stall, Zehntscheune, Schuppen und Lagerraum für die Zinsabgaben. Alle<br />

Bauern, die dem Drost unterstanden, waren verpflichtet, ihre Zinsabgaben an Getreide,<br />

Stroh, Heu, Früchten aller Art, Flachs und Wolle hier abzuliefern. Auch die Abgabestelle für<br />

den Fleischzehnten, bestehend aus Geflügel und Schlachtvieh, befand sich hier auf dem<br />

Hof. Hier oblag dem Drost also die Kontrolle über die Abgaben, sowie die Organisaon der<br />

Verteilung dieser Güter.<br />

Kurt von Spaden war der letzte Drost, der bis zum Jahr 1518 auf dem Drostenhof lebte und<br />

sein Amt versah. Danach verzichteten die Herren von Spaden auf ihre Lehen und gaben sie<br />

an das S zurück. Aus einer Handskizze von 1773 entnehmen wir zum Wohnsitz:<br />

,,…ist ein Hügel, so die alte Burg genannt wird, und worauf die von Spaden sollen gewohnet<br />

haben, ist mit einem wasser graben umgeben gewesen, wovon die rudera (Reste) noch<br />

zu sehen sind.“<br />

Carl Südekum, Groß Rhüden Nr. ass 82, berichtet in seinen Erinnerungen von einer mit<br />

Gold gefüllten Urne, die einer Erzählung nach im Garten des Einwohners Klügel von einer<br />

Frau beim Graben gefunden wurde und dann verschwunden ist. Dieser Garten lag genau<br />

an der vermuteten ,,Burgstelle“.<br />

Heute ist diese geschichtsträchge Stelle überbaut und es ist nicht mehr zu erkennen, wo<br />

auf einer Anhöhe der Drostenhof gelegen hat. Nur die westlich vorbeiführende<br />

,,Spadentorstraße“ und der Name ,,Fürstenplan“ erinnern noch an die Herren von Spaden,<br />

die fast 200 Jahre lang die Geschichte des Dorfes mitbesmmt haben.<br />

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Nr. 25<br />

Ehemaliger Kemnadenhof<br />

Lage: Früher Nr. ass 111, heute: Auf dem Burggraben 4<br />

lm Jahr 1911 fand der Halbspänner Brinkmann beim Ausschachten eines neuen Stalles eine<br />

Brandschuschicht mit Scherben aus dem 8.-10. Jh. und darunter dicke Mauerreste aus Muschelkalkbruchsteinen.<br />

W. Rademacher (Buch V, Nr.84) vermutet Hinweise auf eine alte Burg aus dem frühen<br />

Mielalter. Mit Sicherheit befand sich hier im späten Mielalter von 1143-1450 der Kemnadenhof<br />

der Herren von Rhüden und von Linde. Unter Kemnadenhof versteht man keine Burg, sondern ein<br />

mit Wall und Graben befesgtes Steinhaus. (Timm, Rhüden, Bd. l)<br />

Noch heute zeugen die Straßennamen ,,Auf dem Burggraben, Am Burgberg, Am Lindenberg, Vor dem<br />

Lindenberg und Lindenstraße“ von diesen adeligen Geschlechtern. In Urkunden werden Haold, Geruggus,<br />

Engelbert, Dietrich und Rudolf v. Rhüden genannt.<br />

1419 wird der Besitz der Familie von Linde in Rhüden, darunter auch der Kemnadenhof, vom S<br />

Gandersheim bestägt. Auf dem Gelände dieses Riersitzes stand die dazugehörige St. Georgskapelle.<br />

Nach dem Aussterben dieser Geschlechter wird der Kemnadenhof vom Amt Bilderlahe bewirtschaet.<br />

Zeitweise soll er auch Amtssitz des Amtmanns oder seines Vertreters gewesen sein.<br />

Um 1780 lässt das Amt Bilderlahe die baufälligen Gebäude abreißen. Die Steine werden zum Bau der<br />

beiden Mühlen auf dem ,,Kaiser“ und des Hofes in Oberpanshausen verwandt. In den nachfolgenden<br />

Jahren wird das Amt Bilderlahe einen Hof aus dem Dorern auf diesem Hofplatz angesiedelt haben.<br />

(Rademacher, Bd. lll).<br />

In der Feld-, Wald- und Wiesenbeschreibung Groß Rhüden von 1769 ist Harm Pages, freier<br />

Kotsaß, Nr. ass 2, verzeichnet. Dieser Hof, der in der heugen Schlackenstraße (Bruno Fiedler) liegt,<br />

wird auf dem freigewordenem Kemnadenhof angesetzt und bekommt die neue Nr. ass 111. Der Käufer<br />

des Hofplatzes in der Schlackenstraße, ein Nichtlandwirt, behält die Nr. ass 2. In einer Torbalken-<br />

