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C. Pflichten und Haftung

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Vorlesung<br />

Rechtsfragen der Unternehmenskrise <strong>und</strong><br />

-sanierung<br />

C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

WS 2011/2012<br />

Dr. Ulla Reisch<br />

1


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

1. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong> des Unternehmers / der<br />

geschäftsführenden Organe - Allgemein<br />

Die <strong>Haftung</strong> des GF/Vorstandsmitglieds kann gegenüber<br />

→ Gesellschaft (Innenverhältnis)<br />

→ Dritten (im Außenverhältnis)<br />

bestehen.<br />

Unternehmerrisiko trägt Gesellschaft; der GF haftet<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nicht für Schulden der Gesellschaft, kann<br />

jedoch zur <strong>Haftung</strong> herangezogen werden, wenn er<br />

seine Sorgfaltspflicht vernachlässigt.<br />

<strong>Haftung</strong> setzt zunächst das Vorliegen der allgemeinen<br />

Voraussetzungen nach § 1295 ABGB voraus: Schaden,<br />

Kausalität, Rechtswidrigkeit <strong>und</strong> Verschulden.<br />

2


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

1.1. <strong>Haftung</strong> gegenüber der Gesellschaft<br />

→ <strong>Haftung</strong>statbestände:<br />

- Nichteinhaltung der gebotenen Sorgfalt; Sorgfaltsmaßstab<br />

des ordentlichen Geschäftsmannes (§ 25 GmbHG; § 84<br />

AktG)<br />

Durch sein Einverständnis zur Bestellung als<br />

Geschäftsführer<br />

der GmbH bestätigt der Geschäftsführer auch die<br />

erforderlichen Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten, die für den<br />

jeweiligen Geschäftszweig aber auch Größe des<br />

Unternehmens<br />

notwendig sind, zu besitzen.<br />

Der Gf ist verpflichtet, so zu handeln, wie es von einem<br />

Verwalter fremden Vermögens erwartet wird. Wenn sich<br />

der Gf in der Erfüllung seiner <strong>Pflichten</strong> als Gf behindert<br />

sieht, hat er als Gf zurückzutreten.<br />

3


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

- Verteilung von Gesellschaftsvermögen; Verbot der<br />

Einlagenrückgewähr (§§ 25 Abs 3 Z 1, 82 GmbHG)<br />

an Gesellschafter dürfen nur Gewinnen ausbezahlt <strong>und</strong> keine<br />

Stammeinlagen rückgewährt werden. Das betrifft auch<br />

eigenkapitalersetzende Darlehen. Bei Verstößen sind GF<br />

ersatzpflichtig. Mit Ausnahme eines gutgläubig bezogenen<br />

Gewinnanteils haben Gesellschafter, die unter Verletzung der<br />

Bestimmungen des Gesetzes, des Gesellschaftsvertrages oder eines<br />

Gesellschafterbeschlusses von der Gesellschaft Zahlungen erhalten<br />

haben, diese zurückzuerstatten.<br />

→ Vergleiche im Detail Anhang<br />

- Leistung von Zahlungen nach dem Zeitpunkt, in dem<br />

Eröffnung der Insolvenz beantragt hätte werden müssen<br />

(§ 25 Abs 3 Z 2 GmbHG)<br />

- Insichgeschäfte ohne Zustimmung des AR oder sämtlicher<br />

anderer Geschäftsführer(§ 25 Abs 4 GmbHG) oder keine Gefährdung<br />

der GmbH<br />

4


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

- wenn bei der Gründung der Gesellschaft oder bei einer<br />

Kapitalerhöhung durch falsche Angaben ein Schaden<br />

verursacht wurde (§ 10 Abs 4 GmbHG, §§ 6a Abs 4 iVm<br />

41 AktG, § 52 GmbHG)<br />

- Wettbewerbsverbot (§ 24 GmbHG, § 79 AktG)<br />

Gf dürfen ohne Einwilligung der Gesellschaft weder<br />

Geschäfte in deren Geschäftszweig für eigene oder<br />

fremde Rechnung machen, noch bei einer Gesellschaft<br />

des gleichen Geschäftszweigs als persönlich haftende<br />

Gesellschafter sich beteiligen oder eine Stelle im<br />

Vorstand oder AR oder als GF bekleiden.<br />

5


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

- bei Verletzung der Pflicht, alle außerordentlichen<br />

Geschäftsführungsmaßnahmen oder im Gesellschaftsvertrag<br />

der Beschlussfassung durch GV oder HV vorbehaltenen<br />

Geschäftsführungsmaßnahmen den Gesellschaftern zur<br />

Beschlussfassung zu unterbreiten<br />

- <strong>Haftung</strong> aus Delikt bei Verletzung absolut geschützter<br />

Rechtsgüter der Gesellschaft<br />

6


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch die<br />

Gesellschaft setzt zwingend einen entsprechenden<br />

Gesellschafterbeschluss voraus; MV in der Insolvenz muss<br />

Gesellschafterbeschluss nicht herbeiführen<br />

→ Vertretung der Ges. im Schadenersatzprozess durch AR,<br />

anderen GF oder von den Gesellschaftern bestellten<br />

Prozessvertreter (§ 35 Aus 1 Z 6 GmbHG)<br />

→ bei der AG ist für die Schadensgeltendmachung wahlweise der<br />

Vorstand oder AR (aufgr<strong>und</strong> eines in § 97 AktG vorgesehenen<br />

HV-Beschlusses) zuständig<br />

→ Schadenersatzansprüche der Gesellschaft geg. Gesellschafter<br />

verjähren in 5 Jahren ab rechtwidrigem Verhalten; deliktische<br />

Ansprüche in 3 Jahren ab Kenntnis von Schaden <strong>und</strong> Schädiger<br />

→ DHG ist nach hRsp für GF nicht anwendbar (OGH JBl 2000, 530)<br />

7


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

<strong>Haftung</strong>sbefreiung durch Weisungsbeschluss:<br />

→ bei der GmbH steht der GV Weisungsbefugnis zu<br />

→ rechtmäßige Weisungen führen zur <strong>Haftung</strong>sbefreiung soweit<br />

Befriedigung bei der GmbH möglich ist (§ 25 Abs 5 GmbHG)<br />

→ Rechtswidrige Gesellschafterbeschlüsse sind anzufechten<br />

(§ 41 Abs 3 GmbHG)<br />

<strong>Haftung</strong>sbefreiung durch Entlastung:<br />

→ Verzicht auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen<br />

→ abhängig von Erkennbarkeit von Verstößen<br />

→ GF haben keinen Anspruch auf Entlastung; allenfalls neg.<br />

Feststellungsklage<br />

Vgl. dazu zuletzt OGH 16.2.2011, 7 Ob 143/10w<br />

8


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ <strong>Haftung</strong>sbeschränkung durch Ressortverteilung?<br />

Die aufgr<strong>und</strong> gesetzl. Bestimmungen gegebene<br />

Gesamtverantwortung kann nicht eingeschränkt werden.<br />

Diese besteht etwa bei gr<strong>und</strong>sätzlichen Fragen der<br />

Geschäftspolitik, Vornahme von Anmeldungen zu<br />

Firmenbucheintragungen, Einberufung von GV bei Verlust des<br />

halben Stammkapitals, rechtzeitiger Anmeldung eines<br />

Insolvenzverfahrens, Aufstellung des Jahresabschlusses)<br />

In Teilbereichen kann die <strong>Haftung</strong> durch genaue Aufteilung der<br />

Aufgaben eingeschränkt werden, sofern die Gf ihrer<br />

Überwachungspflicht nachkommen; dann besteht eine<br />

primäre <strong>Haftung</strong> des Ressortverantwortlichen (vgl. dazu<br />

etwa OGH 8.8.2002, 8 ObA 78/02g).<br />

9


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

1.2. <strong>Haftung</strong> gegenüber Gesellschaftern<br />

→ Gr<strong>und</strong>sätzlich besteht eine <strong>Haftung</strong> nur gegenüber der<br />

Gesellschaft<br />

→ <strong>Haftung</strong> gegenüber Gesellschaftern kann aber etwa in folgenden<br />

Fällen bestehen:<br />

- bei Verletzung der Pflicht zur Rechnungslegung (§ 22 GmbHG)<br />

- bei Verletzung der Auskunftspflicht <strong>und</strong> Verwehrung des<br />

Bucheinsichtsrechts (§ 22 GmbHG)<br />

- bei Verletzung der Pflicht, keine Zahlungen entgegen § 82<br />

GmbHG vorzunehmen<br />

- bei Verletzung der Gleichbehandlungspflicht (etwa bei der<br />

Gewinnausschüttung)<br />

- bei Verletzung der Verpflichtung, bei Verlust des halben<br />

Stammkapitals eine Generalversammlung einzuberufen (§ 36<br />

GmbHG,§ 83 AktG)<br />

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C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

1.3. <strong>Haftung</strong> gegenüber Gesellschaftsgläubigern<br />

<strong>Haftung</strong>statbestände:<br />

→ im GmbHG nur in 3 Bestimmungen angeordnet:<br />

- § 56 Abs 3: <strong>Haftung</strong> für Schädigung aus falschen Nachweisen<br />

oder Erklärungen anlässlich der Herabsetzung des Stammkapitals<br />

Bei Herabsetzung des Stammkapitals können Gläubiger auf ihr<br />

Verlangen hin Befriedigung od. Sicherstellung ihrer Forderung<br />

begehren, wenn der GF einen falschen Nachweis über die<br />

Befriedigung od. Sicherstellung von Gläubigern oder eine falsche<br />

Erklärung über das Ergebnis des Aufgebotsverfahrens abgibt.<br />

- § 64: <strong>Haftung</strong> für unrichtige Anmeldungen iZm Einforderungen auf<br />

das ausständige Stammkapital. Zu ersetzen ist der Schaden, der<br />

Gläubiger in Vertrauen auf Firmenbucheintragung erleidet.<br />

11


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

- § 26 Abs 2: bei falschen Angaben iZm dem Übergang<br />

eines Geschäftsanteils, bei Änderung des<br />

Namens, der für die Zustellung maßgeblichen<br />

Anschrift sowie bei Änderung einer Stammeinlage oder<br />

der geleisteten Zahlungen eines Gesellschafters.<br />

→ bei Schutzgesetzverletzungen (zB §§ 1311, 1489 ABGB, §<br />

255 AktG § 69 IO, §§ 153c, 159 StGB, § 255 AktG, § 122<br />

GmbHG)<br />

Verletzen GF zwingende gesetzliche Vorschriften, die dem<br />

Gläubigerschutz dienen, so haften diese direkt den<br />

Gesellschaftsgläubigern, die von der GmbH die Forderungen<br />

nicht erhalten konnten (Ausfallshaftung).<br />

Schutzgesetzrechtliche Bestimmungen, bei deren schuldhafter<br />

Verletzung <strong>Haftung</strong>sfolgen gegeben sind, finden sich in § 69 IO,<br />

