(2009). Radfahren in den Niederlanden. - Fietsberaad

(2009). Radfahren in den Niederlanden. - Fietsberaad (2009). Radfahren in den Niederlanden. - Fietsberaad

Mit aufrichtiger Dank an:<br />

<strong>Radfahren</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong><br />

<strong>Radfahren</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong>


<strong>Radfahren</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Niederlan<strong>den</strong>


Inhaltsangabe<br />

Vorwort 7<br />

Kapitel 1: Zahlen und Fakten 9<br />

1.1 <strong>Radfahren</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> 11<br />

1.2 Die niederländische Fahrradnutzung im europäischen Vergleich 12<br />

1.3 Fahrradbesitz 15<br />

1.4 Der Fahrradgebrauch <strong>in</strong> bestimmten Bevölkerungsgruppen 15<br />

1.5 Diebstahl 17<br />

1.6 Das Fahrrad und die Verkehrssicherheit 19<br />

1.7 Effektive Radverkehrspolitik 20<br />

1.8 <strong>Radfahren</strong> und Gesundheit 23<br />

1.9 Internationale Verbreitung von Wissen und Erfahrungen bezüglich des <strong>Radfahren</strong>s 23<br />

Kapitel 2:Die niederländische Strategie im Überblick 25<br />

2.1 Zielsetzungen der Radverkehrspolitik 26<br />

2.2 Die kommunale Fahrradpolitik: seit je der Schwerpunkt 26<br />

Beispiel A – Gron<strong>in</strong>gen: konsequente Politik 27<br />

Beispiel B – Amsterdam: konsequente Radverkehrspolitik und komplexe Organisation 31<br />

Kapitel 4: Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis 57<br />

4.1 Raumordnungspolitik: nahegelegene Ziele 59<br />

Beispiel N – Houten: Raumstruktur auf langsamen Verkehr ausgerichtet 58<br />

4.2 Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur für Radfahrer 59<br />

Beispiel O – Zwolle: Selbstständiges Radwegenetz 60<br />

Beispiel P – Veenendaal: systematisch 300 m Maschenweite 62<br />

4.3 Gute Fahrradabstellanlagen 71<br />

Beispiel Q – Innovative Fahrradbrücken 64<br />

Beispiel R – Zwolle: Stadt der Fahrradspuren 66<br />

Beispiel S – Schnellradweg zwischen Breda und Etten-Leur 68<br />

Beispiel T – Fahrradstraße <strong>in</strong> der Stadt Oss 68<br />

Beispiel U – Fahrradparkplätze <strong>in</strong> Utrecht 70<br />

Beispiel V – Gebührenfreie bewachte Stellplätze <strong>in</strong> Apeldoorn 70<br />

Beispiel W – W<strong>in</strong>terswijk: beste Strategie gegen Fahrraddiebstahl 72<br />

Beispiel X – Innovatives Konzept <strong>in</strong> Amsterdam 72<br />

4.5 Verkehrserziehung, Aufklärung und Kontrollmaßnahmen 75<br />

Beispiel Y – Verkehrssicherheitslabel der Prov<strong>in</strong>z Brabant 74<br />

Beispiel C – Prov<strong>in</strong>z Zeeland: Aktionsplan Fahrrad 32<br />

Anlage: Weitere Informationen (<strong>in</strong> englischer Sprache) über <strong>Radfahren</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> 77<br />

4<br />

Beispiel D – Prov<strong>in</strong>z Gelderland: umfassende und moderne Fahrradpolitik 32<br />

5<br />

2.3 Prov<strong>in</strong>zen und Stadtregionen: dezentrale Regisseure 33<br />

2.4 Der Staat: Unterstützung der dezentralen Politik 34<br />

Kapitel 3: E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen 37<br />

3.1 Mit dem Fahrrad zum E<strong>in</strong>kaufen 39<br />

Beispiel E – Houten und Veenendaal: Radverkehr und florierender E<strong>in</strong>zelhandel 38<br />

3.2 Mit dem Fahrrad zur Arbeit 41<br />

Beispiel F – Das Firmenfahrrad: e<strong>in</strong>e effektive Verkehrsmaßnahme 40<br />

Beispiel G – Trappers: Innovation im Mobilitätsmanagement 40<br />

3.3 Mit dem Fahrrad zur Schule 45<br />

Beispiel H – K<strong>in</strong>der sicher durch Delft 43<br />

Beispiel I – Den Haag: Bewachter Fahrradabstellplatz an der Schule 44<br />

3.4 <strong>Radfahren</strong> und Freizeit 49<br />

Beispiel J – Radwandern <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z Zeeland 48<br />

3.5 Das Fahrrad <strong>in</strong> der Transportkette – Komb<strong>in</strong>ation mit dem öffentlichen Nahverkehr 51<br />

Beispiel K – das „ÖV-Fahrrad“ 50<br />

Beispiel L – De Bak“ <strong>in</strong> Lei<strong>den</strong> und das Fahrradparkhaus <strong>in</strong> Amsterdam 55<br />

Beispiel M – Park and Bike Amsterdam 55<br />

Index


Vorwort<br />

„I want to ride my bicycle, I want to ride my bike“ – Bicycle Race von Queen wäre durchaus e<strong>in</strong>e<br />

geeignete Nationalhymne für die Niederlande, wenn man be<strong>den</strong>kt, wie häufig und lange wir mit<br />

unseren Fahrrädern unterwegs s<strong>in</strong>d.<br />

Warum das so ist? Weil Radfahrer frischer, kreativer und positiver am Arbeitsplatz ersche<strong>in</strong>en.<br />

Oder <strong>in</strong> der Schule, im Sportclub oder wo auch immer. Darum hoffe ich auch, dass diese<br />

Broschüre dazu beitragen wird, dass weltweit noch mehr Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Die Niederlande gelten als klassisches Fahrradland, aber <strong>Radfahren</strong> liegt <strong>in</strong>zwischen überall auf<br />

der Welt im Trend. In vielen Ländern wird dem Fahrrad bereits e<strong>in</strong> hoher Stellenwert e<strong>in</strong>geräumt,<br />

sowohl im Straßenverkehr als auch <strong>in</strong> der Verkehrspolitik.<br />

Dafür gibt es natürlich gute Gründe.<br />

Erstens verbessert e<strong>in</strong> hoher Fahrradanteil <strong>den</strong> Verkehrsfluss <strong>in</strong> <strong>den</strong> Städten. Fahrräder benötigen<br />

6<br />

sowohl unterwegs als auch geparkt nur wenig Platz, und sie ermöglichen e<strong>in</strong>en flexiblen<br />

Tür-zu-Tür-Verkehr. Damit ist das Fahrrad sozusagen das Öl im Getriebe des städtischen<br />

Verkehrssystems.<br />

Zweitens ist das <strong>Radfahren</strong> – abgesehen vom Zu-Fuß-Gehen – die nachhaltigste Art der<br />

Fortbewegung. Es verursacht weder Emissionen noch Lärm.<br />

Und drittens ist <strong>Radfahren</strong> gesund. Wer Rad fährt, sorgt auf e<strong>in</strong>fache Weise dafür, dass<br />

der Körper die täglich benötigte Bewegung bekommt. Das <strong>Radfahren</strong> wirkt nicht nur der<br />

Fettleibigkeit entgegen, sondern auch Herz- und Gefäßkrankheiten, Diabetes und Krebs.<br />

<strong>Radfahren</strong> sorgt für Frische und Fitness!<br />

7<br />

Regelmäßig erreichen uns Anfragen aus dem Ausland, ob die Niederlande bei der Gestaltung<br />

e<strong>in</strong>er eigenen Radverkehrspolitik Unterstützung leisten könnten. Wir hoffen auch, dass das<br />

so bleibt, <strong>den</strong>n natürlich s<strong>in</strong>d wir gern bereit, zur Entwicklung e<strong>in</strong>es nachhaltigen, sauberen,<br />

gesun<strong>den</strong> und effizienten Verkehrs beizutragen. Beispielsweise mit dieser Broschüre, die e<strong>in</strong><br />

umfassendes Bild vom Radverkehr <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> vermittelt.<br />

Wir freuen uns, Ihnen nach unserer erfolgreichen letzten Ausgabe nun die vorliegende ergänzte<br />

und vollständig überarbeitete Broschüre präsentieren zu können. Besuchen Sie doch auch<br />

e<strong>in</strong>mal die Website www.fietsberaad.org oder www.Radverkehrsknowhow.org. Hier f<strong>in</strong><strong>den</strong> Sie,<br />

übersichtlich zusammengestellt, alle verfügbaren Informationen über <strong>den</strong> Radverkehr <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Niederlan<strong>den</strong> sowie Erfahrungen aus anderen Ländern.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Fahrradspaß!<br />

T<strong>in</strong>eke Huiz<strong>in</strong>ga<br />

Staatssekretär<strong>in</strong> für Verkehr, Wasserwirtschaft und öffentliche Arbeiten


Zahlen und<br />

Fakten<br />

Holland und <strong>Radfahren</strong> – das ist schon seit je e<strong>in</strong>e untrennbare E<strong>in</strong>heit.<br />

In diesem Kapitel haben wir e<strong>in</strong>ige Zahlen und Fakten zum Thema<br />

<strong>Radfahren</strong> aus der Gegenwart und Vergangenheit zusammengestellt.


10<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

48%<br />

2%<br />

3%<br />

19%<br />

36%<br />

2%<br />

27%<br />

76% 81%<br />

34%<br />

26%<br />

6%<br />

11%<br />

15%<br />

4%<br />

2%<br />

Ingesamt bis to 7,5km 7,5km bis 15 km über 15km<br />

Auto (als Fahrer oder Mitfahrer)<br />

Eisenbahn<br />

Bus/Straßenbahn/U-Bahn<br />

Zu Fuß<br />

Fahrrad<br />

Figur 1: Zurückgelegte Wege nach Haupttransportmittel und Entfernungsklasse im Jahr 2007<br />

(Quelle: Mobiliteitsonderzoek Nederland 2007, AVV (Mobilitätsuntersuchung Niederlande, Beratungsdienst für Verkehr und Transport)<br />

Ausflug<br />

Freizeit und Soziales<br />

Sonstige<br />

Besuch/Übernachtung<br />

Schule/Kurs<br />

E<strong>in</strong>kauf<br />

Dienstleistungen/<br />

persönliche Versorgung<br />

Geschäfts-besuch<br />

Arbeitsweg<br />

16%<br />

21%<br />

18%<br />

31%<br />

28%<br />

25%<br />

14%<br />

50%<br />

18%<br />

11% 3% 79% 89%<br />

7%<br />

4%<br />

14%<br />

18%<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Figur 2: Zurückgelegte Wege nach Hauptverkehrsmittel und Fahrtmotiv im Jahr 2007<br />

(Quelle: Mobiliteitsonderzoek Nederland 2007, AVV (Mobilitätsuntersuchung Niederlande, Beratungsdienst für Verkehr und Transport)<br />

Arbeitsweg<br />

Ausgehen<br />

Sport und<br />

Vere<strong>in</strong>sbesuche<br />

K<strong>in</strong>der br<strong>in</strong>gen<br />

/abholen<br />

E<strong>in</strong>kaufen<br />

12%<br />

6%<br />

12%<br />

29%<br />

28%<br />

48%<br />

70%<br />

40%<br />

41%<br />

59%<br />

59%<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Nie Auto<br />

Manchmal Auto, manchmal Fahrrad<br />

Nie Fahrrad<br />

31%<br />

39%<br />

30%<br />

24%<br />

30%<br />

Figur 3: Entscheidung für Auto oder Fahrrad bei Fahrten bis<br />

7,5 km je Motiv (Quelle: Onderzoek Verplaats<strong>in</strong>gsrepertoire<br />

Korte Rit (Untersuchung zum Repertoire der zurückgelegten<br />

Wege bei kurzen Fahrten)<br />

18%<br />

55%<br />

62%<br />

60%<br />

50%<br />

49%<br />

18%<br />

11%<br />

14%<br />

6%<br />

6%<br />

5%<br />

5%<br />

9%<br />

10%<br />

11%<br />

12%<br />

14%<br />

9%<br />

20%<br />

4%<br />

3%<br />

17%<br />

Stadt Fahrradanteil<br />

Gron<strong>in</strong>gen 38 %<br />

Zwolle 37 %<br />

Lei<strong>den</strong> 33 %<br />

Ede 32 %<br />

Veenendaal 32 %<br />

Lelystad 19%<br />

Capelle aan <strong>den</strong> IJssel 18%<br />

Sittard-Geleen 17%<br />

Rotterdam 16%<br />

Heerlen 10%<br />

Anteil der Motive<br />

an allen Wegen<br />

Tabelle 1. Anteil des Fahrrads <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen niederländischen<br />

Städten mit mehr als 50.000 E<strong>in</strong>wohnern im Jahr<br />

2003 (Quelle: Statistisches Zentralamt/CBS)<br />

Fahrrad<br />

Zu Fuß<br />

Auto (als Fahrer oder<br />

Mitfahrer)<br />

Sonstige<br />

1.1<br />

<strong>Radfahren</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong><br />

Verkehrsmittel und Entfernungen<br />

Obwohl die Niederländer im Durchschnitt immer größere Entfernungen zurücklegen, erfreut sich<br />

das Fahrrad nach wie vor großer Beliebtheit. Gut e<strong>in</strong> Viertel aller Wege wer<strong>den</strong> mit dem Rad erledigt.<br />

Für Entfernungen bis 7,5 km ist das Fahrrad sogar das beliebteste Verkehrsmittel überhaupt.<br />

2007 wur<strong>den</strong> 34 % aller Wege bis 7,5 km mit dem Fahrrad zurückgelegt. (Figur 1)<br />

Natürlich hängt der Fahrradgebrauch <strong>in</strong> hohem Maße von der zurückzulegen<strong>den</strong> Entfernung ab.<br />

Da <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> immer noch 70 % aller zurückgelegten Wege kürzer als 7,5 km s<strong>in</strong>d,<br />

macht sich die starke Position des Fahrrads auf diesen Entfernungen (35 %) auch im gesamten<br />

Modal-Split bemerkbar (Anteil des Fahrrads 26 %). Gleichzeitig fällt auf, dass auch Strecken über<br />

7,5 km noch häufig mit dem Fahrrad zurückgelegt wer<strong>den</strong>. In der Entfernungsklasse 7,5 bis 15 km<br />

s<strong>in</strong>d es immerh<strong>in</strong> 15 %.<br />

Fahrtmotive<br />

In <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> ist das Fahrrad ke<strong>in</strong>eswegs nur bei K<strong>in</strong>dern auf dem Schulweg populär. Der<br />

Anteil des Fahrrads ist beim Motiv „Schule/Kurse“ zwar am höchsten (50 %), aber auf dieses<br />

Motiv entfällt nur e<strong>in</strong> begrenzter Teil aller Wege (9 %). (Figur 2)<br />

Der hohe Gesamtanteil des Fahrrads (26 %) ist eher e<strong>in</strong>e Folge der Tatsache, dass das Fahrrad<br />

bei fast allen Motiven e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> etwa vergleichbaren Anteil erzielt, <strong>in</strong>sbesondere aber bei <strong>den</strong> vom<br />

Umfang her wichtigsten Motiven wie dem Arbeitsweg und dem E<strong>in</strong>kaufen.<br />

Viele Niederländer treffen bei kurzen Abstän<strong>den</strong> ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Entscheidung für oder gegen das<br />

Auto oder Fahrrad. In <strong>den</strong> meisten Fällen nimmt man manchmal das Fahrrad und manchmal das<br />

Auto. (Figur 3)<br />

Fahrradanteil <strong>in</strong> <strong>den</strong> Städten<br />

Die große Rolle, die das Fahrrad <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> im Allgeme<strong>in</strong>en spielt, ist nicht <strong>in</strong> allen<br />

Regionen gleich ausgeprägt. Tabelle 1 zeigt die fünf Städte mit dem höchsten bzw. ger<strong>in</strong>gsten<br />

Fahrradanteil im Jahr 2003.<br />

Im Durchschnitt entschie<strong>den</strong> sich die Niederländer im Jahr 2003 bei 26 % aller Wege für das Fahr-<br />

rad. In <strong>den</strong> Städten mit dem höchsten Fahrradanteil wie Gron<strong>in</strong>gen und Zwolle wird das Fahrrad<br />

fast anderthalb Mal so häufig, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Städten mit dem niedrigsten Anteil etwa halb so häufig<br />

e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

11<br />

Zahlen und Fakten


1.2 Die niederländische Fahrradnutzung<br />

im europäischen Vergleich<br />

Es gibt ke<strong>in</strong>e zuverlässigen <strong>in</strong>ternationalen oder europäischen Statistiken, die <strong>den</strong> Fahrradgebrauch<br />

je Land gegenüberstellen. 2006 wur<strong>den</strong>, vor allem anhand von im Internet recherchierten Daten,<br />

viele Zahlen zum Fahrradgebrauch <strong>in</strong> europäischen Ländern und Städten gegenübergestellt. Die<br />

nachstehen<strong>den</strong> Zahlen (Tabelle 2, Figur 4) betreffen immer <strong>den</strong> Fahrradgebrauch bei allen Wegen<br />

(zurückgelegt von <strong>den</strong> E<strong>in</strong>wohnern der betreffen<strong>den</strong> Stadt oder des betreffen<strong>den</strong> Landes). Diese<br />

Zahlen stammen aus verschie<strong>den</strong>en Quellen, wobei je Stadt bzw. Land immer m<strong>in</strong>destens zwei<br />

Quellen herangezogen wur<strong>den</strong> (kle<strong>in</strong>ere Differenzen wur<strong>den</strong> beseitigt).<br />

Anteile auf<br />

nationaler Ebene<br />

(<strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten<br />

Jahren)<br />

Situation auf kommunaler Ebene<br />

Niederlande ca. 26 % Städte mit dem höchsten Anteil 35 % bis 40 %, Städte mit<br />

der ger<strong>in</strong>gsten Fahrradnutzung zwischen 15 % und 20 %.<br />

Dänemark ca. 19 % Die Unterschiede zwischen <strong>den</strong> größeren Städten s<strong>in</strong>d relativ<br />

ger<strong>in</strong>g: der Anteil liegt meist im Bereich von 20 % aller<br />

In Europa gibt es also auch außerhalb der Niederlande Städte, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en der Fahrradgebrauch hoch<br />

liegt (über 20 % Anteil am Modal-Split). Landesweit gesehen s<strong>in</strong>d die Niederlande jedoch e<strong>in</strong>samer<br />

Spitzenreiter.<br />

Historische Entwicklungen<br />

Auch wenn wir die historische Entwicklung der Fahrradnutzung betrachten, s<strong>in</strong>d klare Unterschiede<br />

zwischen <strong>den</strong> niederländischen und anderen europäischen Städten festzustellen. Es gibt aber auch auffallende<br />

Geme<strong>in</strong>samkeiten. Abbildung 3 zeigt die Entwicklung des Fahrradgebrauchs <strong>in</strong> neun europäischen<br />

Städten. Insgesamt ist Anfang des letzten Jahrhunderts e<strong>in</strong> enormer Anstieg des Fahrradgebrauchs <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> meisten europäischen Städten festzustellen. Zwischen 1950 und 1970 geht der Fahrradgebrauch auf<br />

ganzer L<strong>in</strong>ie dramatisch zurück – e<strong>in</strong>e Folge des Siegeszuges, <strong>den</strong> das Auto angetreten hat. Später aber<br />

zurückgelegten Wege.<br />

steigt die Fahrradnutzung <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Städten wieder leicht an. (Figur 5)<br />

12<br />

Deutschland ca. 10 % In <strong>den</strong> alten Bundesländern liegt die durchschnittliche Fahr-<br />

13<br />

radnutzung höher, vor allem <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen. In<br />

100<br />

Amsterdam<br />

Österreich<br />

Schweiz<br />

Belgien<br />

Schwe<strong>den</strong><br />

ca. 9 %<br />

ca. 9 %<br />

ca. 8 %<br />

ca. 7 %<br />

manchen Städten beträgt der Anteil 20 % bis 30 %.<br />

Spitzenreiter: Graz (14 %) und Salzburg (19 %).<br />

In manchen Städten liegt der Anteil höher, beispielsweise<br />

<strong>in</strong> Bern (15 %), Basel (17 %) und vor allem W<strong>in</strong>terthur (ca.<br />

20 %).<br />

In vielen Städten <strong>in</strong> Flandern liegt der Anteil bei 15 %.<br />

Spitzenreiter: Brügge mit knapp 20 %.<br />

Städte: 10 %. Spitzenreiter: Lund und Malmö: 20 %. Kle<strong>in</strong>stadt<br />

Västerås: 33 %.<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990<br />

E<strong>in</strong>dhoven<br />

Enschede<br />

Südost-Limburg<br />

Antwerpen<br />

Manchester<br />

Kopenhagen<br />

Hannover<br />

Basel<br />

Italien ca. 5 % E<strong>in</strong>ige klare Ausnahmen, vor allem <strong>in</strong> der Poebene, mit<br />

Orten wie Parma (über 15 %) und Ferrara (etwa 30 %).<br />

Ebenfalls unter <strong>den</strong> Spitzenreitern: Florenz (über 20 %).<br />

Figur 5 Rekonstruktion der Trends des Fahrradanteils an allen per Auto, Fahrrad, Mofa/Moped und öffentlichem<br />

Verkehr zurückgelegten Wegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen westeuropäischen Städten, 1920–1995 (<strong>in</strong> %).<br />

(Quelle: de la Bruheze en Veraart,1999)<br />

Frankreich ca. 5 % Spitzenreiter: Straßburg (12 %) und Avignon (10 %).<br />

Irland ca. 3 % Praktisch ke<strong>in</strong>e Spitzenreiter (Dubl<strong>in</strong> mit 5 % vorn).<br />

Abgesehen von <strong>den</strong> allgeme<strong>in</strong>en Parallelen <strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>in</strong> Abbildung 3 dargestellten Trendl<strong>in</strong>ien s<strong>in</strong>d auch<br />

Tschechien ca. 3 % E<strong>in</strong>ige Städte mit gewisser Fahrradnutzung (Ostrava,<br />

erhebliche Unterschiede festzustellen. Diese Unterschiede betreffen <strong>in</strong>sbesondere das Niveau, auf dem<br />

Olomouc und České Budějovice zwischen 5 % und 10 %),<br />

sich die allgeme<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Entwicklung vollzieht, und das Ausmaß des Anstiegs oder Rückgangs<br />

e<strong>in</strong>ige mit hohem Fahrradanteil (Prostejov 20 %).<br />

der Fahrradnutzung.<br />

Großbritannien ca. 2 % E<strong>in</strong>zelne Städte mit auffallend höherer Fahrradnutzung (York<br />

und Hull 11 %, Oxford und vor allem Cambridge fast 20<br />

%).<br />

• E<strong>in</strong>en besonders hohen Fahrradanteil (über 30 %) weisen Amsterdam, E<strong>in</strong>dhoven, Enschede und<br />

Kopenhagen auf – Städte, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en niemals e<strong>in</strong> mit dem Fahrrad konkurrierendes Verkehrssystem e<strong>in</strong>geführt<br />

wurde und <strong>in</strong> <strong>den</strong>en der Fahrradverkehr schon immer regulärer Bestandteil der Verkehrspolitik<br />

Tabelle 2: Anteil des Fahrrads an allen Wegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen europäischen Ländern und Städten<br />

war. Die Anerkennung der Radfahrer als vollwertige Verkehrsteilnehmer mit gleichen Rechten <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

50er- und 60er-Jahren war <strong>in</strong> diesen Städten e<strong>in</strong> wesentlicher Faktor.<br />

• In Südostlimburg und Hannover liegt der Fahrradgebrauch auf mittlerem Niveau (ca. 20 %). Hier g<strong>in</strong>g<br />

der Anstieg des Autoverkehrs mit e<strong>in</strong>er eher autofreundlichen Politik und e<strong>in</strong>er mehr auf das Auto<br />

abgestimmten Raumstruktur e<strong>in</strong>her.<br />

• E<strong>in</strong>en niedrigen Fahrradanteil (ca. 10 % oder weniger) weisen Antwerpen, Manchester und Basel auf.<br />

30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

27%<br />

Niederlande<br />

19%<br />

Dänemark<br />

10% 9% 9%<br />

Deutschland<br />

Österreich<br />

Schweiz<br />

Belgien<br />

8% 7%<br />

Schwe<strong>den</strong><br />

Italien<br />

5% 5%<br />

Frankreich<br />

2%<br />

rads an allen Wegen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>igen europäischen<br />

Ländern<br />

Großbritannien Figur 4: Anteil des Fahr-<br />

Zahlen und Fakten


1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

Zah der umgekommen Autofahrer 910 477 371<br />

14 15<br />

Deutschland<br />

Schwe<strong>den</strong><br />

1980 2001 2005<br />

Passagier km mit dem Rad 9,9 Milliarde 13,1 Milliarde 14,4 Milliarde<br />

Passenger km mit dem Auto 107,1 Milliarde 141,6 Milliarde 148,8 Milliarde<br />

Zahl der umgekommen Radfahre 426 195 181<br />

Tabelle 3: Zahl der Passagierkilometer und umgekommen Personen von Radfahrer und Autoe<strong>in</strong>sitzen<strong>den</strong><br />

<strong>in</strong> 1980, 2001 und 2005 (Quelle CBS (Zentrales Statistik Buro)-Onderzoek Verplaats<strong>in</strong>gsgedrag<br />

(Studie des Reisebenehmens) und AVV (Beratende Dienst Verkehr und Transport)- Basisgegevens<br />

(Grundtatsachen))<br />

Umgekommen Radfahrer<br />

pro 100 Millionen km<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1.1<br />

Niederlande<br />

0.83<br />

Dänemark<br />

0.77<br />

Deutschland<br />

Italien<br />

Österreich<br />

Großbritannien<br />

Schweiz<br />

Norwegen<br />

0.67<br />

Schwe<strong>den</strong><br />

1<br />

0.63<br />

F<strong>in</strong>nland<br />

Belgien<br />

F<strong>in</strong>nland<br />

0.50<br />

Italien<br />

0.45<br />

Fahrräder je E<strong>in</strong>wohner (2004)<br />

Figur 8: Beziehung zwischen Unfälle und Radbenutzung<br />

0.40 0.40<br />

Großbritannien<br />

Dänemark<br />

2<br />

Österreich<br />

Figur 6: Fahrradbesitz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen europäischen Ländern,<br />

2004 (Quelle: Europäische Kommission)<br />

0.34<br />

Frankreich<br />

Spanien<br />

0.18<br />

Die Niederlande<br />

8.0<br />

7.0<br />

6.0<br />

5.0<br />

4.0<br />

3.0<br />

2.0<br />

1.0<br />

0.0<br />

3<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

Zahl der Fahrraddiebstähle je 100 Fahrräder<br />

Figur 7: Zahl der gestohlenen Fahrräder pro Jahr (Quelle:<br />

Politiemonitor (Polizeistatistik), seit 2005 Sicherheitsmonitor)<br />

Fahrrad km pro Person pro Tag<br />

1.3<br />

1.4<br />

Die Ursache liegt vor allem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kraftfahrzeugorientierten Verkehrspolitik und im großen E<strong>in</strong>fluss<br />

e<strong>in</strong>es schon lange bestehen<strong>den</strong>, gut funktionieren<strong>den</strong> öffentlichen Personennahverkehrssystems<br />

(Manchester). Der vom E<strong>in</strong>zug des Autos verursachte Rückgang des Fahrradgebrauchs wurde weder<br />

unterbrochen noch gebremst, da alle relevanten E<strong>in</strong>flussfaktoren <strong>in</strong> dieselbe Richtung wiesen: e<strong>in</strong> negatives<br />