Inschri der Scheune des Hofes Nr. ass 111 (heute Strube) von 1816 ist Joh. Heinrich Pages als Erbauer<br />

genannt.<br />

1841 heiratet Andreas Brinkmann aus Dannhausen die Hoferbin …?..Pages und übernimmt<br />

den Hof. Verstorben 1863. Sohn Heinrich Philipp Brinkmann, geb. 1848, gest. 1933 folgt ihm nach.<br />

Wegen des frühen Todes seines Vaters wurde für den 14jährigen bis zu seiner Volljährigkeit als Vormund<br />

Andreas Ahrens aus Groß Rhüden eingesetzt.<br />

Heinrich Brinkmann, geb. 1872, gest. 1943.<br />

Heinrich Brinkmann baute 1912/ 13 das neue Wohnhaus mit Stallungen. Fritz Kulbe heiratet die Tochter<br />

Emma Brinkmann und übernimmt den Hof.<br />

1958 kau der Vater des heugen Besitzers Karl-Jürgen Strube den Hof.<br />

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Nr. 26<br />

Ehemaliger Standort<br />

des Spritzenhauses mit Schlauchturm der Feuerwehr Groß Rhüden<br />

Lage: Früher Nr. ass 160, heute: Schlackenstraße 1<br />

Schon von alters her lebten unsere Vorfahren mit der immerwährenden Angst vor dem ,,Roten Hahn“, vor dem<br />

Schrecken eines Brandes. Das hae seine volle Berechgung, denn feuerhemmende Steinbauten haen nur Burgen,<br />

Kirchen und adlige Riersitze aufzuweisen. Die große Masse der Bevölkerung lebte in Holzbauten, in mit<br />

Stroh gedeckten Fachwerkhäusern, deren Wände mit leicht brennbarem Strohlehm ausgefüllt waren. Jedes Haus<br />

besaß eine offene Feuerstelle mit offenem Rauchabzug. Ziegeldächer und Schornsteine kamen erst später auf. Außerdem<br />

förderte die enge, verschachtelte Bauweise die Ausbreitung eines Brandes. In schrecklicher Erinnerung<br />

bleibt der große Brand von 1834 in Rhüden.<br />

Natürlich versuchten die Landesherren gegenzusteuern. So gab es bereits im Jahr 1731 (Rademacher, Bd. III) eine<br />

Polizeiverordnung für das Bistum Hildesheim: ,,Jeder Hausherr muss einen ledernen Feuereimer haben und jeder<br />

Hausbesitzer muss beim ,,Stürmen“ der Glocken mindestens einen Mann mit Eimer für die Wasserreihe stellen.“<br />

Das Amt Bilderlahe erlässt 1819 eine Verordnung. Danach muss bei Feuer im Ort mit beiden Glocken Sturm geläutet<br />

werden, während bei Feuer in Nachbarorten nur mit der kleinen Glocke ,,gestürmt“ wird.<br />

Bei auswärgen Bränden muss Groß Rhüden ausrücken mit: einer Spritze mit Mannscha,<br />

30 Mann mit Löscheimern, drei vierspännigen Wagen mit Tonnen zum Wasserfahren und drei Feuerhaken zum Einreißen.<br />

Demnach müsste Groß Rhüden schon zu diesem Zeitpunkt eine größere Spritze gehabt haben. Ob dies<br />

smmt oder ob es nur ein Wunschdenken des Amtes war, wir wissen es nicht. Fest steht aber, dass Groß Rhüden<br />

1847 eine neue Handdruckfeuerspritze bekam und dafür ein Spritzenhaus (Nr. ass 160) gebaut wurde.<br />

1826 erlässt das Königlich Großbritannische-Hannoversche Amt Wohldenberg eine polizeiliche Feuerordnung: In<br />

den Orten, wo Spritzen vorhanden sind, versammeln sich sofort nach dem ,,Sturmläuten" der Spritzenmeister, die<br />

Rohrführer, der Bindemeister und die Drücker beim Spritzenhaus. Dem Spritzenmeister ist unbedingt Gehorsam zu<br />

leisten. Ungehorsam sowie sonsge Vergehen werden mit Geldstrafe oder Gefängnis bestra. Der Bindemeister<br />

muss die platzenden Schläuche flicken und die Drückermannscha die Pumpenschwengel der Feuerspritze bedienen.<br />

1899 In Groß Rhüden gründet man eine Freiwillige Feuerwehr. Eine neue Spritze wird angescha.<br />

1900 Eine Feuerwehrkapelle wird gegründet unter dem Kapellmeister Wilhelm Bierwirth.<br />

1924 Das 25-jährige Bestehen wird groß gefeiert. Es ist das erste große Fest nach dem Krieg.<br />

1927 Die erste pferdegezogene Motorspritze wird in den Dienst gestellt.<br />

1941- 46 Wegen des Krieges fanden in diesen Jahren keine Wehrversammlungen sta.<br />