§ 153c StGB <strong>und</strong> § 159 StGB)<br />

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C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ vorsätzliche sittenwidrige Schädigung Dritter etwa<br />

vorsätzliches Tätigen verlustreicher Geschäfte oder<br />

Gründung einer GmbH in Absicht der Gläubigerschädigung.<br />

Eine bloß fahrlässige Vermögensschädigung außerhalb<br />

einer vertraglichen Sonderrechtsbeziehung begründet für<br />

sich noch keine <strong>Haftung</strong> gegenüber Gläubigern, sofern kein<br />

Schutzgesetz zu Gunsten von Gläubigern verletzt wird<br />

(OGH ecolex 1992, 707; ecolex 1995, 90; HS 16.262/7).<br />

→ Rechtsscheinhaftung<br />

Gem. § 18 Abs 2 GmbHG hat die Zeichnung so zu erfolgen, dass<br />

der GF der Firma der Gesellschaft seinen Namen zur Unterschrift<br />

beifügt. Eine persönliche <strong>Haftung</strong> des GF kommt in Betracht,<br />

wenn er für die GmbH einen Geschäftsabschluss tätigt, ohne die<br />

beschränkte <strong>Haftung</strong> offen zu legen.<br />

→ bei Vertretung ohne Vertretungsmacht<br />

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C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ <strong>Haftung</strong> wegen Verletzung vertraglicher <strong>und</strong><br />

vorvertraglicher <strong>Pflichten</strong><br />

GF trifft bei Inanspruchnahme von Kredit iwS gr<strong>und</strong>sätzlich die<br />

Pflicht zur Aufklärung über die schlechte wirtschaftl. Lage der<br />

Gesellschaft, wenn damit zu rechnen ist, dass diese bei<br />

Fälligkeit zahlungsunfähig sein wird oder bereits<br />

Insolvenzantrag gestellt werden müsste (OGH RdW 1994, 278)<br />

Weiters kommt eine <strong>Haftung</strong> des GF gegenüber Dritten in<br />

Betracht, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich<br />

selbst in Anspruch genommen <strong>und</strong> die Vertragsverhandlungen<br />

dadurch beeinflusst hat (OGH ecolex 1990, 289)<br />

→ 84 Abs 5 AktG → Dritte können Ansprüche der Gesellschaft<br />

gegen den Vorstand auch im eigenen Namen geltend machen,<br />

wenn sie von der Gesellschaft keinen Ersatz erlangen können<br />

<strong>und</strong> die Vorstandsmitglieder die Sorgfalt gröblich verletzt<br />

haben (in den in § 84 Abs 3 aufgezählten Fällen reicht leichte<br />

Fahrlässigkeit); nur für AG relevant<br />

14


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ <strong>Haftung</strong> bei Wettbewerbsverstößen (§§ 17ff UWG)<br />

GF können sich Dritten gegenüber ebenso durch Wettbewerbsverstöße<br />

wie durch Verletzung von Immaterialgüterrechten verantwortlich<br />

machen. Die GF haften für Wettbewerbsverletzungen der Gesellschaft<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nur, wenn sie diese selbst begangen haben oder daran<br />

beteiligt waren. Aus der Stellung des GF allein folgt also noch nicht die<br />

<strong>Haftung</strong> für Verstöße der Gesellschaft.<br />

→ bei Verletzung der Deckungsvorsorgepflicht (§ 16 PHG)<br />

Hersteller <strong>und</strong> Importeure von Produkten sind verpflichtet, durch das<br />

Eingehen einer Versicherung dafür Vorsorge zu treffen, dass<br />

Schadenersatzverpflichtungen nach PHG befriedigt werden können.<br />

Wurde der Deckungsvorsorgepflicht nicht entsprochen, haftet der GF, da<br />

er seinen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist, zunächst direkt<br />

der Gesellschaft. Führt die fehlende Deckungsvorsorge zur ZU, kann es<br />

zu einer <strong>Haftung</strong> gegenüber den Gläubigern kommen, da die ZU<br />

fahrlässig herbeigeführt wurde.<br />

→ Prospekthaftung<br />

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C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

1.4. Abgabenrechtliche <strong>Haftung</strong><br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich haftet die Gesellschaft für Abgabeschulden.<br />

Eine <strong>Haftung</strong> der Vertretungsorgane in abgabenrechtlicher Hinsicht<br />

besteht: für die Abgabenverpflichtung, wenn die Abgaben infolge<br />

schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten <strong>Pflichten</strong> nicht<br />

eingebracht werden können (§§ 9 Abs 1 iVm 80 BAO)<br />

Voraussetzungen für die <strong>Haftung</strong>:<br />

→ Uneinbringlichkeit der Abgabe bei der Gesellschaft<br />

§ 9 BAO sieht eines Ausfallshaftung vor; schlechte wirtschaftliche Lage<br />

oder Zahlungsstockung reichen für eine <strong>Haftung</strong>sbegründung idR nicht<br />

aus.<br />

→ Stellung als Vertreter iSd §§ 9 <strong>und</strong> 80 BAO<br />

zur Vertretung der Gesellschaft als Abgabenpflichtige befugte Personen<br />

16


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher <strong>Pflichten</strong> iSd §§ 9 <strong>und</strong> 80 BAO<br />

Die Vertreter haben alle <strong>Pflichten</strong> zu erfüllen, die den Vertretenen obliegen, dazu<br />

zählen:<br />

- abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- <strong>und</strong> Wahrheitspflichten<br />

(§§119f BAO)<br />

- Buchführungspflichten (§§ 124ff BAO)<br />

- Aufbewahrungspflicht (§ 132 BAO)<br />

- Verpflichtung zur Entrichtung der Abgaben aus den verwalteten<br />

Mitteln der Gesellschaft, insb Verpflichtung, Abgabenschulden nicht<br />

schlechter zu behandeln als sonstige Verbindlichkeiten<br />

(Gleichbehandlungsgebot); betrifft alle Abgaben außer LSt. <strong>und</strong> KESt.<br />

Achtung: Auch Bezahlung von Gütern in Form von Zug-um-Zug Geschäften kann<br />

eine derartige Ungleichbehandlung darstellen (VwGH 26.1.2011, 2007/13/0063).<br />

- bei den im Abzugsweg einzubehaltenden <strong>und</strong> abzuführenden<br />

Abgaben (LSt, KESt) deren Abzug <strong>und</strong> Abführung an das FA (§§ 78,<br />

82, 95f EStG)<br />

17


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

in Bezug auf die schuldhafte Pflichtverletzung genügt leichte Fahrlässigkeit; das<br />

Verschulden kann sich auch aus einer Rechtsunkenntnis ergeben<br />

→ Uneinbringlichkeit der Abgabe lässt sich auf die schuldhafte Pflichtverletzung<br />

zurückführen (Kausalität, Rechtswidrigkeitszusammenhang)<br />

Zeitlicher Umfang der <strong>Haftung</strong>:<br />

→ <strong>Haftung</strong> kommt nur für solche Abgaben in Frage, die in jenem Zeitraum zu<br />

entrichten sind, in dem der in Anspruch Genommene tatsächlich Gf od. Vorstand<br />

war.<br />

Bei Zustandekommen einer Rückzahlungsvereinbarung mit der<br />

Finanzverwaltung:<br />

Keine <strong>Haftung</strong> der Geschäftsführung für Abgaben, die von der<br />

Rückzahlungsvereinbarung umfasst sind, sofern ex ante von einer Erfüllbarkeit der<br />

Rückzahlungsvereinbarung ausgegangen werden konnte <strong>und</strong> die Finanzverwaltung<br />

nicht über die Voraussetzungen für eine Ratenvereinbarung getäuscht wurde<br />

(VwGH 24.10.1990, 90/13/0087). Dies wird bei Vorliegen einer positiven<br />

Fortbestehensprognose anzunehmen sein.<br />

18


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Abgesehen von §§ 9 iVm 80 BAO bestehen folgende weitere<br />

<strong>Haftung</strong>statbestände:<br />

→ <strong>Haftung</strong> für die Verletzung einer Steuererklärungspflicht des GF-<br />

Vorgängers (§ 15 BAO)<br />

Abgabenerklärungen der Vergangenheit waren falsch oder wurden<br />

unterlassen; keine <strong>Haftung</strong>, wenn Anzeige binnen 3 Monaten ab<br />

Kenntnis erfolgt; keine Prüfungspflicht der Erklärungen; <strong>Haftung</strong> für<br />

vorenthaltene Abgaben (keine Ausfallshaftung)<br />

→ bei vorsätzlichen Finanzvergehen (§ 11 BAO)<br />

Voraussetzung ist die rechtskräftige Verurteilung; <strong>Haftung</strong> für<br />

Abgabenverkürzung (keine Ausfallshaftung)<br />

→ <strong>Haftung</strong> für Kommunalsteuern <strong>und</strong> Dienstgeberabgabe nach den<br />

Landesabgabeordnungen<br />

es gilt das zur <strong>Haftung</strong> nach § 9 iVm § 80 BAO ausgeführte; insb entfällt<br />

auch hier die <strong>Haftung</strong> bei erwiesener Gläubigergleichbehandlung.<br />

19


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

1.5. Sozialversicherungsrechtliche <strong>Haftung</strong><br />

Gem § 67 Abs 10 ASVG haften die zur Vertretung jur.<br />

Personen oder Personenhandelsgesellschaften<br />

berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht<br />

für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit,<br />

als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den<br />

Vertretern auferlegten <strong>Pflichten</strong> nicht eingebracht<br />

werden können.<br />

Vor Inkrafttreten des BGBl. I 62/2011 bestand nach der<br />

Judikatur des VwGH (VwGH 12.12.2000, Zl. 98/08/0191)<br />

eine „Verpflichtungsverletzung“ nur im Fall der<br />

Verletzung von Melde- <strong>und</strong> Auskunftspflichten sowie bei<br />

Verletzung der Verpflichtung zur Abfuhr von<br />

Dienstnehmerbeiträgen.<br />

20


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Durch das BGBl. I 62/2011 wurde die Geschäftsführerhaftung nach dem<br />