Bild <strong>in</strong> der Öffentlichkeit, e<strong>in</strong>e sehr autofreundliche Politik, die Realisierung e<strong>in</strong>er umfangreichen<br />

Autoverkehrs<strong>in</strong>frastruktur und e<strong>in</strong>e starke Suburbanisierung.<br />

Die Differenzen <strong>in</strong> der Fahrradnutzung zwischen <strong>den</strong> e<strong>in</strong>zelnen Städten <strong>in</strong> <strong>den</strong> 90er-Jahren s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie auf unterschiedliche raumordnungs- und verkehrspolitische Perspektiven und damit auch<br />

auf unterschiedliche Auffassungen über die Rolle und <strong>den</strong> Wert des Fahrradgebrauchs zurückzuführen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs muss diese Erklärung angesichts ihres langfristigen Charakters über die Jahrzehnte h<strong>in</strong>weg<br />

betrachtet wer<strong>den</strong>. In Bezug auf die Raumordungspolitik und die Vorstellungsbildung ist diese Schlussfolgerung<br />

nicht überraschend, da sich <strong>in</strong> diesen Bereichen Veränderungen naturgemäß nur sehr allmählich<br />

vollziehen. Abgesehen von all diesen Faktoren hat offenbar auch die Verkehrspolitik e<strong>in</strong>en relevanten,<br />

kont<strong>in</strong>uierlichen E<strong>in</strong>fluss. Politische Entscheidungen, die <strong>in</strong> <strong>den</strong> 50er- und 60er-Jahren getroffen wor<strong>den</strong><br />

s<strong>in</strong>d, wirken sich bis <strong>in</strong> die Gegenwart aus. In verschie<strong>den</strong>en ausländischen Städten hatten das negative<br />

Image und die konkreten fahrradfe<strong>in</strong>dlichen Maßnahmen e<strong>in</strong> Ausmaß, das für die heutige Bevölkerung<br />

der Niederlande unvorstellbar ist.<br />

Fahrradbesitz<br />

Die Niederlande s<strong>in</strong>d das e<strong>in</strong>zige Land Europas, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en es mehr Fahrräder als E<strong>in</strong>wohner gibt.<br />

(Figur 6) Die E<strong>in</strong>wohner der Niederlande besitzen im Durchschnitt 1,11 Fahrräder, und entsprechend<br />

hoch s<strong>in</strong>d die Verkaufszahlen: 2003 wur<strong>den</strong> 1,2 Millionen Fahrräder verkauft – bei e<strong>in</strong>er<br />

E<strong>in</strong>wohnerzahl von 16 Millionen. Absolut gesehen wer<strong>den</strong> nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Ländern mit wesentlich<br />

größerer E<strong>in</strong>wohnerzahl mehr Fahrräder verkauft: 4,9 Mio. <strong>in</strong> Deutschland (82 Mio. E<strong>in</strong>wohner),<br />

3,2 Mio. <strong>in</strong> Frankreich und 2,5 Mio. <strong>in</strong> Großbritannien (beide 60 Mio. E<strong>in</strong>wohner).<br />

In <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> mit Abstand die meisten Fahrräder im Fachhandel gekauft: 77 % im<br />

Jahr 2005. Die meisten dieser Geschäfte beschränken sich nicht auf <strong>den</strong> Verkauf von Fahrrädern<br />

und Fahrradzubehör, sondern verfügen auch über e<strong>in</strong>e Reparatur- und Wartungswerkstatt. Der<br />

Anteil anderer Handelskanäle am Fahrradverkauf (Warenhäuser, Discounter, Versandhäuser usw.)<br />

nimmt allerd<strong>in</strong>gs zu: von 10 % im Jahr 2000 auf 23 % im Jahr 2005. Der durchschnittliche Preis<br />

e<strong>in</strong>es neuen Fahrrads beträgt 579 Euro.<br />

Der Fahrradgebrauch <strong>in</strong> bestimmten<br />

Bevölkerungsgruppen<br />

In manchen Ländern hat das Fahrrad e<strong>in</strong> schlechtes Image. Wer Rad fährt, beweist damit se<strong>in</strong>en<br />

niedrigen sozialen Status, <strong>den</strong>n er kann sich offenbar ke<strong>in</strong> Auto leisten. In <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> ist das<br />

ganz anders: <strong>in</strong> allen Bevölkerungsgruppen ist der Fahrradgebrauch annähernd gleich. <strong>Radfahren</strong><br />

zeugt <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> von e<strong>in</strong>em gesun<strong>den</strong> und (Umwelt-) bewussten Lebensstil. Wie aus<br />

Figur 9 hervorgeht, machen die Bevölkerungsgruppen mit dem höchsten und dem niedrigsten<br />

Zahlen und Fakten


Ausbildungsniveau am meisten vom Fahrrad Gebrauch. wobei Besserverdienende etwas weniger<br />

Rad fahren als Ger<strong>in</strong>gverdiener. (Figur 10)<br />

16<br />

0.8<br />

Figur 10: Fahrradgebrauch<br />

17<br />

0.6<br />

nach E<strong>in</strong>kommen (2007).<br />

0.4<br />

(Quelle: Mobiliteitsonder-<br />

0.2<br />

zoek Nederland 2007, AVV<br />

0.0<br />

(Mobilitätsuntersuchung<br />

Niederlande, Beratungsdienst<br />

für Verkehr und Transport)<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.9<br />

0.8<br />

0.7<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

1.2<br />

1.0<br />

< 12 Jahren<br />

< 12 Jahren<br />

ke<strong>in</strong> eigenes<br />

E<strong>in</strong>kommen<br />

Hauptschule<br />

< 7500 EUR<br />

Diebstahl<br />

Sekundarunterricht<br />

der Unterstufe<br />

< 7500 bis<br />

15000 EUR<br />

Sekundarunterricht<br />

der Oberstufe<br />

< 15000 bis<br />

22500 EUR<br />

Tertiärunterricht<br />

(Universität)<br />

Zahl der Fahrradfahrten pro<br />

Person und Tag<br />

Figur 9: Fahrradgebrauch nach<br />

Ausbildungsniveau (2007).<br />

(Quelle: Mobiliteitsonderzoek<br />

Nederland 2007, AVV (Mobilitätsuntersuchung<br />

Niederlande,<br />

Beratungsdienst für Verkehr<br />

und Transport)<br />

Mit 18 Millionen Fahrrädern auf e<strong>in</strong>er so kle<strong>in</strong>en Fläche s<strong>in</strong>d die Niederlande leider auch e<strong>in</strong> Paradies<br />

für Fahrraddiebe. So s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> Europa nicht nur absolute Spitzenreiter beim Fahrradbesitz und<br />

Fahrradgebrauch, sondern auch beim Fahrraddiebstahl. Jährlich wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> rund<br />

900.000 Fahrräder gestohlen. Allerd<strong>in</strong>gs ist es dem Staat gelungen, die Diebstahlzahlen seit Mitte<br />

der neunziger Jahre allmählich etwas zu senken, aber nach wie vor handelt es sich doch um e<strong>in</strong><br />

Problem wesentlichen Ausmaßes: (Figur 7, seite 14)<br />

Durchschnittlich erstatten nur 45 % der Bestohlenen Anzeige bei der Polizei. Nur wenige Prozent<br />

aller gestohlenen Fahrräder gelangen letztlich wieder zu ihrem rechtmäßigen Eigentümer zurück.<br />

< 22500 bis<br />

30000 EUR<br />

über 30000 EUR<br />

Zahl der Fahrradfahrten<br />

pro Person und Tag<br />

Zahlen und Fakten


18<br />

1.6<br />

Das Fahrrad und die<br />

Verkehrssicherheit<br />

Radfahrer s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> e<strong>in</strong>e gefährdete Gruppe von Verkehrsteilnehmern, wenn<br />

man von der Verletzungsgefahr je zurückgelegtem Kilometer ausgeht. In <strong>den</strong> letzten Jahrzehnten<br />

hat sich die Sicherheitssituation der Radfahrer aber ständig verbessert. Die jährliche Zahl der Verkehrsopfer<br />

hat sich seit 1980 halbiert, sowohl unter <strong>den</strong> Radfahrern als auch unter <strong>den</strong> Auto<strong>in</strong>sassen<br />

(siehe nebenstehende Tabelle @). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sowohl die Auto- als<br />

auch die Fahrradnutzung <strong>in</strong> diesem Zeitraum enorm angestiegen s<strong>in</strong>d. 2001 legten Auto<strong>in</strong>sassen<br />

und Radfahrer <strong>in</strong>sgesamt 32 % mehr Kilometer zurück als im Jahr 1980. Die Zahl der potenziellen<br />

Unfälle zwischen Auto und Fahrrad hätte damit zahlenmäßig exponentiell ansteigen müssen. Wird<br />

dies berücksichtigt, hat sich die Sicherheitssituation sogar enorm verbessert. E<strong>in</strong>e starke Verkehrszunahme<br />

und e<strong>in</strong>e hohe Fahrradnutzung müssen also nicht zwangsläufig zu e<strong>in</strong>er größeren Gefährdung<br />

im Straßenverkehr führen, weder für Radfahrer noch für Auto<strong>in</strong>sassen. (Tabelle 3, seite 14)<br />

Außer anhand e<strong>in</strong>es zeitlichen Vergleichs lässt sich dies auch mithilfe e<strong>in</strong>es Vergleichs zwischen<br />

Ländern und sogar zwischen niederländischen Städten nachweisen. Figur 8, seite 14 zeigt deutlich,<br />

dass Radfahrer <strong>in</strong> Ländern mit hohem Fahrradgebrauch weniger gefährdet s<strong>in</strong>d. Dasselbe Muster<br />

zeigt sich beim Vergleich niederländischer Städte untere<strong>in</strong>ander. In Städten mit hohem Fahrradgebrauch<br />

ist die Gefahr, als Radfahrer bei e<strong>in</strong>en Verkehrsunfall verletzt zu wer<strong>den</strong>, um durchschnittlich<br />

35 % ger<strong>in</strong>ger als <strong>in</strong> Städten mit ger<strong>in</strong>gem Radverkehrsaufkommen.<br />

In verschie<strong>den</strong>en Untersuchungen wurde immer wieder dasselbe Muster festgestellt: Je höher der<br />

Fahrradgebrauch, desto ger<strong>in</strong>ger die Gefahr für die Radfahrer. Dafür gibt es mehrere Erklärungen,<br />

die mit dem Verhalten der Verkehrsteilnehmer und der Berücksichtigung des Fahrrads im Rahmen<br />

der Verkehrspolitik <strong>in</strong> Zusammenhang stehen. Erstens hat e<strong>in</strong> stärkerer Fahrradgebrauch zur Folge,<br />

dass alle Verkehrsteilnehmer ihr Verhalten anpassen, da Radfahrer im Straßenbild e<strong>in</strong>e dom<strong>in</strong>antere<br />

Rolle spielen und außerdem mehr Verkehrsteilnehmer e<strong>in</strong>e größere Radfahrerfahrung haben.<br />

Zweitens geht e<strong>in</strong>e stärkere Fahrradnutzung oft mit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren Autogebrauch e<strong>in</strong>her, wodurch<br />

die Gefahr e<strong>in</strong>es Unfalls mit Beteiligung e<strong>in</strong>es Kraftfahrzeugs abnimmt. Drittens ist fast jeder<br />

Autofahrer auch Radfahrer (60 % der Niederländer fahren m<strong>in</strong>destens dreimal pro Woche und<br />

80 % m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>mal pro Woche Fahrrad), d.h. dass Autofahrer das Verhalten von Radfahrern<br />

kennen. Abschließend die politische Erklärung: E<strong>in</strong>e umfangreiche Benutzung des Fahrrads erhöht<br />

die Unterstützung für die Fahrradpolitik, d.h. dass größere Investitionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e sichere Fahrrad<strong>in</strong>frastruktur<br />

fließen.<br />

19<br />

Zahlen und Fakten


1.7<br />

Effektive Radverkehrspolitik<br />

Es wird regelmäßig die Frage gestellt, warum <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> so viel Rad gefahren wird. Diese<br />

Frage lässt sich nur schwer beantworten – auch wenn feststeht, dass auf je<strong>den</strong> Fall mehrere Faktoren<br />

dazu beitragen. Dass die morphologischen und raumordnerischen Merkmale e<strong>in</strong>e Rolle spielen,<br />

liegt auf der Hand: Natürlich ist das <strong>Radfahren</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er flachen Polderlandschaft angenehmer als <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em hügeligen Gebiet. Außerdem s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Land wie <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> die meisten<br />

Ziele von der Entfernung her gesehen mit dem Fahrrad gut erreichbar. Auch historisch gewachsene<br />

kulturelle Faktoren spielen e<strong>in</strong>e große Rolle. Das <strong>Radfahren</strong> ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> so e<strong>in</strong>gebürgert,<br />

dass noch immer fast jedes K<strong>in</strong>d etwa mit vier Jahren se<strong>in</strong> erstes Fahrrad bekommt – und<br />

auch bald das <strong>Radfahren</strong> lernt. E<strong>in</strong> wichtiger Punkt, der im Abschnitt Sicherheit nicht unberücksichtigt<br />

bleiben sollte, ist die Haftung. In manchen Ländern gilt <strong>Radfahren</strong> als gefährlich, was<br />

manchmal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er fahrradfe<strong>in</strong>dlichen Politik zum Ausdruck kommt. Die niederländische Philosophie<br />

lautet: Radfahrer s<strong>in</strong>d nicht gefährlich, Autos und Autofahrer dah<strong>in</strong>gegen schon. Darum<br />

sollten Autofahrer die Verantwortung für die Verh<strong>in</strong>derung von Zusammenstößen mit Radfahrern<br />

übernehmen. Dies impliziert, dass Autofahrer fast immer verantwortlich s<strong>in</strong>d, wenn es zu e<strong>in</strong>em<br />

Zusammenprall mit e<strong>in</strong>em Radfahrer kommt, und sie sollten deshalb ihre Geschw<strong>in</strong>digkeit anpassen,<br />

wenn sie sich die Straße mit Radfahrern teilen.<br />

Die Argumente für das <strong>Radfahren</strong> s<strong>in</strong>d überwältigend: Es ist nachhaltig, gesund und verursacht<br />

ke<strong>in</strong>e Emissionen irgendwelcher Schadstoffe. Ferner ist <strong>Radfahren</strong> ruhig und sauber, preiswert,<br />

der Fahrradnutzung zwischen <strong>den</strong> Städten. Angesichts dieses bemerkenswerten Ergebnisses kann<br />

20<br />

sowohl <strong>in</strong> Bezug auf die Anschaffung als auch die Bereitstellung von Infrastruktur, es ist raum- und<br />

verkehrseffizient, verbessert die städtische Verkehrszirkulation und erhöht die Lebensqualität von<br />

davon ausgegangen wer<strong>den</strong>, dass dieses Modell große Aussagekraft besitzt<br />

21<br />

Wohngebieten. Aus dieser Sicht ist die äußerst fahrradfe<strong>in</strong>dliche Politik mancher ausländischer<br />

Städte (siehe Abschnitt 1.2) noch bedauerlicher. Trotz all dieser Anhaltspunkte ist ke<strong>in</strong>er der oben<br />

genannten Punkte der Grund, weshalb die Niederländer Fahrrad fahren. Ihnen macht es e<strong>in</strong>fach<br />

Spaß, und sie f<strong>in</strong><strong>den</strong> es entspannend. Es ermöglicht Flexibilität und ist das bequemste Beförderungsmittel<br />

<strong>in</strong> der Stadt. Schauen Sie sich e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>mal das Schaubild <strong>in</strong> Figur 11 an.<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

Um alle Vorteile zu nutzen, die das <strong>Radfahren</strong> der Gesellschaft bietet, ist es natürlich wichtig, Leute<br />

zum Fahrradfahren zu bewegen. Deshalb sollte <strong>Radfahren</strong> Spaß machen, es sollte entspannend<br />

und sicher se<strong>in</strong>. Dies ist mithilfe e<strong>in</strong>er sogenannten guten „Fahrradpolitik“ möglich. So e<strong>in</strong>e Politik<br />

- e<strong>in</strong>e Fahrradpolitik - funktioniert <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> – das steht zweifelsfrei fest. Dieser Punkt<br />

wurde bereits <strong>in</strong> Abschnitt 1.4 angesprochen: Das Verhältnis zwischen Fahrradnutzung und der<br />

Verbesserung der Verkehrssicherheit ist eng mit der Politik verbun<strong>den</strong>.<br />

Abgesehen von all diesen Faktoren spielt aber auf je<strong>den</strong> Fall auch die Politik e<strong>in</strong>e Rolle. Politische<br />

Maßnahmen zeigen Wirkung, und radverkehrspolitische Maßnahmen ebenso – das ist <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

Niederlan<strong>den</strong> <strong>in</strong>zwischen ausreichend bewiesen wor<strong>den</strong>. In Abschnitt 1.4 wurde hierauf schon<br />

kurz e<strong>in</strong>gegangen. Die Wechselwirkung zwischen der Fahrradnutzung und der Verbesserung der<br />

Verkehrssicherheit ist e<strong>in</strong> Aspekt, der <strong>in</strong> hohem Maße mit der Politik <strong>in</strong> Zusammenhang steht.<br />

So geht aus <strong>den</strong> Ergebnissen des vom niederländischen Radfahrerbund durchgeführten Benchmark-Projekts<br />

hervor, dass e<strong>in</strong> klarer Zusammenhang zwischen der Fahrradnutzung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt<br />

und der Qualität der lokalen Radverkehrs<strong>in</strong>frastruktur besteht. Die Qualität der Infrastruktur wurde<br />

mittels Messgeräten objektiv ermittelt und <strong>in</strong> Form der so genannten Radverkehrsbilanz (Fietsbalans)<br />

zum Ausdruck gebracht. (Abbildung 4@):<br />

In Städten mit e<strong>in</strong>em guten Radverkehrsbilanz-Ergebnis ist der Fahrradgebrauch durchschnittlich<br />

14 % höher als <strong>in</strong> Städten mit niedrigem Ergebnis.<br />

2005 wurde e<strong>in</strong>e Untersuchung abgeschlossen, die e<strong>in</strong>e sehr fundierte Antwort auf die Frage gab,<br />

wie sich die Unterschiede im Fahrradgebrauch zwischen <strong>den</strong> Städten erklären und welche Rolle die<br />

Radverkehrspolitik oder bestimmte Aspekte davon sowie die allgeme<strong>in</strong>e Verkehrspolitik <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang spielen. In die Analyse wur<strong>den</strong> 44 Faktoren e<strong>in</strong>bezogen. Diese sehr unterschiedlichen<br />

Faktoren wur<strong>den</strong> auf der Basis der aktuellen Kenntnisse über die Faktoren ausgewählt, die<br />

<strong>den</strong> Fahrradgebrauch bee<strong>in</strong>flussen können. Das Erklärungsmodell, das letztlich daraus resultierte,<br />

umfasst elf verkehrspolitische, raumordnerische, demographische, kulturelle und geographische<br />

Faktoren. Etwa e<strong>in</strong> Drittel der Aussagekraft dieses Modells beruht auf <strong>den</strong> vier Faktoren, die sich<br />

auf die allgeme<strong>in</strong>e Verkehrspolitik beziehen. Diese Faktoren erklären fast 73 % der Unterschiede <strong>in</strong><br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0<br />

Freude Angst Wut<br />

Auto Fahrrad Öffentliche Verkehrsmittel<br />

Traurigkeit Abneigung<br />

Figur 11: Gefühle assoziiert von Niederländer mit drei Transportmittel<br />

Quelle: Kennis Instituut voor Mobiliteit (niederländisches Wissens<strong>in</strong>stitut für Mobilität), 2007<br />

Zahlen und Fakten


22<br />

1.8<br />

1.9<br />

<strong>Radfahren</strong> und Gesundheit<br />

In <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> stellt, wie <strong>in</strong> allen westlichen Ländern, Fettsucht <strong>in</strong>folge von Bewegungsmangel<br />

und schlechten Ernährungsgewohnheiten e<strong>in</strong> großes Problem dar. In <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong><br />

lei<strong>den</strong> ca. 11 % aller Menschen an Fettsucht. Obgleich nach Me<strong>in</strong>ung von Ärzten Bewegung für<br />

<strong>den</strong> Menschen unverzichtbar ist, verbr<strong>in</strong>gen viele Menschen ihr Leben <strong>in</strong> zunehmen<strong>den</strong> Maße im<br />

Sitzen, und auch ihre Beförderung erfolgt im Sitzen (d.h. im Auto oder <strong>in</strong> öffentlichen Verkehrsmitteln).<br />

Viele Wissenschaftler weisen darauf h<strong>in</strong>, dass das Fahrrad für Pendler das ideale Mittel<br />

ist, um Bewegungsmangel entgegenzuwirken. E<strong>in</strong>e halbe Stunde mäßig <strong>in</strong>tensiver Bewegung pro<br />

Tag ist (abgesehen von gesunder Ernährung) ausreichend, und dafür ist der Pendelverkehr gut<br />

geeignet: Die ganze Fahrt wird mit dem Fahrrad (bis 15 km) oder <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln zurückgelegt. Untersuchungen haben gezeigt, dass der krankheitsbed<strong>in</strong>gte<br />

Arbeitsausfall Fahrrad fahrender Arbeitnehmer wesentlich ger<strong>in</strong>ger ist als der anderer Beschäftigter.<br />

Maßnahmen zur Stimulierung des Fahrradfahrens unter Arbeitnehmern zahlen sich deshalb auch<br />

leicht aus.<br />

Internationale Verbreitung von<br />

Wissen und Erfahrungen bezüglich<br />

des <strong>Radfahren</strong>s<br />

Nachhaltige Mobilität ist e<strong>in</strong> aktuelles Gesprächsthema <strong>in</strong> der heutigen Zeit, <strong>in</strong> der dem Klimawandel<br />

besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Und das Fahrrad ist das sauberste, nachhaltigste,<br />

gesündeste und <strong>in</strong> der Stadt auch das schnellste Verkehrsmittel. Das Fahrrad ist <strong>in</strong> Bezug auf <strong>den</strong><br />

Ausstoß von Treibhausgasen ca. 140 Mal so nachhaltig wie e<strong>in</strong> Auto und auch viel nachhaltiger als<br />

öffentliche Verkehrsmittel. Außerdem erlaubt e<strong>in</strong>e fahrradfreundliche Stadt (z.B. Houten, Gron<strong>in</strong>gen<br />

und Zwolle) e<strong>in</strong>e Steigerung der Lebensqualität. Aus diesem Grund hat <strong>in</strong> vielen Ländern und<br />

Städten das Interesse am <strong>Radfahren</strong> und an der Stimulierung der Fahrradnutzung stark zugenommen.<br />

Die Niederlande gelten <strong>in</strong> diesem Zusammenhang als Wiege und Mekka des <strong>Radfahren</strong>s.<br />

Deshalb ist jetzt Koord<strong>in</strong>ation erforderlich, um das Wissen und die Erfahrungen, die <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong><br />

mit dem <strong>Radfahren</strong> gesammelt wur<strong>den</strong>, zu verbreiten.Es gibt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternationale Fassung<br />

der Website des Radverkehrsrats (www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org ), auf<br />

der (<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf Englisch) Übersetzungen von Veröffentlichungen und Beispielen niederländischer<br />

und ausländischer Radverkehrspolitik. Außerdem gibt es e<strong>in</strong>en Auskunftsstelle für Fragen<br />

von Ausländern und Präsentationen für Ausländer. Diese Auskunftsstelle ist auch über die Website<br />

www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org zugänglich.<br />

23<br />

Zahlen und Fakten


Die niederländische<br />

Strategie<br />

im Überblick<br />

Im letzten Kapitel wurde festgestellt, dass die fortwährende Aufmerksamkeit,<br />

die die Entscheidungsträger <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> dem Fahrrad<br />

widmen, nachweislich erfolgreich war. In Städten, die schon seit längerer<br />

Zeit e<strong>in</strong>e gezielte Radverkehrspolitik durchführen, ist der Fahrradanteil im<br />

Durchschnitt höher als <strong>in</strong> anderen Städten. Auch der Verkehrssicherheit<br />

kommt die Radverkehrspolitik zugute.<br />

In diesem Kapitel wer<strong>den</strong> nun die Grundzüge der niederländischen Strategie<br />

beschrieben. Wie wird die Radverkehrspolitik entwickelt? Wer ist daran<br />

beteiligt und wie verhält es sich mit der F<strong>in</strong>anzierung und Durchführung<br />

der politischen Maßnahmen? Dabei wird auch auf das Engagement der<br />

verschie<strong>den</strong>en öffentlichen Körperschaften (Staat, Prov<strong>in</strong>zen, Stadtregionen,<br />

Wasserverbände und Kommunen) e<strong>in</strong>gegangen. Zuerst aber wer<strong>den</strong><br />

die Zielsetzungen der Radverkehrspolitik dargelegt. Warum <strong>in</strong>vestieren die<br />

öffentlichen Hände <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> überhaupt Geld und Arbeit <strong>in</strong> die<br />

Radverkehrspolitik?