1958 Ein neues Löschfahrzeug Magirus LF8—TS8 wird angescha.<br />

1967 Das alte Spritzenhaus wird abgerissen.<br />

1974 Die Feuerwehr feiert ihr 75jähriges Jubiläum mit einem großen Zelest.<br />

Das alte Spritzenhaus wurde schon 1967 abgerissen.<br />

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Nr. 27<br />

Ehemaliger Standort<br />

Spritzenhaus mit Schlauchturm der Freiwilligen Feuerwehr Klein Rhüden<br />

Lage : Auf dem alten Dorfplatz am Ahlerbach, heute: In der Bleiche 2<br />

Bereits aus dem Mielalter liegen immer wieder Berichte über Brände und sogar Feuersbrünste vor, denen<br />

Einzelgebäude und auch ganze Ortschaen zum Opfer fielen. Ursache waren meist die Bauweisen der strohgedeckten<br />

Holzhäuser, die zu enge Bebauung und die offenen Feuerstellen in den Gebäuden. Rhüden brannte<br />

z.B. 1834 fast vollständig ab.<br />

Der Feuerschutz oblag allein den Städten und Gemeinden in Form einer Pflicheuerwehr, in der jeder Hausbesitzer<br />

zum Löschen verpflichtet war und Ledereimer und kleine Holzspritzen bereithalten musste. In der<br />

Feld-, Wald- und Wiesenbeschreibung für Klein Rhüden aus dem Jahr 1759 ist zu lesen:<br />

Die Dorfscha Kleinrhüden besitzt 28 Ledereimer, 28 kl. Holzspritzen, 6 Leitern und<br />

14 Feuerhaken zum Einreißen.<br />

1863 kau die Gemeinde für 420 Taler eine Handdruckspritze, die in das wahrscheinlich neu erstellte Spritzenhaus<br />

auf dem Dorfplatz eingestellt wird.<br />

1875 erfolgt die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Klein Rhüden mit 28 Mitgliedern. Nichtmitglieder<br />

müssen weiterhin der Pflicheuerwehr angehören. Ein Feuerwehrhauptmann und zwei Zugführer werden<br />

gewählt. Der Maurer Wilhelm Eggerling (der alte Sauer genannt) wird Spritzenmeister. Nach der Bestandsaufnahme<br />

sind vorhanden: Schläuche, Leitern, Haken, lederne Löscheimer, Gurte, Helme, Beile und ein Signalhorn.<br />

1876 Eine neue Trommel wird gekau, die zum Taktschlagen bei den Drückern an der Spritze, beim Kommandogeben<br />

sowie beim Marschieren unentbehrlich ist. Vier Laternen zum Ausleuchten der Brandstelle<br />

werden angescha.<br />

1880 Die Feuerwehr erhält einen Transportwagen für Löschgeräte.<br />

1883 Reparatur und Renovierung von Spritzenhaus und Schlauchturm<br />

1890 Erneuerung des Schlauchturms. Bauausführung und Überwachung soll dem Vorsteher übergeben werden.<br />

1900 Großes Jubiläumsfest zum 25jährigen Bestehen der Wehr auf dem Festplatz ,,Auf der<br />

Maate“ mit großem Festumzug und Festball im Zelt.<br />

1913 Neubau des Gerätehauses. (Bauzeichnung ist vorhanden)<br />

1924 Eine neue pferdegezogene Motorspritze wird angescha.<br />

1925 50 Jahre Feuerwehr werden gefeiert. Das Festzelt steht auf der Wiese an der Schamoe<br />

1935 60. Jubiläum<br />

1950 75-Jahrfeier im Gasthaus Overbeck ,,Zur Tanne“. (heute abgerissen)<br />

Spritzenhaus und Schlauchturm werden zwischen 1957 und 1959 abgerissen. Zahlreiche Exponate sind im<br />

Heimatmuseum zu besichgen.<br />

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Nr. 28<br />

Mielalterlicher Verhüungsplatz.<br />

Lage : Südlich des Freibades an der Kreisstraße nach Bilderlahe<br />

Westlich der Kreisstraße von Rhüden nach Bilderlahe fallen (südlich des Freibades und etwa 80 m von<br />

der Straße enernt) zur besten Wuchszeit an den Feldfrüchten großflächig Verfärbungen und Misswuchs<br />

auf. An der Bodenoberfläche schon findet man zahlreiche Schlackenreste. Hier handelt es sich<br />

zweifelsfrei um die späten Folgeerscheinungen eines mielalterlichen Verhüungsplatzes.<br />

lm gesamten westlichen Vorharzgebiet findet man die Reste von zahlreichen mielalterlichen Schmelzhüen,<br />

die vornehmlich an den vielen Bach- und Flussläufen angelegt wurden. Dieses im Harz schon<br />

seit dem frühen Mielalter verbreitete Bergbau-und Hüensystem dehnte sich im Laufe der Jahrhunderte<br />

auch auf das Vorharzgebiet aus. Da die Wälder des Harzes durch den enormen Holzbedarf für<br />

