Adjuvante Therapie der Atopischen Dermatitis - Wohlrab-net.de
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Trends in Clinical and Experimental Dermatology<br />
Editor: J. <strong>Wohlrab</strong><br />
VOLUME 4<br />
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong><br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
- Konsenspapier <strong>de</strong>s Arbeitskreises LATOPIA -<br />
Volume Editors<br />
J. <strong>Wohlrab</strong><br />
Shaker Verlag<br />
Aachen
Mit freundlicher Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> Firma:<br />
Cosmétique Active Deutschland GmbH<br />
Geschäftsbereich LA ROCHE-POSAY
Trends in Clinical and Experimental Dermatology<br />
Editor: J. <strong>Wohlrab</strong><br />
Vol. 1 Trends in Dermatopharmacy – Update 2002 -<br />
Editors: J. <strong>Wohlrab</strong>, R.R.H. Neubert, W.Ch. Marsch<br />
246p, 2003. ISBN 3-8322-1100-4.<br />
Vol. 2 Advances in Experimental Dermatology<br />
Editors: J. <strong>Wohlrab</strong>, R.R.H. Neubert, W.A. <strong>Wohlrab</strong><br />
114p, 2003. ISBN 3-8322-2230-8.<br />
Vol. 3 Hyaluronsäure und Haut<br />
Editors: W.A. <strong>Wohlrab</strong>, R.R.H. Neubert, J. <strong>Wohlrab</strong><br />
368p, 2004. ISBN 3-8322-2890-X.
<strong>Wohlrab</strong> (ed.) für LATOPIA<br />
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
- Konsenspapier-
Trends in Clinical and Experimental Dermatology<br />
Editor: J. <strong>Wohlrab</strong><br />
Volume 4<br />
_______________________________________________________<br />
ADJUVANTE THERAPIE<br />
DER<br />
ATOPISCHEN DERMATITIS<br />
- Konsenspapier <strong>de</strong>s Arbeitskreises LATOPIA -<br />
Volume Editor:<br />
Johannes <strong>Wohlrab</strong><br />
Shaker Verlag<br />
Aachen 2005
Vorwort <strong>de</strong>s Herausgebers<br />
Die angemessene und fundierte medizinische Betreuung von atopischen<br />
Patienten bedarf einer großen klinischen Erfahrung und in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />
Weise ärztliches Engagement. Die Aufklärung, Beratung und Führung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Betroffenen sollte durch einen hohen Grad an Individualität und<br />
Anpassung geprägt sein. Ziel ist die patientenseitige Kompetenzbildung<br />
zur Krankheitsphasen-adaptierten <strong>Therapie</strong>.<br />
Neben antientzündlichen <strong>Therapie</strong>phasen mit Glukokortikoi<strong>de</strong>n bzw.<br />
Calzineurininhibitoren sollte eine barriereprotektive Basistherapie ggf.<br />
mit hygroskopischen, <strong>de</strong>sinfizieren<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> antipruriginösen Additiva<br />
mittel- und langfristig Anwendung fin<strong>de</strong>n. Als obligater Teil eines<br />
fundierten <strong>Therapie</strong>konzepts müssen aus heutiger Sicht Aspekte <strong>de</strong>s<br />
Patienten- sowie Krankheitsmanagements berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />
Das vorliegen<strong>de</strong> Buch fasst <strong>de</strong>n Konsens einer interdisziplinären<br />
Arbeitsgruppe zusammen und bün<strong>de</strong>lt die Erfahrungen und Sichtweisen<br />
verschie<strong>de</strong>ner Ärzte und Apotheker. Ein Konsens umfasst immer auch<br />
Kompromisse. Die daraus erwachsen<strong>de</strong>n Unschärfen sollen <strong>de</strong>n Leser<br />
ermutigen, die dargestellten Inhalte kritisch zu reflektieren.<br />
Gleichwohl hoffen die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Arbeitskreises LATOPIA, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
dargestellte Konsens allen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Versorgung von Atopikern Beteiligten<br />
eine Anregung und Hilfe bietet.<br />
Den Lesern wünsche ich, dass die Begeisterung und das Anliegen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Autoren erkennbar wer<strong>de</strong>n und Ihr Interesse fin<strong>de</strong>n.<br />
Johannes <strong>Wohlrab</strong>, MD<br />
Herausgeber
Inhaltsverzeichnis<br />
Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker......................................<br />
B. Kunz<br />
Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems…… ……………………….........<br />
A. Wollenberg, S. Wetzel<br />
Triggerfaktoren und Prävention…………………………………..........<br />
A. Gauger<br />
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> (Konsenspapier)...........<br />
J. <strong>Wohlrab</strong>, F. Steierhoffer<br />
Anhang mit Wirkstoffdossiers…………………………………............<br />
A. Herrmann, J. <strong>Wohlrab</strong><br />
Brillantgrün…………………………………........................................... 54<br />
Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate……………………………………………………… 57<br />
Chlorhexidin……………………………………………………………………….. 60<br />
Gentianaviolett…………………………………………………………………….. 67<br />
Gerbstoffe, synthetisch…………………………………………………………….. 70<br />
Glycerin……………………………………………………………………………. 79<br />
Harnstoff…………………………………………………………………………… 84<br />
Polidocanol………………………………………………………………………… 94<br />
Povidonjod…………………………………………………………………………. 100<br />
Triclosan…………………………………………………………………………… 107<br />
Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA…..…………………………………............ 111<br />
1<br />
6<br />
23<br />
39<br />
53
Adress of Volume Editor:<br />
Für <strong>de</strong>n Arbeitskreis LATOPIA<br />
PD Dr. Johannes <strong>Wohlrab</strong><br />
Universitätsklinik und Poliklinik für<br />
Dermatologie und Venerologie<br />
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />
Ernst-Grube-Str. 40<br />
D-06097 Halle (Saale)
Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker 1<br />
Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker<br />
B. Kunz<br />
Kopf- und Hautzentrum, Universitätskrankenhaus Eppendorf, Hamburg<br />
Einführung<br />
Einführung 1<br />
Die physiologische Barrierefunktion 1<br />
Barrierefunktion beim Atopiker 3<br />
Zusammenfassung 4<br />
Literatur 4<br />
Als Grenzfläche zu unserer Umwelt hat die Haut vielfältige<br />
Funktionen. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig sind die Schutzfunktionen, die von<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis wahrgenommen wer<strong>de</strong>n. Das intakte<br />
Stratum corneum schützt uns vor schädlicher Einwirkung von<br />
außen (UV-Strahlung, Mikroorganismen, Allergene, unspezifische<br />
Schadstoffe). Seine wichtigste Aufgabe ist jedoch, unseren Körper<br />
vor Austrocknung zu schützen [1]. Der Wassergehalt <strong>de</strong>s<br />
menschlichen Körpers beträgt zwischen ca. 75% bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n und<br />
50% im Alter. Über die Hornschicht wer<strong>de</strong>n täglich unmerklich nur<br />
etwa 0,5l Wasser an die Umgebung abgegeben (transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>maler<br />
Wasserverlust, TEWL). Diese Menge ist im Gegensatz zur<br />
temperaturabhängigen Transpiration relativ konstant.<br />
Die physiologische Barrierefunktion<br />
Struktur und Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Barriere sind eng<br />
miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> verknüpft. Das Stratum corneum besteht aus 12 – 16<br />
Lagen von Korneozyten, die untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> wie mit Druckknöpfen<br />
durch Adhäsionsproteine, die sog. Korneo<strong>de</strong>smosomen, verbun<strong>de</strong>n<br />
sind. Die Zellzwischenräume sind vollständig von speziellen<br />
Lipi<strong>de</strong>n ausgefüllt. Die Struktur erinnert somit an eine Ziegelmauer<br />
(„bricks and mortar“) [2]. Sehr wichtig für die Barrierefunktion ist<br />
die Verbindung zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Proteinhülle <strong><strong>de</strong>r</strong> Corneozyten<br />
(cornified envelope) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipidmatrix [3]. Sie wird durch <strong>de</strong>n<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
2 Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker<br />
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sogenannten „lipid envelope“ hergestellt, eine Lipidhülle aus sehr<br />
langkettigen Omegahydroxycerami<strong>de</strong>n, die kovalent an<br />
Strukturproteine <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten gebun<strong>de</strong>n sind [4]. Die<br />
Korneozyten machen etwa 80 Vol.% <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht aus. Sie<br />
haben die Fähigkeit zur Wasserbindung. Das Zellinnere enthält<br />
große Mengen Keratin sowie <strong>de</strong>n sog. „Natural Moisturizing<br />
Factor“ (NMF), ein Gemisch aus ebenfall stark hygroskopischen<br />
Aminosäuren (Urocainsäure, Milchsäure, Urea u.a.). Der NMF wird<br />
im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Differenzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten durch Hydrolyse aus<br />
Filaggrin gebil<strong>de</strong>t, welches in <strong>de</strong>n Keratohyalingranula enthalten<br />
ist. Das Signal für die Herstellung von NMF ist abhängig vom<br />
Wassergradienten im Stratum Corneum. [5].<br />
Ebenso wichtig für die Barrierefunktion wie die Korneozyten sind<br />
die interzellulären Lipi<strong>de</strong>, und zwar sowohl quantitativ als auch<br />
qualitativ. Die Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis synthetisiert täglich etwa 150 bis 200 mg<br />
Lipi<strong>de</strong> [5], die als Wasserbarriere wirken. Aus<br />
Extraktionsversuchen mit organischen Lösungsmitteln weiß man,<br />
dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipi<strong>de</strong> zu einem drastischen Anstieg <strong>de</strong>s<br />
transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Wasserverlustes (TEWL) führt. Die aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
normalen Haut extrahierbaren Lipi<strong>de</strong> setzen sich aus 45-50%<br />
Cerami<strong>de</strong>n, 25% Cholesterin und 10-15% freien Fettsäuren<br />
zusammen. Von beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Be<strong>de</strong>utung sind die Cerami<strong>de</strong>, die sehr<br />
langkettige Fettsäuren enthalten und normalerweise mit Linolsäure<br />
verestert sind. Wird Linolsäure, wie z.B. bei Mangel an essentiellen<br />
Fettsäuren, durch Ölsäure ersetzt, ist eine Barrierefunktionsstörung<br />
die Folge [6]. Neben Menge und Zusammensetzung spielt die<br />
strukturelle Organisation <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipi<strong>de</strong> eine große Rolle für die<br />
Barriere. Die im Stratum granulosum synthetisierten Lipi<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n<br />
nach Ausschleusung in <strong>de</strong>n Interzellularraum mit Hilfe mehrerer<br />
Enzyme in hochgradig geord<strong>net</strong>e, parallel geschichtete Lipidlagen<br />
umstrukturiert, wobei hydrophile und hydrophobe Schichten<br />
alternieren. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ceramid 1 und 4 scheinen an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Ausbildung dieser Bilayer entschei<strong>de</strong>nd beteiligt zu sein [7].<br />
Eine ausreichen<strong>de</strong> Hydratation <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht ist zur<br />
Aufrechterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Elastizität, Flexibilität und zur Erleichterung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> physiologischen Abschuppung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich. Trockene Haut<br />
neigt zu Rissen, sichtbarer (pathologischer) Schuppung und zu<br />
erhöhter Irritabilität.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Barrierefunktion beim Atopiker<br />
Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker 3<br />
Trockene Haut, auch in nicht-ekzematösen Arealen, ist ein<br />
konstantes klinisches Merkmal und ein wichtiges diagnostisches<br />
Kriterium <strong>de</strong>s atopischen Ekzems. Das Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauttrockenheit<br />
fluktuiert in Abhängigkeit von <strong><strong>de</strong>r</strong> Krankheitsaktivität. Seit langem<br />
sind ein erhöhter transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Wasserverlust (TEWL) [8] und<br />
ein erniedrigter Wassergehalt <strong>de</strong>s Stratum corneum [9] als<br />
Ausdruck einer Barrierefunktionsstörung bekannt. In neueren<br />
Untersuchungen konnten sowohl Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> interzellulären<br />
Lipidmatrix als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Corneozyten als mögliche Ursachen<br />
nachgewiesen wer<strong>de</strong>n.<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interzellulären Lipi<strong>de</strong><br />
Bei Patienten mit atopischem Ekzem ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtlipidgehalt in<br />
befallener Haut um ca. 50% reduziert. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Cerami<strong>de</strong><br />
1, 3 und 4, Linolsäure und sehr langkettige Fettsäuren (VLCFA)<br />
sind vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t [10, 11, 12, 13]. Ursächlich könnte ein verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter<br />
Glucosylceramid- und Sphingomyelin-Metabolismus sein [7], da<br />
v.a. Glucosylcerami<strong>de</strong>, aber auch Sphingomyeline physiologische<br />
Präkursor-Substanzen von Cerami<strong>de</strong>n sind. In vitro-<br />
Untersuchungen an Keratinozyten von Patienten mit atopischem<br />
Ekzem ergaben eine erniedrigte Synthese von Cerami<strong>de</strong>n u.<br />
VLCFA [13]. Weiterhin fand sich eine signifikante Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> kovalent an die Korneozyten gebun<strong>de</strong>nen Omega-<br />
Hydroxycerami<strong>de</strong> (= proteingebun<strong>de</strong>ne Barrierelipi<strong>de</strong>), auch in<br />
nicht-läsionaler Haut, also eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s „lipid envelope“,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> die Korneozyten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipidschicht verankert. Der Autor stellt<br />
die Hypothese auf, dass Keratinozyten von Atopikern eine<br />
ungenügen<strong>de</strong> Syntheseleistung für sehr lange Acylketten (VLCFA,<br />
langkettige Acylcerami<strong>de</strong> und Cerami<strong>de</strong>) aufweisen. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Autoren führen <strong>de</strong>n vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Ceramidgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht<br />
auf einen vermehrten Abbau von Cerami<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Vorgängersubstanzen durch endogene bzw. bakterielle Enzyme<br />
(Ceramidase, Sphingomyelin Deacylase, Glucosylceramid-<br />
Deacylase) zurück [14, 15, 16, 17]. Welchen Stellenwert die<br />
einzelnen Abweichungen <strong>de</strong>s epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Lipidmetabolismus für<br />
<strong>de</strong>n erniedrigten Ceramidgehalt beim atopischen Ekzem haben,<br />
wird jedoch kontrovers diskutiert.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
4 Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ba rrierefunktion beim Atopiker<br />
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Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten<br />
Ein weiterer Grund für <strong>de</strong>n bereits angesprochenen erniedrigten<br />
Wassergehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht beim <strong>Atopischen</strong> Ekzem ist eine<br />
reduzierte Wasserbindungsfähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten. Diese geht<br />
wahrscheinlich auf eine gestörte Filaggrin-Synthese zurück [9]. Im<br />
stratum granulosum von Patienten mit atopischem Ekzem fin<strong>de</strong>t<br />
sich eine vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te Anzahl von Keratohyalin-Granula. Diese<br />
enthalten das Profilaggrin, die Vorläufersubstanz <strong>de</strong>s Filaggrin. Da<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Aminosäureanteil <strong>de</strong>s „Natural Moisturizing Factor“ (NMF)<br />
durch Hydrolyse von Filaggrin entsteht, resultiert ein vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ter<br />
Gehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten an diesen wichtigen wasserbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Substanzen [5].<br />
Zusammenfassung<br />
Trockene Haut ist ein klinischer Marker <strong>de</strong>s atopischen Ekzems.<br />
Den seit langem bekannten Barrierefunktionsstörungen liegen nach<br />
neueren Untersuchungen Störungen <strong>de</strong>s epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen<br />
Lipidstoffwechsels mit <strong>de</strong>utlich reduziertem Lipidgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />
einerseits sowie eine vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te Bildung endogener<br />
wasserbin<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Substanzen in <strong><strong>de</strong>r</strong> oberen Schichten <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis<br />
zugrun<strong>de</strong>. Ein wichtiges therapeutisches Ziel ist die<br />
Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> gestörten Barrierefunktion. Eine gezielte<br />
fetten<strong>de</strong> und rehydrieren<strong>de</strong> Lokaltherapie ist dabei von<br />
entschei<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Be<strong>de</strong>utung.<br />
Literatur<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker 5<br />
6. Melton JL, Wertz PW, Schwartzendruber DC et al.( 1987) Effects of<br />
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9. Thune P (1989) Evaluation of the hydration and water binding capacity in<br />
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135<br />
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abnormalities in atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis. Arch Dermatol Res 283:219-223<br />
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the skin of patients with atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis. Lab Invest 83:397-408<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
6 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
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Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
A. Wollenberg, S. Wetzel<br />
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Ludwig-<br />
Maximilians-Universität, München<br />
Einführung<br />
Einführung 6<br />
Klinisch-pathoge<strong>net</strong>ische Aspekte 6<br />
Klinisch-zelluläre Aspekte 9<br />
Klinisch-infektiologische Aspekte 16<br />
Ausblick 19<br />
Literatur 19<br />
Das atopische Ekzem (AE) ist eine multifaktorielle Erkrankung, die<br />
sich auf einem ge<strong>net</strong>isch fixierten Hintergrund entwickelt. Im<br />
vergangenen Jahrzehnt sind viele pathoge<strong>net</strong>isch relevante<br />
Einzelaspekte in Form immunologischer Mechanismen<br />
entschlüsselt wor<strong>de</strong>n. Dennoch ist es bisher nicht gelungen, ein<br />
abschließen<strong>de</strong>s Gesamtkonzept <strong><strong>de</strong>r</strong> Pathogenese zu entwickeln, das<br />
alle klinisch relevanten Charakteristika <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung<br />
zufrie<strong>de</strong>nstellend erklärt. Auch für <strong>de</strong>n ausschließlich klinisch<br />
tätigen Dermatologen ist pathoge<strong>net</strong>isches Fachwissen wichtig, um<br />
pathophysiologisch fundierte Behandlungskonzepte entwerfen und<br />
für je<strong>de</strong>n einzelnen Patienten eine optimal wirksame <strong>Therapie</strong>form<br />
auswählen zu können. In diesem Kapitel sollen relevante<br />
pathoge<strong>net</strong>ische Schlüsselaspekte beschrieben wer<strong>de</strong>n, die sich zu<br />
einem klinisch nützlichen Komplex zusammenfügen lassen.<br />
Klinisch-pathoge<strong>net</strong>ische Aspekte<br />
Atopisches Ekzem – Isochrone Polymorphie<br />
Eine <strong>Dermatitis</strong> ist <strong>de</strong>finiert als akute Entzündung <strong>de</strong>s Hautorgans<br />
und verläuft in Phasen, die je nach Schweregrad unter Auslassung<br />
einzelner Stadien, jedoch immer aufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong> folgend durch<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 7<br />
Erythem, Bläschenbildung, Nässen, Krustenbildung, Schuppung<br />
und ein Resterythem charakterisiert sind. Diese Phasen sind auch<br />
<strong>de</strong>m medizinischen Laien am Beispiel <strong>de</strong>s Sonnenbran<strong>de</strong>s geläufig<br />
[5]. Das Kreibich’sche Dreieck beschreibt mo<strong>de</strong>llhaft verschie<strong>de</strong>ne<br />
Szenarien für diesen phasenweisen Verlauf einer durch metachrone<br />
Polymorphie <strong>de</strong>finierten <strong>Dermatitis</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch eine akute allergische<br />
Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis folgen kann (Abb. 1).<br />
Stadium vesiculosum<br />
Stadium erythematosum<br />
Stadium exsudativum<br />
Stadium crustosum<br />
Stadium<br />
squamosum<br />
Residualerythem<br />
Abb. 1 Das Kreibich’sche Dreieck als Mo<strong>de</strong>ll für verschie<strong>de</strong>ne<br />
Szenarien <strong>de</strong>s Verlaufs einer entzündlichen Hauterkrankung:<br />
Während die <strong>Dermatitis</strong> durch nacheinan<strong><strong>de</strong>r</strong>folgen<strong>de</strong> Stadien<br />
(metachrone Polymorphie) charakterisiert ist, zeich<strong>net</strong> sich das<br />
Ekzem durch das gleichzeitige Vorliegen mehrerer Stadien<br />
(isochrone Polymorphie) aus.<br />
Als Ekzem wird eine durch isochrone Polymorphie <strong><strong>de</strong>r</strong> soeben<br />
erwähnten Einzelkomponenten charakterisierte, chronische<br />
Entzündung <strong>de</strong>s Hautorgans bezeich<strong>net</strong>. Das atopische Ekzem gilt<br />
als Mo<strong>de</strong>llerkrankung für ein Ekzem mit gleichzeitigem<br />
Vorhan<strong>de</strong>nsein von Erythem, Vesikulation, nässen<strong>de</strong>n Arealen,<br />
Krusten o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schuppen. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund zahlreicher<br />
etablierter Synonyma wie endogenes Ekzem, Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Prurigo Besnier erscheint die wörtliche Übersetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> im<br />
amerikanischen Schrifttum gebräuchlichen Bezeichnung ‚atopic<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis’ als eine ‚atopische <strong>Dermatitis</strong>’ irreführend o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
min<strong>de</strong>stens unglücklich.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
8 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Der Begriff ”Atopie” beschreibt die ge<strong>net</strong>isch fixierte und<br />
vererbliche Neigung zur Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankungen <strong>de</strong>s<br />
atopischen Formenkreises – Rhinoconjunctivitis allergica, exogen<br />
allergisches Asthma bronchiale und AE.<br />
Soforttypsensibilisierungen gegenüber Aeroallergenen wie<br />
Katzenepithelien, Hausstaubmilben und Gräserpollen gelten als<br />
sinnvolles und einfach meßbares Laborkorrelat dieser atopischen<br />
Diathese.<br />
Klinische Varianten <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
Das AE ist eine klinisch <strong>de</strong>finierte Erkrankung, die im Vollbild<br />
leicht zu diagnostizieren ist. Die chronisch entzündlichen<br />
Hautverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen sind von starkem Juckreiz begleitet. Meist geht<br />
die Hauterkrankung mit leicht zu erkennen<strong>de</strong>n Atopiezeichen wie<br />
einer gedoppelten Lidfalte, <strong>de</strong>m Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> lateralen<br />
Augenbrauenpartie o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer Hyperlinearität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Handinnenflächen, <strong>de</strong>n ”Atopiestigmata”, einher. Eine <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
auffälligsten Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Hautbeschaffenheit beim<br />
atopischen Ekzem ist die starke Hauttrockenheit, die primär einen<br />
Fettmangel und erst sekundär einen Feuchtigkeitsmangel<br />
beschreibt. Die gestörte Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Barriere äußert<br />
sich unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em in einem erhöhten transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen<br />
Wasserverlust.<br />
Häufig sind Patienten mit einem atopischen Ekzem auch von<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Erkrankungen <strong>de</strong>s atopischen Formenkreises wie<br />
Rhinoconjunctivitis allergica o<strong><strong>de</strong>r</strong> allergischem Asthma bronchiale<br />
betroffen. Bei vielen Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitikern sind Aero- und<br />
Nahrungsmittel-allergenspezifische IgE-Moleküle und T-Zellen im<br />
Venenblut und in <strong>de</strong>n Ekzemher<strong>de</strong>n nachweisbar - dies wird nach<br />
<strong>de</strong>m Schweizer Allergologen Wüthrich als extrinsische Variante<br />
<strong>de</strong>s atopischen Ekzem bezeich<strong>net</strong> [46]. Die seltenere, intrinsische<br />
Variante weist zwar hautinfiltrieren<strong>de</strong> T-Zellen auf, dafür sind<br />
we<strong><strong>de</strong>r</strong> erhöhte gesamt IgE-Spiegel noch IgE-Antikörper gegen die<br />
typischen Aero- und Nahrungsmittelallergene nachweisbar. Die<br />
frühe Einwan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung lymphohistiozytärer Zellen in die sich<br />
entwickeln<strong>de</strong>n Hautläsionen eines AE ist pathoge<strong>net</strong>isch be<strong>de</strong>utsam<br />
[14] und wird im Rahmen <strong>de</strong>s Atopie-Patchtests auch diagnostisch<br />
genutzt [13].<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 9<br />
Atopisches Ekzem und IgE<br />
Das extrinsische AE geht wie die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Erkrankungen <strong>de</strong>s<br />
atopischen Formenkreises mit hohen IgE-Spiegeln einher. Neben<br />
einer Erhöhung <strong>de</strong>s Gesamt-IgE Spiegels sind auch spezifische IgE-<br />
Antikörper gegen typische Aero- und Nahrungsmittelallergene<br />
nachweisbar. Diese IgE-Antikörper wer<strong>de</strong>n von B-Lymphozyten<br />
gebil<strong>de</strong>t und bin<strong>de</strong>n an hochaffine IgE-spezifische Rezeptoren,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Expression auf Mastzellen und basophilen Granulozyten seit<br />
langem bekannt ist. Bei Kontakt <strong><strong>de</strong>r</strong> IgE-bela<strong>de</strong>nen Mastzellen und<br />
basophilen Granulozyten mit einem multivalenten Allergen kommt<br />
es nach Kreuzver<strong>net</strong>zung <strong><strong>de</strong>r</strong> spezifischen IgE-Antikörper zu einer<br />
Ausschüttung vasoaktiver Mediatoren wie Histamin o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Leukotrienen. Die Aktivierung dieser Reaktionskette ist <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
pathophysiologische Kernmechanismus <strong><strong>de</strong>r</strong> allergischen Reaktionen<br />
vom Soforttyp (Typ I), erklärt aber nicht die als Spättypreaktion<br />
(Typ IV) einzustufen<strong>de</strong> Ekzemmorphe <strong>de</strong>s AE. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits kann<br />
die IgE-Diagnostik beim atopischen Ekzem wertvolle Hinweise auf<br />
klinisch relevante Sensibilisierungen im Sinne von Triggerfaktoren<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Ekzemerkrankung liefern.<br />
klinisch-zelluläre Aspekte<br />
Das kutane Immunsystem<br />
Mit <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>s kutanen Immunsystems wird die Gesamtheit<br />
aller immunologisch relevanten Zellen und Strukturen bezeich<strong>net</strong>,<br />
die an Entstehung und Unterhalt einer Immunantwort <strong>de</strong>s<br />
Hautorgans beteiligt sind [4]. Als statischer Teil <strong>de</strong>s kutanen<br />
Immunsystems wer<strong>de</strong>n ortsständige Zellen wie Keratinozyten,<br />
Fibroblasten und Endothelzellen zusammengefasst, die auch in<br />
normaler, nicht entzündlich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Haut vorhan<strong>de</strong>n sind. Bei<br />
kutanen Entzündungsreaktionen wie <strong>de</strong>m atopischen Ekzem können<br />
zahlreiche Zellen in die Haut ein- und auch wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auswan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, die<br />
als dynamischer Teil <strong>de</strong>s kutanen Immunsystems zusammengefasst<br />
wer<strong>de</strong>n. Diese umfassen Antigen-präsentieren<strong>de</strong> Zellen wie<br />
Langerhans Zellen (LC), inflammatorische <strong>de</strong>ndritische epi<strong><strong>de</strong>r</strong>male<br />
Zellen (IDEC) und plasmazytoi<strong>de</strong> <strong>de</strong>ndritische Zellen (PDC),<br />
verschie<strong>de</strong>ne Lymphozytensubpopulationen wie T-Helfer (Th)1<br />
Zellen, Th2 Zellen und B-Lymphozyten sowie Eosinophile,<br />
Makrophagen, Basophile und Mastzellen (Abbildung 2).<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
10 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
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NH<br />
DDC<br />
Abb. 2a Zelluläre Bestandteile <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen Haut (NH): Keratinozyten<br />
(KC), Langerhans Zellen (LC), Fibroblasten (Fib.),<br />
Endothelzellen (EC), <strong><strong>de</strong>r</strong>male <strong>de</strong>ndritische Zellen (DDC)<br />
AE<br />
K<br />
B<br />
Fib<br />
Abb. 2b Zelluläre Bestandteile <strong><strong>de</strong>r</strong> entzündlichen Haut bei atopischem<br />
Ekzem (AE): Neben <strong>de</strong>n Zellen <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen Haut wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
weitere Zellen ein, wie inflammatorische <strong>de</strong>ndritische<br />
epi<strong><strong>de</strong>r</strong>male Zellen (IDEC), Lymphozyten (TH1, TH2, B),<br />
Eosinophile, Macrophagen, Basophile und Mastzellen<br />
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LC<br />
EC<br />
K H<br />
LC IDEC<br />
MC<br />
EC<br />
DDC<br />
Fib<br />
T<br />
T<br />
H
Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 11<br />
Alle genannten Zelltypen sind in irgen<strong>de</strong>iner Form an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Immunreaktion, die je<strong>de</strong>m atopischen Ekzem zu Grun<strong>de</strong> liegt,<br />
beteiligt.<br />
Keratinozyten<br />
Keratinozyten bil<strong>de</strong>n nach Anzahl und Volumen <strong>de</strong>n zellulären<br />
Hauptbestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis und sind für die Ausbildung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
schützen<strong>de</strong>n Hornschicht verantwortlich. Die starke Ö<strong>de</strong>mbildung<br />
<strong>de</strong>s Gewebes führt zu einem Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>weichen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Keratinozyten mit Verbreiterung <strong>de</strong>s Interzellularraumes, was<br />