2.1 Zielsetzungen der Radverkehrspolitik<br />

Die Förderung des Fahrradgebrauchs und die Verbesserung der Verkehrssicherheit ist für die<br />

meisten Kommunen die Hauptzielsetzung der Radverkehrspolitik. Es geht darum, die Entscheidung<br />

für das Fahrrad möglichst attraktiv zu gestalten. Die Anlage guter Radwegenetze und Fahrradabstellanlagen<br />

s<strong>in</strong>d die wichtigsten Elemente. In der Radverkehrspolitik der großen Städte spielt die<br />

Bekämpfung des Fahrraddiebstahls e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Neben physischen und raumordnerischen<br />

Maßnahmen zur Förderung des Fahrradgebrauchs s<strong>in</strong>d auch Information und Aufklärung erforderlich.<br />

Wo <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt oder e<strong>in</strong>em Dorf etwas auf dem Gebiet des Fahrradverkehrs geschehen muss<br />

und welche Maßnahmen zu ergreifen s<strong>in</strong>d, wird <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Fällen anhand von Unfallzahlen<br />

und Verkehrszählungen entschie<strong>den</strong>. Auch führen die Kommunen oft pragmatische Untersuchungen<br />

zur Ermittlung von Schwachstellen durch, aus <strong>den</strong>en Schlussfolgerungen gezogen wer<strong>den</strong>.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus ist der Input seitens des niederländischen Radfahrerbunds oft e<strong>in</strong>e wichtige Basis<br />

für Maßnahmen.<br />

F<strong>in</strong>anzierung<br />

Radverkehrspolitik kostet natürlich Geld. Zur F<strong>in</strong>anzierung der radverkehrspolitischen Maßnahmen<br />

haben die meisten Kommunen spezifische Haushaltsposten ausgewiesen. Damit wollen sie<br />

dafür sorgen, dass die Kont<strong>in</strong>uität bei der Durchführung der Radverkehrspolitik gewährleistet ist.<br />

Die Kommunen machen auch oft <strong>in</strong> hohem Maße von externen F<strong>in</strong>anzierungsquellen Gebrauch.<br />

Radverkehrsprojekte können oft im Rahmen größerer Infrastrukturprojekte, Bauprojekte, Verkehrssicherheitsprojekte<br />

oder raumordnerischer Entwicklungsmaßnahmen durchgeführt wer<strong>den</strong>.<br />

Die Kommunen können auch Beihilfen <strong>in</strong> Anspruch nehmen; diese wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong> Prov<strong>in</strong>zen und<br />

• Verbesserung der öffentlichen Gesundheit: Direkt: <strong>Radfahren</strong> sorgt für Bewegung als Bestandteil<br />

Stadtregionen verwaltet (siehe 2.2). Für Infrastrukturmaßnahmen auf Betriebsgelän<strong>den</strong> gibt es oft<br />

26<br />

der täglichen Aktivitäten. Aber auch <strong>in</strong>direkt: Wenn kurze Strecken mit dem Fahrrad statt mit<br />

eigene Regelungen, und EU-Mittel wer<strong>den</strong> immer häufiger für Radverkehrsprojekte e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

27<br />

dem Auto zurückgelegt wer<strong>den</strong>, verbessert sich die Luftqualität.<br />

Fahrradabstellanlagen wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> manchen Kommunen aus Parkgebühren (von Autofahrern)<br />

• Erweiterung der Entfaltungsmöglichkeiten: Viele E<strong>in</strong>wohner von Amstelveen haben zu vielen<br />

f<strong>in</strong>anziert, zuweilen aber auch von privaten Unternehmen oder im Rahmen öffentlich-privater<br />

Zeitpunkten ke<strong>in</strong> Auto zur Verfügung. Gute und sichere Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen ermöglichen<br />

es ihnen, <strong>den</strong>noch selbstständig Aktivitäten zu entfalten. Auch Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung s<strong>in</strong>d<br />

Partnerschaften.<br />

oft auf die Radverkehrs<strong>in</strong>frastruktur angewiesen. Indirekt: Es fördert die Selbstwirksamkeit und<br />

In <strong>den</strong> Kommunen mit der am besten entwickelten Radverkehrspolitik wer<strong>den</strong> auf Jahresbasis<br />

Entwicklung von K<strong>in</strong>dern, wenn sie schon <strong>in</strong> jungen Jahren <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, sich selbstständig<br />

oft erhebliche Beträge <strong>in</strong> die Radverkehrs<strong>in</strong>frastruktur und andere Maßnahmen zugunsten des<br />

fortzubewegen.<br />

Radverkehrs <strong>in</strong>vestiert. Gleichzeitig s<strong>in</strong>d aber auch große Unterschiede feststellbar, die weniger e<strong>in</strong><br />

• Senkung der Zahl der Fahrraddiebstähle<br />

H<strong>in</strong>weis darauf s<strong>in</strong>d, dass Kommunen mit kle<strong>in</strong>erem Budget weniger tun wür<strong>den</strong>, sondern vielmehr<br />

beweisen, dass es diesen Kommunen gel<strong>in</strong>gt, ihre Radverkehrsmaßnahmen zu f<strong>in</strong>anzieren, <strong>in</strong>dem<br />

sie sie (kostenneutral) im Rahmen allgeme<strong>in</strong>er Verkehrsmaßnahmen durchführen. Siehe Beispiele <strong>in</strong><br />

Tabelle 4:<br />

2.2<br />

Die Förderung des Radverkehrs ist ke<strong>in</strong> Selbstzweck. Die Förderung der Fahrradnutzung und die<br />

Anlage von Infrastrukture<strong>in</strong>richtungen für <strong>den</strong> Radverkehr s<strong>in</strong>d im Interesse e<strong>in</strong>er breiten Skala<br />

gesellschaftlicher Ziele. Zur Illustration s<strong>in</strong>d nachstehend die Ziele aus dem radverkehrspolitischen<br />

Bericht 2006–2015 der Stadt Amstelveen aufgeführt:<br />

• Verbesserung der Erreichbarkeit von Unternehmen und E<strong>in</strong>richtungen: Dies erfolgt auf direkte<br />

Weise durch Verbesserung der Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen für die Kun<strong>den</strong> und Arbeitnehmer, die<br />

bereits mit dem Fahrrad kommen. Aber auch <strong>in</strong>direkt, <strong>in</strong>dem Kun<strong>den</strong> und Arbeitnehmer, die mit<br />

dem Auto kommen, dazu angeregt wer<strong>den</strong>, auf das Fahrrad oder e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation von Fahrrad<br />

und öffentlichem Verkehr umzusteigen. Dadurch verbessert sich die Erreichbarkeit für <strong>den</strong><br />

verbleiben<strong>den</strong> Autoverkehr.<br />

• Verbesserung der Qualität des Lebensumfelds: Auf direkte Weise, da viele E<strong>in</strong>wohner Wert auf<br />

sichere und komfortable Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen legen. Und <strong>in</strong>direkt, da das Fahrrad kurze<br />

Autofahrten ersetzt, die e<strong>in</strong>e relativ große (Lärm )Belästigung verursachen.<br />

• Erhöhung der sozialen Sicherheit und der Verkehrssicherheit: Sowohl objektiv (Senkung der Zahl<br />

der Verkehrsopfer) als auch subjektiv (Abbau von Unsicherheitsgefühlen).<br />

Die kommunale Fahrradpolitik:<br />

seit je der Schwerpunkt<br />

Die Radverkehrspolitik ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> seit je e<strong>in</strong>e Aufgabe der Kommunen. Die Kommunen<br />

s<strong>in</strong>d für <strong>den</strong> weitaus größten Teil der E<strong>in</strong>richtungen verantwortlich, die von Radfahrern genutzt wer<strong>den</strong><br />

– nicht nur für die Straßen<strong>in</strong>frastruktur, sondern auch für Fahrradabstellanlagen bei E<strong>in</strong>kaufszentren<br />

und an Schulen. Das lokale Radwegenetz fällt <strong>in</strong> <strong>den</strong> Verantwortungsbereich der Kommunen.<br />

Jede Kommune hat ihre eigene Art, mit dem Radverkehr umzugehen. E<strong>in</strong>ige verfolgen e<strong>in</strong>e selbstständige<br />

Radverkehrspolitik, bei anderen wiederum ist die Radverkehrspolitik <strong>in</strong> die allgeme<strong>in</strong>e Verkehrsund<br />

Transportpolitik <strong>in</strong>tegriert. Die Durchführung der Radverkehrsmaßnahmen erfolgt <strong>in</strong> der Regel<br />

nicht im Rahmen e<strong>in</strong>es selbstständigen Programms, sondern im Zusammenhang mit anderen verkehrstechnischen<br />

und raumordnerischen Maßnahmen. Für die Durchführung der Radverkehrspolitik ist es<br />

wichtig, dass die verschie<strong>den</strong>en Abteilungen übere<strong>in</strong>ander <strong>in</strong>formiert s<strong>in</strong>d und dass Projekte vollständig<br />

durchgeführt wer<strong>den</strong>, sodass Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen letztlich auch tatsächlich realisiert wer<strong>den</strong>.<br />

E<strong>in</strong>wohner Budget (nicht<br />

nur Eigenmittel,<br />

sondern auch<br />

Beihilfen)<br />

Jahre Euro je<br />

E<strong>in</strong>wohner<br />

und Jahr<br />

Amsterdam 742.000 100.000.000 2006 - 2010 26,95<br />

Raalte 28.000 10.436.945 1990 - 2004 24,41<br />

Nijmegen 159.000 10.000.000 2002 - 2005 15,66<br />

Tilburg 200.000 11.200.000 2006 - <strong>2009</strong> 13,98<br />

s Gravenhage 475.000 24.000.000 2002 - 2005 12,62<br />

Gron<strong>in</strong>gen 181.000 22.800.000 1989 - 1999 12,60<br />

s Hertogenbosch 135.000 8.976.000 2000 - 2005 11,09<br />

Zwolle 113.000 4.500.000 1995 - 1998 9,95<br />

Deventer 69.000 1.361.341 1989 - 1994 3,29<br />

Tabelle 4: E<strong>in</strong>ige Beispieldaten zu <strong>den</strong> kommunalen Haushaltsmitteln für die Radverkehrspolitik<br />

Die niederländische Strategie im Überblick


Beispiel A<br />

Gron<strong>in</strong>gen: konsequente Politik<br />

Was die Fahrradnutzung betrifft, so steht die Stadt Gron<strong>in</strong>gen (180.000 E<strong>in</strong>wohner) schon seit<br />

vielen Jahren ganz oben auf der Rangliste der niederländischen Fahrradstädte: Der Fahrradanteil<br />

beträgt etwa 40 %. 2002 kürte der niederländische Radfahrerbund Gron<strong>in</strong>gen zur „Stadt des<br />

Jahres“. Wie ist Gron<strong>in</strong>gen das gelungen?<br />

Die Antwort besteht aus drei Schlüsselbegriffen: Politik, Kohärenz und Kont<strong>in</strong>uität. Die Stadt führt<br />

e<strong>in</strong>e breit getragene Radverkehrspolitik durch, die fest <strong>in</strong> der allgeme<strong>in</strong>en Verkehrs- und Transportpolitik<br />

verankert ist. Darüber h<strong>in</strong>aus wurde jahrzehntelang e<strong>in</strong>e ambitionierte und konsequente,<br />

auf e<strong>in</strong>e kompakte Stadt abgestimmte Raumordnungspolitik durchgeführt, dank deren viele Aktivitäten<br />

gut mit dem Fahrrad erreichbar s<strong>in</strong>d.<br />

Die Raumordnungspolitik ist <strong>in</strong> Gron<strong>in</strong>gen stark auf die Anforderungen e<strong>in</strong>er kompakten Stadt ausgerichtet.<br />

Die Raumstruktur zeichnet sich um das Jahr 2000 durch e<strong>in</strong>e starke Verdichtung aus. Das<br />

Leitbild der Stadt von 1980 blieb erhalten. Die Stadtverwaltung führte die Politik mit klarer Perspektive<br />

und großer Beharrlichkeit über 20 bis 30 Jahre durch. Infolgedessen s<strong>in</strong>d unter anderem<br />

die meisten Wege gut mit dem Fahrrad zu bewältigen. Im Umkreis von 3 km um <strong>den</strong> Stadtkern<br />

leben 78 % der E<strong>in</strong>wohner und bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich 90 % aller Arbeitsplätze; nahezu alle Gebäude liegen<br />

im Umkreis von 5 km.<br />

In <strong>den</strong> 70er-Jahren setzte sich die Auffassung durch, dass man neben der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

auch e<strong>in</strong>e nachhaltig gestaltete, kompakte Innenstadt anstreben sollte, <strong>in</strong> der sich alle Arten<br />

28<br />

von Aktivitäten konzentrieren, die e<strong>in</strong>en Mix von Wohn-, Arbeits- und E<strong>in</strong>kaufsfunktionen bietet<br />

und Fußgängern, Radfahrern und dem öffentlichen Personennahverkehr Vorrang gibt. 1977 mündete<br />

diese Auffassung <strong>in</strong> der Durchführung des Verkehrszirkulationsplans, der die Innenstadt <strong>in</strong> vier<br />

Sektoren e<strong>in</strong>teilte. Es war nun nicht mehr möglich, mit dem Auto von e<strong>in</strong>em Sektor <strong>in</strong> <strong>den</strong> anderen<br />

zu gelangen – schon aber mit dem Fahrrad und dem Bus. Der Durchgangsverkehr wurde aus der<br />

Innenstadt ferngehalten. Autofahrer, die <strong>in</strong> die Innenstadt wollten, wur<strong>den</strong> auf dem kürzesten Weg<br />

zu Parkplätzen <strong>in</strong> Zentrumsnähe geleitet. In <strong>den</strong> 80er- und 90er-Jahren stand die Parkraumbewirtschaftung<br />

im Vordergrund. In e<strong>in</strong>em breiten R<strong>in</strong>g um das Stadtzentrum wur<strong>den</strong> Parkgebühren und<br />

e<strong>in</strong>e Parkhöchstdauer e<strong>in</strong>geführt.<br />

29<br />

Die niederländische Strategie im Überblick


30<br />

1.1<br />

1.1<br />

Beispiel B<br />

Amsterdam: konsequente<br />

Radverkehrspolitik und komplexe<br />

Organisation<br />

In Amsterdam (rund 744.000 E<strong>in</strong>wohner) ist die Förderung des Radverkehrs e<strong>in</strong>e Aufgabe des<br />

Dienstes für die Verkehrs- und Transport<strong>in</strong>frastruktur (dienst Infrastructuur Verkeer en Vervoer/<br />

dIVV). Unter <strong>den</strong> 60 Mitarbeitern der Abteilung Strategie und Politik bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Team von<br />

Referenten für Radverkehrspolitik. Der dIVV hat e<strong>in</strong>e beratende und koord<strong>in</strong>ierende Funktion und<br />

stimmt die Radverkehrspolitik mit <strong>den</strong> Stadtteilen und anderen relevanten Kommunalorganen und<br />

-organisationen ab. Die Verantwortung für die Radverkehrspolitik liegt bei <strong>den</strong> 14 Stadtteilen, die<br />

jeweils ihre eigenen Maßnahmen treffen. Dies führt zu erheblichen Unterschie<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Durchführung,<br />

was die Koord<strong>in</strong>ierung des Radverkehrsnetzes bee<strong>in</strong>trächtigen kann. Die Radverkehrsreferenten<br />

<strong>in</strong>vestieren im Interesse e<strong>in</strong>er guten Radverkehrspolitik viel Zeit <strong>in</strong> Beratungen. E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />

Auswahl aus <strong>den</strong> Koord<strong>in</strong>ierungsberatungen:<br />

• Koord<strong>in</strong>ierungsberatungen mit anderen Abteilungen des dIVV und der Stadtverwaltung,<br />

• Koord<strong>in</strong>ierungsberatungen mit <strong>den</strong> Stadtteilen,<br />

• Beratungen <strong>in</strong> der städtischen Radverkehrsplattform (Platform Fiets), <strong>in</strong> der der dIVV, der Dienst<br />

für Raumordnung (Dienst Ruimtelijke Ontwikkel<strong>in</strong>g/DRO) und der Radfahrerbund (Fietsersbond)<br />

e<strong>in</strong>ander über die Entwicklungen auf dem Gebiet der Radverkehrspolitik und der Radverkehrs<strong>in</strong>frastruktur<br />

<strong>in</strong>formieren.<br />

Die radverkehrspolitischen Ziele der Stadt Amsterdam:<br />

Zur Förderung des Radverkehrs hat Amsterdam e<strong>in</strong>en radverkehrspolitischen Mehrjahresplan<br />

(Meerjarenbeleidsplan Fiets/MJP) entwickelt, der für das Jahr 2010 die folgen<strong>den</strong> Zielvorgaben<br />

vorsieht:<br />

• Bis 2010 benutzen m<strong>in</strong>destens 37 % der E<strong>in</strong>wohner Amsterdams für alle Wege das Fahrrad.<br />

• Im selben Jahr erzielt Amsterdam <strong>in</strong> der jährlichen Zufrie<strong>den</strong>heitsumfrage zum Radverkehr auf<br />

der Skala bis 10 e<strong>in</strong>e Bewertung von m<strong>in</strong>destens 7,5.<br />

• Die Zahl der Fahrraddiebstähle hat sich bis 2010 um 40 % verr<strong>in</strong>gert.<br />

Der gegenwärtige radverkehrspolitische Mehrjahresplan (2007–2010) sieht die folgen<strong>den</strong> Handlungsschwerpunkte<br />

vor:<br />

1. Erweiterung und Optimierung der Fahrradabstellmöglichkeiten<br />

2. Schließung der drei größten Lücken im Hauptradwegenetz<br />

3. Verbesserung der Schwachstellen im Hauptradwegenetz<br />

4. Gute Verwaltung und Instandhaltung des Hauptradwegenetzes<br />

5. Konsequente Bekämpfung des Fahrraddiebstahls<br />

6. Erhöhung der Verkehrssicherheit für Radfahrer<br />

7. Förderung der Fahrradnutzung bei <strong>den</strong> bisherigen Nichtradfahrern<br />

8. Monitor<strong>in</strong>g der Entwicklungen h<strong>in</strong>sichtlich der Fahrradnutzung<br />

Die Maßnahmen <strong>in</strong> Bezug auf das Hauptradwegenetz wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von vier Jahren<br />

schätzungsweise € 43 Millionen kosten. Die drei kosten<strong>in</strong>tensivsten Projekte (Bau von Brücken und<br />

Tunneln zur Schließung von Lücken) wer<strong>den</strong> mit € 24 Millionen veranschlagt. Die F<strong>in</strong>anzierung<br />

erfolgt größtenteils aus regionalen Beihilfen, Beiträgen der Stadtteile, dem städtischen Mobilitätsfonds<br />

und aus Eigenmitteln der Stadt. Die Gesamtkosten der Amsterdamer Radverkehrspolitik<br />

e<strong>in</strong>schließlich Organisationskosten wer<strong>den</strong> sich im Zeitraum 2007–2010 auf knapp € 70 Millionen<br />

belaufen – exklusive der Kosten spezifischer Verkehrssicherheitsprojekte.<br />

31<br />

Die niederländische Strategie im Überblick


Beispiel C<br />

Beispiel D<br />

Zeeland: Aktionsplan Fahrrad<br />

In der Prov<strong>in</strong>z Zeeland hat die Zeeländische Koord<strong>in</strong>ationsstelle für <strong>den</strong> Radverkehr (Zeeuws<br />

Coörd<strong>in</strong>atiepunt Fiets) e<strong>in</strong>en „Aktionsplan Fahrrad“ entwickelt. Das Ziel dieses Plans besteht dar<strong>in</strong>,<br />

<strong>den</strong> Fahrradgebrauch zu fördern und damit die Zahl der Radfahrer zu erhöhen oder m<strong>in</strong>destens auf<br />

gleichem Stand zu halten. Dabei wird die Schaffung e<strong>in</strong>es flächendecken<strong>den</strong> und sicheren Radwegenetzes<br />

angestrebt, das dazu beiträgt, dass das Fahrrad e<strong>in</strong>e attraktive Verkehrsalternative darstellt.<br />

Für die Realisierung von Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen entlang der Prov<strong>in</strong>zstraßen wur<strong>den</strong> Mittel<br />

bereitgestellt. Die Prov<strong>in</strong>z führt die politischen Maßnahmen teilweise selbst durch, spielt aber <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> meisten Fällen die Rolle des Regisseurs gegenüber <strong>den</strong> Kommunen und Wasserverbän<strong>den</strong>.<br />

Von ihnen wird <strong>in</strong>sbesondere erwartet, dass sie versuchen, Verhaltensänderungen zu bewirken. E<strong>in</strong><br />

Beispiel hierfür ist die Motivierung der Eltern, ihre K<strong>in</strong>der mit dem Fahrrad zur Schule zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Gelderland: umfassende<br />

und moderne Fahrradpolitik<br />

Die Prov<strong>in</strong>z Gelderland verfolgt e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Radverkehrspolitik <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bereichen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en die<br />

Prov<strong>in</strong>zen auch wirklich E<strong>in</strong>fluss haben. Die eigenen Radwege wer<strong>den</strong> mit e<strong>in</strong>em Messfahrrad<br />

geprüft, um festzustellen, wo Verbesserungen unter anderem des Fahrkomforts erforderlich s<strong>in</strong>d.<br />

Wasserverbände<br />

Die Zuständigkeit für die Radwege außerhalb der geschlossenen Ortschaften kann bei drei Arten<br />

öffentlicher Organisationen liegen. Die meisten dieser Radwege liegen auf oder an Kommunalstraßen.<br />

E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>erer Teil ist an Prov<strong>in</strong>zstraßen gekoppelt, und als dritten Typ gibt es auch noch<br />

Radwege, die von <strong>den</strong> Wasserverbän<strong>den</strong> verwaltet wer<strong>den</strong>. Acht Wasserverbände <strong>in</strong> <strong>den</strong> westlichen<br />

Küstenprov<strong>in</strong>zen verwalten diese Wege außerhalb der geschlossenen Ortschaften. Ebenso<br />

wie alle Kommunen führen auch sie e<strong>in</strong>e Radverkehrspolitik durch, <strong>in</strong>dem sie, wo nötig, vor allem<br />

an gefährlichen Kreuzungen und Straßenabschnitten spezifische E<strong>in</strong>richtungen für Radfahrer<br />

realisieren und <strong>in</strong>sbesondere, <strong>in</strong>dem sie <strong>den</strong> Autoverkehr nach Möglichkeit aus Erholungsgebieten<br />

fernhalten.<br />

Prov<strong>in</strong>zen und Stadtregionen:<br />

dezentrale Regisseure<br />

Neben <strong>den</strong> zwölf Prov<strong>in</strong>zen gibt es <strong>in</strong> <strong>den</strong> größten städtischen Ballungsräumen sieben Stadtregionen,<br />

die spezifisch im Bereich der Verkehrspolitik dieselben Aufgaben haben wie die Prov<strong>in</strong>zen<br />

(außer dass sie ke<strong>in</strong>e eigenen Straßen verwalten). Diesen <strong>in</strong>sgesamt 19 Organen der mittleren<br />

Verwaltungsebene hat die Regierung <strong>in</strong> <strong>den</strong> letzten Jahren auf dem Wege e<strong>in</strong>er weitgehen<strong>den</strong><br />

Im Zeitraum von zwei Jahren wird die Prov<strong>in</strong>z 21 Mio. Euro <strong>in</strong> die Anlage und Verbesserung pro-<br />

Dezentralisierung e<strong>in</strong>e Hauptrolle <strong>in</strong> der Verkehrspolitik übertragen. Die Prov<strong>in</strong>zen und Stadtregi-<br />

32<br />

v<strong>in</strong>zialer Radwege <strong>in</strong>vestieren. Außerdem gibt es e<strong>in</strong> Budget für Beihilfen zu <strong>in</strong>novativen kommuonen<br />

haben nun die Aufgabe, die Kohärenz der politischen Maßnahmen auf regionaler Ebene zu<br />

33<br />

nalen Radverkehrsprojekten. Die Fahrradabstellanlagen an Bushaltestellen wer<strong>den</strong> verbessert und<br />

verbessern und so die Zusammenarbeit zwischen <strong>den</strong> Kommunen zu fördern. Damit s<strong>in</strong>d sie auch<br />

erweitert, und außerdem will die Prov<strong>in</strong>z das System des „ÖV-Fahrrads“ (siehe S. 21 / Beispiel K)<br />

für die Zuweisung der erheblichen jährlichen Beihilfebeträge zuständig, die bislang vom Staat ver-<br />

auf kle<strong>in</strong>ere Bahnhöfe und Busbahnhöfe ausweiten. Unter anderem mittels der <strong>in</strong>novativen „Fahrwaltet<br />

wor<strong>den</strong> waren: Infrastrukturbeihilfen und Beiträge zur Betreibung des öffentlichen Verkehrs,<br />

radbox“: e<strong>in</strong>er Art automatischem Fahrradschließfach mit e<strong>in</strong>em Fassungsvermögen von 10 bis 16<br />

<strong>in</strong>sgesamt rund 1600 Mio. Euro pro Jahr für alle nachgeordneten Gebietskörperschaften. Fast alle<br />

ÖV-Fahrrädern.<br />

Körperschaften der mittleren Verwaltungsebene verwen<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Praxis e<strong>in</strong>en wesentlichen Teil<br />

Ferner wurde kürzlich <strong>in</strong> der Veluwe, dem größten Natur- und Erholungsgebiet der Niederlande,<br />

die Beschilderung im Zuge der E<strong>in</strong>führung des „Knotenpunktenetzes“ wesentlich verbessert. Und<br />

der Infrastrukturbeihilfen für Radverkehrsprojekte – nicht zuletzt auf Betreiben der Kommunen.<br />

zum Schluss noch e<strong>in</strong> ganz besonderes – und für die Niederlande neues – Projekt: die Langstrec-<br />

Was <strong>den</strong> Inhalt anbelangt, spielen die Prov<strong>in</strong>zen und Stadtregionen oft e<strong>in</strong>e führende Rolle bei<br />

kenrouten <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z Gelderland wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> die Regionalpläne aufgenommen. Damit unterlie-<br />

der Entwicklung und Realisierung e<strong>in</strong>es regionalen/überörtlichen Radwegenetzes. Dabei tragen sie<br />

gen sie dem Schutz der Raumordnungspolitik: Wenn neue räumliche Entwicklungen geplant s<strong>in</strong>d,<br />

dem überörtlichen Charakter dieser Radwegenetze Rechnung: e<strong>in</strong> Radweg endet schließlich nicht<br />

die diese Routen berühren, wird die Prov<strong>in</strong>z <strong>den</strong> Plänen nur dann zustimmen, wenn sich die für<br />

an der Ortsgrenze, sondern führt weiter bis zum nächsten Ort. In <strong>den</strong> Stadtregionen handelt es<br />

die Langstreckenrouten zuständige nationale Radverkehrsplattform mit e<strong>in</strong>er alternativen Route<br />

sich um relativ kompakte Netze <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zusammenhängen<strong>den</strong> bebauten Gebiet, die damit gut<br />

e<strong>in</strong>verstan<strong>den</strong> erklärt.<br />

mit <strong>den</strong> kommunalen Radwegenetzen vergleichbar s<strong>in</strong>d. Bei <strong>den</strong> prov<strong>in</strong>zialen Radwegenetzen liegt<br />

der Schwerpunkt weitaus stärker auf <strong>den</strong> überörtlichen Strecken außerhalb der geschlossenen Ortschaften,<br />

und damit auch oft auf der Nutzung des Fahrrads zu Freizeitzwecken. „Nutzradwege“<br />

(die der gezielten Fahrt von A nach B dienen) und „Freizeitradwege“ (Radwanderwege durch e<strong>in</strong>e<br />

attraktive Umgebung oder Strecken, die zu Freizeit- und Erholungszielen führen), wer<strong>den</strong> häufig <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> prov<strong>in</strong>ziales Radwegenetz <strong>in</strong>tegriert.<br />

2.3<br />

Die niederländische Strategie im Überblick


2.4<br />

Der Staat: Unterstützung der<br />

dezentralen Politik<br />

Die staatliche Politik auf dem Gebiet der Raumordung und Mobilität ist <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en nationalen<br />

Plänen niedergelegt. Diese Pläne geben nur die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen vor; die Grundzüge der Politik<br />

wer<strong>den</strong> von <strong>den</strong> nachgeordneten Gebietskörperschaften <strong>in</strong> eigenen Plänen ausgearbeitet. Im Vergleich<br />

zu anderen europäischen Ländern ist die Radverkehrspolitik <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> stark dezentral<br />

organisiert – <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlicher H<strong>in</strong>sicht seit je, soweit es um die Kommunen geht, und <strong>in</strong> politischer<br />

H<strong>in</strong>sicht seit der vor kurzem vorgenommenen Dezentralisierung von der staatlichen Ebene h<strong>in</strong> zu <strong>den</strong><br />

Prov<strong>in</strong>zen und Stadtregionen.<br />

In der heutigen Situation spielt der Staat vor allem e<strong>in</strong>e unterstützende Rolle. Die Radverkehrspolitik<br />

soll und kann dezentralisiert wer<strong>den</strong>; der Staat ist dann nur noch für die Angelegenheiten zuständig,<br />

die e<strong>in</strong> landesweites Vorgehen erfordern. Dies ist bei vier Arten von Aktivitäten der Fall:<br />

1. Formulierung <strong>in</strong>haltlicher Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die nachgeordneten Gebietskörperschaften<br />

2. Wahrnehmung <strong>in</strong>haltlicher Angelegenheiten, die nur auf nationaler Ebene geregelt wer<strong>den</strong> können<br />

3. F<strong>in</strong>anzierung dezentraler radverkehrspolitischer Maßnahmen<br />

4. Unterstützung der dezentralen Radverkehrspolitik durch Wissensentwicklung und Wissensverbreitung<br />

34<br />

Die <strong>in</strong>haltlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen hat der Staat <strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>er Form im jüngsten „Leitprogramm<br />

