BOLD THE MAGAZINE No.03
WEITBLICK DIE ZUKUNFT BEGINNT HIER UND JETZT | CONTEMPORARY ART RUHR | ROMY SCHNEIDER | BULB FICTION | NEW FASHION | KREATIVE DUFTKULTUR | DIE NEUEN: GLK & G-KLASSE | PAUL VAN DYK
WEITBLICK
DIE ZUKUNFT BEGINNT HIER UND JETZT | CONTEMPORARY ART RUHR | ROMY SCHNEIDER | BULB FICTION | NEW FASHION | KREATIVE DUFTKULTUR | DIE NEUEN: GLK & G-KLASSE | PAUL VAN DYK
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Zeitgeist | Lifestyle | Kunst | Kultur | Mode | Trend<br />
D 4.80 EUR | AT 5.50 EUR | CH 8.50 CHF <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> 03 | 2012 | 1<br />
www.bold-magazine.eu<br />
<strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Weitblick<br />
die ZUKUNFt beginnt hier und jetzt | CONTEMPORARY ART RUHR | Romy Schneider<br />
BULB FICTION | New Fashion | kreative DUftkultur | die Neuen: GLK & G-Klasse | Paul van Dyk
2 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
visit www.marc-cain.com
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10 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong>
inhalt<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 11<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Inhalt<br />
Einstieg<br />
WEITBLICK – Die ZUKUNFt beginnt hier und jetzt<br />
12<br />
Schwerpunkt<br />
Abury – Beyond Fashion – Hilfe zur Selbsthilfe<br />
17<br />
Nachgefragt – Weitblick<br />
23<br />
Mode<br />
Haute Couture – NANNA KUCKUCK<br />
28<br />
Kunst & Kultur<br />
REZENSION – Sehnsucht nach dem Meer<br />
38<br />
MEDIENKUNST – CONTEMPORARY ART RUHR<br />
42<br />
Sehenswert – Hommage für eine Legende – Romy Schneider<br />
50<br />
FilmBesprechung – BULB FICTION<br />
56<br />
Mode<br />
Rock You Baby I & II<br />
60<br />
Kunst & Kultur<br />
Hörenswert<br />
72<br />
Track-By-Track – Evolution – Paul van Dyk<br />
74<br />
Reise<br />
Abu Dhabi – Vater der Gazelle<br />
78<br />
Lifestyle & Trend<br />
Neue Generationen – GLK & G-Klasse<br />
94<br />
Begehrenswert – Beauty – Das Parfum<br />
100<br />
Impressum<br />
106
12 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Einstieg | Weitblick<br />
WEITBLICK<br />
Die ZUKUNFt beginnt<br />
Hier und jetzt<br />
Autor: H. G. Teiner<br />
Das menschliche Auge schaut im Normalzustand<br />
mit mehr oder weniger weitem<br />
Blick auf die Welt und das menschliche<br />
Gehirn verarbeitet dieses Bild zu einem<br />
Eindruck. Ob wir eher weitsichtig wahrnehmen<br />
oder kurzsichtig sind, macht da<br />
schon einen Unterschied. Mit dem weiten<br />
Blick sehen wir die Dinge in größerer<br />
Distanz schärfer und können mehr<br />
Eindrücke auf einmal wahrnehmen. Mit<br />
Weitsichtigkeit wird auch eine Form der<br />
sogenannten Fehlsichtigkeiten, die Übersichtigkeit<br />
oder Hyperopie, bezeichnet.<br />
Von Natur aus übersehen Weitsichtige<br />
oft Naheliegendes, können aber dafür<br />
weit entfernte Dinge besser erkennen.<br />
Vierzig Jahre nach dem Report „Die<br />
Grenzen des Wachstums“ stellte der<br />
Club of Rome – eine weltweit vernetzte<br />
Vereinigung von Persönlichkeiten aus<br />
Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und<br />
Politik, die sich für eine lebenswerte<br />
und nachhaltige Zukunft einsetzt und<br />
1968 vom Fiat-Manager Aurelio Peccei<br />
und dem OECD-Generaldirektor Alexander<br />
King in Rom ins Leben gerufen<br />
– in diesem Jahr ein Update zum<br />
Thema vor, in dem der Wissenschaftler<br />
und Politiker Ernst Ulrich von Weizsäcker<br />
Foto: Deutscher Bundestag, M. Guensche<br />
eine erste Bilanz zu seinem Weitblick von<br />
1972 zieht und feststellt: „Die Europäer<br />
haben insbesondere im Zusammenhang<br />
mit der Ölkrise ziemlich genau das Richtige<br />
gelernt. Dass man anfangen muss,<br />
sich für Solarenergie zu interessieren, und<br />
dass man energieeffizient leben muss“.<br />
Mit Blick nach vorn hat Weizsäcker indes<br />
ein weiteres Ziel ausmachen können:<br />
„Wir müssen den Klimaschutz profitabel<br />
machen!“<br />
Mit guter Sicht<br />
voraus<br />
Denken wir an den Straßenverkehr, ist<br />
ein guter und weiter Blick von Vorteil<br />
und trägt dazu bei, Unfälle zu verhindern.<br />
Weit in die Zukunft des Kraftfahrzeugbaus<br />
geschaut, können bereits<br />
„selbstfahrende“ Autos erkannt werden,<br />
die automobile Forschung und Entwicklung<br />
von heute ist schon auf dem richtigen<br />
Weg: Porsches neuer Assistent,<br />
etwa, heißt ACC InnoDrive und setzt<br />
auf elektronischen Weitblick. Das Auto<br />
erkennt vorausfahrende Fahrzeuge<br />
sowie gültige Tempolimits, Kurvenradien,<br />
Topographie und Streckenverlauf.<br />
Während der Mensch nur etwa 100 bis<br />
150 Meter in die Ferne schaut, „blickt“<br />
der Porsche-Assistent mehrere Kilometer<br />
voraus.<br />
Auch andere Hersteller beschäftigen<br />
sich mit dem Thema Weitblick. So entwickelte<br />
Nissan eine Einparkhilfe mit 360°<br />
Rundumsicht; Renault wagt mit dem<br />
zweisitzigen Elektromobil Twizy einen<br />
ersten zukunftsweisenden, serienmässigen<br />
Vorstoß in Richtung 100-prozentiger<br />
Elektromobilität; die BMW Group<br />
forscht und entwickelt unter dem Projektnamen<br />
BMW i an neuen visionären Fahrzeugkonzepten<br />
und Technologien für die<br />
Mobilität von morgen; und Mercedes-<br />
Benz gilt als Vorreiter der Hybrid-<br />
Technologie, die einen Benzin- oder<br />
Dieselmotor mit einem Elektromotor ...
Einstieg | Weitblick<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 13<br />
Elektronischer Weitblick mit<br />
dem ACC InnoDrive von Porsche<br />
Fotos: Porsche AG
14 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Einstieg | Weitblick<br />
verbindet, was den Kraftstoffverbrauch<br />
reduziert und die CO 2<br />
-Emission deutlich<br />
senkt. Auch in Sachen Brennstoffzelle<br />
belegt Mercedes-Benz den vordersten<br />
Platz: So setzen immer mehr Hollywood-<br />
Stars auf die umweltschonende Mobilität<br />
mit dem Stern. Die Schauspielerin Diane<br />
Kruger ist eine von mehr als 35 umweltbewussten<br />
Persönlichkeiten in Kalifornien,<br />
die als erste die lokal emissionsfreie<br />
B-Klasse F-CELL fahren. Das Elektroauto<br />
mit Brennstoffzelle erzeugt den Fahrstrom<br />
an Bord aus der chemischen Reaktion<br />
von Wasserstoff und Sauerstoff.<br />
Masdar City, die erste Öko-Stadt<br />
der Welt in Abu Dhabi<br />
Weg<br />
vom Öl<br />
Die Ölstaaten, allen voran die Vereinigten<br />
Arabischen Emirate, denken bereits heute<br />
weit voraus, um sich langfristig vom Öl zu<br />
lösen und energiewirtschaftliche Alternativen<br />
zu entwickeln. In Abu Dhabi<br />
entsteht beispielsweise im Wüstensand<br />
des Ölstaats am Persischen Golf<br />
nach und nach die Masdar City, die erste<br />
Öko-Stadt der Welt. Das arabische<br />
Wort Masdar bedeutet „Quelle“ bzw.<br />
„Ursprung“ und ist ein internationales<br />
Vorzeigeprojekt für praxisorientierte<br />
Energiesparmaßnahmen. Das als „CO 2<br />
-<br />
neutrale Wissenschaftsstadt“ angekündigte<br />
Vorhaben soll vollständig durch<br />
erneuerbare Energien versorgt werden.<br />
Der Strom kommt aus Solar- und Windkraftwerken,<br />
die Wasserversorgung ist<br />
mit solarbetriebenen Entsalzungsanlagen<br />
geplant. Zudem wird die ganze<br />
Stadt nach einer strengen Nachhaltigkeitsleitlinie<br />
ausgerichtet, so dass sie<br />
Foto: C. R. Darwin, „On the Origin of Species“
Einstieg | Weitblick<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 15<br />
CO 2<br />
-emissionslos und durch konsequentes<br />
Recycling nahezu abfallfrei sein<br />
wird. Frischluftkorridore und Parkanlagen<br />
sollen die Bauflächen durchziehen und<br />
die Temperatur im Vergleich zur Stadt<br />
Abu Dhabi drastisch senken. Die Alternative<br />
zum herkömmlichen verbrennungsmotorisch<br />
betriebenen Individualverkehr<br />
soll ein neues öffentliches Verkehrsmittel<br />
bieten: eine vollautomatische elektrische<br />
Kabinenbahn, mit Platz für sechs Personen<br />
in jeder der einzelnen Kabinen, die jederzeit<br />
auf individuelle Ziele programmiert<br />
werden können.<br />
BILDUNG mit<br />
WEITBLICK<br />
Die unabhängige und überparteiliche<br />
Studenteninitiative „Weitblick“, die sich für<br />
einen weltweit gerechteren Zugang zu<br />
Bildungseinrichtungen einsetzt, hat sich<br />
das Thema Weitblick buchstäblich auf<br />
die Fahne geschrieben. Nicht nur reden,<br />
sondern handeln und fördern!<br />
Die Idee der bundesweit agierenden<br />
Initiative ist bestechend einfach und<br />
überzeugend: Seit 2008 soll Studierenden<br />
aller Fachrichtungen die Möglichkeit<br />
gegeben werden, sich neben dem<br />
Studium gesellschaftlich zu engagieren<br />
und eigenes Wissen, Talente und Fähigkeiten<br />
für soziale Projekte einzusetzen.<br />
Durch die Vereins-arbeit soll das Bewusstsein<br />
für eine soziale Verantwortung<br />
geschärft werden. Die Projekte werden<br />
durch Spenden finanziert, die bei zahlreichen<br />
Aktionen eingesammelt werden.<br />
2011 war diese Initiative Preisträger<br />
des Projekts „NRW denkt nach(haltig)“,<br />
vergeben von der Ministerin für Bundesangelegenheiten,<br />
Europa und Medien<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen unter<br />
Leitung des Grimme-Instituts.<br />
Ein Blick<br />
in die Zukunft<br />
Der Co-Präsident des Club of Rome,<br />
Eberhard von Körber, fordert zum Beispiel,<br />
dass in die Wirtschaftskraft eines<br />
Landes viel stärker die Kosten für Klimaund<br />
Umweltschäden einfließen sollten.<br />
Körber resümiert: „Der Klimawandel ist<br />
viel teurer, als er in der heutigen Kostenrechnung<br />
einer Volkswirtschaft erfasst<br />
wird. Daher müssen sich letztlich auch<br />
die Preise und damit die Nachfrage an<br />
endlichen Ressourcen verändern.“<br />
Prof. Weizsäcker schlägt in seinem Buch<br />
„Faktor Fünf“ eine praktische Lösung<br />
vor: „… insbesondere die Energiepreise<br />
jedes Jahr um so viel teurer zu machen,<br />
wie die Effizienz im abgelaufenen Jahr<br />
zugenommen hat. So dass die Ausgaben<br />
für Energie im Durchschnitt konstant<br />
bleiben aber eine Selbstbeschleunigung<br />
der Energieeffizienz eintritt.“<br />
Wir werden also gut daran tun, unseren<br />
Weitblick weiter zu schulen, für uns und<br />
im Sinne der nachfolgenden Generationen<br />
– ohne dabei Naheliegendes<br />
aus dem Auge zu verlieren. Oder wie<br />
Albert Einstein zu sagen pflegte: „Mehr<br />
als die Vergangenheit interessiert mich<br />
die Zukunft, denn in ihr gedenke ich<br />
zu leben.“
16 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong>
Schwerpunkt | Weitblick | Abury<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 17<br />
Beyond Fashion<br />
Hilfe zur Selbsthilfe<br />
Abury<br />
Autor: J. M. Brain<br />
Die Verbindung von Stil, Ethik, Exklusivität<br />
und Nachhaltigkeit spielt in unserer<br />
Gesellschaft eine immer bedeutendere<br />
und tragendere Rolle.<br />
Kunden wollen nicht nur wissen was sie<br />
kaufen, sondern möglichst auch von wem<br />
– wo das begehrte Gut produziert wurde<br />
und ob es allen ethisch-nachhaltigen<br />
Ansprüchen gerecht wird. Dafür sind<br />
sie meist auch gern bereit, tiefer in die<br />
Tasche zu greifen. Gutes Gefühl inklusive!<br />
Genau an diesem Punkt setzt ABURY an.<br />
Andrea Kolb, Initiatorin und Geschäftsführerin<br />
führt dazu aus: „ABURY ermöglicht,<br />
dass Menschen wieder mit ihrem<br />
traditionellen Können und Wissen ihren<br />
Lebensunterhalt bestreiten können.<br />
Gleichzeitig verbinden wir die Welten<br />
und haben z. B. mit dem französischen<br />
Designer Yannick Hervy iPad Bags und<br />
Clutches, die traditionell bestickt werden,<br />
designt. Wir unterstützen neben der<br />
Hilfe zur Selbsthilfe, Bildungs- und Trink-<br />
wasserprojekte, um die Grundlage für<br />
unsere Bemühungen sicherzustellen.<br />
Unser erstes Produkt, die Berber Bags,<br />
kommen aus Marokko.“<br />
Kolb treibt das Projekt mit unglaublicher<br />
Energie und Hartnäckigkeit voran,<br />
Tag für Tag und Naht für Naht. Der<br />
gebürtigen Stuttgarterin ging es immer<br />
um die aktive Herausforderung: Anpacken<br />
und verändern, so ihr Motto. Sie<br />
studierte Wirtschaftswissenschaft und .<br />
Andrea Kolb (links) bei den<br />
Schülerinnen der Nähschule<br />
Foto: B. Kolb<br />
Lee Tonk: „Ballerina Obscura“,<br />
Los Angeles Art Association
18 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> Schwerpunkt | Weitblick | ABURY<br />
Fotos: M. Hennek<br />
Kulturgeschichte: Mustapha sammelt für ABURY die alten<br />
Geschichten der Berber, die langsam verloren gehen,<br />
jedem Berberbag liegt eine dieser alten Erzählungen bei.
Schwerpunkt | Weitblick | ABURY<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 19<br />
Der Ort Douar Anzal ist die erste Dorfgemeinschaft<br />
in der die ABURY Foundation eine Schule gebaut hat<br />
(ca. 1 1/2 Std. von Marrakesch entfernt, im Atlasgebirge).
20 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> Schwerpunkt | Weitblick | ABURY<br />
Die Vintage ABURY Berberbags sind alle zwischen 15 und 60 Jahre alte<br />
Einzelstücke – kleine Kunstwerke und Botschafter einer alten Kultur. Auch<br />
persönlich gestaltete Berberbags werden angeboten: www.abury.net
Schwerpunkt | Weitblick | ABURY<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 21<br />
Kulturmanagement, arbeitete in internationalen<br />
Konzernen und gründete später<br />
ihre eigene Event- und Mediaagentur.<br />
2007 ging sie mit ihrem Mann Bernd<br />
Kolb, nach Marrakesch und restaurierte<br />
ein historisches Stadthaus, das AnaYela,<br />
um es als „Place of Inspiration“ zum Treffpunkt<br />
internationaler Denker und Macher<br />
zu etablieren. Als Andrea Kolb eines Tages<br />
eine originale Berbertasche geschenkt<br />
bekam, war sie von der alten Handwerkskunst<br />
fasziniert, stellte aber fest, dass sie<br />
bereits am aussterben war. Das war die<br />
Geburtsstunde von ABURY.<br />
Die aus Schafs- und Ziegenleder gefertigten<br />
Taschen werden mit traditionellen<br />
Mustern bestickt und weltweit<br />
vermarktet. Prominente Unterstützer der<br />
Initiative sind u. a. Jana Pallaske, Bettina<br />
Zimmermann, Benno Fürmann und Jan-<br />
Josef Liefers – selbst Donna Karan hat<br />
eine ABURY-Tasche und unterstützt das<br />
Projekt. Die individuellen Taschen und<br />
Accessoires werden online und bei exklusiven<br />
Partnern wie Cabinet im Quartier<br />
206 in Berlin, Ladoug in München oder<br />
Abseits in Stuttgart vertrieben. In Abstimmung<br />
mit den Dorfbewohnern wird der<br />
erwirtschaftete Gewinn verwendet, um<br />
Brunnen zu graben, die bis zu 60 Meter<br />
tief in die Erde getrieben werden, sowie<br />
Schulen auszustatten und zu gründen.<br />
Link zum Thema:<br />
www.abury.net
22 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
LUCKENWALDER STRASSE 4 –6 I 10963 BERLIN<br />
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SATURDAY 11 A.M. – 6 P.M.