histologisch als Spongiose sichtbar ist. Klinisch gehen diese<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen mit einem erhöhten transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Wasserverlust<br />
und einer schlechteren epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Barrierefunktion einher [25].<br />
Lange wur<strong>de</strong> diskutiert, ob die gestörte Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen<br />
Barriere beim atopischen Ekzem eine Folge <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen Diathese<br />
ist o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein primum movens <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung, beispielsweise<br />
aufgrund eines intrinsischen Defekts <strong><strong>de</strong>r</strong> Keratinozyten, darstellt.<br />
Kürzlich wur<strong>de</strong> gezeigt, dass die Keratinozyten eines<br />
Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitikers nach Stimulation mit Interleukin (IL)-1α und<br />
Interferon (IFN)-γ mehr Granulozyten-Makrophagen Koloniestimulieren<strong>de</strong>n<br />
Faktor (GM-CSF) produzieren als Keratinozyten<br />
eines Nichtatopikers, wobei auch die Zugabe von<br />
Keratinozytenkulturüberstän<strong>de</strong>n die phänotypische und funktionelle<br />
Reifung von peripheren Blutvorläuferzellen zu <strong>de</strong>ndritischen Zellen<br />
bewirkte [24]. Neuere Studien konnten zeigen, dass aktivierte T-<br />
Zellen durch eine IFN-γ-Produktion über <strong>de</strong>n Fas-Ligan<strong>de</strong>n eine<br />
Apoptose <strong><strong>de</strong>r</strong> Keratinozyten induzieren können [31]. Dies erklärt<br />
die Ausbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> kleinen, spongiotischen Bläschen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis.<br />
Lymphozyten<br />
Das lymphohistiozytäre Infiltrat eines AEher<strong>de</strong>s ist aus<br />
verschie<strong>de</strong>nen Typen von Lymphozyten zusammengesetzt. Die B-<br />
Lymphozyten produzieren Antikörper, die <strong>de</strong>m humoralen<br />
Immunsystem zugerech<strong>net</strong> wer<strong>de</strong>n. Dieser Begriff leitet sich von<br />
Humores ab, was soviel wie Körperflüssigkeit be<strong>de</strong>utet. Die B-<br />
Lymphozyten wan<strong>de</strong>ln sich nach Aktivierung in große<br />
Plasmazellen um und setzen Antikörper wie das für atopische<br />
Erkrankungen wesentliche IgE frei.<br />
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12 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
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Die im Thymus ausreifen<strong>de</strong>n T-Lymphozyten glie<strong><strong>de</strong>r</strong>n sich in<br />
zahlreiche Unterformen wie zytotoxische T-Zellen, T-Helfer- und<br />
T-Suppressor-Zellen. Alle Unterformen <strong><strong>de</strong>r</strong> T-Lymphozyten sind<br />
Teil <strong>de</strong>s zellulären Immunsystems. Nach ihrer Reifung gelangen die<br />
Lymphozyten in das periphere lymphatische Gewebe. Hier können<br />
die T-Lymphozyten durch <strong>de</strong>n Kontakt mit Antigenpräsentieren<strong>de</strong>n<br />
Zellen aktiviert wer<strong>de</strong>n. Wird einem Lymphozyt im<br />
lymphatischen Gewebe sein spezifisches Antigen präsentiert, so<br />
wird er zur Proliferation angeregt. Die resultieren<strong>de</strong>n Tochterzellen<br />
sind entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> aktivierte Effektorzellen, die bei erneutem Kontakt<br />
sofort auf dasselbe Antigen reagieren können o<strong><strong>de</strong>r</strong> langlebige<br />
Gedächtniszellen [4].<br />
Reife T-Zellen exprimieren entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> das Rezeptormolekül CD4<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> CD8 auf ihrer Zelloberfläche. Fast alle Zellen <strong>de</strong>s<br />
menschlichen Körpers exprimieren Haupthistokompatibilitätskomplex<br />
(MHC)-I-Moleküle und präsentieren damit vor allem<br />
intrazelluläre Antigene. Die CD8 exprimieren<strong>de</strong>n Zellen reagieren<br />
auf Antigene, die ihnen in MHC-I-Komplexen dargeboten wer<strong>de</strong>n.<br />
Im Gegensatz dazu reagieren CD4 exprimieren<strong>de</strong> Zellen Antigene,<br />
die Ihnen in MHC-II-Molekülen präsentiert wer<strong>de</strong>n. Nur spezielle<br />
Antigen-präsentieren<strong>de</strong> Zellen <strong>de</strong>s menschlichen Körpers<br />
exprimieren MHC-II-Moleküle und präsentieren damit vor allem<br />
extrazellulär aufgenommene und prozessierte Antigene. Beim<br />
atopischen Ekzem sind typischerweise erhöhte Blutkonzentrationen<br />
von aktivierten T-Lymphozyten zu fin<strong>de</strong>n - während die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
CD4 + T-Zellen erhöht ist, sind weniger CD8 + T-Zellen<br />
nachweisbar. Auch in <strong>de</strong>n Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitisher<strong>de</strong>n dominieren CD4 +<br />
T-Zellen. Diese CD4 + T-Zellen sind potente Produzenten<br />
proinflammatorischer Zytokine [4].<br />
Darüber hinaus wer<strong>de</strong>n Lymphozyten nach <strong>de</strong>m Muster <strong><strong>de</strong>r</strong> von<br />
ihnen sezernierten Zytokine in Th1- und Th2-Zellen eingeteilt. Das<br />
dichotome Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong> Th1/Th2-Zellen wur<strong>de</strong> ursprünglich im<br />
Mausmo<strong>de</strong>l etabliert und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit auch auf humane T-<br />
Zellen ausgeweitet. Die erfolgreiche Antigenpräsentation durch<br />
<strong>de</strong>ndritische Zellen veranlasst undifferenzierte Th-0<br />
Vorläuferzellen, sich entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> in Th1- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Th2-Richtung zu<br />
differenzieren. Th2-Zellen produzieren vornehmlich IL-4, IL-5, IL-<br />
6, IL-10 und IL-13, Th1-Zellen produzieren viel IFN-γ. Die<br />
Zytokine IL-2, IL-3 und GM-CSF wer<strong>de</strong>n von bei<strong>de</strong>n<br />
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Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 13<br />
Zellpopulationen gebil<strong>de</strong>t. Verschie<strong>de</strong>ne Infektionskrankheiten<br />
heilen je nach Erreger mit Ausbildung unterschiedlich dominierter<br />
Immunantworten schneller o<strong><strong>de</strong>r</strong> langsamer ab, was in Extremfällen<br />
von folgenloser Ausheilung bis hin zu tödlich verlaufen<strong>de</strong>n<br />
Infektionen reichen kann [4].<br />
Allergologisch gesehen ist ein Th1-Muster mit<br />
Hypersensitivitätsreaktionen vom verzögerten Typ assoziiert,<br />
wohingegen sich ein Th2-Muster vor allem bei IgE-vermittelten<br />
Soforttypreaktionen wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Rhinoconjunctivitis allergica fin<strong>de</strong>t<br />
[20]. In dieser Klassifikation nimmt das AE einen Zwischenstatus<br />
ein, da es sich einerseits um eine zellvermittelte Hypersensitivitätsreaktion<br />
han<strong>de</strong>lt, an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits aber ki<strong>net</strong>ische Untersuchungen am<br />
Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Atopie-Patch-Testes zeigten, daß die akute Phase durch<br />
ein Th2-Muster und die Spätphase dann durch ein Th1-Profil<br />
charakterisiert ist [12]. Dies be<strong>de</strong>utet, dass während <strong><strong>de</strong>r</strong> akutentzündlichen<br />
Phase <strong>de</strong>s AE Th2-Zellen dominieren, die durch eine<br />
IL-4 Produktion die Proliferation von IgE produzieren<strong>de</strong>n B-<br />
Lymphozyten begünstigen. Der Switch vom Th2- zum Th1-Muster<br />
wird vermutlich durch IL-12 induziert, welches nicht nur von<br />
Keratinozyten und <strong>de</strong>ndritischen Zellen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch von<br />
Eosinophilen gebil<strong>de</strong>t wird [12].<br />
IgE tragen<strong>de</strong> <strong>de</strong>ndritische Zellen<br />
Viele Zelltypen <strong>de</strong>s menschlichen Körpers sind in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, eine<br />
sekundäre Immunantwort auf Antigene zu initiieren, die <strong>de</strong>m<br />
Organismus aus vorangegangenen Immunantworten bereits bekannt<br />
sind. Zu Einleitung einer primären Immunantwort auf unbekannte<br />
Antigene sind hingegen nur wenige Zelltypen <strong>de</strong>s menschlichen<br />
Körpers bekannt. Der potenteste Typ dieser professionellen<br />
Antigen-präsentieren<strong>de</strong>n Zellen (APC) ist die Familie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>de</strong>ndritischen Zellen (DC). Sie sind zur Prozessierung und MHC-IIgebun<strong>de</strong>nen<br />
Präsentation vor allem von extrazellulär<br />
aufgenommenen Antigenen befähigt und nehmen eine zentrale<br />
Rolle bei zahlreichen Immunprozessen und allergischen<br />
Erkrankungen ein. Die von <strong>de</strong>n DC als intakte, große Moleküle<br />
aufgenommenen Proteinantigene wer<strong>de</strong>n innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Zelle in <strong>de</strong>n<br />
Endosomen proteolytisch in kleine Oligopepti<strong>de</strong> gespalten und auf<br />
<strong>de</strong>n MHC-II-Komplex gela<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> als ‘Präsentierteller’ für die<br />
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14 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
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T-Zellen fungiert. Erst nach Stimulation durch eine APC kann eine<br />
T-Zelle als Effektorzelle fungieren.<br />
Die Benennung <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen DC erfolgt nach Unterschie<strong>de</strong>n<br />
in Immunphänotyp, Ultrastruktur, Lokalisation und Funktion,<br />
wobei mit myeloi<strong>de</strong>n DC und plasmazytoi<strong>de</strong>n DC zwei große<br />
Klassen zusammengefasst wer<strong>de</strong>n. Die Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> APC wird<br />
von Chemokin-Gradienten beeinflusst, die über Chemokin-<br />
Rezeptoren auf <strong><strong>de</strong>r</strong> APC-Oberfläche <strong>de</strong>tektiert wer<strong>de</strong>n [9].<br />
Da das AE klinisch und immunhistologisch gesehen <strong>de</strong>m<br />
allergischen Kontaktekzem ähnelt, wird zellvermittelten<br />
Immunreaktionen eine wesentliche Rolle in <strong><strong>de</strong>r</strong> Pathogenese dieser<br />
Erkrankung zugesprochen. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits weisen die atopische<br />
Diathese <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten, <strong><strong>de</strong>r</strong> erhöhte IgE-Spiegel und die IgEvermittelten<br />
Begleiterkrankungen wie Rhinoconjunctivitis allergica<br />
und Asthma bronchiale auf eine IgE-vermittelte Pathogenese hin<br />
[35]. Der Nachweis von IgE-Molekülen und hochaffinen IgE-<br />
Rezeptoren auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Zelloberfläche epi<strong><strong>de</strong>r</strong>maler DC löste diesen nur<br />
scheinbaren Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch und führte zum Konzept einer IgEvermittelten<br />
Spättypreaktion als pathophysiologische Grundlage<br />
<strong>de</strong>s AE. Derzeit sind drei unterschiedliche Typen IgE-tagen<strong><strong>de</strong>r</strong> DC<br />
beschrieben.<br />
Langerhans Zellen<br />
LC sind die einzige <strong>de</strong>ndritische Zellpopulation <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen, nicht<br />
entzündlich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Oberhaut. Sie wur<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Berliner<br />
Medizinstu<strong>de</strong>nten Paul Langerhans im Jahre 1868 erstmals<br />
beschrieben [16]. Heute sind LC als epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal lokalisierte,<br />
<strong>de</strong>ndritisch geformte Zellen <strong>de</strong>finiert, die Birbeck-Granula<br />
enthalten, CD1a und “Human leucozyte antigen” (HLA)-DR<br />
exprimieren und zur Einleitung primärer und sekundärer<br />
Immunantworten befähigt sind [40].<br />
Im Jahre 1986 zeigten Bruijnzeel-Koomen et al.<br />
immunhistochemisch, daß epi<strong><strong>de</strong>r</strong>male CD1a-positive DC in<br />
Ekzemher<strong>de</strong>n IgE-Moleküle auf ihrer Zelloberfläche tragen [6]. Sie<br />
gingen davon aus, daß alle von Ihnen angefärbten DC LC seien.<br />
Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Suche nach <strong>de</strong>m relevanten IgE-Rezeptor auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Zelloberfläche wur<strong>de</strong>n nacheinan<strong><strong>de</strong>r</strong> alle drei im Humansystem<br />
bekannten IgE-bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Strukturen auf epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen LC<br />
nachgewiesen: (i) <strong><strong>de</strong>r</strong> niedrigaffine IgE-Rezeptor CD23/FcεRII [3],<br />
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Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 15<br />
(ii) <strong><strong>de</strong>r</strong> hochaffine IgE-Rezeptor FcεRI [2, 32] und (iii) das IgEbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Protein Galectin3/εBP [37]. Der hochaffine IgE-Rezeptor<br />
FcεRI stellt dabei die quantitativ und funktionell relevante IgEbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Struktur dar [15]. Protein-Allergene wer<strong>de</strong>n in Gegenwart<br />
<strong>de</strong>s für sie spezifischen IgEs von epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen <strong>de</strong>ndritischen Zellen<br />
weitaus effektiver aufgenommen und präsentiert, als dies ohne IgE<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Fall wäre. Dieser als IgE-vermittelte Antigen-Präsentation o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
antigen-focussing bezeich<strong>net</strong>e Effekt kann in vitro die<br />
antigenpräsentieren<strong>de</strong> Kapazität <strong><strong>de</strong>r</strong> DC etwa um <strong>de</strong>n Faktor 100-<br />
1000 steigern [19, 21].<br />
Die Phänotypisierung epi<strong><strong>de</strong>r</strong>maler <strong>de</strong>ndritischer Zellen, eine<br />
kürzlich standardisierte diagnostische Untersuchungsmetho<strong>de</strong> zur<br />
I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>s AE auf Ebene einzelner Ekzemher<strong>de</strong> [43]<br />
basiert zum Teil auf <strong><strong>de</strong>r</strong> signifikanten Aufregulation <strong>de</strong>s FcεRI [38]<br />
auf <strong>de</strong>n epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen <strong>de</strong>ndritischen Zellen in läsionaler Haut beim<br />
atopischen Ekzem.<br />
Inflammatorische <strong>de</strong>ndritische epi<strong><strong>de</strong>r</strong>male Zellen<br />
In <strong><strong>de</strong>r</strong> entzündlich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis fin<strong>de</strong>t sich neben <strong>de</strong>n LC<br />
eine zweite, immunphänotypisch und ultrastrukturell abgrenzbare<br />
Population myeloi<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>ndritischer Zellen, die IDEC [38]. Sie sind<br />
als epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal lokalisierte, <strong>de</strong>ndritisch geformte Zellen <strong>de</strong>finiert, die<br />
CD1a, HLA-DR und CD11b exprimieren, aber keine Birbeck-<br />
Granula enthalten. Heute ist bekannt, dass IDEC bei vielen<br />
chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen nachweisbar sind,<br />
wobei die höchste Anzahl in chronischen Ekzemher<strong>de</strong>n eines<br />
Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitikers zu fin<strong>de</strong>n ist [43]. Dabei tragen die IDEC sehr<br />
viel mehr IgE und auch sehr viel mehr hochaffinen IgE-Rezeptor<br />
FcεRI auf ihrer Zelloberfläche als die LC [43]. Obwohl LC als die<br />
unreife DC-Population <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut gelten, ist <strong><strong>de</strong>r</strong> als<br />
Oberflächenmarker für unreife DC gut etablierte Mannoserezeptor<br />
CD206 nur auf IDEC und nicht auf LC nachweisbar [39]. Die<br />
costimulatorischen Mokeküle CD80 und CD86 wer<strong>de</strong>n bereits in<br />
situ auf IDEC exprimiert [29].<br />
Das für die Hautkrankheit spezifische entzündliche Mikromilieu<br />
beeinflußt <strong>de</strong>n Immunphänotyp <strong><strong>de</strong>r</strong> IDEC stark, so daß die<br />
standardisierte durchflußzytometrische Immunphänotypisierung<br />
epi<strong><strong>de</strong>r</strong>maler DC als diagnostisches Hilfsmittel einsetzbar ist [42].<br />
Die sehr hohe Expression <strong>de</strong>s hochaffinen IgE-Rezeptor FcεRI im<br />
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16 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
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atopischen Ekzem ermöglicht sensitiv und spezifisch die<br />
Abgrenzung <strong>de</strong>s AE von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en ekzematoi<strong>de</strong>n Hauterkrankungen<br />
[43]. Am Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Atopie-Patchtests konnte gezeigt wer<strong>de</strong>n, daß<br />
IDEC bereits sehr früh in die Ekzemläsion einwan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, <strong>de</strong>n<br />
spezifischen Phänotyp aber erst in situ entwickeln [14]. Im Labor<br />
lassen sich aus Monozyten durch unterschiedliche<br />
Kulturbedingungen sowohl LC-ähnliche DC als auch IDECähnliche<br />
DC generieren [22, 27, 30]. So ist anzunehmen, dass<br />
Monozyten aus <strong>de</strong>m peripheren Blut in die entzündliche Haut<br />
einwan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, wo sie zu IDEC reifen [36].<br />
Plasmazytoi<strong>de</strong> <strong>de</strong>ndritische Zellen<br />
Als PDC wird eine ebenfalls erst kürzlich herausgearbeitete, sehr<br />
seltene, für die antivirale Immunabwehr jedoch wesentliche<br />
Untergruppe <strong>de</strong>ndritischer Zellen bezeich<strong>net</strong> [28]. Unter normalen<br />
Umstän<strong>de</strong>n zirkulieren diese Zellen im Blut und machen mit zirka<br />
0,1% nur einen kleinen Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> peripheren mononukleären<br />
Blutzellen aus [41]. Bei viralen Infektionen produzieren diese<br />
Zellen große Mengen <strong><strong>de</strong>r</strong> antiviralen Typ 1 Interferone IFN-α and<br />
IFN-β [8]. Während in <strong>de</strong>n Läsionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Psoriasis, <strong>de</strong>s<br />
Kontaktekzems und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e beim Lupus erythemato<strong>de</strong>s<br />
regelmäßig PDC nachweisbar sind, fin<strong>de</strong>n sich in atopischen<br />
Ekzemläsionen signifikant weniger dieser als 'antivirale<br />
Relaisstation' wirken<strong>de</strong>n Zellen [41]. Hierfür dürften die in<br />
Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitisläsionen bekanntermaßen hohen Spiegel an IL-4 und<br />
IL-13 sein, die ein bekannter Apoptose-Induktor für PDC sind [26].<br />
Der Mangel an PDC in einer durch Barrierefunktionsstörungen<br />
vorgeschädigten Haut scheint ein weiterer relevanter Kofaktor für<br />
die klinisch bekannte Neigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitiker zu viralen<br />
Infektionen zu sein [41].<br />
Klinisch-infektiologische Aspekte<br />
Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion, <strong><strong>de</strong>r</strong> angeborenen und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
erworbenen Immunabwehr begünstigen die Ausbildung bakterieller<br />
und viraler Infektionen bei Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitikern. Die Aufklärung<br />
relevanter infektionsimmunologischer Pathomechanismen hat<br />
kürzlich zu einem besseren Verständnis dieser seit langem<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 17<br />
bekannten, klinisch charakteristischen Immunschwäche <strong>de</strong>s<br />
Atopikers geführt.<br />
Virale Infektionen beim atopischen Ekzem<br />
Virale Hauterkrankungen treten bei Atopikern häufiger und in<br />
stärkerer Ausprägung auf, auch sind sie schwerer zu behan<strong>de</strong>ln als<br />
bei Nichtatopikern [44]. Disseminierte virale Infektionen eines<br />
flori<strong>de</strong>n AE sind eine klinisch charakteristische Son<strong><strong>de</strong>r</strong>form viraler<br />
Erkrankungen und wer<strong>de</strong>n je nach Erreger als Eczema<br />
herpeticatum, Eczema vaccinatum, Eczema molluscatum o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Eczema verrucatum bezeich<strong>net</strong> [44]. Das Th-2-dominierte kutane<br />
Entzündungsmilieu bedingt eine Bevorzugung von IgE-Antworten<br />
vor zellulären Abwehrreaktionen, was mit ursächlich für die<br />
klinische Beobachtung sein dürfte, daß gera<strong>de</strong> Patienten mit einem<br />
schlecht behan<strong>de</strong>lten, akut exazerbierten atopischen Ekzem zu<br />
viralen Sekundärinfektionen neigen [45].<br />
Das Eczema herpeticatum (EH) ist als disseminierte Infektion eines<br />
vorbestehen<strong>de</strong>n, zumeist AE mit <strong>de</strong>m Herpes simplex Virus (HSV)<br />
<strong>de</strong>finiert und stellt eine auch Jahre nach Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> antiviralen<br />
Chemotherapie noch gefürchtete Komplikation <strong>de</strong>s AE dar [33].<br />
Drei verschie<strong>de</strong>ne, für die Ausprägung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung<br />
pathoge<strong>net</strong>isch relevante Aspekte wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n letzten Monaten<br />
herausgearbeitet:<br />
Erstens sind mit Nectin-1 die Oberflächenrezeptoren für HSV auf<br />
Keratinozyten i<strong>de</strong>ntifiziert wor<strong>de</strong>n. Diese sind in normaler Haut in<br />
<strong>de</strong>n Desmosomen verborgen, wer<strong>de</strong>n aber durch die Spongiose <strong>de</strong>s<br />
Ekzems <strong>de</strong>maskiert, gleichmäßig über die Zelloberfläche verteilt<br />
und so <strong>de</strong>m HSV zugänglich [47].<br />
Zweitens sind mit Defensinen und Cathelicidinen mehrere<br />
antimikrobiell wirksame Peptidklassen i<strong>de</strong>ntifiziert wor<strong>de</strong>n. Im<br />
Humansystem sind mehrere Defensine aber nur ein Cathelicidin,<br />
das LL-37, bekannt [10]. Während die antibakteriellen<br />
Eigenschaften dieser Pepti<strong>de</strong> gut etabliert sind, wur<strong>de</strong>n kürzlich<br />
auch die antiviralen Eigenschaften insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>de</strong>s LL-37 bekannt.<br />
So können Defensine rekombinantes A<strong>de</strong>no-assoziiertes Virus o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
HSV direkt bin<strong>de</strong>n und auf diese Weise <strong><strong>de</strong>r</strong>en Infektiosität<br />
herabsetzen [11], während LL-37 direkte Effekte auf das Vaccinia<br />
Virus und HSV aufweist [44]. Die im Vergleich zur Psoriasis beim<br />
atopischen Ekzem <strong>de</strong>utlich vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te Produktion mehrerer<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
18 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
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relevanter antiviraler Pepti<strong>de</strong> dürfte somit nicht nur einen<br />
wesentlichen Kofaktor für die vermehrte Besie<strong>de</strong>lung <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut mit<br />
Staph. aureus darzustellen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch eine pathoge<strong>net</strong>ische<br />
Rolle bei disseminierten kutanen viralen Infektionen <strong>de</strong>s AE spielen<br />
[10, 23]. Drittens ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Mangel an PDC zu nennen, <strong><strong>de</strong>r</strong> das AE<br />
von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en entzündlichen Hauterkrankungen wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Psoriasis,<br />
<strong>de</strong>m allergischen Kontaktekzem o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m kutanen Lupus<br />
erythemato<strong>de</strong>s unterschei<strong>de</strong>t [41]. Eine selektive Apoptose-<br />
Induktion von PDC durch IL-4 ist beschrieben und kann das<br />
weitgehen<strong>de</strong> Fehlen dieses Zelltyps in <strong>de</strong>n Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitisläsionen<br />
gut erklären [26]. Ein Fehlen dieser als ‚antivirale Relaisstation’<br />
wirken<strong>de</strong>n PDC in <strong>de</strong>n Läsionen <strong>de</strong>s AE verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t ursächlich die<br />
Produktion antiviraler Typ-I Interferone [41].<br />
Das Eczema molluscatum betrifft vor allem Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> mit atopischem<br />
Ekzem, wobei <strong><strong>de</strong>r</strong> kratzen<strong>de</strong> Finger infektiöse Viruspartikel über<br />
befallene und unbefallene Hautareale verteilt. In wieweit eine<br />
Behandlung mit topischen Immunmodulatoren eine Ausbildung <strong>de</strong>s<br />
Eczema molluscatum begünstigt, muß durch weitere<br />
epi<strong>de</strong>miologische und experimentelle Arbeiten geklärt wer<strong>de</strong>n [34].<br />
Bakterielle Infektionen beim atopischen Ekzem<br />
Klinisch ist seit langem bekannt, daß die Haut <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten mit<br />
atopischem Ekzem stark von Staphylococcus aureus kolonisiert<br />
wird, und daß Exazerbationen eines AE fast immer mit Staph.<br />
aureus-Infektionen einhergehen.<br />
Staph. aureus produziert eine Anzahl verschie<strong>de</strong>ner<br />
Bakterientoxine wie SEA, SEB o<strong><strong>de</strong>r</strong> TSST, die als Allergene und<br />
als Superantigene wirken können, stimulieren also zahlreiche T-<br />
Zellen einer gemeinsamen Untergruppe unabhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Spezifität [1, 18]. Diese Untergruppen sind durch einen<br />
gemeinsamen V-beta Abschnitt im T-Zell-Rezeptor <strong>de</strong>finiert. Grob<br />
geschätzt kann so statt je<strong><strong>de</strong>r</strong> millionsten antigenspezifischen T-<br />
Zelle etwa je<strong>de</strong> zwanzigste T-Zelle aktiviert und zur Teilung<br />
angeregt wer<strong>de</strong>n. Dieser Effekt scheint insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e für das<br />
sekundär infizierte AE pathoge<strong>net</strong>isch relevant zu sein. Weiterhin<br />
wur<strong>de</strong> einerseits Superantigen-spezifisches IgE bei Patienten mit<br />
atopischem Ekzem nachgewiesen, was eine pathoge<strong>net</strong>ische<br />
Relevanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Besiedlung mit Staph. aureus im Sinne eines lokalen<br />
Triggerfaktors unterstreicht [7]. Die systemische antibiotische o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 19<br />
topische antiseptische <strong>Therapie</strong> bedingt nicht nur eine klinische<br />
Besserung akuter Hautläsionen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n hat auch einen positiven<br />
Einfluß auf die Regulation <strong><strong>de</strong>r</strong> IgE-Synthese [18].<br />
Im Rahmen kutaner Entzündungsreaktionen wird in Abhängigkeit<br />
vom lokalen Zytokinmilieu die Produktion antibakterieller Pepti<strong>de</strong><br />
wie das Defensin HBD-2 o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Cathelicidin LL-37 in<br />
Keratinozyten heraufreguliert [23]. Dies führt in verschie<strong>de</strong>nen<br />
Hauterkrankungen wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Psoriasis zu einer hohen<br />
Peptidproduktion und klinisch ausgezeich<strong>net</strong>en Schutzwirkung. Im<br />
Gegensatz dazu verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t das entzündliche Mikromilieu in <strong>de</strong>n<br />
Läsionen <strong>de</strong>s AE, wahrscheinlich über IL-4, eine Aufregulation <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
antimikrobiellen Pepti<strong>de</strong> [23].<br />
Ausblick<br />
Die von zahlreichen Forschungsgruppen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> ganzen Welt<br />
betriebene <strong><strong>de</strong>r</strong>matologisch-immunologische Forschungsarbeit hat<br />
unser Wissen hinsichtlich vieler pathoge<strong>net</strong>ischer Aspekte <strong>de</strong>s AE<br />
beträchtlich erweitert. Dies führte zur pathoge<strong>net</strong>ischen Einordnung<br />
<strong>de</strong>s AE als IgE-vermittelte Spättypreaktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut [17]. Lei<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
stellt unser <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitiges Wissen noch immer ein aus vielen<br />
Einzelteilen bestehen<strong>de</strong>s großes Puzzle dar. Dieses Puzzle ist zwar<br />
zum Teil bereits zusammengesetzt, weist aber immer noch in<br />
weiten Teilen Lücken auf, die durch bislang noch unbekannte<br />
Stücke in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft geschlossen wer<strong>de</strong>n müssen.<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Triggerfaktoren und Prävention<br />
A. Gauger<br />
Triggerfaktoren und Prävention 23<br />
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Bie<strong><strong>de</strong>r</strong>stein,<br />
Technische Universität München<br />
Einführung<br />
Einführung 23<br />
Aeroallergene 24<br />
Hausstaubmilbe 26<br />
Tierepithelien und Pflanzenpollen 27<br />
Nahrungsmittel 28<br />
Mikrobielle Besiedlung 29<br />
Textilien 31<br />
Zusammenfassung 34<br />
Literatur 34<br />
Das atopische Ekzem (AE; Synonym: atopische <strong>Dermatitis</strong>,<br />
endogenes Ekzem, Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis) stellt bei einer Prävalenz von<br />
über 10% die häufigste chronisch-entzündliche Hauterkrankung bei<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n in industrialisierten Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n dar [1].<br />
In über 80% verläuft die Erkrankung leicht, nur ca. 2 % <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Patienten erfahren einen schweren Verlauf, die Krankheitsaktivität<br />
nimmt meist im Laufe <strong>de</strong>s Lebens ab, so daß nur eine geringe<br />
Prävalenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung im Erwachsenenalter besteht [2]. Das<br />
Erkennen und die Meidung von Trigger- (bzw. Provokations-)<br />
faktoren spielt eine wesentliche Rolle im <strong>Therapie</strong>management <strong>de</strong>s<br />
atopischen Ekzems. Hierdurch kann sowohl präventiv als auch<br />
therapeutisch positiver Einfluß auf <strong>de</strong>n Krankheitsverlauf<br />
genommen und Beschwer<strong>de</strong>n gemil<strong><strong>de</strong>r</strong>t o<strong><strong>de</strong>r</strong> vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />
[3,4]. Triggerfaktoren können generell in unspezifische, d.h. je<strong>de</strong>n<br />
Patienten mit atopischem Ekzem betreffend, o<strong><strong>de</strong>r</strong> spezifische, d.h.<br />
individuelle Faktoren unterteilt wer<strong>de</strong>n [Abb. 1].<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