Niederlan<strong>den</strong>. Zur Organisation gehören e<strong>in</strong>e Hauptgeschäftsstelle und 130 Ortsverbände. Mit<br />

f<strong>in</strong>anzieller Unterstützung des M<strong>in</strong>isteriums für Verkehr, Wasserwirtschaft und öffentliche Arbeiten<br />

35<br />

Mobilität“ (Nota Mobiliteit) niedergelegt. Dar<strong>in</strong> ist zur Radverkehrspolitik die folgende Vere<strong>in</strong>barung<br />

führt der Radfahrerbund das Benchmark-Projekt „Radverkehrsbilanz“ (Fietsbalans) durch, das auf die<br />

festgelegt: „Alle öffentlichen Körperschaften fördern <strong>den</strong> Fußgängerverkehr sowie <strong>den</strong> Fahrradver-<br />

Förderung der kommunalen Radverkehrspolitik abzielt. Das Projekt Radverkehrsbilanz, e<strong>in</strong> Messkehr<br />

als Hauptverkehrsträger und als B<strong>in</strong>deglied im komb<strong>in</strong>ierten Personenverkehr von Tür zu Tür.<br />

system für das Fahrradklima, also die Bed<strong>in</strong>gungen für Radfahrer <strong>in</strong> <strong>den</strong> Städten und Geme<strong>in</strong><strong>den</strong>,<br />

Die Kommunen, Wasserverbände, Prov<strong>in</strong>zen und Stadtregionen tragen zu diesem Zweck für e<strong>in</strong> Rad-<br />

wurde im Zeitraum 2000–2004 <strong>in</strong> 125 Kommunen durchgeführt. Jede der untersuchten Kommunen<br />

wegenetz Sorge, das <strong>den</strong> verkehrstechnischen Hauptforderungen Kohärenz, Direktheit, Attraktivität,<br />

erhielt e<strong>in</strong>en ausführlichen Bericht, <strong>in</strong> dem anhand von zehn Kriterien e<strong>in</strong>e relative Bewertung des<br />

Sicherheit und Komfort genügt. Die Körperschaften sorgen außerdem für Fahrradabstellmöglichkei-<br />

Fahrradklimas vorgenommen wurde. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse fordert der Ortsverband<br />

ten, die <strong>in</strong> Bezug auf Qualität, Quantität und Standort der Nachfrage entsprechen.“<br />

des Radfahrerbunds die Stadt- bzw. Geme<strong>in</strong>deverwaltung auf, konkrete Verbesserungen zugunsten<br />

der Radfahrer durchzuführen. Seit 2006 wird e<strong>in</strong>e leicht abgeänderte Methodik (Radverkehrsbilanz 2)<br />

Zu <strong>den</strong> <strong>in</strong>haltlichen Angelegenheiten, die nur auf nationaler Ebene geregelt wer<strong>den</strong> können, gehören<br />

natürlich rechtliche Fragen auf dem Gebiet der Straßenverkehrsvorschriften und der Bauverordnung<br />

angewendet.<br />

(Fahrradabstellanlagen!). Wichtig ist außerdem vor allem, dass Fahrradabstelle<strong>in</strong>richtungen an Bahn-<br />

Die Stiftung nationale Radverkehrsplattform (Sticht<strong>in</strong>g Landelijk Fietsplatform) ist e<strong>in</strong>e unabhängige<br />

höfen als Bestandteil des Bahnhofs und der Umsteigefunktion betrachtet wer<strong>den</strong> müssen – womit<br />

Koord<strong>in</strong>ierungsstelle für <strong>den</strong> Freizeit-Fahrradverkehr <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong>. In dieser Plattform s<strong>in</strong>d<br />

sie ebenso wie der Eisenbahnverkehr selbst <strong>in</strong> die Zuständigkeit des Staates fallen. Um die Kapazität<br />

nationale und regionale Körperschaften und Interessenverbände vertreten. Die Radverkehrsplattform<br />

(vor allem der unbewachten Stellplätze) so zu erweitern, dass sie an allen 380 Bahnhöfen ausreicht,<br />

fördert die Möglichkeiten für <strong>den</strong> Freizeit-Fahrradverkehr <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong>. Hierzu wer<strong>den</strong> mit<br />

stehen <strong>in</strong>sgesamt 250 Millionen Euro zur Verfügung.<br />

f<strong>in</strong>anzieller Unterstützung durch <strong>den</strong> Staat (M<strong>in</strong>isterium für Landwirtschaft, Natur und Lebensmittelqualität)<br />

die landesweiten Radwanderstrecken entwickelt und verwaltet. Neben der Radver-<br />

Die Punkte 3 und 4 – F<strong>in</strong>anzierung und Wissensentwicklung – betreffen Angelegenheiten, die der<br />

kehrsplattform spielt auch der ANWB, der größte Interessenverband im Bereich Urlaub, Freizeit und<br />

Staat nun erstmals ausdrücklich „ausgelagert“ hat. Das M<strong>in</strong>isterium für Verkehr, Wasserwirtschaft<br />

Mobilität, <strong>in</strong> Bezug auf die Wissensfunktion im Rahmen der Radverkehrspolitik e<strong>in</strong>e wichtige Rolle.<br />

und öffentliche Arbeiten befasst sich also kaum noch damit. Umso mehr aber andere nationale Orga-<br />

Der ANWB sorgt beispielsweise für die Beschilderung von Radwanderwegen und engagiert sich auch<br />

nisationen, wenn es um diese Wissensfunktion geht.<br />

allgeme<strong>in</strong> stark für <strong>den</strong> Freizeit-Fahrradverkehr.<br />

Wissensentwicklung und -verbreitung<br />

Die Wissensfunktion auf dem Gebiet der Radverkehrspolitik ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> stark entwickelt,<br />

aber auch e<strong>in</strong>igermaßen zergliedert. M<strong>in</strong>destens sechs Organisationen, die alle landesweit tätig s<strong>in</strong>d,<br />

spielen e<strong>in</strong>e wichtige Rolle:<br />

Der Radverkehrsrat (<strong>Fietsberaad</strong>), f<strong>in</strong>anziert vom M<strong>in</strong>isterium für Verkehr, Wasserwirtschaft und öffentliche<br />

Arbeiten, unterstützt die Radverkehrspolitik der nachgeordneten Gebietskörperschaften mit<br />

Wissen und Informationen. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Position des Radverkehrs im Straßenverkehr<br />

und <strong>in</strong> der Verkehrspolitik zu stärken. Der Radverkehrsrat, dem knapp 20 Sachverständige aus<br />

der Praxis (vor allem Vertreter der Kommunen) angehören, unterstützt se<strong>in</strong>e Zielgruppen, <strong>in</strong>dem er<br />

statistische Daten, Erfahrungen und andere Informationen sammelt oder sammeln lässt und verbreitet<br />

– hauptsächlich über e<strong>in</strong>e Quartalszeitschrift und e<strong>in</strong>e Website. Derzeit ist auch e<strong>in</strong>e neue <strong>in</strong>ternationale<br />

website vom <strong>Fietsberaad</strong> activ: www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org<br />

Die Wissensplattform Verkehr und Transport (Kennisplatform Verkeer en Vervoer/KpVV) unterstützt<br />

die nachgeordneten Gebietskörperschaften mit praktischem Wissen. Der Schwerpunkt dabei liegt auf<br />

fünf Themen: Politik, Mobilität, Sicherheit, Infrastruktur und öffentlicher Nahverkehr. Innerhalb dieser<br />

Themen wird dem Radverkehr an verschie<strong>den</strong>en Fronten Aufmerksamkeit gewidmet.<br />

Das CROW ist die nationale Wissensplattform für Infrastruktur, Verkehr, Transport und öffentlichen<br />

Raum. Se<strong>in</strong>e Aufgabe besteht dar<strong>in</strong>, das vorhan<strong>den</strong>e Wissen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e praxistaugliche Form umzusetzen;<br />

<strong>in</strong>sbesondere über breit unterstützte Empfehlungen, Richtl<strong>in</strong>ien und Regelungen, niedergelegt <strong>in</strong><br />

zahlreichen Publikationen. Auch zum Thema Radverkehr wur<strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>e Richtl<strong>in</strong>ien veröffentlicht;<br />

zu nennen s<strong>in</strong>d hier vor allem der Leitfa<strong>den</strong> für Fahrradabstellanlagen (Leidraad Fietsparkeren)<br />

und der kürzlich neu überarbeitete Entwurfsleitfa<strong>den</strong> für <strong>den</strong> Radverkehr (Ontwerpwijzer Fietsverkeer)<br />

(siehe Kapitel 4).<br />

Der niederländische Radfahrerbund (Fietsersbond) ist die Interessenvertretung der Radfahrer <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

SenterNovem schließlich, e<strong>in</strong>e beim Wirtschaftm<strong>in</strong>isterium ressortierende Agentur, ist für Beihilfezahlungen<br />

zu Innovationen auf dem Gebiet des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit zuständig<br />

und bietet verschie<strong>den</strong>e Programme und Beihilferegelungen, <strong>in</strong> deren Rahmen im Pr<strong>in</strong>zip auch <strong>in</strong>novative<br />

Projekte auf dem Gebiet des Fahrradverkehrs unterstützt wer<strong>den</strong> können. Oft stehen große<br />

Budgets zur Verfügung (Regelung CO2-Reduzierung des Personenverkehrs: 3 Mio. Euro; Programm<br />

Mobilitätsmanagement: 2 Mio. Euro), und <strong>in</strong> der Praxis wur<strong>den</strong> und wer<strong>den</strong> zahlreiche Radverkehrsprojekte<br />

unterstützt, vor allem auf dem Gebiet der Fahrradabstellanlagen und der Fahrradvermietung.<br />

Die niederländische Strategie im Überblick


E<strong>in</strong>richtungen<br />

für alle<br />

Zielgruppen<br />

In Kapitel 1 wurde dargelegt, dass das Fahrrad <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> e<strong>in</strong><br />

Thema ist, das alle betrifft und für je<strong>den</strong> Zweck geeignet ist. Bei allen<br />

wichtigen Fahrtmotiven spielt das Fahrrad e<strong>in</strong>e ernstzunehmende Rolle.<br />

Die Fahrtmotive bieten auch gute Anknüpfungspunkte für die Förderung<br />

der Fahrradnutzung: Für welche Zwecke lässt sich das Fahrrad nutzen, und<br />

wie kann das gefördert wer<strong>den</strong>? Die unterschiedlichen Arten der Fahrradnutzung<br />

liefern jeweils andere Ausgangspunkte für gezielte politische<br />

Maßnahmen.<br />

Besonders große Erfahrung hat man <strong>in</strong> der Radverkehrspolitik, die auf die<br />

Förderung der Fahrradnutzung für <strong>den</strong> Arbeitsweg, die Fahrt zu Geschäften<br />

und E<strong>in</strong>kaufszentren und <strong>den</strong> Schulweg abzielt. Diese Reiseziele wer<strong>den</strong><br />

auch unter dem Oberbegriff „Nutzverkehr“ zusammengefasst. Daneben<br />

existiert e<strong>in</strong> Fahrtmotiv, bei dem das Ziel der Fahrradfahrt noch nicht die<br />

endgültige Bestimmung ist, beispielsweise wenn das Fahrrad für die Fahrt<br />

zum Bahnhof verwendet wird. Auch bei diesen Wegen, die nur e<strong>in</strong>en Teil<br />

der Transportkette darstellen, bieten sich viele Chancen für e<strong>in</strong>e erfolgreiche<br />

Radverkehrspolitik. Und schließlich gibt es auch noch <strong>den</strong> Freizeit-<br />

Radverkehr, bei dem oft das <strong>Radfahren</strong> selbst das Fahrtmotiv ist.


Beispiel E<br />

Houten and Veenendaal:<br />

Radverkehr und florierender<br />

E<strong>in</strong>zelhandel<br />

Die meisten Geschäfte <strong>in</strong> Houten (ca. 43.000 E<strong>in</strong>wohner) bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich im Zentrum dieser fahrradfreundlichen<br />

Stadt. Die E<strong>in</strong>wohner tätigen fast all ihre Lebensmittelankäufe und die Hälfte ihrer<br />

Nonfood-Ankäufe <strong>in</strong> der eigenen Stadt. Der Umsatz je Quadratmeter La<strong>den</strong>fläche lag bei e<strong>in</strong>er<br />

Messung vor e<strong>in</strong>igen Jahren wesentlich höher als der niederländische Durchschnitt.<br />

Veenendaal (ca. 60.000 E<strong>in</strong>wohner) ist, wenn man von der Fahrradnutzung ausgeht, e<strong>in</strong>e echte<br />

Fahrradstadt. Aber auch e<strong>in</strong>e echte E<strong>in</strong>kaufsstadt. Ihr Angebot brachte ihr 2004 <strong>den</strong> Titel „Beste<br />

E<strong>in</strong>kaufsstadt der Prov<strong>in</strong>z Utrecht“ und e<strong>in</strong>e außeror<strong>den</strong>tlich starke Kaufkraftb<strong>in</strong>dung ihrer E<strong>in</strong>wohner<br />

e<strong>in</strong>. Offenbar e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Paradies für <strong>den</strong> E<strong>in</strong>zelhandel – was sich <strong>in</strong> Veenendaal offenbar<br />

bestens mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiven Radverkehrspolitik verträgt.<br />

Mit dem Fahrrad zum E<strong>in</strong>kaufen<br />

H<strong>in</strong>tergrund<br />

Auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> geht man mancherorts fälschlicherweise noch davon aus, dass Radfahrer<br />

kaum Geld <strong>in</strong> die Kasse br<strong>in</strong>gen, weswegen es für Geschäfts<strong>in</strong>haber vor allem wichtig ist, dass sie<br />

mit dem Auto gut erreichbar s<strong>in</strong>d. Dem ist aber gar nicht so. Rad fahrende Kun<strong>den</strong> geben zwar je<br />

Besuch weniger aus, kommen dafür aber häufiger. Das ist natürlich von Stadt zu Stadt unterschiedlich,<br />

aber sowohl ältere Untersuchungen <strong>in</strong> Utrecht als auch aktuelle Studien <strong>in</strong> Breda (wo e<strong>in</strong><br />

Radfahrer wöchentlich fast anderthalb Mal so viel Geld ausgibt wie e<strong>in</strong> Autofahrer) und Gron<strong>in</strong>gen<br />

haben dies bewiesen. Die Zahlen für Gron<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>d besonders bemerkenswert:<br />

Tabelle 3 zeigt, welchen Profit die Unternehmer <strong>in</strong> der Gron<strong>in</strong>ger Innenstadt je Verkehrsträger erzielen.<br />

Unter Berücksichtigung aller Besucher und des gesamten Umsatzes ist das Fahrrad <strong>in</strong>sgesamt<br />

durchaus von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung: Auf <strong>den</strong> Radverkehr entfallen 31 % der<br />

Besucher und 34 % des Umsatzes. Dabei handelte es sich offenbar hauptsächlich um E<strong>in</strong>wohner<br />

von Gron<strong>in</strong>gen. 46 % der E<strong>in</strong>wohner von Gron<strong>in</strong>gen fahren mit dem Rad <strong>in</strong> die Innenstadt und<br />

erledigen dort 56 % aller von E<strong>in</strong>wohnern getätigten Verkäufe. Besucher aus der umliegen<strong>den</strong><br />

Region oder anderen Regionen der Niederlande ziehen <strong>den</strong> öffentlichen Verkehr ihrem Auto leicht<br />

vor; Besucher, die mit dem Auto anreisen, geben aber wesentlich mehr Geld aus. (Tabelle 5)<br />

38<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus ist e<strong>in</strong> Paradox feststellbar, das vor allem von der Wirtschaft mit Interesse zur<br />

Kenntnis genommen wird: Je mehr Geschäftskun<strong>den</strong>, die <strong>in</strong> der Nähe wohnen, vom Auto auf<br />

das Fahrrad umsteigen, umso mehr knapper Parkraum steht für die Fahrzeuge der aus weiterer<br />

Entfernung anreisen<strong>den</strong> Kun<strong>den</strong> zur Verfügung. Genau aus diesem Grund stellte der E<strong>in</strong>zelhandelsdachverband<br />

(Hoofdbedrijfschap Detailhandel) 2004 fest, dass der E<strong>in</strong>zelhandel am besten<br />

selbst ergänzende Initiativen ergreifen sollte, beispielsweise durch E<strong>in</strong>richtung von Fahrradkellern<br />

<strong>in</strong> privaten Räumlichkeiten <strong>in</strong> E<strong>in</strong>kaufszentren oder Innenstädten. Denn, so argumentierte auch der<br />

Verband: Je mehr Besucher aus der Stadt selbst mit dem Fahrrad kommen, umso mehr Parkplätze<br />

stehen <strong>den</strong> Besuchern aus der Region zur Verfügung, <strong>den</strong>n Parkplätze s<strong>in</strong>d bekanntlich knapp.<br />

39<br />

Anteil der Passanten Anteil des Umsatzes<br />

Herkunft der Passanten Wanderer Fahrrad ÖPNV PKW Wanderer Fahrrad ÖPNV PKW<br />

lokal 32% 46% 13% 9% 19% 56% 14% 25%<br />

regional 1% 22% 41% 36% 0% 21% 32% 40%<br />

überregional 5% 7% 48% 39% 4% 5% 39% 37%<br />

total 20% 31% 27% 21% 11% 34% 25% 35%<br />

Tabelle 5: Untersuchung unter Passanten im Gron<strong>in</strong>ger Stadtzentrum 2004; Anteil der Hauptverkehrsträger nach Besucherzahlen<br />

und erzieltem Umsatz (<strong>in</strong> %)<br />

3.1<br />

Maßnahmen<br />

E<strong>in</strong>e zweckmäßige Radverkehrspolitik für die Innenstädte muss also <strong>in</strong>sbesondere darauf abzielen,<br />

mehr E<strong>in</strong>wohner aus der Stadt selbst dazu zu bewegen, für die Fahrt <strong>in</strong> die Innenstadt das Fahrrad<br />

zu nehmen. Das erfordert e<strong>in</strong>e breiter angelegte Strategie als nur die Schaffung oder Verbesserung<br />

von Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen. Es erfordert e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrierte Perspektive. Dazu gehören auch e<strong>in</strong>e<br />

strengere Parkraumbewirtschaftung (wie viel Kapazität für Autos muss geboten wer<strong>den</strong>, und wie<br />

weit bis <strong>in</strong>s Zentrum soll Autoverkehr möglich se<strong>in</strong>?) sowie spezifische Entscheidungen h<strong>in</strong>sichtlich<br />

der Verkehrszirkulation. Als Bestandteil e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>tegrierten Plans für e<strong>in</strong> Stadtzentrum s<strong>in</strong>d gute<br />

Fahrradabstelle<strong>in</strong>richtungen von großer Bedeutung. Die Kun<strong>den</strong> möchten ihr Fahrrad möglichst<br />

nahe ihrer Bestimmung auf sichere Art und Weise abstellen können. Das ist nämlich e<strong>in</strong>e wichtige<br />

Erwägung bei der Entscheidung für das Verkehrsmittel. In vielen Geme<strong>in</strong><strong>den</strong> ist die Kapazität an<br />

Stellplätzen <strong>in</strong> Spitzenzeiten viel zu kle<strong>in</strong>. In <strong>den</strong> letzten Jahren hat sich gezeigt, dass gebührenfreie<br />

bewachte Fahrradabstellanlagen am Rande e<strong>in</strong>er Fußgängerzone viele Radfahrer dazu br<strong>in</strong>gen, ihr<br />

Fahrrad dort abzustellen – <strong>in</strong> etwas größerer Entfernung von ihrem Ziel –, was Problemen durch zu<br />

viele, willkürlich bei Geschäften abgestellte Fahrräder entgegenwirkt.<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


Beispiel F Das Firmenfahrrad: e<strong>in</strong>e<br />

3.2 Mit dem Fahrrad zur Arbeit<br />

Beispiel G<br />

effektive Verkehrsmaßnahme<br />

Viele Arbeitgeber haben ihren Arbeitnehmern auf steuerlich günstige Weise Fahrräder zur Verfügung<br />

gestellt. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Maßnahme, die sogar <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> – trotz des sowieso schon<br />

hohen Fahrradbesitzes – noch e<strong>in</strong>en gewissen Effekt hat. Die Arbeitnehmer fühlen sich offenbar<br />

moralisch etwas mehr verpflichtet, mit dem Rad zu fahren, wenn sie vom Arbeitgeber e<strong>in</strong> kostenloses<br />

Fahrrad angenommen haben.<br />

Anwendung des Fahrrads durch Personal (<strong>in</strong> %)<br />

Anwendung des Fahrrads vorher nachher Unterschied<br />

immer 42,2 47,3 5,1<br />

häufig 11,3 17,5 6,2<br />

regelmäßig 18,3 24,2 5,9<br />

manchmal 13,2 7,5 -5,7<br />

nie 15 3,5 -11,5<br />

Tabelle 6: Anwendung des Fahrrads vor und nach e<strong>in</strong> Rad vom Arbeitegeber bekommen zu haben<br />

(Quelle: Van de Ven & Partners / Nationale Fiets Projecten (Nationalfahrrad Projekte), 2002)<br />

Trappers: Innovation im<br />

Mobilitätsmanagement<br />

H<strong>in</strong>tergrund<br />

Verkehrsprobleme entstehen vor allem <strong>in</strong> <strong>den</strong> Hauptverkehrszeiten, wenn sich die Erwerbstätigen<br />

mit dem Auto auf <strong>den</strong> Weg zur Arbeit machen oder wieder nach Hause fahren. Daher ist es sehr<br />

lohnend, gerade im Arbeitspendlerverkehr die Fahrradnutzung zu fördern. Das gilt ganz besonders<br />

für Unternehmen und E<strong>in</strong>richtungen, deren Parkplatzkapazität bei weitem nicht ausreicht. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

ist das Fahrrad im Arbeitsverkehr sowieso unverm<strong>in</strong>dert populär – der starke Anstieg des Autoverkehrs<br />

ist nämlich vor allem bei <strong>den</strong> längeren Strecken zu verzeichnen. Die meisten Menschen<br />

halten für die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsplatz e<strong>in</strong>e Fahrzeit von e<strong>in</strong>er halben Stunde<br />

für akzeptabel. Mit dem Fahrrad lässt sich <strong>in</strong> dieser Zeit e<strong>in</strong>e Strecke von 7,5 km zurücklegen. Das<br />

ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Zahl, <strong>den</strong>n die Hälfte aller Erwerbstätigen <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> wohnt nicht<br />

weiter als 7,5 km von ihrem Arbeitsplatz entfernt. Davon haben sich bereits 45 % für das Fahrrad<br />

entschie<strong>den</strong>, aber dieser Anteil lässt sich zweifellos noch steigern.<br />

Wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, kann sich das Fitnessstudio eigentlich sparen, auch wenn die<br />

Entfernung zum Arbeitsplatz nur e<strong>in</strong>e Viertelstunde beträgt. E<strong>in</strong>e Person mit schlechter Kondition<br />

kann nämlich ihre Leistungsfähigkeit um 10 % steigern, wenn sie dreimal wöchentlich mit dem<br />

Fahrrad drei Kilometer h<strong>in</strong> und zurück fährt. Das ist fast dasselbe Ergebnis, das e<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsprogramm<br />

bewirken kann.<br />

40<br />

Maßnahmen<br />

Es ist e<strong>in</strong>e breite Skala an Maßnahmen <strong>den</strong>kbar, um die Fahrradnutzung auf dem Arbeitsweg erfolgreich<br />

zu fördern. Die Erfolgschancen nehmen offenbar zu, wenn die Kommunen und die lokale<br />

Wirtschaft dabei geme<strong>in</strong>sam vorgehen. Gute Fahrradstrecken und Radwege – die auch allgeme<strong>in</strong><br />

41<br />

Trappers ist e<strong>in</strong> System, das Arbeitnehmer zum <strong>Radfahren</strong> anregen soll. Das Fahrrad wird mit ei-<br />

erforderlich s<strong>in</strong>d, um die Radfahrer gut zu bedienen – s<strong>in</strong>d und bleiben das Wichtigste. Das ist <strong>in</strong><br />

nem kle<strong>in</strong>en Sender ausgestattet. Am Arbeitsplatz ist e<strong>in</strong> Registriergerät <strong>in</strong>stalliert, das das Fahrrad<br />

der Regel e<strong>in</strong>e Aufgabe des Staates. Darüber h<strong>in</strong>aus kann der Fahrradgebrauch aber auch durch<br />

erkennt, wenn es sich <strong>in</strong> der Nähe bef<strong>in</strong>det. Jedes Mal, wenn der Arbeitnehmer mit dem Fahr-<br />

die Unternehmen selbst gefördert wer<strong>den</strong>, etwa <strong>in</strong>dem Arbeitgeber <strong>den</strong> Arbeitnehmern, die <strong>in</strong><br />

rad zur Arbeit kommt, erhält er dafür Punkte. Mit se<strong>in</strong>en gesammelten Punkten kann er dann im<br />

„Trappershop“ im Internet Produkte und Ausflüge erwerben. Dieses System ist für <strong>den</strong> Arbeitgeber<br />

e<strong>in</strong>em gewissen Umkreis vom Arbeitsplatz wohnen, Fahrräder zur Verfügung stellen.<br />

kostenlos.<br />

Vorkehrungen zur Förderung der Fahrradnutzung für <strong>den</strong> Arbeitsweg brauchen nicht umfangreich<br />

zu se<strong>in</strong>, um die gewünschte Wirkung zu haben. Bei e<strong>in</strong>er Evaluierung von rund hundert Transportplänen<br />

großer Unternehmen zeigte sich, dass sich schon mit relativ e<strong>in</strong>fachen Maßnahmen<br />

der Fahrradgebrauch um durchschnittlich 3 Prozentpunkte steigern lässt. Beispielsweise <strong>in</strong>dem<br />

<strong>den</strong> Arbeitnehmern e<strong>in</strong> guter Fahrradkeller, Duschmöglichkeiten oder Firmenfahrräder angeboten<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


Beispiel H K<strong>in</strong>der sicher durch Delft<br />

In e<strong>in</strong>er Umgebung mit angemessener Verkehrs- und sozialer Sicherheit ist es möglich, dass K<strong>in</strong>der<br />

früher selbstständig mit dem Fahrrad zur Schule, zum Sport oder zu anderen Freizeitaktivitäten<br />

oder zur außerschulischen Betreuung fahren können. In Delft (ca. 95.000 E<strong>in</strong>wohner) wurde zu<br />

diesem Zweck das Projekt „K<strong>in</strong>der sicher durch Delft“ aufgelegt. Dabei arbeiten die Referate Stadtteilangelegenheiten<br />

und Mobilität der Stadt mit Schulen, der Polizei, Verkehrssicherheitsorganisationen<br />

und Eltern zusammen. E<strong>in</strong>e Auswahl aus <strong>den</strong> Teilprojekten:<br />

1. Sichere Schulumgebung: Drei Schulen haben Vere<strong>in</strong>barungen mit Eltern, der Polizei und der<br />

Stadt geschlossen. In verschie<strong>den</strong>en Arbeitsgruppen wer<strong>den</strong> Maßnahmen entwickelt und durchgeführt,<br />

die die Sicherheit der K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> <strong>den</strong> und um die Schulen erhöhen sollen.<br />

2. Von der Rückbank aufs Fahrrad: Das Ziel dieses Projekts besteht dar<strong>in</strong>, dass K<strong>in</strong>der selbstständig<br />

von zu Hause oder der Schule aus mit dem Fahrrad zu ihrem Sportclub oder anderen Aktivitäten<br />

fahren können. An drei Standorten für außerschulische Betreuung läuft e<strong>in</strong> Versuchsprojekt, bei<br />

dem die K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> Begleitung selbstständig Rad fahren.<br />