Schwerpunkt | Weitblick | Nachgefragt<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 23<br />
Nachgefragt<br />
Weitblick<br />
Autoren: S. kwapik & R. Brokate<br />
Die Eigenschaft, Entwicklungen vorausschauend<br />
richtig zu beurteilen – so die<br />
allgemeingültige Definition für „Weitblick“.<br />
Darüberhinaus beschreibt der<br />
Begriff auch eine positive, erstrebenswerte<br />
Fähigkeit von Menschen, die im<br />
Hier und Jetzt leben, sich engagieren,<br />
Probleme lösen, Innovationen vorantreiben<br />
und Missstände beseitigen – und<br />
dabei doch nie die nahe wie die ferne<br />
Zukunft aus dem Auge verlieren.<br />
<strong>BOLD</strong> sprach mit Fatima Zahra Mansouri<br />
und Andreas Pletziger: zwei Menschen<br />
mit Weitblick ...<br />
SENSIBILITÄT<br />
UND STRENGE<br />
Fatima Zahra Mansouri, 36 Jahre, ist für<br />
die Frauen in Marokko Vorbild und Hoffnungsträgerin.<br />
Seit drei Jahren ist die<br />
Mutter zweier Kinder die Bürgermeisterin<br />
von Marrakesch. Keine Alltäglichkeit für<br />
das nordafrikanische Land. In dieser Zeit<br />
hat sich die resolute Frau, in der Politik,<br />
einen Ruf wie Donnerhall erarbeitet<br />
und ist positives Aushängeschild der<br />
alten Königsstadt. Ihre Herzensanliegen:<br />
Die Diversifizierung der Wirtschaft, die<br />
Linderung von Armut und die konsequente<br />
Bekämpfung der Korruption.<br />
Frau Mansouri, wie kamen Sie zur<br />
Politik?<br />
Ich bin in einer politischen Umgebung<br />
aufgewachsen, in der auch soziale Themen<br />
eine Rolle spielten. Mein Vater war als<br />
Rechtsanwalt tätig und hat sich in Sachen<br />
Menschrechtsfragen sehr engagiert. Nach<br />
meinem Studium der Rechtswissenschaften<br />
in Marrakesch, Montpellier und New York<br />
war ich in der demokratischen Bewegung<br />
in Marokko verwurzelt. Dabei habe ich<br />
realisiert: Die Politik ist für mich der einzige<br />
Weg, etwas zu bewegen.<br />
Welche Vor- und Nachteile empfinden<br />
Sie als Frau im Amt der Bürgermeisterin?<br />
Es gibt schon mehr Nachteile als Vorteile.<br />
(lacht) Aber generell: Die marokkanischen<br />
Frauen waren schon immer sehr engagiert,<br />
ob in Kooperativen oder in der Politik.<br />
Im Gegensatz zu dem, was viele denken,<br />
haben Frauen in Marokko schon immer<br />
einen hohen Stellenwert gehabt – im sozialen<br />
Bereich, aber auch in der Wirtschaft.<br />
Was neu ist: Ich bin die erste Frau an der<br />
Spitze einer der großen Städte in Marokko.<br />
Der Zuspruch, den ich aus der Bevölkerung<br />
bekomme, ist sehr groß, bisweilen schmeichelt<br />
mir das schon. Natürlich gibt es auch<br />
Kräfte, die dieses Experiment mit einer Frau<br />
an der Spitze einer Großstadt zum Scheitern<br />
bringen wollen, doch die gibt es ja<br />
überall in der Politik und auch in allen<br />
anderen Karrieren. Dennoch: In unserem<br />
Parlament sitzen zehn Männer und ebenso<br />
viele Frauen. Ich will unbedingt, dass dieses,<br />
mein Experiment gelingt. Es ist eine historische<br />
Chance, die andere Frauen ermutigen<br />
kann, ebenfalls in die Politik zu gehen. Vor<br />
kurzem habe ich eine Delegation deutscher<br />
Parlamentarier empfangen, unter ihnen<br />
viele Frauen. Für mich ist beispielhaft, wie<br />
sich Deutschland um die Gleichstellung der<br />
Frau bemüht.<br />
Inwieweit spielt dabei Religion eine<br />
Rolle?<br />
Unsere Tradition ist verknüpft mit dem<br />
Koran. Doch das bedeutet nicht, dass<br />
Frauen nichts zu sagen haben. Die Frau des<br />
Propheten etwa war eine Unternehmerin.<br />
Der Koran sagt, die Frau darf durchaus<br />
arbeiten, und die Erlöse ihrer Arbeit sind ..
24 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> Schwerpunkt | Weitblick | Nachgefragt<br />
Foto: S. Kwapik<br />
Fatima Zahra Mansouri,<br />
Bürgermeisterin von Marrakesch
Schwerpunkt | Weitblick | Nachgefragt<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 25<br />
für sie bestimmt. Erst der „Code Napoleon“<br />
während des Protektorats der Franzosen in<br />
Marokko unterstellte die Frau dem Mann.<br />
Unser König Mohammed 6. revolutionierte<br />
das Bild der Frau, die wieder für ihre<br />
Rechte kämpfen durfte. Das hat viele inspiriert.<br />
Nun hoffe ich, dass heute auch meine<br />
Arbeit andere Frauen in ihrem Engagement<br />
bestärkt. So wie ich sensibilisiert wurde,<br />
würde ich gerne andere inspirieren.<br />
Was fehlt Ihrer Stadt – Marrakesch –<br />
heute am meisten?<br />
Diversifikation. Wir sind zwar sehr gut im<br />
Bereich Tourismus aufgestellt, aber unsere<br />
Wirtschaft muss vielfältiger werden. Wir<br />
sind sehr stark von der Tourismusindustrie<br />
abhängig mit allen manchmal auch<br />
schwierigen Folgen.<br />
Gerade wenn es in einem anderen Land in<br />
Nordafrika oder auch im Mittleren Osten<br />
zu negativen Ereignissen kommt, spüren<br />
wir das, obwohl wir tausende von Kilometern<br />
entfernt sind. Ein weiterer Aspekt<br />
ist der soziale Sektor: Marrakesch ist ein<br />
Anziehungspunkt im Süden des Landes,<br />
Menschen ziehen vom Land hierher, um<br />
Arbeit zu finden. Das führt zur Bildung von<br />
Slums, da es an Infrastruktur und Planung<br />
fehlt. Eine meiner Prioritäten ist die Sanierung<br />
von 34 Slums und deren Einbindung in<br />
die städtische Infrastruktur.<br />
Zudem müssen wir die Verkehrspolitik<br />
stärker berücksichtigen und den Verkehr<br />
aus der mittelalterlichen Stadt schaffen.<br />
Seit ich im Amt bin, habe ich für eine Erhöhung<br />
meines Budgets gekämpft - mit Erfolg.<br />
Besonders der soziale und der Wirtschaftsbereich<br />
mit der Bekämpfung der Korruption<br />
stehen bei mir im Fokus. Beides sind Hemmnisse<br />
für die weitere Entwicklung der Stadt.<br />
Haben Sie einen bestimmten Führungsstil,<br />
um diese Ziele zu erreichen?<br />
Ich bin sensibel, wie die meisten Frauen.<br />
Diese Sensibilität muss man besitzen, um<br />
gut zuhören zu können. Das braucht man<br />
für den Job, um Probleme zu erkennen und<br />
zu analysieren. Aber ich muss auch eine<br />
gewisse Strenge zeigen, damit die Dinge<br />
vorankommen.<br />
Welche Rolle spielt dabei die Tradition?<br />
Wir gehen mit der Zeit, sind aber gleichzeitig<br />
stolz auf unsere Vergangenheit. Marokko<br />
und Marrakesch haben alte Wurzeln. Man<br />
muss vorsichtig mit Traditionen umgehen,<br />
das heißt aber nicht, dass man konservativ<br />
sein müsste. Man kann sein auf seine<br />
Vergangenheit und gleichzeitig offen für<br />
die Moderne. Wie etwa beim Familienrecht,<br />
das vom König neu ausgestaltet wurde und<br />
die Grundlagen für die Gleichberechtigung<br />
geschaffen hat. Nun ist es an uns, dafür zu<br />
kämpfen und es umzusetzen.<br />
Wo wird Marrakesch in zehn Jahren<br />
sein?<br />
Marrakesch ist eine Perle Marokkos, des<br />
Mittelmeeres und Afrikas. Seit jeher hat die<br />
Stadt Künstler und Freigeister angezogen,<br />
da sie eine Quelle der Inspiration ist. Das<br />
liegt auch an der toleranten Gesellschaft.<br />
Wir sind ein arabisches Land, das stabil ist<br />
und gastfreundlich ist. Was Marrakesch<br />
ausmacht, ist die Bevölkerung. Gerade den<br />
jungen Menschen möchte ich eine Perspektive<br />
geben, damit sie Arbeit finden, etwa<br />
im Gewerbehandel oder im Dienstleistungssektor<br />
und nicht nur im Tourismus.<br />
Marrakesch soll keine Stadt der Desillusionierten<br />
werden. Der kulturelle Reichtum<br />
der Stadt soll Hand in Hand gehen mit dem<br />
Fortschritt. Marrakesch ist eine Weltstadt<br />
geworden und so soll es auch für die Einheimischen<br />
sein.<br />
ENGAGEMENT<br />
MIT NACHHALTIGKEIT<br />
Andreas Pletziger begann sich bereits<br />
als Teenager ehrenamtlich zu betätigen,<br />
war Jugendleiter bei diversen nationalen<br />
und internationalen Ferienfreizeiten und<br />
Mitarbeiter des Entwicklungshilfevereins<br />
Esperanza. Noch in den letzten Zügen<br />
seines eigenen Studiums der Volkswirtschaft,<br />
gründete Pletziger mit „Weitblick“<br />
eine Initiative für soziales Engagement,<br />
in der nicht Ansehen und der eigene<br />
Lebenslauf im Vordergrund stehen,<br />
sondern nachhaltige Arbeit für eine<br />
bessere Welt.<br />
Wie kamen Sie auf die Idee, eine Studenteninitiative<br />
zu gründen?<br />
Nach einer Afrikareise habe ich eine Studierenden-Initiative<br />
gesucht, die sich mit den<br />
Themen Entwicklungspolitik und Unternehmensethik<br />
beschäftigt. Da es keine gab,<br />
kam schnell der Gedanke: Dann gründen<br />
wir halt eine. Die existierenden Initiativen<br />
hatten meist das primäre Ziel, den Lebens ...
26 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Schwerpunkt | Weitblick | Nachgefragt<br />
lauf der Beteiligten aufzubessern. Genau so<br />
etwas wollte ich nicht. Wir sind kein Karrierenetzwerk,<br />
sondern eine Plattform guter<br />
Ideen, die Studierenden aus allen Fachrichtungen<br />
die Möglichkeit bietet, sich sozial zu<br />
engagieren und eigene Ideen einzubringen.<br />
Dass sich „Weitblick“ konkret mit dem Thema<br />
Bildung auseinandersetzt, hing mit dem<br />
Gedanken zusammen, dass wir als Studierende<br />
in Deutschland das Privileg einer<br />
freien Bildung haben, was vielen Kindern<br />
und Jugendlichen in anderen Ländern der<br />
Welt verwehrt bleibt. Aus diesem Grund<br />
haben wir beschlossen, einen kleinen Teil<br />
zu einem weltweit gerechteren Zugang zu<br />
Bildung beizutragen.<br />
Wie kam es zum Namen „Weitblick“?<br />
Wir möchten den Leuten nicht sagen, was<br />
richtig oder falsch ist, was gut oder schlecht<br />
– das ist nicht unser Thema. Wir fordern<br />
nur, dass man sich ein eigenes Bild von<br />
Dingen, Menschen und Situationen macht.<br />
Erst dann kann und sollte man sich ein<br />
Urteil bilden – wenn man über fundierte<br />
Kenntnisse verfügt. Deswegen stellen wir<br />
die eigenen sozialen Erfahrungen der<br />
Studierenden in den Mittelpunkt. Sie sollen<br />
sich ein eigenes Bild von der Kultur, den<br />
Menschen und den Projekten machen.<br />
Wir legen dabei Wert auf Austausch auf<br />
Augenhöhe – auch beninische Studenten<br />
kommen nach Münster, um uns und unsere<br />
Kultur kennen zu lernen. Des Weiteren war<br />
mir in meinem BWL-Studium aufgefallen,<br />
dass vielen meiner Kommilitonen „Weitblick“<br />
fehlte und sich viele nur auf ihre<br />
eigene Karriere konzentrierten. Deshalb<br />
wählten wir schließlich diesen Namen, der<br />
dafür steht, dass man auch mal über den<br />
eigenen Tellerrand hinausschauen muss,<br />
sich neben den Studium für andere Sachen<br />
engagieren sollte.<br />
Welchen Hintergrund, welche Perspektiven<br />
haben die Studierenden, die sich<br />
bei „Weitblick“ engagieren?<br />
Die „Weitblicker“ sind Studierende aus allen<br />
Fachrichtungen, sowohl von Unis als auch<br />
von FHs in insgesamt 15 Universitätsstädten<br />
Deutschlands. Einige von ihnen können<br />
sich vorstellen, später in der Entwicklungsarbeit<br />
tätig zu werden, andere wollen das<br />
Thema Unternehmensethik mit in die<br />
Konzerne nehmen, wiederum andere wollen<br />
sich einfach sozial neben dem Studium<br />
engagieren. Sie alle haben das gemeinsame<br />
Ziel, sich für gerechtere Bildungschancen<br />
einzusetzen, was sie mit viel Ehrgeiz und<br />
Elan tun. Ich sage immer, dass zu „Weitblick“<br />
keine Idioten kommen. Man trifft also<br />
immer nette, hilfsbereite und engagierte<br />
Leute bei unseren Sitzungen.<br />
Was, glauben Sie, bewirkt „Weitblick“<br />
bei den mitwirkenden Studierenden?<br />
„Weitblick“ ist ganz klar ein Ort, an dem<br />
man Freunde treffen kann. Wir verbringen<br />
nicht nur während der Sitzungen Zeit miteinander,<br />
sondern sehen uns auch oft privat.<br />
Das ist einer der Gründe, weshalb die Leute<br />
gern immer wieder kommen: Man wird<br />
ohne Vorbehalt aufgenommen, bei uns<br />
muss man kein Motivationschreiben einreichen.<br />
Ich könnte mir schon vorstellen, dass<br />
viele der „Weitblicker“ durch ihre Tätigkeit<br />
in der Studierenden-Initiative toleranter<br />
geworden sind. Auf jeden Fall setzen sich<br />
viele von ihnen mit Themen wie Nachhaltigkeit,<br />
Integration oder Entwicklungspolitik<br />
auseinander. Ich glaube, dass viele<br />
der Studierenden, die bei „Weitblick“<br />
mitwirken, ihre Umwelt reflektierter wahrnehmen.<br />
Dies alles funktioniert so gut,<br />
da bei uns zwei Sachen im Vordergrund<br />
stehen: Der Spaß an der guten Sache und<br />
die Überzeugung, eine Plattform für gute<br />
Ideen zu sein.<br />
Was soll „Weitblick“ Ihrem Wunsch nach<br />
in den nächsten Jahren bewirken?<br />
„Weitblick“ gibt es seit vier Jahren. In dieser<br />
Zeit sind wir unheimlich schnell gewachsen.<br />
Mittlerweile haben wir über 1.600 Mitgliedern.<br />
Für die Zukunft wünsche ich mir in<br />
diesem Zusammenhang Beständigkeit<br />
und gerne auch weiteres Wachstum, damit<br />
wir auch weiterhin im Rahmen unserer<br />
Möglichkeiten viel bewegen können. Mein<br />
Traum bei der Gründung von „Weitblick“<br />
war es, dass eines Tages Studierende eine<br />
Uni für Studierende bauen. Dieses Projekt<br />
(Uni baut Uni) wollen wir in den nächsten<br />
Jahren gemeinsam angehen und starten<br />
gerade mit der Planung dieses großen<br />
Projekts. Aus einer Vision soll Wirklichkeit<br />
werden!<br />
Links zum Thema:<br />
www.marokko.com<br />
www.weitblicker.org
Schwerpunkt | Weitblick | Nachgefragt<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 27<br />
Foto: Weitblick Bundesverband<br />
Andreas Pletziger, Weitblick-Initiator mit Isidore Bio<br />
dem Botschafter der Republik Benin in Deutschland,<br />
anlässlich der Aktion „Puzzle für Schule“
28 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Mode | Haute Couture | NANNA KUCKUCK
Mode | Haute Couture | NANNA KUCKUCK<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 29<br />
Haute<br />
Couture<br />
NANNA KUCKUCK<br />
Fotograf: S. Kapfer<br />
Make Up: A. Niessen (Team Weidemann) | Models: Sara und Zoe<br />
Die Produktion wurde in Gambia für <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> realisiert.