24 Triggerfaktoren und Prävention<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Abb. 1 Übersicht <strong><strong>de</strong>r</strong> individuellen (spezifischen) und generellen<br />
(unspezifischen) Triggerfaktoren <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />
Aeroallergene<br />
Die häufigsten Sensibilisierungen bei atopischer Diathese fin<strong>de</strong>n<br />
sich gegen Gräserpollen, Dermatophagoi<strong>de</strong>s pteronyssinus<br />
(Hausstaubmilbe I) sowie Katzenepithelien. Seltener sind Typ I –<br />
Sensibilisierungen gegenüber Dermatophagoi<strong>de</strong>s farinae<br />
(Hausstaubmilbe II), Birken- und Beifußpollen, Alternaria sowie<br />
Hun<strong>de</strong>epithelien. Sie können <strong>de</strong>n Krankheitszustand negativ<br />
beeinflussen bzw. ihre Meidung kann zu einer <strong>de</strong>utlichen<br />
Befundbesserung führen. Sensibilisierungen auf Aeroallergene<br />
müssen für <strong>de</strong>n Patienten individuell mit Hilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> üblichen<br />
allergologischen Diagnostik (siehe dort) ermittelt wer<strong>de</strong>n. Ob es<br />
sich hierbei um klinisch relevante Sensibilisierungen han<strong>de</strong>lt, muß<br />
sowohl anamnestisch als auch mit Hilfe spezifischer<br />
allergologischer Testungen (z.B. Atopie-Patch-Test (APT)) geklärt<br />
wer<strong>de</strong>n. Hier wird mit Allergenen, die bekanntermaßen IgE-<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Triggerfaktoren und Prävention 25<br />
vermittelte Reaktionen auslösen, eine Epikutantestung<br />
durchgeführt. Sie besitzt eine hohe Spezifität und ist geeig<strong>net</strong>, die<br />
Relevanz einer IgE-vermittelten Sensibilisierung für die<br />
Hauterkrankung „Ekzem“ zu beurteilen [5,6].<br />
Die Sensibilisierung auf Aeroallergene ist beim AE durch die<br />
bekannte Barrierestörung <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut erleichtert [Abb. 2].<br />
Abb. 2 Sensibilisierung auf Aeroallergene bei bekanntem<br />
Barriere<strong>de</strong>fekt bei atopischem Ekzem<br />
Erfolgt durch eine konsequente Basispflege eine<br />
Barrierestabilisierung, so kann die Ekzemreaktion auf<br />
Aeroallergene abgeschwächt o<strong><strong>de</strong>r</strong> sogar verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. Dies<br />
zeigte eine Studie von Billmann-Eberlein et al., die zeigte, daß nach<br />
einer Woche Vorbehandlung mit 12% Omega Fettsäuren Creme<br />
signifikant schwächere Reaktionen im Vergleich zur unbehan<strong>de</strong>lten<br />
Seite im APT auf Lieschgras (p
26 Triggerfaktoren und Prävention<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
trägt zum Schutz vor Sensibilisierung und Ekzemverschlechterung<br />
durch Aeroallergene erheblich bei.<br />
Hausstaubmilben<br />
Die Allergene <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausstaubmilbe, <strong><strong>de</strong>r</strong>en wichtigste Vertreter in<br />
Mitteleuropa Dermatophagoi<strong>de</strong>s pteronyssinus und<br />
Dermatophagoi<strong>de</strong>s farinae sind, entstammen in erster Linie <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Faeces (Der p 1 und Der f 1; wasserlösliche und hitzelabile<br />
Glykoproteine), aber auch <strong>de</strong>m Milbenkörper (Der p 2 und Der f 2;<br />
wasserlösliche und hitzestabile Glykoproteine). Problematisch<br />
gestaltet sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung und Auswertung klinischer<br />
Studien, die sich mit Hausstaubmilben- Reduktion und Prävention<br />
beschäftigen, die Standardisierung repräsentativer<br />
Allergenmessungen. So wiesen Loan und Mitarbeiter eine extrem<br />
variable Allergenverteilung im Haushalt nach [9]. Eine positive<br />
Korrelation konnte zwischen Allergenkonzentration und<br />
Feuchtigkeit sowie Familiengröße gezeigt wer<strong>de</strong>n [10]. Zahlreiche<br />
Studien wur<strong>de</strong>n bis heute durchgeführt, die vor allem die<br />
Effektivität <strong>de</strong>s Encasings zur Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausstaubmilben-<br />
Konzentration zeigen konnten, nicht jedoch eine signifikante<br />
Verbesserung <strong>de</strong>s atopischen Ekzems durch diese Maßnahme<br />
[4,11,12,13]. Auch eine Metaanalyse kommt zur gleichen<br />
Schlußfolgerung [14]. Allerdings wur<strong>de</strong> eine Hausstaubmilben-<br />
Sensibilisierung als möglicher positiver prädiktiver Marker für AE-<br />
Persistenz und Entwicklung respiratorischer allergischer<br />
Erkrankungen postuliert [15]. 1996 berichteten Tan und Mitarbeiter<br />
zu<strong>de</strong>m über eine Placebo-kontrollierte Studie, in <strong><strong>de</strong>r</strong> eine Besserung<br />
<strong>de</strong>s atopischen Ekzems in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verum-Gruppe durch Encasing und<br />
Verwendung von Acarizi<strong>de</strong>n und eines Spezial-Staubsaugers<br />
(Mikrofilter) erreicht wer<strong>de</strong>n konnte [16]. Dies ist um so<br />
erstaunlicher, da in <strong>de</strong>n Einschlußkriterien lediglich das<br />
Vorhan<strong>de</strong>nsein eines atopischen Ekzems, aber nicht einer<br />
sogenannten extrinsischen Form, d.h. die Notwendigkeit <strong>de</strong>s<br />
Vorhan<strong>de</strong>nseins von spezifischen und unspezifischen<br />
Sensibilisierungen, gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> [16]. Präventiv sollte bei<br />
nachgewiesener Hausstaubmilbensensibilisierung mit<br />
Krankheitsrelevanz eine Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausstaubmilben-Allergene<br />
angestrebt wer<strong>de</strong>n. Hierbei stellt das Encasing <strong><strong>de</strong>r</strong> Matratze die<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Triggerfaktoren und Prävention 27<br />
wichtigste Maßnahme dar. Encasing von Kopfkissen und Bett<strong>de</strong>cke<br />
sollte zusätzlich erfolgen, alternativ können Kissen und Bett<strong>de</strong>cke<br />
regelmäßig (alle 4-6 Wochen) bei 90 0 C gewaschen wer<strong>de</strong>n [4]. Die<br />
Luftfeuchtigkeit sollte nach Möglichkeit < 50% abgesenkt wer<strong>de</strong>n.<br />
Wenn Klimaanlage und Luftentfeuchter nicht zur Verfügung<br />
stehen, sollte zumin<strong>de</strong>st für ausreichen<strong>de</strong> Lüftung von Matratze und<br />
Bett gesorgt wer<strong>de</strong>n. Falls Teppichbo<strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>n ist, empfiehlt<br />
sich entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> regelmäßiges (alle 2-3 Tage) Staubsaugen, nach<br />
Möglichkeit mit Mikrofilter. Wichtig ist das häufige Auswechseln<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Filter. Während <strong>de</strong>s Saugens und bis zu zwei Stun<strong>de</strong>n danach<br />
sollte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Allergiker <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Räumen fernhalten.<br />
Prinzipiell ist, falls möglich, <strong><strong>de</strong>r</strong> Ersatz durch wischbare<br />
Bo<strong>de</strong>nmaterialien anzuraten. Bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollten Kuscheltiere<br />
min<strong>de</strong>stens 1 x monatlich für 12 Stun<strong>de</strong>n ins Eisfach gelegt (tötet<br />
die Milben ab), und anschließend gewaschen wer<strong>de</strong>n (entfernt die<br />
Allergene) [4]. Die Absenkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Temperatur von Schlafräumen<br />
unter 20 0 C scheint ebenfalls sinnvoll zu sein, <strong><strong>de</strong>r</strong> Einsatz von<br />
Acarizi<strong>de</strong>n ist eher fraglich [17].<br />
Tierepithelien und Pflanzenpollen<br />
Die Sensibilisierung von Patienten mit AE gegenüber<br />
Katzenepithelien ist häufig und birgt aus verschie<strong>de</strong>nen Grün<strong>de</strong>n<br />
eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Problematik: das verantwortliche Allergen Fel d1<br />
persistiert – auch nach Abschaffung <strong>de</strong>s Haustieres – noch lange in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnung und ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit (Schule, Arbeitsplatz)<br />
nicht leicht zu mei<strong>de</strong>n. Bei nachgewiesener klinischer Symptomatik<br />
ist die Allergenkarenz die erste therapeutische Maßnahme. Dies<br />
be<strong>de</strong>utet die Abschaffung <strong>de</strong>s oft ans Herz gewachsenen Haustieres.<br />
An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits ist die Diskussion um die Notwendigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
präventiven Haustierabschaffung in <strong>de</strong>n letzten Jahren erneut<br />
entbrannt. Holscher et al. konnten ein<strong>de</strong>utig eine höhere<br />
Sensibilisierungsrate bei Katzenhaltern [18], Jovanovic et al. sogar<br />
eine höhere Sensibilisierung bei atopischen Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
(Lan<strong>de</strong>sgesundheitsamt Ba<strong>de</strong>n-Württemberg: case control study)<br />
nachweisen [19]. In einer großen prospektiven Kohortenstudie<br />
bezüglich Asthma bei über 900 Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> eine signifikante<br />
Korrelation zwischen Allergen-Exposition (HSM/Katze) und<br />
Sensibilisierung zwischen <strong>de</strong>m 3. und 7. Lebensjahr sowie<br />
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28 Triggerfaktoren und Prävention<br />
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zwischen Sensibilisierung und Erkrankung ab <strong>de</strong>m 3. Lebensjahr<br />
beobachtet. Allerdings wur<strong>de</strong> keine Korrelation zwischen Allergen-<br />
Exposition und Erkrankung gefun<strong>de</strong>n [20]. Der Hun<strong>de</strong>haltung<br />
konnte aus epi<strong>de</strong>miologischer Sicht sogar ein protektiver Effekt<br />
zugeschrieben wer<strong>de</strong>n [18]. Inwieweit die präventive<br />
Allergenmeidung bei Haustieren, speziell <strong><strong>de</strong>r</strong> Katze, eine sinnvolle<br />
Maßnahme ist, muß in weiteren prospektiven Studien geklärt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Gräserpollen zeigen die höchste Sensibilisierungsrate bei Patienten<br />
mit atopischer Diathese. Die Pollenbelastung ist zwar individuell –<br />
abhängig vom Wohngebiet – unterschiedlich, eine Allergenkarenz<br />
gestaltet sich jedoch generell schwierig. Sinnvolle Maßnahmen<br />
beinhalten, zu Spitzenbelastungszeiten <strong>de</strong>s Pollenflugs Aktivität im<br />
Freien zu mei<strong>de</strong>n (Polleninformationsdienst Radio/ Zeitung). Eine<br />
geringere Belastung fin<strong>de</strong>t sich nach längerem Regen, niedriger<br />
Temperatur, sowie tageszeitlich zwischen 0-4 Uhr morgens (i<strong>de</strong>aler<br />
Zeitpunkt zum Lüften). Abends sollte nach <strong>de</strong>m Aufenthalt im<br />
Freien geduscht und die Haare gewaschen wer<strong>de</strong>n mit<br />
anschließend konsequenter Hautpflege. Kleidung sollte nicht im<br />
Schlafzimmer abgelegt o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Freien getrock<strong>net</strong> wer<strong>de</strong>n.<br />
Regelmäßiges Saugen mit Staubsaugern, die mit Mikrofilter<br />
ausgestatteten sind, sowie feuchtes Wischen von Bö<strong>de</strong>n und<br />
Oberflächen ist sinnvoll, jedoch sollte dies nicht durch die<br />
betroffene Person erfolgen. Bei Urlaubsplanung sollten pollenarme<br />
Ort- und Zeitpunkte vorgezogen wer<strong>de</strong>n (Hochgebirge, Küste,<br />
Inseln, Seereisen). Pollenschutzfolien vor <strong>de</strong>m Fenster ermöglichen<br />
Lüften ohne Pollenbelastung (z.B. icleen® Pollengaze, Incen AG,<br />
Schweiz). Allergen-Luftfiltergeräte und <strong><strong>de</strong>r</strong> Einbau eines<br />
Pollenfilters in <strong>de</strong>n PKW (insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bei Parken unter Bäumen)<br />
tragen zur Allergenreduktion bei.[4]<br />
Nahrungsmittel<br />
Nahrungsmittel spielen beim kindlichen atopischen Ekzem eine<br />
weitaus größere Rolle als im Erwachsenenalter. Nicht nur die<br />
Häufigkeit von Nahrungsmittelunverträglichkeiten, auch die Art <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Allergene sind abhängig vom Alter <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten und <strong>de</strong>m<br />
Schweregrad <strong>de</strong>s atopischen Ekzems. Im Säuglingsalter lei<strong>de</strong>n<br />
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Triggerfaktoren und Prävention 29<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> mit schwerem AE zu 100%, bei mittlerem Schweregrad zu<br />
33% und bei leichtem AE im Durchschnitt überhaupt nicht an einer<br />
Nahrungsmittelallergie [21]. Im Erwachsenenalter sind echte<br />
Nahrungsmittelallergien extrem selten, die Prävalenz wird auf<br />
höchstens 0,8-2,4% <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwachsenen- und etwa 0,3-7,5% <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
kindlichen Bevölkerung geschätzt [22,23]. Während im<br />
Kin<strong>de</strong>salter hauptsächlich Allergien auf Grundnahrungsmittel (Ei,<br />
Milch, Weizen) gesehen wer<strong>de</strong>n, überwiegen im Erwachsenenalter<br />
pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien. Zusätzlich können<br />
individuell unterschiedliche Verträglichkeiten auf irritative<br />
Nahrungsmittel mit hohem Säuregehalt (z.B.Zitrusfrüchte)<br />
bestehen. Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich jedoch nicht um echte Allergien,<br />
die diagnostischen Möglichkeiten sind begrenzt und objektive<br />
Parameter fehlen. Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Stellenwert von sogenannten<br />
Pseudoallergien beim AE ist noch nicht vollständig geklärt.<br />
Zusammenfassend wer<strong>de</strong>n im Säuglingsalter oftmals wichtige<br />
allergologische diagnostische Maßnahmen bezüglich einer<br />
Nahrungsmittelallergie vernachlässigt, <strong><strong>de</strong>r</strong> Stellenwert <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Nahrungsmittelallergien beim Erwachsenen wird jedoch in einigen<br />
Fällen überschätzt und ist verantwortlich für häufig überflüssige<br />
Diätempfehlungen.<br />
Mikrobielle Besie<strong>de</strong>lung<br />
Staphylococcus aureus<br />
Staphylococcus (S.) aureus ist bekannt als ein wichtiger<br />
Triggerfaktor im Hinblick auf die Unterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Hautentzündung und die Auslösung von akuten Exazerbationen<br />
[24,25]. Während die Kolonisation mit S. aureus bei Hautgesun<strong>de</strong>n<br />
lediglich 2-25% beträgt, läßt sich S. aureus bei Patienten mit AE<br />
auf läsionaler Haut bis zu 100 % und auf nicht-läsionaler Haut in<br />
50-72 % <strong><strong>de</strong>r</strong> Fälle nachweisen. Der Grad <strong><strong>de</strong>r</strong> Besiedlung wird in<br />
Zusammenhang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwere <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung gesehen [26,27].<br />
Das Wissen über die pathophysiologische Be<strong>de</strong>utung von S. aureus<br />
beim AE hat in <strong>de</strong>n letzten Jahren zugenommen. Das Bakterium<br />
produziert eine Vielzahl verschie<strong>de</strong>ner Adhärenzfaktoren, sog.<br />
Adhesine (Protein A, Clumping factor, Koagulase, Matrix-bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Proteine: fibronectin-binding protein) [28]. Zu<strong>de</strong>m verfügt S.<br />
aureus über unterschiedliche immunmodulatorische Toxine mit<br />
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30 Triggerfaktoren und Prävention<br />
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superantigenen Eigenschaften wie das ausführlich beschriebene<br />
staphylogene Enterotoxin A-E und das Toxic Shock Syndrom<br />
Toxin 1 [28,29]. Es wer<strong>de</strong>n eine Reihe von direkt zellschädigen<strong>de</strong>n<br />
Enzymen und mehrere gefährliche Toxine (einschließlich<br />
Hämolysine und Exfoliatine) produziert und einige sehr effiziente<br />
Abwehrmechanismen gegenüber einer Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> gängigen<br />
Antibiotika <strong>de</strong>m Bakterium zugeschrieben [30,31]. Neben dieser<br />
direkten Wirkung von S. aureus wird auch die Problematik <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Immunantwort <strong>de</strong>s Patienten mit AE auf die mikrobielle<br />
Besie<strong>de</strong>lung immer <strong>de</strong>utlicher. Sie richtet sich v.a. gegen<br />
Staphylokokken-Peptidoglykan (PGN) und Lipoteichonsäure (LTA)<br />
<strong>de</strong>s Bakteriums. Die Pathogene wer<strong>de</strong>n über sogenannte “Toll-likereceptors”<br />
(TLRs) erkannt [32]. Die notwendige Produktion von<br />
Zytokinen (iNOS, IL8) und antimikrobiellen Pepti<strong>de</strong>n (Defensine)<br />
(HBD2, HBD3, LL37) ist bei Patienten mit AE herunterreguliert<br />
[33], ebenso wie die Regulation über TH1 Zytokine (IL1b, IFNg,<br />
TNFa) [34]. Zusätzlich tragen allergische Reaktionen gegen S.<br />
aureus- Toxine und Superantigene zur übersteigerten und<br />
ineffizienten Immunantwort <strong>de</strong>s Patienten mit AE bei [35]. Damit<br />
herrscht eine Inbalance zwischen (übermäßiger) Stimulation <strong>de</strong>s<br />
(atopischen) Immunsystems v.a. durch Staphylokokken-<br />
Superantigene, verstärkt durch ein vermehrtes T-cell homing und<br />
allergische IgE-Synthese, bei gleichzeitiger Abwehrschwäche <strong>de</strong>s<br />
(atopischen) Immunsystems durch die mangeln<strong>de</strong> Produktion von<br />
Defensinen (LL37, HBD2, HBD3) und spezifischen Zytokinen.<br />
Dies führt zu verstärkter Entzündungsreaktion und Exazerbation<br />
<strong>de</strong>s Ekzems [35].<br />
Malassezia furfur<br />
Vor allem bei Ekzemen im Kopf-Hals-Bereich (sogenannte head<br />
and neck <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis) wer<strong>de</strong>n verstärkt Reaktionen gegen die<br />
Hefepilze Malassezia (Pityrosporum) und Candida nachgewiesen<br />
[36,37]. Es wer<strong>de</strong>n – analog zu S. aureus – allergische Ursachen<br />
vermutet, da häufig spezifische IgE-Antikörper bei Patienten mit<br />
AE nachgewiesen wer<strong>de</strong>n [38,39]. Auch positive APT-Reaktionen<br />
auf Malassezia Allergene sind bekannt [37]. Klinisch wur<strong>de</strong>n<br />
positive Ergebnisse antimykotischer <strong>Therapie</strong>n berichtet, allerdings<br />
han<strong>de</strong>lte es sich bisher um systemische <strong>Therapie</strong>n mit zusätzlich<br />
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Triggerfaktoren und Prävention 31<br />
antiinflammatorischem Effekt, so daß kontrollierte Studien zu<br />
topischer antimykotischer <strong>Therapie</strong> folgen sollten [40,41].<br />
Textilien<br />
Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n individuellen spezifischen allergischen<br />
Reaktionen stellen Textilien einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n generellen<br />
Provokationsfaktor <strong>de</strong>s AE dar [42]. Während das irritative<br />
Potenzial bestimmter Textilien eine große Zahl von Patienten mit<br />
AE betrifft (Wolle-Unverträglichkeit), und beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im<br />
Kin<strong>de</strong>salter über einen vestärkten Juckreiz zu einer<br />
Ekzemverschlechterung führt, sind allergische Reaktionen auf<br />
Textilien sehr selten [43,44].<br />
Hautirritation durch Textilien<br />
Wolle kann bei direktem Kontakt mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut von Patienten mit<br />
atopischem Ekzem Juckreiz auslösen beziehungsweise verstärken<br />
[43]. Dabei besteht ein klarer Zusammenhang zwischen Faser-<br />
Durchmesser und <strong>de</strong>m Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Irritation. Die mechanisch<br />
bedingte Hautreizung ist umso größer, je gröber die Wolle ist,<br />
wobei die Ursache in <strong>de</strong>m verstärkten Eindringen <strong><strong>de</strong>r</strong> Faser in die<br />
Haut liegt [45]. Aufgrund dieser Erkenntnisse läßt sich gut<br />
verstehen, warum fein verarbeitete Wollmaterialien, wie z.B.<br />
Cashmere, im Allgemeinen eine bessere Hautverträglichkeit<br />
aufweisen. Erhöhte Temperatur und Feuchtigkeit können die<br />
irritative Wirkung von Textilien, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Wolle, steigern [4].<br />
Für synthetische Textilien gilt Ähnliches wie für Wolle. Auch sie<br />
besitzen ein Irritationspotenzial, welches ebenfalls von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Faserdicke abhängt. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Mikrofaser-Textilien zeichnen<br />
sich jedoch aufgrund ihres geringen Faserdurchmessers durch gute<br />
Hautverträglichkeit aus und wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n meisten Patienten mit<br />
AE vertragen. Bis heute sind Baumwolltextilien für Patienten am<br />
geeig<strong>net</strong>sten. Sie besitzen eine sehr gute Hautverträglichkeit und<br />
damit hohe Akzeptanz unter <strong>de</strong>n Patienten. Baumwolle besitzt<br />
zu<strong>de</strong>m eine gute Aufnahmekapazität von Feuchtigkeit und läßt sich<br />
auch bei hohen Temperaturen (95 O C) waschen. Grundsätzlich<br />
sollten beim Tragen Kleidung, die direkten Körperkontakt hat,<br />
mechanische Reizungen, wie z.B. das Scheuern von Nähten o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Etiketten, vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Hierbei sind einfache Handgriffe, wie<br />
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32 Triggerfaktoren und Prävention<br />
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das Wen<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Wäsche vor <strong>de</strong>m Anziehen hilfreich. Des Weiteren<br />
sollte das Trocknen von Baumwollwäsche möglichst an <strong><strong>de</strong>r</strong> Luft<br />
und nicht im Trockner erfolgen, da die hohen Temperaturen durch<br />
Strukturverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Fasern die Feuchtigkeitskapazität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kleidung verringern. Der daraus resultieren<strong>de</strong> Flüssigkeitsfilm<br />
zwischen Kleidung und Haut kann wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um eine Irritation auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Haut hervorrufen [4]. Eine weitere Möglichkeit, die Verträglichkeit<br />
von Baumwolle zu erhöhen, ist die Verwendung von Weichspülern,<br />
wie Hermanns und Mitarbeiter nachweisen konnten [46]. Mit einer<br />
Kontaktsensibilisierung durch Weichspüler ist nicht zu rechnen, wie<br />
eine große Studie mit über 4000 Proban<strong>de</strong>n gezeigt hat [47]. Bei<br />
Synthetikfasern scheint die Anwendung von Weichmachern keinen<br />
positiven Effekt zu haben, da die Textilien nach <strong>de</strong>m<br />
Waschvorgang feuchtigkeitsanziehend sind und somit ein<br />
irritieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Flüssigkeitsfilm auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut entstehen kann [4].<br />
Allergische Reaktionen auf Textilien<br />
Allergische Reaktionen auf Kleidungsmaterialien sind selten und<br />
spielen im Vergleich zu <strong>de</strong>n irritativen Einflüssen von Textilien<br />
eine untergeord<strong>net</strong>e Rolle [45]. Typ-I-Sensibilisierung gegenüber<br />
Kleidungsmaterialien sind extrem selten, Typ-IV-<br />
Sensibilisierungen gegenüber Stärke und Färbemittel, mit <strong>de</strong>nen die<br />
Textilien behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, fin<strong>de</strong>n sich häufiger. Hervorzuheben<br />
sind hierbei die sogenannten AZO-Farbstoffe, die in dunkel<br />
gefärbten Textilien vorkommen. Dispersions- Blau 106 und 124<br />
besitzen ein beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s hohes allergisches Potenzial und können zu<br />
schweren Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matiti<strong>de</strong>n führen [48]. Dunkel gefärbte<br />
Textilien, die direkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut aufliegen (z.B. Strumpfhosen), sollten<br />
daher von Patienten mit AE gemie<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> zumin<strong>de</strong>st vor <strong>de</strong>m<br />
ersten Tragen gewaschen wer<strong>de</strong>n.<br />
Textilien als <strong>Therapie</strong>prinzip<br />
Inzwischen wer<strong>de</strong>n Textilien regelmäßig als Therapeutika im<br />
Management <strong>de</strong>s AE eingesetzt. Dabei sind einerseits die<br />
mechanischen Eigenschaften und an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits die Eigenschaft als<br />
Trägermaterial für Wirkstoffe von Be<strong>de</strong>utung. Vor allem bei<br />
Säuglingen und Kleinkin<strong><strong>de</strong>r</strong>n haben sich sogenannte<br />
„Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis-Overalls“ bewährt. Sie bieten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> einen Seite<br />
mechanischen Schutz vor Kratzattacken und erhöhen auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
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Triggerfaktoren und Prävention 33<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite die Wirksamkeit von aufgetragenen Externa.<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s für die akute <strong>Therapie</strong> läßt sich dieser Effekt durch die<br />
anti-entzündliche Wirkung einer fett/feuchten Anwendung<br />
verstärken (sogenannte fett/feuchte Schlauchverbän<strong>de</strong>) [42]. Ein<br />
neues Konzept ist die Verwendung von Textilien mit<br />
antimikrobiellen Eigenschaften, die in ihrer Funktion nicht nur<br />
protektiv, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n zugleich gegen <strong>de</strong>n Provokationsfaktor S. aureus<br />
wirken und damit zwei Eigenschaften therapeutischer Strategien<br />
vereinbaren sollen. Gute Erfahrungen liegen mit silberbeschichteten<br />
Textilien vor (Padycare®, Fa. TexAMed, Gefrees). Es han<strong>de</strong>lt sich<br />
hierbei um Textilien aus Mikrofaser mit einem 20%igen<br />
Silberanteil. Die positiv gela<strong>de</strong>nen Silberionen bewirken<br />
Denaturierung <strong><strong>de</strong>r</strong> positiv gela<strong>de</strong>nen bakteriellen Zellwand. In vitro<br />
konnte ein guter antimikrobieller Effekt (gegen Staphylococcus<br />
aureus, Pseudomonas aeruginosa, Candida albicans) ohne relevante<br />
Zytotoxizität nachgewiesen wer<strong>de</strong>n. Auch in vivo konnte die gute<br />
antibakterielle Wirkung an Patienten mit AE in einem<br />
intraindividuellen Halbseitenvergleich gezeigt wer<strong>de</strong>n [49]. Die<br />
klinische Effektivität konnte in einer doppelblin<strong>de</strong>n,<br />
plazebokontrollierten, multizentrischen Studie mit 68 auswertbaren<br />
Patienten verifiziert wer<strong>de</strong>n. Nach zweiwöchiger Tragezeit kam es<br />
zu einer statistisch signifikanten Besserung <strong>de</strong>s SCORAD („Scoring<br />
of atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis“) bei einem, mit Baumwolle vergleichbaren<br />
Tragecomfort. Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n Juckreiz, Schlafqualität und<br />
Hautbefund im Vergleich zu Baumwolle subjektiv signifikant<br />
besser eingeschätzt, Nebenwirkungen wur<strong>de</strong>n nicht berichtet.<br />
[Gauger et al., unpublished data] Kontrollierte Studien zur<br />
möglichen Absorption von Silberionen in die Haut fehlen jedoch<br />
bisher.<br />
Zusammenfassung<br />
Eine Vielzahl von individuellen und generellen Trigger-<br />
(Provokations-) faktoren spielen eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle im<br />
Gesamtbild <strong>de</strong>s atopischen Ekzems. Einen <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten<br />
allergischen Provokationsfaktoren stellt sicherlich die Reaktion auf<br />
Aeroallergene dar, welche durch eine <strong>de</strong>fekte Hautbarriere bei<br />
Patienten mit AE geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wird. Nahrungsmittelallergien sind zwar<br />
im Säuglingsalter von erheblichem Belang, nehmen jedoch im<br />
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34 Triggerfaktoren und Prävention<br />
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Laufe <strong>de</strong>s Lebens an Be<strong>de</strong>utung ab und fin<strong>de</strong>n sich im<br />
Erwachsenenalter v.a. als sogenannte pollenassoziierte<br />
Unverträglichkeiten. Die mikrobielle Besie<strong>de</strong>lung, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e mit<br />
S. aureus, hat einen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Stellenwert bei Patienten mit AE,<br />
da spezifische immunologische Fehlmechanismen bei dieser<br />
Erkrankung zwar nicht zu einer Beseitigung <strong>de</strong>s Keims, jedoch zu<br />
massiver Entzündungsreaktion führen, die antiseptische<br />
Maßnahmen in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Therapie</strong> sinnvoll erscheinen lassen. Spezielle<br />
Textilien mit antimikrobiellen Eigenschaften vereinen dieses<br />
<strong>Therapie</strong>prinzip mit <strong>de</strong>m protektiven Effekt gut verträglicher<br />
Kleidung vergleichbar mit Baumwolle als <strong>de</strong>m bekannten „Gol<strong>de</strong>n<br />
Standard“ bei Patienten mit AE.<br />
Zusammenfassend können Triggerfaktoren die Ausprägung, <strong>de</strong>n<br />
Entzündungsgrad und Exazerbationshäufigkeit <strong>de</strong>s atopischen<br />
Ekzems maßgeblich beeinträchtigen. Umgekehrt kann ihre<br />
Meidung als Prävention und therapeutische Maßnahme in <strong>de</strong>m<br />
komplexen Krankheitsbild angesehen wer<strong>de</strong>n und zum<br />
Wohlbefin<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten beitragen.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
38 Triggerfaktoren und Prävention<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 39<br />
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
Konsenspapier <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgruppe LATOPIA<br />
J. <strong>Wohlrab</strong> 1,2 , F. Steierhoffer 2<br />
1 Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie; 2 Institut<br />
für angewandte Dermatopharmazie <strong><strong>de</strong>r</strong> Martin-Luther-Universität Halle-<br />
Wittenberg<br />
Präambel<br />
Präambel 39<br />
LATOPIA 40<br />
Ziel <strong>de</strong>s Konsenspapiers 40<br />
Notwendigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> adjuvanten <strong>Therapie</strong> 41<br />
Basistherapie 41<br />
Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> epikutanen Applikation 42<br />
Spezifische Wirkstoffe 44<br />
Aspekte <strong>de</strong>s Patientenmanagements 50<br />
Aspekte <strong>de</strong>s Krankheitsmanagements 51<br />
Anhang mit Wirkstoffdossiers 53<br />
Das vorliegen<strong>de</strong> Konsenspapier stellt eine Empfehlung dar, die<br />
nach <strong>de</strong>m aktuellen Stand <strong>de</strong>s ärztlichen Wissens, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis<br />
naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und <strong><strong>de</strong>r</strong> wissenschaftlichen<br />
Informationen sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> praktischen Erfahrung erstellt wur<strong>de</strong>. Die<br />
