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Adjuvante Therapie der Atopischen Dermatitis - Wohlrab-net.de

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Trends in Clinical and Experimental Dermatology<br />

Editor: J. <strong>Wohlrab</strong><br />

VOLUME 4<br />

<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

- Konsenspapier <strong>de</strong>s Arbeitskreises LATOPIA -<br />

Volume Editors<br />

J. <strong>Wohlrab</strong><br />

Shaker Verlag<br />

Aachen


Mit freundlicher Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> Firma:<br />

Cosmétique Active Deutschland GmbH<br />

Geschäftsbereich LA ROCHE-POSAY


Trends in Clinical and Experimental Dermatology<br />

Editor: J. <strong>Wohlrab</strong><br />

Vol. 1 Trends in Dermatopharmacy – Update 2002 -<br />

Editors: J. <strong>Wohlrab</strong>, R.R.H. Neubert, W.Ch. Marsch<br />

246p, 2003. ISBN 3-8322-1100-4.<br />

Vol. 2 Advances in Experimental Dermatology<br />

Editors: J. <strong>Wohlrab</strong>, R.R.H. Neubert, W.A. <strong>Wohlrab</strong><br />

114p, 2003. ISBN 3-8322-2230-8.<br />

Vol. 3 Hyaluronsäure und Haut<br />

Editors: W.A. <strong>Wohlrab</strong>, R.R.H. Neubert, J. <strong>Wohlrab</strong><br />

368p, 2004. ISBN 3-8322-2890-X.


<strong>Wohlrab</strong> (ed.) für LATOPIA<br />

<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

- Konsenspapier-


Trends in Clinical and Experimental Dermatology<br />

Editor: J. <strong>Wohlrab</strong><br />

Volume 4<br />

_______________________________________________________<br />

ADJUVANTE THERAPIE<br />

DER<br />

ATOPISCHEN DERMATITIS<br />

- Konsenspapier <strong>de</strong>s Arbeitskreises LATOPIA -<br />

Volume Editor:<br />

Johannes <strong>Wohlrab</strong><br />

Shaker Verlag<br />

Aachen 2005


Vorwort <strong>de</strong>s Herausgebers<br />

Die angemessene und fundierte medizinische Betreuung von atopischen<br />

Patienten bedarf einer großen klinischen Erfahrung und in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Weise ärztliches Engagement. Die Aufklärung, Beratung und Führung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Betroffenen sollte durch einen hohen Grad an Individualität und<br />

Anpassung geprägt sein. Ziel ist die patientenseitige Kompetenzbildung<br />

zur Krankheitsphasen-adaptierten <strong>Therapie</strong>.<br />

Neben antientzündlichen <strong>Therapie</strong>phasen mit Glukokortikoi<strong>de</strong>n bzw.<br />

Calzineurininhibitoren sollte eine barriereprotektive Basistherapie ggf.<br />

mit hygroskopischen, <strong>de</strong>sinfizieren<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> antipruriginösen Additiva<br />

mittel- und langfristig Anwendung fin<strong>de</strong>n. Als obligater Teil eines<br />

fundierten <strong>Therapie</strong>konzepts müssen aus heutiger Sicht Aspekte <strong>de</strong>s<br />

Patienten- sowie Krankheitsmanagements berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Das vorliegen<strong>de</strong> Buch fasst <strong>de</strong>n Konsens einer interdisziplinären<br />

Arbeitsgruppe zusammen und bün<strong>de</strong>lt die Erfahrungen und Sichtweisen<br />

verschie<strong>de</strong>ner Ärzte und Apotheker. Ein Konsens umfasst immer auch<br />

Kompromisse. Die daraus erwachsen<strong>de</strong>n Unschärfen sollen <strong>de</strong>n Leser<br />

ermutigen, die dargestellten Inhalte kritisch zu reflektieren.<br />

Gleichwohl hoffen die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Arbeitskreises LATOPIA, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

dargestellte Konsens allen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Versorgung von Atopikern Beteiligten<br />

eine Anregung und Hilfe bietet.<br />

Den Lesern wünsche ich, dass die Begeisterung und das Anliegen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Autoren erkennbar wer<strong>de</strong>n und Ihr Interesse fin<strong>de</strong>n.<br />

Johannes <strong>Wohlrab</strong>, MD<br />

Herausgeber


Inhaltsverzeichnis<br />

Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker......................................<br />

B. Kunz<br />

Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems…… ……………………….........<br />

A. Wollenberg, S. Wetzel<br />

Triggerfaktoren und Prävention…………………………………..........<br />

A. Gauger<br />

<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> (Konsenspapier)...........<br />

J. <strong>Wohlrab</strong>, F. Steierhoffer<br />

Anhang mit Wirkstoffdossiers…………………………………............<br />

A. Herrmann, J. <strong>Wohlrab</strong><br />

Brillantgrün…………………………………........................................... 54<br />

Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate……………………………………………………… 57<br />

Chlorhexidin……………………………………………………………………….. 60<br />

Gentianaviolett…………………………………………………………………….. 67<br />

Gerbstoffe, synthetisch…………………………………………………………….. 70<br />

Glycerin……………………………………………………………………………. 79<br />

Harnstoff…………………………………………………………………………… 84<br />

Polidocanol………………………………………………………………………… 94<br />

Povidonjod…………………………………………………………………………. 100<br />

Triclosan…………………………………………………………………………… 107<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA…..…………………………………............ 111<br />

1<br />

6<br />

23<br />

39<br />

53


Adress of Volume Editor:<br />

Für <strong>de</strong>n Arbeitskreis LATOPIA<br />

PD Dr. Johannes <strong>Wohlrab</strong><br />

Universitätsklinik und Poliklinik für<br />

Dermatologie und Venerologie<br />

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />

Ernst-Grube-Str. 40<br />

D-06097 Halle (Saale)


Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker 1<br />

Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker<br />

B. Kunz<br />

Kopf- und Hautzentrum, Universitätskrankenhaus Eppendorf, Hamburg<br />

Einführung<br />

Einführung 1<br />

Die physiologische Barrierefunktion 1<br />

Barrierefunktion beim Atopiker 3<br />

Zusammenfassung 4<br />

Literatur 4<br />

Als Grenzfläche zu unserer Umwelt hat die Haut vielfältige<br />

Funktionen. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig sind die Schutzfunktionen, die von<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis wahrgenommen wer<strong>de</strong>n. Das intakte<br />

Stratum corneum schützt uns vor schädlicher Einwirkung von<br />

außen (UV-Strahlung, Mikroorganismen, Allergene, unspezifische<br />

Schadstoffe). Seine wichtigste Aufgabe ist jedoch, unseren Körper<br />

vor Austrocknung zu schützen [1]. Der Wassergehalt <strong>de</strong>s<br />

menschlichen Körpers beträgt zwischen ca. 75% bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n und<br />

50% im Alter. Über die Hornschicht wer<strong>de</strong>n täglich unmerklich nur<br />

etwa 0,5l Wasser an die Umgebung abgegeben (transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>maler<br />

Wasserverlust, TEWL). Diese Menge ist im Gegensatz zur<br />

temperaturabhängigen Transpiration relativ konstant.<br />

Die physiologische Barrierefunktion<br />

Struktur und Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Barriere sind eng<br />

miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> verknüpft. Das Stratum corneum besteht aus 12 – 16<br />

Lagen von Korneozyten, die untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> wie mit Druckknöpfen<br />

durch Adhäsionsproteine, die sog. Korneo<strong>de</strong>smosomen, verbun<strong>de</strong>n<br />

sind. Die Zellzwischenräume sind vollständig von speziellen<br />

Lipi<strong>de</strong>n ausgefüllt. Die Struktur erinnert somit an eine Ziegelmauer<br />

(„bricks and mortar“) [2]. Sehr wichtig für die Barrierefunktion ist<br />

die Verbindung zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Proteinhülle <strong><strong>de</strong>r</strong> Corneozyten<br />

(cornified envelope) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipidmatrix [3]. Sie wird durch <strong>de</strong>n<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


2 Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker<br />

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sogenannten „lipid envelope“ hergestellt, eine Lipidhülle aus sehr<br />

langkettigen Omegahydroxycerami<strong>de</strong>n, die kovalent an<br />

Strukturproteine <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten gebun<strong>de</strong>n sind [4]. Die<br />

Korneozyten machen etwa 80 Vol.% <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht aus. Sie<br />

haben die Fähigkeit zur Wasserbindung. Das Zellinnere enthält<br />

große Mengen Keratin sowie <strong>de</strong>n sog. „Natural Moisturizing<br />

Factor“ (NMF), ein Gemisch aus ebenfall stark hygroskopischen<br />

Aminosäuren (Urocainsäure, Milchsäure, Urea u.a.). Der NMF wird<br />

im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Differenzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten durch Hydrolyse aus<br />

Filaggrin gebil<strong>de</strong>t, welches in <strong>de</strong>n Keratohyalingranula enthalten<br />

ist. Das Signal für die Herstellung von NMF ist abhängig vom<br />

Wassergradienten im Stratum Corneum. [5].<br />

Ebenso wichtig für die Barrierefunktion wie die Korneozyten sind<br />

die interzellulären Lipi<strong>de</strong>, und zwar sowohl quantitativ als auch<br />

qualitativ. Die Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis synthetisiert täglich etwa 150 bis 200 mg<br />

Lipi<strong>de</strong> [5], die als Wasserbarriere wirken. Aus<br />

Extraktionsversuchen mit organischen Lösungsmitteln weiß man,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipi<strong>de</strong> zu einem drastischen Anstieg <strong>de</strong>s<br />

transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Wasserverlustes (TEWL) führt. Die aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

normalen Haut extrahierbaren Lipi<strong>de</strong> setzen sich aus 45-50%<br />

Cerami<strong>de</strong>n, 25% Cholesterin und 10-15% freien Fettsäuren<br />

zusammen. Von beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Be<strong>de</strong>utung sind die Cerami<strong>de</strong>, die sehr<br />

langkettige Fettsäuren enthalten und normalerweise mit Linolsäure<br />

verestert sind. Wird Linolsäure, wie z.B. bei Mangel an essentiellen<br />

Fettsäuren, durch Ölsäure ersetzt, ist eine Barrierefunktionsstörung<br />

die Folge [6]. Neben Menge und Zusammensetzung spielt die<br />

strukturelle Organisation <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipi<strong>de</strong> eine große Rolle für die<br />

Barriere. Die im Stratum granulosum synthetisierten Lipi<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n<br />

nach Ausschleusung in <strong>de</strong>n Interzellularraum mit Hilfe mehrerer<br />

Enzyme in hochgradig geord<strong>net</strong>e, parallel geschichtete Lipidlagen<br />

umstrukturiert, wobei hydrophile und hydrophobe Schichten<br />

alternieren. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ceramid 1 und 4 scheinen an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ausbildung dieser Bilayer entschei<strong>de</strong>nd beteiligt zu sein [7].<br />

Eine ausreichen<strong>de</strong> Hydratation <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht ist zur<br />

Aufrechterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Elastizität, Flexibilität und zur Erleichterung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> physiologischen Abschuppung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich. Trockene Haut<br />

neigt zu Rissen, sichtbarer (pathologischer) Schuppung und zu<br />

erhöhter Irritabilität.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Barrierefunktion beim Atopiker<br />

Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker 3<br />

Trockene Haut, auch in nicht-ekzematösen Arealen, ist ein<br />

konstantes klinisches Merkmal und ein wichtiges diagnostisches<br />

Kriterium <strong>de</strong>s atopischen Ekzems. Das Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauttrockenheit<br />

fluktuiert in Abhängigkeit von <strong><strong>de</strong>r</strong> Krankheitsaktivität. Seit langem<br />

sind ein erhöhter transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Wasserverlust (TEWL) [8] und<br />

ein erniedrigter Wassergehalt <strong>de</strong>s Stratum corneum [9] als<br />

Ausdruck einer Barrierefunktionsstörung bekannt. In neueren<br />

Untersuchungen konnten sowohl Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> interzellulären<br />