30 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong>
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38 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> Kunst & Kultur | Rezension | Sehnsucht nach dem Meer<br />
Sehnsucht<br />
nach dem Meer<br />
REZENSION<br />
Autor: F. Reip<br />
Es ist endlich Sommer, und wer nur<br />
irgendwie kann, der macht sich dieser<br />
Tage auf und davon in die weite Welt.<br />
Reisen, um glücklich zu sein, sozusagen.<br />
Diese Worte sind auch auf dem<br />
Cover des jüngst im Brandstätter Verlag<br />
erschienenen Bildbands „Sehnsucht nach<br />
dem Meer“ zu finden, der eine Vielzahl<br />
von hinreißenden Plakatdesigns von der<br />
vorletzten Jahrhundertwende bis in die<br />
1960er Jahre kompiliert – einer Zeit also,<br />
als man Urlaub noch an Litfasssäulen<br />
bewarb und diesen mangels Billigflieger-<br />
Flotten auch noch ein Hauch Exklusivität<br />
umwehte.<br />
Das Buch ist eine etwas zwiespältige<br />
Angelegenheit, blicken wir daher also<br />
zunächst einmal auf seine Macken. Die<br />
stecken in erster Linie in der Struktur:<br />
Nicht chronologisch – was nahe gelegen<br />
hätte, nicht stilistisch – was besonders<br />
erhellend hätte sein können, sind<br />
die Abbildungen in „Sehnsucht nach<br />
dem Meer“ angeordnet, sondern nach<br />
Motiven, will meinen: Reisezielen. So<br />
reist man in Gedanken u. a. an die Côte<br />
d’Azur, ans Adriatische Meer und auf die<br />
britischen Inseln – eine Anordnung, die<br />
sich im Wesen der Sache an Touristen<br />
wendet. Die sind nur eben nicht das<br />
klassische Zielpublikum für einen Bildband,<br />
der immerhin ein gutes Kilo auf<br />
die Waage bringt. Das Thema Tourismus<br />
führt zum zweiten Manko: dem Begleittext<br />
von Johannes Thiele, dessen Zeilen<br />
sich meist wie ein Reiseführer lesen.<br />
Kulturwissenschaftliche oder kunstgeschichtliche<br />
Hintergründe, die der Laie<br />
für die gewinnbringende Einordnung<br />
der Illustrationen unbedingt gebraucht<br />
hätte, sind Mangelware. Freilich kann<br />
man dem auch etwas Positives abgewinnen,<br />
immerhin lenkt der Text so nicht<br />
von der wesentlichen Schönheit von<br />
„Sehnsucht nach dem Meer“ ab – und<br />
das sind, natürlich, die Plakatdesigns<br />
selbst. Kurioses kann man entdecken,<br />
etwa die Titelseite einer Broschüre aus<br />
den 1930er Jahren, auf der elektrische<br />
Bahnen den qualmenden Vesuv hinaufgondeln;<br />
Verführerisches wie das Plakat<br />
der London-North-Eastern-Railways, in<br />
dessen Zentrum sich lustvoll eine Brünette<br />
am Strand der britischen Ostküste sonnt;<br />
und natürlich eine prachtvolle Vielfalt<br />
in Motivik und Stil, herrlich Altmodisches<br />
ebenso wie mutig Modernes. Und<br />
so verliert man sich schnell und auch<br />
immer wieder gern zwischen den rund<br />
160 Seiten und lässt Fantasie und<br />
Fernweh sich voll entfalten. Weitblick der<br />
ganz anderen Art.<br />
„Sehnsucht nach dem Meer“ ist also<br />
kein Buch zum Lernen – ein Buch zum<br />
Träumen ist es allemal!<br />
Link zum Verlag:<br />
www.cbv.at
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 39
40 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong>
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 41
42 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
MEDIENKUNST<br />
CONTEMPORARY<br />
ART RUHR<br />
Autor: H. G. Teiner<br />
Lee Tonk:<br />
„The ties that bind“<br />
Los Angeles Art Association
Kunst & Kultur | CONTEMPORARY ART RUHR<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 43<br />
Die Contemporary Art Ruhr (C.A.R.) 2012<br />
präsentiert zeitgenössische Kunst und<br />
fällt dabei wie immer aus dem Rahmen:<br />
„Das Ziel des Austauschs, der Kooperation<br />
und Kommunikation, oft gerade entlang<br />
unkonventioneller Pfade, verfolgt die<br />
C.A.R., seitdem sie besteht“, so die Veranstalter<br />
Silvia Sonnenschmidt und Thomas<br />
Volkmann. „Wir möchten frischen Wind<br />
in die Kunstszene bringen, regionale,<br />
nationale und internationale Kontakte<br />
ausbauen und Impulse zur Vernetzung<br />
geben.“<br />
zum Industriedenkmal erklärt, ehe im<br />
Jahr 2001 dann die Aufnahme der Zeche<br />
Zollverein in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes<br />
erfolgte.<br />
Heute dienen die Gebäude und Außenanlagen<br />
vor allem kulturellen und künstlerischen<br />
Zwecken: Hier ist der Sitz des<br />
Ruhr-Museums, der Zollvereinstiftung,<br />
des red dot design museum und des<br />
PACT – Performing Arts, Choreographisches<br />
Zentrum NRW Tanzlandschaft<br />
Ruhr.<br />
zeitgenössische Kunst nehmen dieses<br />
besondere Angebot der Präsentation<br />
genauso an wie alteingesessene renommierte<br />
Institutionen. So stellen Kunsthochschulen<br />
ausgewählte Projekte von<br />
Studierenden vor. Mit seinen ausgewiesenen<br />
Förderflächen gibt das Format<br />
der C.A.R. den aufstrebenden Talenten<br />
sowie ausgewählten Kunstschaffenden<br />
die Möglichkeit, sich professionell zu<br />
präsentieren und damit im nationalen<br />
und internationalen Kunstmarkt Fuß zu<br />
fassen.<br />
C.A.R.<br />
AUF ZOLLVEREIN<br />
Die einzigartige Medienkunstmesse<br />
findet vom 1. bis 3. Juni 2012 auf dem<br />
Gelände des Welterbes Zollverein in<br />
Essen statt: Die Mischanlage selbst<br />
sowie der Außenbereich der ehemaligen<br />
Zechenanlage und die Kokerei<br />
bilden dabei einen besonderen atmosphärischen<br />
Rahmen, der herkömmliche<br />
Präsentationsmöglichkeiten von Messehallen<br />
weit übersteigt.<br />
Die Zeche Zollverein im Essener Norden<br />
war einst das größte Steinkohlebergwerk<br />
Europas. Für 5.000 Bergleute und<br />
ihre Familien war dieser schweißtreibende<br />
Arbeitsplatz auch persönlicher<br />
Lebensmittelpunkt. Der Schacht XII war<br />
dabei eine der weltweit produktivsten<br />
Kohle-Förderanlagen. In ihrer baulichen<br />
Ästhetik steht die Zeche exemplarisch<br />
für die Bauhaus-Moderne in der Industriearchitektur.<br />
1986 wurde der Produktionsbetrieb<br />
eingestellt und die Anlage<br />
KONZEPT<br />
UND VERANSTALTER<br />
Die C.A.R. leistete in den vergangenen<br />
Jahren echte Pionierarbeit und bietet<br />
als Medienkunstmesse eine ernstzunehmende<br />
und professionelle Plattform, die<br />
über die klassischen Formen hinausgeht.<br />
Die thematischen Bereiche sind: Medienkunst,<br />
Film, Video, Installationen, multimediale<br />
Projekte, Lichtkunst, interaktive<br />
Arbeiten, elektronische Musik, Performance-Kunst<br />
und Fotografie.<br />
Während experimentelle Kunstbereiche<br />
auf konventionellen Kunstmessen häufig<br />
nur nebenbei präsentiert werden, stellt<br />
die C.A.R. seit 2006 jeden Sommer künstlerisch<br />
innovative, außergewöhnliche<br />
Arbeiten und Projekte im Rahmen einer<br />
kuratierten Ausstellung in den Mittelpunkt.<br />
Videoarbeiten oder Installationen<br />
werden hier in einer pulsierenden Raumatmosphäre<br />
sorgfältig im Rahmen einer<br />
einzigartigen Industriearchitektur inszeniert.<br />
Innovationsfreudige Galerien für<br />
Die C.A.R. findet jährlich an zwei Terminen<br />
mit jeweils unterschiedlichem Veranstaltungskonzept<br />
statt: Die experimentell<br />
ausgerichtete Medienkunstmesse<br />
im Sommer, vom 1. bis 3. Juni 2012, und<br />
die Messe für zeitgenössische Kunst<br />
aller Bereiche im Herbst, vom 2. bis 4.<br />
November 2012. Über tausend Aussteller<br />
haben seit 2006 teilgenommen, rund<br />
8.000 Besucher kommen jährlich zu den<br />
beiden Terminen nach Essen. Parallel<br />
zu den Messen finden Sonderausstellungen<br />
statt, dazu Events, Symposien<br />
und vieles mehr. Die C.A.R.-Video-Lounge<br />
und die C.A.R. Gallery, ein offener Wettbewerb<br />
für Fotografie und digitale Kunst,<br />
bieten darüberhinaus ein umfangreiches<br />
Rahmenprogramm.<br />
Die C.A.R. ist eine Kunstmesse für inspirationsfreudige<br />
Entdecker: In einer offenen<br />
Ausstellungssituation, die ganz bewusst<br />
auf die Abgeschlossenheit und Trennung<br />
durch Messe-Kojen verzichtet, rücken<br />
in natürlicher Weise Kunstvermittlung,<br />
Sinneswahrnehmung und ein reger ..
44 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Lee Tonk: „Ballerina Obscura“,<br />
Los Angeles Art Association
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 45
46 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Kunst & Kultur | CONTEMPORARY ART RUHR<br />
Sonderausstellung Fotografie aus Südkorea,<br />
Lee, Jae-Hoon: „Paradise Busan“
Kunst & Kultur | CONTEMPORARY ART RUHR<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 47<br />
Austausch in den Mittelpunkt, ganz ohne<br />
Kommunikationsbarrieren zwischen Teilnehmern<br />
und Besuchern.<br />
AMSTERDAM, SEOUL<br />
UND LOS ANGELES<br />
Arbeiten aus aller Welt werden auch auf<br />
der C.A.R. im Sommer 2012 präsentiert:<br />
Fotografie-Projekte aus Südkorea und<br />
den Niederlanden sowie Medienkunst<br />
aus den USA. Die Amsterdamer Galeristin<br />
und Kuratorin Angeliek Ververs inszeniert<br />
die Gruppenausstellung „Anthologie,<br />
Fotografie aus den Niederlanden“.<br />
Die Kuratorin Sun-Jung Kim aus Seoul<br />
präsentiert die Foto-Arbeiten von Künstlern<br />
aus Südkorea, im September stellt<br />
die C.A.R. dann für einen Monat parallel<br />
zur Korean International Art Fair in Seoul<br />
im Zaha Museum, dem Museum für zeitgenössische<br />
Kunst in Korea, Arbeiten<br />
ausgewählter Teilnehmer aus. In Anknüpfung<br />
an die von den C.A.R.-Veranstaltern<br />
kuratierte Foto-Ausstellung „The F-Stops<br />
Here“ im März 2012 in Los Angeles mit<br />
Arbeiten von Künstlern aus L. A. wird<br />
die Kooperation mit einer Sonderausstellung<br />
zur Medienkunstmesse fortgesetzt,<br />
u. a. mit Foto-Arbeiten von Lee<br />
Tonks und Michael B. Wood. Die begleitenden<br />
Ausstellungen und Events garantieren<br />
der C.A.R. seit 2010 zunehmend<br />
auch weltweite Beachtung: Im rasanten<br />
Kunstmessen- und Ausstellungsgeschäft<br />
bietet die C.A.R. damit allen Teilnehmern<br />
eine dauerhafte internationale Plattform<br />
für persönliche Kontakte und zur nachhaltigen<br />
Vernetzung, etwa durch das<br />
Get-Together im Dezember zeitgleich<br />
zur Art Basel Miami oder mit den thematisch<br />
wechselnden Ausstellungen in Los<br />
Angeles oder Paris. Auch die jährlichen<br />
Ausstellungen der C.A.R. in der Gallery<br />
825 der Los Angeles Art Association,<br />
einem Zentrum der Avantgarde und des<br />
interdisziplinären Austauschs, gehören<br />
inzwischen zum festen Bestandteil dieser<br />
Netzwerkaktivitäten.<br />
KUNST ENTDECKEN<br />
UND VERMARKTEN<br />
Eine einzigartige Mischung aus Avantgarde,<br />
Arbeiten von etablierten Künstlern<br />
und vielversprechenden Newcomern<br />
wartet auf die Besucher der Medienkunstmesse<br />
der C.A.R. 2012. Hier einige<br />
der interessantesten Installationen:<br />
„Fantasy is a place where it rains“, nach<br />
einem Zitat von Italo Calvino, von<br />
Fannidada, Fanni Iseppon und Davide<br />
Giaccone aus Turin, ist eine Installation<br />
aus zehn Regenschirmen, Projektionen<br />
und Fotografie. Matthias Erian aus Berlin<br />
bringt den Besuchern die Installation<br />
und Live-Performance „Buksori“ näher,<br />
die die traditionelle koreanische Musik<br />
„Pansori“ mit Computern unterstützt und<br />
so neu interpretiert. Die Wormland Art<br />
Collection präsentiert in einer Sonderausstellung<br />
die Fotografen und Künstler<br />
Tony Kelly aus Los Angeles und Diana<br />
Scheunemann aus New York. Die Ververs<br />
Gallery aus Amsterdam hat neue Talente<br />
und etablierte Künstler im Programm und<br />
präsentiert unter anderem Porträts von<br />
Laetitia Molenaar, die schon zahlreiche<br />
internationale Auszeichnungen erhielt. ..