ASVG der <strong>Haftung</strong> von Geschäftsführern nach der BAO (s.dazu oben)<br />

inhaltlich angeglichen (§ 58 Abs 5 ASVG).<br />

Nach dieser Neuregelung ist daher auch von einer<br />

sozialversicherungsrechtlichen „Gleichbehandlungspflicht“ auf Seiten der<br />

Geschäftsführung auszugehen, deren Verletzung – bei Uneinbringlichkeit<br />

von Beiträgen – zu einer persönlichen <strong>Haftung</strong> führt.<br />

Das vorsätzliche Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur<br />

Sozialversicherung ist auch nach § 153c StGB strafbar.<br />

<strong>Haftung</strong>sverpflichtung wird bescheidmäßig ausgesprochen. Recht zur<br />

Feststellung der <strong>Haftung</strong>sverpflichtung verjährt auch gegenüber GF<br />

(Vorstandsmitglied) erst binnen 3 Jahren, bei unzureichenden Angaben<br />

einer meldepflichtigen Person binnen 5 Jahren.<br />

21


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

1.6. <strong>Haftung</strong> für andere öffentlichrechtliche<br />

Verpflichtungen<br />

Die GF/Vorstandsmitglieder haben auch für die Erfüllung<br />

sämtlicher öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen der GmbH Sorge<br />

zu tragen. Dazu gehört insb. die Einhaltung von bau-, gewerbearbeitnehmerschutz-<br />

<strong>und</strong> umweltrechtlichen Bestimmungen.<br />

Derartigen Bestimmungen kommt oft (insb. im Bereich des<br />

Umweltrechts) Schutzgesetzcharakter gem. § 1311 ABGB zu.<br />

Eine <strong>Haftung</strong> für Einhaltung gewerberechtlicher Bestimmungen<br />

besteht neben dem gewerberechtlichen GF bei wissentlicher<br />

Duldung einer Verwaltungsübertretung (denkbar bei<br />

rechtswidrigen Dauerzuständen wie Aufnahme gewerblicher<br />

Tätigkeit ohne Gewerbeberechtigung oder Änderung einer<br />

Betriebsanlage ohne entsprechender Bewilligung)<br />

22


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Die strafrechtliche Verantwortlichkeit der GF/Vorstandsmitglieder für<br />

Verwaltungsbestimmungen ergibt sich aus § 9 VStG:<br />

Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch jur. Personen ist,<br />

sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen <strong>und</strong><br />

soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich<br />

verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist (§ 9 Abs 2<br />

VStG).<br />

Bestellung verantwortlicher Beauftragter:<br />

→ aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen<br />

→ für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des<br />

Unternehmens auch andere Personen<br />

Beispiele für einzuhaltende öffentlichrechtl. Vorschriften:<br />

arbeitnehmerschutzrechtliche Bestimmungen des AZG, ARG FrNArbG<br />

<strong>und</strong> ASchG; ArbeitsinspektionsG oder das AuslBG<br />

23


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

2. Strafrechtliche Verantwortlichkeit von<br />

GF/Vorstandsmitgliedern<br />

Strafbestimmung des § 122 GmbHG<br />

• Geld- oder Freiheitsstrafe (360 TS bzw 1 J), wenn GF<br />

die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verb<strong>und</strong>ener<br />

Unternehmen oder erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne<br />

Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt, verschleiert oder<br />

verschweigt.<br />

in den zum Zweck der Eintragung der Gesellschaft oder der Eintragung<br />

der Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals nach den § 10<br />

Abs. 3 oder § 56 Abs. 2 abzugebenden Erklärungen falsche Angaben<br />

macht oder erhebliche Umstände verschweigt,<br />

bei Angaben nach § 26 die Vermögenslage unrichtig wiedergibt oder<br />

erhebliche Umstände verschweigt oder<br />

einen gem § 28a Abs 1 angesichts einer drohenden Gefährdung der<br />

Liquidität der Gesellschaft gebotenen Sonderbericht nicht erstattet.<br />

24


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

2. Strafrechtliche Verantwortlichkeit von<br />

GF/Vorstandsmitgliedern<br />

Strafbestimmung des § 255 AktG:<br />

• Geld- oder Freiheitsstrafe (360 TS bzw 1 J), wenn Vorstand,<br />

Aufsichtsrat, Beauftragter oder Abwickler<br />

in Berichten, Darstellungen <strong>und</strong> Übersichten betreffend die Gesellschaft oder mit ihr<br />

verb<strong>und</strong>ene Unternehmen, die an die Öffentlichkeit oder an die Gesellschafter gerichtet sind,<br />

wie insbesondere Jahresabschluss (Konzernabschluss) <strong>und</strong> Lagebericht (Konzernlagebericht),<br />

in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an der Gesellschaft,<br />

in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung,<br />

in Auskünften, die nach § 272 UGB einem Abschlussprüfer oder die sonstigen Prüfern der<br />

Gesellschaft zu geben sind, oder<br />

in Berichten, Darstellungen <strong>und</strong> Übersichten an den Aufsichtsrat oder seinen Vorsitzenden<br />

die Verhältnisse der Gesellschaft oder mit ihr verb<strong>und</strong>ener Unternehmen oder erhebliche<br />

Umstände, auch wenn sie nur einzelne Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt,<br />

verschleiert oder verschweigt.<br />

Ebenso ist zu bestrafen, wer als Mitglied des Vorstandes oder als Abwickler einen gemäß<br />

§ 81 Abs 1 AktG angesichts einer drohenden Gefährdung der Liquidität der Gesellschaft<br />

gebotenen Sonderbericht nicht erstattet.<br />

25


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Kridadelikte des StGB; hierzu zählen:<br />

→ betrügerische Krida (§ 156)<br />

§ 156. (1) Wer einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht, beiseite<br />

schafft, veräußert oder beschädigt, eine nicht bestehende<br />

Verbindlichkeit vorschützt oder anerkennt oder sonst sein Vermögen<br />

wirklich oder zum Schein verringert <strong>und</strong> dadurch die Befriedigung seiner<br />

Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert, ist<br />

mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.<br />

→ Schädigung fremder Gläubiger (§ 157)<br />

§ 157. Ebenso ist zu bestrafen, wer ohne Einverständnis mit dem Schuldner<br />

einen Bestandteil des Vermögens des Schuldners verheimlicht, beiseite<br />

schafft, veräußert oder beschädigt oder ein nicht bestehendes Recht<br />

gegen das Vermögen des Schuldners geltend macht <strong>und</strong> dadurch die<br />

Befriedigung der Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt<br />

oder schmälert.<br />

26


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ Begünstigung eines Gläubigers (§ 158)<br />

§ 158. (1) Wer nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einen Gläubiger<br />

begünstigt <strong>und</strong> dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von<br />

ihnen benachteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen. (2)<br />

Der Gläubiger, der den Schuldner zur Sicherstellung oder Zahlung einer ihm<br />

zustehenden Forderung verleitet oder die Sicherstellung oder Zahlung<br />

annimmt, ist nach Abs. 1 nicht zu bestrafen.<br />

→ grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159)<br />

§ 159. (1) Wer grob fahrlässig seine Zahlungsunfähigkeit dadurch herbeiführt,<br />

dass er kridaträchtig handelt (Abs. 5), ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr<br />

zu bestrafen.<br />

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis<br />

seiner Zahlungsunfähigkeit grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines<br />

seiner Gläubiger dadurch vereitelt oder schmälert, dass er nach Abs. 5<br />

kridaträchtig handelt.<br />

(3) Ebenso ist zu bestrafen, wer grob fahrlässig seine wirtschaftliche Lage<br />

durch kridaträchtiges Handeln (Abs. 5) derart beeinträchtigt, dass<br />

Zahlungsunfähigkeit eingetreten wäre, wenn nicht von einer oder mehreren<br />

Gebietskörperschaften ohne Verpflichtung hiezu unmittelbar oder mittelbar<br />

Zuwendungen erbracht,vergleichbare Maßnahmen getroffen oder<br />

27


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

(5) Kridaträchtig handelt, wer entgegen Gr<strong>und</strong>sätzen ordentlichen<br />

Wirtschaftens<br />

1. einen bedeutenden Bestandteil seines Vermögens zerstört,<br />

beschädigt, unbrauchbar macht, verschleudert oder verschenkt,<br />

2. durch ein außergewöhnlich gewagtes Geschäft, das nicht zu seinem<br />

gewöhnlichen Wirtschaftsbetrieb gehört, durch Spiel oder Wette<br />

übermäßig hohe Beträge ausgibt,<br />

3. übermäßigen, mit seinen Vermögensverhältnissen oder seiner<br />

wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch<br />

stehenden Aufwand treibt,<br />

4. Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen zu führen<br />

unterlässt oder so führt, dass ein zeitnaher Überblick über seine<br />

wahre Vermögens-, Finanz- <strong>und</strong> Ertragslage erheblich erschwert wird,<br />

oder sonstige geeignete <strong>und</strong> erforderliche Kontrollmaßnahmen, die<br />

ihm einen solchen Überblick verschaffen, unterlässt oder<br />

5. Jahresabschlüsse, zu deren Erstellung er verpflichtet ist, zu erstellen<br />

unterlässt oder auf eine solche Weise oder so spät erstellt, dass ein<br />

28


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Haftung</strong><br />

→ Umtriebe während einer Geschäftsaufsicht (sei es im<br />

Sanierungs- oder Insolvenzverfahren), § 160<br />

§ 160. (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr ist zu bestrafen:<br />

1. wer eine nicht zu Recht bestehende Forderung oder eine Forderung in<br />

einem nicht zu Recht bestehenden Umfang oder Rang geltend macht,<br />

um dadurch einen ihm nicht zustehenden Einfluß im Konkurs- oder<br />

Ausgleichsverfahren zu erlangen;<br />

2. ein Gläubiger, der für die Ausübung seines Stimmrechts in einem<br />

bestimmten Sinn oder für das Unterlassen der Ausübung seines<br />

Stimmrechts für sich oder einen Dritten einen Vermögensvorteil<br />

annimmt oder sich versprechen läßt, <strong>und</strong> auch wer einem Gläubiger<br />

zu diesem Zweck einen Vermögensvorteil gewährt oder verspricht;<br />

3. ein Gläubiger, der für die Zustimmung zu einem Ausgleich im<br />

Ausgleichsverfahren oder zu einem Zwangsausgleich ohne<br />

Zustimmung der übrigen Gläubiger für sich oder einen Dritten einen<br />

Sondervorteil annimmt oder sich versprechen läßt, <strong>und</strong> auch wer<br />

einem Gläubiger zu diesem Zweck einen Sondervorteil gewährt oder<br />

verspricht.<br />

29


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

§ 161. (1) Nach den §§ 156, 158, 159 <strong>und</strong> 162 ist gleich<br />

einem Schuldner, nach § 160 gleich einem Gläubiger zu<br />

bestrafen, wer eine der dort genannten Handlungen als<br />

leitender Angestellter (§ 309) einer juristischen Person oder<br />

einer Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit<br />

begeht. Ebenso ist nach den genannten Bestimmungen zu<br />

bestrafen, wer zwar ohne Einverständnis mit dem Schuldner<br />

oder Gläubiger, aber als dessen leitender Angestellter (§<br />

309) handelt.<br />

Unter die leitenden Angestellten iSd § 161 StGB fallen insb auch GF<br />

<strong>und</strong> Vorstandsmitglieder<br />

30


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Diese Straftatbestände enthalten primär<br />