Inhalte sollen Ärztinnen und Ärzten sowie Mitarbeitern an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />
Berufsgruppen, die an <strong><strong>de</strong>r</strong> Versorgung von Patienten beteiligt sind,<br />
eine Anleitung für eine optimierte Handlungsweise geben. Die<br />
Autoren dieses Konsenspapiers haben bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erstellung<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Wert auf die Validierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Empfehlungen durch<br />
GCP-konforme klinische Studien gelegt. Häufig stützen sich aber<br />
die Inhalte auf breite Erfahrungswerte, da validierte klinische Daten<br />
nicht verfügbar sind bzw. <strong>de</strong>n Autoren nicht bekannt waren.<br />
Die Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> Empfehlungen fällt in <strong>de</strong>n persönlichen<br />
Entscheidungsbereich eines je<strong>de</strong>n Nutzers. Auch wenn die Autoren<br />
größtmögliche Sorgfalt bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erstellung und Recherche <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Inhalte haben walten lassen, sind Irrtümer, Fehler und<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
40 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Qualitätsmängel nicht auszuschließen. Umfang und Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Versorgung von Patienten und die Auswahl diagnostischer und<br />
therapeutischer Strategien sind in die Verantwortlichkeit eines<br />
je<strong>de</strong>n Arztes gestellt.<br />
LATOPIA<br />
LATOPIA ist eine Gruppe von interessierten und engagierten<br />
Ärzten und Apothekern, die optimierte Konzepte für die adjuvante<br />
Basistherapie von Patienten mit chronischen Hauterkrankungen<br />
erarbeiten und weiterentwickeln.<br />
Zur Erreichung dieses Ziels suchen die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA<br />
<strong>de</strong>n fachlichen Konsens zwischen erfahrenen nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelassenen<br />
Dermatologen, engagierten Klinikärzten und Apothekern. Dabei<br />
wird beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s auf die Praxis-relevante und Patienten-orientierte<br />
Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> erarbeiteten Inhalte Wert gelegt. LATOPIA sucht<br />
<strong>de</strong>n Kontakt zu Patienten, Selbsthilfegruppen, versorgen<strong>de</strong>n<br />
Dermatologen, klinisch sowie experimentell orientierten<br />
Wissenschaftlern und <strong><strong>de</strong>r</strong> Kosmetik- und Pharmaindustrie.<br />
Innerhalb <strong>de</strong>s Arbeitskreises sind Arbeitsgruppen aktiv, die sich mit<br />
gemeinsam benannten Schwerpunkten befassen. Ziel ist es,<br />
Konsenspapiere als Standards für die praktische Anwendung zu<br />
erarbeiten und durch Publikationen und<br />
Informationsveranstaltungen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Kollegen verfügbar zu<br />
machen. LATOPIA befürwortet die konstruktive fachliche und<br />
wissenschaftliche Diskussion <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsinhalte ausdrücklich und<br />
ist an <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeit engagierter Fachkollegen in <strong>de</strong>n Fachgruppen<br />
interessiert. Durch die regelmäßige Information und Abstimmung<br />
mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Dermatologischen Gesellschaft sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Arbeitsgruppen sollen die Arbeitsergebnisse als Ergänzung zu <strong>de</strong>n<br />
bereits verfügbaren Leitlinien dienen.<br />
Ziele <strong>de</strong>s Konsenspapiers<br />
Die Inhalte <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Konsenspapiers sollen Ärzten als<br />
Anleitung und Hilfe bei <strong><strong>de</strong>r</strong> individuellen, Patienten-bezogenen,<br />
Krankheitsphasen-adaptierten Konzeption einer adjuvanten<br />
Basistherapie von Patienten mit atopischer <strong>Dermatitis</strong> dienen sowie<br />
Apothekern helfen, eine fundierte und praxisrelevante Beratung<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 41<br />
Betroffener zu leisten, um ein einheitliches Versorgungs- und<br />
Beratungskonzept zu ermöglichen.<br />
Notwendigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> adjuvanten <strong>Therapie</strong><br />
Nach heutigem pathoge<strong>net</strong>ischen Verständnis han<strong>de</strong>lt es sich bei<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> um einen Symptomenkomplex, <strong>de</strong>n<br />
Patienten mit einer ge<strong>net</strong>isch fixierten Disposition zu einem Atopie-<br />
Syndrom entwickeln können. Die Ausprägung <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptome,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Schweregrad und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlauf kann durch exogene und<br />
endogene Triggerfaktoren individuell sehr unterschiedlich<br />
beeinflusst wer<strong>de</strong>n.<br />
Obwohl die pathoge<strong>net</strong>ischen Zusammenhänge weitgehend<br />
unbekannt sind, können eine Vielzahl pathophysiologischer<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen am Hautorgan selber, aber auch an an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Organen beobachtet wer<strong>de</strong>n. Für das Hautorgan hat die verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />
Funktionsstruktur <strong>de</strong>s Stratum corneum eine große Be<strong>de</strong>utung.<br />
Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die gestörte Barrierefunktion wird für sekundäre<br />
pathologische Szenarien mit verantwortlich gemacht. Deren<br />
therapeutische funktionelle Restitution ist das Hauptziel <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
adjuvanten epikutanen Applikation von Externa.<br />
Basistherapie<br />
Die Barrierefunktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis wird überwiegend durch <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
äußerste Schicht, das Stratum corneum (Hornschicht), realisiert. Die<br />
Hornschicht besteht aus drei wesentlichen funktionsstrukturellen<br />
Elementen: 1. im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Differenzierung gebil<strong>de</strong>te<br />
Korneozyten (Apoptose-ähnlicher Prozess), 2. aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
interzellulären Lipidsubstanz, 3. aus wasserbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Substanzen<br />
(natürlicher Feuchthaltefaktor). Nach heutigem Kenntnisstand sind<br />
für eine physiologische Funktion nicht nur die Quantität und die<br />
Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Elemente, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch <strong><strong>de</strong>r</strong>en molekulare<br />
Ordnung von Be<strong>de</strong>utung. Insgesamt lassen sich komplexe<br />
physikochemische und biologische Konditionen benennen, die<br />
unter physiologischen Bedingungen die regulierte Barriere bil<strong>de</strong>n.<br />
Da bei Patienten, die an einer atopischen <strong>Dermatitis</strong> lei<strong>de</strong>n, die<br />
Barrierefunktion mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger stark eingeschränkt ist, ist eine<br />
therapeutische Substitution sinnvoll und notwendig, um die<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
42 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
_____________________________________________________________________________________<br />
entzündliche Reaktion zu supprimieren und physiologische<br />
Bedingungen zu rekonstruieren. Auch im klinisch symptomfreien<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> –armen Intervall lassen sich <strong><strong>de</strong>r</strong>artige<br />
Funktionseinschränkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barriere nachweisen. Vor diesem<br />
Hintergrund ist die Anwendung von epikutan applizierten Externa<br />
zur funktionellen Rekonstituierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Barriere sowohl im<br />
symptomfreien wie im symptomatischen Krankheitsintervall<br />
rational begrün<strong>de</strong>t. Die verwen<strong>de</strong>ten galenischen Zubereitungen<br />
wer<strong>de</strong>n als Basistherapeutika1 bezeich<strong>net</strong>.<br />
Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwendung <strong><strong>de</strong>r</strong>artiger Basistherapeutika kann die<br />
additive Applikation von Wirksubstanzen zur Desinfektion o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Antibiose, zur Juckreizhemmung, zur Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wasserbindungskapazität bzw. zur Beeinflussung weiterer Faktoren<br />
Teil <strong>de</strong>s therapeutischen Konzepts sein. Weitere adjuvante<br />
Maßnahmen, die <strong>de</strong>n therapeutischen Erfolg unterstützen, wer<strong>de</strong>n<br />
im vorliegen<strong>de</strong>n Konsenspapier ausgespart.<br />
Grundlagen für die epikutane Applikation<br />
Die Grundlage einer topischen Präparation dient als Träger für<br />
unterschiedliche Arzneistoffe und besitzt darüber hinaus eine<br />
Eigenwirkung. Die Eignung einer Grundlage für ein konkretes<br />
therapeutisches Ziel ist somit abhängig von <strong>de</strong>n physikochemischen<br />
Eigenschaften <strong>de</strong>s o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> integrierten Arzneistoffe sowie vom<br />
individuellen Hautzustand.<br />
Letzterer wird insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Barriere- und<br />
Reservoirfunktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wasserabgabe (z.B.<br />
Okklusion) sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> metabolischen Aktivität einzelner<br />
Kompartimente beeinflusst. Dies ist für eine Vielzahl von<br />
galenischen Rohstoffen belegt. Weiterhin sind toxisch-irritative<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> sensibilisieren<strong>de</strong> Eigenschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Inhaltsstoffe zu beachten,<br />
<strong>de</strong>nen eine große praktische Relevanz zukommt. Neben <strong>de</strong>n<br />
Rohstoffen <strong><strong>de</strong>r</strong> Salbengrundlage sind Konservierungs-, Farb- und<br />
Duftstoffe, Emulgatoren, Stabilisatoren und weitere Hilfsstoffe in<br />
diesem Zusammenhang von Be<strong>de</strong>utung.<br />
Da die atopische <strong>Dermatitis</strong> eine in Schüben verlaufen<strong>de</strong>,<br />
chronische Dermatose darstellt, ein inhomogenes klinisches Bild<br />
1 Einige Autoren bezeichnen diese auch als Pflegetherapeutika<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 43<br />
bietet und unterschiedliche Triggerfaktoren <strong>de</strong>m Krankheitsverlauf<br />
eine sehr individuelle Note geben, kann kein einheitliches<br />
therapeutisches Konzept postuliert wer<strong>de</strong>n. Dies gilt auch und<br />
gera<strong>de</strong> für die adjuvante Basistherapie.<br />
Die praktische Erfahrung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Betreuung von atopischen<br />
Patienten lehrt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> für das klinisch symptomfreie o<strong><strong>de</strong>r</strong> –arme<br />
Intervall typische trockene Hautzustand auch die Wahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Grundlage wesentlich bestimmt. Meist wer<strong>de</strong>n hierbei geeig<strong>net</strong>e<br />
Lipidkombinationen als Vehikel eingesetzt, um einen Barriereeffekt<br />
zu erzielen. Die damit bewirkte Okklusion kann aber auch sehr<br />
ungünstige Effekte vermitteln. Es sei hier eindringlich darauf<br />
hingewiesen, dass die Anwendung von <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen lipidreichen<br />
Zubereitungen (z.B. lipophile Salbe) bei akuten, nässen<strong>de</strong>n, meist<br />
staphylogen superinfizierten Arealen zu einer Verschlechterung <strong>de</strong>s<br />
Hautzustan<strong>de</strong>s beiträgt. Eine dynamische, Krankheitsphasenadaptierte,<br />
stark individualisierte Konzeption einer adjuvanten<br />
Basistherapie ist einem starren, uniformen Vorgehen nach unseren<br />
Erfahrungen <strong>de</strong>utlich überlegen.<br />
Die traditionelle Sichtweise <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung von O/W-Emulsionen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schüttelmixturen bei akuten Schüben bzw. von W/O-<br />
Emulsionen, wasserfreien (Fett-)Salben o<strong><strong>de</strong>r</strong> weichen Pasten bei<br />
chronischen Stadien ist aus mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner Sicht nur noch bedingt<br />
zeitgemäß. Galenisches Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung lipidreicher<br />
Basistherapeutika ist eine möglichst rasche, gleichmäßige<br />
Verteilung innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht, ohne diese zu permeieren. In<br />
diesem Zusammenhang hat sich die Anwendung liposomaler,<br />
oleosomaler, lamellärer und an<strong><strong>de</strong>r</strong>er kolloidaler Systeme<br />
(Nanopartikel, Mikroemulsionen) bewährt, die aufgrund ihrer hohe<br />
Effektivität und kosmetische Akzeptanz zunehmend Anwendung<br />
fin<strong>de</strong>n. Wegen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utlich komplexeren Aufbaus <strong><strong>de</strong>r</strong>artiger<br />
Systeme gestaltet sich aber die Einarbeitung von Arzneistoffen<br />
meist aufwändiger. Grundsätzlich sollten nur Magistralrezepturen<br />
Verwendung fin<strong>de</strong>n, die hinsichtlich ihrer galenischen und<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>matopharmazeutischen Sinnhaftigkeit und Stabilität nach<br />
anerkannten Kriterien überprüft sind.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
44 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
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Spezifische Wirkstoffe 2<br />
Zur sinnvollen Anwendung spezifischer Wirkstoffe o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wirkstoffkombinationen als Additiva in Basistherapeutika ist die<br />
Definition eines klaren therapeutischen Ziels Grundvoraussetzung.<br />
Dazu müssen die pharmakoki<strong>net</strong>ischen und -dynamischen<br />
Grun<strong>de</strong>igenschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Wirkstoffe bekannt und nach<br />
anerkannten Kriterien charakterisiert sein. Kosmetische<br />
Wirkstoffgemische o<strong><strong>de</strong>r</strong> pflanzliche Extrakte sind nur dann<br />
akzeptable Additiva, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong>en chemische Zusammensetzung<br />
bekannt und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Charakterisierung wie genannt erfolgt ist.<br />
Gleichwohl lässt sich einem Wirkstoff nicht immer nur ein klarer<br />
therapeutischer Effekt zuordnen, da die pathoge<strong>net</strong>ischen und<br />
pharmakodynamischen Faktoren einan<strong><strong>de</strong>r</strong> bedingen bzw.<br />
beeinflussen.<br />
Grundsätzlich sollte die Konzeption <strong><strong>de</strong>r</strong> galenischen Optimierung<br />
eines Präparates nach Möglichkeit auf einen Wirkstoff ausgerichtet<br />
wer<strong>de</strong>n (Monopräparate). Kombinationspräparate sind häufig<br />
pharmazeutisch unsinnig bzw. stellen galenische<br />
Kompromisslösungen dar, die keine optimierte Wirkung erwarten<br />
lassen.<br />
Hydratisieren<strong>de</strong> und hygroskopische Substanzen<br />
Zur relevanten Erhöhung <strong>de</strong>s Wassergehalts <strong>de</strong>s Stratum corneum<br />
ist nicht allein die Applikation einer hydrophilen Phase von<br />
Be<strong>de</strong>utung. Wasserbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Faktoren realisieren die Stabilität eines<br />
wässrigen Kompartiments innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> ansonsten lipophil<br />
geprägten Barriereschicht. Neben Harnstoff haben sich Glycerol<br />
(auch in Kombination mit Harnstoff) o<strong><strong>de</strong>r</strong> Sorbitol als sehr wirksam<br />
erwiesen. Aber auch Dexpanthenol/Panthenol, Allantoin o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Milchsäure können als etabliert angesehen wer<strong>de</strong>n. Propylenglycol<br />
hingegen wird wegen <strong>de</strong>s „stinging effect“ zunehmend gemie<strong>de</strong>n.<br />
Der Einsatz von Aminosäuren o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>en Derivaten, die z.T. auch<br />
Bestandteil <strong>de</strong>s „Natural Moisturizing Factors“ sind, stellt zwar<br />
einen sehr innovativen Ansatz dar, kann aber <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit noch nicht<br />
abschließend beurteilt wer<strong>de</strong>n.<br />
2 siehe Anhang mit Wirkstoffdosiers<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 45<br />
Harnstoff<br />
Harnstoff ist galenisch als problematisch anzusehen. Dies gilt<br />
sowohl hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Stabilität (Zersetzung in Ammoniumcyanat,<br />
Ammoniak und Kohlendioxid), als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Handhabbarkeit bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Einarbeitung in verschie<strong>de</strong>ne Vehikelsysteme. Zu<strong>de</strong>m besitzt<br />
Harnstoff eine konzentrationsabhängige irritativ-toxische Wirkung,<br />
insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e auf stark entzündlich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Arealen. Dieser,<br />
durch die Patienten als Brennen empfun<strong>de</strong>ne Effekt, kann als<br />
lokaler Triggerfaktor <strong><strong>de</strong>r</strong> Hautsymptome wirken.<br />
Glycerin<br />
Glycerin ist ein schwerflüchtiger dreiwertiger Alkohol, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />
Wasser mischbar ist. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in Kombination mit Harnstoff<br />
hat sich die Anwendung als Barriere-protektiv bewährt. Glycerin ist<br />
Bestandteil einer Vielzahl von etablierten Basistherapeutika und gilt<br />
als unbe<strong>de</strong>nklich.<br />
Pantothensäure/Panthenol<br />
Die zu <strong>de</strong>n B-Vitaminen gehörige Pantothensäure ist Bestandteil<br />
<strong>de</strong>s Coenzyms A, wird aber wie ihr Alkohol (Panthenol) synthetisch<br />
hergestellt. Pantothensäure ist sehr instabil und gut wasserlöslich.<br />
Panthenol wird in <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut zu Pantothensäure umgebaut, ist aber<br />
galenisch stabiler. Neben <strong>de</strong>m Barriere-protektiven Effekt, wird <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Pantothensäure eine granulations- und epithelisierungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong><br />
Wirkung zugeschrieben. Letzteres bedingt die häufige Anwendung<br />
als Wundsalbe.<br />
Lipidzusätze<br />
Cerami<strong>de</strong><br />
Cerami<strong>de</strong> sind komplexe polare Lipi<strong>de</strong>, die als das morphologische<br />
Äquivalent <strong><strong>de</strong>r</strong> Barriere angesehen wer<strong>de</strong>n. Es gibt eine Vielzahl<br />
von Subtypen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en analytische Erfassung erst seit kurzem<br />
möglich ist und <strong><strong>de</strong>r</strong>en individuelle funktionelle Be<strong>de</strong>utung für das<br />
Stratum corneum bisher nur unzureichend bekannt ist. Nach<br />
heutigem Kenntnisstand ist ein beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es Ceramid-Muster in<br />
qualitativer und quantitativer Hinsicht für die Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Hornschicht verantwortlich. Die topische Applikation von bisher<br />
verfügbaren synthetischen Cerami<strong>de</strong>n und Ceramidmischungen<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
46 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
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führt, wenn überhaupt nur zu einer kurzfristigen Substitution <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Barriere. Die erhoffte morphologische Integration <strong><strong>de</strong>r</strong> applizierten<br />
Cerami<strong>de</strong> in die Bilayer-Strukturen <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht zum Zwecke<br />
einer funktionellen Substitution konnte bisher nicht nachgewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Fettsäuren<br />
Die Synthese <strong><strong>de</strong>r</strong> Cerami<strong>de</strong> erfolgt aus unterschiedlichen<br />
Bausteinen. Fettsäuren spielen dabei eine ganz entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle.<br />
Zu<strong>de</strong>m sind sie selber wichtiger Bestandteil <strong>de</strong>s Stratum corneum<br />
und besitzen Barriere-för<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Effekte. Aus diesem Grund wird<br />
die topische Applikation von freien Fettsäuren (FFS) praktiziert.<br />
Eine funktionelle Substitution ist aber nur bedingt nachweisbar.<br />
Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e kann eine relevante Substitution im Hinblick auf die<br />
Induktion <strong><strong>de</strong>r</strong> endogenen Ceramidsynthese nahezu ausgeschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n, da die FFS nicht o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur in sehr geringem Ausmaß in die<br />
Keratinozyten eindringen.<br />
N-Acetylethanolamine<br />
N-Acylphosphatidylethanolamine (N-acyl PE) sind physiologische<br />
Lipi<strong>de</strong>, die im Stratum granulosum vorkommen und stressabhängig,<br />
insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e UV-abhängig exprimiert wer<strong>de</strong>n. Sie können an<br />
cannabinoi<strong>de</strong> Rezeptoren bin<strong>de</strong>n und über second messenger einen<br />
antientzündlichen Effekt vermitteln. Zu<strong>de</strong>m besitzen sie<br />
physikochemische Eigenschaften um reaktive Sauerstoffspezies<br />
(ROS) zu neutralisieren.<br />
Desinfizieren<strong>de</strong> Substanzen<br />
Triclosan<br />
Die Anwendung von Triclosan in topischen Zubereitungen<br />
(ausschließlich mit lipophilem Grundcharakter) hat sich sehr<br />
bewährt. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Keimdichte von<br />
Staphylokokken (Staph. aureus) als häufiger Triggerfaktor, aber<br />
auch von gramnegativen Keimen (Klebsiella, Proteus) ist<br />
therapeutisch sehr effektiv.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 47<br />
Farbstoffe<br />
Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e das Triphenylmethan<strong><strong>de</strong>r</strong>ivat Brillantgrün besitzt eine<br />
zuverlässige und klinisch bewährte antimikrobielle Wirksamkeit. Es<br />
wirkt durch Entzug von H + -Ionen von Nukleotid-Donatoren auf<br />
grampositive Bakterien bakterizid und auf Dermatophyten und<br />
Hefepilze fungistatisch. Pyoktanin, Fuchsin und Eosin sind wegen<br />
<strong>de</strong>s geringeren antimikrobiellen Effektes für eine topische <strong>Therapie</strong><br />
weniger geeig<strong>net</strong>. Gentianaviolett, eine Mischung verschie<strong>de</strong>n<br />
methylierter p-Rosaniline und Kristallviolett fin<strong>de</strong>t hingegen häufig<br />
Anwendung.<br />
Chlorhexidin<br />
Chlorhexidin ist ein synthetisches kationisches Antiseptikum mit<br />
guter Wirksamkeit gegenüber grampositiven und gramnegativen<br />
Keimen sowie in geringerem Ausmaß auch Candida albicans. Zur<br />
Anwendung an <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut sind Chlorhexidingluconat (Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>, Salben)<br />
sowie Chlorhexidindiacetat (Gaze) in Gebrauch. Chlorhexidin<br />
lagert sich als kationisches Biguanid an die negativ gela<strong>de</strong>ne<br />
Oberfläche von Bakterien an. Durch die hierbei ausgelöste<br />
Ladungsumkehr wer<strong>de</strong>n u.a. membrangebun<strong>de</strong>ne Enzyme wie die<br />
bakterielle ATPase gehemmt. Der Einsatz insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in<br />
superinfizierten Arealen hat sich bewährt.<br />
Chinolin-Derivate<br />
Die Chinolin-Derivate 8-Chinolinol (Cloxiquin, Clioquinol) und<br />
Methylchinolinol (Chlorquinaldon) bil<strong>de</strong>n intrazellulär lipophile<br />
Metall-Chelatkomplexe, die toxisch sind. Die Wirksamkeit gegen<br />
grampositive Keime ist schwächer als gegen Dermatophyten.<br />
Darüber hinaus wird über erhöhte Sensibilisierungspotenz sowie ein<br />
Irritationspotenzial bei <strong>de</strong>n halogenierten Substanzen berichtet.<br />
Kaliumpermanganat<br />
Durch Abspaltung von Sauerstoff wirkt Kaliumpermanganat als<br />
Oxidationsmittel und damit <strong>de</strong>sinfizierend. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung<br />
entsteht Braunstein, <strong><strong>de</strong>r</strong> zu Verfärbungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut führen kann.<br />
Kaliumpermanganat (als standardisierte Lösung) hat sich als Zusatz<br />
in Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Waschwasser bewährt.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
48 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
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Wasserstoffperoxid<br />
Wasserstoffperoxid vermag durch Abspaltung von Sauerstoff eine<br />
oxidative Wirkung zu entfalten. Diese führt zu einem kurzfristigen,<br />
gleichwohl starken <strong>de</strong>sinfizieren<strong>de</strong>n Effekt. Da Wasserstoffperoxid<br />
nur im sauren Milieu stabil ist, wer<strong>de</strong>n häufig geringe Mengen<br />
diverser Säuren zugesetzt, die einen irritativen Effekt vermitteln<br />
können. In einer mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen, optimierten Galenik wird<br />
Wasserstoffperoxid erst nach topischer Applikation<br />
temperaturabhängig liberiert.<br />
Povidon-Jod<br />
Polyvinylpyrrolidon (PVP) bil<strong>de</strong>t mit Jod einen Komplex, wobei<br />
das freie Jod nach Verbrauch durch gebun<strong>de</strong>nes ersetzt wird. Durch<br />
Oxidation bzw. Halogenierung von Histidin und Tyrosin wird eine<br />
Denaturierung von Eiweißen bewirkt. Die Substanz ist gut haut-<br />
und schleimhautverträglich und besitzt ein geringes<br />
Sensibilisierungspotential.<br />
Juckreizhemmen<strong>de</strong> Substanzen<br />
Lokalanästhetika<br />
Die eutektische Mischung aus Lidocain und Prilocain bewirkt einen<br />
lokalanästhetischen Effekt, <strong><strong>de</strong>r</strong> von Patienten meist als unangenehm<br />
empfun<strong>de</strong>n wird, da es neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Juckreizhemmung zu<br />
sensorischen Beeinträchtigungen kommt. Weiterhin ist das<br />
sensibilisieren<strong>de</strong> Potential insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong><strong>de</strong>r</strong> parasubstituierten<br />
Benzol<strong><strong>de</strong>r</strong>ivate <strong>de</strong>s Estertyps zu beachten. Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkstärke als<br />
gering einzustufen ist Polidocanol, welches amphotere Strukturen<br />
besitzt, die mit Tensi<strong>de</strong>n vergleichbar und <strong>de</strong>shalb mit W/O-<br />
Cremegrundlagen inkompatibel sind.<br />
Gerbstoffe<br />
Bei <strong>de</strong>n heute üblicherweise verwen<strong>de</strong>ten synthetischen<br />
Gerbstoffen han<strong>de</strong>lt es sich um Kon<strong>de</strong>nsate von Phenolsulfonsäure,<br />
Harnstoff, Formal<strong>de</strong>hyd o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kresolsulfonsäure. Neben einem<br />
geringen lokalanästhetischen und somit antipruriginösen Effekt<br />
wirken sie adstringierend. Natürliche Gerbstoffe, wie Tannin,<br />
wer<strong>de</strong>n heute nur noch selten eingesetzt.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 49<br />
Antihistaminika<br />
Die sinnvolle Anwendung von topischen Antihistaminika setzt<br />
zunächst voraus, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> bestehen<strong>de</strong> Juckreiz auch histaminerg<br />
vermittelt wird. Dies trifft bei Atopikern nur bedingt zu. Selbst die<br />
Anwendung systemischer Antihistaminika, die nichtsedierend<br />
wirken und zu<strong>de</strong>m einen Eosinophilenmigrations-hemmen<strong>de</strong>n<br />
Effekt vermitteln, bewirkt häufig nur einen geringen bis keinen<br />
antipruriginösen Effekt. Dies kann aber individuell sehr<br />
unterschiedlich sein. Die Applikation topischer Antihistaminika ist<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel ohne Effekt und wird auch nur selten praktiziert.<br />
Weitere juckreizhemmen<strong>de</strong> Substanzen<br />
Berichte über die topische Anwendung von Capsaicin o<strong><strong>de</strong>r</strong> Doxepin<br />
sind als unzureichend validiert einzustufen. Die Anwendung von<br />
Phenol ist obsolet. Menthol wirkt irritierend.<br />
Weitere Anmerkungen<br />
Hautreinigung<br />
Die Verwendung von Syn<strong>de</strong>ts mit leicht saurem pH-Wert (pH 5,5)<br />
wird als optimal angesehen. Hingegen gilt die Anwendung von<br />
Seifen (Hydroxylionenbildung) o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar Natriumlaurylsulfathaltiger<br />
Zusätze (Irritation) als unzweckmäßig. Rückfetten<strong>de</strong><br />
Zusätze wie Lecithin, Fettsäuren, Pflanzenöle o<strong><strong>de</strong>r</strong> Cerami<strong>de</strong><br />
erhöhen die subjektiven Anwendungseigenschaften, haben aber<br />
ansonsten nur geringe Effekte. Mil<strong>de</strong> Tensi<strong>de</strong> wie Zuckertensi<strong>de</strong><br />
(Alkylpolyglucosi<strong>de</strong>) o<strong><strong>de</strong>r</strong> Aminosäuretensi<strong>de</strong> (Acylglutamate) sind<br />
empfehlenswert. Allgemein gilt, dass häufiges, langes und heißes<br />
Waschen, Duschen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ba<strong>de</strong>n vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n soll.<br />
Fett-feucht Behandlung<br />
Die fett-feuchte Behandlung hat sich als einfache, gleichwohl etwas<br />
aufwendigere Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> antipruriginösen <strong>Therapie</strong> sehr bewährt.<br />
Das betroffene Areal bzw. das gesamte äußere Integument (Kopf<br />
wird ausgespart) wird mit einer sehr fettreichen Grundlage<br />
eingesalbt und anschließend mit feuchten Tüchern,<br />
Schlauchverbän<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> Laken be<strong>de</strong>ckt. Grundsätzlich können<br />
auch <strong>de</strong>sinfizieren<strong>de</strong> Zusätze <strong><strong>de</strong>r</strong> fettreiche Grundlage (z.B.<br />
Triclosan) o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m Tränkwasser (z.B. Chlorhexidin) beigefügt<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
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50 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
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wer<strong>de</strong>n. Das beschriebene Vorgehen kann bedarfsgerecht mehrfach<br />
täglich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt wer<strong>de</strong>n und bewirkt auch einen<br />
antientzündlichen Effekt.<br />
Konservierungsstoffe, Duftstoffe<br />
Grundsätzlich ist die Konservierung von topischen Präparationen,<br />
insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e wasserhaltiger Zubereitungen, sinnvoll und<br />