Lipidmatrix als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Corneozyten als mögliche Ursachen<br />

nachgewiesen wer<strong>de</strong>n.<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Interzellulären Lipi<strong>de</strong><br />

Bei Patienten mit atopischem Ekzem ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtlipidgehalt in<br />

befallener Haut um ca. 50% reduziert. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Cerami<strong>de</strong><br />

1, 3 und 4, Linolsäure und sehr langkettige Fettsäuren (VLCFA)<br />

sind vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t [10, 11, 12, 13]. Ursächlich könnte ein verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter<br />

Glucosylceramid- und Sphingomyelin-Metabolismus sein [7], da<br />

v.a. Glucosylcerami<strong>de</strong>, aber auch Sphingomyeline physiologische<br />

Präkursor-Substanzen von Cerami<strong>de</strong>n sind. In vitro-<br />

Untersuchungen an Keratinozyten von Patienten mit atopischem<br />

Ekzem ergaben eine erniedrigte Synthese von Cerami<strong>de</strong>n u.<br />

VLCFA [13]. Weiterhin fand sich eine signifikante Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> kovalent an die Korneozyten gebun<strong>de</strong>nen Omega-<br />

Hydroxycerami<strong>de</strong> (= proteingebun<strong>de</strong>ne Barrierelipi<strong>de</strong>), auch in<br />

nicht-läsionaler Haut, also eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s „lipid envelope“,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> die Korneozyten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipidschicht verankert. Der Autor stellt<br />

die Hypothese auf, dass Keratinozyten von Atopikern eine<br />

ungenügen<strong>de</strong> Syntheseleistung für sehr lange Acylketten (VLCFA,<br />

langkettige Acylcerami<strong>de</strong> und Cerami<strong>de</strong>) aufweisen. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Autoren führen <strong>de</strong>n vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Ceramidgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht<br />

auf einen vermehrten Abbau von Cerami<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Vorgängersubstanzen durch endogene bzw. bakterielle Enzyme<br />

(Ceramidase, Sphingomyelin Deacylase, Glucosylceramid-<br />

Deacylase) zurück [14, 15, 16, 17]. Welchen Stellenwert die<br />

einzelnen Abweichungen <strong>de</strong>s epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Lipidmetabolismus für<br />

<strong>de</strong>n erniedrigten Ceramidgehalt beim atopischen Ekzem haben,<br />

wird jedoch kontrovers diskutiert.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


4 Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ba rrierefunktion beim Atopiker<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten<br />

Ein weiterer Grund für <strong>de</strong>n bereits angesprochenen erniedrigten<br />

Wassergehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht beim <strong>Atopischen</strong> Ekzem ist eine<br />

reduzierte Wasserbindungsfähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten. Diese geht<br />

wahrscheinlich auf eine gestörte Filaggrin-Synthese zurück [9]. Im<br />

stratum granulosum von Patienten mit atopischem Ekzem fin<strong>de</strong>t<br />

sich eine vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te Anzahl von Keratohyalin-Granula. Diese<br />

enthalten das Profilaggrin, die Vorläufersubstanz <strong>de</strong>s Filaggrin. Da<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Aminosäureanteil <strong>de</strong>s „Natural Moisturizing Factor“ (NMF)<br />

durch Hydrolyse von Filaggrin entsteht, resultiert ein vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ter<br />

Gehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Korneozyten an diesen wichtigen wasserbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Substanzen [5].<br />

Zusammenfassung<br />

Trockene Haut ist ein klinischer Marker <strong>de</strong>s atopischen Ekzems.<br />

Den seit langem bekannten Barrierefunktionsstörungen liegen nach<br />

neueren Untersuchungen Störungen <strong>de</strong>s epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen<br />

Lipidstoffwechsels mit <strong>de</strong>utlich reduziertem Lipidgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />

einerseits sowie eine vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te Bildung endogener<br />

wasserbin<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Substanzen in <strong><strong>de</strong>r</strong> oberen Schichten <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis<br />

zugrun<strong>de</strong>. Ein wichtiges therapeutisches Ziel ist die<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> gestörten Barrierefunktion. Eine gezielte<br />

fetten<strong>de</strong> und rehydrieren<strong>de</strong> Lokaltherapie ist dabei von<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Be<strong>de</strong>utung.<br />

Literatur<br />

1. Madison KC (2003) Barrier function of the skin: „La raison d’etre“ of the<br />

epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis. J Invest Dermatol 121:231-241<br />

2. Elias PM (1983) Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal lipids, barrier function, and <strong>de</strong>squamation. J<br />

Invest Dermatol 80 (Suppl.):44s-49s<br />

3. Meguro S, Arai Y, Masukawa Y et al. (2000) Relationship between<br />

covalently bound cerami<strong>de</strong>s and transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal water loss (TEWL). Arch<br />

Dermatol Res 292:463-468<br />

4. Marekov LN, Steinert PM (1998) Cerami<strong>de</strong>s are bound to structural<br />

proteins of the human foreskin cornified cell envelope. J Biol Chem<br />

1273:17763-17770<br />

5. Harding CR (2004) The stratum corneum: structure and function in health<br />

and disease. Dermatol Ther 17:6-15<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion beim Atopiker 5<br />

6. Melton JL, Wertz PW, Schwartzendruber DC et al.( 1987) Effects of<br />

essential fatty acid <strong>de</strong>ficiency on O-acyl-sphingolipids and transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal<br />

water loss in young pigs. Biochim Biophys Acta 921:191-197<br />

7. Schmuth M, Mao-Qiang M, Weber F et al. (2000) Permeability barrier<br />

disor<strong><strong>de</strong>r</strong> in Niemann-Pick disease: sphingomyelin-cerami<strong>de</strong> processing<br />

required for normal barrier homeostasis. J Invest Dermatol 115:459-466<br />

8. Werner Y, Lindberg M (1985) Transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal water loss in dry and<br />

clinically normal skin in patients with atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis. Acta Derm<br />

Venereol 65:102-105<br />

9. Thune P (1989) Evaluation of the hydration and water binding capacity in<br />

atopic skin and so-called dry skin. Acta Derm Venereol 144 (Suppl.):133-<br />

135<br />

10. Melnik B, Hollmann J, Plewig G (1988) Decreased stratum corneum<br />

cerami<strong>de</strong>s in atopic individuals – a pathobiochemical factor in xerosis? Br<br />

J Dermatol 119:547-549<br />

11. Imokawa G, Abe A, Jin K, et al. (1991) Decreased level of cerami<strong>de</strong>s in<br />

stratum corneum of atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis: an etiologic factor in atopic dry<br />

skin? J Invest Dermatol 96:523-526<br />

12. Yamamoto A, Serizawa S, Ito M, Sato Y (1991) Stratum corneum lipid<br />

abnormalities in atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis. Arch Dermatol Res 283:219-223<br />

13. Macheleidt O, Kaiser HW, Sandhoff K (2002) Deficiency of epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal<br />

protein-bound omega-hydroxycerami<strong>de</strong>s in atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis. J Invest<br />

Dermatol 119:166-173<br />

14. Murata Y Ogata J, Higaki Y et al. (1996) Abnormal expression of<br />

sphingomyelin acylase in atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis: an etiologic factor for<br />

cerami<strong>de</strong> <strong>de</strong>ficiency? J Invest Dermatol 106:1242-1249<br />

15. Ohnishi Y, Okino N, Ito M et al. (1999) Ceramidase activity in bacterial<br />

skin flora as a possible cause of cerami<strong>de</strong> <strong>de</strong>ficiency in atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis.<br />

Clin Diagn Lab Immunol 6:101-104<br />

16. Hara J, Higushi K, Okamoto R et al. (2000) High expression of<br />

sphingomyelin <strong>de</strong>acylase is an important <strong>de</strong>terminant of cerami<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>ficiency leading to barrier disruption in atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis. J Invest<br />

Dermatol 115:406-413<br />

17. Ishibashi M, Arikawa J, Okamoto R et al. (2003) Abnormal expression of<br />

the novel epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal enzyme, glucosylcerami<strong>de</strong> <strong>de</strong>acylase, and the<br />

accumulation of its enzymatic reaction product, glucosylsphingosine, in<br />

the skin of patients with atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis. Lab Invest 83:397-408<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


6 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

A. Wollenberg, S. Wetzel<br />

Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Ludwig-<br />

Maximilians-Universität, München<br />

Einführung<br />

Einführung 6<br />

Klinisch-pathoge<strong>net</strong>ische Aspekte 6<br />

Klinisch-zelluläre Aspekte 9<br />

Klinisch-infektiologische Aspekte 16<br />

Ausblick 19<br />

Literatur 19<br />

Das atopische Ekzem (AE) ist eine multifaktorielle Erkrankung, die<br />

sich auf einem ge<strong>net</strong>isch fixierten Hintergrund entwickelt. Im<br />

vergangenen Jahrzehnt sind viele pathoge<strong>net</strong>isch relevante<br />

Einzelaspekte in Form immunologischer Mechanismen<br />

entschlüsselt wor<strong>de</strong>n. Dennoch ist es bisher nicht gelungen, ein<br />

abschließen<strong>de</strong>s Gesamtkonzept <strong><strong>de</strong>r</strong> Pathogenese zu entwickeln, das<br />

alle klinisch relevanten Charakteristika <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung<br />

zufrie<strong>de</strong>nstellend erklärt. Auch für <strong>de</strong>n ausschließlich klinisch<br />

tätigen Dermatologen ist pathoge<strong>net</strong>isches Fachwissen wichtig, um<br />

pathophysiologisch fundierte Behandlungskonzepte entwerfen und<br />

für je<strong>de</strong>n einzelnen Patienten eine optimal wirksame <strong>Therapie</strong>form<br />

auswählen zu können. In diesem Kapitel sollen relevante<br />

pathoge<strong>net</strong>ische Schlüsselaspekte beschrieben wer<strong>de</strong>n, die sich zu<br />

einem klinisch nützlichen Komplex zusammenfügen lassen.<br />

Klinisch-pathoge<strong>net</strong>ische Aspekte<br />

Atopisches Ekzem – Isochrone Polymorphie<br />

Eine <strong>Dermatitis</strong> ist <strong>de</strong>finiert als akute Entzündung <strong>de</strong>s Hautorgans<br />

und verläuft in Phasen, die je nach Schweregrad unter Auslassung<br />

einzelner Stadien, jedoch immer aufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong> folgend durch<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 7<br />

Erythem, Bläschenbildung, Nässen, Krustenbildung, Schuppung<br />

und ein Resterythem charakterisiert sind. Diese Phasen sind auch<br />

<strong>de</strong>m medizinischen Laien am Beispiel <strong>de</strong>s Sonnenbran<strong>de</strong>s geläufig<br />

[5]. Das Kreibich’sche Dreieck beschreibt mo<strong>de</strong>llhaft verschie<strong>de</strong>ne<br />

Szenarien für diesen phasenweisen Verlauf einer durch metachrone<br />

Polymorphie <strong>de</strong>finierten <strong>Dermatitis</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch eine akute allergische<br />

Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis folgen kann (Abb. 1).<br />

Stadium vesiculosum<br />

Stadium erythematosum<br />

Stadium exsudativum<br />

Stadium crustosum<br />

Stadium<br />

squamosum<br />

Residualerythem<br />

Abb. 1 Das Kreibich’sche Dreieck als Mo<strong>de</strong>ll für verschie<strong>de</strong>ne<br />

Szenarien <strong>de</strong>s Verlaufs einer entzündlichen Hauterkrankung:<br />

Während die <strong>Dermatitis</strong> durch nacheinan<strong><strong>de</strong>r</strong>folgen<strong>de</strong> Stadien<br />