Gläubigerschutzbestimmungen, die den Schuldner<br />

strafrechtlich dafür verantwortlich machen, dass er<br />

vorsätzlich/fahrlässig zum Nachteil seiner Gläubiger handelt<br />

oder schuldhaft seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt oder<br />

die Folgen seiner Zahlungsunfähigkeit verschärft.<br />

Beim strafwürdigen Verhalten eines Schuldners wird nicht<br />

nur auf den Eintritt einer wirtschaftlichen Krise bzw.<br />

Insolvenz abgestellt, sondern es wird schon die Schädigung<br />

von Gläubigerinteressen unabhängig von einer solchen<br />

Krisensituation erfasst (§§ 156, 157).<br />

31


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Untreue:<br />

§ 153 StGB: Wer die ihm durch Gesetzt, behördlichen<br />

Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über<br />

fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht<br />

<strong>und</strong> dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil<br />

zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder<br />

mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen (bei<br />

höherem Schaden besteht höherer Strafrahmen; z.B. bei<br />

Schaden über € 50.000,-- besteht Strafrahmen von<br />

einem bis zu zehn Jahren).<br />

Strafbarkeit wegen Untreue ist z.B. bei wissentlich<br />

nachteiligen Geschäften für die Gesellschaft (z.B. bei<br />

Zahlungen ohne entsprechende Gegenleistungen) oder<br />

bei wissentlich zu riskanten Geschäften gegeben. 32


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Zu den weiteren relevanten Straftatbeständen zählen etwa<br />

→ § 153 Untreue<br />

→ § 153c Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen<br />

zur SV<br />

→ § 153d Betrügerisches Vorenthalten von SVbeiträgen<br />

<strong>und</strong> Zuschlägen nach dem BUAG<br />

→ § 146 Betrug<br />

33


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

3. Exkurs:<br />

<strong>Haftung</strong> des gewerberechtlichen GF<br />

Gewerberechtlicher GF<br />

→ Verantwortlicher für die fachlich einwandfreie<br />

Gewerbeausübung ggü Gesellschaft <strong>und</strong> Behörde<br />

→ Allgemeine Voraussetzungen (volljährig, keine Vorstrafen,<br />

Insolvenzfreiheit, Wohnsitz im Inland außer<br />

Vollstreckungsübereinkommen von Verwaltungsstrafen<br />

oder EWR-Staat)<br />

→ Besondere Voraussetzungen: Befähigungsnachweis<br />

34


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Haftung</strong><br />

→ Entweder handelsrechtlicher GF oder:<br />

Mind. zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit<br />

beschäftigt (voll versicherungspflichtig)<br />

→ Anzeige von Bestellung/ Ausscheidung bei der<br />

Bezirksverwaltungsbehörde<br />

→ <strong>Haftung</strong> <strong>und</strong> Strafbarkeit beginnt mit der Anzeige der<br />

Bestellung <strong>und</strong> endet mit tatsächlicher Beendigung<br />

(nicht Abmeldung!)<br />

→ Tipp: bei Ausscheidung eigene Meldung an Behörde<br />

→ Ordnungsgemäße Bestellung befreit GmbH von der<br />

verwaltungsstrafrechtlichen <strong>Haftung</strong> nach dem<br />

Gewerberecht<br />

35


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Haftung</strong><br />

Vermeidung der <strong>Haftung</strong> des<br />

gewerberechtl. GF<br />

→ Kenntnis aller gewerberechtlicher Vorschriften für<br />

das ausgeübte Gewerbe (laufende Information)<br />

→ Einhaltung aller Auflagen e. Betriebsanlagengenehmigungsbescheides<br />

sowie sonstiger Vorschriften<br />

→ Nachweisliche Meldung an Gewerbeinhaber (GmbH)<br />

bei Nichtverbesserung von Mängeln<br />

→ Bestellung von Filial-GF (§ 47 GewO)<br />

→ Vorsicht: <strong>Haftung</strong>sausschluss ggü der Behörde nicht<br />

rechtswirksam!<br />

36


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Haftung</strong><br />

Die Insolvenzöffnung bewirkt nicht den Verlust der<br />

Gewerbeberechtigung; der Masseverwalter hat ein<br />

Fortbetriebsrecht <strong>und</strong> hat den Fortbetrieb der<br />

Gewerbebehörde gegenüber anzuzeigen (§§ 41 <strong>und</strong> 44<br />

GewO).<br />

Die Insolvenzabweisung mangels Masse bildet einen<br />

Gewerbeausschluss- bzw. entziehungsgr<strong>und</strong> (§ 13<br />

GewO)<br />

37


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Haftung</strong><br />

4. Exkurs: <strong>Haftung</strong> des faktischen<br />

Geschäftsführers<br />

− Faktischer GF:<br />

− Person, die das Unternehmen tatsächlich leitet,<br />

ohne wirksam zum GF bestellt worden zu sein;<br />

muss nicht nur im Innenverhältnis, sondern nach<br />

dem Gesamterscheinungsbild auch im<br />

Außenverhältnis die Gesellschaft leiten<br />

− Gesellschafterstellung ist irrelevant (vgl OGH 8<br />

Ob 124/07d, 8 Ob 108/08b)<br />

− <strong>Haftung</strong> gegenüber der Gesellschaft:<br />

− wird in der Lit bejaht, zumindest soweit jemand<br />

bei Nichtvorhandensein von GF oder diese<br />

verdrängend ersatzweise <strong>und</strong> umfassend<br />

38


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Haftung</strong><br />

− besteht nach hL <strong>und</strong> Rsp im deliktischen Bereich bei<br />

Verletzung eines Schutzgesetzes<br />

− Vgl OGH 7 Ob 2339/96p, 8 Ob 124/07d <strong>und</strong> jüngst 8 Ob<br />

108/08b jeweils zur „Insolvenzverschleppungshaftung“ (§<br />

69 Abs 2 IO - Pflicht zur Insolvenzantragstellung): OGH<br />

bejaht Pflicht des faktischen GF zur<br />

Insolvenzantragstellung <strong>und</strong> bei deren Verletzung eine<br />

direkte <strong>Haftung</strong> gegenüber den Gesellschaftsgläubigern<br />

− Weitere denkbare <strong>Haftung</strong>statbestände:<br />

− Strafbestimmung des § 122 GmbHG (vgl Folie 24)<br />

− §§ 58 Abs 5 <strong>und</strong> 67 Abs 10 ASVG (vgl Folie 20)<br />

− §§ 9 iVm 80 BAO (vgl Folie 16 ff.)<br />

39


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

5. <strong>Haftung</strong> gegenüber<br />

Gesellschaftsgläubigern vor/in der Krise<br />

5.1 <strong>Pflichten</strong>/<strong>Haftung</strong> in der Krise vor Eintritt der<br />

materiellen Insolvenz<br />

Eine Pflicht zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen ergibt<br />

sich aus allgemeinen Sorgfaltsanforderungen (§ 25 GmbHG, §§ 70,<br />

84 AktG): Die ordnungsgemäße Unternehmensleitung umfasst<br />

auch strategische Maßnahmen <strong>und</strong> Planungen<br />

→ Pflicht der Gf <strong>und</strong> Vorstandsmitglieder, einen Sanierungsbedarf<br />

rechtzeitig zu erkennen (durch entspr Organisation des<br />

Rechnungswesens: Monatsabschlüsse, Cash Flow Rechnung,<br />

Geschäfts- bzw Finanzplan) <strong>und</strong> geeignete<br />

Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen.<br />

→ laufende Verschaffung eines Überblicks über die Vermögens-,<br />

Liquiditäts- <strong>und</strong> Ertragslage (OGH GesRZ 1986,97)<br />

40


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Maßnahmen für einen Weg aus der Krise:<br />

- betriebswirtschaftliche Maßnahmen<br />

- Gesellschafterdarlehen (Achtung Eigenkapitalersatz)<br />

- Kapitalzufluss durch finanzstarken Partner<br />

- außergerichtlicher Ausgleich (Schuldennachlass)<br />

- Einberufung der Generalversammlung (GmbH) bzw. der<br />

Hauptversammlung (AG) bei Verlust des halben Nennkapitals<br />

→ gemäß § 225 Abs 1UGB Erläuterungspflicht im Anhang bei negativem<br />

Eigenkapital; im Lagebericht ist auf die kritische Situation hinzuweisen (§<br />

243 UGB)<br />

Werden im Lagebericht, im Anhang od geg dem Abschlussprüfer<br />

unrichtige Angaben gemacht od erhebliche Umstände verschwiegen, ist<br />

das ein Straftatbestand (§ 122 GmbHG, § 255 AktG, § 272 UGB)<br />

→ Einleitung eines Reorganisationsverfahrens<br />

41


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

<strong>Haftung</strong> nach § 22 URG<br />

verschuldensunabhängige solidarische <strong>Haftung</strong> der<br />

Organe aller jur. Personen für die durch die<br />

Insolvenzmasse nicht gedeckten Verbindlichkeiten<br />

<strong>Haftung</strong>sbeschränkung von € 100.000,-- je Person d.<br />

Organs<br />

<strong>Haftung</strong>sanspruch kann ausschließlich vom MV für die<br />

Insolvenzmasse geltend gemacht werden. Ein Verzicht<br />

der Gesellschaft auf diesen Anspruch ist ausgeschlossen.<br />

<strong>Haftung</strong>svoraussetzungen:<br />

→ jur. Person muss ein Unternehmen betreiben<br />

→ jur. Person muss prüfpflichtig sein<br />

42


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ die Organe haben innerhalb der letzten 2 Jahre vor<br />

Insolvenz -<br />

antrag<br />

- einen Bericht des Abschlussprüfers erhalten, wonach die<br />

Eigenmittelquote < 8% <strong>und</strong> die fiktive<br />

Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre beträgt <strong>und</strong><br />

haben nicht unverzüglich ein Reorganisationsverfahren<br />

beantragt oder nicht gehörig fortgesetzt<br />

oder<br />

- einen Jahresabschluss nicht od. nicht rechtzeitig<br />

aufgestellt od. nicht unverzüglich den Abschlussprüfer<br />

mit dessen Prüfung beauftragt.<br />

Das haftungsbegründende Verhalten muss kausal für die<br />

Insolvenzeröffnung geworden sein .<br />

43


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

5.2 <strong>Pflichten</strong>/<strong>Haftung</strong> nach Eintritt der materiellen Insolvenz<br />