Bergbau und Hüenbetrieb erschöp waren, mussten die Betreiber ins Harzvorland ausweichen, um<br />

das nöge Holz für die Holzkohlegewinnung zu schlagen. Hier gab es genügend Wälder und auch Köhler,<br />

die das gewünschte Produkt liefern konnten.<br />

Es war raoneller, das zerkleinerte und handverlesene Erz zur Holzkohle zu transporeren<br />

als umgekehrt die leichtere und voluminöse Holzkohle mit einer erheblich größeren Anzahl<br />

von Fuhren (Karren) zum Erz. So entstanden längs des Neetals in der Zeit um 1200 zahlreiche<br />

Schmelzhüen.<br />

An unserer Stelle konnte man das Wasser der Nee, des Mechtshäuser Baches und der Luer nutzen.<br />

Wahrscheinlich hat man zur Verstärkung des Wasserdrucks für die Blasebälge (Luzufuhr in die<br />

Schmelzöfen) sogar noch Teiche angelegt.<br />

Die notwendige Holzkohle wurde in den umliegenden Wäldern erzeugt, worauf die Flurnamen<br />

„Kohlhai“ im Heber und ,,Köhlerkamp“ in der Klein Rhüdener Feldflur hindeuten. Auch zeugen noch<br />

zahlreiche schwarze Meilerstellen in der Feldmark Kl. Rhüden, die damals teilweise bewaldet war, von<br />

der Holzkohleerzeugung.<br />

In den Rhüdener Kirchenbüchern findet man noch bis ins 18. Jahrhundert Köhler, Köhlergeselle und<br />

Köhlerknecht als Berufsbezeichnung. Schlackenuntersuchungen haben ergeben, dass es sich ausnahmslos<br />

um Buntmetalle, wie Kupfer. Blei, Zink und Silber aus dem Goslarer Rammelsberg handelte. In diesem<br />

Zeitraum verwendete man keine sogenannten ,,Rennfeueröfen" mehr, sondern der Schmelzofen<br />

bestand aus einer 30 cm efen Sandsteinmulde, hae einen Durchmesser von ca. 2 m und war umgeben<br />

von einer 40 cm hohen Bruchsteinwand. Das war das Auffangbecken für das geschmolzene Metall.<br />

In diese Rundung wurden abwechselnd Holzkohle und Erz geschichtet. lm unteren Teil der Wandung<br />

steckten Tonröhren, die durch Holzrohre mit den durch Wasserkra angetriebenen Blasebälgen verbunden<br />

waren. So gelangte der erzeugte Lustrom aus den Blasebälgen in die Glut und brachte das Erz<br />

zum Schmelzen.<br />

Die Hüentägkeit endete in den Jahren um 1350, als die große Pestwelle einen großen Teil der Bevölkerung<br />

dahinrae und im Land eine große Wirtschaskrise ausbrach. Zusätzlich brachte im Jahr 1376<br />

ein großer Grubeneinsturz im Rammelsberg den dorgen Bergbau völlig zum Erliegen. Dieser Niedergang<br />

bedeutete für das Hüenkloster Walkenried, welches hauptsächlich als Betreiber für die Harzer<br />

Verhüungsbetriebe verantwortlich war, den völligen Ruin und das Aus für alle Schmelzhüen. Damit<br />

wird wohl auch der Hüenbetrieb vor Rhüden sein Ende gefunden haben und nur noch<br />

die ,,Schlackenstraße“, die mit den Schlackenresten befesgt wurde, und die Gelbfärbung des Bewuchses<br />

erinnern an eine glanzvolle Zeit.<br />

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Quellennachweis:<br />

Kirchenbücher von Rhüden<br />

Gemeindeakten von Rhüden 1875 bis 1920<br />

Chronik Rhüden, Bd. 1 -3 Rademacher,W. 1958<br />

Entwicklung d. Kulturlandscha a. nordwestl. Harzrand Rippel, J. K. 1958<br />

Rhüden. Bd. 1 - 3 Timm, H. 2003<br />

Kuliwerke Carlsfund und Hermann II Timm, H. 1994<br />

Beiträge zur Rhüdener Dorfgeschichte Natur- u. Heimareunde e. V. 2001<br />

Flurnamensammlung Großrhüden Pfaue, G. 1935<br />

Geschichte der Juden in Großrhüden<br />

in „Längs der Nee“ Bd. 3-6 Ballin, G. 2000<br />

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