48 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Kunst & Kultur | CONTEMPORARY ART RUHR<br />
Julia Unkel:<br />
„Im Angesicht“
Kunst & Kultur | CONTEMPORARY ART RUHR<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 49<br />
Die Berliner Galerie ROOT, Schwerpunkt<br />
zeitgenössische Malerei, stellt mit Innovationsfreude<br />
die beiden Installations- und<br />
Performance-Künstlerinnen Birgit Ginkel<br />
und Anja Sieber vor.<br />
Das Duo Julia Bauch und Frauke Engler<br />
zeigt das Foto-Projekt „Garten Eden“,<br />
das vom Menschen handelt, der ein<br />
„von Fortschritt und Überlegenheit<br />
bestimmtes Leben“ lebt: „Doch seine<br />
Urinstinkte, sein animalisches Naturell,<br />
kann er nicht lange leugnen. Irgendwann<br />
kommt er an einen Punkt, an dem<br />
er seinen Urinstinkten unterliegt und das<br />
Tier in sich nicht halten kann. Dies wird<br />
ihn auf ewig zurückwerfen und immer<br />
weiter von dem distanzieren, was er zu<br />
sein vorgibt“, so Bauch und Engler über<br />
ihr mit dem Canon-Profifoto-Förderpreis<br />
ausgezeichnetes Projekt. Max Schranner<br />
aus München bringt die Erfahrung des<br />
Gefangenseins in eine für Besucher der<br />
C.A.R. erlebbare Form: Die Installation<br />
„Gefangen“ wird uns in einem Gefängnis<br />
in das Dilemma einführen, sich für das<br />
eigene oder das Schicksal des anderen<br />
entscheiden zu müssen. Stefan Koch<br />
aus Hannover stellt „Meine Quelle“ vor:<br />
Nach über 82 Jahren Firmengeschichte<br />
wurde 2009 die Institution des Quelle-<br />
Versandimperiums niedergerissen, wobei<br />
8.000 Angestellte ihren Arbeitsplatz<br />
verloren: „Ich beobachte das entstandene<br />
Vakuum, in dem diese Gebäude zunächst<br />
funktionslos zurückbleiben, und kombiniere<br />
diese Innenraumansichten mit<br />
Porträts von ehemaligen Angestellten<br />
von Quelle“, so Koch über sein Foto-<br />
Projekt.<br />
KLANGKUNST<br />
KYBERNETISCH UND INTERAKTIV<br />
Wie Mensch und Maschine aus heutiger<br />
Sicht zusammenspielen, präsentieren<br />
Studenten der Folkwang Universität der<br />
Künste in einer Sonderausstellung. „Ich<br />
bin gespannt“ ist ein kybernetisches<br />
Klangobjekt von Jan Godde. Eine in das<br />
Objekt eingespannte Gummisaite ermöglicht<br />
die Interaktion zwischen Besuchern<br />
und dem Klang- und Bewegungssystem.<br />
Die solarbetriebene Installation „Wetterwerk“<br />
von Marius Tippkämper sammelt<br />
unter freiem Himmel Daten über die aktuelle<br />
Wetterlage, am Terminal im Ausstellungsraum<br />
kann der Besucher dann auf<br />
einem Bildschirm live mitansehen, wie die<br />
Wetterdaten das Entstehen eines Bildes<br />
beeinflussen. Sabrina Grosskopp und<br />
Simon Pfarr zeigen die Klanginstallation<br />
„Schwingungen“, einen Prototyp aus<br />
Versuchen zum Thema kybernetische<br />
Klangobjekte. In Anlehnung an die<br />
natürliche Bewegung von Grashalmen<br />
werden mechanische in akustische<br />
Schwingungen übersetzt. Durch die<br />
Bewegung der Halme entstehen Klänge,<br />
die die visuelle Wirkung durch eine<br />
akustische ergänzen. „Der Zeichner“ von<br />
Steffen Hartwig zeichnet akkurat die<br />
Graphen mathematischer Gleichungen<br />
mit Tusche auf Papier: Der Stift wird<br />
durch zwei Spannungen gesteuert, der<br />
aktive Betrachter kann die Spannungen<br />
und den Weg des Stiftes durch seinen<br />
körpereigenen Widerstand beeinflussen<br />
– eine einzigartige Zeichnung als Kollaboration<br />
zwischen Mensch und Maschine<br />
entsteht.<br />
Kooperationspartner der C.A.R. sind unter<br />
anderem die Stiftung Zollverein, das<br />
Kulturbüro der Stadt Essen sowie Partner<br />
aus der Wirtschaft. Veranstalter und Initiator<br />
ist die Galerie und Agentur 162.<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> zählt zu den Medienpartnern<br />
der Messe.<br />
<strong>BOLD</strong>-Tipp für Künstler und Galeristen:<br />
Wer an der innovativen Kunstmesse im<br />
Herbst, die vom 2. bis 4. November 2012<br />
stattfinden wird, teilnehmen möchte,<br />
kann sich noch bis zum 30. Juni 2012<br />
bewerben.<br />
C.A.R. Termine:<br />
1. bis 3. Juni 2012<br />
Sommer C.A.R. im Zollverein, Essen<br />
14. September bis 14. Oktober 2012,<br />
Zaha Museum in Seoul (Südkorea)<br />
2. bis 4. November 2012,<br />
Herbst C.A.R. im Zollverein, Essen<br />
6. Dezember 2012,<br />
Get-together, Miami Beach (USA)<br />
Januar 2013,<br />
Los Angeles Art Association in Los<br />
Angeles (USA)<br />
Link zum Thema:<br />
www.contemporaryartruhr.de
50 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Kunst & Kultur | Sehenswert | Ausstellungen<br />
sehenswert<br />
Hommage für eine Legende<br />
Romy Schneider<br />
Autoren: H. G. Teiner & K. Specht<br />
Am 29. Mai 1982 starb Romy Schneider<br />
in Paris, somit jährte sich der Tag ihres<br />
Todes kürzlich zum 30. Mal. Romy<br />
Schneider gehört neben der legendären<br />
Marlene Dietrich und der charismatischen<br />
Hildegard Knef wahrlich zu den<br />
größten deutschen Filmstars, die auch<br />
weltweit Berühmtheit erlangten. Sie zählt<br />
heute noch zu den internationalen Stars<br />
des Kinos und wird von ihren Fans immer<br />
noch verehrt.<br />
Eine große Ausstellung der Bundeskunsthalle<br />
in Bonn, in Zusammenarbeit mit<br />
der Deutschen Kinemathek Berlin und<br />
Akouna Paris, lädt dazu ein, Romys Leben<br />
als Star und als Mensch zu erforschen. Im<br />
Rückblick verbinden sich das persönliche<br />
Lebensdrama und die außergewöhnliche<br />
Schauspielkunst zu einem unvergleichlichen<br />
Gesamtwerk.<br />
ROSEMARIE<br />
MAGDALENA ALBACH<br />
Romy Schneider wurde als Rosemarie<br />
Magdalena Albach am 23. September<br />
1938 als Tochter des Schauspielerpaars<br />
Magda Schneider und Wolf Albach-Retty<br />
in Wien geboren. Ihre Schauspielkarriere<br />
begann sie bereits in jungen Jahren: Der<br />
Produzent Kurt Ulrich holte die 14-jährige<br />
Romy aus einem Salzburger Internat ins<br />
Filmatelier und lies sie die Filmtochter<br />
ihrer leiblichen Mutter Magda spielen, die<br />
1945 von Wolf Albach-Retty geschieden<br />
worden war. Fortan drehte Romy<br />
ununterbrochen, vor allem Heimatfilme<br />
mit Titeln wie: „Wenn der weiße Flieder<br />
wieder blüht“, einem der poulärsten Leinwanderfolge<br />
der damaligen Zeit, Romy<br />
Schneider spielt die Rolle der Evchen<br />
Forster, deren Vater die Mutter verlässt,<br />
ohne von seiner Tochter zu wissen, und<br />
in dem es erst viel später ein glückliches<br />
Zusammentreffen von Vater und Tochter<br />
gibt. Auch in zuckersüßen Romanzen, wie<br />
„Die Deutschmeister“ aus dem Jahr 1955,<br />
die in der Zeit der Österreichisch-Ungarischen<br />
Monarchie spielten, war Romy<br />
Schneider zu sehen.<br />
ELISABETH<br />
KAISERIN VON ÖSTERREICH<br />
Mit der Rolle der jungen Kaiserin Elisabeth<br />
erlangte Romy Schneider den internationalen<br />
Durchbruch: 1955 erschien<br />
der Film „Sissi“, unter der Regie des Österreichers<br />
Ernst Marischka. Der gigantische<br />
Erfolg zog die Fortsetzungen „Sissi – Die<br />
junge Kaiserin“ im Jahr 1956 und „Sissi –<br />
Schicksalsjahre einer Kaiserin“ 1957 nach<br />
sich. Die Sissi-Trilogie wurde in alle europäischen<br />
und auch in einige außereuropäische<br />
Länder exportiert und zählt mit<br />
fast 25 Millionen Zuschauern bis heute zu<br />
den erfolgreichsten deutschsprachigen<br />
Filmen aller Zeiten.<br />
Mit dem gigantischen Erfolg sah das<br />
Publikum ab jetzt die Darstellerin Romy<br />
Schneider nur noch in der Rolle der<br />
jungen und naiven Kaiserin Elisabeth,<br />
einer Märchenprinzessin wie aus dem<br />
Bilderbuch, an der Seite des ebenfalls<br />
märchenhaften Kaisers, gespielt von<br />
Karlheinz Böhm. Von diesem übermächtigen<br />
Image kam sie auch Jahre später<br />
nur sehr schwer wieder los. Romy selbst<br />
sagte zu diesem Thema: „Sissi bappt an<br />
mir wie Grießbrei“. Die Schauspielerin<br />
Romy Schneider wollte zum Ende der<br />
50er Jahre jedoch mehr von ihrem<br />
Können zeigen, doch Produzenten und<br />
Publikum waren zunächst nicht bereit, sie<br />
in anspruchsvollen Rollen zu akzeptieren.<br />
Eine vierte Sissi-Folge war in Produktionsplanung,<br />
Romy Schneider stand<br />
dafür jedoch nicht mehr zur Verfügung. .
Kunst & Kultur | Sehenswert | Ausstellungen<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 51<br />
Foto: H. Köster, Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Romy Schneider<br />
1957 in Cannes (Côte d‘Azur)
52 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> Kunst & Kultur | Sehenswert | Ausstellungen<br />
Vom Image der schönen aber unbedarften<br />
Prinzessin wollte sie sich ein für<br />
allemal lösen.<br />
ROMYS<br />
LIEBE ZU FRANKREICH<br />
Romy Schneider ging Ende der 50er<br />
Jahre nach Paris, um Theater zu spielen<br />
und endlich im Jahr 1958 einen künstlerisch<br />
herausfordernden Film zu drehen:<br />
„Christine“, ein französisch-italienisches<br />
Melodram des Regisseurs Pierre Gaspard-<br />
Huit, basiert auf Arthur Schnitzlers Schauspiel<br />
„Liebelei“ und dreht sich um ein<br />
junges Liebespaar in Wien kurz nach der<br />
Jahrhundertwende. Romy steht hier erstmals<br />
mit dem erfolgreichen und charismatischen<br />
Schauspieler Alain Delon vor<br />
der Kamera, mit dem sie auch bald eine<br />
private Beziehung verband. Bis 1958<br />
hatte Romy Schneider diese großen<br />
Emotionen, die sie jetzt mit Delon auch<br />
im privaten zeigte, nur im Film gespielt,<br />
was ihr das deutsche Publikum in spießiger<br />
und äußerst unfairer Weise übel<br />
nahm, da es wohl weiter an das Idealbild<br />
einer unberührten, naiven Sissi glauben<br />
wollte.<br />
1962 sorgte der von Luchino Visconti<br />
inszenierte Teil des Episoden-Films<br />
„Boccaccio ‘70“ mit der Rolle Romys als<br />
einer sich prostituierende Ehefrau für<br />
weitere ablehnende Stimmen aus ihrer<br />
deutschen Heimat. International wurde<br />
sie hingegen zunehmend als ernsthafte<br />
Schauspielerin wahrgenommen und<br />
gefeiert. Das französische Publikum war<br />
offen für Romy Schneiders künstlerische<br />
Foto: H. Köster, Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Romy Schneider und Michel Piccoli<br />
bei den Dreharbeiten von „La Voleuse“, 1966
Kunst & Kultur | Sehenswert | Ausstellungen<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 53<br />
Filmambitionen und ließ der Schauspielerin<br />
den Freiraum, sich durch Charakterrollen<br />
in Filmen der Nouvelle Vague<br />
weiter zu entwickeln.<br />
Auf Romys neuem künstlerischen Weg<br />
entstand 1962 unter der Regie von Orson<br />
Welles die französisch-deutsch-italienische<br />
Kafka-Adaption „Le Procès“. Orson<br />
Welles sagte von Romy, sie sei „die beste<br />
Schauspielerin ihrer Generation“. 1968<br />
setzte sich Romy Schneider an der Seite<br />
Alain Delons mit dem Film „La Piscine“,<br />
endgültig als anerkannte Schauspielerin<br />
durch.<br />
In dem Visconti-Film „Ludwig II“ aus<br />
dem Jahre 1974 ist Romy noch einmal<br />
in der Rolle der Elisabeth von Österreich<br />
zu sehen. Der eigensinnige und<br />
extravagante junge König Ludwig von<br />
Bayern ist darin mit seiner Cousine Elisabeth<br />
durch eine große und vertrauensvolle<br />
Nähe verbunden, aus der nie<br />
mehr werden konnte. Eine besonders<br />
glückliche Rollenbesetzung, da Romy<br />
diesmal nicht mehr die Märchenprinzessin,<br />
sondern die Weiterentwicklung zu<br />
einer gereiften Persönlichkeit der älteren<br />
Elisabeth spielen konnte.<br />
Bei den Dreharbeiten zu ihrem letzten<br />
Film musste Romy Schneider den tragischen<br />
Unfalltod ihres Sohnes erleiden.<br />
„La passante du Sans-Souci“ erschien nur<br />
wenige Wochen vor dem Tod der einzigartigen<br />
Schauspielerin. Sie starb, nach<br />
Überzeugung ihrer vielen Verehrer auf<br />
der ganzen Welt, schließlich an einem<br />
gebrochenen Herzen..<br />
ROMY UND DIE<br />
ÖFFENTLICHKEIT<br />
Unvergessen ist Romy Schneiders Auftritt<br />
1974 in Dietmar Schönherrs Talkshow<br />
„Je später der Abend“: In lasziver und<br />
provokanter Weise war sie offensichtlich<br />
bemüht, ihre Rolle als brave Sissi endgültig<br />
zu zerstören und traf an diesem Abend<br />
auf einen mehr als passenden Partner,<br />
nämlich auf Burkhard Driest, der ebenfalls<br />
als Talkgast eingeladen war. Driest saß<br />
wegen eines Banküberfalls im Gefängnis,<br />
hatte über diese Zeit das Buch „Die Verrohung<br />
des Franz Blum“ geschrieben und<br />
spielte in der gleichnamigen Verfilmung<br />
die Hauptrolle. Driest, in Lederjacke, mit<br />
geöffnetem Hemd und Halskette, war in<br />
der gesamten Erscheinung eine direkte<br />
Provokation der bürgerlichen Ansichten<br />
dieser Zeit und Romy sprang sofort auf<br />
ihn an, betrachtete ihn mit freudigen und<br />
unverhohlen interessierten Blicken, legte<br />
ihre Hand auf seinen Arm und sagte zwei<br />
Mal, damit es unmissverständlich klar war:<br />
„Sie gefallen mir!“ Der damit bezweckte<br />
mediale Aufruhr ließ nicht lange auf sich<br />
warten und beschäftigte die Medien<br />
mehrere Wochen lang.<br />
Hommage<br />
für eine Legende<br />
Die Ausstellung in Bonn präsentiert das<br />
umfangreiche Werk Romy Schneiders,<br />
das durch ein hohes Maß an Professionalität<br />
und ihren Aufstieg zu einem der<br />
größten Stars des französischen Kinos<br />
geprägt ist. Originalkostüme, bisher noch<br />
unbekannte Fotografien, Dokumente, ...
54 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> Kunst & Kultur | Sehenswert | Ausstellungen<br />
Foto: Deutsche Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen, Berlin<br />
Romy Schneider, Götz George und Nina von<br />
Porembsky, Szenenbild aus „Wenn der weiße<br />
Flieder wieder blüht“, 1953<br />
Filmausschnitte und persönliche Gegenstände<br />
aus dem Nachlass der Schauspielerin<br />
dokumentieren nicht nur eine<br />
persönliche internationale Karriere, sondern<br />
auch drei Dekaden europäischer<br />
Filmgeschichte. Romy Schneider inspirierte<br />
nicht nur die besten Regisseure<br />
ihrer Zeit, auch viele bekannte Fotografen<br />
waren von ihrer Persönlichkeit fasziniert.<br />
Die aüßerst umfassende und gelunge<br />
Ausstellung thematisiert sowohl die<br />
Rollen- und Imagewechsel der Schauspielerin<br />
als auch ihre Darstellung in<br />
den Medien. Bilder aus Film, Presse<br />
und Privatleben werden nach wiederkehrenden<br />
Motiven gruppiert und mit<br />
Filmausschnitten kombiniert. Medieninstallationen<br />
zeigen das Wechselspiel<br />
zwischen Projektion und aktiver<br />
Selbstinszenierung. Ergänzend werden<br />
Plakate, Kostüme, Korrespondenzen,<br />
Fan-Artikel sowie zahlreiche Fotos von<br />
Romy Schneider, ihren Filmpartnern und<br />
ihrer Familie präsentiert.<br />
Die Bundeskunsthalle Bonn unternimmt<br />
erfolgreich den Versuch, sich Romy<br />
Schneider als Star und Privatperson zu<br />
nähern und ihren Lebensweg nachzuzeichnen:<br />
die frühen Rollen, ihre mutige<br />
und konsequente berufliche Emanzipation,<br />
ihre private Tragödie und ihre große<br />
Leidenschaft, die mit ihrem frühen Tod<br />
endete. Romy nahm alle Herausforderungen,<br />
die sich ihr boten, in ihrem beruflichen<br />
wie privaten Leben an und sagte<br />
einmal über sich selbst: „Ich habe vor<br />
nichts in der Welt Angst. Nur vor mir“.<br />
Romy Schneider<br />
Bis: 24. Juni 2012<br />
Bundeskunsthalle Bonn<br />
Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn<br />
www.bundeskunsthalle.de
Kunst & Kultur | Sehenswert | Ausstellungen<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 55<br />
Foto: E. Erwitt, Magnum<br />
Foto: R. Milach, 7 Rooms<br />
Foto: J. William E., Killed, 2009<br />
In den oft humorvollen Fotografien Elliott<br />
Erwitts, der seine Beobachtungsgabe<br />
dem Tierischen ebenso gerne widmet wie<br />
dem Menschlichen, verbinden sich ein<br />
ironischer Blick und ein wacher Geist voll<br />
tiefgründiger Leichtigkeit. Diese umfassende<br />
Retrospektive zeigt einen höchst<br />
aktiven und vielseitigen Fotografen, der<br />
auch als „Woody Allen der Fotografie“<br />
charakterisiert wurde.<br />
Der 1928 als Sohn russischer Einwanderer<br />
in Paris geborene Elliott Erwitt wuchs in<br />
Mailand auf, konnte 1939 mit dem letzten<br />
Schiff vor den Nationalsozialisten in die<br />
USA fliehen und lebt seit 1941 in New<br />
York. Neben Jahrzehnten höchst erfolgreicher<br />
Arbeit als Fotograf für Werbung<br />
und Reportagen blieb Erwitt stets auch<br />
ein „Amateur“, also ein „Liebender“ der<br />
Fotografie.<br />
„Je mehr ich versuchte, Russland zu<br />
verstehen, umso mehr war ich verloren.<br />
Russland ist wie ein eigener Planet.“ Rafał<br />
Milach<br />
Sechs Jahre lang hat Milach seine Protagonisten<br />
besucht und gibt nicht nur<br />
Einblick in teils triste, teils schöne private<br />
Räume und öffentliche Orte. Vielmehr<br />
dokumentiert er behutsam die Seelenlage<br />
des aktuellen Russlands – zerrissen<br />
zwischen der Sehnsucht nach dem<br />
Gemeinschaftssinn alter Zeiten, dem<br />
modernen Turbokapitalismus und der<br />
Überforderung durch neue Freiheiten.<br />
Seine visuelle Reise zeigt ein Russland<br />
jenseits alt bekannter Stereotypen<br />
wie Armut, Alkoholmissbrauch oder<br />
dem obszönen Zurschaustellen von<br />
Reichtum.<br />
Unter dem Titel: „Making History“ präsentiert<br />
RAY Fotografieprojekte internationale<br />
Positionen zeitgenössischer Fotografie<br />
und Videokunst im Frankfurter<br />
Kunstverein, im MMK Museum für<br />
Moderne Kunst Frankfurt am Main und<br />
im MMK Zollamt.<br />
Das verbindende Thema der auf über<br />
2.150 m 2 gezeigten, eindrucksvollen Ausstellung<br />
ist die Frage nach der Macht<br />
öffentlicher Bilder in der Gegenwart: Wie<br />
manifestieren sich heute geschichtliche<br />
Ereignisse in Bildern und wie prägen<br />
Fotografien unser Bild von Geschichte?<br />
Antworten auf diese Fragen geben<br />
die Arbeiten der 38 Künstlerinnen und<br />
Künstler aus 12 Ländern. Die drei Ausstellungsorte<br />
präsentieren dabei jeweils<br />
unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte<br />
des Themas.<br />
Elliott Erwitt – Retrospektive<br />
14. Juni bis 30. September 2012<br />
Rafał Milach – 7 Rooms<br />
Bis: 22. Juli 2012<br />
Making History<br />
Bis: 08. Juli 2012<br />
Kunst Haus Wien<br />
Untere Weißgerberstr. 13, 1030 Wien<br />
www.kunsthauswien.com<br />