5.2.1. Insolvenzantragspflicht (§ 69 IO)<br />

→ Bei Vorliegen der Voraussetzungen<br />

(Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung) ohne „schuldhaftes Zögern“<br />

→ spätestens 60 Tage nach Eintritt der<br />

Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung (Maximalfrist!)<br />

→ Insolvenzantrag gilt als nicht schuldhaft verzögert, wenn die<br />

Eröffnung eines Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung oder<br />

Sanierungsbemühungen sorgfältig betrieben werden. Sollte aufgr<strong>und</strong><br />

der Sanierungsbemühungen eine positive Fortbestehensprognose<br />

möglich sein, so entfällt der Insolvenzgr<strong>und</strong> der Überschuldung.<br />

44


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Verpflichtung trifft bei juristischen Personen<br />

organschaftlichen Vertreter (Geschäftsführer,<br />

Vorstand, Liquidator, Notgeschäftsführer).<br />

Insolvenzantragspflicht trifft jeden Vertreter<br />

einzeln, auch bei kollektiver<br />

Zeichnungsberechtigung<br />

Antragspflicht ist unabhängig vom<br />

Vorhandensein kostendeckenden Vermögens<br />

(dieses ist jedoch Voraussetzung für die<br />

Eröffnung des Insolvenzverfahrens)<br />

45


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Rechtsfolgen der Verletzung der Insolvenzantragspflicht:<br />

→ schuldhafte Pflichtverletzung begründet zivilrechtliche <strong>Haftung</strong><br />

(Schadenersatz gemäß § 1311 ABGB, § 25 GmbHG)<br />

- Quotenschaden für Altinsolvenzgläubiger (Ausfallsdifferenz)<br />

- Vertrauensschaden für Neuinsolvenzgläubiger (Gläubiger ist so zu<br />

stellen, als hätte er nicht kontrahiert → Gesamtausfall, vermindert um<br />

im Fakturenwert enthaltene Gewinnspanne)<br />

- Vertrauensschaden für Aus- <strong>und</strong> Absonderungsgläubiger<br />

- Ersatzanspruch der Gesellschaft (des Masseverwalters) für<br />

Zahlungen nach Eintritt der Insolvenz<br />

46


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Rechtsfolgen der Verletzung der<br />

Insolvenzantragspflicht:<br />

→ GmbH-Geschäftsführer haftet auch noch für<br />

nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer<br />

eingegangene Verbindlichkeiten, da sich der<br />

Schutzzweck des § 69 Abs 2 IO auf alle <strong>und</strong><br />

zwar auch von zukünftigen Geschäftsführern<br />

eingegangene Verbindlichkeiten, mit denen in<br />

abstracto gerechnet werden muss, erstreckt<br />

(OGH ecolex 2008/77).<br />

47


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

5.2.2. Grob fahrlässige Beeinträchtigung von<br />

Gläubigerinteressen (§ 159 StGB)<br />

Strafbar ist<br />

→ grob fahrlässiges Herbeiführen der ZU durch „kridaträchtiges<br />

Handeln“<br />

→ grob fahrlässige Gläubigerschädigung durch „kridaträchtiges<br />

Handeln“ nach erkennbarem Eintritt der ZU<br />

Kridaträchtig handelt, wer entgegen den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

ordentlichen Wirtschaftens<br />

→ einen bedeutenden Bestandteil seines Vermögens zerstört,<br />

beschädigt, unbrauchbar macht, verschleudert oder<br />

verschenkt;<br />

48


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ durch ein außergewöhnlich gewagtes Geschäft, das nicht<br />

zu seinem gewöhnlichem Wirtschaftsbetrieb gehört,<br />

durch Spiel oder Wette übermäßig hohe Beträge ausgibt;<br />

→ übermäßigen, mit seinen Vermögensverhältnissen oder<br />

seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in<br />

auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand treibt;<br />

→ Unterlassung der Führung von<br />

Geschäftsbüchern/Kontrollmaßnahmen/Jahresabschlüsse<br />

n, sodass ein zeitnaher Überblick über die Vermögens-,<br />

Finanz- <strong>und</strong> Ertragslage erheblich erschwert wird.<br />

§ 159 StGB wird von der Rsp als Schutznorm zugunsten<br />

der Gläubiger gesehen. Auch die Tatbestände der §§ 156<br />

(betrügerische Krida) <strong>und</strong> § 158 StGB (Begünstigung<br />

eines Gläubigers) zählen zu den Schutzgesetzen.<br />

49


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

5.2.3. Gläubigergleichbehandlung (§ 158 StGB)<br />

= wesentliches Kriterium zur Vermeidung von <strong>Haftung</strong>srisken im<br />

Krisenfall. Sie gilt innerhalb des Insolvenzverfahrens als<br />

tragender Gr<strong>und</strong>satz <strong>und</strong> ist auch davor zu beachten<br />

(außerger. Ausgleich).<br />

Beachte: Alt- <strong>und</strong> Neuverbindlichkeiten dürfen im Krisenfall nicht<br />

gleichgesetzt werden. Ein GF handelt sorgfaltskonform, wenn<br />

er Altverbindlichkeiten nach Erreichung der Insolvenzreife<br />

nicht mehr oder gleichermaßen nicht zur Gänze bedient, nach<br />

der Insolvenzreife entstandene Verbindlichkeiten hingegen<br />

unmittelbar <strong>und</strong> sofort (Zug-um-Zug-Geschäfte) begleicht.<br />

Sorgfaltskonform ist auch das Abdecken jener<br />

Verbindlichkeiten, die unmittelbar zur<br />

Unternehmensfortführung beglichen werden müssen. Ein<br />

derartiges Verhalten ist jedenfalls dann rechtmäßig, wenn<br />

dadurch ein größerer Schaden für die Gläubiger verhindert<br />

wird.<br />

50


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Unter dem Gesichtspunkt der Gläubigergleichbehandlung ist auch das<br />

Verbot von Zahlungen bzw. das Eingehen neuer Schulden im Stadium<br />

der materiellen Insolvenz (§ 25 Abs 3 Z 2 GmbHG, § 84 Abs 3 Z 6 AktG)<br />

zu sehen.<br />

Zahlungen nach Insolvenzreife sind zulässig, soweit sie mit der Sorgfalt<br />

eines ordentlichen <strong>und</strong> gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar<br />

sind. Dazu zählen Zug um Zug Leistungen, wenn der Gegenwert dem<br />

Wert der eigenen Leistung entspricht <strong>und</strong> im Rahmen einer<br />

Betriebsfortführung notwendige Zahlungen (Strom, Miete, Löhne),<br />

sofern es ernstliche Sanierungsbemühungen gibt.<br />

Achtung: Dennoch <strong>Haftung</strong> für Steuern/Abgaben <strong>und</strong><br />

Sozialversicherungsbeiträge, wenn der Gleichbehandlungsgr<strong>und</strong>satz<br />

verletzt werden sollte (s. dazu oben).<br />

51


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Bei Verletzung des Zahlungsverbotes umfasst die<br />

<strong>Haftung</strong> den Schaden, der der Gesellschaft durch die<br />

vermögensvermindernde Handlung entstanden ist.<br />

Soweit die Verletzung des Zahlungsverbots auch eine<br />

Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht darstellt –<br />

etwa durch eine dem<br />

§ 69 IO widersprechende Fortsetzung eines<br />

Verlustbetriebes – , haftet der GF/Vorstand nach §§ 25<br />

GmbHG bzw 84 AktG. Zu ersetzen ist der weitere<br />

Betriebsverlust, der der Gesellschaft durch den<br />

Fortbetrieb entstanden ist.<br />

Eine Außenhaftung kommt nur in Betracht, wenn<br />

zugleich eine kridaträchtige Handlung iSd § 159 StGB od.<br />

sonstigen Schutzgesetzen vorliegt.<br />

52


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

5.2.4. <strong>Haftung</strong> organschaftlicher Vertreter für<br />

Verfahrenskosten<br />

→ Sonderbestimmung für jur. Personen in § 72 a IO<br />

→ Vertreter jur. Personen haften für einen Kostenvorschuss<br />

bis EUR 4.000,-- zur ungeteilten Hand<br />

→ keine Verpflichtung zum Kostenerlag für<br />

Notgeschäftsführer<br />

→ Kostenerlag entbindet GF von Abgabe eines eigenen<br />

Vermögensverzeichnisses gem § 72 b IO<br />

→ Rückforderung des Kostenvorschusses ist nachrangige<br />

Masseforderung (3. Gruppe nach § 47 IO)<br />

53


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

<strong>Pflichten</strong> des GF vor/in der Insolvenz – Überblick:<br />

→ keine Bezahlung von Altverbindlichkeiten (strafrechtl.<br />

Tatbestand der Gläubigerbegünstigung)<br />

→ Erhalt der ZU durch geeignete<br />

Geschäftsführungsmaßnahmen<br />

→ Kein Eingehen neuer Verbindlichkeiten – Barzahlung<br />

(Zug- um Zug-Zahlungen); Neugläubiger müssen über<br />

die ZU <strong>und</strong>/od Überschuldung aufgeklärt werden)<br />

→ Beachtung von Aussonderungsrechten <strong>und</strong><br />

Absonderungsrechten – Abwicklung über Treuhandkonto<br />

→ keine Ausgabe von Gutscheinen<br />

→ keine Begünstigung von Gesellschaftern durch<br />

Rückzahlung von Darlehen<br />

54


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ können Löhne <strong>und</strong> Gehälter samt Nebenkosten nicht<br />

beglichen werden, sollte eine anteilige Auszahlung<br />

erfolgen, sodass die darauf entfallenden<br />

Sozialversicherungsbeiträge <strong>und</strong> Lohnsteuer entrichtet<br />

werden können<br />

→ rechtzeitige Beantragung eines Insolvenzverfahrens<br />

Geschäftsführerpflichten im Insolvenzverfahren - Überblick<br />

→ Erscheinen bei der Einvernahmetagsatzung<br />

→ Vorlage des Vermögensverzeichnisses<br />

→ Leistung des Kostenvorschusses (§ 72a IO)<br />

→ Aufklärungs- <strong>und</strong> Mitwirkungspflichten gegenüber dem MV<br />

→ Auskunftserteilungspflicht<br />

55


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

5.2.5. <strong>Haftung</strong> gegenüber Abgabengläubigern in der Krise<br />

Die Vertreter jur. Personen haften gem § 9 iVm § 80 BAO für die<br />

Abgaben der von ihnen Vertretenen, wenn die Abgaben infolge<br />

schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten <strong>Pflichten</strong><br />

uneinbringlich sind.<br />

Das Fehlen ausreichender Mittel zur Abgabenentrichtung kann<br />

eine für die Uneinbringlichkeit kausale schuldhafte Verletzung<br />

abgabenrechtlicher <strong>Pflichten</strong> ausschließen. Voraussetzung ist,<br />

dass der Vertreter die ihm zur Verfügung stehenden Mittel anteilig<br />

zur Begleichung aller fälligen Verbindlichkeiten, einschließlich der<br />

Abgabenschulden verwendet (Gleichbehandlungsgebot).<br />

Der <strong>Haftung</strong>sausschluss durch anteilige Entrichtung gilt seit VwGH<br />