3. „K<strong>in</strong>derkorridor“ (K<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>t): Die Vorbereitungen zur E<strong>in</strong>richtung zweier „K<strong>in</strong>derkorridore“ <strong>in</strong><br />

Delft s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> vollem Gange. In diesem Projekt kommen Spielplätze, Raumordnung, Verkehrssicherheit<br />

und Verkehrserziehung zusammen. Die K<strong>in</strong>derkorridore sollen es <strong>den</strong> K<strong>in</strong>dern ermöglichen,<br />

sich selbstständig und spielend zwischen Orten zu bewegen, an <strong>den</strong>en sie sich gern<br />

aufhalten.<br />

4. Fahrradabstellanlagen: Die Stadt hat begonnen, alle Fahrradabstellanlagen an <strong>den</strong> Delfter<br />

42<br />

Grundschulen zu beurteilen. Anhand e<strong>in</strong>er Checkliste wird festgestellt, ob die Kapazität ausreicht<br />

und ob die Abstellplätze qualitativ gut s<strong>in</strong>d. Die Ergebnisse fließen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Durchführungsprogramm<br />

e<strong>in</strong>.<br />

5. Verkehrserzieher: Praktischer Verkehrsunterricht ist wichtig, damit die K<strong>in</strong>der lernen, sich im<br />

Verkehr richtig zu verhalten. In Delft erteilt e<strong>in</strong> Verkehrserzieher allen Klassen praktischen<br />

Verkehrsunterricht. Der Verkehrserzieher bildet auch die Lehrkräfte aus, sodass diese nach drei<br />

Jahren selbst Verkehrsunterricht erteilen können.<br />

43<br />

Man hofft, dass die Schulen nach Abschluss des Projekts so überzeugt s<strong>in</strong>d, dass sie selbst entsprechende<br />

Initiativen entwickeln.<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


Example I Bewachter Fahrradabstellplatz<br />

an der Schule<br />

E<strong>in</strong> bewachter Fahrradabstellplatz kann an Sekundarschulen wesentliche Verhaltensänderungen<br />

bewirken, wie <strong>in</strong> Den Haag (ca. 445.000 E<strong>in</strong>wohner) festgestellt wurde. Von <strong>den</strong> 420 Schülern<br />

des Johan-de-Witt-Kollegs kommt <strong>in</strong>zwischen m<strong>in</strong>destens die Hälfte mit dem Fahrrad zur Schule –<br />

zehn Mal soviel wie früher (die Schule hat e<strong>in</strong>en hohen Anteil an Schülern ausländischer Herkunft,<br />

die im Durchschnitt wesentlich weniger Rad fahren als ihre niederländischen Altersgenossen).<br />

Die Stadt strebt danach, an <strong>den</strong> Schulen mehr Fahrradabstellanlagen anzubieten, und stellt jeder<br />

Schule e<strong>in</strong>malig e<strong>in</strong>en Betrag von ca. 20.000 Euro zur Verfügung, der für die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es –<br />

durchdacht gestalteten – Aufseherraums bestimmt ist. Die Personalkosten für <strong>den</strong> Aufseher, der<br />

über die Abstellanlagenorganisation Biesiklette beauftragt wird (rund 6800 Euro pro Jahr), wer<strong>den</strong><br />

von der Schule getragen. Bewachte Fahrradabstellanlagen an Schulen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Stadt Gron<strong>in</strong>gen<br />

schon lange üblich. Inzwischen gibt es bei 15 weiterführen<strong>den</strong> Schulen bewachte Stellplätze.<br />

Mit dem Fahrrad zur Schule<br />

H<strong>in</strong>tergrund<br />

E<strong>in</strong> sehr großer Teil der K<strong>in</strong>der fährt <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> <strong>in</strong> großem Umfang mit dem Fahrrad zur<br />

Schule, entweder alle<strong>in</strong> oder <strong>in</strong> Begleitung. Das war früher so und ist heute nicht anders. Von <strong>den</strong><br />

Grundschülern kommen 49 % mit dem Fahrrad und 37 % zu Fuß zur Schule; nur 14 % wer<strong>den</strong><br />

mit dem Auto gebracht und abgeholt, vor allem K<strong>in</strong>der, die weiter von der Schule entfernt wohnen.<br />

Bei <strong>den</strong> weiterführen<strong>den</strong> Schulen ist der Fahrradanteil noch weitaus höher. In <strong>den</strong> größeren<br />

Städten ist allerd<strong>in</strong>gs der Fußgängeranteil höher, und auch der öffentliche Nahverkehr wird mehr<br />

genutzt.<br />

Obwohl wie gesagt durchschnittlich nur 14 % der Grundschüler mit dem Auto zur Schule gebracht<br />

und abgeholt wer<strong>den</strong>, so ist die Verkehrssituation vor der Schule <strong>den</strong>noch oft unübersichtlich und<br />

gefährlich. Das ist zunächst darauf zurückzuführen, dass der Prozentsatz nur e<strong>in</strong> Durchschnittswert<br />

ist. Aber sogar bei diesem Wert treten schnell Probleme auf, <strong>den</strong>n 14 % von beispielsweise 250<br />

K<strong>in</strong>dern s<strong>in</strong>d immerh<strong>in</strong> 35 K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> rund 25 Autos, die alle genau zur selben Zeit bei der Schule<br />

parken wollen. H<strong>in</strong>zu kommt, dass viele Schulen <strong>in</strong> engen Wohnstraßen mit wenig Parkplätzen<br />

liegen, oder gerade an stark befahrenen Hauptstraßen. Darum empfiehlt es sich <strong>in</strong> vielen Fällen<br />

doch, <strong>den</strong> Gefahren und Belästigungen durch <strong>den</strong> Br<strong>in</strong>g- und Holverkehr an Schulen Aufmerksamkeit<br />

zu widmen.<br />

44<br />

Maßnahmen<br />

Die Fahrradwege zu <strong>den</strong> Grundschulen s<strong>in</strong>d wenig gebündelt: schließlich s<strong>in</strong>d die Entfernungen<br />

<strong>in</strong> der Regel ger<strong>in</strong>g. Meistens ist erst <strong>in</strong> direkter Umgebung der Schule e<strong>in</strong>e echte Fahrradroute<br />

ausgewiesen. Die Verbesserung der Schulwege führt dann rasch zu Verkehrssicherheitsmaßnahmen<br />

im gesamten Viertel oder Dorfkern.<br />

45<br />

3.3<br />

Die Verbesserung der Schulumgebung erfordert e<strong>in</strong>e breit angelegte Herangehensweise und<br />

<strong>den</strong> E<strong>in</strong>satz vieler verschie<strong>den</strong>er Instrumente. Dazu gehören nicht nur Infrastrukturmaßnahmen,<br />

sondern auch Verkehrserziehung, Kontrollen und die Kommunikation mit <strong>den</strong> Eltern. Mitverantwortung<br />

ist e<strong>in</strong> Schlüsselbegriff, wenn es um die Lösung von Problemen im Zusammenhang mit<br />

<strong>den</strong> Schulwegen geht. An Verkehrsangelegenheiten im Umfeld der Schule s<strong>in</strong>d immer viele Interessengruppen<br />

beteiligt: die Schulleitung, Eltern und Schülerlotsen, Lehrer und K<strong>in</strong>der, aber auch die<br />

Anwohner, die Polizei und die Stadtverwaltung.<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


46<br />

Häufiger auf dem Fahrrad zur Arbeit<br />

Bis vor Kurzem galt e<strong>in</strong>e Entfernung von bis zu 7,5 km für e<strong>in</strong>e mit dem Fahrrad zurückzulegende<br />

Gesamtentfernung als realistisch. Immer häufiger wer<strong>den</strong> überörtliche Pendelstrecken, die über<br />

e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Anzahl H<strong>in</strong>dernisse verfügen, oder manchmal sogar richtige Schnellradwege gebaut.<br />

Im Rahmen des Projekts „Fileproof“ wur<strong>den</strong> fünf solcher Strecken realisiert. In allen Teilen des Landes<br />

wird Radwegen für längere Entfernungen Aufmerksamkeit geschenkt. Entfernungen bis 15 km<br />

können hiermit überbrückt wer<strong>den</strong>, und Radfahrer können e<strong>in</strong>e Durchschnittsgeschw<strong>in</strong>digkeit von<br />

25-30 km pro Stunde erzielen, d.h. dass Fahrräder kaum langsamer s<strong>in</strong>d als andere Verkehrsmittel<br />

und <strong>in</strong> staureichen Gebieten sogar schneller. Hier gibt es deshalb große Chancen für <strong>den</strong> E<strong>in</strong>satz<br />

des Fahrrads im H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e bessere Erreichbarkeit und weniger Staus.<br />

Sogar Arbeitgeber stimulieren die Fahrradnutzung immer häufiger, auch im Rahmen e<strong>in</strong>er besseren<br />

Gesundheit. Da Unternehmen aufgrund der Bestimmungen des Umweltschutzgesetzes verpflichtet<br />

s<strong>in</strong>d, Emissionen, die <strong>in</strong>folge des Verkehrs von und zum Arbeitsplatz entstehen, so weit wie<br />

möglich zu verm<strong>in</strong>dern, bedeutet dies, dass auch die Fahrradnutzung (mit 0 Emissionen) stark<br />

stimuliert wer<strong>den</strong> muss. Die Taskforce Mobilitätsmanagement, <strong>in</strong> der Arbeitgeber und Behör<strong>den</strong><br />

zusammenarbeiten, um Alternativen für die Autonutzung zu stimulieren, wird im Herbst 2008 auch<br />

Arbeitgebermaßnahmen zur Stimulierung der Fahrradnutzung lancieren. Hierzu gehören e<strong>in</strong>e Fahrradvergütung<br />

und die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Mobilitätsbudgets. Letzteres ist e<strong>in</strong> außergewöhnlich gutes<br />

Mittel zur Stimulierung der Fahrradnutzung. Das System, das schon <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>en Betrieben im<br />

E<strong>in</strong>satz ist, be<strong>in</strong>haltet, dass Arbeitnehmer e<strong>in</strong> festes Budget für <strong>den</strong> Arbeitsweg erhalten. Davon<br />

zahlen sie alle Kosten für <strong>den</strong> tatsächlichen Arbeitsweg, wie z.B. Autokosten, Parkgebühren, die<br />

beim Abstellen des Autos am Unternehmen anfallen, und Kosten für Monats- oder Jahreskarten<br />

für öffentliche Verkehrsmittel. Der Betrag, der übrig bleibt, gilt als E<strong>in</strong>kommen für <strong>den</strong> Arbeitnehmer.<br />

Da das Fahrrad das bei Weitem preisgünstigste Verkehrsmittel ist, kann e<strong>in</strong> Arbeitnehmer,<br />

der mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, e<strong>in</strong>en großen f<strong>in</strong>anziellen Vorteil erzielen.<br />

47<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


Beispiel J Radwandern <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z<br />

Zeeland<br />

Zur Förderung des <strong>Radfahren</strong>s zu Freizeitzwecken ist es wichtig, dass die Prov<strong>in</strong>z Zeeland über e<strong>in</strong>e<br />

gute und sichere Radverkehrs<strong>in</strong>frastruktur, e<strong>in</strong>e gute Beschilderung und angemessene unterstützende<br />

E<strong>in</strong>richtungen, etwa Rastplätze, verfügt. Fahrradrouten stellen die Verb<strong>in</strong>dung zwischen <strong>den</strong><br />

angebotenen touristischen E<strong>in</strong>richtungen und Unterkünften dar, sowohl für die eigenen E<strong>in</strong>wohner<br />

als auch für Touristen. Um <strong>den</strong> Erholungsuchen<strong>den</strong> mehr Struktur und Komfort zu bieten, wurde<br />

<strong>in</strong> der Beschilderung das System der Knoten- und Umsteigepunkte e<strong>in</strong>geführt. Das System der<br />

Knotenpunkte hat se<strong>in</strong>en Ursprung <strong>in</strong> Flandern: An <strong>den</strong> wichtigsten Knotenpunkten (Kreuzungspunkten)<br />

wer<strong>den</strong> Schilder mit Nummern aufgestellt. Durch Ane<strong>in</strong>anderreihung dieser Nummern<br />

lässt sich auf e<strong>in</strong>fache Weise e<strong>in</strong>e Route zusammenstellen. Die Förderung dieses Knotenpunktsystems<br />

ist e<strong>in</strong>e Aufgabe der Frem<strong>den</strong>verkehrsvere<strong>in</strong>e (VVV) und des Tourismusbüros (Bureau voor<br />

Toerisme) Zeeland.<br />

Umsteigepunkte s<strong>in</strong>d Standorte, an <strong>den</strong>en die Touristen und Ausflügler auf e<strong>in</strong> anderes Verkehrsmittel<br />

umsteigen können. So ist es möglich, auch aus gewisser Entfernung e<strong>in</strong> Erholungsgebiet zu<br />

erreichen, <strong>in</strong> dem man Rad fahren, wandern, skaten, reiten oder Kanu fahren will. Die erste Strecke<br />

wird dann beispielsweise mit dem Auto zurückgelegt, das an e<strong>in</strong>em Umsteigepunkt geparkt wird<br />

(auch für e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum möglich). Dort steigt man auf e<strong>in</strong> anderes Verkehrsmittel um.<br />

Solche Umsteigepunkte müssen also nicht nur gut ane<strong>in</strong>ander anschließende Straßen und Wege<br />

3.4 <strong>Radfahren</strong> und Freizeit<br />

H<strong>in</strong>tergrund<br />

Rund 70 % der Niederländer benutzen das Fahrrad h<strong>in</strong> und wieder auch für e<strong>in</strong>e Radwanderung.<br />

Damit ist das <strong>Radfahren</strong> nach dem Wandern die beliebteste Freizeitaktivität. Das Fahrrad wird auch<br />

<strong>in</strong> großem Umfang für <strong>den</strong> Weg zu anderen Freizeitzielen genutzt: rund 232 Millionen Mal pro<br />

Jahr. Radwanderfreunde haben <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> die Wahl aus verschie<strong>den</strong>en Arten von Routen<br />

und Radwegenetzen:<br />

• Nationale Radwanderrouten: e<strong>in</strong> landesweites Netz durchgehender Fahrradwege, das große<br />

Rundfahrten ermöglicht. Insgesamt gibt es 6.500 km solcher Radwege, von <strong>den</strong>en gut 4.500 km<br />

<strong>in</strong> bei<strong>den</strong> Fahrtrichtungen ausgeschildert s<strong>in</strong>d.<br />

• Rundfahrten: Diese regionalen Rundwege gibt es <strong>in</strong> <strong>den</strong> unterschiedlichsten Arten und Distanzen,<br />

darunter auch lange Themenrouten. Nebenstehend s<strong>in</strong>d acht lange, ausgeschilderte<br />

Fahrradrundwege aufgeführt. Rundwege s<strong>in</strong>d weniger flexibel, <strong>den</strong>n <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Fällen muss<br />

die gesamte Strecke gefahren wer<strong>den</strong>, um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukommen. Die<br />

Rundfahrten s<strong>in</strong>d alle für ganztägige Radtouren ausgelegt. Die Zuständigkeit für diese Routen<br />

liegt bei Kommunen, Regionen oder Prov<strong>in</strong>zen (auch Privat<strong>in</strong>itiativen).<br />

• Regionale (Knotenpunkt-)Netze: Über diese fe<strong>in</strong>maschigen regionalen Netze s<strong>in</strong>d die unterschiedlichsten<br />

Rundfahrten durch die Region möglich. Das Netz umfasst <strong>in</strong>zwischen über 3.700<br />

km <strong>in</strong> bei<strong>den</strong> Fahrtrichtungen ausgeschilderte Radwege. Die Zuständigkeit für dieses Netz liegt<br />

bieten, sondern auch Parkplätze und beispielsweise die Möglichkeit, Fahrräder zu mieten. An <strong>den</strong><br />

bei Kommunen, Regionen oder Prov<strong>in</strong>zen (auch Privat<strong>in</strong>itiativen).<br />

48<br />

meisten Umsteigepunkten kann man auch etwas essen und tr<strong>in</strong>ken. Außerdem ist es wichtig, <strong>den</strong><br />

49<br />

Besuchern gerade an diesen Orten Informationen über die betreffende Region zu bieten. In der<br />

Maßnahmen<br />

Tourismussaison 2006 wur<strong>den</strong> die ersten 6 Umsteigepunkte <strong>in</strong> Betrieb genommen.<br />

Manchmal ist es schwierig, e<strong>in</strong>deutig festzustellen, ob E<strong>in</strong>richtungen vorwiegend für <strong>den</strong> Freizeit-<br />

Radverkehr oder auch für andere Zwecke bestimmt s<strong>in</strong>d. So wird e<strong>in</strong> Radwegenetz <strong>in</strong> ländlichem<br />

Gebiet <strong>in</strong> jedem Fall auch für Freizeitzwecke Verwendung f<strong>in</strong><strong>den</strong>, und nicht nur dazu dienen, die<br />

Radfahrer von A nach B zu br<strong>in</strong>gen. Umgekehrt wer<strong>den</strong> die für Freizeitzwecke bestimmten Fahrrad-<br />

und Fußgängerfähren <strong>in</strong> <strong>den</strong> Sommermonaten auch gern von Rad fahren<strong>den</strong> Arbeitspendlern<br />

benutzt. Mit anderen Worten: In vielen Fällen dienen radverkehrspolitische Maßnahmen sowohl<br />

dem Nutz- als auch dem Freizeitverkehr.<br />

In verschie<strong>den</strong>en Untersuchungen wurde festgestellt, dass 40 % der Freizeitradler von <strong>den</strong> ausgewiesenen<br />

Fahrradrouten Gebrauch machen. Das Angebot an Routen ist enorm und sehr vielfältig,<br />

sowohl was die Distanzen betrifft als auch h<strong>in</strong>sichtlich der Beschilderung. Von <strong>den</strong>jenigen, die<br />

die Fahrradrouten benutzen, entschei<strong>den</strong> sich 60 % für ausgeschilderte Routen. Darum wer<strong>den</strong><br />

auch verstärkt Netzwerke von Fahrradrouten e<strong>in</strong>gerichtet, sowohl <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> als auch <strong>in</strong><br />

Belgien.<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


1.1<br />

Fietsgebruik <strong>in</strong> Nederland<br />

Vervoerwijzen en afstan<strong>den</strong><br />

Alhoewel Nederlanders steeds grotere afstan<strong>den</strong> gaan afleggen, blijkt de fiets nog steeds populair<br />

te zijn. Voor ruim een kwart van alle verplaats<strong>in</strong>gen wordt de fiets gebruikt. Op afstan<strong>den</strong> tot 7,5<br />

km is de fiets zelfs het meest populaire vervoermiddel. In 2005 werd 35% van de verplaats<strong>in</strong>gen<br />

tot 7,5 km per fiets afgelegd.<br />

Tabel 1: Verplaats<strong>in</strong>gen naar hoofdvervoerwijze en afstandsklasse <strong>in</strong> 2005<br />

(Bron: Mobiliteitsonderzoek Nederland 2005, AVV)<br />

rad.<br />

50<br />

51<br />

Beispiel K Das „ÖV-Fahrrad“<br />

Im Ausland wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> immer mehr Städten (Berl<strong>in</strong>, Paris, Wien, Barcelona, Rom usw.) mit großem<br />

Erfolg Fahrradleihsysteme e<strong>in</strong>gesetzt. Aufgrund der großen Anzahl Fahrradbesitzer <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong><br />

gibt es <strong>in</strong> niederländischen Städten noch ke<strong>in</strong>e Fahrradleihsysteme. Aber natürlich besteht<br />

auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> Bedarf an e<strong>in</strong>em schnell verfügbaren Fahrrad für <strong>den</strong> Nahverkehr <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e andere Stadt. Zu diesem Zweck dient das ÖV-Fahrrad: Der Fahrgast braucht nur e<strong>in</strong>en Pass<br />

oder se<strong>in</strong>e elektronische Fahrkarte zu scannen, um e<strong>in</strong> Fahrrad mitnehmen zu können. Bei se<strong>in</strong>er<br />

Rückkehr wird der Fahrradschlüssel gescannt. Der Mietpreis von 2,85 Euro für zwanzig Stun<strong>den</strong><br />

wird automatisch abgebucht. Die Abonnementkosten betragen 9,50 Euro pro Jahr. Die Kun<strong>den</strong><br />

s<strong>in</strong>d zufrie<strong>den</strong>, <strong>in</strong>sbesondere wegen des Komforts, der Schnelligkeit und der niedrigen Kosten.<br />

Das ÖV-Fahrrad wurde im Jahr 2003 <strong>in</strong>s Leben gerufen und führt <strong>in</strong>zwischen (2008) 470.000<br />

Vermietungen pro Jahr an 165 Verleihstellen durch. Das ÖV-Fahrrad (das sich <strong>in</strong>zwischen im Besitz<br />

der Niederländischen Eisenbahn bef<strong>in</strong>det) wird vor allem für geschäftliche Zwecke (49 Prozent) genutzt.<br />

Dank des ÖV-Fahrrads reisen 35 Prozent der Passbesitzer häufiger mit dem Zug und lassen<br />

12 Prozent das Auto manchmal oder regelmäßig stehen. Ziel ist es, die Grenze von e<strong>in</strong>er Millionen<br />

Fahrten im Jahr 2011 zu überschreiten. Daneben hat die ÖV-Fahrrad <strong>den</strong> Ehrgeiz, das bekannteste<br />

Stadtleihfahrrad zu wer<strong>den</strong>, und man wird das ÖV-Fahrrad <strong>in</strong> zunehmen<strong>den</strong> Maße auch außerhalb<br />

von Bahnhöfen, wie z.B. <strong>in</strong> großen Busbahnhöfen sowie auch <strong>in</strong> der Nähe von Stadtzentren,<br />

Industriegelän<strong>den</strong> und Landungsbrücken von Fähren mieten können.<br />

3.5<br />

Das Fahrrad <strong>in</strong> der Transportkette<br />

– Komb<strong>in</strong>ation mit dem<br />

öffentlichen Nahverkehr<br />

H<strong>in</strong>tergrund<br />

Das Fahrrad eignet sich auch ausgezeichnet als Verkehrsmittel für <strong>den</strong> ersten oder letzten Teil e<strong>in</strong>er<br />

längeren Reise – <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit dem öffentlichen Nahverkehr. Diese Komb<strong>in</strong>ation bietet große<br />

Vorteile: Mit dem Fahrrad gelangt der Reisende ohne Wartezeit von zu Hause rasch zur Haltestelle<br />

oder zum Bahnhof (was mit öffentlichen Verkehrsmitteln <strong>in</strong> vielen Fällen nicht möglich ist), und<br />

öffentliche Verkehrsmittel br<strong>in</strong>gen ihn dann schnell und komfortabel über e<strong>in</strong>e größere Entfernung<br />

<strong>in</strong> die Nähe des Reiseziels (was wiederum mit dem Fahrrad problematisch wäre). So gleichen<br />

die bei<strong>den</strong> Verkehrsträger ihre jeweiligen Schwachstellen aus und bil<strong>den</strong> geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>e starke<br />

Transportkette.<br />

Von allen Bahnreisen<strong>den</strong> fahren nicht weniger 33 % mit dem Fahrrad zum Bahnhof. Die übrigen<br />

gehen zu Fuß (ebenfalls e<strong>in</strong> Drittel) oder benutzen e<strong>in</strong> anderes öffentliches Verkehrsmittel oder das<br />

Auto. Die Ursache für <strong>den</strong> hohen Fahrradanteil liegt vor allem dar<strong>in</strong>, dass 45 % aller Niederländer<br />

nicht weiter als 3 km von e<strong>in</strong>em Bahnhof entfernt wohnen – e<strong>in</strong>e ideale Entfernung für das Fahr-<br />

Bis heute wird allerd<strong>in</strong>gs die Zahl der an <strong>den</strong> Bahnhöfen zu erwarten<strong>den</strong> Fahrräder immer noch oft<br />

unterschätzt. Zu Spitzenzeiten stehen am Amsterdamer Hauptbahnhof über 20.000 Fahrräder; <strong>in</strong><br />

Lei<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d es nicht viel weniger. Am Hauptbahnhof von Utrecht ist die landesweit größte Fahrradabstellanlage<br />

geplant: 17.500 bewachte und unbewachte Stellplätze.<br />

Da das Fahrrad immer häufiger für die Fahrt zum Bahnhof genutzt wird und Menschen auch ver-<br />

stärkt mit dem Zug fahren, ist e<strong>in</strong> großer Mangel an Stellplätzen entstan<strong>den</strong>. In <strong>den</strong> Prognosen für<br />

das Jahr 2010 wird auch von e<strong>in</strong>em Anstieg der Zugnutzung um 5 % pro Jahr ausgegangen.<br />

Das bedeutet, dass e<strong>in</strong> zusätzlicher Impuls für <strong>den</strong> Ausbau der Stellplätze erforderlich ist. Ziel ist es,<br />

dass das Angebot die Nachfrage erfüllen muss. Im Aktionsprogramm „groei op het spoor“ (Wachstum<br />

im Schienenverkehr) s<strong>in</strong>d zusätzlich € 20 Millionen für Fahrradstände vorgesehen. Daneben<br />

wird auch geprüft, wie Kommunen zur Lösung des Problems herrenloser Fahrräder stimuliert<br />

wer<strong>den</strong> können. Es wird an e<strong>in</strong>em Folgeprojekt von „Ruimte voor de Fiets“ (Raum für das Fahrrad)<br />

gearbeitet.<br />

Als Verkehrsmittel auf dem letzten Abschnitt der Reise, also vom Bahnhof zum Reiseziel (Arbeitsplatz,<br />

Schule usw.), spielt das Fahrrad e<strong>in</strong>e weitaus ger<strong>in</strong>gere Rolle. Das ist e<strong>in</strong>e Folge der Tatsache,<br />

dass die meisten Bahnreisen<strong>den</strong> am Zielbahnhof nicht schnell und preiswert über e<strong>in</strong> Fahrrad verfügen<br />

können. Nur wer sehr regelmäßig mit der Bahn fährt, ist bereit oder <strong>in</strong> der Lage, am Zielbahnhof<br />

e<strong>in</strong> eigenes Fahrrad abzustellen. H<strong>in</strong>zu kommt, dass längst nicht alle Bahnhöfe über bewachte<br />

Stellplätze oder genügend abschließbare Fahrradboxen verfügen. E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil der Bahnreisen<strong>den</strong><br />

nimmt e<strong>in</strong> Klappfahrrad mit <strong>in</strong> <strong>den</strong> Zug.<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


52<br />

Maßnahmen<br />

Die Stärke der Komb<strong>in</strong>ation von Fahrrad und Eisenbahn hängt <strong>in</strong> hohem Maße von <strong>den</strong> Fahrradabstellmöglichkeiten<br />

am Bahnhof ab. Die Radfahrer haben die Wahl aus kostenlosen unbewachten<br />

und gebührenpflichtigen bewachten Stellplätzen. Je besser die Fahrradabstellanlagen <strong>den</strong> Wünschen<br />

der Reisen<strong>den</strong> entsprechen, umso häufiger wer<strong>den</strong> sie das Auto stehen lassen und sich für<br />

die Transportkette Fahrrad-Eisenbahn entschei<strong>den</strong>. Bis 2010 wird ProRail, das Unternehmen, das<br />

im Auftrag des niederländischen Staates die Schienen<strong>in</strong>frastruktur verwaltet, die Fahrradabstellanlagen<br />

an allen Bahnhöfen erheblich erweitern und verbessern. Letztlich soll die Kapazität an guten<br />

bewachten und unbewachten Stellplätzen an allen Bahnhöfen der Nachfrage entsprechen.<br />