notwendig. Substanzen, die als konservieren<strong>de</strong> Zusätze<br />
Verwendung fin<strong>de</strong>n, können sensibilisieren<strong>de</strong> Eigenschaften<br />
besitzen. Erfahrungsgemäß sind <strong><strong>de</strong>r</strong>artige Allergien bei atopischen<br />
Patienten nicht von beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s großer praktischer Relevanz. Dies<br />
gilt in gleicherweise für die gängigen Duftstoffe. Gleichwohl bleibt<br />
hier die grundsätzlich hohe Prävalenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Duftstoffallergie in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Allgemeinbevölkerung (1-2%) zu berücksichtigen. Deshalb ist die<br />
Verwendung von duftstofffreien Zubereitungen empfehlenswert.<br />
Grundsätzlich sollte vor diesem Hintergrund auf alle galenisch o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
pharmazeutisch überflüssigen Zusätze o<strong><strong>de</strong>r</strong> Hilfsstoffe verzichtet<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Phytosubstanzen<br />
Die topische Anwendung von Phytosubstanzen ist zwar häufig, aber<br />
aus pharmazeutischer Sicht als wenig standardisiert zu bewerten.<br />
Auch wenn für einige Substanzen pharmakologische Grunddaten<br />
zum Wirksamkeitsnachweis vorliegen, fehlen meist validierte<br />
klinische Studien für die verfügbaren Präparate.<br />
Aspekte <strong>de</strong>s Patientenmanagements<br />
Um ein optimiertes Betreuungskonzept für Patienten mit einer<br />
atopischen Disposition bzw. einer manifesten atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
zu gewährleisten, müssen alle an <strong><strong>de</strong>r</strong> Versorgung <strong><strong>de</strong>r</strong> Betroffenen<br />
Beteiligten konzertiert agieren. Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Abstimmung zwischen<br />
Arzt und Apotheker ist die Information, Schulung und Motivation<br />
<strong>de</strong>s Patienten Grundvoraussetzung für einen mittel- bis langfristigen<br />
Behandlungserfolg. Grundzüge <strong><strong>de</strong>r</strong> Betreuung sollten in Leitlinien<br />
bzw. Konsenspapieren dokumentiert sein, um eine abgestimmte und<br />
wissenschaftlich fundierte Handlungsweise zu ermöglichen.<br />
Derartige Anleitungen sollten aber einem flexiblen<br />
individualisierten Betreuungskonzept nicht im Wege stehen. Die<br />
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<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 51<br />
Definition und Kommunikation individueller Behandlungsziele ist<br />
die Basis einer gefestigten Arzt-Patienten-Beziehung und letztlich<br />
Grundlage einer aus Sicht <strong>de</strong>s Patienten befriedigen<strong>de</strong>n Betreuung.<br />
Als Hilfestellung für die Erfassung <strong><strong>de</strong>r</strong>artiger individueller<br />
Behandlungsziele kann eine vorbereitete Checkliste dienen.<br />
Die Honorierung von erweiterten Beratungsleistungen durch die<br />
Krankenkassen ist zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da sie zwingen<strong><strong>de</strong>r</strong> Bestandteil <strong>de</strong>s<br />
therapeutischen Gesamtkonzeptes ist. Die ärztliche<br />
Gesprächsführung verlangt eine empathische Haltung und einen, für<br />
<strong>de</strong>n Patienten überzeugen<strong>de</strong>n und glaubwürdigen Grundcharakter.<br />
Die zunehmen<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Zwänge, die die therapeutischen<br />
Entscheidungen <strong>de</strong>s Arztes zwangsläufig beeinflussen, sollten<br />
ebenfalls Inhalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Arzt-Patienten-Kommunikation sein. Die<br />
Empfehlung von nicht erstattungsfähigen Therapeutika ist kein<br />
unmoralisches Anliegen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n momentan politisch gewollt und<br />
im Versorgungssystem vorgesehen. Gleichwohl sind<br />
Basistherapeutika ein essentieller Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> ärztlichen<br />
<strong>Therapie</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Erstattungsfähigkeit <strong>de</strong>shalb dringend zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />
ist.<br />
Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> ärztlich bestimmten Patientenführung sollte die<br />
eigenverantwortliche und individualisierte Behandlung durch <strong>de</strong>n<br />
Patienten selbst unter ärztlicher Kontrolle sein. Klare ärztliche<br />
Handlungsanweisungen, psychologische Festigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten<br />
und För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbsthilfe sind bewährte Betreuungsprinzipien.<br />
Aspekte <strong>de</strong>s Krankheitsmanagements<br />
Vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Sinnhaftigkeit einer Basistherapie mit und<br />
ohne additive Wirksubstanzen ist <strong><strong>de</strong>r</strong>en Anwendung Teil <strong>de</strong>s<br />
therapeutischen Gesamtkonzepts. Deshalb ist die<br />
Erstattungsfähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Basistherapie zwingend zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da<br />
durch die Fortsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitigen politisch motivierten<br />
Verfahrensweise eine Min<strong><strong>de</strong>r</strong>versorgung <strong><strong>de</strong>r</strong> Betroffenen entsteht<br />
und zu erheblichen Folgekosten führen wird.<br />
Um die qualifizierte Versorgung chronisch erkrankter atopischer<br />
Patienten sicherzustellen, ein professionelles Management<br />
umzusetzen und <strong><strong>de</strong>r</strong> individuellen Prägung im Hinblick auf<br />
ge<strong>net</strong>ische Disposition, Triggerfaktoren und therapeutischem<br />
Konzept gerecht zu wer<strong>de</strong>n, ist zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass vorzugsweise<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
52 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />
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speziell ausgebil<strong>de</strong>ten Ärzten die Betreuung übertragen wird. Dies<br />
sollte durch <strong>de</strong>n Erwerb einer entsprechen<strong>de</strong>n Zusatzqualifikation<br />
sichergestellt wer<strong>de</strong>n und könnte mit <strong>de</strong>m bereits etablierten System<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Trainerausbildung zur Patientenschulung im Rahmen <strong>de</strong>s<br />
Qualitätsmanagements kombiniert wer<strong>de</strong>n.<br />
Literatur<br />
- Übersichten zur weiterführen<strong>de</strong>n Orientierung -<br />
[1] Abeck D, Ring J (2002) Atopisches Ekzem im Kin<strong>de</strong>salter<br />
(Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis). Zeitgemäßes Management. Steinkopff-Verlag.<br />
[2] Ring J, von Zumbusch A (2000) Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis. C.H.Beck Verlag.<br />
[3] Abeck D, Fölster-Holst R (2003) Was hilft meinem Kind bei<br />
Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis. Thieme Verlag.<br />
[4] Garbe C, Reimann H, San<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bähr C (1996) Rationelle <strong><strong>de</strong>r</strong>matologische<br />
Rezeptur. Thieme verlag mit Govi-Verlag.<br />
[5] NRF / SR (2004) Standardisierte Rezepturen. Govi-Verlag.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Anhang<br />
Wirkstoffdossiers<br />
A. Herrmann 1 , J. <strong>Wohlrab</strong> 1,2<br />
Anhang 53<br />
1 Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie; 2 Institut<br />
für angewandte Dermatopharmazie <strong><strong>de</strong>r</strong> Martin-Luther-Universität Halle-<br />
Wittenberg<br />
Jeweils mit Hinweisen zu:<br />
- zugelassene Indikation<br />
- Kontraindikation<br />
- Dosierung + Applikationshinweise<br />
- Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- Pharmakodynamik<br />
- Therapeutische Wirkungen<br />
- Unerwünschte Wirkungen<br />
- Wechselwirkungen<br />
- Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Schwangeschaft und Stillen<br />
- Literatur (ausgewählte Hinweise)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
54 Brillantgrün<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Brillantgrün<br />
Kontraindikationen<br />
- Schlecht heilen<strong>de</strong> Wun<strong>de</strong>n<br />
- Großflächige Anwendung<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
- 0,05%-0,5% (bis 1%) in Lösungen, Cremes, Pu<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Sterile Lösung 0,05 bzw. 0,1%:<br />
- Eine mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Lösung getränkte Kompresse kurzfristig auf die betroffene<br />
Körperstelle legen<br />
- auch kleinflächig an und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundhöhle möglich<br />
Lösung 0,5%:<br />
- 1-3mal tgl. auf betroffene Körperstellen auftragen<br />
- Lösung ist zum baldigen Verbrauch bestimmt<br />
- Lösung vor Lichteinwirkung schützen, da Bildung toxischer<br />
Zersetzungsprodukte<br />
Creme, Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
- 1-2mal tgl. anwen<strong>de</strong>n<br />
Achtung! Verfärbung von Haut, Kleidung und Verbän<strong>de</strong>n.<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- Tetraethyldiaminotriphenylmethansulfat<br />
- Triphenylmethan-Farbstoff<br />
- Löslich in Wasser und Ethanol<br />
Achtung! In Zubereitungen von Brillantgrün sind Verunreinigungen mit<br />
Schwermetallen möglich<br />
Topische Applikation:<br />
- Systemische Resorption sehr gering, Systemwirkungen wur<strong>de</strong>n nicht<br />
beschrieben (Gloor, 2000)<br />
Pharmakodynamik<br />
Antiseptikum<br />
- Organischer Triphenylmethan-Farbstoff, wie auch Gentianaviolett und<br />
Fuchsin<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Wirkung:<br />
- Pe<strong>net</strong>ration <strong><strong>de</strong>r</strong> Zellmembran <strong><strong>de</strong>r</strong> Mikroorganismen Bindung an<br />
Nukleinsäuren<br />
- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zellwand- und Proteinbiosynthese<br />
Brillantgrün 55<br />
Zusätzlich:<br />
Proteinkoagulation<br />
Herabsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberflächenspannung <strong>de</strong>s Substrates, auf <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Keim<br />
wächst<br />
Pe<strong>net</strong>rierbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Plasmamembran <strong>de</strong>s Keimes wird erhöht <br />
Wasseraufnahme verstärkt Quellung<br />
Lösung: austrocknen<strong>de</strong> Wirkung<br />
Nicht karzinogen.<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Erregerspektrum:<br />
- Sproßpilze<br />
- Dermatophyten (auch T. mentagrophytes)<br />
- grampositive und gramnegative Bakterien<br />
- Die Wirkung gegen Hefe- und Fa<strong>de</strong>npilze in vitro ist besser als die Wirkung<br />
von Nystatin und Griseofulvin, (Lit. bei Gloor, 2000)<br />
Antimyzetische Wirkung von Brillantgrün und Malachitgrün ist stärker als die<br />
von Gentianaviolett. Die bakteriostatische Wirkung ist i.A. nach 24-48 h<br />
reversibel.<br />
Anwendungsgebiete:<br />
Kutane Candidosen<br />
Tinea corporis (Dyshidrosiforme Hand- und Fußmykosen, Interdigital-<br />
und Fußmykosen)<br />
Gramnegativer Fußinfekt<br />
Follikuläre Dermatophytosen<br />
Erythrasma<br />
Ulzera mit pathogener Hefepilzbesiedlung<br />
Nässen<strong>de</strong> Dermatosen<br />
Intertriginöse Dermatosen<br />
Blasenbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Dermatosen<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
- Bei intertriginöser Anwendung Gefahr von Irritationen bis Nekrosen<br />
(insbes. bei Säuglingen)<br />
- Starke Granulationshemmung dosisabhängig; Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wundheilung;<br />
Anwendung in o.g. niedriger Dosierung<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
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56 Brillantgrün<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
- Grüne Verfärbung von Haut, Kleidung und Verbän<strong>de</strong>n<br />
- Selten Typ IV-Sensibilisierungen, ggf. Gruppensensibilisierungen gegen<br />
Parastoffe<br />
- Bislang bei <strong><strong>de</strong>r</strong>matologischer Anwendung kein Hinweis auf Kanzerogenität<br />
Wechselwirkungen<br />
- In Kombination mit Zinkoxid; Wirkverlust von Brillantgrün<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Kortikosteroi<strong>de</strong><br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
- Bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n und geriatrischen Patienten anwendbar (Orfanos, 2002)<br />
Literatur<br />
- Orfanos CE, Garbe C: <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Hautkrankheiten. Springer-Verlag<br />
Berlin 2002, S. 33<br />
- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />
Verlag Berlin, 2000<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate<br />
Zugelassene Indikationen<br />
Lösung:<br />
Antiseptikum für die Haut<br />
Spülen von Wun<strong>de</strong>n<br />
Waschen <strong>de</strong>s Körpers<br />
Befeuchten von Verbän<strong>de</strong>n<br />
Bereiten von Umschlägen<br />
Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate 57<br />
Salben / Cremes:<br />
Bakteriell superinfizierte bzw. ekzematisierte Dermatomykosen<br />
Dermoepi<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis variköser Unterschenkel<br />
Bakterielle bzw. impetiginisierte Ekzeme, auch endogene Ekzeme und<br />
Gehörgangsekzeme<br />
Nummuläres mikrobielles Ekzem<br />
Ekzematisierte Impetigo contagiosa.<br />
Kontraindikationen<br />
Schwangerschaft<br />
Stillzeit<br />
Bekannte Kontaktallergien gegen <strong>de</strong>n Wirkstoff<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
Lösung 0,1%<br />
unverdünnt anwen<strong>de</strong>n:<br />
0,1% SR für Spülungen, Umschläge, Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
0,4% für partielle Körperwaschungen, Spülungen, betupfen betroffener<br />
Hautareale, befeuchten von Verbän<strong>de</strong>n, bereiten von Umschlägen.<br />
Tabletten:<br />
- Wässrige Lösungen 1 : 2000- 1 : 1000<br />
Salben, Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> 1%<br />
- 1mal - mehrmals tgl. anzuwen<strong>de</strong>n<br />
- Gelbe Farbe <strong>de</strong>s Externums kann Kleidung u.a. Gegenstän<strong>de</strong> färben<br />
Warnhinweis:<br />
- Der Wirkstoff kann mit Schwermetallen farbige Verbindungen eingehen <br />
kein Kontakt zu metallischen Gegenstän<strong>de</strong>n.<br />
- Keine Kombination mit Zinkoxid und sulfonierten Schieferölen.<br />
- Die Lösung kann in Stoffen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kunststoffbö<strong>de</strong>n Flecken verursachen,<br />
insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e wenn Spuren von Schwermetallen enthalten sind.<br />
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58 Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- Bis(8-hydroxychinolinium)sulfat<br />
- Chinolinol<br />
Synonyme: 8-Hydroxychinolin, Oxin, Chinosol<br />
- Gelbe Kristalle<br />
- Gut löslich in Alkohol, praktisch unlöslich in Wasser<br />
- Chinolinol = äquimolare Verbindung aus 8-Hydroxy-Chinolinolsulfat und<br />
Kaliumsulfat leicht löslich in Wasser<br />
Topische Applikation:<br />
- Für Chinolinol konnten keine Daten zur perkutanen Resorption gefun<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
- Für Clioquinol (chemisch nah verwandt):<br />
Bei topischer Anwendung bis 30mg kein messbarer Blutspiegel<br />
Okklusive Anwendung Nachweis im Urin von 1,2-3,6% <strong><strong>de</strong>r</strong> applizierten<br />
Dosis (Degen et al. 1979 in: Gloor, 2000)<br />
Bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n Resorption bis 40% <strong><strong>de</strong>r</strong> applizierten Dosis möglich (Stohs et al.<br />
1984 in: Gloor, 2000)<br />
Für Chinosol und Clioquinol gilt:<br />
HWZ nach oraler Gabe: 24-35h<br />
Metabolisierung: zu Glucuronid und in geringem Umfang zu Sulfat<br />
Elimination über die Niere<br />
Pharmakodynamik<br />
- Antiseptikum<br />
- Bildung von Metall-Chelat-Komplexen<br />
toxische Wirkung in Mikroorganismen o<strong><strong>de</strong>r</strong> / und<br />
Inaktivierung von Enzymen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mikroorganismen durch Chelatbildung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Metallkomponenten <strong><strong>de</strong>r</strong> Enzyme<br />
- Bakteriostatisch, fungizid<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Erregerspektrum:<br />
- Gram-positive Bakterien (v.a. Staph. aureus)<br />
- Pilze: Trichophyton-Arten, Microsporum spp.<br />
Erregerlücken:<br />
- Gram-negative Bakterien (Proteus mirabilis, E. coli)<br />
- Candida spp.<br />
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Unerwünschte Wirkungen<br />
- Hautirritationen (gelegentlich)<br />
- Selten Kontaktekzeme<br />
Wechselwirkungen<br />
Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate 59<br />
- Unverträglichkeit mit Zinkoxid und sulfonierten Schieferölen<br />
- Galenische Unverträglichkeit mit Anionenaktiven Emulgatoren<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Topische Kortikosteroi<strong>de</strong><br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
Schwangerschaft:<br />
Kontraindiziert.<br />
- Potentiell mutagen. Teratogene Wirkungen können nicht ausgeschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n. In-vivo-Untersuchungen an Knochenmarkzellen von Mäusen<br />
ergaben positive Resultate nach Behandlung mit Chinolinol, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Relevanz<br />
jedoch fraglich ist, da Effekte erst in toxischen Konzentrationen auftreten<br />
bzw. methodische Mängel vorliegen.<br />
Stillzeit:<br />
- Kontraindiziert. Aus Vorsichtsgrün<strong>de</strong>n. Es ist nicht bekannt, ob Chinolinol<br />
in die Muttermilch übergeht.<br />
Literatur<br />
- Fachinformation Chinosol Stand 1/2000<br />
- Fischer T: On 8-hydroxyquinoline-zinc oxi<strong>de</strong> incompatibility.<br />
Dermatologica. 1974;149(3):129-35<br />
- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />
Verlag Berlin, 2000<br />
- Hutzler D, Pevny I: Allergien auf 8-Hydroxyquinolin-Derivate. Derm Beruf<br />
Umwelt. 1988 May-Jun;36(3):86-90<br />
- Oelschlager H, Rothley D, Muller M: The antihistaminic effect of a gel for<br />
burns and wounds containing tyrothricin, fomocaine, diphenhydramine and<br />
8-hydroxyquinoline. Arzneimittelforschung. 1982;32(1):72-5<br />
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60 Chlorhexidin<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Chlorhexidin<br />
Zugelassene Indikationen<br />
Pulver:<br />
Nabelpflege <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />
Infizierte Gewebs<strong>de</strong>fekte<br />
Intertriginöse Entzündungen<br />
Lösung zum Sprühen auf die Haut:<br />
- Antiseptische Behandlung oberflächlicher Hautverletzungen.<br />
Gazeverband:<br />
Geringfügige Verbrennungen und Verbrühungen<br />
Wun<strong>de</strong>n mit Hautverlust, Rißwun<strong>de</strong>n, Abschürfwun<strong>de</strong>n<br />
Hauttransplantationen<br />
Unterschenkelgeschwüre<br />
Lösung /Gel /Lutschpastillen (Mund- und Rachentherapeutikum):<br />
Akute Zahnfleischentzündungen, Verletzungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundhöhle:<br />
Gingivitis, Stomatitis, Glossitis, Aphthen, Mykosen, Soor, infizierte<br />
Alveolen, Prothesenstomatitis.<br />
Temporäre intraorale Keimzahl-Reduktion<br />
Temporäre adjuvante <strong>Therapie</strong> zur mechanischen Reinigung bei bakteriell<br />
bedingten Entzündungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gingiva u. Mundschleimhaut<br />
Nach parodontalchirurgischen Eingriffen<br />
Bei eingeschränkter Mundhygienefähigkeit. Mundgeruch<br />
Gel (auch in Kombination mit einem Lokalanästhetikum):<br />
- Zur Instillation in die Harnröhre vor Einführung eines Katheters o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Instrumente.<br />
- In Komb. mit Dexamethason und Lidocain: Strahlenulcus <strong><strong>de</strong>r</strong> Harnblase u.<br />
Strahlencystitis, Ulcus simplex vesicae. Unterstützen<strong>de</strong> <strong>Therapie</strong> bei<br />
chronischen, unspezifischen Urethriti<strong>de</strong>n und Cystiti<strong>de</strong>n<br />
Kontraindikationen<br />
Schlecht durchblutetes Gewebe<br />
Anw. am Trommelfell (über Einzelfälle von Taubheit nach externer<br />
Anwendung bei Trommelfellperforation wur<strong>de</strong> berichtet)<br />
Anw. am Auge und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Augenumgebung<br />
stark nässen<strong>de</strong> Gewebs<strong>de</strong>fekte (Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>)<br />
Schleimhäute, großflächige und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> tiefe Wun<strong>de</strong>n, Säuglinge (Hautspray)<br />
Schwere Leberfunktionsstörungen, Wun<strong>de</strong>n/ Ulzera im Mund/Rachen,<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> unter 4 Jahren<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
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Anwendungsbeschränkung:<br />
- erosiv-<strong>de</strong>squamative Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundschleimhaut<br />
- Wun<strong>de</strong>n, Ulzerationen<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> / Cremes (1%):<br />
- Mehrmals tgl. betroffene Hautareale einpu<strong><strong>de</strong>r</strong>n / eincremen<br />
- Übermäßiges Stäuben und Einatmen <strong>de</strong>s Pulvers vermei<strong>de</strong>n<br />
Chlorhexidin 61<br />
Hautspray / Wundspülung (0,05-0,1%):<br />
- Mehrmals tgl. nach Bedarf auf die Wun<strong>de</strong> sprühen (ca. 10 cm Abstand)<br />
bzw. Wun<strong>de</strong> spülen<br />
Mundspülung:<br />
- 0,05%-0,1%: unverdünnte Lösung, bis 2%: Verdünnung lt. Beipackzettel<br />
- 2mal tgl., am besten morgens u. abends (nach <strong>de</strong>n Mahlzeiten und<br />
Zähneputzen) anwen<strong>de</strong>n<br />
- Bei je<strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung im Beipackzettel angegebene Dosis (ca. 10 ml) 1 min<br />
im Mund spülen o<strong><strong>de</strong>r</strong> gurgeln. Ausspucken, nicht schlucken o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
nachspülen.<br />
- Nur kurzfristig anwen<strong>de</strong>n!<br />
- Keine zuckerhaltigen Speisen und Getränke unmittelbar nach Anwendung<br />
von Chlorhexidin einnehmen, sonst ist ein Wirkverlust von Chlorhexidin<br />
mgl.<br />
Mundgel:<br />
- 1-2mal tgl. morgens bzw. abends nach <strong>de</strong>n Mahlzeiten direkt auf die<br />
entzün<strong>de</strong>te Stelle bzw. verletzte Stelle im Mundraum auftragen.<br />
Prothesenträger: Gel dünn auf die gereinigte Prothese auftragen<br />
Lutschpastillen:<br />
- Mehrmals tgl. 1 Lutschpastille (bis alle 1-2 h 1LP)<br />
- Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>: bis zu 4 LP /d<br />
Gel zur Instillation von Kathetern:<br />
- 6-10g Gel mittels Spritze in die Harnröhre einbringen<br />
- Desinfizieren<strong>de</strong> (und ggf. lokalanästhetische) Wirkung tritt nach 5-10 min<br />
ein.<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- 1,1'- Hexamethylenbis[5- (4- chlorphenyl)biguanid]<br />
- synthetisches Derivat <strong>de</strong>s Guanidins<br />
- Kristalline Substanz, farblos, geruchlos<br />
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62 Chlorhexidin<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
- Längere Lagerung Bildung von toxischem p-Chloranilin möglich<br />
- Chlorhexidin (= freie Base), Chlorhexidin-Diacetat, Chlorhexidin-<br />
Dihydrochlorid geringe Löslichkeit in Wasser (0,06-1,0 g / 100ml)<br />
- Chlorhexidin-Digluconat gute Löslichkeit in Wasser (> 50g / 100ml)<br />
- Unverträglichkeit mit anionischen Verbindungen (Bicarbonate, Chlori<strong>de</strong>,<br />
Citrate, Phosphate, Sulfate), da es schwerlösliche Salze bil<strong>de</strong>t<br />
Topische Applikation:<br />
Erwachsene: wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte Anwendung auf gesun<strong><strong>de</strong>r</strong> Haut: keine Resorption<br />
nachweisbar<br />
Früh- und Neugeborene (28.-39. SSW): nach Ba<strong>de</strong>n in 4% Chlorhexidin-<br />
Digluconat-Detergens-Lösung bis 1,0µg/ml Chlorhexidin im Blut<br />
nachweisbar<br />
Orale Applikation (Tierversuch an Ratten und Mäusen) Hohe Aktivitäten<br />
im Verdauungstrakt, sehr langsame Resorption<br />
Adsorption an Zahnschmelz, Dentin, Zement und Schleimhäuten <br />
langsame Desorption bis 8 h im Speichel nachweisbar (Depoteffekt)<br />
Absorption bei Blasenspülungen etc. ist gering, toxisches p-Chloranilin ist<br />
nicht nachweisbar<br />
Metabolisierung über Leber und Niere<br />
Elimination in 90% über Faeces<br />
Eliminationshalbwertszeit: ca. 4 Tage<br />
Pharmakodynamik<br />
- Antiseptikum<br />
Chlorhexidin<br />
- Hohe Zellwandaffinität, lipophile Gruppen<br />
Desorientierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipoproteinmembranen<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberflächenbeschaffenheit von Bakterienmembranen<br />
- Adsorption von Chlorhexidin<br />
Störung <strong>de</strong>s osmotischen Gleichgewichts<br />
Austritt von Zytoplasma, Zerstörung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zytoplasmamembran <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Erreger<br />
- In hohen Konzentrationen<br />
Koagulation von Zellproteinen und Enzymhemmung<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Erregerspektrum:<br />
- grampositive Bakterien: u.a. Streptococcus mutans, Neisseria gonorrhoe<br />
- gramnegative Bakterien: Pseudomonas stutzeri, E. coli, Salmonellen<br />
- Candida albicans<br />
- Mikrosporum canis (Gloor, 2000)<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Erregerlücken<br />
- Geringe Wirkung:<br />
- Pseudomonas spp., Proteus spp., Aci<strong>net</strong>obacter, Klebsiellen<br />
- Mykobakterien<br />
- Hefen, Dermatophyten<br />
Unwirksam auf:<br />
- Bakterien-, Pilzsporen<br />
- Viren<br />
- Schimmelpilze<br />
- Trichomonas vaginalis<br />
Chlorhexidin 63<br />
- Wirkungsmaximum im neutralen-leicht alkalischen Bereich pH6, saurer pH<br />
Wirkung vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
- Anwesenheit organischer Substanzen (Blut, Eiweiße, Eiter) <br />
Chlorhexidin-Wirkung wird verringert (nicht so lt. Hornstein 1985)<br />
- Eine Resistenzinduktion ist gegenüber Pseudomonas und Serratia spp.<br />
möglich (Gloor, 2000)<br />
Studien:<br />
Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Standortflora <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut (Expan<strong>de</strong>d-Flora-Test nach Ley<strong>de</strong>n)<br />
Chlorhexidin 1% in 70% Ethanollösung besser als 70% Ethanol und<br />
besser als Triclosan Creme 2% (Gloor, 2002)<br />
Wundheilungsstörungen sind durch Chlorhexidin <strong>de</strong>nkbar, <strong>de</strong>nn nach<br />
Anwendung von Chlorhexidin z.B. beim Ulcus cruris sind histologisch<br />
Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mikrovaskularisation und bei Dendrozyten<br />
nachweisbar (Fumal, 2002)<br />
Granulationshemmung ist jedoch geringer als bei Triphenylmethan-<br />
Farbstoffen (Gloor, 2000)<br />
Schwere atopische <strong>Dermatitis</strong>: 6 Patienten, Behandlung mit fett-feuchten<br />
Verbän<strong>de</strong>n (pflegen<strong>de</strong> Externa und 0,5% Chlorhexidin-Lösung) nach 3<br />
Tagen drastische Verbesserung <strong>de</strong>s klinischen Scores (SCORAD) (Abeck,<br />
1999)<br />
Mund- / Rachenraum: Chlorhexidin hat gute Wirkung gegenüber allen<br />
Erregern, die mit Plaque, Gingivitis o<strong><strong>de</strong>r</strong> Karies assoziiert sind Gold-<br />
Standard für antiseptische Behandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundhöhle; in Studien:<br />
signifikante Reduktion von Streptococcus mutans (Frentzen, 2002)<br />
Intensivmedizin / Pflege von Venenkathetern: Metaanalyse von 8 Studien<br />
von 1991-2000 Chlorhexidin 2% zur Haut<strong>de</strong>sinfektion 50%<br />
reduziertes Risiko für Katheterinfektionen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Katheter-assoziierte Sepsis<br />
gegenüber Polyvidon-Jod (O'Grady, 2002)<br />
Epiduralkatheter: Kein Unterschied in bakterieller Besiedlung nach<br />
Haut<strong>de</strong>sinfektion mit Chlorhexidin 0,5% in Ethanol o<strong><strong>de</strong>r</strong> 10% Polyvidon-<br />
Jod (Kasuda, 2002)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
64 Chlorhexidin<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Neonatologie: Chlorhexidin-Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> Reduktion von<br />
Nabelschnurinfektionen von 42% (=Kontrollen) auf 16% (Chlorhexidin-<br />
Gruppen) Chlorhexidin = Therapeutikum <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl bei Nabelpflege <strong>de</strong>s<br />
Neugeborenen (Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>), obwohl dadurch die Nabelschnur durchschnittlich<br />
länger verbleibt (10 d vs. 6 d bei trockener Pflege) (Verber, 1993)<br />
Weitere Anwendung:<br />
- Bei Flussäureverätzung: in Kombination mit Calciumgluconat (siehe<br />
Rezeptur)<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
Haut:<br />
- Bei Hautabschürfungen: Schmerzen beim Auftragen von 1%iger Lösung<br />
- Wundheilungsstörungen sind möglich.<br />
- Bei sehr häufiger Anwendung: Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis (allergische KD bei bis zu<br />
13% <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten mit Ulcera cruris, Knudsen, 1991, nach John und Geier<br />
1998 ist Chlorhexidin in Dt. nicht unter <strong>de</strong>n 20 häufigsten<br />
Kontaktallergenen bei Patienten mit CVI (Gloor, 2000)),<br />
Photosensibilisierung (selten)<br />
- Reizerscheinungen am Auge ab 0,1% Chlorhexidin-Lösung<br />
Geschmack:<br />
- Orale Anwendung: Beeinträchtigung <strong>de</strong>s Geschmacksempfin<strong>de</strong>ns<br />
(reversibel)<br />
Gastrointestinaltrakt:<br />
Orale Anwendung:<br />
- Taubheitsgefühl <strong><strong>de</strong>r</strong> Zunge<br />
- Verfärbungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Zähne<br />
- Restaurationen und Zungenpapillen (Haarzunge) (reversibel)<br />
- Desquamative Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mukosa<br />
- Bei Spray-Applikation: Parotisschwellung (reversibel, Einzelfälle)<br />
Wechselwirkungen<br />
- Seifen, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e anionische Substanzen, Kaliumiodid=> Inkompatibilität<br />
- Borate, Dicarbonate, Carbonate, Chlori<strong>de</strong>, Citrate, Phosphate, Sulfate <br />
Salzbildung bei Chlorhexidinkonzentration >0,05%<br />
- Saccharose Inaktivierung von Chlorhexidin<br />
- Polysorbat-80, unlösliche Magnesium-, Zink- und Calciumsalze =><br />
Desaktivierung möglich<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Propanol<br />
- Kortikosteroi<strong>de</strong><br />
- Lokalanästhetika<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
Chlorhexidin 65<br />
- Schwangerschaft: Strenge Indikationsstellung. Chlorhexidin soll während<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Schwangerschaft nicht großflächig angewandt wer<strong>de</strong>n.<br />