(metachrone Polymorphie) charakterisiert ist, zeich<strong>net</strong> sich das<br />

Ekzem durch das gleichzeitige Vorliegen mehrerer Stadien<br />

(isochrone Polymorphie) aus.<br />

Als Ekzem wird eine durch isochrone Polymorphie <strong><strong>de</strong>r</strong> soeben<br />

erwähnten Einzelkomponenten charakterisierte, chronische<br />

Entzündung <strong>de</strong>s Hautorgans bezeich<strong>net</strong>. Das atopische Ekzem gilt<br />

als Mo<strong>de</strong>llerkrankung für ein Ekzem mit gleichzeitigem<br />

Vorhan<strong>de</strong>nsein von Erythem, Vesikulation, nässen<strong>de</strong>n Arealen,<br />

Krusten o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schuppen. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund zahlreicher<br />

etablierter Synonyma wie endogenes Ekzem, Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Prurigo Besnier erscheint die wörtliche Übersetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> im<br />

amerikanischen Schrifttum gebräuchlichen Bezeichnung ‚atopic<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis’ als eine ‚atopische <strong>Dermatitis</strong>’ irreführend o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

min<strong>de</strong>stens unglücklich.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


8 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Der Begriff ”Atopie” beschreibt die ge<strong>net</strong>isch fixierte und<br />

vererbliche Neigung zur Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankungen <strong>de</strong>s<br />

atopischen Formenkreises – Rhinoconjunctivitis allergica, exogen<br />

allergisches Asthma bronchiale und AE.<br />

Soforttypsensibilisierungen gegenüber Aeroallergenen wie<br />

Katzenepithelien, Hausstaubmilben und Gräserpollen gelten als<br />

sinnvolles und einfach meßbares Laborkorrelat dieser atopischen<br />

Diathese.<br />

Klinische Varianten <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

Das AE ist eine klinisch <strong>de</strong>finierte Erkrankung, die im Vollbild<br />

leicht zu diagnostizieren ist. Die chronisch entzündlichen<br />

Hautverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen sind von starkem Juckreiz begleitet. Meist geht<br />

die Hauterkrankung mit leicht zu erkennen<strong>de</strong>n Atopiezeichen wie<br />

einer gedoppelten Lidfalte, <strong>de</strong>m Verlust <strong><strong>de</strong>r</strong> lateralen<br />

Augenbrauenpartie o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer Hyperlinearität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Handinnenflächen, <strong>de</strong>n ”Atopiestigmata”, einher. Eine <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

auffälligsten Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Hautbeschaffenheit beim<br />

atopischen Ekzem ist die starke Hauttrockenheit, die primär einen<br />

Fettmangel und erst sekundär einen Feuchtigkeitsmangel<br />

beschreibt. Die gestörte Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Barriere äußert<br />

sich unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em in einem erhöhten transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen<br />

Wasserverlust.<br />

Häufig sind Patienten mit einem atopischen Ekzem auch von<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Erkrankungen <strong>de</strong>s atopischen Formenkreises wie<br />

Rhinoconjunctivitis allergica o<strong><strong>de</strong>r</strong> allergischem Asthma bronchiale<br />

betroffen. Bei vielen Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitikern sind Aero- und<br />

Nahrungsmittel-allergenspezifische IgE-Moleküle und T-Zellen im<br />

Venenblut und in <strong>de</strong>n Ekzemher<strong>de</strong>n nachweisbar - dies wird nach<br />

<strong>de</strong>m Schweizer Allergologen Wüthrich als extrinsische Variante<br />

<strong>de</strong>s atopischen Ekzem bezeich<strong>net</strong> [46]. Die seltenere, intrinsische<br />

Variante weist zwar hautinfiltrieren<strong>de</strong> T-Zellen auf, dafür sind<br />

we<strong><strong>de</strong>r</strong> erhöhte gesamt IgE-Spiegel noch IgE-Antikörper gegen die<br />

typischen Aero- und Nahrungsmittelallergene nachweisbar. Die<br />

frühe Einwan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung lymphohistiozytärer Zellen in die sich<br />

entwickeln<strong>de</strong>n Hautläsionen eines AE ist pathoge<strong>net</strong>isch be<strong>de</strong>utsam<br />

[14] und wird im Rahmen <strong>de</strong>s Atopie-Patchtests auch diagnostisch<br />

genutzt [13].<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 9<br />

Atopisches Ekzem und IgE<br />

Das extrinsische AE geht wie die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Erkrankungen <strong>de</strong>s<br />

atopischen Formenkreises mit hohen IgE-Spiegeln einher. Neben<br />

einer Erhöhung <strong>de</strong>s Gesamt-IgE Spiegels sind auch spezifische IgE-<br />

Antikörper gegen typische Aero- und Nahrungsmittelallergene<br />

nachweisbar. Diese IgE-Antikörper wer<strong>de</strong>n von B-Lymphozyten<br />

gebil<strong>de</strong>t und bin<strong>de</strong>n an hochaffine IgE-spezifische Rezeptoren,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Expression auf Mastzellen und basophilen Granulozyten seit<br />

langem bekannt ist. Bei Kontakt <strong><strong>de</strong>r</strong> IgE-bela<strong>de</strong>nen Mastzellen und<br />

basophilen Granulozyten mit einem multivalenten Allergen kommt<br />

es nach Kreuzver<strong>net</strong>zung <strong><strong>de</strong>r</strong> spezifischen IgE-Antikörper zu einer<br />

Ausschüttung vasoaktiver Mediatoren wie Histamin o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Leukotrienen. Die Aktivierung dieser Reaktionskette ist <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

pathophysiologische Kernmechanismus <strong><strong>de</strong>r</strong> allergischen Reaktionen<br />

vom Soforttyp (Typ I), erklärt aber nicht die als Spättypreaktion<br />

(Typ IV) einzustufen<strong>de</strong> Ekzemmorphe <strong>de</strong>s AE. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits kann<br />

die IgE-Diagnostik beim atopischen Ekzem wertvolle Hinweise auf<br />

klinisch relevante Sensibilisierungen im Sinne von Triggerfaktoren<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ekzemerkrankung liefern.<br />

klinisch-zelluläre Aspekte<br />

Das kutane Immunsystem<br />

Mit <strong>de</strong>m Begriff <strong>de</strong>s kutanen Immunsystems wird die Gesamtheit<br />

aller immunologisch relevanten Zellen und Strukturen bezeich<strong>net</strong>,<br />

die an Entstehung und Unterhalt einer Immunantwort <strong>de</strong>s<br />

Hautorgans beteiligt sind [4]. Als statischer Teil <strong>de</strong>s kutanen<br />

Immunsystems wer<strong>de</strong>n ortsständige Zellen wie Keratinozyten,<br />

Fibroblasten und Endothelzellen zusammengefasst, die auch in<br />

normaler, nicht entzündlich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Haut vorhan<strong>de</strong>n sind. Bei<br />

kutanen Entzündungsreaktionen wie <strong>de</strong>m atopischen Ekzem können<br />

zahlreiche Zellen in die Haut ein- und auch wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auswan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, die<br />

als dynamischer Teil <strong>de</strong>s kutanen Immunsystems zusammengefasst<br />

wer<strong>de</strong>n. Diese umfassen Antigen-präsentieren<strong>de</strong> Zellen wie<br />

Langerhans Zellen (LC), inflammatorische <strong>de</strong>ndritische epi<strong><strong>de</strong>r</strong>male<br />

Zellen (IDEC) und plasmazytoi<strong>de</strong> <strong>de</strong>ndritische Zellen (PDC),<br />

verschie<strong>de</strong>ne Lymphozytensubpopulationen wie T-Helfer (Th)1<br />

Zellen, Th2 Zellen und B-Lymphozyten sowie Eosinophile,<br />

Makrophagen, Basophile und Mastzellen (Abbildung 2).<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


10 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

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NH<br />

DDC<br />

Abb. 2a Zelluläre Bestandteile <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen Haut (NH): Keratinozyten<br />

(KC), Langerhans Zellen (LC), Fibroblasten (Fib.),<br />

Endothelzellen (EC), <strong><strong>de</strong>r</strong>male <strong>de</strong>ndritische Zellen (DDC)<br />

AE<br />

K<br />

B<br />

Fib<br />

Abb. 2b Zelluläre Bestandteile <strong><strong>de</strong>r</strong> entzündlichen Haut bei atopischem<br />

Ekzem (AE): Neben <strong>de</strong>n Zellen <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen Haut wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

weitere Zellen ein, wie inflammatorische <strong>de</strong>ndritische<br />

epi<strong><strong>de</strong>r</strong>male Zellen (IDEC), Lymphozyten (TH1, TH2, B),<br />

Eosinophile, Macrophagen, Basophile und Mastzellen<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4<br />

LC<br />

EC<br />

K H<br />

LC IDEC<br />

MC<br />

EC<br />

DDC<br />

Fib<br />

T<br />

T<br />

H


Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 11<br />

Alle genannten Zelltypen sind in irgen<strong>de</strong>iner Form an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Immunreaktion, die je<strong>de</strong>m atopischen Ekzem zu Grun<strong>de</strong> liegt,<br />

beteiligt.<br />

Keratinozyten<br />

Keratinozyten bil<strong>de</strong>n nach Anzahl und Volumen <strong>de</strong>n zellulären<br />

Hauptbestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis und sind für die Ausbildung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

schützen<strong>de</strong>n Hornschicht verantwortlich. Die starke Ö<strong>de</strong>mbildung<br />

<strong>de</strong>s Gewebes führt zu einem Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>weichen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Keratinozyten mit Verbreiterung <strong>de</strong>s Interzellularraumes, was<br />

histologisch als Spongiose sichtbar ist. Klinisch gehen diese<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen mit einem erhöhten transepi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Wasserverlust<br />

und einer schlechteren epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Barrierefunktion einher [25].<br />

Lange wur<strong>de</strong> diskutiert, ob die gestörte Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen<br />

Barriere beim atopischen Ekzem eine Folge <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen Diathese<br />

ist o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein primum movens <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung, beispielsweise<br />

aufgrund eines intrinsischen Defekts <strong><strong>de</strong>r</strong> Keratinozyten, darstellt.<br />

Kürzlich wur<strong>de</strong> gezeigt, dass die Keratinozyten eines<br />

Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitikers nach Stimulation mit Interleukin (IL)-1α und<br />

Interferon (IFN)-γ mehr Granulozyten-Makrophagen Koloniestimulieren<strong>de</strong>n<br />

Faktor (GM-CSF) produzieren als Keratinozyten<br />

eines Nichtatopikers, wobei auch die Zugabe von<br />

Keratinozytenkulturüberstän<strong>de</strong>n die phänotypische und funktionelle<br />

Reifung von peripheren Blutvorläuferzellen zu <strong>de</strong>ndritischen Zellen<br />

bewirkte [24]. Neuere Studien konnten zeigen, dass aktivierte T-<br />

Zellen durch eine IFN-γ-Produktion über <strong>de</strong>n Fas-Ligan<strong>de</strong>n eine<br />

Apoptose <strong><strong>de</strong>r</strong> Keratinozyten induzieren können [31]. Dies erklärt<br />

die Ausbildung <strong><strong>de</strong>r</strong> kleinen, spongiotischen Bläschen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis.<br />

Lymphozyten<br />

Das lymphohistiozytäre Infiltrat eines AEher<strong>de</strong>s ist aus<br />

verschie<strong>de</strong>nen Typen von Lymphozyten zusammengesetzt. Die B-<br />

Lymphozyten produzieren Antikörper, die <strong>de</strong>m humoralen<br />

Immunsystem zugerech<strong>net</strong> wer<strong>de</strong>n. Dieser Begriff leitet sich von<br />

Humores ab, was soviel wie Körperflüssigkeit be<strong>de</strong>utet. Die B-<br />

