Übungsblatt 2
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Prof. Dr. Rainald Borck, Dr. Marco Sahm Sozialstaat-Übung SS 07 1<br />
Thema:<br />
Aufgabenblatt 2<br />
Ricardianische Theorie und Politische Ökonomie der Staatsverschuldung.<br />
Skript:<br />
Kapitel 1.4 – 1.5<br />
Basislektüre:<br />
Wellisch,D.: Finanzwissenschaft III, Kap. 4 und 7, Vahlen, 2000.<br />
Aufgabe 1 (Ricardianische Äquivalenz)<br />
Betrachten Sie ein 2-Perioden-Modell einer Volkswirtschaft, in dem ein repräsentatives<br />
Individuum in Periode t positives Einkommen wt bezieht, positive<br />
Steuern τt zahlt und in Periode 1 zum Zinssatz r (positive oder negative)<br />
Ersparnisse z bilden kann. Der Haushalt maximiert seinen Nutzen U(c1,c2)<br />
aus Konsum in den beiden Perioden durch seine Konsum-Spar-Entscheidung<br />
in Periode 1; Konsum in Periode 1 und 2 sind dabei normale Güter. Der<br />
Haushalt verhält sich rational und beachtet, dass Staatsausgaben gt und<br />
Steuereinnahmen der intertemporalen Budgetrestriktion des Staates unterliegen.<br />
(a) Stellen Sie die intertemporale Budgetrestriktion eines Individuums auf<br />
und illustrieren Sie seine intertemporale Konsumentscheidung grafisch.<br />
(b) Stellen Sie die intertemporale Budgetrestriktion des Staates auf und untersuchen<br />
Sie, welche Wirkung eine schuldenfinanzierte Steuersenkung<br />
in Periode 1 auf den Konsum der privaten Haushalte hat. Erläutern<br />
und illustrieren Sie Ihre Antwort mit Hilfe einer Grafik zu oben beschriebenem<br />
Modell.<br />
(c) Zeigen Sie mit Hilfe einer geeigneten Grafik, dass das Neutralitätsergebnis<br />
nicht mehr gelten muss, wenn es kreditbeschränkte Haushalte gibt.<br />
(d) Das oben beschriebene Modell lässt sich auch wie folgt interpretieren:<br />
Ein repräsentatives Individuum lebt nur in Periode 1 und hat genau<br />
einen Nachfahren, der nur in Periode 2 lebt. Das Individuum fühlt sich<br />
dem Nachfahren altruistisch verbunden, berücksichtigt also neben dem<br />
eigenen Konsum c1 dessen Konsum c2 in seiner Nutzenfunktion, und<br />
kann ihm eine (positive) Erbschaft z hinterlassen.
Prof. Dr. Rainald Borck, Dr. Marco Sahm Sozialstaat-Übung SS 07 2<br />
Wann spricht man von (un)wirksamem Altruismus? Folgern Sie aus<br />
Aufgabenteil (c), dass das Neutralitätsergebnis nur für wirksamen, nicht<br />
aber für unwirksamen Altruismus gilt.<br />
(e) Diskutieren Sie weitere Gründe, die zu einem von den Vorhersagen der<br />
Ricardianischen Äquivalenz abweichenden Ergebnis führen können.<br />
Aufgabe 2 (Steuerglättung und Politische Ökonomie der Staatsschuld)<br />
Betrachten Sie ein 2-Perioden-Modell einer Volkswirtschaft, in dem die Individuen<br />
in Periode t zum Lohnsatz wt = 1 Arbeit im Umfang von lt Einheiten<br />
anbieten und in Periode 1 zum Zinssatz r = 0 Ersparnisse s bilden<br />
können. Der Steuersatz auf Arbeitseinkommen in Periode t beträgt tt. Die<br />
resultierenden Steuereinnahmen dienen zur Bereitstellung von g Einheiten<br />
eines öffentlichen Gutes in Periode 2. Die Individuen der Volkswirtschaft<br />
unterscheiden sich bezüglich ihrer Wertschätzung αJ ∈ {αR ,αL } für das<br />
öffentliche Gut; dabei gilt 1 ≤ αR < αL . Ein Individuum maximiert seinen<br />
Nutzen<br />
U J = 2 √ c1 + c2 − 1<br />
2 l2 1 − 1<br />
2 l2 2 + α J H(g)<br />
durch seine Arbeit-Freizeit-Entscheidung in beiden Perioden sowie durch seine<br />
Konsum-Spar-Entscheidung in Periode 1; dabei gilt H ′′ ≤ 0 < H ′ .<br />
In der Volkswirtschaft gibt es zwei Parteien, die um die Regierung konkurrieren.<br />
Stellt Partei J ∈ {R,L} die Regierung, so versucht sie, den Nutzen<br />
eines repräsentativen Individuums vom Typ α J zu maximieren. Dazu steht<br />
ihr in Periode 1 der Einkommensteuersatz t1 sowie das Verschuldungsniveau d<br />
und in Periode 2 der Einkommensteuersatz t2 sowie die Höhe der Ausgaben<br />
für öffentliche Güter g zur Verfügung; die staatlichen Budgetrestriktionen<br />
sind einzuhalten.<br />
(a) Stellen Sie die intertemporale Budgetrestriktion eines Individuums vom<br />
Typ α J auf und berechnen Sie den optimalen Arbeitseinsatz sowie den<br />
optimalen Konsumplan in Abhängigkeit von der Höhe der Steuersätze.<br />
(b) Gehen Sie zunächst davon aus, dass die Ausgaben 0 ≤ g ≤ 1<br />
2 für<br />
öffentliche Güter exogen gegeben sind. Stellen Sie die intertemporale<br />
Budgetrestriktion von Regierung J auf und zeigen Sie, dass es optimal<br />
ist, t1 = t2 zu wählen, sprich die Steuerbelastung der Haushalte über<br />
die beiden Perioden hinweg zu glätten. Berechnen Sie t1, t2 und d in<br />
Abhängigkeit von g.
Prof. Dr. Rainald Borck, Dr. Marco Sahm Sozialstaat-Übung SS 07 3<br />
(c) Nehmen Sie im Folgenden H(g) = g an und gehen Sie davon aus,<br />
dass die Regierung in Periode 2 die Ausgaben g für öffentliche Güter<br />
festlegen kann.<br />
(i) Unterstellen Sie, dass Partei J ∈ {R,L} in beiden Perioden die<br />
Regierung stellt. Zeigen Sie, dass die L-Regierung mehr öffentliche<br />
Güter als die R-Regierung bereitstellt. Berechnen Sie für α R = 1<br />
und α L = 2 jeweils die Werte der Politikvariablen.<br />
(ii) Unterstellen Sie, dass Partei R in Periode 1 die Regierung stellt,<br />
aber weiß, dass sie in Periode 2 durch Partei L abgelöst wird.<br />
Zeigen Sie am Beispiel α R = 1 und α L = 2, dass die R-Regierung<br />
sich stärker verschuldet (d.h. weniger spart), als es für die sich<br />
in Periode 2 einstellende Höhe der Staatsausgaben optimal wäre.<br />
Erklären Sie die Situation ökonomisch.