E<strong>in</strong> spezielles Problem an Bahnhöfen stellen die Fahrradwracks und die sehr langfristig abgestellten<br />

Fahrräder dar. Fast 15 % der Fahrräder auf <strong>den</strong> unbewachten Stellplätzen der Hauptbahnhöfe wer<strong>den</strong><br />

länger als vier Wochen nicht bewegt. Wenn es gel<strong>in</strong>gt, diesen Anteil zu senken, können neue<br />

Fahrradabstellanlagen kle<strong>in</strong>er und damit kostengünstiger realisiert wer<strong>den</strong>. Selbstverständlich muss<br />

die Beseitigung langfristig ungenutzter Fahrräder mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgen.<br />

53<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


Beispiel L „De Bak“ <strong>in</strong> Lei<strong>den</strong> und das<br />

Fahrradparkhaus <strong>in</strong> Amsterdam<br />

Am Hauptbahnhof Lei<strong>den</strong> liegt, halb versteckt unter dem vollständig renovierten Bahnhofsvorplatz,<br />

e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigartige, unbewachte und überdachte Fahrradabstellanlage. Durch die schlanke<br />

Stahlkonstruktion mit gläsernen Bo<strong>den</strong>fliesen sche<strong>in</strong>t der darüber liegende Taxistandplatz <strong>in</strong> der<br />

Luft zu schweben. Die Anlage wurde 2002 offiziell eröffnet und bietet <strong>in</strong> zwei übere<strong>in</strong>ander<br />

angeordneten Ständerreihen Platz für 2050 Fahrräder. Die Fahrräder stehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Abstand von<br />

40 cm (nicht die noch häufig üblichen 30 cm), wodurch sich Lenker und Handbremsen weniger<br />

schnell mite<strong>in</strong>ander verhaken.<br />

Wegen umfangreicher Bauarbeiten wurde die Stellplatzkapazität am Hauptbahnhof Amsterdam<br />

stark reduziert. Als vorübergehende Maßnahme wurde 2003 e<strong>in</strong> Fahrradparkhaus gebaut: Das 200<br />

m lange und 14 m breite dreistöckige Gebäude bietet 2.500 Fahrrädern Platz. Die überdachten<br />

Stellplätze s<strong>in</strong>d gebührenfrei und wer<strong>den</strong> rund um die Uhr bewacht. Trotz des Fahrradparkhauses<br />

reicht aber die Kapazität aller bewachten und unbewachten Abstellplätze nicht aus. Darum<br />

entschied man sich für e<strong>in</strong>e erf<strong>in</strong>derische Maßnahme: Auf dem Kanal h<strong>in</strong>ter dem Bahnhof sollen im<br />

Bauzeitraum bis 2012 auf e<strong>in</strong>er ausgedienten Fähre und e<strong>in</strong>er Plattform 1.500 weitere Fahrradabstellplätze<br />

realisiert wer<strong>den</strong>.<br />

Park and Bike Amsterdam<br />

54<br />

55<br />

Beispiel M<br />

Amsterdam (rund 742.000 E<strong>in</strong>wohner) wird von zahllosen Gästen besucht, die mit dem Auto <strong>in</strong><br />

die Stadt fahren wollen. Es ist aber äußerst schwierig, <strong>in</strong> der Innenstadt e<strong>in</strong>en Parkplatz zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

Darum begann die Stadt, nach Alternativen wie Park-and-Ride-Anlagen zu suchen. Viele Standorte<br />

und E<strong>in</strong>richtungen s<strong>in</strong>d aber mit dem öffentlichen Verkehr nicht gut erreichbar. Das Fahrrad ist<br />

<strong>in</strong> diesen Fällen e<strong>in</strong>e gute Alternative im Anschluss an die Autofahrt: Park and Bike. Der Besucher<br />

parkt se<strong>in</strong> Auto <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Parkhaus und mietet e<strong>in</strong> Fahrrad. An Kosten fallen ausschließlich<br />

Parkgebühren an. In Amsterdam wur<strong>den</strong> an zwei Standorten Park-and-Bike-Anlagen realisiert: am<br />

Olympiastadion (50 Mietfahrräder) und am Bahnhof Sloterdijk (30 Fahrräder). Im Zeitraum von<br />

April bis September wird dieses Angebot zu 60 % von Gelegenheitsbesuchern genutzt. Die Stadt<br />

betrachtet die Park-and-Bike-Anlagen als Promotion für die Stadt, <strong>den</strong>n schließlich geht es um e<strong>in</strong><br />

Serviceangebot für Touristen und Gelegenheitsbesucher. Darum wer<strong>den</strong> die Kosten auch von der<br />

Stadt getragen.<br />

E<strong>in</strong>richtungen für alle Zielgruppen


Maßnahmen <strong>in</strong><br />

der Praxis<br />

In Kapitel 3 wurde dargelegt, welche E<strong>in</strong>richtungen man für die verschie<strong>den</strong>en<br />

Zielgruppen realisieren will. Dieses letzte Kapitel befasst sich nun<br />

mit <strong>den</strong> konkreten Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis. Es kommen nache<strong>in</strong>ander<br />

die Themen Raumordnung, Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur, Fahrradabstellplätze,<br />

Bekämpfung des Fahrraddiebstahls und schließlich Verkehrserziehung,<br />

Aufklärung und Kontrollmaßnahmen zur Sprache.<br />

56 57


Beispiel N Houten: Raumstruktur auf<br />

rungsstandorts am Stadtrand vorzuziehen.<br />

58<br />

59<br />

langsamen Verkehr ausgerichtet<br />

Die Raumstruktur von Houten ist noch immer e<strong>in</strong> besonderes Beispiel. Houten ist e<strong>in</strong>e junge<br />

Stadt <strong>in</strong> der Nähe von Utrecht und zählt <strong>in</strong>zwischen 43.000 E<strong>in</strong>wohner. Der Stadtkern besteht aus<br />

dem Bahnhof und e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>kaufsgebiet. In deren Umkreis s<strong>in</strong>d die wichtigsten nicht alltäglichen<br />

E<strong>in</strong>richtungen und mehrere Bürostandorte angeordnet. Die Wohngebiete s<strong>in</strong>d mit abnehmender<br />

Bebauungsdichte um das Zentrum herum situiert. Vom Stadtkern aus führt e<strong>in</strong> sternförmiges Radund<br />

Fußwegenetz direkt <strong>in</strong> die Wohnviertel. Dennoch s<strong>in</strong>d auch alle Bestimmungen mit dem Auto<br />

erreichbar. Allerd<strong>in</strong>gs kann der Autoverkehr nur über die R<strong>in</strong>gstraße von dem e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> das andere<br />

Wohnviertel oder <strong>in</strong> die Innenstadt gelangen. Laufen oder <strong>Radfahren</strong> ist darum <strong>in</strong> vielen Fällen<br />

attraktiver und schneller als Autofahren. Infolgedessen wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> Houten relativ gesehen mehr<br />

Wege zu Fuß und vor allem mit dem Fahrrad zurückgelegt als <strong>in</strong> vergleichbaren Orten.<br />

4.1<br />

4.2<br />

Raumordnungspolitik:<br />

nahegelegene Ziele<br />

Die niederländische Regierung spielt <strong>in</strong> der Raumordnung seit je e<strong>in</strong>e stark lenkende Rolle. E<strong>in</strong><br />

wichtiger Grund dafür ist die Raumknappheit <strong>in</strong> dem so dicht besiedelten Land. „Nähe“ und<br />

„Kompaktheit“ der Städte s<strong>in</strong>d zwei Leitpr<strong>in</strong>zipien der Stadterweiterungspolitik. Das kam der Fahrradnutzung<br />

zugute. Es liegt auch auf der Hand: Je näher bei ihren Zielen die Menschen wohnen<br />

(Arbeitsplatz, Geschäfte, Schulen usw.), desto mehr kurze Wege wer<strong>den</strong> sie zurücklegen. Und je<br />

mehr kürzere Wege, umso leichter die Entscheidung für das Fahrrad. Das lässt sich auch durch<br />

Zahlen belegen. Personen, die bis zu 3 km von Stadt- oder Stadtteilzentren entfernt wohnen, legen<br />

bei 27 % aller Wege nur kurze Entfernungen zurück. Wer <strong>in</strong> größerer Entfernung oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

kle<strong>in</strong>en Ort wohnt, bewegt sich nur <strong>in</strong> 22 % der Fälle über e<strong>in</strong>e kurze Distanz.<br />

Die Standortwahl für neue Wohnviertel hat also auch Folgen für die Auswahl an Verkehrsmitteln,<br />

die <strong>den</strong> künftigen Bewohnern zur Verfügung steht. Es ist wichtig, dass neue Arbeits- und vor allem<br />

Wohnstandorte nicht an <strong>den</strong> Rändern expandierender Stadtregionen angelegt wer<strong>den</strong>, sondern<br />

<strong>in</strong>nerhalb der leicht täglich mit dem Fahrrad zu bewältigen<strong>den</strong> Entfernung von 3 km um die Stadtoder<br />

Stadtteilzentren großer und mittelgroßer Städte. Wenn dort ke<strong>in</strong> Raum zur Verfügung steht,<br />

ist der Bau e<strong>in</strong>er neuen Stadt oder e<strong>in</strong>es neuen Stadtzentrums der Anlage e<strong>in</strong>es neuen Erweite-<br />

Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur für<br />

Radfahrer<br />

In der niederländischen Radverkehrspolitik liegt der Schwerpunkt seit je stark auf der Verbesserung<br />

der Radverkehrs<strong>in</strong>frastruktur. Häufig wird „Radverkehrspolitik“ darum auch mit dem Bau<br />

von Fahrradwegen gleichgesetzt. E<strong>in</strong>e fahrradfreundliche Infrastruktur be<strong>in</strong>haltet aber mehr als<br />

nur Radwege. Sie umfasst auch <strong>den</strong> fahrradgerechten Entwurf von Kreuzungen, Verkehrskreiseln,<br />

Ampelanlagen und ähnlichen E<strong>in</strong>richtungen.<br />

Die meisten Verkehrsexperten <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> stützen sich beim Entwurf der Straßen<strong>in</strong>frastruktur<br />

auf die Empfehlungen der Wissensplattform CROW (siehe Abschnitt 2.3). 1993 legte das<br />

CROW die erste Fassung e<strong>in</strong>es Entwurfsleitfa<strong>den</strong>s für Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen vor, der auch <strong>in</strong><br />

die englische Sprache übersetzt wurde: „Sign up for the bike: Design manual for a cycle-friendly<br />

<strong>in</strong>frastructure“. Dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d alle Schritte des Prozesses beschrieben, vom Plan zur Förderung des<br />

Radverkehrs bis h<strong>in</strong> zur praktischen Durchführung der Maßnahmen. Dieses Handbuch wurde 2006<br />

vollständig überarbeitet; voraussichtlich wird auch diese zweite Auflage <strong>in</strong>s Englische übersetzt.<br />

Kern des Entwurfsleitfa<strong>den</strong>s s<strong>in</strong>d die folgen<strong>den</strong> fünf Hauptanforderungen an e<strong>in</strong>e fahrradfreundliche<br />

Infrastruktur.<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


Beispiel O<br />

Zwolle: Selbstständiges<br />

Radwegenetz<br />

Zwolle (100.000 E<strong>in</strong>wohner) gehört, was die Fahrradnutzung und das Verkehrsklima für Radfahrer<br />

betrifft, zu <strong>den</strong> Spitzenreitern unter <strong>den</strong> niederländischen Städten. Willem Bosch, schon seit fast<br />

fünfzehn Jahren das Gesicht der Radverkehrspolitik <strong>in</strong> Zwolle, hat dafür e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Erklärung:<br />

Der Erfolg von Zwolle beruht vor allem auf e<strong>in</strong>er strukturellen und fortwähren<strong>den</strong> Verbesserung<br />

der E<strong>in</strong>richtungen für Radfahrer. Man hat, ganz e<strong>in</strong>fach gesagt, das <strong>Radfahren</strong> attraktiver gemacht.<br />

„Jahrzehntelang haben wir darauf h<strong>in</strong>gearbeitet, dem Fahrrad als Verkehrsträger gebühren<strong>den</strong><br />

Raum zu geben. Das war e<strong>in</strong> langer Prozess, nicht etwa nur e<strong>in</strong>e Strategie der letzten Jahre.“<br />

Dank der kont<strong>in</strong>uierlichen Bemühungen seit <strong>den</strong> 70er-Jahren war die Stadtverwaltung <strong>in</strong> der Lage,<br />

<strong>in</strong> der Region e<strong>in</strong> optimales Hauptradwegenetz zu realisieren, <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Fällen getrennt von<br />

<strong>den</strong> Straßen mit dem stärksten Autoverkehr. Immer wurde bewusst versucht, <strong>den</strong> Auto- und <strong>den</strong><br />

Radverkehr zu entkoppeln. Das Konzept der baulich getrennten Radwege an <strong>den</strong> Verkehrsadern<br />

des Autoverkehrs spielte <strong>in</strong> Zwolle daher nur e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle. E<strong>in</strong> großer Vorteil der<br />

getrennten Strukturen für Radfahrer besteht dar<strong>in</strong>, dass an <strong>den</strong> Hauptverkehrswegen weniger<br />

Ampelkreuzungen erforderlich s<strong>in</strong>d – eigentlich nur dort, wo die Radwege die am stärksten<br />

befahrenen Autostraßen kreuzen. Aus diesem Grund arbeitete die Stadt jahrelang daran, die<br />

höhengleichen Kreuzungen durch Über- oder Unterführungen zu ersetzen.<br />

Das Ergebnis ist e<strong>in</strong> nahezu h<strong>in</strong>dernisfreies Hauptradwegenetz. Nicht e<strong>in</strong>mal die Autobahn A28,<br />

die die Stadt durchschneidet, stellt für <strong>den</strong> Radverkehr e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>dernis dar. Rutger Ekhart, verkehrs-<br />

Die fünf Hauptanforderungen an e<strong>in</strong>e fahrradfreundliche Infrastruktur<br />

Das Ziel der stark verkehrs- und <strong>in</strong>frastrukturtechnisch orientierten Herangehensweise <strong>in</strong> der Radverkehrspolitik<br />

ist ke<strong>in</strong>eswegs nur die Erhöhung der Verkehrssicherheit. In <strong>den</strong> Entwurfsrichtl<strong>in</strong>ien<br />

ist die Sicherheit ausdrücklich „nur“ e<strong>in</strong>e der fünf Hauptanforderungen. Die anderen vier s<strong>in</strong>d:<br />

• Direktheit: direkte und schnelle Verb<strong>in</strong>dungen zwischen Abfahrts- und Bestimmungsort<br />

• Komfort: gute Straßendecke, großzügige Abmessungen und wenig Beh<strong>in</strong>derungen durch andere<br />

Verkehrsteilnehmer<br />

• Attraktivität: e<strong>in</strong>e schöne und sozial sichere Umgebung ohne Geruchs- und Lärmbelästigung<br />

• Zusammenhang: e<strong>in</strong> Netz logischer, zusammenhängender Strecken<br />

Diese Hauptanforderungen gelten für das gesamte Radwegenetz, aber auch für die E<strong>in</strong>richtungen<br />

auf Straßenabschnitten und an Kreuzungen.<br />

Das Radwegenetz<br />

Die Basis der Radverkehrspolitik ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Kommunen e<strong>in</strong> Netz von Hauptradwegen. Beim<br />

Entwurf e<strong>in</strong>es solchen Netzes wird e<strong>in</strong>e Analyse der Herkunftsgebiete und der wichtigsten Ziele<br />

der Radfahrer (Büros, Schulen, Bahnhof usw.) herangezogen. In manchen Fällen kommt hierbei e<strong>in</strong><br />

Verkehrsmodell zum E<strong>in</strong>satz; meistens jedoch reicht e<strong>in</strong>e manuelle Analyse <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit <strong>den</strong><br />

vor Ort gewonnenen Erkenntnissen aus. Die Hauptradwege müssen höheren Qualitätsanforderungen<br />

genügen; sie müssen beispielsweise immer asphaltiert oder immer als Vorfahrtswege ausgewiesen<br />

se<strong>in</strong>. Auch Probleme wer<strong>den</strong> auf <strong>den</strong> Hauptradwegen <strong>in</strong> der Regel vorrangig beseitigt.<br />

Das Radwegenetz kann nicht unabhängig vom Straßennetz für <strong>den</strong> Autoverkehr und – <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>-<br />

und transportpolitischer Berater der Stadt, erklärt: „Die Radfahrer merken gar nicht, dass sie die<br />

gerem Maße – vom Busverkehrsnetz betrachtet wer<strong>den</strong>. Wenn Hauptradwege mit <strong>den</strong> Ver-<br />

60<br />

A28 überqueren. Die Autobahn wurde raumordnerisch so gut e<strong>in</strong>gegliedert, dass sie die Radfahrer<br />

kehrsadern für <strong>den</strong> Autoverkehr zusammenfallen, hat dies für die Radfahrer oft negative Folgen.<br />

61<br />

<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise beh<strong>in</strong>dert.“ Und ebenso wenig stellen die Straßen, die geme<strong>in</strong>sam <strong>den</strong> Zwoller<br />

Die größere Zahl der Konflikte bee<strong>in</strong>trächtigt die Verkehrssicherheit und führt zu Beh<strong>in</strong>derungen<br />

R<strong>in</strong>g bil<strong>den</strong>, und die Bahnl<strong>in</strong>ie, die die Stadt im rechten W<strong>in</strong>kel zur Autobahn durchschneidet, im<br />

und Zeitverlust. In verschie<strong>den</strong>en niederländischen Städten hat man – oft mit Erfolg – versucht,<br />

täglichen Verkehr e<strong>in</strong>e nennenswerte Barriere dar.<br />

<strong>den</strong> Rad- und <strong>den</strong> Kraftfahrzeugverkehr zu entkoppeln. So wurde beispielsweise der Autoverkehr<br />

auf e<strong>in</strong>em historischen sternförmigen Straßennetz Richtung Innenstadt zugunsten des Fahrradverkehrs<br />

e<strong>in</strong>gedämmt, oder e<strong>in</strong> Bahnübergang für Kraftfahrzeuge und Fahrräder wurde durch e<strong>in</strong>e<br />

Fahrradunterführung ersetzt.<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


Example P Veenendaal:<br />

systematisch 300 m<br />

Maschenweite<br />

Veenendaal (60.000 E<strong>in</strong>wohner) ist e<strong>in</strong>e der vielen „neuen Städte“ der Niederlande und weist<br />

damit auch all deren typische Merkmale auf: e<strong>in</strong>heitliche Wohnviertel, große Gewerbegebiete und<br />

austauschbare Abschnitte entlang der Autobahn. Allerd<strong>in</strong>gs weist Veenendaal doch e<strong>in</strong> Merkmal<br />

auf, das all <strong>den</strong> anderen Städten fehlt: e<strong>in</strong>e hohe Fahrradnutzung auf dem Niveau der Top Ten der<br />

niederländischen Städte.<br />

Für Leo Smolders, bis vor kurzem Verkehrsreferent der Stadt Veenendaal, ist die Raumstruktur<br />

Veenendaals e<strong>in</strong> entschei<strong>den</strong>der Faktor. Die bebaute Fläche ist e<strong>in</strong> 4,5 x 4,5 km großes Quadrat, <strong>in</strong><br />

dessen Mitte sich das Stadtzentrum bef<strong>in</strong>det. E<strong>in</strong> ideales Konzept für Radfahrer! Diese Struktur ist<br />

e<strong>in</strong>e Folge von Gegebenheiten wie dem begrenzten Umfang des Stadtgebiets, zweifellos aber auch<br />

der bewussten Raumordnungspolitik der letzten Jahrzehnte.<br />

E<strong>in</strong> charakteristisches Merkmal der Radverkehrs<strong>in</strong>frastruktur <strong>in</strong> Veenendaal ist die ger<strong>in</strong>ge, konsequent<br />

e<strong>in</strong>gehaltene Maschenweite des Radwegenetzes. Das Radwegenetz von Delft, das mit erheblicher<br />

f<strong>in</strong>anzieller Unterstützung des Staates realisiert wurde, ist bis weit über die niederländischen<br />

In e<strong>in</strong>igen neuen Städten aus <strong>den</strong> 70er-, 80er- und 90er-Jahren, beispielsweise Lelystad, Almere<br />

und Houten, war e<strong>in</strong> vollständig getrenntes Verkehrssystem sogar Ausgangspunkt bei der Gestaltung<br />

der städtebaulichen Struktur. Die Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit s<strong>in</strong>d unübertroffen<br />

– diese Städte s<strong>in</strong>d die verkehrssichersten der Niederlande. In der Praxis traten allerd<strong>in</strong>gs auch<br />

e<strong>in</strong>ige Nachteile der strengen Trennung der Verkehrssysteme zutage: Probleme mit der Orientierung<br />

und e<strong>in</strong>e größere Anfälligkeit für gesellschaftliche Unsicherheit.<br />

Erst jüngeren Datums ist die Kategorisierung von Straßen nach <strong>den</strong> von der Initiative „Nachhaltige<br />

Sicherheit“ ausgearbeiteten Pr<strong>in</strong>zipien. Alle niederländischen Kommunen haben um die<br />

Jahrhundertwende ihr Straßennetz <strong>in</strong> Kategorien e<strong>in</strong>geteilt. Nach <strong>den</strong> Pr<strong>in</strong>zipien der „nachhaltigen<br />

Sicherheit“ soll e<strong>in</strong>e begrenzte Zahl von Straßen <strong>in</strong>nerhalb der geschlossenen Ortschaft <strong>den</strong><br />

Status der „Verkehrsader“ erhalten. Hier gilt e<strong>in</strong>e Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit von 50 km/h. Auf diesen<br />

Verkehrsadern müssen im Pr<strong>in</strong>zip immer baulich getrennte Radwege vorhan<strong>den</strong> se<strong>in</strong>. Die übrigen<br />

Straßen gelten als „Aufenthaltszonen“; hier beträgt die zulässige Höchstgeschw<strong>in</strong>digkeit 30 km/h.<br />

Getrennte Radwege s<strong>in</strong>d hier nicht erforderlich, aber die Kommunen können auf Hauptradwegen<br />

durch e<strong>in</strong>e Aufenthaltszone durchaus zusätzliche Maßnahmen zugunsten des Radverkehrs ergreifen.<br />

Leider blieben bei diesem System sehr viele Straßen außer Betracht – nämlich die, auf <strong>den</strong>en<br />

der Verkehr für e<strong>in</strong>e Aufenthaltszone zu stark war, auf <strong>den</strong>en aber <strong>den</strong>noch viele Straßenüberquerungen<br />

stattfan<strong>den</strong> und die ke<strong>in</strong>en Raum für baulich getrennte Radwege boten. Nach e<strong>in</strong>er Lösung<br />

für diese so genannten „grauen Straßen“ wird noch gesucht.<br />

62<br />

Grenzen h<strong>in</strong>weg bekannt. In diesem Modellprojekt der frühen 80er-Jahre wurde systematisch von<br />

festen Entfernungen Gebrauch gemacht: 500 m für Hauptradwege, 200 bis 300 m für das Stadtteilnetz<br />

und 100 m für das Nachbarschaftsnetz. Nur wenige Städte haben dieses System <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

letzten Jahrzehnten konsequent bis <strong>in</strong>s Detail angewendet. In Veenendaal war das zwar der Fall, allerd<strong>in</strong>gs<br />

mit e<strong>in</strong>er ganz eigenen Philosophie: Es wurde nicht oder kaum zwischen Netzwerkebenen<br />

unterschie<strong>den</strong> – das Hauptradwegenetz fällt also mit dem Stadtteilnetz zusammen –, und es wurde<br />

streng e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Maschenweite von 300 m e<strong>in</strong>gehalten. Smolders: „Auf diese Weise waren<br />

wir <strong>in</strong> der Lage, e<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>maschiges Netz zu realisieren, das so gut wie immer e<strong>in</strong>e ideale Verb<strong>in</strong>dung<br />

zwischen zwei Punkten ermöglicht. Es gibt also kaum Umwege, und vor allem: Wer mit dem Rad<br />

<strong>in</strong> die Innenstadt fahren will, hat meistens die Wahl aus zwei oder drei Verb<strong>in</strong>dungen mit jeweils<br />

eigener Charakteristik. So f<strong>in</strong>det jeder e<strong>in</strong>e Strecke nach se<strong>in</strong>em Geschmack. Dass das funktioniert,<br />

beweist die Praxis: Die als weniger sicher empfun<strong>den</strong>en Strecken durch abgelegene Parks wer<strong>den</strong><br />

abends seltener benutzt als die nahe gelegenen Alternativen. Unsere E<strong>in</strong>wohner f<strong>in</strong><strong>den</strong> also immer<br />

e<strong>in</strong> passendes Angebot.“<br />

Die Gestaltung der Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen ist m<strong>in</strong>destens ebenso wichtig: Komfort und Geschw<strong>in</strong>digkeit<br />

auf allen Strecken. Bei e<strong>in</strong>igen Verb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> Veenendaal führte das zu e<strong>in</strong>er ganz<br />

e<strong>in</strong>deutigen Entscheidung für <strong>den</strong> Radverkehr: mit Radwegen, meist <strong>in</strong> bei<strong>den</strong> Richtungen, entlang<br />

e<strong>in</strong>er Wohnstraße, auf der nur noch sehr begrenzter Autoverkehr möglich ist. H<strong>in</strong>ter diesem Konzept<br />

steckt der Gedanke, dass e<strong>in</strong>e qualitativ hochwertige, ununterbrochene Strecke für Radfahrer<br />

die Vorteile e<strong>in</strong>er räumlich und kostentechnisch günstigeren Radverkehrsstrecke, die teilweise<br />

über verkehrsberuhigte Straßen verläuft, übertrifft. Und diese Strecken s<strong>in</strong>d tatsächlich perfekt für<br />

Radfahrer! Im Ergebnis s<strong>in</strong>d die meisten Fahrradrouten <strong>in</strong> Veenendaal e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation gesonderter<br />

Radwege, vor allem <strong>in</strong> <strong>den</strong> neuesten Stadterweiterungsgebieten, mit Radwegen, die parallel zur<br />

Straße verlaufen, vor allem <strong>in</strong> <strong>den</strong> älteren, um <strong>den</strong> Stadtkern herum angeordneten Wohngebieten.<br />

In diesen 30-km/h-Zonen haben die Radfahrer auf der gesamten Strecke Vorfahrt.<br />

63<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


64<br />

Beispiel Q Innovative Fahrradbrücken<br />

E<strong>in</strong>e schnelle Fahrradverb<strong>in</strong>dung zwischen <strong>den</strong> Vororten und dem Stadtzentrum ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Nieder-<br />

lan<strong>den</strong> für viele Bewohner der neuen Wohnviertel sehr wichtig. Wenn Vororte und Stadtzentrum<br />

durch e<strong>in</strong>en breiten Kanal oder e<strong>in</strong>en Fluss getrennt wer<strong>den</strong>, ist e<strong>in</strong>e gute Fahrradbrücke erforderlich,<br />

da die häufig vorhan<strong>den</strong>e Autobrücke e<strong>in</strong>en langen Umweg erforderlich macht oder für<br />

Fahrräder überhaupt nicht zugänglich ist.<br />

Aufgrund ihrer wichtigen Funktion erhalten solche Fahrradbrücken schnell Kosenamen. Zwei<br />

Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d der „Snelb<strong>in</strong>der“ (was im Niederländischen sowohl „Gepäckspanngurt“ als<br />

auch „schnelle Verb<strong>in</strong>dung“ bedeutet) <strong>in</strong> Nijmegen und die Nesciobrug (Kosename „de Pal<strong>in</strong>gbrug“<br />

[„die Aal-Brücke“]) <strong>in</strong> Amsterdam.<br />

„Snelb<strong>in</strong>der“ heißt die Fahrradbrücke, die <strong>in</strong> Nijmegen an die bestehende Eisenbahnbrücke über<br />

die Waal angebaut wurde. Sie ermöglicht e<strong>in</strong>e schnelle Fahrradverb<strong>in</strong>dung zwischen <strong>den</strong> neuen<br />

Wohnvierteln, die von Nijmegen aus betrachtet, auf der anderen Seite des Flusses Waal im Viertel<br />

Waalsprong („Sprung über <strong>den</strong> Waal“) gelegen s<strong>in</strong>d, und der Stadt Nijmegen. Für die Bewohner<br />

der neuen Wohnviertel verkürzt sich damit der Weg zum Bahnhof um gut 10 M<strong>in</strong>uten, da der Umweg<br />

über die Waalbrug entfällt. Die Fahrradbrücke ermöglicht es auch, diese Entfernung anstelle<br />

mit dem Auto ohne wesentlich größeren Zeitaufwand mit dem Fahrrad zurückzulegen.<br />

Der „Snelb<strong>in</strong>der“ wurde nicht direkt an die Eisenbahnbrücke montiert, sondern zunächst auf e<strong>in</strong>er<br />

Plattform am Nordufer der Waal, dem Lenter Ufer, zusammengebaut.<br />

Im März 2004 wurde der „Snelb<strong>in</strong>der“ mithilfe von vier Schwimmkranen seitlich an die Eisenbahnbrücke<br />

angehängt und dort befestigt. E<strong>in</strong>e Woche später wurde die Brücke für <strong>den</strong> Fahrradverkehr<br />

geöffnet.<br />

Die Nesciobrug, die nach dem niederländischen Schriftsteller Nescio benannt wurde, ist e<strong>in</strong>e gebogene<br />

Hängeschrägseilbrücke und die längste Fahrrad- und Fußgängerbrücke der Niederlande. Die<br />

Gesamtlänge der Brücke beträgt 780 Meter.<br />

Der Amsterdam-Rijnkanaal, der Amsterdam mit dem wichtigsten Fluss der Niederlande verb<strong>in</strong>det,<br />

bildet e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>dernis zwischen dem neuen Amsterdamer Wohnviertel IJburg und dem Stadtzentrum<br />

Amsterdams. Zwar liegt die Brücke <strong>in</strong> der Nähe der Zeeburgerbrug an der Autobahn A10, aber<br />

diese Brücke ist Radfahrern nicht zugänglich. Die Nesciobrug, e<strong>in</strong>e Fahrrad- und Fußgängerbrücke,<br />

ermöglicht e<strong>in</strong>e schnellere Fahrradverb<strong>in</strong>dung zwischen IJburg und Diemen, dem Amsterdamer<br />

Viertel Watergraafsmeer und u.a. der „Zuidas“.<br />

Die Brücke wurde am 7. Juni 2006 für Radfahrer geöffnet.<br />

Im Volksmund wird die Brücke aufgrund ihrer Form „Pal<strong>in</strong>gbrug“ („Aal-Brücke“) genannt.<br />

Dem Entwurf der Brücke wurde wegen se<strong>in</strong>er „Eleganz“ der Nationale Staalprijs (niederländische<br />

Stahlbaupreis) verliehen.<br />

65<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


66<br />

unabhängig von Straßen zwischen Häusern und Grünflächen h<strong>in</strong>durch verlaufen.<br />

In vielen Ländern wird darüber diskutiert, welchen Nutzen Radwege haben, da sie an Kreuzungen<br />

auch Risiken mit sich br<strong>in</strong>gen können. In <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> spielt diese Frage so gut wie ke<strong>in</strong>e<br />

67<br />

Zwolle ist nicht nur die Stadt der Fahrradunterführungen, sondern auch der Fahrradspuren. Auch<br />

Rolle. Radwege wer<strong>den</strong> allgeme<strong>in</strong> als sichere Verkehrse<strong>in</strong>richtungen betrachtet. Die Risiken an<br />

dies ist die Folge der politischen Entscheidung, die Hauptradwege vom Autoverkehr zu trennen.<br />

Kreuzungen wer<strong>den</strong> vor allem durch <strong>den</strong> Mofa-/Moped-Verkehr verursacht. Nach erfolgreichen<br />

Während die Fahrradspur andernorts <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> oft als vorübergehende Lösung An-<br />

Versuchen <strong>in</strong> mehreren Kommunen beschloss man 1999, <strong>den</strong> Mofa-/Moped-Verkehr auf <strong>den</strong><br />

wendung f<strong>in</strong><strong>den</strong>, weil für baulich getrennte Radwege der Platz fehlt, ist dieses Konzept <strong>in</strong> Zwolle<br />

meisten Radwegen <strong>in</strong>nerhalb der geschlossenen Ortschaft zu verbieten. Mofa-/Mopedfahrer müs-<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> meisten Fällen e<strong>in</strong>e bewusste Entscheidung. Das zeigt sich an der Gestaltung der Fahrsen<br />

seither von der parallel verlaufen<strong>den</strong> Fahrbahn Gebrauch machen. Die Kommunen können von<br />

radspuren: hier f<strong>in</strong>det man nicht die üblichen schmalen, <strong>in</strong> verkehrssicherheitstechnischer H<strong>in</strong>sicht<br />

dieser Regel abweichen, <strong>in</strong>dem sie an Radwegen e<strong>in</strong> Schild aufstellen, das auch <strong>den</strong> Mofa-/Mo-<br />

be<strong>den</strong>klichen Streifen, die das Nebene<strong>in</strong>anderfahren unmöglich machen, sondern breite, komfortaped-Verkehr<br />

gestattet. Von dieser Möglichkeit wird vor allem bei <strong>den</strong> bereits genannten solitären<br />

ble Fahrspuren. Zwolle strebt nach der beachtlichen Breite von 2 m; die meisten Fahrradspuren s<strong>in</strong>d<br />

Radwegen <strong>in</strong> Neubauvierteln Gebrauch gemacht, da hier ke<strong>in</strong>e gleichwertige Alternative für <strong>den</strong><br />

bereits 1,75 m breit (außer auf bestimmten Strecken wie <strong>den</strong> Boulevards um die Innenstadt, wo die<br />

Mofa-/Moped-Verkehr vorhan<strong>den</strong> ist, <strong>den</strong>n schließlich gibt es entlang dieser Radwege ke<strong>in</strong>e Fahr-<br />

Breite 1,50 beträgt). Sie f<strong>in</strong><strong>den</strong> sich auch auf Straßen mit relativ ger<strong>in</strong>gem Autoverkehr.<br />

bahn. Um die Beh<strong>in</strong>derungen durch <strong>den</strong> Mofa-/Moped-Verkehr nach Möglichkeit zu begrenzen,<br />

Bei ihrer Entscheidung für die Fahrradspuren maß die Stadt Zwolle auch dem Komfort der Rad-<br />

wer<strong>den</strong> an strategischen Stellen Bo<strong>den</strong>schwellen für Mofas/Mopeds angelegt. E<strong>in</strong> spezielles Profil<br />

fahrer wesentliche Bedeutung bei. E<strong>in</strong> weiterer Faktor war die Tatsache, dass sich Fahrradspuren<br />

(konkav-konvex-konkav) verh<strong>in</strong>dert, dass mopedfahrende Jugendliche die Schwellen als Sprung-<br />

weitaus e<strong>in</strong>facher <strong>in</strong> die regulären Instandhaltungsmaßnahmen e<strong>in</strong>beziehen lassen als baulich<br />

getrennte Radwege, da sie <strong>in</strong>tegrierter Bestandteil der Straßendecke s<strong>in</strong>d.<br />

schanzen missbrauchen können.<br />

Beispiel R Zwolle: Stadt der Fahrradspuren<br />

E<strong>in</strong>richtungen auf Straßenabschnitten<br />

Obwohl die niederländischen Städte mehr als 7.000 km Radwege bieten, wird doch fast die<br />

Hälfte aller Fahrradkilometer auf Straßen mit gemischtem Profil für <strong>den</strong> Auto- und Radverkehr<br />

zurückgelegt. Dagegen ist nichts e<strong>in</strong>zuwen<strong>den</strong>, solange das Volumen und die Geschw<strong>in</strong>digkeit<br />

des Autoverkehrs begrenzt bleiben. (Mehr noch: Oft ziehen Radfahrer e<strong>in</strong>e ruhige Wohnstraße<br />

sogar e<strong>in</strong>em baulich getrennten Radweg entlang e<strong>in</strong>er stark befahrenen Straße vor.) Bei gemischtem<br />

Profil kommen als Radverkehrsmaßnahmen daher auch Geschw<strong>in</strong>digkeitsbegrenzer<br />

und Zirkulationsmaßnahmen zum E<strong>in</strong>satz. Leider s<strong>in</strong>d Geschw<strong>in</strong>digkeitsbegrenzer wie Aufpflasterungen,<br />

Plateaus und Querschnittsverengungen oft auch für die Radfahrer selbst h<strong>in</strong>derlich. Im<br />

niederländischen Straßenbild erschienen im Laufe der Zeit zahlreiche ausgeklügelte Lösungen, um<br />

solche Beh<strong>in</strong>derungen für Radfahrer zu vermei<strong>den</strong>, beispielsweise Querschnittsverengungen mit<br />

gesonderten Durchgängen für <strong>den</strong> Radverkehr. Oft ist aber die Lösung schlimmer als das Problem.<br />

Als robusteste Lösung hat sich die halbs<strong>in</strong>usförmige 30-km-Aufpflasterung erwiesen. Diese nur<br />

schwach erhöhte Bo<strong>den</strong>schwelle ist für Radfahrer nicht störend, wirkt aber sehr effektiv auf zu<br />

schnellen Autoverkehr, da die Schwelle mit der Federung des Wagens <strong>in</strong>terferiert. Zirkulationsmaßnahmen,<br />

die oft e<strong>in</strong>gesetzt wer<strong>den</strong>, s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>bahnstraßen (außer für <strong>den</strong> Radverkehr) und die Sperrung<br />

von Fahrbahnen durch absenkbare Poller. E<strong>in</strong> relativ neues Phänomen für gemischte Profile ist<br />

die Fahrradstraße. Bei der Gestaltung solcher Straßen wird vorrangig die wichtige Funktion für <strong>den</strong><br />

Radverkehr betont (siehe Textkasten Stadt Oss).<br />

Etwa 40 Prozent der <strong>in</strong> städtischen Gebieten zurückgelegten Fahrradkilometer verläuft über<br />

Radwege. Dabei handelt es sich hauptsächlich um baulich getrennte Radwege entlang stärker<br />

befahrener Verkehrsadern. In Neubauvierteln wer<strong>den</strong> häufig solitäre Radwege angelegt, die ganz<br />

Und schließlich gibt es auch noch das Fahrbahnprofil mit Fahrradspuren. Durch Markierungen und<br />

Fahrradsymbole wird e<strong>in</strong> Teil der Fahrbahn für <strong>den</strong> Radverkehr reserviert. Diese Fahrradspur sollte<br />

vorzugsweise rot e<strong>in</strong>gefärbt wer<strong>den</strong>. Die Fahrradspur hat gesetzlichen Status. Autofahrer dürfen<br />

darauf weder halten noch parken. Fahrradspuren wer<strong>den</strong> oft auf Verkehrsadern ausgewiesen, an<br />

<strong>den</strong>en der Raum für baulich getrennte Radwege fehlt.<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


1.1<br />

Fietsgebruik <strong>in</strong> Nederland<br />

Vervoerwijzen en afstan<strong>den</strong><br />

Alhoewel Nederlanders steeds grotere afstan<strong>den</strong> gaan afleggen, blijkt de fiets nog steeds populair<br />

te zijn. Voor ruim een kwart van alle verplaats<strong>in</strong>gen wordt de fiets gebruikt. Op afstan<strong>den</strong> tot 7,5<br />

km is de fiets zelfs het meest populaire vervoermiddel. In 2005 werd 35% van de verplaats<strong>in</strong>gen<br />

tot 7,5 km per fiets afgelegd.<br />

Tabel 1: Verplaats<strong>in</strong>gen naar hoofdvervoerwijze en afstandsklasse <strong>in</strong> 2005<br />

(Bron: Mobiliteitsonderzoek Nederland 2005, AVV)<br />

Beispiel S Schnellradweg zwischen Breda<br />

und Etten-Leur<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>es Wettbewerbs forderte die Prov<strong>in</strong>z Nordbrabant 1998 alle Kommunen auf, e<strong>in</strong>e<br />

Musterfahrradstrecke zur Verbesserung der überörtlichen Radverkehrsstrecken zu entwerfen. Das<br />

von der Stadt Breda vorgelegte Konzept wurde <strong>in</strong> die Praxis umgesetzt. Der Schnellradweg ist<br />

e<strong>in</strong>e 7 km lange Fahrradstrecke zwischen Breda und Etten-Leur. Beim Bau dieses Schnellradwegs<br />

E<strong>in</strong>richtungen an Kreuzungen<br />

Die Intensität des Autoverkehrs ist auch <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Regel ausschlaggebend für die<br />

Wahl des Kreuzungstyps – Ampelanlage, Verkehrskreisel oder Vorfahrtskreuzung? In manchen Fälle<br />

s<strong>in</strong>d auch die Sicherheit oder der Verkehrsfluss des Radverkehrs maßgebend.<br />

Verkehrsampeln haben <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> meistens gesonderte Lichter für <strong>den</strong> Radverkehr. Es<br />

wur<strong>den</strong> zahlreiche E<strong>in</strong>richtungen entwickelt, die die Sicherheit und <strong>den</strong> Verkehrsfluss des Radverkehrs<br />

verbessern sollen. E<strong>in</strong>ige Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d:<br />

• Kontaktschleifen, die <strong>den</strong> Radfahrer schon aus e<strong>in</strong>iger Entfernung bei der Lichtzeichenanlage<br />

anmel<strong>den</strong>.<br />

• Zwei Grünphasen je Zyklus für <strong>den</strong> Radverkehr.<br />

• Alle Radfahrerampeln an e<strong>in</strong>er Kreuzung gleichzeitig auf Grün schalten. Dies ist vor allem praktisch<br />

für l<strong>in</strong>ks abbiegende Radfahrer, die die Kreuzung diagonal überqueren können.<br />

• Der Wartezeit<strong>in</strong>dikator, der <strong>den</strong> Radfahrern anzeigt, wie lange es noch bis zur nächsten Grünphase<br />

dauert.<br />

Trotz aller Maßnahmen s<strong>in</strong>d Ampeln für Radfahrer noch immer e<strong>in</strong> großes Ärgernis. Verständlich,<br />

<strong>den</strong>n <strong>in</strong> städtischen Gebieten wer<strong>den</strong> 70 % der gesamten Aufenthaltszeit von Ampeln verursacht.<br />

Die niederländischen Radfahrer fahren daher auch sehr häufig durch Rot – zum großen Ärger der<br />

Autofahrer. Und wenn sich an Ampelanlagen Unfälle mit Fahrradbeteiligung ereignen, s<strong>in</strong>d wegen<br />

des hohen Tempos des Autoverkehrs oft schwere Verletzungen die Folge. Aus diesen Grün<strong>den</strong> suchen<br />

Verkehrsexperten immer häufiger nach Alternativen für Ampelanlagen. Die wichtigste davon ist der<br />

Verkehrskreisel.<br />

strebte man nach Kont<strong>in</strong>uität und Erkennbarkeit auf der gesamten Strecke. Abgesehen von e<strong>in</strong>em<br />

Ebenso wie <strong>in</strong> anderen westeuropäischen Ländern bef<strong>in</strong>det sich der Verkehrskreisel <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan-<br />

68<br />

Fall haben die Radfahrer an allen Kreuzungen Vorfahrt. Die asphaltierten Radwege s<strong>in</strong>d dank ihrer<br />

<strong>den</strong> unaufhaltsam auf dem Vormarsch – angesichts der positiven Auswirkungen auf <strong>den</strong> Verkehrsfluss<br />

69 65<br />

roten Farbe gut erkennbar. Bei <strong>den</strong> Begleitmaßnahmen wurde <strong>den</strong> Bäumen im Zusammenhang mit<br />

und die Sicherheit zu Recht. Zu Beg<strong>in</strong>n legte man vorzugsweise Verkehrskreisel mit baulich getren-<br />

möglichem Wurzeldruck große Aufmerksamkeit gewidmet. Außerdem wurde die optimale Position<br />

nten Radwegen an, auf <strong>den</strong>en die Radfahrer dem e<strong>in</strong>- und ausfahren<strong>den</strong> Autoverkehr Vorfahrt ge-<br />

der Straßenlaternen ermittelt. An der Strecke wur<strong>den</strong> drei Pausen- und Unterstellplätze realisiert,<br />

währen mussten. Man g<strong>in</strong>g davon aus, dass es im Interesse der eigenen Sicherheit der Radfahrer sei,<br />

an <strong>den</strong>en die Radfahrer auch Informationen über die Strecke vorf<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

wenn sie dem Autoverkehr Vorfahrt gewährten. Dagegen wehrte sich allerd<strong>in</strong>gs der Radfahrerbund,<br />

der befürchtete, dass dies nur der Anfang sei und dass die Radfahrer auch an anderen Kreuzungen ihr<br />

Vorfahrtsrecht verlieren wür<strong>den</strong>. Die ersten Versuche mit e<strong>in</strong>em Verkehrskreisel, der baulich getrennte<br />

Beispiel T Fahrradstraße <strong>in</strong> der Stadt Oss<br />

Radwege aufwies und <strong>den</strong> Radfahrern Vorfahrt gab, wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> Enschede durchgeführt. Letztlich resultierte<br />

e<strong>in</strong>e jahrelange Diskussion <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er breit getragenen Empfehlung des CROW: In Verkehrskreiseln<br />

<strong>in</strong>nerhalb der geschlossenen Ortschaft sollen auch Radfahrer Vorfahrt haben. Der Radweg sollte<br />

Die Fahrradstraße zwischen Heesch und Oss ist der längste Radweg der Niederlande und e<strong>in</strong><br />

vorzugsweise die Form e<strong>in</strong>es vollständig run<strong>den</strong> Kreises haben und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Entfernung von 5 m zur<br />

Beispiel für andere Städte. Die Fahrradstraße beruht auf dem Pr<strong>in</strong>zip, dass e<strong>in</strong>e Straße mit ge-<br />

Fahrbahn angelegt wer<strong>den</strong>. Außerhalb der geschlossenen Ortschaft haben Radfahrer <strong>in</strong> Verkehrskreimischtem<br />

Verkehr die Funktion e<strong>in</strong>er wichtigen Radverkehrsverb<strong>in</strong>dung erhält. Diese Verb<strong>in</strong>dung<br />

seln ke<strong>in</strong>e Vorfahrt. Der Radweg ist durch e<strong>in</strong>e abweichende Form vom Verkehrskreisel abgekoppelt.<br />

ist aufgrund ihrer Gestaltung und E<strong>in</strong>richtung gut als Radverkehrsweg erkennbar, bietet <strong>in</strong> begren-<br />

Die Radwegübergänge bef<strong>in</strong><strong>den</strong> sich <strong>in</strong> größerem Abstand vom Verkehrskreisel (m<strong>in</strong>destens 10 m).<br />

ztem Maße aber auch dem Autoverkehr Raum. Auf Fahrradstraßen ist das Auto dem Fahrrad un-<br />

Diese Empfehlungen wur<strong>den</strong> von <strong>den</strong> meisten Straßenverwaltern übernommen, allerd<strong>in</strong>gs hat sich e<strong>in</strong><br />

tergeordnet. Auf der Fahrradstraße <strong>in</strong> Oss s<strong>in</strong>d die Radfahrer gegenüber <strong>den</strong> Autofahrern klar im<br />

wesentlicher Teil der Kommunen und Prov<strong>in</strong>zen dafür entschie<strong>den</strong>, <strong>den</strong> Radfahrern auch <strong>in</strong>nerhalb<br />

Vorteil. Das zeigt sich schon im Profil. Bei der Fahrradstraße <strong>in</strong> Oss kamen zwei Profile zum E<strong>in</strong>satz:<br />

Fahrradstraßen mit Multifunktionsstreifen ohne Trennung von der Fahrbahn, und Fahrradstraßen<br />

mit Fahrbahntrennung durch anderes Straßendeckenmaterial. Der Autofahrer ist <strong>in</strong> diesem Profil zu<br />

Gast. Um das deutlich zu machen, wurde e<strong>in</strong> spezielles Logo entwickelt, <strong>in</strong> dem die Bedeutung des<br />

<strong>Radfahren</strong>s zum Ausdruck kommt. Es weist darauf h<strong>in</strong>, dass der Autofahrer dem Radfahrer auf dieser<br />

Strecke Vorrang geben muss. Radfahrer haben Priorität, aber Autofahrer können Radfahrer wie<br />

gewohnt überholen. Im September 2003 wurde der erste Teil der Fahrradstraße eröffnet, der aus<br />

südlicher Richtung bis <strong>in</strong>s Zentrum führt. Ergebnis des Projekts ist e<strong>in</strong>e Zunahme der Fahrradnutzung<br />

um 11 % auf der Fahrradstraße. Die Kosten des Projekts betrugen letztlich rund 2 Millionen<br />

Euro; 1,2 Millionen davon steuerte die Prov<strong>in</strong>z bei.<br />

der geschlossenen Ortschaft ke<strong>in</strong>e Vorfahrt zu gewähren.<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


Beispiel U Fahrradparkplätze <strong>in</strong> Utrecht<br />

Die Stadt Utrecht (270.000 E<strong>in</strong>wohner) arbeitet an e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>tegrierten Netz von Fahrradabstellanlagen.<br />

Ausgangspunkt dabei ist, dass bei <strong>den</strong> Wohnungen (Abfahrtsort) und am Zielort genügend<br />

Stellplätze vorhan<strong>den</strong> se<strong>in</strong> müssen. In Utrecht hat man bereits verschie<strong>den</strong>e Fahrradabstellanlagen<br />

e<strong>in</strong>gehend getestet. Es fehlte allerd<strong>in</strong>gs an e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen Verwaltungsstruktur, und so entwickelte<br />

sich e<strong>in</strong>e zu große Vielfalt an Formen und Gebühren. Infolge des Mangels an <strong>in</strong>tegrierter<br />

Lenkung kam der Bau neuer Anlagen sogar zum Stillstand. Darum übertrug die Stadt 1996<br />

die Regie e<strong>in</strong>er speziell für Fahrradabstellanlagen zuständigen Dienststelle, die selbst Initiativen<br />

ergreifen, Maßnahmen entwickeln und <strong>in</strong>nerhalb des Netzes der Kommunalbehör<strong>den</strong> aktiv wer<strong>den</strong><br />

kann. Der Vorteil dieses Konzepts besteht dar<strong>in</strong>, dass das Thema Fahrradabstellanlagen <strong>in</strong> der<br />

gesamten Organisation mehr Beachtung f<strong>in</strong>det. Seit 1997 gibt es <strong>in</strong> Utrecht e<strong>in</strong> F<strong>in</strong>anzierungssystem,<br />

bei dem Fahrradabstellanlagen teilweise aus <strong>den</strong> von <strong>den</strong> Autofahrern aufgebrachten<br />

Parkgebühren f<strong>in</strong>anziert wer<strong>den</strong>. Bis 2016 wird es hierbei um e<strong>in</strong>en Betrag von €750.000 pro Jahr<br />

gehen. Dieser Betrag wird aus anderen Budgets der Stadt aufgestockt. Insbesondere die Kosten<br />

der Verwaltung und Kontrolle wer<strong>den</strong> aus Parkgebühren f<strong>in</strong>anziert; für Investitionen stehen meist<br />

andere Mittelquellen zur Verfügung. Investiert wird vor allem <strong>in</strong> Abstellanlagen <strong>in</strong> Wohnvierteln, <strong>in</strong><br />

abschließbare Fahrradboxen für Abonnement<strong>in</strong>haber und <strong>in</strong> Fahrradklemmen. In Zonen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en<br />

gebührenpflichtiges Parken e<strong>in</strong>geführt wer<strong>den</strong> soll, wird der Bedarf an sowohl Auto- als auch<br />

Fahrradstellplätzen ermittelt. Wenn nötig, wer<strong>den</strong> bis zu 2 % der Autoabstellplätze <strong>in</strong> Fahrradparkplätze<br />

umgewandelt. So will man geme<strong>in</strong>sam mit <strong>den</strong> Bewohnern dem Fahrrad genügend Raum<br />

verschaffen. Von <strong>den</strong> Benutzern von Radverkehrse<strong>in</strong>richtungen äußern sich 62 % sehr zufrie<strong>den</strong><br />

Gute Fahrradabstellanlagen<br />

Radfahrer haben nicht nur Bedarf an guten und sicheren Radwegen, sondern brauchen auch<br />

Möglichkeiten, ihre Fahrräder auf e<strong>in</strong>fache, sichere und geordnete Weise abzustellen. Die Angst<br />

vor Diebstahl und Vandalismus wirkt sich <strong>in</strong> der Praxis nachweislich negativ auf die Fahrradnutzung<br />

aus. Längst nicht überall stehen gute Abstellmöglichkeiten für Fahrräder zur Verfügung. Dennoch<br />

wollen Radfahrer gern möglichst nahe bei ihrem Zielort – vorübergehend! – ihr Fahrrad parken<br />

können. Schließlich ist es gerade der Tür-zu-Tür-Verkehr, dem das Fahrrad auf Kurzstrecken se<strong>in</strong>e<br />

Konkurrenzfähigkeit verdankt. Angesichts der zahllosen ungeordnet – oft auch störend – abgestellten<br />

Fahrräder wird das Fahrrad manchmal be<strong>in</strong>ahe zum Opfer se<strong>in</strong>es eigenen Erfolgs.<br />

Die CROW-Veröffentlichung „Leitfa<strong>den</strong> für Fahrradabstellanlagen“ aus dem Jahre 2001 gibt<br />

Antwort auf die Frage, wie viele Stellplätze bei welchen E<strong>in</strong>richtungen erforderlich s<strong>in</strong>d und worauf<br />

besonders zu achten ist. Der Leitfa<strong>den</strong> gibt Planern und Entwerfern die Informationen an die Hand,<br />

die sie zur Entwicklung, Durchführung und Instandhaltung e<strong>in</strong>er guten Radverkehrspolitik benötigen.<br />

Er vermittelt zunächst politisch orientierte Informationen, beispielsweise zur Frage, wie sich<br />

das Problem der Fahrradabstellplätze thematisieren lässt und welche Schritte zu unternehmen s<strong>in</strong>d,<br />

um von der Analyse zu politischen Maßnahmen zu kommen. Der zweite Teil enthält praktische<br />

Informationen – vom Marktangebot über technische Aspekte bis h<strong>in</strong> zu <strong>den</strong> Kosten.<br />

Beim weitaus größten Teil aller mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege ist die Wohnung Abfahrts-<br />

über die Qualität der Abstellanlagen, die im Übrigen auch gut genutzt wer<strong>den</strong>.<br />

oder Zielort. Gerade dort müssen also gute Fahrradabstellanlagen vorhan<strong>den</strong> se<strong>in</strong> – vorzugsweise<br />