Lymphozyten wan<strong>de</strong>ln sich nach Aktivierung in große<br />

Plasmazellen um und setzen Antikörper wie das für atopische<br />

Erkrankungen wesentliche IgE frei.<br />

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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


12 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

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Die im Thymus ausreifen<strong>de</strong>n T-Lymphozyten glie<strong><strong>de</strong>r</strong>n sich in<br />

zahlreiche Unterformen wie zytotoxische T-Zellen, T-Helfer- und<br />

T-Suppressor-Zellen. Alle Unterformen <strong><strong>de</strong>r</strong> T-Lymphozyten sind<br />

Teil <strong>de</strong>s zellulären Immunsystems. Nach ihrer Reifung gelangen die<br />

Lymphozyten in das periphere lymphatische Gewebe. Hier können<br />

die T-Lymphozyten durch <strong>de</strong>n Kontakt mit Antigenpräsentieren<strong>de</strong>n<br />

Zellen aktiviert wer<strong>de</strong>n. Wird einem Lymphozyt im<br />

lymphatischen Gewebe sein spezifisches Antigen präsentiert, so<br />

wird er zur Proliferation angeregt. Die resultieren<strong>de</strong>n Tochterzellen<br />

sind entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> aktivierte Effektorzellen, die bei erneutem Kontakt<br />

sofort auf dasselbe Antigen reagieren können o<strong><strong>de</strong>r</strong> langlebige<br />

Gedächtniszellen [4].<br />

Reife T-Zellen exprimieren entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> das Rezeptormolekül CD4<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> CD8 auf ihrer Zelloberfläche. Fast alle Zellen <strong>de</strong>s<br />

menschlichen Körpers exprimieren Haupthistokompatibilitätskomplex<br />

(MHC)-I-Moleküle und präsentieren damit vor allem<br />

intrazelluläre Antigene. Die CD8 exprimieren<strong>de</strong>n Zellen reagieren<br />

auf Antigene, die ihnen in MHC-I-Komplexen dargeboten wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Gegensatz dazu reagieren CD4 exprimieren<strong>de</strong> Zellen Antigene,<br />

die Ihnen in MHC-II-Molekülen präsentiert wer<strong>de</strong>n. Nur spezielle<br />

Antigen-präsentieren<strong>de</strong> Zellen <strong>de</strong>s menschlichen Körpers<br />

exprimieren MHC-II-Moleküle und präsentieren damit vor allem<br />

extrazellulär aufgenommene und prozessierte Antigene. Beim<br />

atopischen Ekzem sind typischerweise erhöhte Blutkonzentrationen<br />

von aktivierten T-Lymphozyten zu fin<strong>de</strong>n - während die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

CD4 + T-Zellen erhöht ist, sind weniger CD8 + T-Zellen<br />

nachweisbar. Auch in <strong>de</strong>n Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitisher<strong>de</strong>n dominieren CD4 +<br />

T-Zellen. Diese CD4 + T-Zellen sind potente Produzenten<br />

proinflammatorischer Zytokine [4].<br />

Darüber hinaus wer<strong>de</strong>n Lymphozyten nach <strong>de</strong>m Muster <strong><strong>de</strong>r</strong> von<br />

ihnen sezernierten Zytokine in Th1- und Th2-Zellen eingeteilt. Das<br />

dichotome Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong> Th1/Th2-Zellen wur<strong>de</strong> ursprünglich im<br />

Mausmo<strong>de</strong>l etabliert und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit auch auf humane T-<br />

Zellen ausgeweitet. Die erfolgreiche Antigenpräsentation durch<br />

<strong>de</strong>ndritische Zellen veranlasst undifferenzierte Th-0<br />

Vorläuferzellen, sich entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> in Th1- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Th2-Richtung zu<br />

differenzieren. Th2-Zellen produzieren vornehmlich IL-4, IL-5, IL-<br />

6, IL-10 und IL-13, Th1-Zellen produzieren viel IFN-γ. Die<br />

Zytokine IL-2, IL-3 und GM-CSF wer<strong>de</strong>n von bei<strong>de</strong>n<br />

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Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 13<br />

Zellpopulationen gebil<strong>de</strong>t. Verschie<strong>de</strong>ne Infektionskrankheiten<br />

heilen je nach Erreger mit Ausbildung unterschiedlich dominierter<br />

Immunantworten schneller o<strong><strong>de</strong>r</strong> langsamer ab, was in Extremfällen<br />

von folgenloser Ausheilung bis hin zu tödlich verlaufen<strong>de</strong>n<br />

Infektionen reichen kann [4].<br />

Allergologisch gesehen ist ein Th1-Muster mit<br />

Hypersensitivitätsreaktionen vom verzögerten Typ assoziiert,<br />

wohingegen sich ein Th2-Muster vor allem bei IgE-vermittelten<br />

Soforttypreaktionen wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Rhinoconjunctivitis allergica fin<strong>de</strong>t<br />

[20]. In dieser Klassifikation nimmt das AE einen Zwischenstatus<br />

ein, da es sich einerseits um eine zellvermittelte Hypersensitivitätsreaktion<br />

han<strong>de</strong>lt, an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits aber ki<strong>net</strong>ische Untersuchungen am<br />

Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Atopie-Patch-Testes zeigten, daß die akute Phase durch<br />

ein Th2-Muster und die Spätphase dann durch ein Th1-Profil<br />

charakterisiert ist [12]. Dies be<strong>de</strong>utet, dass während <strong><strong>de</strong>r</strong> akutentzündlichen<br />

Phase <strong>de</strong>s AE Th2-Zellen dominieren, die durch eine<br />

IL-4 Produktion die Proliferation von IgE produzieren<strong>de</strong>n B-<br />

Lymphozyten begünstigen. Der Switch vom Th2- zum Th1-Muster<br />

wird vermutlich durch IL-12 induziert, welches nicht nur von<br />

Keratinozyten und <strong>de</strong>ndritischen Zellen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch von<br />

Eosinophilen gebil<strong>de</strong>t wird [12].<br />

IgE tragen<strong>de</strong> <strong>de</strong>ndritische Zellen<br />

Viele Zelltypen <strong>de</strong>s menschlichen Körpers sind in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, eine<br />

sekundäre Immunantwort auf Antigene zu initiieren, die <strong>de</strong>m<br />

Organismus aus vorangegangenen Immunantworten bereits bekannt<br />

sind. Zu Einleitung einer primären Immunantwort auf unbekannte<br />

Antigene sind hingegen nur wenige Zelltypen <strong>de</strong>s menschlichen<br />

Körpers bekannt. Der potenteste Typ dieser professionellen<br />

Antigen-präsentieren<strong>de</strong>n Zellen (APC) ist die Familie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>ndritischen Zellen (DC). Sie sind zur Prozessierung und MHC-IIgebun<strong>de</strong>nen<br />

Präsentation vor allem von extrazellulär<br />

aufgenommenen Antigenen befähigt und nehmen eine zentrale<br />

Rolle bei zahlreichen Immunprozessen und allergischen<br />

Erkrankungen ein. Die von <strong>de</strong>n DC als intakte, große Moleküle<br />

aufgenommenen Proteinantigene wer<strong>de</strong>n innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Zelle in <strong>de</strong>n<br />

Endosomen proteolytisch in kleine Oligopepti<strong>de</strong> gespalten und auf<br />

<strong>de</strong>n MHC-II-Komplex gela<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> als ‘Präsentierteller’ für die<br />

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14 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

T-Zellen fungiert. Erst nach Stimulation durch eine APC kann eine<br />

T-Zelle als Effektorzelle fungieren.<br />

Die Benennung <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen DC erfolgt nach Unterschie<strong>de</strong>n<br />

in Immunphänotyp, Ultrastruktur, Lokalisation und Funktion,<br />

wobei mit myeloi<strong>de</strong>n DC und plasmazytoi<strong>de</strong>n DC zwei große<br />

Klassen zusammengefasst wer<strong>de</strong>n. Die Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> APC wird<br />

von Chemokin-Gradienten beeinflusst, die über Chemokin-<br />

Rezeptoren auf <strong><strong>de</strong>r</strong> APC-Oberfläche <strong>de</strong>tektiert wer<strong>de</strong>n [9].<br />

Da das AE klinisch und immunhistologisch gesehen <strong>de</strong>m<br />

allergischen Kontaktekzem ähnelt, wird zellvermittelten<br />

Immunreaktionen eine wesentliche Rolle in <strong><strong>de</strong>r</strong> Pathogenese dieser<br />

Erkrankung zugesprochen. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits weisen die atopische<br />

Diathese <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten, <strong><strong>de</strong>r</strong> erhöhte IgE-Spiegel und die IgEvermittelten<br />

Begleiterkrankungen wie Rhinoconjunctivitis allergica<br />

und Asthma bronchiale auf eine IgE-vermittelte Pathogenese hin<br />

[35]. Der Nachweis von IgE-Molekülen und hochaffinen IgE-<br />

Rezeptoren auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Zelloberfläche epi<strong><strong>de</strong>r</strong>maler DC löste diesen nur<br />

scheinbaren Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch und führte zum Konzept einer IgEvermittelten<br />

Spättypreaktion als pathophysiologische Grundlage<br />

<strong>de</strong>s AE. Derzeit sind drei unterschiedliche Typen IgE-tagen<strong><strong>de</strong>r</strong> DC<br />

beschrieben.<br />

Langerhans Zellen<br />

LC sind die einzige <strong>de</strong>ndritische Zellpopulation <strong><strong>de</strong>r</strong> normalen, nicht<br />

entzündlich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Oberhaut. Sie wur<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Berliner<br />

Medizinstu<strong>de</strong>nten Paul Langerhans im Jahre 1868 erstmals<br />

beschrieben [16]. Heute sind LC als epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal lokalisierte,<br />

<strong>de</strong>ndritisch geformte Zellen <strong>de</strong>finiert, die Birbeck-Granula<br />

enthalten, CD1a und “Human leucozyte antigen” (HLA)-DR<br />

exprimieren und zur Einleitung primärer und sekundärer<br />

Immunantworten befähigt sind [40].<br />

Im Jahre 1986 zeigten Bruijnzeel-Koomen et al.<br />

immunhistochemisch, daß epi<strong><strong>de</strong>r</strong>male CD1a-positive DC in<br />

Ekzemher<strong>de</strong>n IgE-Moleküle auf ihrer Zelloberfläche tragen [6]. Sie<br />

gingen davon aus, daß alle von Ihnen angefärbten DC LC seien.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Suche nach <strong>de</strong>m relevanten IgE-Rezeptor auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zelloberfläche wur<strong>de</strong>n nacheinan<strong><strong>de</strong>r</strong> alle drei im Humansystem<br />

bekannten IgE-bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Strukturen auf epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen LC<br />

nachgewiesen: (i) <strong><strong>de</strong>r</strong> niedrigaffine IgE-Rezeptor CD23/FcεRII [3],<br />

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Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 15<br />

(ii) <strong><strong>de</strong>r</strong> hochaffine IgE-Rezeptor FcεRI [2, 32] und (iii) das IgEbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Protein Galectin3/εBP [37]. Der hochaffine IgE-Rezeptor<br />

FcεRI stellt dabei die quantitativ und funktionell relevante IgEbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Struktur dar [15]. Protein-Allergene wer<strong>de</strong>n in Gegenwart<br />

<strong>de</strong>s für sie spezifischen IgEs von epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen <strong>de</strong>ndritischen Zellen<br />

weitaus effektiver aufgenommen und präsentiert, als dies ohne IgE<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Fall wäre. Dieser als IgE-vermittelte Antigen-Präsentation o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

antigen-focussing bezeich<strong>net</strong>e Effekt kann in vitro die<br />

antigenpräsentieren<strong>de</strong> Kapazität <strong><strong>de</strong>r</strong> DC etwa um <strong>de</strong>n Faktor 100-<br />