C/O Berlin<br />
Oranienburger Str. 35/36, 10117 Berlin<br />
www.co-berlin.info<br />
RAY Fotografieprojekte<br />
Weißfrauenstr. 1, 60311 Frankfurt<br />
www.ray2012.de
56 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> Kunst & Kultur | Kino | BULB FICTION<br />
BULB FICTION<br />
Energiesparen<br />
egal zu welchem Preis<br />
Autor: J. M. Brain<br />
Brüssel verbietet die Glühlampe und<br />
zwingt damit alle EU-Bürger zum Kauf<br />
von quecksilberhaltigen Kompaktleuchtstofflampen.<br />
Der Dokumentarfilm „Bulb<br />
Fiction“ zeigt, warum diese von Industrie<br />
und Politik als „win, win, win“ bezeichnete<br />
Maßnahme eher fragwürdig ist und<br />
wenig mit dem viel gepriesenen Weitblick<br />
gemein hat.<br />
Der Kameramann und Lichtplaner Moritz<br />
Gieselmann erfährt 2007 zufällig von<br />
einem Mitarbeiter des Lampenherstellers<br />
Osram, dass Glühlampen verboten<br />
werden, hielt es aber eher für ein bizarres<br />
Gerücht. Wer könnte schon auf die Idee<br />
kommen, ein so bewährtes und beliebtes<br />
Produkt zu verbieten? Als 2008 das<br />
bevorstehende Verbot Thema in allen<br />
Medien wird, beginnt Gieselmann zu<br />
recherchieren. Er spricht mit dem Journalisten<br />
Helmut Höge, der sich lange<br />
und ausführlich mit Phoebus, dem in<br />
den 1920er Jahren gegründeten Glühlampenkartell,<br />
beschäftigt hat. Phoebus<br />
war das erste weltweit agierende Kartell.<br />
Es sicherte nicht nur den beteiligten<br />
Firmen, unter ihnen Osram, Philips und<br />
General Electric, Gewinnmargen und<br />
Marktanteile, es sorgte auch dafür, dass<br />
die Lebensdauer von Glühlampen, die<br />
Ende des 19. Jahrhunderts bei Thomas<br />
Edison noch 1.500 Stunden betrug, bis<br />
1935 auf 1.000 Stunden gesenkt wurde.<br />
Für Mitgliedsfirmen, deren Glühlampen<br />
zu lange brannten, gab es ein ausgeklügeltes<br />
System von Bußgeldern. Anfang<br />
der 1990er entwickelte Dieter Binninger,<br />
Erfinder und Industrieller aus Berlin, eine<br />
Glühlampe, die bei gleicher Leistung<br />
wie die herkömmliche 1.000-Stunden-<br />
Lampe, 150.000 Stunden hielt. Nur Tage<br />
nachdem er bei der Treuhand ein Gebot<br />
für ein ehemaliges DDR-Lampenwerk<br />
abgegeben hat, kommt er bei einem<br />
Flugzeugabsturz ums Leben. Der Kartellforscher<br />
Rudolf Mirow schrieb 1992 an<br />
Birgit Breuel, die Chefin der Treuhand: „Es<br />
besteht der Verdacht, dass dieses Kartell<br />
sich jetzt den Markt der neuen deutschen<br />
Bundesländer untereinander aufgeteilt<br />
hat.“, 1993 stirbt Mirow bei einem Autounfall<br />
in Indonesien. Zufall?<br />
Dass die so genannten Sparlampen<br />
Quecksilber enthalten, ist bekannt. Dass<br />
dieses giftig ist, ebenfalls. „Bulb Fiction“<br />
zeigt dies am Fall des vierjährigen Max<br />
aus Linden, einem idyllischen Dorf in<br />
Oberbayern. Nachdem Max das gasför-<br />
mige Quecksilber einer im Betrieb<br />
zerbrochenen Sparlampe eine Nacht lang<br />
eingeatmet hat, verliert er nach und nach<br />
alle Haare, es folgen Zitterschübe und<br />
Depressionen. Dr. med. Joachim Mutter<br />
aus Konstanz, der sich als Spezialist für<br />
Quecksilberausleitungen einen Namen<br />
gemacht hat, diagnostiziert eine Quecksilberbelastung,<br />
die für diese Symptome<br />
verantwortlich ist.<br />
Gary Zörner vom LAFU-Institut, das sich<br />
seit langem mit Umweltgiften beschäftigt,<br />
bringt es auf den Punkt: „Jedes<br />
kleinste bisschen Quecksilber macht ein<br />
kleines bisschen dümmer – da es sich<br />
im Gehirn anlagert und Nervenzellen<br />
zerstört, auch wenn kein Grenzwert<br />
überschritten wurde.“<br />
„Bulb Fiction“ ist ein Dokumentarfilm, der<br />
nachdenklich macht und ein beklemmendes<br />
Gefühl hinterlässt.<br />
Link zum Film:<br />
www.bulbfiction-derfilm.com
Kunst & Kultur | Kino | BULB FICTION<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 57<br />
Foto: Thimfilm<br />
Langlebensglühlampe von Dieter Binninger,<br />
Lebensdauer:150.000 Stunden
58 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Szene aus „Bulb Fiction“:<br />
Lampen-Fabrik in Shanghai
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 59
60 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Mode | Rock You Baby I
Mode | Rock You Baby I<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 61<br />
Rock<br />
You Baby I<br />
Fashion<br />
Fotograf: D. Schaper<br />
Pailettenhose & Shirt: Karl by Karl Lagerfeld | Schuhe: Stylist Own<br />
Assistenz: T. Langenfeld | Make Up: A. Esser | Hair: Benoit Moeyaert (Art Department NY)<br />
Styling: N. Inden-Lohmar (N. Klein) | Postproduction: M. Nite | Products: MAC Cosmetics | Location: Lido Berlin<br />
Models: Felicitas von Anhalt, Shane Told (Singer of Silverstein)
62 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong>
Mode | Rock You Baby I<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 63<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Bild links<br />
Kleid: Karl by Karl Lagerfeld<br />
Bild 1<br />
Shirt: Karl by Karl Lagerfeld<br />
Bild 2<br />
Lederhotpant: Patrizia Pepe | Shirt: Wildfox | Clutch: Boss Orange<br />
Bild 3<br />
Lederjacke: Boss Orange
64 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> Mode | Rock You Baby I<br />
1 2<br />
Bild 1<br />
Lederjacke: Hilfiger Denim | Jeans: by Custo | Schuhe: Sam Edelman<br />
Bild 2<br />
Shirt: Patrizia Pepe | Lederhotpant: Gstar | Schuhe: Stewart Weitzmann
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 65
66 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Mode | Rock You Baby II
Mode | Rock You Baby II<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 67<br />
Rock<br />
You Baby II<br />
Fashion<br />
Fotograf: S. Eskey<br />
Seidenbluse & Pelzjacke & Halskette: Coast | Leggings: Dawid Tomaszewski | Ring: Swarovski by Eric Daman<br />
Make Up: D. Lee Grenda (21Agency) | Styling: S. Marx (21Agency)<br />
Digital-Operator: Daniel | Postproduction: Postroom, Depositphotos A. Pidjass | Model: Elisa (Modelwerk)
68 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Kleid: Versace | Halskette: Mango | Armreifen & Ringe: Sabrina Dehoff
Kleid: Versace | Armband & Kette: Swarovski by Eric Daman<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 69
70 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Kleid: Versace | Pelzjacke: Coast | Halskette: Louis Vuitton | Ringe: Sabrina Dehoff | Leggings: Mango
Kleid: Versace | Pelzjacke: Coast | Halskette: Louis Vuitton | Ringe: Sabrina Dehoff<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 71
72 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Kunst & Kultur | Hörenswert | CD<br />
Hörenswert<br />
This Is The<br />
Life<br />
Autor: F. Reip<br />
Amy Macdonald<br />
Life In A Beautiful Light<br />
(Universal Music)<br />
Amy Macdonald braucht nicht mal einen<br />
kompletten Song, um klar zu machen,<br />
dass sie auch auf ihrem mittlerweile<br />
dritten Album ganz die Alte geblieben<br />
ist: Schon der Opener „4th Of July“ ist<br />
ein Musterbeispiel der von der Schottin<br />
mühelos perfektionierten Kombination<br />
aus federleichter Melodik und aufwühlenden,<br />
voll ausinstrumentalisiert aufgetragenen<br />
Harmonien, die Macdonald mit<br />
ihrer einzigartigen Stimme in wehmütigen<br />
Tönen färbt.<br />
Das Folgestück „Pride“ ist noch stärker,<br />
und wenn man einen Song weiter bei<br />
der ersten Auskopplung „Slow It Down“<br />
anlangt, hat man sich längst aufs Neue<br />
in diese Frau verliebt. In der vom Mainstream<br />
eroberten Musik findet sich mit<br />
Ausnahme von Adele vielleicht keine<br />
weitere derart glaubwürdige und talentierte<br />
Künstlerin. Beeindruckend.
Kunst & Kultur | Hörenswert | CD<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 73<br />
My Bloody Valentine<br />
EPs 1988-1991<br />
(Sony Music)<br />
Cornershop<br />
Urban Turban<br />
(Ample Play / Cargo)<br />
Moby<br />
Destroyed – Remixed<br />
(EOM / Warner)<br />
Sie waren eine der einflussreichsten<br />
Bands der Musikgeschichte, ihr Mastermind<br />
gilt mit Recht als Genie: Der Stern<br />
der Shoegazing-Helden My Bloody Valentine<br />
um den enigmatischen Soundvisionär<br />
Kevin Shields glühte kurz, dafür<br />
umso heftiger. Auf zwei Longplayer<br />
und eine Reihe EPs brachte es die Band<br />
aus Dublin, doch seit der Veröffentlichung<br />
des legendären zweiten Albums<br />
„Loveless“ 1991 wartet die Welt vergebens<br />
auf eine erneute Manifestation<br />
des glitzerndes Geistes der Band. Nun<br />
erscheinen zumindest beide Alben in<br />
aufgehübschtem Sound, „Loveless“ erhält<br />
gar eine Alternativ-Variante, deren Master<br />
auf analogen Tonbändern basiert. Highlight<br />
ist aber die über 20 Tracks starke<br />
Compilation „EPs 1988 - 1991“, die größtenteils<br />
vergriffene, teilweise noch gänzlich<br />
unveröffentlichte Songs zusammenfasst.<br />
Ein echtes Schmuckstück.<br />
Für all jene, die nicht vertraut sind mit<br />
Cornershop: Im schelmischen Titel hat<br />
sich nicht etwa ein fürchterlich Typo<br />
versteckt, der Untertitel der neuen Platte<br />
„Urban Turban – The Singhles Club“ ist<br />
vielmehr ein Wortspiel mit dem Nachnamen<br />
der Singh-Brüder, die das Herzstück<br />
der Band aus dem britischen<br />
Wolverhampton bilden. Das ist diesmal<br />
umso bedeutender, als sich die beiden<br />
für jeden Track auf dem Album einen<br />
anderen Gast eingeladen haben. Auf<br />
der coolen Airplay-Auskopplung„Milkin’<br />
It“ sind das die HipHopper von In Light<br />
Of Aquarius, auf „Something Makes You<br />
Feel Like“ der französische Shooting<br />
Star Soko und auf „What Did The Hippie<br />
Have In His Bag?“, dessen Beat schwer an<br />
die Kult-Single „Brimful Of Asha“ erinnert,<br />
ein Chor aus elf Schulkindern. Kein Track<br />
wie der andere, trotzdem – erst recht! –<br />
alles Pop.<br />
Zerstörung ohne Ende. Nach Album (inkl.<br />
üppigem Deluxe-Re-Release), Ausstellung<br />
und passendem Bildband erscheint<br />
Mobys jüngster Longplayer „Destroyed“<br />
nun auch als Remix-Compilation auf<br />
zwei CDs bzw. in verschiedenen Digital<br />
Bundle-Versionen.<br />
Der Mann ist eine Hausnummer, kein<br />
Wunder also, dass die Gästeliste so<br />
namhaft wie stylish ausfällt: Holy Ghost!,<br />
Paul Van Dyk, Yeasayer, The Dø, sogar<br />
Star-Regisseur David Lynch, bei dem sich<br />
Moby seinerseits mit einem Remix für<br />
dessen Song „Noah’s Ark“ revanchierte.<br />
Dazu gesellen sich auf der zweiten<br />
Scheibe auch noch vier unbearbeitete<br />
Stücke von Moby, darunter die 30-minütige<br />
Anästhesie-Wolke „All Sides Gone“,<br />
die die Zusammenstellung beschließt<br />
und nun vielleicht endgültig den Schlussstrich<br />
unter „Destroyed“ zieht. Oder?
74 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Kunst & Kultur | Hörenswert | CD | Track-By-Track<br />
Track-By-Track<br />
Evolution<br />
Paul van Dyk<br />
Autor: F. Reip<br />
Kaum ein anderer Name steht so sehr<br />
für deutsches DJing von Weltrang wie<br />
Paul Van Dyk: Seit gut 20 Jahren trägt der<br />
gebürtige Ost-Berliner seine Vision elektronischer<br />
Musik um den Globus, und<br />
auch sein mittlerweile sechstes Studioalbum<br />
„Evolution“ funktioniert wieder<br />
als digitales Manifest verfeierter Lebensfreude.<br />
Im Track-By-Track kommentiert<br />
Van Dyk die 15 Tracks des Albums, für<br />
das er erneut zahlreiche Künstler auf die<br />
Gästeliste geschrieben hat ...<br />
„Symmetries“<br />
feat Austin Leeds<br />
Austin und ich kennen uns nun schon eine<br />
ganze Weile, haben schon beim Track „New<br />
York City“ fürs letzte Album zusammengearbeitet.<br />
Austin begann mit der Arbeit<br />
an „Symmetries“, indem er Drums, Percussions,<br />
Loops und die Bassline produzierte<br />
und mir diesen wundervollen, fast fertigen<br />
Backingtrack zusandte. Ich hatte eine<br />
Piano-Hookline in meinem Kopf und habe<br />
diese dann mit Austins Backingtrack zusammengebracht.<br />
„The Ocean“<br />
feat Arty <br />
Es war vor vier oder fünf Jahren, dass ich das<br />
erste Mal von Arty hörte. Ich traf ihn 2010<br />
in Russland und wir sprachen darüber,<br />
einmal etwas gemeinsam zu machen. Das<br />
führte zu zwei Tracks auf diesem Album.<br />
Ein wirklich großartiger Track liefert etwas<br />
komplett Neues, ‚versteckte‘ Parts, die du<br />
erst Monate nach dem ersten Hören<br />
entdeckst. Zunächst nimmst du sie nur<br />
unterbewusst wahr, ehe du wirklich darauf<br />
aufmerksam wirst. Das lässt dich so einen<br />
Song immer und immer wieder anhören.<br />
Ich glaube, “The Ocean“ hat genau diese<br />
Mächtigkeit und Weite. Es ist, als ob du<br />
am Strand stehst und auf etwas so Gewaltiges<br />
wie den Ozean schaust. Du blickst in<br />
die Ferne und deine Augen versuchen, das<br />
große Ganze einzufangen. Das ist es, was<br />
dieser Track für mich bedeutet.<br />
„Eternity“<br />
feat Adam Young<br />
„Eternity“ war der dritte Track, den ich Adam<br />
schickte, ehe er so etwas wie eine Inspiration<br />
verspürte. Als er den ersten bekam,<br />
meinte er zu mir: „Weißt du Paul, ich weiß<br />
wirklich nicht, was ich damit machen soll<br />
– es ist doch ein fertiger Track.“ Seine Reaktion<br />
auf die zweite Nummer: „Wow, das ist<br />
wirklich komplex. Ich stellte fest, dass er<br />
ein wirklich faszinierender Typ mit einer<br />
inspirierenden Sicht auf das Leben ist. Also<br />
ging ich zurück ins Studio und produzierte<br />
etwas, das offener gestaltet war, das Adam<br />
in keine Grenzen zwang. Ich erlaubte ihm,<br />
dem Song seinen Stempel aufzudrücken,<br />
das hat wundervoll funktioniert.<br />
„Verano“<br />
feat Austin Leeds<br />
Als wir „Verano“ produzierten, war ich in<br />
meinem Studio in Berlin, wo zu dieser Zeit<br />
Schnee lag, während sich Austin aus Miami<br />
einwählte. Wir arbeiteten an demselben<br />
Track, aber beim Blick aus dem Fenster sah
Kunst & Kultur | Hörenswert | CD | Track-By-Track<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 75<br />
er statt Schnee einen wolkenlosen Himmel<br />
und Palmen. Was immer ich auch für Musik<br />
produziere – ob meine eigene, einen Remix<br />
für Madonna, Timberlake oder wen auch<br />
immer – alles beginnt gedanklich für mich<br />
in einem Kellerclub in Berlin. Stroboskoplicht,<br />
Kondenswasser, das die Wände herab<br />
läuft; das ist es, was ich am Tresor oder dem<br />
E-Werk so liebte.<br />
Als dieser Background auf Austins Miami<br />
traf – expressiv, sonnig, ungezügelt – dachte<br />
ich, dass es genau diese doch seltsame<br />
Verbindung ist, die diesem Track zugrunde<br />
liegt. Ich mag den Gedanken, dass man<br />
sich dafür aneinander reibt, sich die DNA<br />
vermischt ...<br />
„I Don‘t Deserve You“<br />
feat Plumb<br />
Plumb ist eines dieser verrückten Internetphänomene.<br />
Sie ist Singer/Songwriterin,<br />
die durch die zeitgemäße Christen-Szene<br />
Tennessees berühmt wurde. Es war mir<br />
wichtig, etwas wirklich Eindringliches mit<br />
ihr zu machen, etwas sehr Intimes. Hier<br />
die Balance zu finden, war schon tricky. Sie<br />
kam dann mit den wundervollsten Lyrics<br />
und Vocals auf „I Don‘t Deserve You“ zu mir<br />
zurück, und von Minute Eins an hab ich<br />
gewusst, dass wir diese Nummer genau so<br />
machen müssen.<br />
„The Sun After Heartbreak“<br />
feat Sue McLaren & Arty <br />
Sue ist wohl eine der besten Sängerinnen,<br />
die ich in der Zeit zwischen „In Between“<br />
und „Evolution“ getroffen habe. Wenn man<br />
genau hinhört, stellt man fest, dass der<br />
Gesang in unzählige kleine Teile zerlegt<br />
wurde. Jedes kleinste „Hoooh“ und „Hah“<br />
wurde extrahiert und verstärkt das Gefühl<br />
des Tracks, gibt ihm einen warmen und<br />
eindringlichen Effekt.<br />
„Rock This“<br />
Dieser Track ist auch auf eher ungewöhnliche<br />
Art und Weise zustande gekommen.<br />
Ich bin ein großer Fan von The Wombats<br />
und habe vor einigen Jahren einen Remix zu<br />
ihrem Song „Moving To New York“ gemacht.<br />
Sie haben ein neues Album namens „The<br />
Modern Glitch“ in Arbeit und mich gefragt,<br />
ob ich einen Remix für die erste Single<br />
„Tokyo“ machen könnte. Ihr Label hat sich<br />
dann umentschieden und einen anderen<br />
Song ausgewählt, der lustigerweise den<br />
Titel „Techno Fan“ trägt.<br />
Bei dieser Nummer hat es bei mir allerdings<br />
nicht klick gemacht. Ich war darüber so<br />
frustriert, dass ich etwas releasen musste,<br />
um dies auszugleichen. Daraus resultierte<br />
„Rock This“, eine Art Gedankenausstoß in<br />
Produktionsform.<br />
„Dae Yor“<br />
feat Ummet Ozcan<br />
Wie auch bei Sue McLaren geht es mir bei<br />
Ummet darum, talentierte Leute zu Beginn<br />
ihrer Karriere zu entdecken und mit ihnen<br />
auf der Bühne zusammen zu arbeiten.<br />
Ummet ist ein sehr frischer Name, er macht<br />
sehr undergroundigen, coolen Tech-Trance.<br />
Wir haben uns zum ersten Mal beim Musikfestival<br />
Tomorrowland getroffen.<br />
„All The Way“<br />
feat Tyler Michaud & Fisher<br />
Tyler und ich haben uns bisher noch nie<br />
getroffen, obwohl wir einander schon sehr,<br />
sehr lange kennen. Wir müssen das unbedingt<br />
bald nachholen. Er hat einige Tracks<br />
für mein Label VANDIT produziert sowie ein<br />
paar Remixe. Am Anfang war „All The Way“<br />
ein wirklich verrückter, spleeniger, Dubstepähnlicher<br />
Electrotrack mit den Vocals von<br />
Fisher. Ich nahm dann eine Basis auf, die<br />
sich mehr nach Fischers Song anfühlte. Es<br />
mag kein Electro House-Track im ursprünglichen<br />
Sinne sein, aber so sollte Electro<br />
House für mich klingen.<br />
„If You Want My Love“<br />
feat Caligola<br />
Caligola sind Gustaf und Björn, die Frontmänner<br />
der schwedischen Alternative Rockband<br />
Mando Diao. Sie spielten in Berlin<br />
und ich ging hin, um dort direkt mit ihnen<br />
zu sprechen. Sie erzählten mir von ihrem<br />
neuen Projekt Caligola, das sie gestartet<br />
hatten. Sie waren gerade dabei, die Songs<br />
für ein Album zu schreiben und wollten<br />
gerne etwas von mir bearbeiten lassen, um<br />
es in ihrem Song zu verwenden. Das hat<br />
mich sehr berührt.<br />
Es war toll von ihnen, mich an diesem<br />
Punkt des Prozesses mit einzubinden. Ich<br />
habe ihren Song genommen und bin von<br />
einer etwas avantgardistischen Seite an ihn<br />
heran gegangen, wollte aber die rockige<br />
Präsenz der Vocals beibehalten. Es ist am<br />
Ende etwas geworden, das man so auf<br />
meinem Album wohl nicht erwartet hätte.