- In tierexperimentellen Studien fin<strong>de</strong>n sich keine Hinweise auf teratogene,<br />
jedoch auf embryotoxische Eigenschaften<br />
- Keine Einschränkung bei:<br />
- Anwendung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zahnheilkun<strong>de</strong><br />
- Instillation in Harnröhre vor Einführung eines Katheters o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />
Instrumente<br />
Stillzeit:<br />
- Strenge Indikationsstellung. Chlorhexidin soll während <strong><strong>de</strong>r</strong> Stillzeit nicht<br />
großflächig angewandt wer<strong>de</strong>n.<br />
- Es ist nicht bekannt, ob Chlorhexidin mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Muttermilch ausgeschie<strong>de</strong>n<br />
wird.<br />
- Keine Einschränkung bei:<br />
- Anwendung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zahnheilkun<strong>de</strong><br />
- Instillation in Harnröhre vor Einführung eines Katheters o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />
Instrumente<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>: Anwendung ist zugelassen, außer:<br />
- Hautspray: Kontraindiziert bei Säuglingen<br />
- Lutschpastillen: Kontraindiziert bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n < 4 Jahre<br />
Literatur<br />
- Fachinformation Chlorhexamed 1% Gel, Stand 1/2002, Uro-Trainere-<br />
Chlorhexidin, Stand 1/1997<br />
- Abeck D, Brockow K, Mempel M, Fesq H, Ring J: Behandlung <strong>de</strong>s akut<br />
exazerbierten atopischen Ekzems mit fett-feuchten Verbän<strong>de</strong>n und<br />
topischem Chlorhexidin. Hautarzt 1999; 50: 418-21<br />
- Fumal I, Braham C, Paquet P, Pierard-Franchimont C, Pierard GE: The<br />
beneficial toxicity paradox of antimicrobials in leg ulcer healing impaired<br />
by a polymicrobial flora: a proof-of-concept study. Dermatology. 2002;204<br />
Suppl 1:70-4<br />
- Frentzen M, Ploenes K, Braun A: Clinical and microbiological effects of<br />
local chlorhexidine applications. Int Dent J. 2002 Oct;52(5):325-9<br />
- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />
Verlag Berlin, 2000<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
66 Chlorhexidin<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
- Gloor M, Becker A, Wasik B, Kniehl E: Triclosan, ein <strong><strong>de</strong>r</strong>matologisches<br />
Lokaltherapeutikum. Hautarzt 2002; 53: 724-729<br />
- Hornstein OP, Nürnberg E: Externe <strong>Therapie</strong> von Hautkrankheiten. Thieme<br />
Verlag Stuttgart, New York 1985<br />
- Kasuda H, Fukuda H, Togashi H, Hotta K, Hirai Y, Hayashi M: Skin<br />
disinfection before epidural catheterization: comparative study of povidoneiodine<br />
versus chlorhexidine ethanol. Dermatology. 2002;204 Suppl 1:42-6<br />
- Knudsen BB, Avnstorp C: Chlorhexidine gluconate and acetate in patch<br />
testing. Contact <strong>Dermatitis</strong>. 1991 Jan;24(1):45-9<br />
- O'Grady NP, Alexan<strong><strong>de</strong>r</strong> M, Dellinger EP, Gerberding JL, Heard SO, Maki<br />
DG, Masur H, McCormick RD, Mermel LA, Pearson ML, Razu II,<br />
Randolph A, Weinstein RA: Gui<strong>de</strong>lines for the prevention of intravascular<br />
catheter-related infections. MMWR Recomm Rep. 2002 Aug 9;51(RR-<br />
10):1-29<br />
- O'Grady NP: Applying the science to the prevention of catheter-related<br />
infections. J Crit Care. 2002 Jun;17(2):114-21<br />
- Verber IG, Pagan FS. What cord care--if any? Arch Dis Child. 1993<br />
May;68(5 Spec No):594-6<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Gentianaviolett<br />
Zugelassene Indikationen<br />
- keine<br />
Kontraindikationen<br />
Schlecht heilen<strong>de</strong> Wun<strong>de</strong>n<br />
Großflächige Anwendung<br />
Schwangerschaft/Stillzeit<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
Gentianaviolett 67<br />
Erwachsene / Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
- 1-3mal tgl.<br />
- auf betroffene Körperstellen auftragen<br />
Großflächig o<strong><strong>de</strong>r</strong> auf stark geschädigter Haut max. 0,1% in Lösungen<br />
Kleinflächig, Pinselungen 0,5% in Lösungen<br />
- Anwendung kleinflächig auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundhöhle möglich (durch <strong>de</strong>n Arzt)<br />
- Vernachlässigbarer Alkoholanteil in <strong><strong>de</strong>r</strong> 0,1%igen Lösung, ca. 4% bei<br />
0,5%iger Lösung<br />
- Hautreizung durch sauren pH <strong><strong>de</strong>r</strong> Lösung.<br />
- UV-Licht kann die Wirkung steigern<br />
- in Konzentrationen
68 Gentianaviolett<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Pharmakodynamik<br />
- Antiseptikum<br />
Wirkmechanismus:<br />
- Pe<strong>net</strong>ration <strong><strong>de</strong>r</strong> Zellmembran <strong><strong>de</strong>r</strong> Mikroorganismen Bindung an<br />
Nukleinsäuren Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zellwand- und Proteinbiosynthese<br />
(Glutaminvorstufen)<br />
Zusätzlich:<br />
Proteinkoagulation<br />
Herabsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberflächenspannung <strong>de</strong>s Substrates, auf <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Keim<br />
wächst<br />
Pe<strong>net</strong>rierbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Plasmamembran <strong>de</strong>s Keimes wird erhöht <br />
Wasseraufnahme verstärkt Quellung<br />
Lösung: austrocknen<strong>de</strong> Wirkung<br />
Bakteriostatische Wirkung<br />
- Nicht karzinogen.<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Erregerspektrum:<br />
- Sproßpilze<br />
- Dermatophyten<br />
- grampositive und gramnegative Bakterien, einschließlich Pseudomonas<br />
Die Wirkung gegen Hefe- und Fa<strong>de</strong>npilze in vitro ist besser als die Wirkung<br />
von Nystatin und Griseofulvin, (Lit. bei Gloor, 2000)<br />
Die bakteriostatische Wirkung ist nach 24-48 h reversibel.<br />
Erregerlücke:<br />
- Streptokokken<br />
Anwendungsgebiete<br />
- Antiseptikum, Antimykotikum zur lokalen Anwendung an <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />
Hautinfektionen:<br />
Kutane Candidosen<br />
Tinea corporis (Dyshidrosiforme Hand- und Fußmykosen, Interdigital- und<br />
Fußmykosen)<br />
Gramnegativer Fußinfekt<br />
Follikuläre Dermatophytosen<br />
Erythrasma<br />
Ulzera mit pathogener Hefepilzbesiedlung<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Weitere Dermatosen zur Prophylaxe / <strong>Therapie</strong> von Superinfektionen:<br />
Superinfizierte Atopische <strong>Dermatitis</strong> (Brockow, 1999)<br />
Nässen<strong>de</strong> Dermatosen<br />
Intertriginöse Dermatosen<br />
Blasenbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Dermatosen<br />
Früher: Systemische Anwendung als Anthelmintikum, heute obsolet<br />
Gentianaviolett 69<br />
- Bislang bei <strong><strong>de</strong>r</strong>matologischer Anwendung kein Hinweis auf Kanzerogenität<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
Violette Verfärbung von Haut, Kleidung und Verbän<strong>de</strong>n<br />
Granulationshemmung Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wundheilung Dosisabhängig <br />
Anwendung in o.g. niedriger Dosierung<br />
Irritationen bis Gewebsnekrosen sind möglich<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bei:<br />
• Konzentrationen > 1%<br />
• Intertriginöser Anwendung<br />
• Säuglingen<br />
Typ IV-Sensibilisierungen sind selten<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Kortikosteroi<strong>de</strong><br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
Schwangerschaft und Stillzeit:<br />
- Kontraindikation<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
- Keine großflächige Anwendung<br />
Literatur<br />
- Brockow K, Grabenhorst P, Abeck D, Traupe B, Ring J, Hoppe U, Wolf F:<br />
Effect of gentian violet, corticosteroid and tar preparations in<br />
Staphylococcus-aureus-colonized atopic eczema. Dermatology.<br />
1999;199(3):231-6<br />
- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />
Verlag Berlin, 2000<br />
- Garbe C, Reimann H, San<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bähr C: Rationelle <strong><strong>de</strong>r</strong>matologische Rezeptur.<br />
Thieme Verlag 1996<br />
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70 Gerbstoffe, synthetische<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Gerbstoffe, synthetische<br />
Zugelassene Indikationen<br />
Entzündliche, nässen<strong>de</strong> und jucken<strong>de</strong> Hauterkrankungen<br />
Ekzeme und Hautentzündungen aufgrund von bakteriellen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Pilzinfektionen<br />
Win<strong>de</strong>l<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis<br />
Intertrigo<br />
Schüttelmixtur, Gel und Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> zusätzlich:<br />
Verbrennungen ersten Gra<strong>de</strong>s (z.B. <strong>Dermatitis</strong> solaris, akute polymorphe<br />
Licht<strong><strong>de</strong>r</strong>matose)<br />
Juckreiz; speziell im Genito-Anal-Bereich<br />
Hyperhidrosis<br />
Infektiöse Exantheme wie z. B. Windpocken<br />
Schüttelmixtur zusätzlich:<br />
Grad bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Mykosetherapie<br />
Gel zusätzlich:<br />
Hyperergische Insektenstichreaktion<br />
Ba<strong>de</strong>zusatz zusätzlich:<br />
Hyperhidrosis<br />
Kontraindikationen<br />
- Anwendung am Auge<br />
Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> zusätzlich:<br />
- Offene Wun<strong>de</strong>n<br />
Gel zusätzlich:<br />
- Personen unter 18 J. (keine Erfahrungen) lt. Roter Liste 2003, nicht nach<br />
aktueller Fachinformation!<br />
Anwendungsbeschränkung:<br />
Bei Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>n allgemein:<br />
Größere Hautverletzungen<br />
Akute unklare Hauterkrankungen<br />
Schwere fieberhafte und infektiöse Erkrankungen<br />
Herzinsuffizienz<br />
Hypertonie<br />
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Dosierung und Applikationshinweise<br />
Creme / Fettcreme:<br />
- 1-2mal tgl. (bis 3mal tgl.)<br />
- Dünn auf die erkrankten Hautstellen auftragen<br />
- Bis zur Abheilung<br />
Lotio:<br />
- 1-2mal tgl.<br />
- Nach kräftigem Schütteln <strong><strong>de</strong>r</strong> Flasche auftragen<br />
Gerbstoffe, synthetische 71<br />
Gel:<br />
- 3mal tgl. dünn<br />
- Auf die betroffenen Hautstellen auftragen und leicht einmassieren<br />
- Bei Bedarf öfters anwen<strong>de</strong>n<br />
Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
- Trocken- u. Nachbehandlung:<br />
- Morgens und abends anwen<strong>de</strong>n<br />
Ba<strong>de</strong>zusatz:<br />
- Substanz im warmen Wasser (32-35°C) auflösen<br />
- Zur Anwendung als Teil-, Voll-, Sitz- u. Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>bad<br />
sowie für feuchte Umschläge, Waschungen und kalte Kompressen<br />
- Dosierung entsprechend aktueller Gebrauchsinformation, ca.:<br />
- Vollbad: 30g Pulver auf 150 l Wasser<br />
- Sitzbad: 10g Pulver auf 25 l Wasser<br />
- Teilbad: 5g Pulver auf 10 l Wasser etc.<br />
- Bei akut entzün<strong>de</strong>ter berührungsempfindlicher Haut niedrigere<br />
Konzentrationen wählen!<br />
- Ba<strong>de</strong>dauer: 10-20 min; Anwendungsdauer: 3-14d, ggf. auch langfristig<br />
Keine Beschränkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendungsdauer. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel sind 4 Wochen<br />
ausreichend.<br />
Bei Augenkontakt:<br />
- Sofort reichlich mit klarem Wasser spülen (10 min)<br />
- Konsultation eines Augenarztes<br />
Anleitung zur Herstellung einer "Abkochung" aus Eichenrin<strong>de</strong> (nach Schröter,<br />
2001):<br />
1-2 Eßlöffel zerkleinerte Eichenrin<strong>de</strong> auf 250 ml Wasser<br />
15 min kochen<br />
Abgießen, Durchsieben, Abkühlen<br />
Verwen<strong>de</strong>t wird die abgekühlte Flüssigkeit für Umschläge<br />
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72 Gerbstoffe, synthetische<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
Gerbstoffe = große heterogene Gruppe von Stoffen, die gerbend ("gar<br />
machend", Eiweiß fällend, adstringierend) wirken (modifiziert nach Schröter,<br />
2001):<br />
Mineralgerbstoffe (meist basische, kationische Substanzen), z.B.<br />
• Aluminium-Verbindungen wie Aluminiumchloridhexahydrat<br />
• Bismut-Verbindungen wie Bismutum subgallicum o<strong><strong>de</strong>r</strong> Bismutum<br />
subnitricum<br />
• Chromsalze<br />
• Eisenverbindungen<br />
• Magnesium-Silizium-Verbindungen wie Wasserhaltiges Mg-Silikat<br />
(= Talkum)<br />
• Silber-Verbindungen wie Silbereiweiß-Acetlytannat (= Argentum<br />
diacetylotannicum) o<strong><strong>de</strong>r</strong> Silbernitrat (= Argentum nitricum)<br />
• Zink-Verbindungen wie Zinkoxid<br />
Organische Gerbstoffe (meist saure, anionische Verbindungen), z.B.<br />
• Synthetische Gerbstoffe (siehe unten)<br />
• Pflanzliche Gerbstoffe<br />
• Teere: Steinkohlenteer, Schieferteer, Pflanzenteer<br />
• Milchsäure<br />
• Trichloressigsäure, Phenole<br />
• Farbstoffe wie Brillantgrün, Gentianaviolett und Fuchsin<br />
• 8-Chinolinolsulfat, Clioquinol, Ethacridinlaktat, Merbromin,<br />
Pyoktanin<br />
Synthetische Gerbstoffe:<br />
- Wasserlösliche organische Mischkon<strong>de</strong>nsationsprodukte<br />
- Wichtigster Vertreter: Tamol ® = Natriumsalz eines relativ niedrig-<br />
molekularen Phenolsulfonsäure-Phenol-Harnstoff-Formal<strong>de</strong>hyd-<br />
Kon<strong>de</strong>nsationsproduktes<br />
Vorteil gegenüber pflanzlichen Gerbstoffen:<br />
Stabilität gegenüber fermentativen Einflüssen<br />
Bessere Standardisierung und Dosierung möglich<br />
Höhere kosmetische Akzeptanz, <strong>de</strong>nn: Synthetische Gerbstoffe sind farblos<br />
Topische Applikation:<br />
Perkutane Resorption ist bei intakter Haut praktisch ausgeschlossen, <strong>de</strong>nn:<br />
Eiweiß-Gerbstoff-Komplex-Bildung => Bindung <strong>de</strong>s Gerbstoffes in <strong>de</strong>n<br />
obersten Hautschichten, NW im Str. corneum, aber nicht mehr im Str.<br />
basale)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Gerbstoffe, synthetische 73<br />
Bei geschädigter Hornschicht können jedoch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis wirksame<br />
Konzentrationen erreicht wer<strong>de</strong>n<br />
Wirkstofffreigabe erfolgt begünstigt aus hydrophilen Grundlagen (besser<br />
aus Gel als aus Creme o<strong><strong>de</strong>r</strong> Fettcreme; Schröter, 2001)<br />
Pharmakodynamik<br />
- Adstringens<br />
Eiweißfällen<strong>de</strong> Wirkung<br />
- adstringieren<strong>de</strong> = Eiweiß <strong>de</strong>naturieren<strong>de</strong> = versiegeln<strong>de</strong> = schorfbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
gerben<strong>de</strong> Wirkung<br />
- Saure Phenolgruppen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gerbstoffe reagieren mit Aminogruppen basischer<br />
Aminosäuren <strong><strong>de</strong>r</strong> Proteine Querverbindungen zwischen Gerbstoffen und<br />
Eiweißen die bei Entzündungen, Wun<strong>de</strong>n entstehen<strong>de</strong>n Exsudateiweiße<br />
und in geringerem Maß auch Eiweiße aus <strong>de</strong>n obersten Lagen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Hornschicht wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>naturiert<br />
Entquellung (durch Fällung quellfähiger Eiweiße)<br />
Austrocknung<br />
Verdichtung <strong>de</strong>s kolloidalen Gefüges, oberflächliche Abdichtung<br />
- Bildung eines schützen<strong>de</strong>n Films Hornhautstabilisierung / Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
<strong>de</strong>s TEWL (Schmersal, 1995)<br />
- Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Eiweiß- und Elektrolytverlustes durch die Haut<br />
Hämostyptischer Effekt:<br />
Bei Kontakt zu Schleimhäuten / Wun<strong>de</strong>n kommt es durch oberflächliche<br />
Eiweißfällung zu einer Abdichtung und Schrumpfung <strong>de</strong>s Gewebes (Wienert,<br />
2001)<br />
Schweißhemmen<strong>de</strong> Wirkung<br />
Theorie: Durch adstringieren<strong>de</strong> Wirkung Reversibler Verschluss <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schweißdrüsenausführungsgänge<br />
Antimikrobielle / antimykotische Wirkung<br />
Indirekt<br />
- Durch Entzug von mikrobiell verwertbarem Substrat, Austrocknung und<br />
"Membranbildung"<br />
Direkt<br />
- Extrakte <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamamelis v.-Rin<strong>de</strong> (Poylmere Proanthoyanidine) sind<br />
wirksam gegenüber Herpesviren (HSV-1), jedoch geringer als Aciclovir<br />
(Er<strong>de</strong>lmeier, 1996; Gloor, 2000)<br />
- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> reversen Transkriptase <strong>de</strong>s HIV (Yoshida, 1996)<br />
(Der Wirkmechanismus ist unklar)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
74 Gerbstoffe, synthetische<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
- Experiment zur Plasmakoagulation von St. aureus: Durch die gleichzeitige<br />
Anwendung von Tanninen und Oxacillin ist bei besserer Wirkung eine<br />
geringere Oxacillindosis (als bei Oxacillin allein) erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich (Akiyama<br />
2001)<br />
Antientzündliche Wirkung<br />
Der genaue Wirkmechanismus <strong><strong>de</strong>r</strong> Gerbstoffe ist unbekannt. Mögliche<br />
Theorien:<br />
Fällung reaktiver Eiweiße und / o<strong><strong>de</strong>r</strong> zusätzlich<br />
Direkte Wirkung auf entzündungsvermitteln<strong>de</strong> Enzyme auch in<br />
therapeutischer Dosierung:<br />
1. Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> 5-Lipoxygenase durch Bestandteile von Hamamelis<br />
virginiana (Hartisch, 1997)<br />
2. Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Humanen Leukozyten-Elastase (Mrowietz, 1991; Er<strong>de</strong>lmeier,<br />
1996) => nach 24stündiger Inkubation Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> 12-HETE-<br />
Rezeptoren (12-Hydroxyeikosatetraensäure) ohne die Affinität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Rezeptoren für 12-HETE zu beeinflussen (Der genaue Wirkmechanismus ist<br />
unbekannt)<br />
3. Downregulation von 12-HETE-Rezeptoren auf Keratinozyten nach<br />
Applikation von Tamol als synthetischem Wirkstoff (Arenberger, 1992;<br />
Gloor, 2000)<br />
4. Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivität <strong><strong>de</strong>r</strong> Chymase und <strong>de</strong>s Plasmins humaner Mastzellen<br />
(= proinflammatorische Enzyme), dosisabhängig und nicht kompetitiv<br />
(Wiedow, 1997)<br />
5. Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> IgE-vermittelten Histaminfreisetzung (Zuberbier, 1999)<br />
Synthetisches Tannin hat kein Einfluss auf (Schröter, 2001):<br />
f-met-leu-phe-induzierte Neutrophilenchemotaxis<br />
Degranulation neutrophiler Granulozyten<br />
Aktivität verschie<strong>de</strong>ner Enzyme neutrophiler Granulozyten wie CathepsinG,<br />
Beta-Glucuronidase, Myeloperoxdiase<br />
Klinische Effekte:<br />
- Nachweis einer entzündungshemmen<strong>de</strong>n Wirkung:<br />
- Im UV-Erythem-Hemmtest (Taube und Schröter, 1999)<br />
- Am Crotonöl-Mausohr-Ö<strong>de</strong>m-Mo<strong>de</strong>ll (Er<strong>de</strong>lmeier, 1996)<br />
- Gefäßverengen<strong><strong>de</strong>r</strong> Effekt wur<strong>de</strong> im Vasokonstriktionstest<br />
nachgewiesen (Diemunsch, 1987 in Gloor, 2000)<br />
- CAVE! Der entzündungshemmen<strong>de</strong> Effekt von Tannin und Hamamelis ist<br />
geringer als von Hydrokortison! (Gloor, 2000)<br />
Lt. Taube und Schröter, 1999: entspricht die Wirkung synthetischen Tannins<br />
bei gleicher Dosis (1%) etwa 2/3 <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkung von Hydrokortison<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Juckreizvermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />
- Nachweis durch Histamin-Quad<strong>de</strong>ltest (Puschmann, 1985)<br />
- Wirkung erscheint z.T. vergleichbar mit topisch applizierten<br />
Antihistaminika (Puschmann, 1985)<br />
Gerbstoffe, synthetische 75<br />
Durch:<br />
Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> IgE-vermittelten Histaminfreisetzung (Zuberbier, 1999)<br />
Antiinflammatorische Wirkung s.o.<br />
Schmerzvermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />
- Lippenreizmetho<strong>de</strong> Unempfindlichkeit durch topische Gerbstoffe<br />
vergleichbar mit einem Lokalanästhetikum (Puschmann, 1985)<br />
- Keine Untersuchungen zu tumorerzeugen<strong>de</strong>m / mutagenen Potential o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
zur Reproduktionstoxizität von Gerbstoffen (Keine klinischen Hinweise<br />
bislang!)<br />
Fragliche tumorprotektive Wirkung<br />
Khan, 1988 und weitere Arbeiten aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgruppe um Mukhtar:<br />
Nach Applikation von Tanninsäure und Polyphenole <strong>de</strong>s grünen Tees (GTP)<br />
wur<strong>de</strong> die Tumor-initiieren<strong>de</strong> Wirkung eines Benzo[a]pyrens (BPDE-2)<br />
gemin<strong><strong>de</strong>r</strong>t, d.h. die Latenzphase bis zum Auftreten eines Hauttumors war<br />
kürzer. WM?: Inaktivierung <strong>de</strong>s BPDE-2?<br />
Wang, 1991:<br />
Tierexperimente: Haarlose Mäuse erhielten Polyphenole <strong>de</strong>s Grünen Tees<br />
(GTP) im Trinkwasser o<strong><strong>de</strong>r</strong> topisch auf die Haut + UVB-Bestrahlung vs.<br />
Plazebo + UVB-Bestrahlung Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Mäuse mit Hauttumoren und<br />
Anzahl Hauttumore/Maus waren bei Applikation von GTP geringer<br />
Perchellet, 1992:<br />
12-O-Tetra<strong>de</strong>canoyl-Phorbol-13-Acetat (TPA) Potenter Tumorpromoter in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Maus-Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis. Tanninsäure und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Gallussäure-Derivate hemmen<br />
die TPA-induzierte Ornithin-Decarboxylase, die Wasserstoffperoxid-<br />
Produktion und die DNA-Synthese (Tumor-Promotion)<br />
Srivastava, 2000:<br />
12-O-Tetra<strong>de</strong>canoyl-Phorbol-13-Acetat (TPA)-induzierte NO-Freisetzung in<br />
Rattenhepatozyten durch Tanninsäure und Polyphenole <strong>de</strong>s grünen Tees<br />
vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t Entzündungshemmung<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
- Synthetische Gerbstoffe lassen einen klinischen Effekt vermuten, <strong><strong>de</strong>r</strong> jedoch<br />
nur fraglich über einen Grundlagen-Effekt hinausgeht (Gloor, 2000)<br />
- Die Effizienz ist <strong>de</strong>utlich geringer als die von Kortikosteroi<strong>de</strong>n.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
76 Gerbstoffe, synthetische<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Korting, 1995:<br />
Plazebo-kontrolliert, doppel-blind, randomisiert<br />
n=72 Patienten mit mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ater Atopischer <strong>Dermatitis</strong><br />
Vgl. Hamamelis-Extrakt-Salbe mit Grundlage und 0,5% Hydrokortison-<br />
Creme über 14 Tage<br />
Kein Unterschied Hamamelis-Extrakt zu Plazebo, bei<strong>de</strong> Zubereitungen<br />
waren <strong>de</strong>utlich weniger wirksam als Hydrokortison<br />
Buhles, 1992; Swoboda, 1991<br />
- Wirksamkeit vergleichbar mit Bufexamac<br />
- Wirksamkeitsnachweis ohne signifikante Unterschie<strong>de</strong><br />
- Die Untersuchungen waren jedoch nicht Vehikel-kontrolliert<br />
Dennoch:<br />
Gerbstoffe gehören zu <strong>de</strong>n ältesten bei nässen<strong>de</strong>n Hautkrankheiten eingesetzten<br />
Lokaltherapeutika (Schröter, 2001)<br />
Nässen<strong>de</strong> Ekzeme<br />
Hauptindikation für Gerbstoffe: Eccema madidans, bes. intertriginös (Schröter,<br />
2001)<br />
Weitere Einsatzgebiete:<br />
Alle weiteren Ekzemformen (Kortikoid-sparen<strong><strong>de</strong>r</strong> Effekt durch<br />
alternieren<strong>de</strong> Behandlung: Gerbstoffe - Steroi<strong>de</strong> und Intervalltherapie)<br />
Win<strong>de</strong>l<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis<br />
Intertrigo<br />
Verbrennungen ersten Gra<strong>de</strong>s (z.B. <strong>Dermatitis</strong> solaris, akute polymorphe<br />
Licht<strong><strong>de</strong>r</strong>matose)<br />
Juckreiz – speziell im Genito-Anal-Bereich –<br />
Hyperhidrosis (Achtung! Wirkung ist geringer als die von<br />
Aluminiumverbindungen - <strong><strong>de</strong>r</strong> "Hornzellpfropf" wird durch Desquamation<br />
sehr schnell wie<strong><strong>de</strong>r</strong> abgerieben)<br />
Infektiöse Exantheme wie z. B. Windpocken<br />
Balanitis / Vulvitis<br />
Genitaler / analer Pruritus<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
- In Einzelfällen:<br />
- Leichte Hautreizungen, Austrocknungsgefühl<br />
- Kontaktallergien (Müller, 1994)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Wechselwirkungen<br />
Gerbstoffe zeigen eine Inkompatibilität mit:<br />
Schwermetallsalzen<br />
Alkaloi<strong>de</strong>n<br />
Gelatine<br />
Albumin<br />
Stärke<br />
Oxidieren<strong>de</strong>n Substanzen<br />
Keine Mischung mit diesen Substanzen!<br />
Gerbstoffe, synthetische 77<br />
Gerbstoffe im Ba<strong>de</strong>zusatz: In Gegenwart von alkalischen Seifen wird die<br />
Wirksamkeit beeinträchtigt.<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Sämtliche systemische und topische Dermatika unter Beachtung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wechselwirkungen<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
- Keine Einschränkungen<br />
Literatur<br />
- Akiyama H, Fujii K, Yamasaki O, Oono T, Iwatsuki K: Antibacterial action<br />
of several tannins against Staphylococcus aureus. J Antimicrob Chemother.<br />
2001 Oct;48(4):487-91<br />
- Arenberger P, Kemeny L, Ruzicka T: Einfluss von Tamol auf Eikosanoid-<br />
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- Buhles N: Nichtsteroidale Lokaltherapie <strong>de</strong>s endogenen Ekzemes. Akt<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Glycerin<br />
Zugelassene Indikationen<br />
- Hautpflege, Hautschutz<br />
Kontraindikationen<br />
- Keine<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
Glycerin 79<br />
- Mehrmals täglich auftragen<br />
- Glycerin kann bis zu einer Konzentration von 10% in nahezu alle O/W- und<br />
amphiphilen Systeme eingearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- 1,2,3-Propantriol, Glycerin, Glycerol = dreiwertiger Alkohol<br />
- Physiologisch im Stoffwechsel vorkommend (v.a. als Ester <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Triglyzeri<strong>de</strong>)<br />
- Kommt nach Triglycerid-Hydrolyse in <strong>de</strong>n Talgdrüsen auf/in die Haut<br />
(Wichtigster Mechanismus zur Hauthydratation überhaupt) (Fluhr, 2003)<br />
- Sirupöse Flüssigkeit mit süßem Geschmack<br />
- Gut wasserlöslich, hygroskopisch (schwer wasserfrei zu halten)<br />
- Synthese: vom Propylen <strong><strong>de</strong>r</strong> Crackgase<br />
- Verwendung: Pharmazeutische Industrie, bei Herstellung von Sprengstoffen<br />
etc.<br />
Topische Applikation:<br />
Eindringen in die Tiefe <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht<br />
Applikation einer O/W-Emulsion => in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tiefe <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht mehr<br />
Glycerin als oberflächlich (Batt, 1986)<br />
Glycerin verbleibt > 6 Stun<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht (Gloor, 2000)<br />
Metabolisierung<br />
Elimination über Galle und Niere<br />
Da es sich um eine körpereigene Substanz han<strong>de</strong>lt, die im Körper in<br />
erheblichem Maß vorkommt, sind toxische Reaktionen nicht zu erwarten<br />
(Gloor, 2000)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
80 Glycerin<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Pharmakodynamik<br />
- Moisturizer<br />
Hygroskopische Wirkung<br />
Abhängig von relativer Luftfeuchtigkeit (Froebe, 1990 in Gloor, 2000)<br />
Im Vergleich zu an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Polyhydroxyalkoholen, Polyethylenglykolen,<br />
Propylenglykolen: sehr ausgeprägt (Cohen, 1993)<br />
Stärker als die Wirkung von Harnstoff (Gloor, 2000)<br />
Wasserabgabe aus wässriger Lösung von Glycerin <strong>de</strong>utlich geringer als aus<br />
reinem Wasser (Batt, 1986) Hydratisieren<strong>de</strong> Wirkung auf Str. corneum<br />
Hydratisieren<strong>de</strong> Wirkung<br />
wur<strong>de</strong> nachgewiesen von 10% Glycerin in W/O- als auch in O/W-<br />
Grundlage; jedoch besser in O/W-Emulsionen (Bettinger, 1994)<br />
setzt schneller ein als durch Wasser allein erreichbar ist (Pe<strong><strong>de</strong>r</strong>sen, 1999)<br />
ist konzentrationsabhängig: 10% Glycerin ist stärker wirksam als 5%ige<br />
O/W-Emulsion, NW mit Korneometrie (Gloor, 1997)<br />
ist steigerbar durch Kombination mit Harnstoff<br />
ist stärker als die Wirkung von Harnstoff (Fluhr, 2003, Gloor, 1998)<br />
ist schon mit 1% Glycerin zu erreichen, wenn die Applikation mit polaren,<br />
lamellären Lipi<strong>de</strong>n erfolgt - Lipi<strong>de</strong> allein haben keinen vergleichbaren<br />
Effekt (Summers, 1996; Gloor, 2000)<br />
Regenerative Hautschutzwirkung<br />
Barriere-Regeneration nach okklusiver Anwendung von Glycerin stärker als<br />
nach Applikation von Wasser (Bettinger, 1998)<br />
Auch nach lang dauern<strong><strong>de</strong>r</strong> (über 3 Tage) NLS-Schädigung ist durch 4 Tage<br />
<strong>Therapie</strong> mit Glycerin-haltiger Zubereitung (21,25 bzw. 42,5%) eine 7 Tage<br />
über die <strong>Therapie</strong> hinausgehen<strong>de</strong>, sehr effektive Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Hornschichtregeneration nachweisbar (Fluhr, 1999)<br />
Repetitiver Waschtest: Hautschädigung kann durch Auftragen einer 10%<br />
Glycerin-haltigen Emulsion verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t und zusätzlich kann eine Hydratation<br />
erreicht wer<strong>de</strong>n (Grunewald, 1995 in Gloor, 2000)<br />
Entschuppen<strong>de</strong> Wirkung<br />
Rawlings, 1995<br />
Glycerin beschleunigt <strong>de</strong>n Desmosomenabbau in oberflächlicher Hornschicht<br />
(ELMI-Nachweis und Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s immunhistologischen Nachweises<br />
von Desmoglein 1 Marker <strong><strong>de</strong>r</strong> Desmosomenintegrität) Mechanische<br />
Hautfestigkeit ist verringert durch dramatische Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
interkorneozytären Kräfte (gemessen mit Extensiometer)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Hautglättung<br />
Beschleunigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Desquamation (Gloor, 1998)<br />
Hautelastizität steigt (Gloor, 1998)<br />
Glycerin 81<br />
Pe<strong>net</strong>rationsverbesserung für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Wirkstoffe<br />
Nachweis für Hexylnicotinat (Bettinger, 1998)<br />
Keine Pe<strong>net</strong>rationsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung bei Dermatokortikosteroi<strong>de</strong>n (Fluhr, 1998)<br />
Experimentelle Ergebnisse:<br />
Burke, 1997:<br />
Glycerin scheint <strong>de</strong>n Effekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Phosphorylierung auf die Effektivität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