1000 steigern [19, 21].<br />

Die Phänotypisierung epi<strong><strong>de</strong>r</strong>maler <strong>de</strong>ndritischer Zellen, eine<br />

kürzlich standardisierte diagnostische Untersuchungsmetho<strong>de</strong> zur<br />

I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>s AE auf Ebene einzelner Ekzemher<strong>de</strong> [43]<br />

basiert zum Teil auf <strong><strong>de</strong>r</strong> signifikanten Aufregulation <strong>de</strong>s FcεRI [38]<br />

auf <strong>de</strong>n epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen <strong>de</strong>ndritischen Zellen in läsionaler Haut beim<br />

atopischen Ekzem.<br />

Inflammatorische <strong>de</strong>ndritische epi<strong><strong>de</strong>r</strong>male Zellen<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> entzündlich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis fin<strong>de</strong>t sich neben <strong>de</strong>n LC<br />

eine zweite, immunphänotypisch und ultrastrukturell abgrenzbare<br />

Population myeloi<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>ndritischer Zellen, die IDEC [38]. Sie sind<br />

als epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mal lokalisierte, <strong>de</strong>ndritisch geformte Zellen <strong>de</strong>finiert, die<br />

CD1a, HLA-DR und CD11b exprimieren, aber keine Birbeck-<br />

Granula enthalten. Heute ist bekannt, dass IDEC bei vielen<br />

chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen nachweisbar sind,<br />

wobei die höchste Anzahl in chronischen Ekzemher<strong>de</strong>n eines<br />

Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitikers zu fin<strong>de</strong>n ist [43]. Dabei tragen die IDEC sehr<br />

viel mehr IgE und auch sehr viel mehr hochaffinen IgE-Rezeptor<br />

FcεRI auf ihrer Zelloberfläche als die LC [43]. Obwohl LC als die<br />

unreife DC-Population <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut gelten, ist <strong><strong>de</strong>r</strong> als<br />

Oberflächenmarker für unreife DC gut etablierte Mannoserezeptor<br />

CD206 nur auf IDEC und nicht auf LC nachweisbar [39]. Die<br />

costimulatorischen Mokeküle CD80 und CD86 wer<strong>de</strong>n bereits in<br />

situ auf IDEC exprimiert [29].<br />

Das für die Hautkrankheit spezifische entzündliche Mikromilieu<br />

beeinflußt <strong>de</strong>n Immunphänotyp <strong><strong>de</strong>r</strong> IDEC stark, so daß die<br />

standardisierte durchflußzytometrische Immunphänotypisierung<br />

epi<strong><strong>de</strong>r</strong>maler DC als diagnostisches Hilfsmittel einsetzbar ist [42].<br />

Die sehr hohe Expression <strong>de</strong>s hochaffinen IgE-Rezeptor FcεRI im<br />

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16 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

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atopischen Ekzem ermöglicht sensitiv und spezifisch die<br />

Abgrenzung <strong>de</strong>s AE von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en ekzematoi<strong>de</strong>n Hauterkrankungen<br />

[43]. Am Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Atopie-Patchtests konnte gezeigt wer<strong>de</strong>n, daß<br />

IDEC bereits sehr früh in die Ekzemläsion einwan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, <strong>de</strong>n<br />

spezifischen Phänotyp aber erst in situ entwickeln [14]. Im Labor<br />

lassen sich aus Monozyten durch unterschiedliche<br />

Kulturbedingungen sowohl LC-ähnliche DC als auch IDECähnliche<br />

DC generieren [22, 27, 30]. So ist anzunehmen, dass<br />

Monozyten aus <strong>de</strong>m peripheren Blut in die entzündliche Haut<br />

einwan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, wo sie zu IDEC reifen [36].<br />

Plasmazytoi<strong>de</strong> <strong>de</strong>ndritische Zellen<br />

Als PDC wird eine ebenfalls erst kürzlich herausgearbeitete, sehr<br />

seltene, für die antivirale Immunabwehr jedoch wesentliche<br />

Untergruppe <strong>de</strong>ndritischer Zellen bezeich<strong>net</strong> [28]. Unter normalen<br />

Umstän<strong>de</strong>n zirkulieren diese Zellen im Blut und machen mit zirka<br />

0,1% nur einen kleinen Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> peripheren mononukleären<br />

Blutzellen aus [41]. Bei viralen Infektionen produzieren diese<br />

Zellen große Mengen <strong><strong>de</strong>r</strong> antiviralen Typ 1 Interferone IFN-α and<br />

IFN-β [8]. Während in <strong>de</strong>n Läsionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Psoriasis, <strong>de</strong>s<br />

Kontaktekzems und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e beim Lupus erythemato<strong>de</strong>s<br />

regelmäßig PDC nachweisbar sind, fin<strong>de</strong>n sich in atopischen<br />

Ekzemläsionen signifikant weniger dieser als 'antivirale<br />

Relaisstation' wirken<strong>de</strong>n Zellen [41]. Hierfür dürften die in<br />

Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitisläsionen bekanntermaßen hohen Spiegel an IL-4 und<br />

IL-13 sein, die ein bekannter Apoptose-Induktor für PDC sind [26].<br />

Der Mangel an PDC in einer durch Barrierefunktionsstörungen<br />

vorgeschädigten Haut scheint ein weiterer relevanter Kofaktor für<br />

die klinisch bekannte Neigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitiker zu viralen<br />

Infektionen zu sein [41].<br />

Klinisch-infektiologische Aspekte<br />

Störungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barrierefunktion, <strong><strong>de</strong>r</strong> angeborenen und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

erworbenen Immunabwehr begünstigen die Ausbildung bakterieller<br />

und viraler Infektionen bei Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitikern. Die Aufklärung<br />

relevanter infektionsimmunologischer Pathomechanismen hat<br />

kürzlich zu einem besseren Verständnis dieser seit langem<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 17<br />

bekannten, klinisch charakteristischen Immunschwäche <strong>de</strong>s<br />

Atopikers geführt.<br />

Virale Infektionen beim atopischen Ekzem<br />

Virale Hauterkrankungen treten bei Atopikern häufiger und in<br />

stärkerer Ausprägung auf, auch sind sie schwerer zu behan<strong>de</strong>ln als<br />

bei Nichtatopikern [44]. Disseminierte virale Infektionen eines<br />

flori<strong>de</strong>n AE sind eine klinisch charakteristische Son<strong><strong>de</strong>r</strong>form viraler<br />

Erkrankungen und wer<strong>de</strong>n je nach Erreger als Eczema<br />

herpeticatum, Eczema vaccinatum, Eczema molluscatum o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Eczema verrucatum bezeich<strong>net</strong> [44]. Das Th-2-dominierte kutane<br />

Entzündungsmilieu bedingt eine Bevorzugung von IgE-Antworten<br />

vor zellulären Abwehrreaktionen, was mit ursächlich für die<br />

klinische Beobachtung sein dürfte, daß gera<strong>de</strong> Patienten mit einem<br />

schlecht behan<strong>de</strong>lten, akut exazerbierten atopischen Ekzem zu<br />

viralen Sekundärinfektionen neigen [45].<br />

Das Eczema herpeticatum (EH) ist als disseminierte Infektion eines<br />

vorbestehen<strong>de</strong>n, zumeist AE mit <strong>de</strong>m Herpes simplex Virus (HSV)<br />

<strong>de</strong>finiert und stellt eine auch Jahre nach Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> antiviralen<br />

Chemotherapie noch gefürchtete Komplikation <strong>de</strong>s AE dar [33].<br />

Drei verschie<strong>de</strong>ne, für die Ausprägung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung<br />

pathoge<strong>net</strong>isch relevante Aspekte wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n letzten Monaten<br />

herausgearbeitet:<br />

Erstens sind mit Nectin-1 die Oberflächenrezeptoren für HSV auf<br />

Keratinozyten i<strong>de</strong>ntifiziert wor<strong>de</strong>n. Diese sind in normaler Haut in<br />

<strong>de</strong>n Desmosomen verborgen, wer<strong>de</strong>n aber durch die Spongiose <strong>de</strong>s<br />

Ekzems <strong>de</strong>maskiert, gleichmäßig über die Zelloberfläche verteilt<br />

und so <strong>de</strong>m HSV zugänglich [47].<br />

Zweitens sind mit Defensinen und Cathelicidinen mehrere<br />

antimikrobiell wirksame Peptidklassen i<strong>de</strong>ntifiziert wor<strong>de</strong>n. Im<br />

Humansystem sind mehrere Defensine aber nur ein Cathelicidin,<br />

das LL-37, bekannt [10]. Während die antibakteriellen<br />

Eigenschaften dieser Pepti<strong>de</strong> gut etabliert sind, wur<strong>de</strong>n kürzlich<br />

auch die antiviralen Eigenschaften insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>de</strong>s LL-37 bekannt.<br />

So können Defensine rekombinantes A<strong>de</strong>no-assoziiertes Virus o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

HSV direkt bin<strong>de</strong>n und auf diese Weise <strong><strong>de</strong>r</strong>en Infektiosität<br />

herabsetzen [11], während LL-37 direkte Effekte auf das Vaccinia<br />

Virus und HSV aufweist [44]. Die im Vergleich zur Psoriasis beim<br />

atopischen Ekzem <strong>de</strong>utlich vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te Produktion mehrerer<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


18 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

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relevanter antiviraler Pepti<strong>de</strong> dürfte somit nicht nur einen<br />

wesentlichen Kofaktor für die vermehrte Besie<strong>de</strong>lung <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut mit<br />

Staph. aureus darzustellen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch eine pathoge<strong>net</strong>ische<br />

Rolle bei disseminierten kutanen viralen Infektionen <strong>de</strong>s AE spielen<br />

[10, 23]. Drittens ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Mangel an PDC zu nennen, <strong><strong>de</strong>r</strong> das AE<br />

von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en entzündlichen Hauterkrankungen wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Psoriasis,<br />

<strong>de</strong>m allergischen Kontaktekzem o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m kutanen Lupus<br />

erythemato<strong>de</strong>s unterschei<strong>de</strong>t [41]. Eine selektive Apoptose-<br />

Induktion von PDC durch IL-4 ist beschrieben und kann das<br />

weitgehen<strong>de</strong> Fehlen dieses Zelltyps in <strong>de</strong>n Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitisläsionen<br />

gut erklären [26]. Ein Fehlen dieser als ‚antivirale Relaisstation’<br />

wirken<strong>de</strong>n PDC in <strong>de</strong>n Läsionen <strong>de</strong>s AE verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t ursächlich die<br />

Produktion antiviraler Typ-I Interferone [41].<br />

Das Eczema molluscatum betrifft vor allem Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> mit atopischem<br />

Ekzem, wobei <strong><strong>de</strong>r</strong> kratzen<strong>de</strong> Finger infektiöse Viruspartikel über<br />

befallene und unbefallene Hautareale verteilt. In wieweit eine<br />

Behandlung mit topischen Immunmodulatoren eine Ausbildung <strong>de</strong>s<br />

Eczema molluscatum begünstigt, muß durch weitere<br />

epi<strong>de</strong>miologische und experimentelle Arbeiten geklärt wer<strong>de</strong>n [34].<br />

Bakterielle Infektionen beim atopischen Ekzem<br />

Klinisch ist seit langem bekannt, daß die Haut <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten mit<br />

atopischem Ekzem stark von Staphylococcus aureus kolonisiert<br />

wird, und daß Exazerbationen eines AE fast immer mit Staph.<br />

aureus-Infektionen einhergehen.<br />

Staph. aureus produziert eine Anzahl verschie<strong>de</strong>ner<br />

Bakterientoxine wie SEA, SEB o<strong><strong>de</strong>r</strong> TSST, die als Allergene und<br />

als Superantigene wirken können, stimulieren also zahlreiche T-<br />

Zellen einer gemeinsamen Untergruppe unabhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Spezifität [1, 18]. Diese Untergruppen sind durch einen<br />

gemeinsamen V-beta Abschnitt im T-Zell-Rezeptor <strong>de</strong>finiert. Grob<br />

geschätzt kann so statt je<strong><strong>de</strong>r</strong> millionsten antigenspezifischen T-<br />