91/13/0037 auch für die USt. Gleiches gilt auch nach den<br />

Landesabgabenordnungen (für Kommunalsteuer <strong>und</strong><br />

Dienstgeberabgabe).<br />

56


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Ausnahmen<br />

→ Lohnsteuer: Der VwGH geht in stRsp davon aus, dass die<br />

LSt von den ausbezahlten Arbeitslöhnen einzubehalten<br />

ist <strong>und</strong> deshalb stets abgeführt werden kann. Reichen<br />

die vorhandenen Mittel zur Abfuhr der Lohnsteuer nicht<br />

aus, muss der Vertreter entsprechend niedrigere Löhne<br />

auszahlen (auch bei Gleichbehandlung kein Freibeweis<br />

möglich).<br />

→ KESt: auch die KESt ist jedenfalls zur Gänze zu<br />

entrichten<br />

Der <strong>Haftung</strong>sausschluss durch anteilige Entrichtung gilt<br />

auch in Zusammenhang mit den Abgaben nach den<br />

Landesabgabenordnungen (Kommunalsteuer,<br />

Dienstgeberabgabe).<br />

57


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

5.2.6. <strong>Haftung</strong> gegenüber Sozialversicherungsträgern in der<br />

Krise<br />

Das ASVG enthielt bis zum BGBl. I 62/2010 keine dem § 80 BAO<br />

entsprechende eigene Verpflichtung des Vertreters zur<br />

Abgabenentrichtung, weshalb eine sozialversicherungsrechtliche<br />

Beitragshaftung nur mehr bei schuldhafter Verletzung von<br />

Meldepflichten iSd § 111 ASVG sowie bei Einbehaltung von<br />

Dienstnehmeranteilen in Betracht kommt.<br />

Durch das BGBl. I 62/2010 wurden die <strong>Haftung</strong>sregelungen des ASVG<br />

jenen der BAO angeglichen (§ 58 Abs 5 ASVG), sodass auch in<br />

sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht ein „Gleichbehandlungsgebot“<br />

besteht (vgl dazu Folie 20).<br />

Die Verletzung anderer Gläubigerschutzvorschriften – etwa bei<br />

Insolvenzverschleppung oder Gläubigerbegünstigung – kann auch von<br />

der GKK nur im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden.<br />

58


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

6. <strong>Haftung</strong> des Aufsichtsrates in der Krise <strong>und</strong> Sanierung<br />

In Ö bislang überschaubare Anzahl von OGH-E (5 Ob 306/76, 1 Ob 144/01k, 8 Ob<br />

262/02s, 7 Ob 58/08t); in allen drei Fällen wurde letztendlich in concreto die<br />

<strong>Haftung</strong> verneint, aber der OGH hat gr<strong>und</strong>sätzliche Aussagen zur <strong>Haftung</strong> von<br />

Aufsichtsratsmitgliedern getroffen:<br />

Hauptaufgabe des AR ist es, die Geschäftsführung des Vorstandes auf ihre<br />

Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit zu überwachen.<br />

Nach seinem Umfang ist das Aufgabengebiet sowie die zu erwartende Tätigkeit<br />

des AR an sich geringer als jenes der Geschäftsführer <strong>und</strong> beschränkt sich im<br />

Wesentlichen auf die vergangenheitsbezogene <strong>und</strong> vorausschauende<br />

Überwachung der Geschäftsführung, die Wahrnehmung der <strong>Pflichten</strong> in der<br />

Krise des Unternehmens, die Veranlassung der Geschäftsführer, bei Zutreffen<br />

der Voraussetzungen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen,<br />

sowie die Prüfung des Jahresabschlusses.<br />

59


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Haftung</strong><br />

Die Bestimmungen über die Sorgfalt <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong> der<br />

GF/Vorstandsmitglieder (§§25 GmbHG <strong>und</strong> 84 AktG) gelten<br />

gem<br />

§ 33 Abs 1 GmbHG bzw. § 99 AktG auch für den AR<br />

„ordentliches <strong>und</strong> gewissenhaftes AR-Mitglied“→nach der<br />

OGH-Rsp eine Person, die in geschäftlichen <strong>und</strong><br />

finanziellen Dingen ein größeres Maß an Erfahrung <strong>und</strong><br />

Wissen besitzt als ein durchschnittlicher Kaufmann <strong>und</strong> die<br />

Fähigkeit hat, schwierige rechtliche <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Zusammenhänge zu erkennen <strong>und</strong> ihre Auswirkungen auf<br />

die Gesellschaft zu beurteilen<br />

In Zweifelsfällen <strong>und</strong> bei "schwierigen<br />

Deckungsgeschäften" sind juristische Sachverständige zu<br />

Rate zu ziehen, soweit solche nicht innerhalb des<br />

Aufsichtsrats selbst zur Verfügung stehen<br />

Diese Anforderungen sind nicht auf die einzelnen AR-<br />

60


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Jedes einzelne muss ein gewissen „Basiswissen“ vorweisen:<br />

Gesetz geht von bestimmten Mindestqualifikationen bzw.-fähigkeiten aus:<br />

- Steuerung <strong>und</strong> Überwachung von Arbeitsprozessen<br />

- Erfassung wirtschaftlicher <strong>und</strong> rechtlicher Zusammenhänge<br />

- Erfassen von Berichten des Vorstandes <strong>und</strong> beigezogener Sachverständiger<br />

- Lesen <strong>und</strong> Analysieren von Bilanzen<br />

- Kenntnis über Funktionen bestimmter Marktmechanismen<br />

- ausreichendes Zeitbudget<br />

- im Einzelfall abhängig von der Gesellschaft – Größe, Branche, Umsatz,<br />

Marktposition<br />

Liegen diese Voraussetzungen bei einem AR-Mitglied nicht vor, darf er die<br />

Bestellung nicht annehmen (Übernahmeverschulden).<br />

61


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Aufgaben des AR (§ 30j GmbHG, § 95 AktG)<br />

→ Überwachung der Geschäftsführung<br />

- Recht, vom Vorstand jederzeit Berichterstattung zu verlangen<br />

- Einsichtsrecht in Bücher <strong>und</strong> Schriften der Gesellschaft<br />

- Zustimmungspflicht zu einigen Geschäften<br />

→ Beratung des Vorstandes/der Geschäftsführung<br />

→ Einberufung einer GV bzw. HV, wenn das Wohl der Gesellschaft das<br />

erfordert<br />

→ nur bei der AG: Personalhoheit über den Vorstand (Bestellung, Anstellung,<br />

zeitgerechte Abberufung)<br />

→ Prüfung des Jahresabschlusses, des Vorschlags für die Gewinnverteilung<br />

<strong>und</strong> des Lageberichts sowie Bericht an die GV/HV hierüber (§ 96 AktG, §<br />

30k GmbHG)<br />

→ Aufsichtsrat muss 4 mal jährlich/vierteljährlich tagen<br />

62


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Überwachungspflicht des AR<br />

→ Überwachung ist mehrschichtig <strong>und</strong> arbeitsteilig (Vorstand, AR,<br />

Abschlussprüfer)<br />

→ Überwachung in drei Stufen – Information, Beurteilung, Maßnahme<br />

→ Informationswesen hat herausragende Bedeutung, hierin liegt in der Praxis<br />

die größte Fehlerquelle, verlangt wird aktive Informationserlangung – nicht<br />

bloß passives Warten<br />

→ seit URÄG 08 ist bei großen AGs (Jahresumsatz über 192,5 Mio oder 96,25<br />

Mio Bilanzsumme) verpflichtend ein Prüfungsausschuss mit folgenden<br />

Aufgaben einzurichten:<br />

→ Überwachung des Rechnungslegungsprozesses<br />

→ Überwachung des Internen Kontrollsystems<br />

→ Überwachung der Abschlussprüfung<br />

→ Prüfung <strong>und</strong> Überwachung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers<br />

63


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Reichweite <strong>und</strong> Inhalt der Überwachungspflichten<br />

→ Begleitende Überwachung: gewöhnlicher<br />

Geschäftsverlauf<br />

→ Unterstützende Überwachung: Anzeichen einer Krise,<br />

Verstärkung der Überwachung – Berichtsintensität,<br />

Genehmigungsvorbehalte<br />

→ gestaltende Überwachung in der Krise: alle Rechte sind<br />

wahrzunehmen, Abberufung, ständige<br />

Informationspflicht, teilweise Übernahme von<br />

Vorstandaufgaben<br />

64


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Unternehmerisches Ermessen – Grenzen<br />