zytosolischen Phospholipase A2 (Schlüsselenzym für die Bildung von<br />
Arachidonsäure) zu maskieren 300-390%ige Aktivität <strong>de</strong>s Enzyms in<br />
Anwesenheit von Glycerin (im Vgl. ohne Glycerin)<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Atopische <strong>Dermatitis</strong><br />
Lo<strong>de</strong>n, 2001:<br />
Randomisierte, parallele, doppelblin<strong>de</strong> Studie, n=109 Patienten mit Atopischer<br />
<strong>Dermatitis</strong>; Vergleich 20% Glycerin-Creme mit 4% Harnstoff-NaCl-Creme<br />
über 30 Tage; TEWL- und Hautkapazitätsmessung; Keine signifikanten<br />
Unterschie<strong>de</strong>, etwas niedrigere TEWL-Werte nach Harnstoff-Applikation;<br />
Klinische Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauttrockenheit besser für Harnstoff-haltige<br />
Zubereitungen<br />
Lo<strong>de</strong>n, 2002:<br />
Randomisierte, doppel-blin<strong>de</strong> Studie, n=197 Patienten; Vgl. Harnstoff 4%-<br />
NaCl 4%-Creme mit Glycerin 20% Creme und Placebo; Signifikant stärkere<br />
lokale oberflächliche Reaktion bei Harnstoff als bei Glycerin-Creme (24% vs.<br />
10% <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten) bei gleichem klinischen Effekt<br />
Weitere Einsatzgebiete:<br />
Trockene Haut (Xerosis cutis)<br />
Prophylaxe/Nachbehandlung <strong>de</strong>s kumulativ-subtoxischen Han<strong>de</strong>kzems<br />
Psoriasis vulgaris<br />
Ichthyosen<br />
Besenreiser-Varizen (Teleangiektasien an <strong>de</strong>n Beinen)<br />
72%ige Glycerin-Lösung ist:<br />
sehr gut und schnell wirksam<br />
vergleichbar mit Natriumtetra<strong>de</strong>cylsulfat (STS)<br />
führt seltener zu Hämatomen, Schwellungen und Hyperpigmentierungen<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
82 Glycerin<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
- Eventuell klebriges Gefühl auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />
- Ein Fallbericht über eine allergische Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis auf Glycerin<br />
(Preston, 2003)<br />
- Keine systemischen Nebenwirkungen<br />
Wechselwirkungen<br />
- Keine<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Harnstoff, Milchsäure, NaCl<br />
- Dithranol, Kortikosteroi<strong>de</strong><br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
- Keine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Hinweise / Einschränkungen<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
84 Harnstoff<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Harnstoff<br />
Zugelassene Indikationen<br />
Hyperkeratosen (übermäßige Verhornung)<br />
Leichtere Formen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ichthyosis (Rückfallprophylaxe und<br />
Dauerbehandlung)<br />
Follikuläre Verhornungsstörungen<br />
Intervall- und Nachbehandlung bei topischer Glucocorticoid- und<br />
Phototherapie (Psoriasis vulgaris, atopische Ekzeme)<br />
Exsikkations<strong><strong>de</strong>r</strong>matosen<br />
Trockene Hautzustän<strong>de</strong> verschie<strong>de</strong>ner Genese (z.B. Altershaut –<br />
Berufs<strong><strong>de</strong>r</strong>matosen – Rhaga<strong>de</strong>n)<br />
20%-40%:<br />
Ablösen bzw. Auflösen erkrankter, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e pilzbefallener Nägel<br />
Kontraindikationen<br />
Bei Konzentrationen > 5%:<br />
- Akute entzündliche Hautzustän<strong>de</strong><br />
- Großflächige Anwendung bei Niereninsuffizienz<br />
Anwendungsbeschränkung:<br />
- Nicht mit Augen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhäuten in Berührung bringen<br />
- Nicht bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n anwen<strong>de</strong>n (keine ausreichen<strong>de</strong>n Erfahrungen)<br />
20% Creme:<br />
- Behandlung entzündlicher und exkoriierter, akuter Hautzustän<strong>de</strong><br />
- Augen- u. Schleimhautkontakt<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
Allgemein:<br />
- Medizinisch sinnvoll erscheinen Konzentrationen von min<strong>de</strong>stens 5%<br />
(10%) Harnstoff<br />
- Eine Einarbeitung von bis zu 10% Harnstoff ist in die meisten O/W- und<br />
amphiphilen Systeme möglich.<br />
- Höhere Konzentrationen (20-40%) dienen <strong><strong>de</strong>r</strong> Onycholyse (o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> lokalen<br />
Keratolyse - ohne Zulassung, siehe Therapeutische Wirkungen)<br />
- Niedrigere Konzentrationen sind bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, im Gesicht, in <strong>de</strong>n<br />
Intertrigines und für kosmetische Effekte anzuwen<strong>de</strong>n<br />
- Mehrmals tgl., min<strong>de</strong>stens 2mal tgl. (morgens und abends)<br />
- Auf die gut gereinigte erkrankte Haut (am günstigsten nach Ba<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Duschen) auftragen<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Harnstoff 85<br />
Behandlungsdauer:<br />
- Bis zum Abklingen <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptome<br />
- Zur Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Rückfällen 2mal wöchentlich o<strong><strong>de</strong>r</strong> je nach Bedarf<br />
öfter anwen<strong>de</strong>n<br />
- Okklusivverbän<strong>de</strong> sind möglich<br />
Zur atraumatischen Onycholyse (o<strong><strong>de</strong>r</strong> 40% Pasten):<br />
- Bei Onychmykose stets in Kombination mit einem Antimykotikum<br />
20% Creme:<br />
- Messerrückendick auf <strong>de</strong>n erkrankten Nagel auftragen<br />
- Umgeben<strong>de</strong> Haut evtl. schützen<br />
- Durch Okklusivverband ab<strong>de</strong>cken<br />
- Nach 5-10 Tagen Kontrolle und Entfernung <strong><strong>de</strong>r</strong> erweichten Nagelteile<br />
- Evtl. Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holung <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung<br />
- Behandlungsdauer: Durchschnittlich 16 Tage<br />
40% Pasten:<br />
Nagelaufweichpaste<br />
1. Fuß / Füße in warmem Wasser ba<strong>de</strong>n, abtrocknen<br />
2. Paste auf Nagel auftragen, nicht einmassieren, nicht auf die <strong>de</strong>n Nagel<br />
umgeben<strong>de</strong> Haut bringen (Umgebung mit Zinkpaste ab<strong>de</strong>cken)<br />
3. Wasserfestes Pflaster auf Nagel / Nägel kleben<br />
4. Nach 24 h aufgeweichte Nagelsubstanz und Salbenreste so weit wie<br />
möglich mit Nagelschaber / Feile entfernen<br />
5. Erneut ba<strong>de</strong>n, Paste auftragen, neuen Verband anlegen<br />
Bis: alle hyperkeratotischen Nagelpartien vollständig entfernt sind (1-2 (bis<br />
6) Wochen)<br />
Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
- ca. 5%ig<br />
- 1-2 Tassen Harnstoff (Urea pura)<br />
- Auf ein Vollbad<br />
- gut auflösen! (Schröter, 2001)<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- Harnstoff war <strong><strong>de</strong>r</strong> erste synthetisch hergestellte organische Stoff<br />
(Friedrich Wöhler, 1828)<br />
Urea, Carbamidum, Diamid <strong><strong>de</strong>r</strong> Kohlensäure<br />
Hygroskopische, kristalline, geruch- und farblose Substanz<br />
Gut löslich in Wasser und Ethanol, schlecht löslich in Ether und Chloroform<br />
In wässrigen Lösungen ist Harnstoff instabil Zerfall in Ammoniak und<br />
Kohlensäure unangenehmer Geruch<br />
In wasserfreien Grundlagen können sich (bes. bei Konz. > 10%) Kristalle bil<strong>de</strong>n keine<br />
kontinuierliche Harnstofffreisetzung, mögliche Reibung<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
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86 Harnstoff<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
- Harnstoff ist ein natürliches Abbauprodukt <strong>de</strong>s menschlichen<br />
Eiweißstoffwechsels<br />
Harnstoff entsteht in Mengen von 20-35g/24h im Körper<br />
Relativ ungiftige Substanz: Für <strong>de</strong>n Menschen gelten Tagesdosen bis zu<br />
80 g i.v. und 100 g p.o. als ungefährlich (Bei Tierversuchen traten bei<br />
sehr hohen Dosen Konvulsionen auf)<br />
- Harnstoffgehalt <strong>de</strong>s Str. corneums stammt aus <strong>de</strong>m Schweiß und wird i.R.<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Verhornung v. a. aus L-Arginin (durch extrahepatische Arginase,<br />
abhängig von Manganionen-Konzentration und L-Arginin-Konzentration in<br />
Keratinozyten (<strong>Wohlrab</strong> J, 2002)) gebil<strong>de</strong>t<br />
- Wirkung als "Natural Moisturizing Factor" entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Wirkung für<br />
Funktion und Struktur <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />
- in pathologisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis Harnstoffgehalt vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />
(siehe Therapeutische Wirkungen)<br />
Topische Applikation:<br />
Untersuchungen von <strong>Wohlrab</strong>, 1993:<br />
• Schnellere Freisetzung aus Öl/Wasser als aus Wasser/Öl-Emulsionen<br />
• Applikation als O/W-Emulsion => lange verbleibt ein hoher Anteil an<br />
Harnstoff in oberer Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis, nur geringe Pe<strong>net</strong>ration von Harnstoff in<br />
tiefere Hornschichtanteile<br />
• Applikation als W/O-Emulsion => langsamere Wirkstofffreigabe;<br />
Okklusionseffekt => jedoch stärkere Pe<strong>net</strong>ration in Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis und in<br />
Dermis<br />
Die resorbierte Harnstoffmenge spielt toxikologisch keine Rolle<br />
Keine Metabolisierung (Stoffwechselendprodukt)<br />
Elimination unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t über Niere, in geringem Maße auch über <strong>de</strong>n<br />
Schweiß<br />
Systemische Applikation<br />
- Obsolet (früher Anwendung als Diuretikum und zur Senkung <strong>de</strong>s<br />
Augeninnendrucks)<br />
Pharmakodynamik<br />
Hydratationsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />
- Durch hygroskopische Wirkung <strong>de</strong>s Harnstoffs (Zunahme freien Wassers)<br />
(nach Schröter, 2001):<br />
1. Nach Pe<strong>net</strong>ration in <strong>de</strong>n Keratinozyten intrazelluläre<br />
Wassereinlagerung (in be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>m Maß)<br />
2. Harnstoff im Interzellularraum interzelluläre Wassereinlagerung (in<br />
geringerem Maß)<br />
- Wassergehalt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht steigt und wird gehalten<br />
- Aufquellung <strong>de</strong>s Str. corneums<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Harnstoff 87<br />
- Wasseraufnahmefähigkeit / Hydratation <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht:<br />
wird durch Harnstoff gesteigert (Swanbeck, 1968)<br />
ist durch W/O-Emulsionen länger erhöht als durch O/W-Emulsionen<br />
(<strong>Wohlrab</strong>, 1988)<br />
hält bei fortdauern<strong><strong>de</strong>r</strong> Applikation > 20 Tage an (Lo<strong>de</strong>n, 1999)<br />
- Zum Verhältnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Wasseraufnahmefähigkeit zum Harnstoffgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Haut gibt es wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchliche Ergebnisse:<br />
Wasserbindungsvermögen und Harnstoffgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis verhalten<br />
sich gleichsinnig zueinan<strong><strong>de</strong>r</strong> (Schröter, 2001)<br />
Dosiserhöhung von 3-5% auf 10% Harnstoff bedingt keine Verbesserung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Hydratationskapazität <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht (Corneometrische<br />
Untersuchungen Gloor, 2000)<br />
- Barriere-Regeneration-för<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung durch<br />
Reduktion <strong>de</strong>s TEWL<br />
vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te irritative Hyperämie nach Applikation von Na-Lauryl-Sulfat<br />
(Lo<strong>de</strong>n, 2003)<br />
Keratoplastische Wirkung<br />
Niedrige Harnstoff-Konzentration<br />
Spaltung von Wasserstoffbrückenbindungen <strong>de</strong>s Keratin (Neubert, 2001)<br />
Schwächung <strong><strong>de</strong>r</strong> van-<strong><strong>de</strong>r</strong>-Waalsschen Wechselwirkungen zwischen <strong>de</strong>n<br />
Keratin-Molekülen<br />
Keratin wird dispergiert<br />
Jedoch keine Vermehrung <strong>de</strong>s an Tesafilm haften<strong>de</strong>n Materials nach<br />
Vorbehandlung mit 10%iger Harnstoff-Zubereitung im Gegensatz zu 2%<br />
Salicylsäure (Lo<strong>de</strong>n, 1995)<br />
in niedrigen Konzentrationen ( 30% Harnstoff<br />
Durch:<br />
Zusätzliche Spaltung von Disulfid-Brücken <strong><strong>de</strong>r</strong> Proteine<br />
Aufquellung <strong>de</strong>s Interzellularraumes durch Wassereinlagerung mit<br />
vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Adhäsion zwischen <strong>de</strong>n Zellen verstärkte Desquamation<br />
Wirkung ist konzentrations- und zeitabhängig<br />
Proliferationshemmen<strong>de</strong> Wirkung auf die Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis (<strong>Wohlrab</strong>, 1976)<br />
Wirkmechanismus weitgehend unklar:<br />
- Beeinflussung <strong><strong>de</strong>r</strong> Regulation <strong>de</strong>s Zellzyklus<br />
- Arretierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Keratinozyten im Str. basale in <strong><strong>de</strong>r</strong> Metaphase <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitose<br />
(Glinos, 1993)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
88 Harnstoff<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Tierversuch (Meerschweinchen):<br />
10%ige Harnstoff-Lösung:<br />
Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> DNS-synthetisieren<strong>de</strong>n Zellen im Str. basale<br />
(vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Mitose-In<strong>de</strong>x)<br />
Verlängerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensdauer postmitotischer Keratinozyten<br />
Verdünnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis<br />
Bei Langzeitanwendung führt diese Wirkung jedoch nicht zur Atrophie<br />
Hagemann, 1996:<br />
n=10 Patienten mit Psoriasis: <strong>Therapie</strong> 2 Wochen mit 10% Harnstoff-Salbe,<br />
Vehikel o<strong><strong>de</strong>r</strong> ohne <strong>Therapie</strong> => Besserung <strong>de</strong>s klinischen Scores, 2fache<br />
Haut-Hydratation, geringer Abfall <strong>de</strong>s TEWL an Harnstoff-behan<strong>de</strong>lten<br />
Stellen; Histo: 29% Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Dicke und 51% Reduktion<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Proliferation; z.T. Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in Zytokeratin-<br />
Expression und Involucrin-Expression<br />
Juckreizstillen<strong>de</strong> Wirkung<br />
- Wirkmechanismus ist ungeklärt<br />
- Mo<strong>de</strong>ll: Trypsin-induzierter Pruritus<br />
Liberations- und pe<strong>net</strong>rationsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />
- Liberationsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Wirkstoffe aus ihren Vehikeln (z.B.<br />
Hydrokortison, Prednisolon, Dithranol)<br />
Wasserbindungskapazität <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht erhöht<br />
- Pe<strong>net</strong>ration an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Wirkstoffe erleichtert (z.B. Hydrokortison, Prednisolon,<br />
Trimacinolonacetonid, Dithranol, Tretinoin u.v.a.) (Wahlberg, 1973;<br />
Feldmann, 1974; <strong>Wohlrab</strong>, 1980)<br />
- Effekt scheint Grundlagen-abhängig zu sein (Fluhr, 1998)<br />
Antiseptische Wirkung<br />
- Hinweise auf antimikrobielle und fungistatische Wirkungen (<strong>Wohlrab</strong>,<br />
1989)<br />
- Die Wirkung ist nachweisbar gegenüber Staph. aureus und C. albicans; im<br />
Vgl. zu Chlorhexidin und Fuchsin jedoch schwach (Gloor, 2002: in vivo-<br />
Untersuchungen mit Okklusions- und Agar-Diffusions-Test von Präparation<br />
aus Hamamelis 90% und Harnstoff 5%)<br />
Wundheilungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />
- Harnstoff ist hygroskopisch Sekret kann aufgenommen wer<strong>de</strong>n<br />
- Proteo-, muko- und nekrolytische Wirkung<br />
- Unspezifischer Fremdkörperreiz<br />
- Pathologisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Haut Harnstoffgehalt vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t, z.B. (Schröter,<br />
2001)<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Harnstoff 89<br />
Atopische <strong>Dermatitis</strong>: um bis zu 85% in aktiven Her<strong>de</strong>n, um bis zu 70% bei<br />
normal erscheinen<strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />
Xerosis cutis: um bis zu 50%<br />
Psoriasis vulgaris: um bis zu 40%<br />
"Substitution" erscheint sinnvoll<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Atopische <strong>Dermatitis</strong>, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e subakute bis chronische Ekzeme<br />
Anwendung von Harnstoff im subakuten bis chronischen Stadium<br />
10%ige W/O Emulsion o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Salbe und/ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Bä<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kombinationstherapie mit Kortikosteroi<strong>de</strong>n, Polidocanol (verstärkt<br />
juckreizmil<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Effekt), NaCl, Milchsäure<br />
Lo<strong>de</strong>n, 2002: Vgl. Harnstoff 4%-NaCl 4%-Creme mit Glycerin 20% Creme<br />
und Placebo: Randomisierte, doppel-blin<strong>de</strong> Studie, n=197 Patienten mit zu<br />
Signifikant stärkere lokale oberflächliche Reaktion als bei Glycerin-<br />
Creme (24% vs. 10% <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten) bei gleichem klinischen Effekt<br />
Hagstromer 2001: Vgl. Harnstoff 4%-NaCl 4%-Creme mit Harnstoff 4%<br />
Creme: Randomisierte, doppel-blin<strong>de</strong> Studie, n=22 Patienten mit zu<br />
Harnstoff und NaCl scheint etwas effektiver zu sein als Harnstoff allein<br />
Milchschorf<br />
2mal tgl. 5% Harnstoff in W/O-Emulsion (Schröter, 2001)<br />
Pruritus allgemein (zu, Psoriasis, Kontaktekzem, Xerosis cutis, Pruritus sine<br />
materia)<br />
5-10% Harnstoff mehrmals tgl. Kühlschrank-kalt auftragen, ggf. kombiniert<br />
mit Polidocanol 3%<br />
Freitag, 1997: n=1611, ca. 6 Wochen <strong>Therapie</strong> mit Kombination Harnstoff<br />
5% und Polidocanol 3% => 48,9% <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten waren frei von Juckreiz;<br />
Beurteilung durch Arzt und Patient bei fast 90% <strong><strong>de</strong>r</strong> Fälle gut bis sehr gut<br />
Ichthyosen, Hyperkeratosen (follikulär, palmar, plantar), Xerosis cutis<br />
5-12%ige W/O Emulsion o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Salbe und/ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Bä<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
(Kuster, 1998: Harnstoff 10% ist sehr effektiv bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit Ichthyosis)<br />
Einsatz von 40% Harnstoff-Creme ist möglich, um einen schnellen<br />
klinischen Effekt zu erzielen (A<strong>de</strong>mola, 2002)<br />
Kombinationstherapie mit Tretinoin, Polidocanol (verstärkt<br />
juckreizmil<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Effekt), Milchsäure<br />
Kuzmina, 2002: Vergleichen<strong>de</strong>, randomisierte, doppel-blin<strong>de</strong> Studie, n=23<br />
ältere gesun<strong>de</strong>n Proban<strong>de</strong>n: Kombination von Harnstoff mit NaCl vs.<br />
Harnstoff allein; Applikation an <strong>de</strong>n Unterschenkeln: guter Effekt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Hauthydratation; kein zusätzlicher Effekt gegenüber Harnstoff allein<br />
hinsichtlich TEWL, elektrischer Impedanz u.a. Parameter<br />
Gloor, 2002 (b): Kein zusätzlicher klinischer Effekt im Vgl. zu und durch<br />
Kombination mit Ammoniumlactat<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
90 Harnstoff<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Psoriasis vulgaris<br />
Anwendung von Harnstoff vor allem bei chronisch stationären Formen<br />
10%ige W/O Emulsion o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Salbe und/ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Bä<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Kombinationstherapie mit Kortikosteroi<strong>de</strong>n, Steinkohlenteerlösung, NaCl,<br />
Dithranol, Milchsäure, Salicylsäure<br />
Seborrhoische <strong>Dermatitis</strong>, Seborrhoi<strong>de</strong> Psoriasis<br />
Anwendung von Harnstoff im subakuten bis chronischen Stadium<br />
Kombination von 10% Harnstoff mit Bifonazol 1%; 1-2mal tgl. über ca. 4<br />
Wochen (Schröter, 2001)<br />
Kombination von 40% Harnstoff mit Bifonazol 1% für Psoriasis capitis und<br />
seborrhoische <strong>Dermatitis</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Kopfhaut (Shemer, 2000)<br />
Hyperkeratotische Tinea corporis, Tinea pedis/manus, Pityriasis versicolor<br />
Kombination von 10% Harnstoff mit Bifonazol 1%, Clotrimazol 1%; 2mal<br />
tgl.<br />
Tanuma, 2001: Bei hyperkeratotischer Tinea pedis ist die Kombination<br />
eines Azols (Lanoconazol 1%) mit 10% Harnstoff <strong><strong>de</strong>r</strong> alleinigen<br />
Azoltherapie überlegen.<br />
Bei Onychomykose / Hyperkeratotischen Nägeln: Anwendung von 40%<br />
Harnstoff, möglich auch in Kombination mit Bifonazol 1% (Bonifaz, 2001:<br />
Studie n=25 Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> => Kombination ist auch bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n wirksam),<br />
Clotrimazol 1% o<strong><strong>de</strong>r</strong> Naftifin 1%<br />
Lingua villosa nigra<br />
10%ige wässrige Harnstoff-Lösung (Cave: Haltbarkeit begrenzt!) mehrmals<br />
tgl. pinseln und mit weicher Zahnbürste bürsten (Schröter, 2001)<br />
Ulcera / schlecht heilen<strong>de</strong> Wun<strong>de</strong>n<br />
Anwendung pur (Urea pura), ggf. Kombination mit Glukose (1:1), o<strong><strong>de</strong>r</strong> als<br />
15% Harnstoff in Polyethylenglykolsalbe (Schröter, 2001)<br />
Bislang sind keine toxischen Wirkungen bei topischer Applikation bekannt<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
- Eine Irritation <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut (Rötung, Brennen, Jucken o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schuppung) ist<br />
möglich, wenn akut entzündliche Hautzustän<strong>de</strong> behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
Selten:<br />
- Überempfindlichkeitsreaktion<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Wechselwirkungen<br />
Harnstoff 91<br />
- Liberation (Freisetzung) an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Wirkstoffe aus lokal angewen<strong>de</strong>ten<br />
Arzneimitteln und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Eindringen in die Haut kann verstärkt wer<strong>de</strong>n.<br />
- Dies ist beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bekannt von Kortikosteroi<strong>de</strong>n, Dithranol und<br />
Fluorouracil.<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
Tretinoin, Retinolpalmitat (CAVE Nebenwirkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Retinoi<strong>de</strong> können<br />
verstärkt sein)<br />
Antimykotika (Bifonazol, Clotrimazol)<br />
Steroi<strong>de</strong> (Hydrokortison u.a.)<br />
Steinkohlenteerlösung<br />
Salicylsäure<br />
Dithranol (Geringere Nebenwirkungen <strong>de</strong>s Dithranol in Kombination mit<br />
Harnstoff)<br />
Dexpanthenol<br />
Polidocanol<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
Schwangerschaft:<br />
- Bei umfangreicher Anwendung am Menschen hat sich kein Verdacht auf<br />
eine embryotoxische/teratogene Wirkung ergeben.<br />
Stillzeit:<br />
- Keine Risiken bekannt<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
- Bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Konzentrationen von 10% Urea bei einigen Präparaten<br />
aufgrund mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrungen kontraindiziert (Eucerin ® Salbe 10%<br />
Urea; bei Elacutan Salbe: Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> = Anwendungsbeschränkung), bei <strong>de</strong>n<br />
meisten an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Präparaten keine Kontraindikation.<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
94 Polidocanol<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Polidocanol<br />
Zugelassene Indikationen<br />
Cremes, Salben, Supp.:<br />
Jucken<strong>de</strong> Dermatosen (z.B. Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis, Exsikkationsekzem, Psoriasis,<br />
Windpocken)<br />
Schmerzhafte entzündliche Erkrankungen an Zahnfleisch,<br />
Mundschleimhaut und Lippen, Prothesendruckstellen (Dekubitus); als<br />
Wundverband nach zahnärztlicher Behandlung<br />
Hämorrhoi<strong>de</strong>n (Hämorrhoi<strong>de</strong>n, Perianalthrombosen, Analekzem, Proktitis,<br />
Periproktitis, zur Nachbehandlung bei Verödung und Hämorrhoi<strong>de</strong>ktomie)<br />
Varizen (oberflächliche Venenentzündungen, Stauungsschmerzen u.<br />
Schweregefühl in <strong>de</strong>n Beinen, traumatische Folgezustän<strong>de</strong> wie Prellungen,<br />
Quetschungen)<br />
Ba<strong>de</strong>zusatz:<br />
- Zur unterstützen<strong>de</strong>n Behandlung von Hauterkrankungen mit trockener u.<br />
stark jucken<strong><strong>de</strong>r</strong> Haut wie z. B. Ekzeme, Pruritus senilis, Psoriasis<br />
Injektionslösung:<br />
- Verödung von Varizen, Besenreisern, Hämorrhoi<strong>de</strong>n<br />
- Verödung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Wandsklerosierung von endoskopisch diagnostizierten -<br />
gastrooesophagealen Varizen<br />
Als Kombinationspräparat mit Lokalanästhetika:<br />
- Lokalanästhesie <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut für Rhino-Laryngoskopie, Broncho- u.<br />
Gastroskopie sowie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Urologie<br />
Kontraindikationen<br />
Cremes, Salben:<br />
Akute Erythro<strong><strong>de</strong>r</strong>mie<br />
Akut entzündliche, nässen<strong>de</strong> und infizierte Hautprozesse<br />
Augen- u. Schleimhautkontakt<br />
Hämorrhoi<strong>de</strong>nsalben, Suppositorien:<br />
Säuglinge. Kleinkin<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Anwendungsbeschränkung:<br />
Ältere Patienten<br />
Ba<strong>de</strong>zusatz:<br />
Frische Psoriasis pustulosa-Formen<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Injektionslösung:<br />
Zur Verödung von Varizen, Hämorrhoi<strong>de</strong>n:<br />
Bettlägerigkeit<br />
Arterielle Verschlußkrankheit Grad III u. IV<br />
Polidocanol 95<br />
Anwendungsbeschränkung:<br />
Oberflächliche u. tiefe Venenthrombosen<br />
Beinö<strong>de</strong>me<br />
Diabetische Mikroangiopathie<br />
Akute schwere Herzerkrankungen, die noch nicht stabilisiert sind<br />
Fieberhafte Zustän<strong>de</strong><br />
Arterielle Verschlusskrankheit Grad II<br />
Hohes Lebensalter o<strong><strong>de</strong>r</strong> schlechter Allgemeinzustand<br />
Bronchialasthma<br />
Bei Hämorrhoi<strong>de</strong>n: akute Entzündungen im Analbereich<br />
Schwangerschaft: Strenge Indikationsstellung im 1. Trimenon und nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
36. Schwangerschaftswoche<br />
Zur Verödung von Ösophagusvarizen:<br />
Schockzustand<br />
Anwendungsbeschränkung:<br />
Akute schwere Herzerkrankungen<br />
Fieberhafte Zustän<strong>de</strong><br />
Bronchialasthma<br />
Akute Erkrankungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lunge.<br />
Schwangerschaft: Strenge Indikationsstellung im 1. Trimenon und nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
36. Schwangerschaftswoche<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
Cremes, Salben, Suppositorien:<br />
Jucken<strong>de</strong> Dermatosen:<br />
- Ein- bis mehrmals tgl. dünn auftragen<br />
- Antrocknen lassen<br />
Hämorrhoi<strong>de</strong>n:<br />
- Initial 2mal tgl.; Dann 1mal tgl.<br />
Ba<strong>de</strong>zusatz:<br />
- Als Voll-, Teil- od. Duschbad<br />
- 2-3mal wöchentlich<br />
- Nicht unverdünnt mit <strong>de</strong>n Augen in Berührung bringen<br />
Injektionslösung:<br />
- Verödung<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
96 Polidocanol<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Retikuläre Varizen:<br />
- Je nach Größe <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />
- 0,1-0,3 ml / Injektion einer 0,5%igen Lösung intravasal<br />
Besenreiser-Varizen:<br />
- Je nach Größe <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />
- 0,1-0,2 ml / Injektion einer 0,5%igen Lösung intravasal<br />
Zentralvenen von Besenreiser-Varizen, kleine Varizen:<br />
- Je nach Größe <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />
- 0,1-0,2 ml / Injektion einer 1%igen Lösung intravasal<br />
Mittelgroße Varizen:<br />
Je nach Durchmesser <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />
- 0,5-1 ml (maximal 2ml) / Injektion einer 2-3%igen Lösung intravasal<br />
- 1. Sitzung: Nur 1 Injektion, bei guter Verträglichkeit in weiteren Sitzungen<br />
mehrere Injektionen<br />
Große Varizen:<br />
Je nach Durchmesser <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />
- 0,5-1 ml (maximal 2ml) / Injektion einer 2-3%igen Lösung intravasal<br />
- 1. Sitzung: Nur 1 Injektion 1ml einer 4%igen Lösung intravasal<br />
- Bei guter Verträglichkeit entsprechend <strong><strong>de</strong>r</strong> Länge <strong><strong>de</strong>r</strong> zu verö<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Varize<br />
in weiteren Sitzungen mehrere Injektionen (2-3 Injektionen mit maximal 2<br />
ml/ Injektion)<br />
Retikuläre, kleine und Besenreiservarizen:<br />
- Nur am horizontal o<strong><strong>de</strong>r</strong> 30-40° über horizontal gelagerten Bein injizieren<br />
- Generell i.v.! Luftfrei!<br />
- Niemals i.a.!!!! (Schwere Nekrosen sind möglich!)<br />
- Nach Behandlung: Kompressionsverband und min<strong>de</strong>stens 30 min laufen<br />
Hämorrhoi<strong>de</strong>n:<br />
- Je nach Größe <strong>de</strong>s Knotens: 0,5-1,5ml einer 3-4%igen Lösung streng<br />
submukös<br />
- 1. Sitzung: Nur Gesamtdosis: maximal 2ml einer 3-4%igen Lösung<br />
- Bei guter Verträglichkeit in weiteren Sitzungen mehrere Injektionen<br />
- Maximal-Dosis: 3ml einer 3%igen Lösung o<strong><strong>de</strong>r</strong> 2,5ml einer 4%igen Lösung<br />
Allgemein gültige Vorsichtsmaßnahmen bei Verödungen:<br />
In seltenen Fällen ist mit Schock o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kollaps zu rechnen; entsprechen<strong>de</strong><br />
Vorkehrungen sind zu treffen; enthält Ethanol! (5 Vol.-%). Nie i.a. injizieren!<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Maximaldosis pro Tag:<br />
2 mg Polidocanol/kg KG u. Tag für Varizen und Hämorrhoi<strong>de</strong>n<br />
4 mg Polidocanol/kg KG u. Tag für Ösophagusvarizen<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- Polyethylenglycolmonodo<strong>de</strong>cylether<br />
- Polymerisationsprodukt aus Do<strong>de</strong>cylalkohol und Ethylenoxid<br />
(unterschiedlicher Polymerisationsgrad)<br />
- Salbenartige, weiße, fette Substanz<br />
Polidocanol 97<br />
Topische Applikation:<br />
Plasmaproteinbindung 64%<br />
Terminale HWZ (parenterale Gabe): 4 h,<br />