Zelle etwa je<strong>de</strong> zwanzigste T-Zelle aktiviert und zur Teilung<br />

angeregt wer<strong>de</strong>n. Dieser Effekt scheint insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e für das<br />

sekundär infizierte AE pathoge<strong>net</strong>isch relevant zu sein. Weiterhin<br />

wur<strong>de</strong> einerseits Superantigen-spezifisches IgE bei Patienten mit<br />

atopischem Ekzem nachgewiesen, was eine pathoge<strong>net</strong>ische<br />

Relevanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Besiedlung mit Staph. aureus im Sinne eines lokalen<br />

Triggerfaktors unterstreicht [7]. Die systemische antibiotische o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems 19<br />

topische antiseptische <strong>Therapie</strong> bedingt nicht nur eine klinische<br />

Besserung akuter Hautläsionen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n hat auch einen positiven<br />

Einfluß auf die Regulation <strong><strong>de</strong>r</strong> IgE-Synthese [18].<br />

Im Rahmen kutaner Entzündungsreaktionen wird in Abhängigkeit<br />

vom lokalen Zytokinmilieu die Produktion antibakterieller Pepti<strong>de</strong><br />

wie das Defensin HBD-2 o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Cathelicidin LL-37 in<br />

Keratinozyten heraufreguliert [23]. Dies führt in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Hauterkrankungen wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Psoriasis zu einer hohen<br />

Peptidproduktion und klinisch ausgezeich<strong>net</strong>en Schutzwirkung. Im<br />

Gegensatz dazu verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t das entzündliche Mikromilieu in <strong>de</strong>n<br />

Läsionen <strong>de</strong>s AE, wahrscheinlich über IL-4, eine Aufregulation <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

antimikrobiellen Pepti<strong>de</strong> [23].<br />

Ausblick<br />

Die von zahlreichen Forschungsgruppen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> ganzen Welt<br />

betriebene <strong><strong>de</strong>r</strong>matologisch-immunologische Forschungsarbeit hat<br />

unser Wissen hinsichtlich vieler pathoge<strong>net</strong>ischer Aspekte <strong>de</strong>s AE<br />

beträchtlich erweitert. Dies führte zur pathoge<strong>net</strong>ischen Einordnung<br />

<strong>de</strong>s AE als IgE-vermittelte Spättypreaktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut [17]. Lei<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

stellt unser <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitiges Wissen noch immer ein aus vielen<br />

Einzelteilen bestehen<strong>de</strong>s großes Puzzle dar. Dieses Puzzle ist zwar<br />

zum Teil bereits zusammengesetzt, weist aber immer noch in<br />

weiten Teilen Lücken auf, die durch bislang noch unbekannte<br />

Stücke in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft geschlossen wer<strong>de</strong>n müssen.<br />

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20 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

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22 Pathogenese <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Triggerfaktoren und Prävention<br />

A. Gauger<br />

Triggerfaktoren und Prävention 23<br />

Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Bie<strong><strong>de</strong>r</strong>stein,<br />

Technische Universität München<br />

Einführung<br />

Einführung 23<br />

Aeroallergene 24<br />

Hausstaubmilbe 26<br />

Tierepithelien und Pflanzenpollen 27<br />

Nahrungsmittel 28<br />

Mikrobielle Besiedlung 29<br />

Textilien 31<br />

Zusammenfassung 34<br />

Literatur 34<br />

Das atopische Ekzem (AE; Synonym: atopische <strong>Dermatitis</strong>,<br />

endogenes Ekzem, Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis) stellt bei einer Prävalenz von<br />

über 10% die häufigste chronisch-entzündliche Hauterkrankung bei<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n in industrialisierten Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n dar [1].<br />

In über 80% verläuft die Erkrankung leicht, nur ca. 2 % <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Patienten erfahren einen schweren Verlauf, die Krankheitsaktivität<br />

nimmt meist im Laufe <strong>de</strong>s Lebens ab, so daß nur eine geringe<br />

Prävalenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung im Erwachsenenalter besteht [2]. Das<br />

Erkennen und die Meidung von Trigger- (bzw. Provokations-)<br />

faktoren spielt eine wesentliche Rolle im <strong>Therapie</strong>management <strong>de</strong>s<br />

atopischen Ekzems. Hierdurch kann sowohl präventiv als auch<br />

therapeutisch positiver Einfluß auf <strong>de</strong>n Krankheitsverlauf<br />

genommen und Beschwer<strong>de</strong>n gemil<strong><strong>de</strong>r</strong>t o<strong><strong>de</strong>r</strong> vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />

[3,4]. Triggerfaktoren können generell in unspezifische, d.h. je<strong>de</strong>n<br />

Patienten mit atopischem Ekzem betreffend, o<strong><strong>de</strong>r</strong> spezifische, d.h.<br />

individuelle Faktoren unterteilt wer<strong>de</strong>n [Abb. 1].<br />

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24 Triggerfaktoren und Prävention<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Abb. 1 Übersicht <strong><strong>de</strong>r</strong> individuellen (spezifischen) und generellen<br />

(unspezifischen) Triggerfaktoren <strong>de</strong>s atopischen Ekzems<br />

Aeroallergene<br />

Die häufigsten Sensibilisierungen bei atopischer Diathese fin<strong>de</strong>n<br />

sich gegen Gräserpollen, Dermatophagoi<strong>de</strong>s pteronyssinus<br />

(Hausstaubmilbe I) sowie Katzenepithelien. Seltener sind Typ I –<br />

Sensibilisierungen gegenüber Dermatophagoi<strong>de</strong>s farinae<br />

(Hausstaubmilbe II), Birken- und Beifußpollen, Alternaria sowie<br />

Hun<strong>de</strong>epithelien. Sie können <strong>de</strong>n Krankheitszustand negativ<br />

beeinflussen bzw. ihre Meidung kann zu einer <strong>de</strong>utlichen<br />

Befundbesserung führen. Sensibilisierungen auf Aeroallergene<br />

müssen für <strong>de</strong>n Patienten individuell mit Hilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> üblichen<br />

allergologischen Diagnostik (siehe dort) ermittelt wer<strong>de</strong>n. Ob es<br />

sich hierbei um klinisch relevante Sensibilisierungen han<strong>de</strong>lt, muß<br />

sowohl anamnestisch als auch mit Hilfe spezifischer<br />

allergologischer Testungen (z.B. Atopie-Patch-Test (APT)) geklärt<br />

wer<strong>de</strong>n. Hier wird mit Allergenen, die bekanntermaßen IgE-<br />

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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Triggerfaktoren und Prävention 25<br />

vermittelte Reaktionen auslösen, eine Epikutantestung<br />

durchgeführt. Sie besitzt eine hohe Spezifität und ist geeig<strong>net</strong>, die<br />

Relevanz einer IgE-vermittelten Sensibilisierung für die<br />

Hauterkrankung „Ekzem“ zu beurteilen [5,6].<br />

Die Sensibilisierung auf Aeroallergene ist beim AE durch die<br />

bekannte Barrierestörung <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut erleichtert [Abb. 2].<br />

Abb. 2 Sensibilisierung auf Aeroallergene bei bekanntem<br />

Barriere<strong>de</strong>fekt bei atopischem Ekzem<br />

Erfolgt durch eine konsequente Basispflege eine<br />

Barrierestabilisierung, so kann die Ekzemreaktion auf<br />

Aeroallergene abgeschwächt o<strong><strong>de</strong>r</strong> sogar verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. Dies<br />

zeigte eine Studie von Billmann-Eberlein et al., die zeigte, daß nach<br />

einer Woche Vorbehandlung mit 12% Omega Fettsäuren Creme<br />

signifikant schwächere Reaktionen im Vergleich zur unbehan<strong>de</strong>lten<br />

Seite im APT auf Lieschgras (p


26 Triggerfaktoren und Prävention<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

trägt zum Schutz vor Sensibilisierung und Ekzemverschlechterung<br />

durch Aeroallergene erheblich bei.<br />

Hausstaubmilben<br />

Die Allergene <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausstaubmilbe, <strong><strong>de</strong>r</strong>en wichtigste Vertreter in<br />

Mitteleuropa Dermatophagoi<strong>de</strong>s pteronyssinus und<br />

Dermatophagoi<strong>de</strong>s farinae sind, entstammen in erster Linie <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Faeces (Der p 1 und Der f 1; wasserlösliche und hitzelabile<br />

Glykoproteine), aber auch <strong>de</strong>m Milbenkörper (Der p 2 und Der f 2;<br />

wasserlösliche und hitzestabile Glykoproteine). Problematisch<br />

gestaltet sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung und Auswertung klinischer<br />

Studien, die sich mit Hausstaubmilben- Reduktion und Prävention<br />

beschäftigen, die Standardisierung repräsentativer<br />

Allergenmessungen. So wiesen Loan und Mitarbeiter eine extrem<br />

variable Allergenverteilung im Haushalt nach [9]. Eine positive<br />

Korrelation konnte zwischen Allergenkonzentration und<br />

Feuchtigkeit sowie Familiengröße gezeigt wer<strong>de</strong>n [10]. Zahlreiche<br />

Studien wur<strong>de</strong>n bis heute durchgeführt, die vor allem die<br />

Effektivität <strong>de</strong>s Encasings zur Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausstaubmilben-<br />

Konzentration zeigen konnten, nicht jedoch eine signifikante<br />

Verbesserung <strong>de</strong>s atopischen Ekzems durch diese Maßnahme<br />

[4,11,12,13]. Auch eine Metaanalyse kommt zur gleichen<br />

Schlußfolgerung [14]. Allerdings wur<strong>de</strong> eine Hausstaubmilben-<br />

Sensibilisierung als möglicher positiver prädiktiver Marker für AE-<br />

Persistenz und Entwicklung respiratorischer allergischer<br />

Erkrankungen postuliert [15]. 1996 berichteten Tan und Mitarbeiter<br />

zu<strong>de</strong>m über eine Placebo-kontrollierte Studie, in <strong><strong>de</strong>r</strong> eine Besserung<br />

<strong>de</strong>s atopischen Ekzems in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verum-Gruppe durch Encasing und<br />

Verwendung von Acarizi<strong>de</strong>n und eines Spezial-Staubsaugers<br />

(Mikrofilter) erreicht wer<strong>de</strong>n konnte [16]. Dies ist um so<br />

erstaunlicher, da in <strong>de</strong>n Einschlußkriterien lediglich das<br />

Vorhan<strong>de</strong>nsein eines atopischen Ekzems, aber nicht einer<br />

sogenannten extrinsischen Form, d.h. die Notwendigkeit <strong>de</strong>s<br />

Vorhan<strong>de</strong>nseins von spezifischen und unspezifischen<br />

Sensibilisierungen, gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> [16]. Präventiv sollte bei<br />

nachgewiesener Hausstaubmilbensensibilisierung mit<br />

Krankheitsrelevanz eine Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausstaubmilben-Allergene<br />

angestrebt wer<strong>de</strong>n. Hierbei stellt das Encasing <strong><strong>de</strong>r</strong> Matratze die<br />

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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Triggerfaktoren und Prävention 27<br />

wichtigste Maßnahme dar. Encasing von Kopfkissen und Bett<strong>de</strong>cke<br />

sollte zusätzlich erfolgen, alternativ können Kissen und Bett<strong>de</strong>cke<br />

regelmäßig (alle 4-6 Wochen) bei 90 0 C gewaschen wer<strong>de</strong>n [4]. Die<br />

Luftfeuchtigkeit sollte nach Möglichkeit < 50% abgesenkt wer<strong>de</strong>n.<br />