→ Vorstand leitet AG in eigener Verantwortung mit<br />

unternehmerischem Ermessen<br />

→ AR hat unternehmerisches Ermessen anzuerkennen<br />

→ Unternehmerische Fehlschläge sind bei<br />

sorgfaltsgemäßem Handeln nicht als rechtswidrig<br />

vorwerfbar<br />

→ Klarer Pflichtverstoß des Vorstandes – unbedingte<br />

Handlungspflicht des AR<br />

→ Fehlschlagen der Präventivkontrolle – Pflicht zur<br />

Schadensverfolgung<br />

65


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Exkurs: Einfluss des Corporate Governance-Kodex<br />

idF Jänner 2009<br />

(abrufbar unter www.corporate-governance.at/)<br />

→ rein private Initiative, kein Schutzgesetz<br />

→ keine Anhebung der Sorgfaltspflichten oder<br />

Verhaltensstandards<br />

→ höchstens Baustein für Herausbildung eines neuen<br />

Verhaltensstandards<br />

→ Konkretisierung ohnehin bestehender gesetzlicher<br />

<strong>Pflichten</strong><br />

→ Erleichterung der Überprüfung <strong>und</strong> des Nachweises der<br />

Übertretung <strong>und</strong> Verletzung<br />

66


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

AR – Unternehmenskrise, Insolvenz<br />

→ gestaltende Überwachung: AR hat einzuwirken,<br />

dass<br />

- Analyse der Verlustursache, Ertragskrise erfolgt<br />

- taugliches Sanierungskonzept erstellt wird<br />

- zusätzliche Zustimmungsvorbehalte festgelegt<br />

werden<br />

- Sachverständige beigezogen werden<br />

→ Personalkompetenz wahrgenommen wird, d.h.<br />

allenfalls AR Mitglieder, Vorstandsmitglieder<br />

„austauschen“<br />

→ Abberufungsgr<strong>und</strong> Vorstand: fehlende Fähigkeit<br />

für Restrukturierung, Vertrauensverlust<br />

67


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Haftung</strong><br />

- Kommunikation nach Außen wahrgenommen<br />

wird<br />

- Vorstand erstellt für nächste Wochen/Monate<br />

Finanzplan + AR überwacht <strong>und</strong> kontrolliert<br />

- rechtzeitig Insolvenz beantragt wird<br />

-> AR eigene Überschuldungsprüfung <strong>und</strong><br />

Kontrolle der Zahlungsfähigkeit vornehmen<br />

-> verwirklicht keine unzulässige<br />

Einflußnahme auf Geschäftsleitung, faktische<br />

Geschäftsführung<br />

-> Achtung: Mandatsniederlegung zwar ohne<br />

Sachgr<strong>und</strong> zulässig, aber nicht zur Unzeit!!<br />

68


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Innenhaftung des AR<br />

- <strong>Haftung</strong> gegenüber der Gesellschaft nach §§ 84 AktG, 25 GmbHG<br />

§ 99 iVm § 84 AktG bzw. § 25 iVm § 33 GmbHG bietet nur eine Gr<strong>und</strong>lage<br />

für die <strong>Haftung</strong> der AR gegenüber der Gesellschaft. Aber: bei AG<br />

Sonderregel des § 84 Abs 5 iVm § 99 AktG → Dritte können Ansprüche der<br />

Gesellschaft gegen AR-Mitglieder auch im eigenen Namen geltend<br />

machen, wenn sie von der Gesellschaft keinen Ersatz erlangen können<br />

<strong>und</strong> die AR-Mitglieder die Sorgfalt gröblich verletzt haben (in den in § 84<br />

Abs 3 aufgezählten Fällen reicht leichte Fahrlässigkeit)<br />

- <strong>Haftung</strong> gegenüber der Gesellschaft nach § 25 URG<br />

<strong>Haftung</strong> der Mitglieder eines AR, die einem vom Vorstand vorgeschlagenen<br />

Reorganisationsplan nicht zugestimmt haben <strong>und</strong> somit die notwendige<br />

Zustimmung zum Reorganisationsverfahren nicht zustande gekommen ist.<br />

Die Höhe der <strong>Haftung</strong> ist mit einem Betrag von € 100.000,-- / Person<br />

beschränkt <strong>und</strong> hängt im Einzelnen davon ab, inwieweit der Vorstand nach<br />

§ 22 URG gehaftet hätte.<br />

69


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Außenhaftung<br />

- Schutzgesetzverletzung, § 255 AktG<br />

§ 255 AktG stellt ein Schutzgesetz zugunsten der Gläubiger<br />

wie auch der Aktionäre dar, sodass bei Verletzung ein<br />

direkter Schadenersatzanspruch besteht:<br />

§ 255. AktG (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit<br />

Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen ist vom Gericht zu<br />

bestrafen, wer als Mitglied des Vorstandes oder des<br />

Aufsichtsrates, Beauftragter oder Abwickler<br />

1. in Berichten, Darstellungen <strong>und</strong> Übersichten betreffend die<br />

Gesellschaft oder mit ihr verb<strong>und</strong>ene Unternehmen, die an<br />

die Öffentlichkeit oder an die Gesellschafter gerichtet sind,<br />

wie insbesondere Jahresabschluss (Konzernabschluss) <strong>und</strong><br />

Lagebericht (Konzernlagebericht),<br />

70


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

2. in einer öffentlichen Aufforderung zur Beteiligung an der<br />

Gesellschaft,<br />

3. in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung,<br />

4. in Auskünften, die nach § 272 UGB einem Abschlussprüfer<br />

oder die sonstigen Prüfern der Gesellschaft zu geben sind,<br />

oder<br />

5. in Berichten, Darstellungen <strong>und</strong> Übersichten an den<br />

Aufsichtsrat oder seinen Vorsitzenden die Verhältnisse der<br />

Gesellschaft oder mit ihr verb<strong>und</strong>ener Unternehmen oder<br />

erhebliche Umstände, auch wenn sie nur einzelne<br />

Geschäftsfälle betreffen, unrichtig wiedergibt, verschleiert<br />

oder verschweigt.<br />

71


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

- Ausnahmebestimmung des § 84 Abs 5 iVm § 99 AktG<br />

- Prospekthaftung<br />

Wirkt ein AR-Mitglied als verantwortliche Person an der<br />

Gestaltung eines Prospekts mit, unterfällt es dem<br />

spezialgesetzlichen Prospekthaftungsbestand gem § 80<br />

BörseG. Generell können AR-Mitglieder in die allgemeine<br />

zivilrechtliche Prospekthaftung einbezogen werden:<br />

nehmen sie in besonderem Maße auf die Gestaltung des<br />

Prospekts Einfluss <strong>und</strong> veranlassen das Fehlen von<br />

Informationen oder Fehldarstellungen, greift die<br />

allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung. Die <strong>Haftung</strong><br />

ist nur in engen Grenzen anzunehmen, wenn die AR-<br />

Mitglieder eigene Interessen verfolgen <strong>und</strong> hohes<br />

persönliches Vertrauen in Anspruch nehmen.<br />

72


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

7. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong> des Abschlussprüfers in<br />

der Krise <strong>und</strong> bei der Sanierung<br />

§ 275 UGB - Abschlussprüfer ist<br />

→ zur Verschwiegenheit <strong>und</strong><br />

→ zur gewissenhaften <strong>und</strong> unparteiischen Prüfung<br />

verpflichtet.<br />

Verletzt er vorsätzlich oder fahrlässig diese Pflicht, ist er<br />

der Gesellschaft <strong>und</strong>, wenn ein verb<strong>und</strong>enes<br />

Unternehmen geschädigt worden ist, auch diesem zu<br />

Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.<br />

Kapitalgesellschaften mit Ausnahme von kleinen, nicht<br />

aufsichtsratspflichtigen GmbHs haben ihren<br />

Jahresabschluss samt Anhang sowie Lagebericht von<br />

einem Abschlussprüfer prüfen zu lassen (§ 268 UGB).<br />

73


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Voraussetzung der <strong>Haftung</strong><br />

→ Schaden <strong>und</strong> Kausalität<br />

→ Pflichtverletzungen<br />

Verletzung der Verschwiegenheitspflicht<br />

Verwertungsverbot für Geschäfts- <strong>und</strong> Betriebsgeheimnisse<br />

In beiden Fällen besteht eine direkte Verpflichtung für den Prüfer, seine Gehilfen <strong>und</strong><br />

die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter zur Verschwiegenheit. Sie<br />

unterliegen auch direkt dem Verwertungsverbot. Eine <strong>Haftung</strong>sbegrenzung fehlt.<br />

Missachtung der Rede- <strong>und</strong> Warnpflichten<br />

Verletzung der Verpflichtung zur gewissenhaften <strong>und</strong><br />

unparteiischen Prüfung; keine direkte Gehilfenhaftung; <strong>Haftung</strong>sbeschränkungen bei<br />

Fahrlässigkeit; keine <strong>Haftung</strong>sbeschränkungen bei Kenntnis od fahrlässiger Unkenntnis<br />

der Befangenheit od Ausgeschlossenheit,<br />

74


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Pflicht zur gewissenhaften <strong>und</strong> unparteiischen Prüfung?<br />

wird unsachgemäß geprüft, verkörpert sich der Fehler in einer<br />

unrichtigen Information, die vom Prüfer an den jeweiligen<br />

Adressatenkreis weitergegeben wird.<br />

etwa mangelhafter Prüfbericht, unrichtige Erteilung des<br />

Bestätigungsvermerks<br />

→ Verschulden<br />

Objektivierter Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB<br />

Wichtig ist Unterscheidung zwischen grober <strong>und</strong> leichter<br />

Fahrlässigkeit<br />

Mitverschulden der Gesellschaft? – in der Lit umstritten<br />

OGH: „Müsste sich die Gesellschaft ein mitwirkendes<br />

Verschulden ihrer Organe entgegenhalten lassen, würde die<br />

Schutzfunktion der<br />

Abschlussprüfung beeinträchtigt.“ (OGH ZIK 2001/65)<br />

75


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Der Abschlussprüfer hat die Prüfungsplanung so anzulegen,<br />

dass dem internen Kontrollsystem besonderes Augenmerk<br />

geschenkt wird <strong>und</strong> die Auswahl der Prüfungshandlungen die<br />

Möglichkeit auch eines betrügerischen Handelns<br />

miteinschließt.<br />

→ <strong>Haftung</strong>sbeschränkung<br />

nur bei leichter Fahrlässigkeit<br />

Ersatzpflicht ist bei leichter Fahrlässigkeit bei der Prüfung einer<br />

kleinen oder mittelgroßen Gesellschaft mit € 2 Mio, bei der<br />

Prüfung einer großen Gesellschaft mit € 4 Mio, bei Prüfung einer<br />

Gesellschaft, bei der das Fünffache eines der in Euro<br />

ausgedrückten Größenmerkmale einer großen Gesellschaft<br />

überschritten wird, mit € 8 Mio <strong>und</strong> bei Prüfung einer<br />

Gesellschaft, bei der das Zehnfache eines der in Euro<br />

ausgedrückten Größenmerkmale einer großen Gesellschaft<br />

überschritten wird, mit € 12 Mio. beschränkt.<br />

76


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Dritthaftungsproblematik:<br />