76 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
„Lost In Berlin“<br />
feat Michelle Leonard <br />
Ich habe mich mit Michelle über die<br />
verschiedensten Arten des Songwritings<br />
unterhalten, inklusive immer wieder<br />
kehrender Themen, die in uns bewegen.<br />
Immer mehr Städte fanden in meinen<br />
Stücken ihren Platz, und ich fühlte mich ein<br />
wenig seltsam, dass ich ausgerechnet über<br />
meine Heimatstadt noch nichts gemacht<br />
hatte. Michelle hat hier das Zepter übernommen<br />
und kam drei oder vier Wochen<br />
später mit diesem wahnsinnig tollen Song<br />
zurück, der Berlins Lebensgefühl von gestern<br />
und heute perfekt einfängt.<br />
Für mich fühlt sich „Lost In Berlin“ wie eine<br />
Beziehung an, die funktioniert oder eben<br />
auch nicht. Manchmal hoffnungsfroh,<br />
manchmal melancholisch und versunken,<br />
wunderschön, aber leicht zerbrechlich.<br />
„Everywhere“<br />
feat Fieldwork <br />
Hinter Fieldwork verbirgt sich Johnny<br />
McDaid. Johnny und ich sind schon lange<br />
Freunde, das werden all jene wissen, die<br />
meine Karriere schon eine Weile verfolgen.<br />
Für „Everywhere“ kam Johnny vergangenen<br />
Sommer nach Berlin, zu einer mehrwöchigen<br />
„On/Off“-Jam Session, und das ist ein<br />
wirklich seltener Luxus. Mit dem Song wollte<br />
er das traditionelle Liebeslied zerlegen. In<br />
der Regel beschreiben Lovesongs alles mit<br />
ganz großen Gesten, Liebe wird von der<br />
Entertainmentindustrie zu etwas Riesigem<br />
hochstilisiert. Wenn man aber ganz ehrlich<br />
ist, ist Liebe doch eher etwas sehr Kleines,<br />
Intimes und Persönliches. Dieser Song relativiert<br />
dies, am Ende geht es einfach um<br />
zwei Personen.<br />
„A Wonderful Day“<br />
feat Giuseppe Ottaviani<br />
Giuseppe ist so sehr Teil der VANDIT Produktionsfamilie,<br />
wie man es nur sein kann. Ich<br />
kann gar nicht ausdrücken, wie wichtig sein<br />
Sound für das Profil des Labels über all die<br />
Jahre geworden ist. Für mich ist es unvorstellbar,<br />
ein Paul van Dyk-Album ohne<br />
Giuseppes Mitwirkung zu machen. Du bist<br />
keine fünf Minuten mit ihm im Studio, der<br />
Computer ist gerade hochgefahren, da ist<br />
auch schon ein Track in Arbeit.<br />
„We Come Together“<br />
feat Sue McLaren <br />
Elektronische Musik bringt die Menschen<br />
seit 25 Jahren zusammen und schafft das<br />
weitaus effektiver als jede andere Musikbewegung<br />
der modernen Geschichte.<br />
Mit diesem Track wollte ich diesen Spirit<br />
erneut aufleben lassen. Die Tatsache, dass<br />
Menschen mit unterschiedlichem Background,<br />
Religion und Herkunft vereint und<br />
dabei Gewalt und negative Einstellungen<br />
ausklammert werden, ist wundervoll. Ich<br />
lieferte Sue den eher trancigen Backingtrack,<br />
und sie kam sehr schnell mit den Vocals zu<br />
mir zurück. Ich liebte es sofort, es hat genau<br />
das eingefangen, worüber wir gesprochen<br />
hatten, aber mit süßem, engelsgleichem<br />
Gesang. Es war ein bisschen zu schön. Also<br />
arbeitete ich noch etwas an dem Track,<br />
machte ihn ein bisschen rauer, pushte ihn<br />
ein bisschen mehr in Richtung Electro und<br />
gestaltete die Hauptmelodie technoider. Ich<br />
glaube, es war eine gute Entscheidung, den<br />
Track aus der Trance-Ecke heraus zu holen.<br />
„Heart Stops Beating“<br />
feat Sarah Howells <br />
Was kann ich über Sarah sagen? Sie ist eine<br />
der talentiertesten Sängerinnen da draußen<br />
und verleiht den elektronischen Songs,<br />
auf denen sie singt, eine ganz besondere<br />
Note. Auf der anderen Seite hat sie auch<br />
noch ihr ganz eigenes Ding am Start, ihre<br />
Band Paper Aeroplanes, mit der sie fantastische<br />
Akustik-Gitarrenmusik macht. Ich<br />
habe sie zum ersten Mal bei einem großen<br />
Festival in Hamburg getroffen. Sie ist vor<br />
mir aufgetreten, und ich habe sie mir<br />
sofort geschnappt, als sie von der Bühne<br />
kam, und ihr eine Zusammenarbeit vorgeschlagen.<br />
Website Zum Thema:<br />
www.paulvandyk.com
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 77<br />
www.100yards.de
78 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Abu Dhabi<br />
Vater der<br />
gazelle<br />
Autor: J. M. Brain<br />
Die Scheich Zayed Moschee<br />
ist eines der bedeutensten Bauwerke von Abu Dhabi.
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 79<br />
Im Jahre 1761 verfolgte Scheich Dhiyab<br />
bin Isa bin Nahyan Al Nahyan mit einer<br />
Jagdgesellschaft, die von der Liwa-Oase<br />
am Rande der Rub al-Chali aufbrach, eine<br />
Gazelle bis an den Persisch-Arabischen<br />
Golf, wo diese eine Frischwasserquelle<br />
fand. Dhiyab nannte fortan die Quelle<br />
sein eigen und ließ ein Dorf und ein Fort<br />
mit dem Namen Abu Dhabi errichten<br />
– was übersetzt so viel wie „Vater der<br />
Gazelle“ heißt. Dhiyab bin Isa bin Nahyan<br />
Al Nahyan war von 1761 bis 1793 der<br />
Scheich von Abu Dhabi und der Gründer<br />
der Al-Abu-Falah-Dynastie, die bis heute<br />
Abu Dhabi regiert.<br />
Traditionell arabisches Leben,<br />
im Kreis der Familie<br />
MIT WEITBLICK<br />
IN DIE ZUKUNFT<br />
Nachdem Großbritannien die Trucial<br />
States aufgelöst und die einzelnen<br />
Emirate in die Unabhängigkeit entlassen<br />
hatte, wurden am 2. Dezember 1971 die<br />
Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ins<br />
Leben gerufen. Dieser Tag gilt als offizieller<br />
Gründungstag und ist heute National-feiertag.<br />
Abu Dhabi ist die Hauptstadt<br />
der VAE, die aus den Emiraten Abu<br />
Dhabi, Adschman, Dubai, Fudschaira,<br />
Ra’s al-Chaima, Schardscha und Umm<br />
al-Qaiwain bestehen und von Staatspräsident<br />
Scheich Chalifah Bin Zayed Al<br />
Nahyan regiert werden.<br />
Kamele, Ziegen und Schafe gezüchtet.<br />
Bevor das erste Öl entdeckt wurde, war<br />
die Stadt kaum entwickelt und bestand<br />
vornehmlich aus einfachen Bauten ohne<br />
elektrischen Strom und Anschluss zur<br />
Kanalisation. 1962 begann Abu Dhabi,<br />
Erdöl in die ganze Welt zu exportieren<br />
– heute besitzt es über zehn Prozent<br />
der weltweiten Ölreserven, ist das<br />
reichste der sieben Emirate und verfügt<br />
über eine bestens ausgebaute Infrastruktur,<br />
moderne Hotels und ein<br />
umfangreiches Sozialnetz. So ist die<br />
einheimische Bevölkerung Abu Dhabis<br />
von der Steuerpflicht befreit, erhält<br />
kostenlose medizinische Versorgung und<br />
eine Altersrente.<br />
Bereiche. Neben weltweiten wirtschaftlichen<br />
Vernetzungen und zahlreichen<br />
Beteiligungen steht dabei vor allem der<br />
Tourismus im Mittelpunkt des Interesses,<br />
daher wird immens in ehrgeizige Großprojekte<br />
investiert: Flug- und Yachthäfen,<br />
Shopping-Malls, Golfplätze und Luxus-<br />
Hotels werden buchstäblich aus dem<br />
Boden gestampft. Wenn man Abu Dhabi<br />
und seine rasante Entwicklung in den<br />
letzten Jahren betrachtet, scheint hier<br />
einfach alles möglich zu sein: Immer eine<br />
Spur exklusiver, luxuriöser, moderner und<br />
größer als irgendwo sonst auf der Welt.<br />
TECHNOLOGIETRANSFER<br />
UND WELTWEITE VERNETZUNG<br />
Noch vor 50 Jahren bestand Abu Dhabi<br />
lediglich aus ein paar Palmen und Hütten.<br />
Die Bevölkerung an der Küste lebte von<br />
Perlentaucherei, Fischerei und dem Bau<br />
von Dhows, traditionellen Segelbooten.<br />
In den Wüstenregionen wurden vor allem<br />
Trotz der großen Ölvorkommen, die<br />
groben Schätzungen zufolge noch<br />
an die 90 Jahre einen nahezu unbegrenzten<br />
Reichtum sichern, setzt das<br />
Emirat auf den wirtschaftlichen und<br />
strukturellen Auf- und Ausbau Öl-ferner<br />
Abu Dhabi setzt auch auf Innovation<br />
– aus Deutschland, etwa auf die<br />
Kooperation mit Stuttgart zur Entwicklung<br />
praxistauglicher Elektroautos oder<br />
auf die Dünnschichttechnologie aus<br />
Erfurt; Solarthermie aus Spanien und ...
80 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Sonnenuntergang am Al Jahili Fort,<br />
in der einzigartigen Oasenstadt Al Ain
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 81
82 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
Masdar City ist die erste CO 2<br />
-neutrale<br />
und abfallfreie Stadt der Welt<br />
Erfahrungen mit der Windkraft aus Finnland<br />
und England spielen ebenfalls eine<br />
wichtige Rolle. Die sauberen Technologien<br />
braucht das Emirat nicht zuletzt<br />
für Masdar City: Das Vorzeigeprojekt der<br />
Masdar-Initiative entsteht bis 2016 vor<br />
den Toren von Abu-Dhabi-Stadt. Die<br />
Öko-Modellstadt, entworfen vom britischen<br />
Stararchitekten Sir Norman Foster,<br />
soll die erste CO 2<br />
-neutrale und abfallfreie<br />
Stadt der Welt werden.<br />
Darüber hinaus hat das Scheichtum<br />
ehrgeizige Pläne im Luftfahrtverkehr.<br />
So beteiligte sich in jüngster Zeit die<br />
staatseigene Fluglinie Etihad Airways als<br />
Einzelaktionär an Deutschlands zweitgrößter<br />
Fluggesellschaft Air Berlin, die<br />
daraufhin ihre Flüge von Dubai nach Abu<br />
Dhabi verlegte und fortan Abu Dhabi als<br />
Drehkreuz nutzt. Die Zusammenarbeit<br />
umfasste zunächst die Flüge von Berlin,<br />
Düsseldorf, Frankfurt und München nach<br />
Abu Dhabi sowie die weiterführenden<br />
Flüge nach Bangkok, Male und Singapur.<br />
Im Gegenzug erweitert Etihad Airways ihr<br />
Angebot auf die Air Berlin-Flüge von und<br />
nach Basel, Berlin, Catania, Kopenhagen,<br />
Hamburg, Hannover, Helsinki, Mailand,<br />
Rom, Stuttgart, Venedig sowie Zürich. Air<br />
Berlin, seit Ende März 2012 Mitglied im<br />
Luftfahrtbündnis Oneworld, und Etihad<br />
Airways haben sich zudem auf eine<br />
Kooperation bei Wartung und Einkauf für<br />
die Boeing 787 verständigt.<br />
KUNST UND KULTUR<br />
ZUKUNFT UND VERGANGENHEIT<br />
Auf der Insel Saadiyat hat sich das Emirat<br />
zur Aufgabe gemacht, neben der rasanten<br />
wirtschaftlichen Entwicklung die kultu-
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 83<br />
relle Komponente stärker zu betonen.<br />
Abu Dhabi möchte sich hier vom<br />
Lifestyle-Tourismus Dubais abheben<br />
und sich mehr und mehr zu einer kulturellen<br />
Drehscheibe entwickeln. Die künstlich<br />
erweiterte, östlich der Hauptinsel<br />
gelegene Insel Saadiyat (27 km²) wird<br />
eine Reihe von Großprojekten tragen:<br />
Stätten für bildende Kunst, Musikdarbietung,<br />
Theater und kulturelle Bildung auf<br />
hohem Niveau sollen hier neben den<br />
exklusiven Hotel- und Ressort-Komplexen<br />
(siehe auch Seite 89) errichtet werden.<br />
Es wird mehrere Museen für historische<br />
und zeitgenössische Kunst geben,<br />
eine architektonisch spektakuläre Philharmonie<br />
für Gastorchester sowie eine<br />
Mehrzweckhalle für Opern- und Theateraufführungen<br />
und weitere kulturelle<br />
Events. Dazu sollen Ausbildungsstätten<br />
für bildende und darstellende Kunst auf<br />
Hochschulniveau kommen.<br />
Geschichte des verstorbenen Scheichs<br />
Zayed bin Sultan Al Nahyan sowie die<br />
Geschichte und Kultur der VAE erzählt.<br />
Das Museum wurde von Lord Norman<br />
Foster entworfen, die markanten Türme<br />
des Hauses erinnern an die Flügelspitzen<br />
eines Falken und werden ein<br />
eindrucksvolles Symbol für das kulturelle<br />
Erbe der VAE sein. Das Zayed National<br />
Museum wird über sieben ständige<br />
Ausstellungen und ein Programm für<br />
temporäre Schauen sowie eine große<br />
Bibliothek verfügen. Ein weiteres Großprojekt<br />
ist das Guggenheim Museum<br />
Abu Dhabi, das im Jahr 2017 eröffnen<br />
wird. Die Guggenheim-Stiftung wird<br />
hier ihre bislang größte externe Galerie<br />
für moderne und zeitgenössische Kunst<br />
errichten. Der amerikanische Star-Architekt<br />
Frank Gehry zeichnet für den Entwurf<br />
des Gebäudes verantwortlich und hat<br />
sich von der Architektur der Golfregion ...<br />
Der Louvre Abu Dhabi wurde vom<br />
Star-Architekten Jean Nouvel kreiert,<br />
wird im Jahr 2015 eröffnen und seinen<br />
Schwerpunkt auf klassische Kunst legen.<br />
Gezeigt werden Gemälde, Skulpturen,<br />
Kunstgewerbe, Schriften und Gegenstände<br />
von historischer, kultureller und<br />
soziologischer Bedeutung von der Antike<br />
bis zur Gegenwart. Das auffälligste<br />
Merkmal des Louvre Abu Dhabi wird<br />
seine Kuppel mit einem Durchmesser<br />
von 180 Metern sein.<br />
Das Zayed National Museum wird im<br />
Jahr 2016 der Öffentlichkeit zugänglich<br />
sein und ist als Ort für Diskussionen<br />
und Inspiration gedacht. Dort wird die<br />
Der Louvre Abu Dhabi,<br />
von Star-Architekt Jean Nouvel
84 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Auf der Insel Saadiyat entstehen u. a. das<br />
Guggenheim (links) und der Louvre Abu Dhabi (rechts).