Wenn Klimaanlage und Luftentfeuchter nicht zur Verfügung<br />

stehen, sollte zumin<strong>de</strong>st für ausreichen<strong>de</strong> Lüftung von Matratze und<br />

Bett gesorgt wer<strong>de</strong>n. Falls Teppichbo<strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>n ist, empfiehlt<br />

sich entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> regelmäßiges (alle 2-3 Tage) Staubsaugen, nach<br />

Möglichkeit mit Mikrofilter. Wichtig ist das häufige Auswechseln<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Filter. Während <strong>de</strong>s Saugens und bis zu zwei Stun<strong>de</strong>n danach<br />

sollte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Allergiker <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Räumen fernhalten.<br />

Prinzipiell ist, falls möglich, <strong><strong>de</strong>r</strong> Ersatz durch wischbare<br />

Bo<strong>de</strong>nmaterialien anzuraten. Bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollten Kuscheltiere<br />

min<strong>de</strong>stens 1 x monatlich für 12 Stun<strong>de</strong>n ins Eisfach gelegt (tötet<br />

die Milben ab), und anschließend gewaschen wer<strong>de</strong>n (entfernt die<br />

Allergene) [4]. Die Absenkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Temperatur von Schlafräumen<br />

unter 20 0 C scheint ebenfalls sinnvoll zu sein, <strong><strong>de</strong>r</strong> Einsatz von<br />

Acarizi<strong>de</strong>n ist eher fraglich [17].<br />

Tierepithelien und Pflanzenpollen<br />

Die Sensibilisierung von Patienten mit AE gegenüber<br />

Katzenepithelien ist häufig und birgt aus verschie<strong>de</strong>nen Grün<strong>de</strong>n<br />

eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Problematik: das verantwortliche Allergen Fel d1<br />

persistiert – auch nach Abschaffung <strong>de</strong>s Haustieres – noch lange in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wohnung und ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit (Schule, Arbeitsplatz)<br />

nicht leicht zu mei<strong>de</strong>n. Bei nachgewiesener klinischer Symptomatik<br />

ist die Allergenkarenz die erste therapeutische Maßnahme. Dies<br />

be<strong>de</strong>utet die Abschaffung <strong>de</strong>s oft ans Herz gewachsenen Haustieres.<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits ist die Diskussion um die Notwendigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

präventiven Haustierabschaffung in <strong>de</strong>n letzten Jahren erneut<br />

entbrannt. Holscher et al. konnten ein<strong>de</strong>utig eine höhere<br />

Sensibilisierungsrate bei Katzenhaltern [18], Jovanovic et al. sogar<br />

eine höhere Sensibilisierung bei atopischen Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

(Lan<strong>de</strong>sgesundheitsamt Ba<strong>de</strong>n-Württemberg: case control study)<br />

nachweisen [19]. In einer großen prospektiven Kohortenstudie<br />

bezüglich Asthma bei über 900 Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> eine signifikante<br />

Korrelation zwischen Allergen-Exposition (HSM/Katze) und<br />

Sensibilisierung zwischen <strong>de</strong>m 3. und 7. Lebensjahr sowie<br />

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28 Triggerfaktoren und Prävention<br />

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zwischen Sensibilisierung und Erkrankung ab <strong>de</strong>m 3. Lebensjahr<br />

beobachtet. Allerdings wur<strong>de</strong> keine Korrelation zwischen Allergen-<br />

Exposition und Erkrankung gefun<strong>de</strong>n [20]. Der Hun<strong>de</strong>haltung<br />

konnte aus epi<strong>de</strong>miologischer Sicht sogar ein protektiver Effekt<br />

zugeschrieben wer<strong>de</strong>n [18]. Inwieweit die präventive<br />

Allergenmeidung bei Haustieren, speziell <strong><strong>de</strong>r</strong> Katze, eine sinnvolle<br />

Maßnahme ist, muß in weiteren prospektiven Studien geklärt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Gräserpollen zeigen die höchste Sensibilisierungsrate bei Patienten<br />

mit atopischer Diathese. Die Pollenbelastung ist zwar individuell –<br />

abhängig vom Wohngebiet – unterschiedlich, eine Allergenkarenz<br />

gestaltet sich jedoch generell schwierig. Sinnvolle Maßnahmen<br />

beinhalten, zu Spitzenbelastungszeiten <strong>de</strong>s Pollenflugs Aktivität im<br />

Freien zu mei<strong>de</strong>n (Polleninformationsdienst Radio/ Zeitung). Eine<br />

geringere Belastung fin<strong>de</strong>t sich nach längerem Regen, niedriger<br />

Temperatur, sowie tageszeitlich zwischen 0-4 Uhr morgens (i<strong>de</strong>aler<br />

Zeitpunkt zum Lüften). Abends sollte nach <strong>de</strong>m Aufenthalt im<br />

Freien geduscht und die Haare gewaschen wer<strong>de</strong>n mit<br />

anschließend konsequenter Hautpflege. Kleidung sollte nicht im<br />

Schlafzimmer abgelegt o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Freien getrock<strong>net</strong> wer<strong>de</strong>n.<br />

Regelmäßiges Saugen mit Staubsaugern, die mit Mikrofilter<br />

ausgestatteten sind, sowie feuchtes Wischen von Bö<strong>de</strong>n und<br />

Oberflächen ist sinnvoll, jedoch sollte dies nicht durch die<br />

betroffene Person erfolgen. Bei Urlaubsplanung sollten pollenarme<br />

Ort- und Zeitpunkte vorgezogen wer<strong>de</strong>n (Hochgebirge, Küste,<br />

Inseln, Seereisen). Pollenschutzfolien vor <strong>de</strong>m Fenster ermöglichen<br />

Lüften ohne Pollenbelastung (z.B. icleen® Pollengaze, Incen AG,<br />

Schweiz). Allergen-Luftfiltergeräte und <strong><strong>de</strong>r</strong> Einbau eines<br />

Pollenfilters in <strong>de</strong>n PKW (insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bei Parken unter Bäumen)<br />

tragen zur Allergenreduktion bei.[4]<br />

Nahrungsmittel<br />

Nahrungsmittel spielen beim kindlichen atopischen Ekzem eine<br />

weitaus größere Rolle als im Erwachsenenalter. Nicht nur die<br />

Häufigkeit von Nahrungsmittelunverträglichkeiten, auch die Art <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Allergene sind abhängig vom Alter <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten und <strong>de</strong>m<br />

Schweregrad <strong>de</strong>s atopischen Ekzems. Im Säuglingsalter lei<strong>de</strong>n<br />

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Triggerfaktoren und Prävention 29<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> mit schwerem AE zu 100%, bei mittlerem Schweregrad zu<br />

33% und bei leichtem AE im Durchschnitt überhaupt nicht an einer<br />

Nahrungsmittelallergie [21]. Im Erwachsenenalter sind echte<br />

Nahrungsmittelallergien extrem selten, die Prävalenz wird auf<br />

höchstens 0,8-2,4% <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwachsenen- und etwa 0,3-7,5% <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

kindlichen Bevölkerung geschätzt [22,23]. Während im<br />

Kin<strong>de</strong>salter hauptsächlich Allergien auf Grundnahrungsmittel (Ei,<br />

Milch, Weizen) gesehen wer<strong>de</strong>n, überwiegen im Erwachsenenalter<br />

pollenassoziierte Nahrungsmittelallergien. Zusätzlich können<br />

individuell unterschiedliche Verträglichkeiten auf irritative<br />

Nahrungsmittel mit hohem Säuregehalt (z.B.Zitrusfrüchte)<br />

bestehen. Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich jedoch nicht um echte Allergien,<br />

die diagnostischen Möglichkeiten sind begrenzt und objektive<br />

Parameter fehlen. Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Stellenwert von sogenannten<br />

Pseudoallergien beim AE ist noch nicht vollständig geklärt.<br />

Zusammenfassend wer<strong>de</strong>n im Säuglingsalter oftmals wichtige<br />

allergologische diagnostische Maßnahmen bezüglich einer<br />

Nahrungsmittelallergie vernachlässigt, <strong><strong>de</strong>r</strong> Stellenwert <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nahrungsmittelallergien beim Erwachsenen wird jedoch in einigen<br />

Fällen überschätzt und ist verantwortlich für häufig überflüssige<br />

Diätempfehlungen.<br />

Mikrobielle Besie<strong>de</strong>lung<br />

Staphylococcus aureus<br />

Staphylococcus (S.) aureus ist bekannt als ein wichtiger<br />

Triggerfaktor im Hinblick auf die Unterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hautentzündung und die Auslösung von akuten Exazerbationen<br />

[24,25]. Während die Kolonisation mit S. aureus bei Hautgesun<strong>de</strong>n<br />

lediglich 2-25% beträgt, läßt sich S. aureus bei Patienten mit AE<br />

auf läsionaler Haut bis zu 100 % und auf nicht-läsionaler Haut in<br />

50-72 % <strong><strong>de</strong>r</strong> Fälle nachweisen. Der Grad <strong><strong>de</strong>r</strong> Besiedlung wird in<br />

Zusammenhang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwere <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung gesehen [26,27].<br />

Das Wissen über die pathophysiologische Be<strong>de</strong>utung von S. aureus<br />

beim AE hat in <strong>de</strong>n letzten Jahren zugenommen. Das Bakterium<br />

produziert eine Vielzahl verschie<strong>de</strong>ner Adhärenzfaktoren, sog.<br />

Adhesine (Protein A, Clumping factor, Koagulase, Matrix-bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Proteine: fibronectin-binding protein) [28]. Zu<strong>de</strong>m verfügt S.<br />

aureus über unterschiedliche immunmodulatorische Toxine mit<br />

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30 Triggerfaktoren und Prävention<br />

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superantigenen Eigenschaften wie das ausführlich beschriebene<br />

staphylogene Enterotoxin A-E und das Toxic Shock Syndrom<br />

Toxin 1 [28,29]. Es wer<strong>de</strong>n eine Reihe von direkt zellschädigen<strong>de</strong>n<br />

Enzymen und mehrere gefährliche Toxine (einschließlich<br />

Hämolysine und Exfoliatine) produziert und einige sehr effiziente<br />

Abwehrmechanismen gegenüber einer Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> gängigen<br />

Antibiotika <strong>de</strong>m Bakterium zugeschrieben [30,31]. Neben dieser<br />

direkten Wirkung von S. aureus wird auch die Problematik <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Immunantwort <strong>de</strong>s Patienten mit AE auf die mikrobielle<br />

Besie<strong>de</strong>lung immer <strong>de</strong>utlicher. Sie richtet sich v.a. gegen<br />

Staphylokokken-Peptidoglykan (PGN) und Lipoteichonsäure (LTA)<br />

<strong>de</strong>s Bakteriums. Die Pathogene wer<strong>de</strong>n über sogenannte “Toll-likereceptors”<br />

(TLRs) erkannt [32]. Die notwendige Produktion von<br />

Zytokinen (iNOS, IL8) und antimikrobiellen Pepti<strong>de</strong>n (Defensine)<br />

(HBD2, HBD3, LL37) ist bei Patienten mit AE herunterreguliert<br />

[33], ebenso wie die Regulation über TH1 Zytokine (IL1b, IFNg,<br />

TNFa) [34]. Zusätzlich tragen allergische Reaktionen gegen S.<br />

aureus- Toxine und Superantigene zur übersteigerten und<br />

ineffizienten Immunantwort <strong>de</strong>s Patienten mit AE bei [35]. Damit<br />

herrscht eine Inbalance zwischen (übermäßiger) Stimulation <strong>de</strong>s<br />

(atopischen) Immunsystems v.a. durch Staphylokokken-<br />

Superantigene, verstärkt durch ein vermehrtes T-cell homing und<br />

allergische IgE-Synthese, bei gleichzeitiger Abwehrschwäche <strong>de</strong>s<br />

(atopischen) Immunsystems durch die mangeln<strong>de</strong> Produktion von<br />