Hepatische Metabolisierung<br />
Elimination über Galle (nach 72 h: 36%) und Niere (nach 72 h: 61%)<br />
Auch nach wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holter Gabe keine Kumulation in einzelnen<br />
Organsystemen<br />
Pharmakodynamik<br />
Antipruriginosum<br />
- Herabsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Membranpermeabilität für Kationen (bes. NatriumIonen,<br />
höhere Dosis auch KaliumIonen)<br />
- Konzentrationsabhängige Min<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erregbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Nervenfasern;<br />
<strong>de</strong>nn für die Erregungsleitung ist zur Ausbildung <strong>de</strong>s Aktionspotentials ein<br />
plötzlicher Anstieg <strong><strong>de</strong>r</strong> Na-Permabilität nötig<br />
- Hemmung (Aufhebung) <strong>de</strong>s Leitungsvermögens sensibler (sensorischer,<br />
motorischer und autonomer) Nervenfasern<br />
Nebeneffekt:<br />
- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erregungsleitung am Herzen<br />
Folgen:<br />
- Reduziertes Empfin<strong>de</strong>n für Schmerz und Juckreiz<br />
- Bei höherer Dosis auch für Kälte-, Wärme-, Berührungs- und<br />
Druckempfin<strong>de</strong>n<br />
Sklerosierung<br />
- Protein<strong>de</strong>naturierung durch Polidocanol Endothelschädigung<br />
- Gleichzeitig: Zunächst Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> direkten Thrombenbildung,<br />
dann langsames Wachstum eines Thrombus (über 7 d)<br />
- durch gleichzeitige Kompression Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rekanalisation<br />
- Umbau <strong>de</strong>s Thrombus zum narbenförmigen Venenstrang<br />
- Irreversible Abdichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vene<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
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98 Polidocanol<br />
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Keine Hinweise auf mutagenes, kanzerogenes o<strong><strong>de</strong>r</strong> teratogenes Potential<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Antipruriginöse Wirkung:<br />
- Histamin-Quad<strong>de</strong>ltest => antipruriginöse Wirkung (Puschmann, 1992)<br />
- Allerdings Test mit Harnstoff-Polidocanol-Gemisch fragliche Wirkung<br />
rein durch Polidocanol!<br />
In klinischen Prüfungen nicht sehr überzeugend (Gloor, 2000)<br />
Sklerosierung:<br />
- Sehr gute, häufig praktizierte klinische Wirkung!<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
Salben, Cremes, Suppositorien:<br />
Gelegentlich Rötung, Juckreiz und Brennen am Applikationsort<br />
Selten Allergie, Kontaktekzem<br />
Injektionslösung:<br />
Bei Varzien:<br />
Hyperpigmentierung<br />
Periphlebitis und Nekrosen, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bei paravasaler Injektion<br />
Manchmal psychogen bedingte Reaktionen wie Kollaps, Atembeschwer<strong>de</strong>n,<br />
Druckgefühl, lokale Sensibilitätsstörungen.<br />
In Einzelfällen vorübergehend Schwin<strong>de</strong>lgefühl, Übelkeit, Sehstörungen u.<br />
metallischer Geschmack<br />
Selten allergische Hautreaktionen, äußerst selten allergischer Schock o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
asthmaähnliche Reaktionen<br />
Bei Hämorrhoi<strong>de</strong>n:<br />
Bei und nach Injektion vorübergehen<strong>de</strong> Schmerzen<br />
Bei Männern im Bereich <strong>de</strong>s 11 Uhr Knotens Prostataschmerzen<br />
Geringfügige Nachblutungen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Injektionsstelle<br />
Ganz selten sind vorübergehen<strong>de</strong> Erektionsstörungen<br />
Sehr selten anaphylaktischer Schock - Herzleistung kann kurzfristig<br />
verringert wer<strong>de</strong>n.<br />
In Einzelfällen vorübergehend Kollaps, Schwin<strong>de</strong>lgefühl,<br />
Atembeschwer<strong>de</strong>n, Druckgefühl in <strong><strong>de</strong>r</strong> Brust, Übelkeit, Sehstörungen,<br />
lokale Sensibilitätsstörungen und metallischer Geschmack<br />
Wegen Ateminsuffizienz ggf. kurzfristige Intubation und künstliche<br />
Beatmung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Wechselwirkungen<br />
- Bei gleichzeitiger Gabe von Anaesthetika besteht die Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wirkungsverstärkung auf das Herz (antiarrhythmischer Effekt)<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
Polidocanol 99<br />
Sklerosierungstherapie:<br />
- ggf. Kombination mit Kontrastmittel unter Bildwandler-Kontrolle (zur<br />
Überprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> intravasalen Injektion)<br />
Pruritusbehandlung:<br />
Zink<br />
Harnstoff<br />
Lokalanästhetika<br />
Antibiotika, Antiseptika<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
Schwangerschaft:<br />
- Strenge Indikationsstellung im 1. Trimenon und nach <strong><strong>de</strong>r</strong> 36.<br />
Schwangerschaftswoche<br />
Stillzeit:<br />
- Sollte eine Sklerosierungsbehandlung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stillzeit erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich sein, sollte<br />
das Stillen für 2-3 Tage unterbrochen wer<strong>de</strong>n.<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
- Keine Einschränkung<br />
Literatur<br />
- Fachinfo Aethoxysklerol<br />
- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />
Verlag Berlin, 2000<br />
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100 Povidonjod<br />
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Povidonjod<br />
Zugelassene Indikationen<br />
Lösung:<br />
- Hygienische u. chirurgische Hän<strong>de</strong><strong>de</strong>sinfektion<br />
1malige Anwendung:<br />
- Desinfektion <strong><strong>de</strong>r</strong> intakten äußeren Haut o<strong><strong>de</strong>r</strong> Antiseptik <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut<br />
wie z. B. vor Operationen, Biopsien, Injektionen, Punktionen,<br />
Blutentnahmen u. Blasenkatheterisierungen<br />
Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte, zeitlich begrenzte Anwendung:<br />
- Wun<strong>de</strong>n<br />
- Verbrennungen<br />
- Infizierte und superinfizierte Dermatosen (Pyo<strong><strong>de</strong>r</strong>mien, Dermatomykosen,<br />
z.B. Tinea corporis, kutane Candidose)<br />
Salbe, Wundgel, sterile Wundauflage, Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>spray:<br />
- Zur wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holten, zeitlich begrenzten Behandlung und Desinfektion<br />
geschädigter Haut, z. B.<br />
Dekubitus<br />
Ulcus cruris<br />
Oberflächliche Wun<strong>de</strong>n<br />
Verbrennungen, Verbrühungen<br />
Infizierte und superinfizierte Dermatosen (Pyo<strong><strong>de</strong>r</strong>mien, Dermatomykosen,<br />
z.B. Tinea corporis, kutane Candidose)<br />
Vaginalzäpfchen:<br />
- Spezifische und unspezifische Infektionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schei<strong>de</strong>, z.B. durch<br />
Trichomonas vaginalis und Candida albicans<br />
Kontraindikationen<br />
Jodüberempfindlichkeit<br />
Schilddrüsenüberfunktion<br />
<strong>Dermatitis</strong> herpetiformis Duhring<br />
Vor o<strong><strong>de</strong>r</strong> nach einer Radioiodanwendung (bis zur dauerhaften Ausheilung)<br />
Anwendungsbeschränkung:<br />
Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bei großflächiger Anwendung (>10% KOF) o<strong><strong>de</strong>r</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holter<br />
Anwendung (>14d) auf geschädigter Haut und Schleimhaut:<br />
Bei Neugeborenen (insbes. Frühgeborenen) und Säuglingen bis zum Alter<br />
von 6 Monaten<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Povidonjod 101<br />
Bei Schilddrüsenerkrankungen – insbes. funktionelle Autonomien (latente<br />
Hyperthyreosen) – und ältere Patienten mit Strumen<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
Allgemein gilt:<br />
- Braunfärbung = Zeichen für Wirksamkeit, d.h. Entfärbung = Erschöpfung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Wirksamkeit von Povidon-Jod<br />
Salbe:<br />
- 10% Povidon-Jod (entspricht ca. 1% verfügbares Jod bezogen auf die<br />
Salbenmenge)<br />
- Mehrmals tgl. auftragen<br />
Lösung:<br />
- (1%-) 7,5-10% Povidon-Jod<br />
- Unverdünnt auf die zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Stelle auftragen, trocknen lassen<br />
- Zur Desinfektion 2-3mal unverdünnt auftragen<br />
- Richtwerte für Verdünnungen (mit normalem Leitungswasser, stets frisch<br />
herstellen):<br />
Antiseptische Spülungen (Wundbehandlung): 1:2 bis 1:20<br />
Antiseptische Waschungen: 1:2 bis 1:25<br />
Antiseptische Teilbä<strong><strong>de</strong>r</strong>: ca. 1:25, Vollbä<strong><strong>de</strong>r</strong>: 1:100<br />
Salbengaze sterile Wundauflage:<br />
- 10% Povidon-Jod (entspricht ca. 1% verfügbares Jod bezogen auf die<br />
Salbenmenge)<br />
- 1 o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrere Gazestücke<br />
- Bei Bedarf mehrmals tgl.<br />
- Auf die zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Hautfläche auflegen<br />
Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>spray:<br />
- Ein bis mehrmals tgl.<br />
- Gleichmäßig auf die erkrankte Stelle aus 20 cm Entfernung aufsprühen<br />
Behandlungsdauer:<br />
- 1-2 Wochen, 6 Wochen sollten nicht überschritten wer<strong>de</strong>n.<br />
Vaginalzäpfchen:<br />
- 1 Supp. enth.: Povidon-Iod 200 mg<br />
- 1mal tgl.<br />
- Ein Vaginalzäpfchen<br />
- Vor <strong>de</strong>m Schlafengehen<br />
- Tief in die Schei<strong>de</strong> einführen<br />
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102 Povidonjod<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Bei Candida-albicans-Infektion:<br />
- Ggf. 2mal tgl.<br />
Behandlungsdauer:<br />
- 5-10 Tage<br />
Behandlung nicht vor Eintritt <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Regelblutung (Menarche)!<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- Poly(1- vinyl- 2- pyrrolidon)- Jod- Komplex<br />
- Synonyme: Povidon-Jod, PVP-Jod, PVJ<br />
Resorptionsverzögerer:<br />
Poly(1-vinyl-2-pyrrolidinon) Jod-Depot, aus <strong>de</strong>m eine langsame<br />
Freisetzung erfolgt (Gleichgewichtsreaktion)<br />
Mittleres Molekulargewicht 44.000<br />
- PVP-Jod-Trockensubstanz enthält ca. 10% (9-12%) verfügbares Jod und bis<br />
maximal 6,6% antimikrobiell unwirksames Jodid<br />
PVP-Jod-Komplex ist:<br />
Wirksam bei pH 2-7<br />
Löslich in Wasser<br />
Praktisch unlöslich in Ether, Ethanol, Aceton<br />
Hygroskopisch<br />
Topische Applikation:<br />
Jod<br />
Möglichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Jod-Resorption ist abhängig von: Art, Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Anwendung, applizierter Menge<br />
Anwendung auf intakter Haut nur sehr geringe Mengen resorbiert<br />
Ausge<strong>de</strong>hnte Wund- und Verbrennungsflächen, längerfristige Anwendung<br />
Erhöhung <strong>de</strong>s Jod Spiegels (im Allgemeinen passager)<br />
Bei gesun<strong><strong>de</strong>r</strong> Schilddrüse keine klinisch relevanten Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen im<br />
Schilddrüsen-Hormonstatus<br />
HWZ: ca. 48 h nach vaginaler Appl.<br />
Elimination fast ausschließlich renal, bei eingeschränkter Nierenfunktion =><br />
verzögert<br />
Povidon<br />
Resorption ist abhängig vom mittleren Molekulargewicht <strong>de</strong>s Gemisches:<br />
> 35 000 - 50 000 Retention im RHS (Retikulohistiozytäres System)<br />
möglich<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Povidonjod 103<br />
Thesaurismosen nur nach intravenöser und subkutaner Applikation, nicht<br />
bei lokaler Anwendung<br />
Pharmakodynamik<br />
- Antiseptikum, Iodophor<br />
- Mikrobizi<strong>de</strong> Wirkung beruht auf <strong>de</strong>m Anteil an freiem Jod<br />
- Jod = starkes Oxidationsmittel Reaktion mit ungesättigten Fettsäuren,<br />
SH- und OH-Gruppen von Aminosäuren in Enzymen und<br />
Strukturbausteinen von Mikroorganismen<br />
- schnelle Aufteilung <strong>de</strong>s Zytoplasmas<br />
- Koagulation <strong>de</strong>s Zellkernmaterials<br />
- Zellwandschä<strong>de</strong>n durch Poren o<strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung (fest-flüssig in<br />
Zellmembranen)<br />
- Keine mutagene Wirkung<br />
- Keine kanzerogene Wirkung bekannt, Langzeitstudien stehen aus (Fachinfo<br />
Traumasept)<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Erregerspektrum:<br />
Grampostitive und gramnegative Bakterien, auch MRSA, multiresistente<br />
Enterokokken, Pseudomonas spp., Mykobakterien<br />
Pilze, z.B. Candida spp.<br />
Einige Protozoen z.B. Chlamydien<br />
Zahlreiche Viren: Herpes simplex-, A<strong>de</strong>no-, Enteroviren, HIV, Rotaviren<br />
Achtung!<br />
- Einige Viren und Bakteriensporen wer<strong>de</strong>n erst nach längerer<br />
Einwirkungszeit ausreichend inaktiviert.<br />
- Anwesenheit organischer Substanzen (Blut, Eiweiße, Eiter)<br />
- Jod-Wirkung wird verringert (<strong>de</strong>nn diese Eiweiße wer<strong>de</strong>n ebenfalls<br />
<strong>de</strong>naturiert, freies Jod verbraucht)<br />
- Spezifische primäre o<strong><strong>de</strong>r</strong> sekundäre Resistenzen: keine (Reimer, 2002)<br />
- Granulationshemmung fraglich (Gloor, 2000)<br />
- Desinfizieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Effekt von PVP-J entspricht <strong>de</strong>m von Chlorhexidin-<br />
Ethanol (Kasuda, 2002),<br />
- Vergleichbare Ergebnisse brachte auch eine Studie zur Effektivität von<br />
Mundspülungen<br />
- Einsatz von PVP-J-Lösungen / Mundspülungen bei nosokomialen Infekten<br />
sinnvoll.<br />
- Polyvidon-Jod hat ein sehr weites Wirkungsspektrum gegen Viren und ist<br />
damit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Antiseptika überlegen (Kawana, 1997)<br />
- Kombination Jod und Povidon dosierte, langsame Freisetzung <br />
Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> lokalen Reizung gegenüber ethanolischer Jod-Lösung<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
104 Povidonjod<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
Haut:<br />
- Passager: Schmerzen, Brennen, Wärmegefühl beim Auftragen auf<br />
Wundflächen<br />
- Langer Kontakt (mehrere Stun<strong>de</strong>n) mit 10% PVP-J-Lösung<br />
irritative Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis möglich (Iijima, 2002)<br />
- Kontaktallergische Reaktionen (Einzelfälle) vom Spättyp o<strong><strong>de</strong>r</strong> Soforttyp auf<br />
Jod o<strong><strong>de</strong>r</strong> Polyvinylpyrrilidon (Adachi, 2003)<br />
- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wundheilung (längere lokale Behandlung)<br />
Elektrolyte, Stoffwechsel:<br />
- Elektrolyt-, Serumosmolaritätsstörungen und metabolische Acidosen<br />
(Einzelfälle nach Resorption größerer Mengen z. B. bei<br />
Verbrennungsbehandlung)<br />
Urogenitaltrakt:<br />
- Niereninsuffizienz (Einzelfälle nach Resorption größerer Mengen z. B. bei<br />
Verbrennungsbehandlung)<br />
- Systemische Jod-Aufnahme bei langfristiger Anwendung auf ausge<strong>de</strong>hnten<br />
Haut-, Wund- od. Verbrennungsflächen möglich<br />
- In Einzelfällen Jod-induzierte Hyperthyreose bei prädisponierten Patienten.<br />
Intoxikation (bei Aufnahme von > 10g PVP-Jod)<br />
- Akute Jod-Intoxikation<br />
Symptome: u.a. Bauchschmerzen, Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe,<br />
Dehydratation, RR-Abfall mit Kollapsneigung, Glottisö<strong>de</strong>m,<br />
Blutungsneigung, Zynanose, Nierenschädigung bis Anurie<br />
- Lange, exzessive Zufuhr Hyperthyreose: mit Tachykardie, Unruhe,<br />
Tremor etc.<br />
Wechselwirkungen<br />
Quecksilberverbindungen <br />
Chemische Reaktion zu stark lokal-toxischem (ätzen<strong>de</strong>m) Quecksilberjodid<br />
Enzymatische Wundbehandlungsmittel <br />
Enzymkomponente wird unwirksam<br />
Wirkungsmin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Polyvidon-Jod möglich durch:<br />
• Reaktion mit Eiweiß u.a. organischen Substanzen, z. B. Blut- und<br />
Eiterbestandteilen<br />
• Silberhaltige Desinfektionsmittel (durch Ausfällung von Silberjodid)<br />
• Taurolidin (Antibiotikum) durch Jod Umwandlung zu Ameisensäure<br />
Brennen!<br />
• Wasserstoffperoxid<br />
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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
• Salicylsäure<br />
• Gerbsäure<br />
Lithium-<strong>Therapie</strong><br />
Povidonjod 105<br />
- Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Jodresorption und passagere Hypothyreose möglich<br />
- Falsch-positive Ergebnisse verschie<strong>de</strong>ner Diagnostika (Toluidin u.<br />
Guajakharz)<br />
- Störungen bei Schilddrüsenszintigraphie ( Karenzzeit von min. 1-2<br />
Wochen vor erneuter Szintigraphie), PBI-Bestimmung, Radio-Iod-<br />
Diagnostik<br />
Vaginalovula:<br />
- Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Reißfestigkeit und damit Beeinträchtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sicherheit<br />
von Latex-Kondomen möglich. Während <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung keine<br />
Schei<strong>de</strong>ndiaphragmen anwen<strong>de</strong>n (Sicherheit u. Reißfestigkeit kann<br />
beeinträchtigt wer<strong>de</strong>n)<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Dermatologische Lokal- und Systemtherapie unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Beachtung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Wechselwirkungen s.o.<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />
Schwangerschaft:<br />
- Strenge Indikationsstellung (insbes. für wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte und großflächige<br />
Anwendung) ab 3. Schwangerschaftsmonat.<br />
- Bei umfangreicher Anwendung am Menschen hat sich kein Verdacht auf<br />
eine embryotoxische/teratogene Wirkung ergeben.<br />
- Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Tierversuch erbrachte keine Hinweise auf<br />
embryotoxische/teratogene Wirkungen.<br />
- Risiko einer Hyperthyreose <strong>de</strong>s Feten durch resorbiertes Jod.<br />
Stillzeit:<br />
- Strenge Indikationsstellung (insbes. für wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte und großflächige<br />
Anwendung). Über die Muttermilch kann <strong>de</strong>m Säugling zuviel Jod<br />
zugeführt wer<strong>de</strong>n (Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Hypothyreose). Akze<strong>de</strong>ntielle orale<br />
Aufnahmen durch <strong>de</strong>n Säugling sollten vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />
Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />
- Anwendungsbeschränkung bei Neugeborenen (insbes. Frühgeborenen) und<br />
Säuglingen bis zum Alter von 6 Monaten) wegen Risiko einer<br />
Hypothyreose (durch zuviel externe Jodzufuhr)<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
106 Povidonjod<br />
_____________________________________________________________________________________<br />
Kontrollen unter <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Therapie</strong><br />
- Schilddrüsenfunktion unter <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Therapie</strong> und ggf. bis 3 Monate danach<br />
kontrollieren bei:<br />
Schilddrüsenerkrankungen – insbes. funktionelle Autonomien (latente<br />
Hyperthyreosen) – und ältere Patienten mit Strumen<br />
Bei Neugeborenen und Säuglingen<br />
Bei Anwendung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwangerschaft => Kontrolle beim Kind<br />
Bei langfristiger Anwendung (6-12 Wochen)<br />
Literatur<br />
- Adachi A, Fukunaga A, Hayashi K, Kunisada M, Horikawa T: Anaphylaxis<br />
to polyvinylpyrrolidone after vaginal application of povidone-iodine.<br />
Contact <strong>Dermatitis</strong>. 2003 Mar; 48(3): 133-6<br />
- Fachinformation Betaisodona Salbe, Stand 1/2002, Traumasept-Lösung<br />
Stand 4/2003<br />
- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />
Verlag Berlin, 2000<br />
- Iijima S, Kuramochi M: Investigation of irritant skin reaction by 10%<br />
povidone-iodine solution after surgery. Dermatology. 2002; 204 Suppl 1:<br />
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- Kasuda H, Fukuda H, Togashi H, Hotta K, Hirai Y, Hayashi M: Skin<br />
disinfection before epidural catheterization: comparative study of povidoneiodine<br />
versus chlorhexidine ethanol. Dermatology. 2002; 204 Suppl 1: 42-6<br />
- Kawana R, Kitamura T, Nakagomi O, Matsumoto I, Arita M, Yoshihara N,<br />
Yanagi K, Yamada A, Morita O, Yoshida Y, Furuya Y, Chiba S:<br />
Inactivation of human viruses by povidone-iodine in comparison with other<br />
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- Niedner R: Cytotoxicity and sensitization of povidone-iodine and other<br />
frequently used anti-infective agents. Dermatology. 1997; 195 Suppl 2: 89-<br />
92<br />
- Pohl-Markl H, Neumann R: Polyvinylpyrrolidonejod-seine Be<strong>de</strong>utung in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Dermatologie. Z Hautkr. 1988 Dec 15; 63(12): 1009-15<br />
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Lanzendorfer A, Gumbel H, Hoekstra H, Behrens-Baumann W: Povidoneiodine<br />
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- Reimer K, Wichelhaus TA, Schafer V, Rudolph P, Kramer A, Wutzler P,<br />
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consequences for new application areas. Dermatology. 2002; 204 Suppl 1:<br />
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- Schreier H, Erdos G, Reimer K, Konig B, Konig W, Fleischer W: Molecular<br />
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and biochemical study. Dermatology. 1997; 195 Suppl 2: 111-6<br />
____________________________________________________________________________<br />
<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />
In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
Triclosan<br />
Zugelassene Indikationen<br />
- Antiseptikum<br />
Kontraindikationen<br />
Triclosan 107<br />
- Bei Nachweis von Pseudomonas spp. keine Anwendung von Triclosan,<br />
<strong>de</strong>nn möglicherweise Induktion einer Multiresistenz gegen eine Vielzahl<br />
von Antibiotika und Antiseptika! (siehe unter Pharmakodynamik)<br />
Dosierung und Applikationshinweise<br />
- Creme 2-3% Triclosan: 1mal - mehrmals tgl. auf die betroffenen Hautstellen<br />
auftragen.<br />
- Antiseptikum zur Haut<strong>de</strong>sinfektion: unverdünnte Anwendung<br />
Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />
- 2,4,4`-trichloro-2`-hydroxydiphenylether 5-Chlor-2-(2,4dichlorphenoxy)phenol<br />
- Lipophil<br />
Als Phenol bei Einarbeitung:<br />
- in Gele von Methyl-, Hydroxyethyl- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Hydroxypropylcellulose<br />
- Bindung an Ethersauerstoff <strong><strong>de</strong>r</strong> Celluloseether<br />
- Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirksamkeit<br />
- in Stärke, Dextran, Polyethylenglykole, Emulgatoren mit<br />
Propylenglykolgruppen<br />
- Nebenvalenzreaktionen<br />
- Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirksamkeit<br />
- Neue Antibiotika wie z.B. NB 2001 und NB 2030 sind Komplexe von<br />
beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Cephalosporinen (ß-Laktam-Antibiotika) und Triclosan. Via<br />
Beta-Laktamase wird Triclosan von <strong>de</strong>n Cephalosporinen abgespalten und<br />
wirkt in <strong>de</strong>m Bakterium - Prodrug für Triclosan!<br />
Topische Applikation:<br />
- Metabolisierung vor allem zu Triclosan-Glucuronid<br />
- vorwiegend renale Elimination<br />
- Versuch: 2g Sicorten Plus Creme okklusiv auf 400cm² Rückenhaut;<br />
Resorption von 20% Triclosan (bestimmt über die renale Elimination von<br />
unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>tem Triclosan und Triclosan-Glucuronid) (Fachinfo Sicorten<br />
Plus Creme)<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
108 Triclosan<br />
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Pharmakodynamik<br />
- Antiseptikum / Antibiotikum<br />
- Blocka<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> fabI-kodierten Enoyl(Acyl-Transport-Protein)-Reduktase<br />
(EACPR, EC 1.3.1.9)<br />
- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> bakteriellen Fettsäuresynthese<br />
- Einbau in Phospholipidmembranen<br />
- Störung von <strong><strong>de</strong>r</strong>en Integrität (Guillen, 2004)<br />
Niedrige Konzentration<br />
- bakteriostatische Wirkung<br />
Höhere Konzentration<br />
- bakterizi<strong>de</strong> Wirkung<br />
Resistenzentwicklung möglich durch:<br />
- Überexpression <strong>de</strong>s fabI-Gens (z.B. induzierte Resistenz mancher E.coli-<br />
Stämme)<br />
- Mutationen (Austausch einzelner Aminosäuren im Enzym reicht, damit<br />
einzelne Bakterien die 100fache Konzentration von Triclosan überleben)<br />
- zusätzliche Enoyl-Reduktasen in Bakterien ohne Angriffspunkt für<br />
Triclosan (z.B. fabK bei Streptococcus pneumoniae, Enterococcus faecalis,<br />
Pseudomonas aeruginosa)<br />
- aktiver Efflux von Triclosan durch Induktion einer "multidrug"-<br />
Effluxpumpe (z.B. bei Pseudomonas aeruginosa, wodurch auch Resistenzen<br />
gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Antibiotika wie Fluoroquinolonen erklärt wer<strong>de</strong>n)<br />
- Keine irritative, fotoallergene, fototoxische, mutagene, teratogene o<strong><strong>de</strong>r</strong> -<br />
kanzerogene Wirkung<br />
Therapeutische Wirkungen<br />
Erregerspektrum:<br />
- Staph. aureus<br />
- Klebsiella spp.<br />
- Proteus spp. (außer P. rettgeri und M. morganii)<br />
- Aci<strong>net</strong>obacter spp.<br />
Erregerlücken:<br />
- ß-hämolysieren<strong>de</strong> Streptokokken<br />
- Enterokokken<br />
- Pseudomonas spp.<br />
- Serratia, Stenotrophomonas maltophilia<br />
- Candida spp.<br />
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Triclosan 109<br />
Achtung!!!<br />
- Bei Nachweis von Pseudomonas spp. keine Anwendung von Triclosan,<br />
<strong>de</strong>nn möglicherweise Induktion einer Multiresistenz gegen eine Vielzahl<br />
von Antibiotika und Antiseptika! (siehe unter Pharmakodynamik)<br />
- Anwendung aus galenischen Grün<strong>de</strong>n nur in lipophilen Grundlagen,<br />
Indikationsbreite <strong>de</strong>utlich eingeschränkt.<br />
Atopische <strong>Dermatitis</strong><br />
Staph. aureus spielt pathoge<strong>net</strong>isch be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle<br />
- Anwendung von 2% TC in han<strong>de</strong>lsüblicher Cremegrundlage<br />
- vollständige Beseitigung von Staph. aureus<br />
- <strong>de</strong>utliche Reduktion <strong>de</strong>s klinischen Scores<br />
Prophylaxe <strong><strong>de</strong>r</strong> AD:<br />
- 3% Triclosan Creme; Staph. aureus - Besiedlung beseitigt; klinische<br />
Besserung auch ohne Zusatz von Kortikosteroi<strong>de</strong>n (Gehring, 1996)<br />
- 1% Chlorhexidingluconat-Lösung ist signifikant effektiver als 2%Triclosan-<br />
Creme,<br />
- 5% Fuchsin-Lösung NRF ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> Effektivität mit 2% Triclosan-Creme<br />
vergleichbar.<br />
Experimentell:<br />
- Malaria-<strong>Therapie</strong> (systemischer Einsatz zur Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von<br />
Resistenzen?! Rao, 2003)<br />
- Acne-<strong>Therapie</strong> (lokal in Hydrogelen, Lee, 2003)<br />
Unerwünschte Wirkungen<br />
- Selten<br />
- Hautreizungen (leichtes Brennen, Juckreiz, Rötung)<br />
- Kontaktallergien auf Triclosan<br />
Wechselwirkungen<br />
- Nicht bekannt<br />
Kombinationsmöglichkeiten<br />
- Harnstoff, topische Kortikosteroi<strong>de</strong><br />
Literatur<br />
- Gloor M, Becker A, Wasik B, Kniehl E: Triclosan, ein <strong><strong>de</strong>r</strong>matologisches<br />
Lokaltherapeutikum. Hautarzt 2002; 53: 724-729<br />
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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4
110 Triclosan<br />
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- Stone GW, Zhang Q, Castillo R, Doppalapudi VR, Bueno AR, Lee JY, Li<br />
Q, Sergeeva M, Khambatta G, Georgopapadakou NH: Mechanism of<br />
Action of NB2001 and NB2030, Novel Antibacterial Agents Activated by<br />
beta-Lactamases. Antimicrob Agents Chemother. 2004 Feb;48(2):477-83<br />
- Sivaraman S, Sullivan TJ, Johnson F, Novichenok P, Cui G, Simmerling C,<br />
Tonge PJ: Inhibition of the Bacterial Enoyl Reductase FabI by Triclosan: A<br />
Structure-Reactivity Analysis of FabI Inhibition by Triclosan Analogues. J<br />
Med Chem. 2004 Jan 29;47(3):509-18<br />
- Guillen J, Bernabeu A, Shapiro S, Villalain J: Location and orientation of<br />
Triclosan in phospholipid mo<strong>de</strong>l membranes. Eur Biophys J. 2004 Jan 9<br />
- Rao SP, Surolia A, Surolia N.: Triclosan: a shot in the arm for antimalarial<br />
chemotherapy. Mol Cell Biochem. 2003 Nov;253(1-2):55-63<br />
- Lee TW, Kim JC, Hwang SJ: Hydrogel patches containing Triclosan for<br />
acne treatment. Eur J Pharm Biopharm. 2003 Nov;56(3):407-12<br />
- Regos J, Zak O, Solf R, Vischer WA, Weirich EG: Antimicrobial spectrum<br />
of triclosan, a broad-spectrum antimicrobial agent for topical application. II.<br />
Comparison with some other antimicrobial agents. Dermatologica.<br />
1979;158(1):72-9<br />
- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />
Verlag Berlin, 2000<br />
- Fachinfo Sicorten Plus Creme, Stand 10/2000<br />
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Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA<br />
Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA 111<br />
Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA, die bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Inhalte <strong>de</strong>s<br />
Konsenspapiers beteiligt waren:<br />
Herr Dr. Bezold, Guntram, Neu-Ulm; Herr Dr. Brilon, Clemens,<br />
Jülich; Frau Dr. Ehrich, Kathrin, Hannover; Herr Eichler, Guido,<br />
Solingen; Herr Eisfel<strong><strong>de</strong>r</strong>, Michael, Rottweil; Frau Dr. Frank,<br />
Undine, Jena; Herr Dr. Garbe, Florian, Berlin; Frau Dr. Gauger,<br />
Anke, München; Frau Dr. Gruner, Monika, Dres<strong>de</strong>n; Herr Dr.<br />
Gudat, Werner, Bo<strong>de</strong>nmais; Herr Dr. Hagemann, Tobias, Bonn;<br />
Frau Dr. Heger-Holz, Judith, Saarbrücken; Frau Dr. Heinze-<br />
Werlitz, Claudia, Münster; Frau Dr. Hetschko, I., Halle; Herr Dr.<br />
Hoffmann, Mattias, Witten; Herr Dr. Itschert, Götz, Pinneberg;<br />
Frau Dr. Jäger, Martina, Berlin; Frau Dr. Krähn-Senftleben,<br />
Ehingen; Frau Dr. Kubo, Elke, Berlin; Frau Dr. Kunz, Barbara,<br />
Hamburg; Frau Langhans, B., Halle; Herr Dr. Lucka, Dieter,<br />
Bremen; Frau Dr. Maerker, Hamburg; Frau Dr. Ogilvie,<br />
Alexandra, Erlangen; Frau Dr. Özen, Yasemin, Nürnberg; Herr Dr.<br />
Philipp, Armin, Stuttgart; Frau Dr. Piche, Eva, Tübingen; Frau Dr.<br />
Schnopp, Christina, München; Frau Dr. Schulz, Martina,<br />
Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>itzsch; Frau Dr. Simon, Margit, Berlin; Herr Steierhoffer,<br />
Ferdinand, Halle; Frau Dr. Tenorio, Susanne, Berlin; Herr PD Dr.<br />
<strong>Wohlrab</strong>, Johannes, Halle; Herr PD Dr. Wollenberg, Andreas,<br />
München; Herr Dr. Zimmermann, Gerhard, Mainz<br />
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