Gesetzl nicht geregelt: „Eine Klarstellung der<br />

Frage, ob <strong>und</strong> unter welchen Voraussetzungen<br />

der Abschlussprüfer Dritten, insb Gläubigern<br />

<strong>und</strong> Anlegern haftet, bleibt der Rsp <strong>und</strong><br />

zukünftigen Gesetzgebung vorbehalten (RV,<br />

641 BlgNR XXI GP, S 97).“<br />

Mögliche Anspruchsgr<strong>und</strong>lagen für eine<br />

Dritthaftung sind in der Lit umstritten; OGH hat<br />

in 5Ob262/01t (zuletzt 5 Ob 123/06h) die Frage<br />

richtungsweisend entschieden:<br />

77


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Sachverhalt:<br />

Der Kl hatte aufgr<strong>und</strong> einer Werbeunterlage eine Anleihe<br />

der R-Bank gezeichnet. Die R-Bank hatte in dieser<br />

Anleihenwerbung wesentliche – günstige – Bilanzdaten<br />

mit dem vom Bekl übermittelten, jedoch noch nicht<br />

veröffentlichten Bestätigungsvermerk abgedruckt.<br />

Festgestellt wurde, dass die Bilanz grob mangelhaft<br />

erstellt worden war, wahrheitsgemäß eine<br />

Überschuldung aufweisen hätte müssen <strong>und</strong> der<br />

Bestätigungsvermerk daher falsch gewesen sei. Über die<br />

R-Bank wurde idF die Insolvenz eröffnet. Der Kl begehrte<br />

vom bekl Prüfer den Ersatz seines Anlegerschadens.<br />

Dieser wandte ua ein, dass der Bestätigungsvermerk<br />

noch nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei.<br />

78


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Mögliche Anspruchsgr<strong>und</strong>lagen:<br />

- Deliktische <strong>Haftung</strong> (§ 1300 Abs 2 ABGB) in dem Fall, in dem der<br />

Prüfer wissentlich eine falsche Auskunft (etwa unrichtigen<br />

Bestätigungsvermerk) erteilt.<br />

- Verletzung eines Schutzgesetzes wie § 255 AktG<br />

- Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl OGH 5Ob262/01t,<br />

6 Ob 39/06b, 5 Ob 123/06h, 7 Ob 269/07w)<br />

OGH: „der Prüfauftrag wird zwar von der Gesellschaft erteilt, die<br />

vielleicht gar nicht den Schutz ihrer Gläubiger beabsichtigt, hat<br />

aber, weil es um die Erfüllung einer gesetzlichen Prüfpflicht… geht,<br />

den zwingenden gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen, sodass die<br />

Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers<br />

<strong>und</strong> die damit bezweckte Information potentieller Gläubiger der<br />

geprüften Gesellschaft jedenfalls Vertragsinhalt wird.“<br />

79


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

→ der Prüfer schuldet den Gläubigern jene Sorgfalt, die<br />

eine dem Gesetz entsprechende, ordnungsgemäße<br />

Abschlussprüfung verlangt<br />

→ Konsequenterweise lässt der OGH diese<br />

<strong>Haftung</strong>sgr<strong>und</strong>lage bei einem nicht für die Öffentlichkeit<br />

bestimmten Prüfungsvermerk versagen; ABER:<br />

idF vertragliche Dritthaftung des Abschlussprüfers wenn der<br />

Geschädigte auf andere Weise als durch den gesetzlichen<br />

Zwang zur Information der Öffentlichkeit in den Schutzbereich<br />

des zwischen dem Abschlussprüfer <strong>und</strong> der geprüften<br />

Gesellschaft gelangte; Schadenersatzpflicht des<br />

Abschlussprüfers kann sich sogar daraus ergeben, dass er nur<br />

Kenntnis von der Verwendung seines nicht für die Öffentlichkeit<br />

bestimmten Prüfvermerks erhält <strong>und</strong> diesen Missbrauch nicht<br />

unverzüglich unterbindet (etwa OGH 5 Ob 123/06h)<br />

80


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Einheitliche <strong>Haftung</strong>shöchstgrenze oder Kumulierung?<br />

von OGH nicht eindeutig beantwortet; überwiegende Lit<br />

vertritt, dass eine einheitliche Höchstbetragsgrenze für<br />

geprüfte Gesellschaft <strong>und</strong> alle anderen Geschädigten<br />

besteht, da insgesamt das <strong>Haftung</strong>srisiko begrenzt<br />

werden soll<br />

Für Verteilung wäre möglich<br />

→ eine quotenmäßige Befriedigung oder<br />

→ eine Befriedigung nach dem Prioritätsprinzip<br />

(dabei wieder unklar, ob die geprüfte Gesellschaft<br />

jedenfalls Vorrang hat <strong>und</strong> die anderen Geschädigten<br />

nach Quoten befriedigt werden.)<br />

In der Literatur umstritten; vom OGH noch nicht<br />

entschieden<br />

81


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

8. Kapitalmarktkommunikation in der Krise<br />

§ 84 Abs 1 AktG – vertrauliche Angaben, hierzu<br />

gehören:<br />

- nicht allgemein bekannte oder offenk<strong>und</strong>ige Tatsachen<br />

- Interesse der Gesellschaft an der Geheimhaltung, insb<br />

Geschäfts- <strong>und</strong> Betriebsgeheimnisse<br />

- vom Vorstand als vertraulich definiert<br />

Die Verschwiegenheitspflicht im AktG ist kein absolutes<br />

Verbot, im Einzelfall erfolgt eine Interessen- <strong>und</strong><br />

Risikoabwägung gegenüber Informationsweitergabe;<br />

Verschwiegenheitspflicht dient dem Schutz der<br />

Gesellschaft<br />

82


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Ad-hoc-Publizität nach BörseG (§ 48d BörseG):<br />

Ziel:<br />

- Sicherung der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte durch<br />

entsprechend rasche Information;<br />

- Sicherung von Anlegerinteressen durch die Möglichkeit, auf<br />

geänderte Umstände zu reagieren;<br />

- Verhinderung von Insidertransaktionen;<br />

Inhalt:<br />

Emittenten von Finanzinstrumenten (z.B. Aktien,<br />

Schuldverschreibungen, Genussrechte, …), die im amtlichen<br />

Handel oder im geregelten Freiverkehr gehandelt werden,<br />

haben Insider-Informationen, die sie unmittelbar betreffen,<br />

unverzüglich der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Keine adhoc-Publizität<br />

bei Handel am ungeregelten sog. „dritten<br />

Markt“.<br />

83


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Voraussetzungen für das Vorliegen von Insider<br />

Informationen:<br />

- Es muss sich um „vertrauliche Informationen“ handeln: Dies<br />

sind öffentlich nicht bekannte, (hinreichend) genaue<br />

Informationen;<br />

- Daher keine Publizitätspflicht gem. § 48d BörseG, wenn<br />

Informationen bereits über entsprechende Informationskanäle<br />

(z.B. Reuters oder Bloomberg) oder über Presseberichte<br />

öffentlich bekannt geworden sind.<br />

- Information muss weiters „hinreichend genau“ sein. Es muss<br />

eine hinreichender Wahrscheinlichkeit vom Eintritt eines<br />

bestimmten Ereignisses (etwa Vertragsabschluss) auszugehen<br />

sein.<br />

84


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Voraussetzungen für das Vorliegen von Insider<br />

Informationen:<br />

- Der Information muss eine „wesentliche Kursrelevanz“<br />

zukommen, d.h. wenn sie öffentlich bekannt würde,<br />

wäre diese Information geeignet, den Kurs dieser<br />

Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, weil ein<br />

verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der<br />

Gr<strong>und</strong>lage seiner Anlageentscheidung nutzen würde;<br />

- Bei der Beurteilung der Kursrelevanz ist je nach Art der<br />

Wertpapiere zu unterscheiden: Bei Anleihen ist bereits<br />

bei geringerer zu erwartender Kursschwankung (etwa 5<br />

%, strittig) von einer „wesentlichen Kursrelevanz“<br />

auszugehen als bei Aktien (etwa 10 %; strittig)


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Ad-hoc-Meldung<br />

- Bekanntmachung nach der Veröffentlichungs- <strong>und</strong> MeldeVO<br />

- Verständigung der FMA <strong>und</strong> des Börseunternehmens<br />

- (einstweiliges) Unterbleiben der Veröffentlichung dann<br />

zulässig wenn alle folgenden 3 Voraussetzungen vorliegen:<br />

- Veröffentlichung schadet berechtigten Interessen des Emittenten (zB<br />

Sanierungsverhandlungen wären dadurch gefährdet)<br />

- Öffentlichkeit wird durch Unterbleiben der Veröffentlichung nicht<br />

irregeführt (kursieren aber bereits Gerüchte, ist eine Veröffentlichung<br />

geboten)<br />

- Vertraulichkeit der Information muss gewährleistet sein<br />

86


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Sanktion bei Verstoß gegen ad-hoc-Bestimmungen<br />

Im Fall eines Verstoßes gegen die<br />

Publizitätspflichten nach dem BörseG kann es zu<br />

einer verwaltungsstrafrechtlichen,<br />

strafrechtlichen <strong>und</strong>/oder zivilrechtlichen<br />

Verantwortlichkeit kommen.<br />

87


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Sanktion bei Verstoß gegen ad-hoc-Bestimmungen<br />

Verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit:<br />

- Ad-hoc-Publizitätspflichtverletzung, § 48d Abs 1 S 1<br />

BörseG, Geldstrafe € 30.000,00<br />

- Marktmanipulation gem § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG,<br />

Geldstrafe € 75.000,00<br />

- Regelpublizitätspflichtverletzung, § 82 Abs 4 lit a BörseG,<br />

Geldstrafe € 30.000,00<br />

88


C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Sanktion bei Verstoß gegen ad-hoc-Bestimmungen<br />

Strafrechtliche Verantwortlichkeit:<br />

- § 255 AktG: Verbot unrichtiger Darstellungen (Jahres-,<br />

Konzernjahresabschluss, Hauptversammlung, Berichte<br />

an die Öffentlichkeit; echte Konkurrenz zu Betrug, 1 Jahr<br />

Freiheitsstrafe)<br />

- unrichtige Angaben bei prospektpflichtigen Wertpapieren<br />

oder Veranlagungen gem § 15 KMG<br />

- Betrug, §§ 146 ff StGB<br />

- Insiderhandel, § 48b BörseG, max 5 Jahre Freiheitsstrafe<br />

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C. <strong>Pflichten</strong> <strong>und</strong> <strong>Haftung</strong><br />

Sanktion bei Verstoß gegen ad-hoc-Bestimmungen<br />

Zivilrechtliche Verantwortlichkeit:<br />

- Schutzgesetzverletzung, § 1311 ABGB<br />

- falsche Auskunftserteilung, § 1300 ABGB<br />

- culpa in contrahendo<br />

- Prospekthaftung gem § 11 KMG<br />

- Organhaftung: vgl insb § 84 AktG zur <strong>Haftung</strong> der<br />

Vorstandsmitglieder, für <strong>Haftung</strong> der Aufsichtsratmitglieder<br />

gelten gem § 99 AktG die Bestimmungen des § 84 AktG<br />

sinngemäß<br />

- <strong>Haftung</strong> des Abschlussprüfers (inkl Dritthaftung)<br />

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