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 85
86 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
mit ihren traditionellen Windtürmen<br />
inspirieren lassen. Gezeigt werden sollen<br />
Werke aus einheimischen Sammlungen<br />
sowie aus der weltweiten Kollektion der<br />
Guggenheim-Stiftung. Scheich Sultan bin<br />
Tahnoon Al Nahyan, Vorsitzender der<br />
TDIC, kommentiert die Ankündigung<br />
des Abu Dhabi Executive Council wie<br />
folgt: „Der Saadiyat Cultural District<br />
wird ein kulturelles Reiseziel der Extraklasse,<br />
das Besucher aus der Welt der<br />
Kunst und Kultur anziehen wird. Die<br />
Museen werden zudem die Entwicklung<br />
von kulturellen Leadern fördern. Durch<br />
die neuen Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
werden auch neue Karrierechancen für<br />
die Bewohner der VAE geschaffen. Wir<br />
tragen so dazu bei, dass Kunst und Kultur<br />
in das tägliche Leben der Gesellschaft<br />
integriert werden und die Bevölkerung<br />
ihr kulturelles Erbe schätzen lernt.“<br />
Das zurzeit bedeutendste und eindrucksvollste<br />
Bauwerk von Abu Dhabi ist die<br />
Scheich Zayed Moschee, die sich in<br />
strahlendem Weiß aus dem Wüstensand<br />
erhebt. Das sakrale Bauwerk befindet<br />
sich auf einem rund 56 Hektar großen<br />
Grundstück am Südostende der Hauptinsel<br />
und ist nach Scheich Emir Zayed<br />
bin Sultan Al Nahyan, einem Mitgründer<br />
der Vereinigten Arabischen Emirate<br />
und ihrem ersten Präsidenten benannt,<br />
dessen Grab sich auch auf dem Gelände<br />
befindet. In ihren Außenmaßen von 224<br />
mal 174 Metern bietet die Moschee Platz<br />
für 40.000 Gläubige. Ihre vier Minarette<br />
messen jeweils 107 Meter, die Hauptkuppel<br />
erhebt sich 75 Meter über dem<br />
Gebetssaal. Mit einem Durchmesser von<br />
32,2 Metern gilt sie als größte Moscheekuppel<br />
der Welt. Den kompakten Zentralbau<br />
säumen über 40 kleinere Kuppeln.<br />
Ein 5.627 Quadratmeter großer und<br />
47 Tonnen schwerer, handgearbeiteter<br />
Teppich aus dem Iran und sieben gigantische<br />
Kristall-Kronleuchter – der größte<br />
hat einen Durchmesser von 10 Metern<br />
und ist 15 Meter hoch – aus vergoldetem<br />
Messing und Edelstahl, die aus Deutschland<br />
importiert wurden, verzieren das<br />
Innere der Moschee. Für die Dekoration<br />
der Innenwände, der Mihrab, für die<br />
Halbmonde auf den Kuppelspitzen und<br />
für die Kronleuchter verwendete man<br />
24-Karat-Gold, Blattgold und Goldglas für<br />
die Mosaike.<br />
Die Moschee ist sonntags bis donnerstags<br />
von 10 bis 11.30 Uhr für Besucher<br />
zur Besichtigung geöffnet. Es empfiehlt<br />
sich eine organisierte Führung durch<br />
die „Abu Dhabi Tourist Authority“. Die ca.<br />
60 bis 90 Minuten dauernde Führung<br />
findet täglich außer samstags um 9 und<br />
10 Uhr statt.<br />
ENTERTAINMENT<br />
ALS SUPERLATIV<br />
Auf der Insel Yas findet jährlich das<br />
Finale der Formel-1-Saison statt. Die<br />
Strecke gilt als eine der größten Herausforderungen<br />
für Rennfahrer und führt<br />
direkt durch das Hotel Yas Viceroy. Im<br />
Norden der Insel präsentiert sich auf<br />
einer Gesamtfläche von 25 Hektar die<br />
Ferrari World als weltgrößter Themenpark.<br />
Die Formula Rossa ist eine der<br />
Hauptattraktionen des Parks und mit ...<br />
Prunkvoller Innenbereich<br />
der Scheich Zayed Moschee
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 87
88 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
Traditionelle Herstellung<br />
von Fischernetzen
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 89<br />
240 km/h die schnellste Achterbahn<br />
der Welt (Beschleunigung von 0 auf<br />
100 km/h in 2,9 Sekunden und von 0 auf<br />
240 km/h in 4,9 Sekunden). Auch der<br />
US-Filmkonzern Warner Bros. plant hier<br />
einen Erlebnispark der Superlative.<br />
Ein 15 Hektar großes Mekka für Wasserratten<br />
entsteht nur einen Steinwurf von<br />
der Ferrari World entfernt und beeindruckt<br />
mit einer umfangreichen Thematisierung,<br />
die auf einer eigens für den<br />
Park geschriebenen Geschichte basiert:<br />
„The Lost Pearl“ erzählt von den Abenteuern<br />
einer jungen Perlentaucherin<br />
auf der Suche nach einer auserlesenen<br />
Perle, die ihrem Dorf einst den Wohlstand<br />
brachte. Die Besucher des Wasserparks<br />
treten dabei in die Fußstapfen des<br />
Emirati-Mädchens Dana und erleben 40<br />
abenteuerliche Attraktionen, darunter<br />
33 Wasserrutschen und eine einzigartige<br />
Perlentaucher-Show. „Unser Wasserpark<br />
auf Yas Island wird einer der modernsten<br />
der Welt und allen Familienmitgliedern<br />
etwas bieten“, erzählt Park-Manager Mike<br />
Oswald begeistert.<br />
Wer es etwas ruhiger und historischer<br />
mag, sollte das Heritage Village besuchen,<br />
das in der Nähe des Breakwater und<br />
der Marina Mall liegt. Die Nachbildungen<br />
von traditionellen Wüstenlagern geben<br />
den Besuchern einen Eindruck vom<br />
Leben der Beduinen im früheren Abu<br />
Dhabi. Andere Rekonstruktionen zeigen<br />
ein altes Brunnen- und Bewässerungssystem,<br />
Lehmziegelhäuser, alte Fischersiedlungen<br />
und Souks (Bazaars). Besonders<br />
interessant sind die verschiedenen<br />
Werkstätten, in denen althergebrachte<br />
Metallarbeiten, Töpferei und Weberei<br />
demonstriert werden und Besucher<br />
diese sogar selbst ausprobieren dürfen.<br />
Ein Gewürzgeschäft innerhalb des Heritage<br />
Village regt die kulinarischen Sinne<br />
an, und ein kleines Museum rundet<br />
mit einer Ausstellung von Alltagsgegenständen,<br />
Schmuck und Waffen den<br />
Besuch ab.<br />
WOHNEN, ERHOLEN<br />
UND GENUSS<br />
Das 5-Sterne-Hotel Jumeirah at Etihad<br />
Towers liegt am Ufer des Arabischen<br />
Golfs im exklusiven Stadtteil Ras Al<br />
Akhdar an der West Corniche, 37 Kilometer<br />
vom internationalen Flughafen<br />
Abu Dhabis entfernt. Der herausragende<br />
Komplex befindet sich direkt am Strand<br />
und besteht aus fünf Türmen, die durch<br />
ein Podium verbunden sind, das sich<br />
über insgesamt vier Ebenen erstreckt.<br />
Die imposante Innenarchitektur ist ein<br />
faszinierendes Spiel mit Licht, Raum und<br />
Farben. Einen fantastischen Ausblick auf<br />
die Corniche und die Skyline hat man in<br />
Ray‘s Bar in der 62. Etage und im exquisiten<br />
pan-asiatischen Restaurant Quest.<br />
Das Kempinski Emirates Palace gleicht<br />
einem Märchenschloss aus 1001 Nacht<br />
und liegt unweit des Stadtzentrums an<br />
einem 1,3 km langen Privatstrand inmitten<br />
einer rund 100 Hektar großen<br />
Gartenanlage. Das 6-Sterne-Hotel dient<br />
vor allem der Unterbringung von Staatsgästen.<br />
Die 302 Zimmer und 92 Suiten<br />
können aber auch normal gebucht ...
90 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Auf der Insel Saadiyat unterliegt der Schutz<br />
der Brutstätten der Hawksbill-Schildkröten strengen Auflagen.
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 91
92 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
Eine der größten Sandwüsten<br />
der Welt: Al Gharbia
Reise | ABU DHABI | VATER DER GAZELLE<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 93<br />
werden. Blickfang des Hotels ist die<br />
60 Meter hohe Kuppel des Hauptgebäudes,<br />
die ebenso wie die weiteren<br />
113 Kuppeln der Anlage mit reichlich<br />
Blattgold veredelt wurde. Im achten<br />
Stock des Emirates Palace sind die<br />
680 m 2 großen Privatsuiten der Regenten<br />
des Golf-Kooperationsrats untergebracht.<br />
16 Restaurants und Bars laden zum<br />
Verweilen ein und bieten eine reichhaltige<br />
Auswahl für jeden Geschmack.<br />
Beschaulicher und erholsamer geht es im<br />
St. Regis Resort auf der Insel Saadiyat zu.<br />
Die noch unberührte und naturbelassene<br />
Insel – aus dem Arabischen übersetzt<br />
„Insel des Glücks“ – soll in drei Phasen<br />
von 2006 bis 2018 in einen idyllischen,<br />
ökologisch ausgerichteten Erholungsgroßkomplex<br />
verwandelt werden. Die<br />
Insel liegt rund 500 Meter vor der Hauptstadt<br />
Abu Dhabi und wird von der Abu<br />
Dhabi Tourism Development & Investment<br />
Company koordiniert, die unter der<br />
Schirmherrschaft von Scheich Sultan bin<br />
Tahnoon al Nahyan (Chairman der Abu<br />
Dhabi Tourism Authority) steht. Flache<br />
Lagunen, unberührte Strände, romantische<br />
Sonnenuntergänge und eine große<br />
Vielfalt an Vögeln, die in weitläufigen<br />
Mangrovenwäldern nisten, sind kennzeichnend<br />
für Saadiyat. Um den Lebensraum<br />
der vom Aussterben bedrohten<br />
Karettschildkröten auf der Insel nicht zu<br />
gefährden, wurde eine Liste von Richtlinien<br />
und Maßnahmen zum Schutz der<br />
Tiere erstellt, darunter eine Regulierung<br />
von Licht und Lärm während der Nistperiode.<br />
Die frisch geschlüpften Schildkröten<br />
orientieren sich am Schimmern<br />
des Meeres, um ihren Weg zu finden.<br />
Falls es andere Lichtquellen oder viel<br />
Lärm gibt, können sie sich leicht verirren.<br />
Das St. Regis vereint im mediterranen<br />
Stil klassische Raffinesse mit modernem<br />
Luxus. Das Resort bietet insgesamt 377<br />
Zimmer und Suiten, die geräumig und<br />
geschmackvoll eingerichtet sind und<br />
jeweils über einen großzügigen Balkon<br />
verfügen. Je nach Kategorie eröffnen<br />
sie Ausblicke über den Golfplatz, die<br />
Gartenanlage oder das Arabische Meer.<br />
Feinschmecker und Genießer guten<br />
Essens können sich in fünf Restaurants<br />
und Bars verwöhnen lassen.<br />
Der ebenfalls auf der Insel Saadiyat<br />
gelegene Monte Carlo Beach Club folgt<br />
dem Stil seines 1920 erbauten Vorbilds<br />
an der Côte d‘Azur und liegt an einem<br />
neun Kilometer langen Naturstrand mit<br />
weißem Sand, kleinen Dünen und glasklarem<br />
Wasser. Private Cabanas und<br />
luftige Tagesbetten stehen in der Nähe<br />
des großen Swimmingpools. Zum Arabischen<br />
Ozean führt ein Holzsteg, um<br />
auch hier die Eiablageplätze der Karettschildkröten<br />
zu schützen.<br />
Auch für Delfine zählt die vorgelagerte<br />
Küste zum natürlichen Lebensraum. In<br />
der angesagten Location können Gäste,<br />
die nicht direkt für ein ganzes Jahr<br />
Mitglied werden möchten, gegen eine<br />
Tages- oder Wochenendgebühr den<br />
Strand- und Poolbereich nutzen und<br />
für einen entspannten Cocktail oder die<br />
ausgesucht-exzellente Küche in den vier<br />
stylischen Bars und Restaurants vorbeischauen.<br />
Links zum Thema:<br />
www.visitabudhabi.ae<br />
www.airberlin.de<br />
www.etihadairways.com<br />
Jumeirah at etihad towers:<br />
www.jumeirah.com<br />
St. Regis Resort:<br />
www.stregissaadiyatisland.com<br />
Monte Carlo Beach Club:<br />
www.montecarlobeachclub.ae<br />
Hyatt capital gate:<br />
www.hyatt.com<br />
Sheikh Zayed Moschee:<br />
www.szgmc.ae<br />
Saadiyat Island:<br />
www.saadiyat.ae<br />
Stadtführungen:<br />
www.claudiagehre.com<br />
(Termin nach Vereinbarung)<br />
Empfehlung Reiseführer:<br />
Lonely Planet<br />
Abu Dhabi – City Guide<br />
Seiten: 224, Karten: 7<br />
www.lonelyplanet.de
94 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Lifestyle & Trend | Neue Generationen | GLK & G-Klasse<br />
Twice as good<br />
zwei Dynamische<br />
Grenzgänger<br />
Autor: J. M. brain
Lifestyle & Trend | Neue Generationen | GLK & G-Klasse<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 95<br />
Die neue Generation G-Klasse<br />
Die G-Klasse markiert seit 33 Jahren die Spitze unter den Geländewagen und verkörpert<br />
seit jeher Werte wie Qualität und Langlebigkeit. Äußerlich und vom Charakter<br />
her hat sich die Offroad-Ikone seit 1979 kaum verändert, wurde aber immer auf<br />
dem technisch neuesten Stand gehalten. Kein Wunder also, dass sie derzeit den<br />
x-ten Frühling erlebt.<br />
Die neue GLK-Generation<br />
Als „Youngster“ hat der GLK von Anfang an die Rolle des dynamischen Lifestylers<br />
übernommen. Im Zuge der Modellpflege wurde das sportliche Profil weiter<br />
geschärft: Die Neuauflage kombiniert das klassisch, geradlinige Design mit der<br />
modernen Formsprache der aktuellen Mercedes-Benz Limousinen, die sich<br />
auch im Innenraum konsequent fortsetzt.
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Lifestyle & Trend | Neue Generationen | GLK & G-Klasse<br />
Überlegen im Gelände<br />
Ob im Gelände oder auf der Straße, als „Arbeitstier“ oder „Luxus-Vollblüter“ die<br />
neue G-Klasse macht On- und Offroad eine gute Figur: Dank Motoren mit einem<br />
enormen Drehmoment ist der „G“ ein herausragender Zugwagen, auf unwegsamem<br />
Terrain bietet er u. a. wegen seiner drei elektrisch zuschaltbaren, 100-prozentigen<br />
Differenzialsperren, seinem Leiterrahmen und den Starrachsen Qualitäten, die ihresgleichen<br />
suchen.
Lifestyle & Trend | Neue Generationen | GLK & G-Klasse<br />
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Lifestyle & Trend | Neue Generationen | GLK & G-Klasse<br />
Ungetrübter Fahrspass<br />
Ihre Geländegängigkeit prägt nicht nur die charakteristische Form der neuen<br />
Generation GLK. Auch ihren hohen Sicherheitsanspruch. So kann zum Beispiel<br />
der optionale Spurhalte-Assistent beim unbeabsichtigten Überfahren der Fahrbahnmarkierung<br />
warnen und bei Nichtreagieren durch gezielte Bremseingriffe<br />
den Kurs optimieren.