70<br />

so, dass der Bewohner zuerst se<strong>in</strong> Fahrrad passiert, bevor er zu se<strong>in</strong>em Auto gelangt. Bei Neubauprojekten<br />

ist es möglich, Fahrradabstellplätze mit e<strong>in</strong>zuplanen. In vielen älteren Wohnvierteln, vor<br />

allem <strong>in</strong> <strong>den</strong> Städten, gibt es dafür ke<strong>in</strong>en Raum, während das Fahrrad gerade dort e<strong>in</strong> überaus<br />

praktisches Verkehrsmittel darstellt. Das erfordert Maßnahmen wie Fahrradbügel <strong>in</strong> der Nähe<br />

71<br />

Beispiel V Gebührenfreie bewachte<br />

der Wohnungen, abschließbare Fahrradboxen mit festen Stellplätzen für Abonnement<strong>in</strong>haber<br />

und bewachte Abstellanlagen im Wohnviertel. Die Kommunen ergreifen <strong>in</strong> zunehmendem Maße<br />

Stellplätze <strong>in</strong> Apeldoorn<br />

Initiativen, um das Parken von Fahrrädern strenger zu regeln. Viele Städte und Geme<strong>in</strong><strong>den</strong>, die das<br />

ungeordnete Parken von Fahrrädern <strong>in</strong> Fußgängerzonen e<strong>in</strong>schränken wollen, realisieren große,<br />

hochwertige und bewachte Fahrradabstellanlagen am Rande der Innenstadt. Diese stellen sie<br />

Apeldoorn (155.000 E<strong>in</strong>wohner) machte im April 1998 drei bewachte Fahrradabstellanlagen im<br />

zunehmend gebührenfrei zur Verfügung, was sich als sehr effektive Maßnahme zur Konzentrierung<br />

Stadtzentrum, wo e<strong>in</strong> Stellplatz bislang umgerechnet 45 Eurocent gekostet hatte, gebührenfrei. E<strong>in</strong><br />

der abgestellten Fahrräder erwiesen hat. 1998 wurde e<strong>in</strong> Leitfa<strong>den</strong> herausgegeben („Fietspar-<br />

Jahr später hatte sich die Zahl der Benutzer um 70 % erhöht, und derselbe Anstieg war im folgenkeur“),<br />

mit dem <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> erstmals Qualitätsanforderungen an Fahrradabstellsysteme<br />

<strong>den</strong> Jahr erneut zu verzeichnen. Zählungen zeigen, dass die Anlagen während der Haupte<strong>in</strong>kaufs-<br />

formuliert wur<strong>den</strong>. Die Normen wur<strong>den</strong> geme<strong>in</strong>sam von Herstellern, Entwerfern, Vertretern der<br />

zeiten ausgelastet s<strong>in</strong>d. Die Zahl der ungeordnet abgestellten Fahrräder verr<strong>in</strong>gerte sich <strong>in</strong> diesen<br />

Benutzer (darunter der Radfahrerbund) und Auftraggebern (wie NS Reizigers) ausgearbeitet. Ob<br />

zwei Jahren um 20 %. „Inzwischen hat sich die Zahl der <strong>in</strong> diesen Anlagen abgestellten Fahrräder<br />

es um Fahrradklemmen, abschließbare Fahrradboxen für Abonnement<strong>in</strong>haber oder <strong>in</strong>novativere<br />

gegenüber 1998 verdreifacht. Sie steigt noch immer, aber logischerweise nicht mehr so stark wie<br />

Systeme geht – sie müssen bestimmten Anforderungen h<strong>in</strong>sichtlich des Benutzerkomforts, der<br />

am Anfang“, erklärt Verkehrsexperte Wim Mulder. Es gibt aber noch mehr positive Auswirkungen:<br />

Gefahr der Beschädigung des Fahrrads, der Beständigkeit gegen Vandalismus und beispielsweise<br />

Zwei Jahre nach der E<strong>in</strong>führung erklärten 18 % der Benutzer der bewachten Abstellanlagen, bislang<br />

meist mit dem Auto oder dem Bus <strong>in</strong> die Stadt gefahren zu se<strong>in</strong>. In Apeldoorn gibt es nun <strong>in</strong>sgesamt<br />

2800 gebührenfreie bewachte Stellplätze <strong>in</strong> fünf Abstellanlagen. E<strong>in</strong> Verbot des ungeordneten<br />

Parkens von Fahrrädern hält die Stadt für überflüssig. „In Stoßzeiten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Hauptstraße kaum<br />

Fußgänger mit Fahrrad unterwegs, also wer<strong>den</strong> auch wenig Fahrräder ungeordnet abgestellt. Zu<br />

ruhigeren Zeiten schon, aber dagegen wer<strong>den</strong> wir nicht e<strong>in</strong>schreiten. Niemand stört sich an <strong>den</strong><br />

Leuten, und ihre Räderstehen niemandem im Weg. Auch die Geschäftsleute klagen nicht.“ Apeldoorn<br />

f<strong>in</strong>anziert die gebührenfreien Abstellplätze aus <strong>den</strong> Parkgebühren der Autofahrer. Die Tiefgaragen<br />

und Parkautomaten br<strong>in</strong>gen jährlich 2 bis 2,5 Millionen Euro <strong>in</strong> die Stadtkasse. E<strong>in</strong> Viertel<br />

davon fließt <strong>in</strong> <strong>den</strong> öffentlichen Personennahverkehr und die gebührenfreien Fahrradabstellplätze.<br />

Das Budget für Fahrradabstellanlagen beträgt <strong>in</strong>zwischen 220.000 Euro pro Jahr. Neben diesem<br />

Betrag, der <strong>in</strong> die Verwaltung und Instandhaltung <strong>in</strong>vestiert wird, s<strong>in</strong>d auch noch 1 Million Euro für<br />

die Realisierung neuer Abstellanlagen reserviert.<br />

der Nachhaltigkeit genügen.<br />

4.3<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


Beispiel W W<strong>in</strong>terswijk: beste Strategie<br />

gegen Fahrraddiebstahl<br />

In W<strong>in</strong>terswijk (30.000 E<strong>in</strong>wohner) arbeitet die Polizei mit der Stadt, <strong>den</strong> Wohnungsbaugenossenschaften,<br />

der Justiz, dem Fahrradhandel, Schulen, dem Hotel- und Gaststättengewerbe, <strong>den</strong> Medien<br />

und deutschen Nachbargeme<strong>in</strong><strong>den</strong> zusammen, um dem Fahrraddiebstahl E<strong>in</strong>halt zu gebieten.<br />

E<strong>in</strong>ige Beispiele für die Aktivitäten: Die Polizei, die Stadt, der Fahrradhandel und die Schulen veranstalten<br />

regelmäßig Aktionen, bei <strong>den</strong>en Radfahrer ihre Postleitzahl <strong>in</strong> ihr Fahrrad gravieren lassen<br />

können (die Postleitzahlengebiete s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> relativ kle<strong>in</strong>), und sie erteilen Informationen<br />

über gute Fahrradschlösser, die Bedeutung der Anzeigenerstattung und die Strafbarkeit der<br />

Hehlerei. Die Polizei patrouilliert aktiv an Risikostandorten und nimmt Fahrraddiebe, darunter auch<br />

Vielfachtäter, fest, ebenso Personen, die auf e<strong>in</strong>em gestohlenen Fahrrad unterwegs s<strong>in</strong>d. Der Wohnungsbauvere<strong>in</strong><br />

legte Fahrradabstellanlagen an und verpflichtete sich, bei Neubauprojekten für<br />

sichere Fahrradstellplätze zu sorgen. Bei der größten Diskothek wur<strong>den</strong> die Fahrradständer bewusst<br />

so aufgestellt, dass die Türsteher sie im Auge behalten können. Die Polizei assistiert bei Fahrradkontrollen<br />

im deutschen Nachbarort Vre<strong>den</strong> und geht zuweilen auch trickreich zu Werke: Nicht<br />

benötigte, unbesetzte Streifenwagen wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Abendstun<strong>den</strong> an Standorten mit besonders<br />

hohem Fahrraddiebstahlrisiko geparkt. Dank dieser Strategie hat sich die Zahl der Fahrraddiebstähle<br />

stark verr<strong>in</strong>gert. Damit war das Projekt erfolgreich. Nicht umsonst wurde es vom Radfahrerbund<br />

zum Projekt mit der besten Strategie gegen Fahrraddiebstahl gekürt.<br />

72<br />

Im Jahr 2007 hat man sich für e<strong>in</strong>e ganzheitliche Strategie entschie<strong>den</strong>, die folgende Punkte<br />

umfasst:<br />

73<br />

Beispiel X<br />

Innovatives Konzept <strong>in</strong><br />

Amsterdam<br />

In Amsterdam geht man strukturiert gegen <strong>den</strong> Fahrraddiebstahl vor – mit dem „Integralen<br />

Arbeitsprogramm zur Verhütung von Fahrraddiebstählen 2002–2006“. Das ist auch nötig, <strong>den</strong>n<br />

im Polizeibezirk Amsterdam-Amstelland betrug das Diebstahlrisiko 2001 im Durchschnitt 16 %.<br />

Die Zielsetzungen wur<strong>den</strong> <strong>in</strong>zwischen sogar mehr als erfüllt: 2005 war das Risiko schon auf 10<br />

% gesunken. Das Arbeitsprogramm basiert auf zwei Pfeilern; es sieht e<strong>in</strong>erseits Maßnahmen an<br />

Standorten vor, an <strong>den</strong>en viele Fahrräder gestohlen und weiterverkauft wer<strong>den</strong>, und zielt andererseits<br />

darauf ab, die Registrierung von Fahrrädern zu fördern. Amsterdam versucht im Rahmen<br />

der breit angelegten Strategie auch darauf h<strong>in</strong>zuwirken, dass gestohlene Fahrräder häufiger ihrem<br />

rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben wer<strong>den</strong> können. Die Amsterdamer Fahrradabwicklungszentrale<br />

AFAC, zu der alle gefun<strong>den</strong>en und e<strong>in</strong>gesammelten Fahrräder gebracht wer<strong>den</strong>, setzt<br />

alles daran, <strong>den</strong> Eigentümer zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>. Die Diebstahlopfer können auch selbst nach ihrem Fahrrad<br />

suchen, <strong>den</strong>n auf der AFAC-Website können alle gefun<strong>den</strong>en Fahrräder abgerufen wer<strong>den</strong>.<br />

Und noch e<strong>in</strong>e technologische Maßnahme: 2005 wur<strong>den</strong> die Fahrräder von 4000 Amsterdamer<br />

Radfahrern versuchsweise kostenlos mit e<strong>in</strong>em Chip ausgestattet, der es erleichtern soll, <strong>den</strong><br />

rechtmäßigen Eigentümer e<strong>in</strong>es gestohlenen Fahrrads ausf<strong>in</strong>dig zu machen. Der Amsterdamer<br />

Fahrradhandel hat e<strong>in</strong>en Verhaltenscode zum Umgang mit Gebrauchtfahrrädern erstellt, der darauf<br />

abzielt, die Zahl der Fahrraddiebstähle <strong>in</strong> Amsterdam drastisch zu senken. Die teilnehmen<strong>den</strong> Fahrradhändler<br />

– erkennbar an e<strong>in</strong>em Sticker mit der Aufschrift „Hier ke<strong>in</strong>e gestohlenen Fahrräder“<br />

– haben sich verpflichtet, ke<strong>in</strong>e (möglicherweise) gestohlenen Fahrräder zu kaufen, zu verkaufen<br />

oder zu reparieren. Das macht <strong>den</strong> Fahrraddiebstahl und die Hehlerei weniger attraktiv. Der Verhaltenskodex<br />

wurde <strong>in</strong>zwischen von der Branchenorganisation BOVAG landesweit übernommen.<br />

4.4<br />

Maßnahmen gegen<br />

Fahrraddiebstahl<br />

Die <strong>in</strong>tensivere Bekämpfung des Fahrraddiebstahls ist sogar als Ziel im Leitprogramm Mobilität<br />

verankert: „Alle Behör<strong>den</strong> setzen sich für die Bekämpfung des Fahrraddiebstahls e<strong>in</strong>; das Ziel<br />

besteht dar<strong>in</strong>, die Zahl der Fahrraddiebstähle bis 2010 auf höchstens die Hälfte des Standes im Jahr<br />

1999 zu senken (Polizeistatistik (Politiemonitor) 1999: 6,4 Fahrraddiebstähle je 100 Fahrräder).“<br />

Angesichts der hemmen<strong>den</strong> Wirkung, die das Diebstahlrisiko <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> auf die Fahrradnutzung<br />

hat, ist das auch unbed<strong>in</strong>gt notwendig.<br />

Ebenso wie <strong>in</strong> anderen Politikbereichen gilt auch hier: e<strong>in</strong>e breit angelegte Strategie ist am<br />

wirksamsten. Was die Radverkehrspolitik betrifft, so beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong>e solche Strategie bei <strong>den</strong> guten<br />

Fahrradabstellanlagen, die <strong>in</strong> Abschnitt 4.3 angesprochen wur<strong>den</strong>. Darüber h<strong>in</strong>aus bedarf es der<br />

Zusammenarbeit von unter anderem Polizei, Fahrradhandel und Stadt – also e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegrierten<br />

Herangehensweise. Wobei „<strong>in</strong>tegriert“ hier bedeutet: die gesamte Kette des Fahrraddiebstahls<br />

betreffend. So müssen erstens die Fahrräder gut gegen Diebstahl gesichert se<strong>in</strong> (unter anderem<br />

durch gute Abstellanlagen, durch Aufklärung und beispielsweise durch Bewachung), zweitens muss<br />

der Handel mit gestohlenen Fahrrädern erschwert wer<strong>den</strong> (Registrierung der Fahrräder, Bestrafung<br />

von Hehlern und Käufern), und drittens schließlich ist darauf h<strong>in</strong>zuwirken, dass mehr gestohlene<br />

Fahrräder wiederbeschafft wer<strong>den</strong> können.<br />

• Das niederländische Kraftfahrtamt verfügt jetzt über e<strong>in</strong> landesweites Fahrraddiebstahlregister, <strong>in</strong><br />

dem alle Anzeigen wegen Fahrraddiebstahl registriert wer<strong>den</strong>.<br />

• Seit Januar 2008 ist dieses Register auch der Öffentlichkeit zugänglich. Das heißt, dass man nach<br />

E<strong>in</strong>gabe e<strong>in</strong>er Rahmen- oder Chipnummer sehen kann, ob das Fahrrad als gestohlen gilt (oder ob<br />

diesbezüglich Anzeige erstattet wurde). Dies leistet e<strong>in</strong>en Beitrag zur Bekämpfung von Hehlerei.<br />

• Die Polizei wird <strong>in</strong> Zukunft <strong>in</strong> zunehmendem Maße über Scanner verfügen, mit deren Hilfe der<br />

Antidiebstahlchip (der von niederländischen Herstellern schon seit e<strong>in</strong>igen Jahren <strong>in</strong> neue Fahrräder<br />

e<strong>in</strong>gebaut wird) ausgelesen wer<strong>den</strong> kann. Dank e<strong>in</strong>er Verb<strong>in</strong>dung mit dem Register kann<br />

man schnell nachsehen, ob e<strong>in</strong> Fahrrad als gestohlen gilt.<br />

• Das niederländische Innenm<strong>in</strong>isterium hat im Juni 2008 e<strong>in</strong>e große Öffentlichkeitskampagne gegen<br />

Fahrraddiebstahl gestartet, <strong>in</strong> der das Register und der Nutzen der Erstattung e<strong>in</strong>er Anzeige<br />

im Mittelpunkt stehen.<br />

• Es wird e<strong>in</strong> Wissenszentrum für Fahrraddiebstahl e<strong>in</strong>gerichtet.<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


Beispiel Y Verkehrssicherheitslabel<br />

der Prov<strong>in</strong>z Brabant<br />

Um die Zahl der Verkehrsopfer unter <strong>den</strong> K<strong>in</strong>dern zu senken, wurde das Verkehrssicherheitslabel<br />

für Schulen <strong>in</strong>s Leben gerufen, e<strong>in</strong> System, das <strong>in</strong> Nordbrabant entstan<strong>den</strong>, <strong>in</strong>zwischen aber auch<br />

von anderen Prov<strong>in</strong>zen übernommen wor<strong>den</strong> ist. Mit dem Label können Grundschulen ausgezeichnet<br />

wer<strong>den</strong>, die der Verkehrssicherheit jüngerer K<strong>in</strong>der ausreichend Aufmerksamkeit widmen. Die<br />

Verleihung des Labels erfolgt anhand von fünf Kriterien:<br />

• Schulorganisation<br />

• Verkehrserziehung <strong>in</strong> der Klasse<br />

• Praxisprojekte<br />

• Schulumgebung<br />

• Kommunikation mit <strong>den</strong> Eltern und deren Engagement<br />

Die Erhöhung der Verkehrssicherheit erfolgt also nicht nur auf dem Wege der Verkehrserziehung,<br />

sondern durch E<strong>in</strong>beziehung des gesamten Umfelds. Es müssen Bed<strong>in</strong>gungen geschaffen wer<strong>den</strong>,<br />

die es ermöglichen, das gesetzte Ziel zu erreichen. Im Mittelpunkt dabei steht die Überzeugung,<br />

dass schon die Schulk<strong>in</strong>der lernen müssen, sich im Verkehr sicherheitsgerecht zu verhalten, ganz<br />

nach dem Motto „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“.<br />

Das Verkehrssicherheitslabel ist e<strong>in</strong> Gütesiegel für Schulen, die der Verkehrssicherheit <strong>in</strong> ihrem<br />

Lehrkonzept e<strong>in</strong>en festen Platz e<strong>in</strong>räumen – auch für die Eltern e<strong>in</strong> beruhigender Gedanke. Die<br />

Teilnahme am Label-Projekt ist kostenlos. Die Prov<strong>in</strong>zen unterstützen beispielsweise die Anschaf-<br />

Verkehrserziehung, Aufklärung<br />

und Kontrollmaßnahmen<br />

Verkehrserziehung, Aufklärung und Kontrollmaßnahmen spielen <strong>in</strong> der niederländischen Radverkehrspolitik<br />

e<strong>in</strong>e ergänzende Rolle. Man geht davon aus, dass sich die Bürger von selbst für das<br />

Fahrrad entschei<strong>den</strong>, wenn sie damit schnell, sicher und komfortabel ans Ziel kommen können.<br />

Darum liegt der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Infrastrukture<strong>in</strong>richtungen. Auch der Verkehrssicherheit<br />

ist mit strukturellen Anpassungen der Infrastruktur am besten gedient.<br />

Verkehrserziehung und Aufklärung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Maßnahmen auf der Ebene der Schulen.<br />

Verkehrsunterricht ist e<strong>in</strong> fester Bestandteil des Lehrstoffs der Grundschulen. Dabei wer<strong>den</strong> auf<br />

je<strong>den</strong> Fall die Verkehrs- und Verhaltensregeln für Radfahrer behandelt; vorzugsweise wird auch<br />

e<strong>in</strong>e praktische Fahrradprüfung abgenommen.<br />

Die meisten K<strong>in</strong>der lernen das <strong>Radfahren</strong> schon <strong>in</strong> jungen Jahren von ihren Eltern oder Geschwistern.<br />

Bei der wachsen<strong>den</strong> Gruppe der E<strong>in</strong>wohner mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund ist dies aber weniger<br />

selbstverständlich. Das Fahrrad ist beispielsweise traditionell ke<strong>in</strong> Bestandteil der türkischen und<br />

marokkanischen Kultur. Oft haben die Eltern selbst nie Fahrradfahren gelernt, und die Haushalte<br />

besitzen auch ke<strong>in</strong>e geeigneten Fahrräder. Manche Grundschulen <strong>in</strong> <strong>den</strong> großen Städten wid-<br />

fung von gutem Verkehrserziehungsmaterial, <strong>den</strong> E<strong>in</strong>satz von Schülerlotsen oder die Durchführung<br />

men dem <strong>Radfahren</strong> darum auch besondere Aufmerksamkeit. Damit alle K<strong>in</strong>der mit dem Fahrrad<br />

74<br />

von Projekten mit Beihilfen.<br />

vertraut gemacht wer<strong>den</strong> können, stellt die Stadt Amsterdam beispielsweise <strong>den</strong> Schulen Fahrräder<br />

zur Verfügung. In verschie<strong>den</strong>en Städten wer<strong>den</strong> auch spezielle Fahrradkurse für Frauen ausländischer<br />

Herkunft organisiert. So haben sie Gelegenheit, <strong>in</strong> geschützter Umgebung das <strong>Radfahren</strong><br />

zu erlernen. Viele Teilnehmer<strong>in</strong>nen empf<strong>in</strong><strong>den</strong> dies als willkommene Erweiterung ihrer Entfaltungsmöglichkeiten.<br />

75<br />

4.5<br />

Das leichts<strong>in</strong>nige Verhalten vieler Radfahrer ist e<strong>in</strong> beliebtes Stammtischthema. Radfahrer ignorieren<br />

rote Ampeln, fahren ohne Licht oder auf der falschen Straßenseite und stellen damit für so<br />

manchen Autofahrer e<strong>in</strong> großes Ärgernis dar. Die Rückbes<strong>in</strong>nung auf Normen und Werte, die sich<br />

<strong>in</strong> der niederländischen Gesellschaft zu Beg<strong>in</strong>n des 21. Jahrhunderts vollzogen hat, rückte auch das<br />

Fehlverhalten der Radfahrer wieder mehr <strong>in</strong> <strong>den</strong> Blickpunkt. So wer<strong>den</strong> nun beispielsweise landesweite<br />

Fahrradbeleuchtungskampagnen mit Kontrollaktionen regionaler Polizeikorps komb<strong>in</strong>iert.<br />

Das Tragen e<strong>in</strong>es Fahrradhelms ist <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> bei alltäglichen Fahrten unüblich. Nur<br />

Radrennfahrer und Mounta<strong>in</strong>biker haben die Gewohnheit, bei ihrem Sport e<strong>in</strong>en Helm zu tragen.<br />

In begrenztem Umfang wer<strong>den</strong> auch vor allem jüngere K<strong>in</strong>der von ihren Eltern angehalten, e<strong>in</strong>en<br />

Helm aufzusetzen. In <strong>den</strong> meisten Fällen hängt dieser allerd<strong>in</strong>gs schon endgültig am Nagel, bevor<br />

das K<strong>in</strong>d 10 Jahre alt ist. E<strong>in</strong>e Helmpflicht würde sicher nicht auf breite Zustimmung stoßen. Es ist<br />

zu befürchten, dass die allgeme<strong>in</strong>e Fahrradnutzung sehr darunter lei<strong>den</strong> würde.<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Praxis


Anlage<br />

Weitere Informationen<br />

(<strong>in</strong> englischer Sprache) über<br />

<strong>Radfahren</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong><br />

CROW, Sign up for the bike: Design manual for a cycle-friendly <strong>in</strong>frastructure, 1996. Dieses Handbuch<br />

ist noch lieferbar, siehe www.crow.nl. E<strong>in</strong>e englische Übersetzung der vollständig überarbeiteten<br />

Fassung des Entwurfsleitfa<strong>den</strong>s ersche<strong>in</strong>t wahrsche<strong>in</strong>lich 2007.<br />

Die Organisation für Verkehrssicherheitsforschung SWOF unterhält auch e<strong>in</strong>e ausführliche englischsprachige<br />

Website, die umfassende Informationen über die Fahrradnutzung und die Radverkehrssicherheit<br />

bietet: www.swov.nl<br />

Die Forschungsabteilung des M<strong>in</strong>isteriums für Verkehr, Wasserwirtschaft und öffentliche Arbeiten<br />

(AVV) hat im englischsprachigen Teil der Website zahlreiche Berichte zu verkehrspolitischen Fragen<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> veröffentlicht. In der Rubrik „Passenger Transport“ s<strong>in</strong>d auch verschie<strong>den</strong>e<br />

Veröffentlichungen über die Radverkehrspolitik zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>: www.rws-avv.nl<br />

Der Radverkehrsrat hat kürzlich e<strong>in</strong>e englischsprachige Broschüre über die Radverkehrspolitik <strong>in</strong><br />

76<br />

e<strong>in</strong>igen fahrradfreundlichen Städten herausgegeben: Cont<strong>in</strong>ous and <strong>in</strong>tegral: The cycl<strong>in</strong>g policies<br />

of Gron<strong>in</strong>gen and other European cycl<strong>in</strong>g cities (<strong>Fietsberaad</strong>, Broschüre Nr. 7, April 2006). Diese<br />

Broschüre enthält e<strong>in</strong>e Reihe von Fallbeispielen zur Verkehrspolitik verschie<strong>den</strong>er Städte mit relativ<br />

hoher Fahrradnutzung, die sich über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum erstrecken. Jedes Beispiel skizziert e<strong>in</strong><br />

spezifisches Bild der Entwicklung der Fahrradnutzung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stadt sowie der Beziehung zwischen<br />

der Fahrradnutzung und der kommunalen Radverkehrspolitik. Als Beispiele dienen fünf niederländische<br />

Städte, die als besonders fahrradfreundlich gelten – Gron<strong>in</strong>gen, Amsterdam, Enschede,<br />

Zwolle und Veenendaal – sowie fünf weitere europäische Städte, die sich ebenfalls durch e<strong>in</strong>e<br />

bemerkenswerte Fahrradnutzung auszeichnen: Münster und Freiburg <strong>in</strong> Deutschland, Kopenhagen<br />

und O<strong>den</strong>se <strong>in</strong> Dänemark und Gent <strong>in</strong> Belgien.<br />

Die Broschüre steht auf www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org<br />

(unter „Rapporten“) zum Download bereit<br />

77<br />

Auf der Website des Radverkehrsrates, www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org,<br />

s<strong>in</strong>d ebenfalls e<strong>in</strong>ige Veröffentlichungen <strong>in</strong> deutscher Sprache zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>.<br />

Anlage:


<strong>Radfahren</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong><br />

Verlag<br />

M<strong>in</strong>isterium für Verkehr, Wasserwirtschaft und Öffentliche Arbeiten<br />

Direktorat-General für das Personenverkehr<br />

PO Box 20901<br />

2500 EX Den Haag<br />

Die Niederlande<br />

Telefon: +31 70 351 61 71<br />

www.m<strong>in</strong>venw.nl<br />

und<br />

<strong>Fietsberaad</strong> (Expertisezentrum für das Radverkehr)<br />

Jaarbeursple<strong>in</strong> 13<br />

3521 AM Utrecht<br />

Die Niederlande<br />

Telefon: +31 10 282 58 18<br />

www.fietsberaad.org oder www.radverkehrsknowhow.org<br />

Text<br />

Mobycon<br />

<strong>Fietsberaad</strong><br />

Ligtermoet & Partners<br />

Übersetzung<br />

Bothof, Nijmegen<br />

Schlussredaction<br />

Mario Fruianu (DGP)<br />

Gordon de Munck (AVV)<br />

Hans Voerknecht (<strong>Fietsberaad</strong>)<br />

Design und layout<br />

nu:rotterdam<br />

Fotografie<br />

POL! Fotografie<br />

Collectie Gemeentearchief Rotterdam<br />

Hollandse Hoogte<br />

Trafficl<strong>in</strong>q<br />

Druck<br />

Mosaic Media<br />

No parts of this publication may be reproduced <strong>in</strong> any form by pr<strong>in</strong>t,<br />

photopr<strong>in</strong>t, microfilm of any other means without prior written permission<br />

from the publisher<br />

(c) <strong>2009</strong> M<strong>in</strong>isterie van Verkeer en Waterstaat, <strong>Fietsberaad</strong>

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