Lifestyle & Trend | Neue Generationen | GLK & G-Klasse<br />
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100 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Das Parfum<br />
Duftkultur<br />
mit kreativer Nische<br />
Autor: Dr. B. Kubartz<br />
Rose Oud von Kilian Hennessy,<br />
der seine Düfte zu Kunstwerken adelt
Lifestyle & Trend | Begehrenswert | Beauty<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 101<br />
Haben Sie schon einmal von Humiecki &<br />
Graef gehört? Oder Diptyque? Sagt Ihnen<br />
der Name Frederic Malle etwas? Vielleicht<br />
Le Labo? Wenn Sie mit dem Kopf<br />
schütteln und mit den Namen nichts<br />
verbinden, dann geht es Ihnen wie vielen.<br />
Fallen Ihnen dagegen Namen wie Skarb,<br />
Philosykos, Portrait of a Lady und Bergamotte<br />
22 dazu ein, dann kennen Sie sich<br />
in dieser Nische bestens aus. Es handelt<br />
sich nämlich um Parfummarken und<br />
die dazugehörenden Produkte kleiner<br />
Hersteller – und einige der erwähnten<br />
zählen mitunter schon zu den größeren<br />
im Segment. Hunderte kleiner Marken<br />
tummeln sich in einem Marktsegment,<br />
das die Eigen- und Neuinterpretation<br />
von Luxus, Kunstfertigkeit und Liebe zum<br />
Duftdetail unterstreicht.<br />
Doch was hat dieser Beitrag mit dem<br />
Thema Weitblick zu tun? Denn genau<br />
genommen ist Weitblick hier eher antagonistisch:<br />
Ein Parfum ist nur in nächster<br />
Nähe wahrnehmbar und für das Auge<br />
unsichtbar. Einerseits erhalten Düfte erst<br />
durch Nähe, Intimität und Ko-Präsenz<br />
ihren Wert, andererseits betonen Soziologen<br />
und Anthropologen wiederholt,<br />
dass wir in einer audio-visuellen Gesellschaft<br />
leben. Die beiden Sinne des Hörens<br />
und Sehens dominieren – so die Fachexperten<br />
– das Dasein und die Wirtschaft.<br />
Im Gegensatz dazu werden die anderen<br />
drei Sinne untergeordnet. Düfte stellen<br />
dies auf den Kopf, denn sie kommunizieren<br />
über den Geruch. Aufgrund der<br />
direkten Weiterleitung an das limbische<br />
System triggern Düfte Effekte nicht rational,<br />
sondern emotional: Sie erzeugen<br />
Foto: K. Hennessy<br />
Parfumeur<br />
Kilian Hennessy<br />
unterbewusst Reaktionen. Düfte gelten<br />
daher im Sinne des Branding als ideale<br />
Transporteure von Marken, die subversiv<br />
Erinnerung und Wiedererkennung fördern.<br />
Weitblickend skizzieren wir hier den<br />
Markt – und verbinden gleichzeitig damit<br />
die Einladung, die Nische der Duftkultur<br />
näher kennen zu lernen.<br />
Einblicke in die Welt<br />
der Nische<br />
Nischenmärkte gibt es in allen Branchen.<br />
Bei der Nische handelt es sich um einen<br />
Bruchteil des Gesamtmarkts, die Erfahrungshorizonte<br />
von Verbrauchern sind<br />
im Vergleich zum Massenmarkt geringer.<br />
Oft gilt die Nische als konzeptionell und<br />
gedanklich fortschrittlich, weil unbeschrittene<br />
Pfade gegangen und neue<br />
Möglichkeiten getestet werden. Spezialisierung<br />
der Branche und Individualisierung<br />
der Gesellschaft haben auch<br />
im Parfumsegment einen vielfältigen<br />
und wachsenden Nischenmarkt kreiert.<br />
Die Regale der Parfümerien sind voll.<br />
In immer schnelleren Zyklen kommen<br />
neue Düfte auf den Markt, die oft schnell<br />
wieder verschwinden. Die Düfte aus der<br />
Nische scheinen jedoch die Branche<br />
aufzurütteln und neue Antworten auf die<br />
Sehnsucht nach Echtem und Wahrem zu<br />
geben.<br />
Branchenexperten streiten noch über die<br />
passende Bezeichnung der andersartigen<br />
Düfte. Begrifflichkeiten wie Artistik- und<br />
Zukunftsmarken, Internationale Artisan<br />
oder Independent Fragrances existieren.<br />
Sie sind das Resultat der Vision, einem<br />
Publikum, das individuelle Wünsche, sich<br />
auskennt und Lust an außergewöhnlichen<br />
Produkten hat, olfaktorische Qualität zu<br />
offerieren. Generell gesehen sind Düfte<br />
aus der Nische meist besonders. Sie<br />
zeichnen sich durch ihre Ideenvielfalt,<br />
Geschichtenreichtum und Originalität<br />
aus. Die eingeschränkten Vertriebs- und ..
102 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Lifestyle & Trend | Begehrenswert | Beauty<br />
Foto: Aus Liebe zum Duft, Wuchsa<br />
Parfumeur Thorsten Biehl beim<br />
kreieren eines neuen Duftes
Lifestyle & Trend | Begehrenswert | Beauty<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 103<br />
Bezugsmöglichkeiten, sind die Eigenheiten<br />
einer Nische – wie mitunter auch<br />
der hohe Preis.<br />
Die Düfte für Humiecki & Graef etwa<br />
wurden von den Parfümeuren Christophe<br />
Laudamiel und Christoph Hornetz<br />
auf Basis von Fotografien und kurzen<br />
Skizzierungen frei entworfen. Es geht<br />
um Themen wie Liebe, Schwermut,<br />
Begierde, Hysterie und Freude, Wut und<br />
Zerstörung – ausgedrückt in Düften. Die<br />
Parfümeure hatten hier größtmögliche<br />
Freiheit, die Düfte nach ihrem Gusto zu<br />
kreieren. Das Haus ist nach dem Familiennamen<br />
der Großmütter der beiden<br />
Duftdesigner Sebastian Fischenich und<br />
Tobias Mueksch benannt, die eine besondere<br />
Rolle im Leben beider spielten,<br />
und fester Bestandteil der Markengeschichte.<br />
jeder Marke. Was zwei Ecken weiter zu<br />
finden ist, bleibt uninteressant. Großstädtische<br />
Einzelhandelsgeschäfte wie<br />
das Quartier 206 in Berlin, Harald Lubner<br />
in Hamburg, Brückner in München,<br />
Apropos in Köln oder Beauty Affair in<br />
Düsseldorf sind weitere Stationen, die<br />
häufig als Anlaufpunkte dienen.<br />
Exklusive<br />
Kreationen<br />
Der wichtigste Gesichtspunkt, dass ein<br />
Nischen-Duft anders und außergewöhnlich<br />
ist, wird durch den Einsatz exotischer<br />
Inhaltsstoffe und die Kreation unvergleichlicher<br />
Mixturen beschrieben. Substanzen,<br />
die für massentaugliche Düfte<br />
zu teuer oder schlicht zu schräg sind,<br />
werden hier eingesetzt. Auch eine exzessive<br />
Dosierung ist ein gern genutztes<br />
Stilmittel. Exklusive Essenzen wie Adlerholz,<br />
Weihrauch, Tonkabohne, Patchouli,<br />
Vetiver, Jasmin und Tuberose kommen<br />
aus diesen Gründen in Düften, die allen<br />
gefallen, kaum vor.<br />
Grossmith London’s Shem-el-Nessim<br />
bedeutet im Arabischen so viel wie<br />
„rieche den Wind“ und ist nach einem<br />
ägyptischen Frühlingsfest auf dem Nil<br />
benannt. Klassische Eleganz mit einem<br />
Hauch kolonialer Geschichte und einem<br />
nachhaltigen Klang.<br />
Puredistance’s Puredistance 1 vermittelt<br />
zeitlose Eleganz, Dezenz, Erhabenheit<br />
und Schönheit. Ein unaufdringlicher, aber<br />
präsenter und charmant-unaufdringlicher<br />
Floralduft.<br />
Vertrieb und Bezug von Nischenprodukten<br />
sind in der Regel nur selektiv<br />
möglich. Kunden wissen oft im Vorhinein,<br />
wo es Nischenprodukte gibt,<br />
erhalten Empfehlungen oder finden<br />
sie online. „Aus Liebe zum Duft“ ist ein<br />
besonders gut sortierter Onlinhandel<br />
und zählt deutschlandweit zu den<br />
größten Anbietern von Nischendüften.<br />
Der Eigentümer Georg R. Wuchsa legt<br />
hohen Wert auf die konzeptionelle und<br />
geruchliche Eigenart und Alleinstellung<br />
Etat Libre d’Orange’s Jasmin en Cigarette<br />
beispeilsweise thematisiert starke Frauen<br />
wie Greta Garbo, Marlene Dietrich und<br />
das Ambiente der 1930er Jahre – aber<br />
auch die Lässigkeit und Natürlichkeit der<br />
80er, in denen Frauen Jeans trugen und<br />
Zigaretten rauchten.<br />
Und letztlich Blood Concept’s AB, ein<br />
Duft, der die Blutgruppe AB olfaktorisch<br />
mit Aldehyden und metallischen Noten<br />
einem visionären, scharfsinnigen und<br />
individualistischen Träger widmet: ein<br />
kühler, technisch wirkender Duft für die<br />
besondere Note.
104 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
Lifestyle & Trend | Begehrenswert | Beauty<br />
Foto: Constantin Film<br />
Szene aus dem<br />
Film: „Das Parfum“<br />
Über die Düfte hinaus ist jede Marke so<br />
aufgebaut, dass sie sich auch im Nischenuniversum<br />
vertreten sieht. Die Kunden<br />
sind hier anspruchsvoller und interessierter,<br />
Herkunft und Bedeutung der<br />
Düfte müseen erklärt werden: Was hat es<br />
mit der Marke auf sich, wofür stehen die<br />
Düfte und welche Inhaltsstoffe werden<br />
wie eingesetzt? Anderssein wird heute<br />
perfektioniert und kultiviert. Darauf<br />
legen gerade die Hersteller der kleinen<br />
Serien großen Wert – auch, so meinen<br />
Brancheninsider, weil die Kunden ästhetisch<br />
ausgereifte Parfums bevorzugt<br />
kaufen. Besonderheit muss ganzheitlich<br />
umgesetzt werden. Das ist oftmals eine<br />
finanzielle Herausforderung. Welcher<br />
Duft kann wie kommuniziert werden,<br />
damit er gekauft wird und in Erinnerung<br />
bleibt? Wie muss der dazugehörende<br />
Flacon aussehen? Welche Verpackungen,<br />
Farben und Formen passen? Was ist<br />
wertig, aber nicht zu teuer? Auch in der<br />
Vorgehensweise der Kreation existieren<br />
Unterschiede. Generell steht hier die Freiheit<br />
der Konzeption und die Formulierung<br />
markanter Düfte im Vordergrund.<br />
Diese entstehen meist ohne die im<br />
Massenmarkt etablierte Marktforschung.<br />
Darauf kann auch getrost verzichtet<br />
werden, denn den Markenkäufern und<br />
Duftfans ist es eher wichtig, die Hintergründe<br />
und Motivationen einer Marke zu<br />
verstehen. Wer sind die kreativen Köpfe,<br />
wer arbeitete für das Projekt und mit wem<br />
zusammen? Oftmals bilden sich über<br />
Marken hinweg Allianzen der Empfehlung<br />
nach dem Motto „wenn dieser<br />
Parfumeur am Duft mitgearbeitet hat,<br />
muss der Duft gut sein“. Wie in anderen<br />
Branchen arbeitet also auch die Parfumszene<br />
mit der knappen Ressource<br />
Aufmerksamkeit und der Begeisterung<br />
von Fans: Dank Social Media und international<br />
bekannter Online-Shops wie<br />
„Aus Liebe zum Duft“ oder „Luckyscent“<br />
in den USA und Austauschbörsen wie<br />
„Beautyboard“ können kleine Marken<br />
sich und ihre Geschichte präsentieren<br />
und ihre Getreuen um sich scharen. So<br />
werden Düfte vielfach wie Weine degustiert.<br />
Abfüllungen werden gewünscht,<br />
Duftproben gereicht, die Struktur der<br />
Düfte analysiert – was ist in der Kopf-,<br />
Herz- und Basisnote? Es geht darum,<br />
neue Kreationen zu probieren, den<br />
Geruchssinn zu schärfen und sich über<br />
die Kreationen auszutauschen. In Blogs<br />
und Communities wie „parfumo.de“,<br />
„basenotes.net“ oder „sniffapalooza.com“<br />
geht es um den inhaltlichen Austausch,<br />
die Interpretation eines Duftes, Querverweise,<br />
Eigeninterpretationen, Analogien.<br />
Die analysierende und vergleichende<br />
Besprechung eines Duftes bildet<br />
das Wissen und die Kommunikationsfähigkeit<br />
eines Profilinhabers ab. Im Netz<br />
begutachten Liebhaber was en vogue<br />
und Trend ist. Gerade für kleine Marken<br />
ist diese Social-Web-PR wirtschaftlich<br />
nützlich und wichtiger Bestandteil des<br />
Marketings.<br />
Gestern<br />
und heute<br />
Parfumeure wurden seit jeher als Alchemisten<br />
beschrieben, als Zauberer, die<br />
Substanzen wie von Geisterhand kreativ<br />
zusammenbringen. Im Frankreich des<br />
18. und 19. Jahrhunderts wuchsen sie in<br />
Parfumeursfamilien heran, in denen die<br />
Riech- und Kreationskunst zum alltäglichen<br />
Geschäft gehörte. Heute existieren<br />
Parfumeursschulen der großen Duftproduzenten,<br />
zudem bietet ein Institut an<br />
der Universität Versailles eine entsprechende<br />
Ausbildung an.
Lifestyle & Trend | Begehrenswert | Beauty<br />
<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 105<br />
Parfumeure wie Thorsten Biehl und Kilian<br />
Hennessy trainieren tagtäglich ihre Nase<br />
– ihr wichtigstes Arbeitsinstrument. In<br />
ihrer Ausbildung lernen sie zunächst<br />
die einzelnen Inhaltsstoffe kennen und<br />
speichern die Gerüche, dann riechen sie<br />
Inhaltstoffe aus produzierten Parfums<br />
heraus, kreieren existierende Düfte nach,<br />
um später ihre eigenen zu erschaffen.<br />
In ihrer kreativen Freiheit werden viele<br />
Parfumeure des Massenmarkts immer<br />
stärker eingeschränkt. Zum einen<br />
schrumpft die Palette an nutzbaren<br />
Inhaltsstoffen (aus Sicherheitsgründen<br />
wie etwa dem Schutz vor Allergien<br />
werden Rohmaterialien zunehmend<br />
verboten), zum anderen beschränken<br />
die Auftraggeber der Duftproduzenten<br />
mit Preisvorgaben und Änderungswünschen,<br />
die aus der Marktforschung<br />
erwachsen, die Kreativität. In dieser<br />
Hinsicht ist die Nische ein idealer Betätigungsplatz<br />
für Parfumeure – zwar sind<br />
die Umsätze gering, der Freiheitsgrad<br />
aber ist entsprechend hoch.<br />
Nische<br />
versus Massenmarkt<br />
Die Frage, ob Nischendüfte gut oder<br />
sogar besser als Parfums riechen, die man<br />
häufiger oder überall finden kann, muss<br />
jeder für sich selbst beantworten. Grundsätzlich<br />
ist der Begriff der Nische jedoch<br />
positiv besetzt. Was zur Nische zählt,<br />
muss Qualität bedeuten, so die gängige<br />
Meinung. Der Begriff „Nische“ sagt aber<br />
per se nichts über Qualitätsmerkmale<br />
aus. Nicht alle Nischendüfte sind gut<br />
oder gar besser, und nicht alle Düfte der<br />
Masse sind automatisch schlecht.<br />
Die drei Komponenten von Struktur,<br />
Stabilität und Haltbarkeit gelten als Kriterien<br />
dafür, ob Düfte objektiv gesehen<br />
„gut“ sind. Eine Nische ist hoch kreativ,<br />
kleinteilig und markenspezifisch oft ein<br />
finanzielles Risiko. Doch die Bedeutung<br />
der Nische nimmt zu, da die Produkte<br />
in multimedialer Aufbereitung eine<br />
Wissenswertes:<br />
Ist ein Parfum bzw. Duft geschlechterspezifisch?<br />
Die Geschlechterbestimmung ist nicht<br />
vorgegeben, sondern eine Marketingerfindung,<br />
denn indem ich meine<br />
Konsumentengruppe einschränke, kann<br />
ich diese besser ansprechen.<br />
Düfte sind nicht per se für Frauen. Sie<br />
sind grundsätzlich für alle da.<br />
Wie erkenne ich, ob ein Parfum gut<br />
oder schlecht riecht?<br />
Unterteilungen von „riecht gut“ und<br />
„riecht schlecht“ sind früh trainiert,<br />
anerzogen und persönlich präferiert.<br />
Bewerten Sie beim nächsten Einkauf<br />
nicht gleich und lassen Sie dem Duft<br />
Zeit sich zu entfalten! Verstehen Sie<br />
Riechen als Spiel und als neue Herausforderung!<br />
immer breitere Menge flexibel kaufender<br />
Verbraucher erreichen. Im Sinne der<br />
Spezialisierung wird es in Zukunft noch<br />
mehr Marken geben, die mit einer<br />
bestimmten Intention und Weltsicht<br />
den Markt einnehmen. Duftdesigner wie<br />
Parfumeure sind angespornt, Eigenheiten<br />
aus ihrem jeweiligen regionalen oder<br />
nationalen Kulturkreis zu extrahieren und<br />
in Produkten darzustellen – der Kunde<br />
wird es ihnen danken.<br />
Kaufentscheidung: Wie findet man<br />
den passenden Duft?<br />
Ein passender Duft muss seinen Träger<br />
überzeugen – und das benötigt Zeit.<br />
Zeit der Werdung, der Platzierung, Zeit<br />
aber gerade auch für die Auswahl und<br />
für die Entscheidung. Kaufen Sie kein<br />
Parfum, mit dem Sie sich nicht ein<br />
wenig intensiver beschäftigt haben!<br />
Buchempfehlung:<br />
„Das große Buch<br />
vom Parfum“<br />
Autoren:<br />
F. J. Schnitzler und<br />
Dr. B. Kubartz<br />
www.collection-rolf-heyne.de
106 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong><br />
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<strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> | 107
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