Defensinen (LL37, HBD2, HBD3) und spezifischen Zytokinen.<br />

Dies führt zu verstärkter Entzündungsreaktion und Exazerbation<br />

<strong>de</strong>s Ekzems [35].<br />

Malassezia furfur<br />

Vor allem bei Ekzemen im Kopf-Hals-Bereich (sogenannte head<br />

and neck <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis) wer<strong>de</strong>n verstärkt Reaktionen gegen die<br />

Hefepilze Malassezia (Pityrosporum) und Candida nachgewiesen<br />

[36,37]. Es wer<strong>de</strong>n – analog zu S. aureus – allergische Ursachen<br />

vermutet, da häufig spezifische IgE-Antikörper bei Patienten mit<br />

AE nachgewiesen wer<strong>de</strong>n [38,39]. Auch positive APT-Reaktionen<br />

auf Malassezia Allergene sind bekannt [37]. Klinisch wur<strong>de</strong>n<br />

positive Ergebnisse antimykotischer <strong>Therapie</strong>n berichtet, allerdings<br />

han<strong>de</strong>lte es sich bisher um systemische <strong>Therapie</strong>n mit zusätzlich<br />

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Triggerfaktoren und Prävention 31<br />

antiinflammatorischem Effekt, so daß kontrollierte Studien zu<br />

topischer antimykotischer <strong>Therapie</strong> folgen sollten [40,41].<br />

Textilien<br />

Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n individuellen spezifischen allergischen<br />

Reaktionen stellen Textilien einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n generellen<br />

Provokationsfaktor <strong>de</strong>s AE dar [42]. Während das irritative<br />

Potenzial bestimmter Textilien eine große Zahl von Patienten mit<br />

AE betrifft (Wolle-Unverträglichkeit), und beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im<br />

Kin<strong>de</strong>salter über einen vestärkten Juckreiz zu einer<br />

Ekzemverschlechterung führt, sind allergische Reaktionen auf<br />

Textilien sehr selten [43,44].<br />

Hautirritation durch Textilien<br />

Wolle kann bei direktem Kontakt mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut von Patienten mit<br />

atopischem Ekzem Juckreiz auslösen beziehungsweise verstärken<br />

[43]. Dabei besteht ein klarer Zusammenhang zwischen Faser-<br />

Durchmesser und <strong>de</strong>m Ausmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Irritation. Die mechanisch<br />

bedingte Hautreizung ist umso größer, je gröber die Wolle ist,<br />

wobei die Ursache in <strong>de</strong>m verstärkten Eindringen <strong><strong>de</strong>r</strong> Faser in die<br />

Haut liegt [45]. Aufgrund dieser Erkenntnisse läßt sich gut<br />

verstehen, warum fein verarbeitete Wollmaterialien, wie z.B.<br />

Cashmere, im Allgemeinen eine bessere Hautverträglichkeit<br />

aufweisen. Erhöhte Temperatur und Feuchtigkeit können die<br />

irritative Wirkung von Textilien, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Wolle, steigern [4].<br />

Für synthetische Textilien gilt Ähnliches wie für Wolle. Auch sie<br />

besitzen ein Irritationspotenzial, welches ebenfalls von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Faserdicke abhängt. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Mikrofaser-Textilien zeichnen<br />

sich jedoch aufgrund ihres geringen Faserdurchmessers durch gute<br />

Hautverträglichkeit aus und wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n meisten Patienten mit<br />

AE vertragen. Bis heute sind Baumwolltextilien für Patienten am<br />

geeig<strong>net</strong>sten. Sie besitzen eine sehr gute Hautverträglichkeit und<br />

damit hohe Akzeptanz unter <strong>de</strong>n Patienten. Baumwolle besitzt<br />

zu<strong>de</strong>m eine gute Aufnahmekapazität von Feuchtigkeit und läßt sich<br />

auch bei hohen Temperaturen (95 O C) waschen. Grundsätzlich<br />

sollten beim Tragen Kleidung, die direkten Körperkontakt hat,<br />

mechanische Reizungen, wie z.B. das Scheuern von Nähten o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Etiketten, vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Hierbei sind einfache Handgriffe, wie<br />

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32 Triggerfaktoren und Prävention<br />

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das Wen<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Wäsche vor <strong>de</strong>m Anziehen hilfreich. Des Weiteren<br />

sollte das Trocknen von Baumwollwäsche möglichst an <strong><strong>de</strong>r</strong> Luft<br />

und nicht im Trockner erfolgen, da die hohen Temperaturen durch<br />

Strukturverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Fasern die Feuchtigkeitskapazität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kleidung verringern. Der daraus resultieren<strong>de</strong> Flüssigkeitsfilm<br />

zwischen Kleidung und Haut kann wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um eine Irritation auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Haut hervorrufen [4]. Eine weitere Möglichkeit, die Verträglichkeit<br />

von Baumwolle zu erhöhen, ist die Verwendung von Weichspülern,<br />

wie Hermanns und Mitarbeiter nachweisen konnten [46]. Mit einer<br />

Kontaktsensibilisierung durch Weichspüler ist nicht zu rechnen, wie<br />

eine große Studie mit über 4000 Proban<strong>de</strong>n gezeigt hat [47]. Bei<br />

Synthetikfasern scheint die Anwendung von Weichmachern keinen<br />

positiven Effekt zu haben, da die Textilien nach <strong>de</strong>m<br />

Waschvorgang feuchtigkeitsanziehend sind und somit ein<br />

irritieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Flüssigkeitsfilm auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut entstehen kann [4].<br />

Allergische Reaktionen auf Textilien<br />

Allergische Reaktionen auf Kleidungsmaterialien sind selten und<br />

spielen im Vergleich zu <strong>de</strong>n irritativen Einflüssen von Textilien<br />

eine untergeord<strong>net</strong>e Rolle [45]. Typ-I-Sensibilisierung gegenüber<br />

Kleidungsmaterialien sind extrem selten, Typ-IV-<br />

Sensibilisierungen gegenüber Stärke und Färbemittel, mit <strong>de</strong>nen die<br />

Textilien behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, fin<strong>de</strong>n sich häufiger. Hervorzuheben<br />

sind hierbei die sogenannten AZO-Farbstoffe, die in dunkel<br />

gefärbten Textilien vorkommen. Dispersions- Blau 106 und 124<br />

besitzen ein beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s hohes allergisches Potenzial und können zu<br />

schweren Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matiti<strong>de</strong>n führen [48]. Dunkel gefärbte<br />

Textilien, die direkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut aufliegen (z.B. Strumpfhosen), sollten<br />

daher von Patienten mit AE gemie<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> zumin<strong>de</strong>st vor <strong>de</strong>m<br />

ersten Tragen gewaschen wer<strong>de</strong>n.<br />

Textilien als <strong>Therapie</strong>prinzip<br />

Inzwischen wer<strong>de</strong>n Textilien regelmäßig als Therapeutika im<br />

Management <strong>de</strong>s AE eingesetzt. Dabei sind einerseits die<br />

mechanischen Eigenschaften und an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits die Eigenschaft als<br />

Trägermaterial für Wirkstoffe von Be<strong>de</strong>utung. Vor allem bei<br />

Säuglingen und Kleinkin<strong><strong>de</strong>r</strong>n haben sich sogenannte<br />

„Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis-Overalls“ bewährt. Sie bieten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> einen Seite<br />

mechanischen Schutz vor Kratzattacken und erhöhen auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

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Triggerfaktoren und Prävention 33<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite die Wirksamkeit von aufgetragenen Externa.<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s für die akute <strong>Therapie</strong> läßt sich dieser Effekt durch die<br />

anti-entzündliche Wirkung einer fett/feuchten Anwendung<br />

verstärken (sogenannte fett/feuchte Schlauchverbän<strong>de</strong>) [42]. Ein<br />

neues Konzept ist die Verwendung von Textilien mit<br />

antimikrobiellen Eigenschaften, die in ihrer Funktion nicht nur<br />

protektiv, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n zugleich gegen <strong>de</strong>n Provokationsfaktor S. aureus<br />

wirken und damit zwei Eigenschaften therapeutischer Strategien<br />

vereinbaren sollen. Gute Erfahrungen liegen mit silberbeschichteten<br />

Textilien vor (Padycare®, Fa. TexAMed, Gefrees). Es han<strong>de</strong>lt sich<br />

hierbei um Textilien aus Mikrofaser mit einem 20%igen<br />

Silberanteil. Die positiv gela<strong>de</strong>nen Silberionen bewirken<br />

Denaturierung <strong><strong>de</strong>r</strong> positiv gela<strong>de</strong>nen bakteriellen Zellwand. In vitro<br />

konnte ein guter antimikrobieller Effekt (gegen Staphylococcus<br />

aureus, Pseudomonas aeruginosa, Candida albicans) ohne relevante<br />

Zytotoxizität nachgewiesen wer<strong>de</strong>n. Auch in vivo konnte die gute<br />

antibakterielle Wirkung an Patienten mit AE in einem<br />

intraindividuellen Halbseitenvergleich gezeigt wer<strong>de</strong>n [49]. Die<br />

klinische Effektivität konnte in einer doppelblin<strong>de</strong>n,<br />

plazebokontrollierten, multizentrischen Studie mit 68 auswertbaren<br />

Patienten verifiziert wer<strong>de</strong>n. Nach zweiwöchiger Tragezeit kam es<br />

zu einer statistisch signifikanten Besserung <strong>de</strong>s SCORAD („Scoring<br />

of atopic <strong><strong>de</strong>r</strong>matitis“) bei einem, mit Baumwolle vergleichbaren<br />

Tragecomfort. Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n Juckreiz, Schlafqualität und<br />

Hautbefund im Vergleich zu Baumwolle subjektiv signifikant<br />

besser eingeschätzt, Nebenwirkungen wur<strong>de</strong>n nicht berichtet.<br />

[Gauger et al., unpublished data] Kontrollierte Studien zur<br />

möglichen Absorption von Silberionen in die Haut fehlen jedoch<br />

bisher.<br />

Zusammenfassung<br />

Eine Vielzahl von individuellen und generellen Trigger-<br />

(Provokations-) faktoren spielen eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle im<br />

Gesamtbild <strong>de</strong>s atopischen Ekzems. Einen <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten<br />

allergischen Provokationsfaktoren stellt sicherlich die Reaktion auf<br />

Aeroallergene dar, welche durch eine <strong>de</strong>fekte Hautbarriere bei<br />

Patienten mit AE geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wird. Nahrungsmittelallergien sind zwar<br />

im Säuglingsalter von erheblichem Belang, nehmen jedoch im<br />

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34 Triggerfaktoren und Prävention<br />

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Laufe <strong>de</strong>s Lebens an Be<strong>de</strong>utung ab und fin<strong>de</strong>n sich im<br />

Erwachsenenalter v.a. als sogenannte pollenassoziierte<br />

Unverträglichkeiten. Die mikrobielle Besie<strong>de</strong>lung, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e mit<br />

S. aureus, hat einen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Stellenwert bei Patienten mit AE,<br />

da spezifische immunologische Fehlmechanismen bei dieser<br />

Erkrankung zwar nicht zu einer Beseitigung <strong>de</strong>s Keims, jedoch zu<br />

massiver Entzündungsreaktion führen, die antiseptische<br />

Maßnahmen in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Therapie</strong> sinnvoll erscheinen lassen. Spezielle<br />

Textilien mit antimikrobiellen Eigenschaften vereinen dieses<br />

<strong>Therapie</strong>prinzip mit <strong>de</strong>m protektiven Effekt gut verträglicher<br />

Kleidung vergleichbar mit Baumwolle als <strong>de</strong>m bekannten „Gol<strong>de</strong>n<br />

Standard“ bei Patienten mit AE.<br />

Zusammenfassend können Triggerfaktoren die Ausprägung, <strong>de</strong>n<br />

Entzündungsgrad und Exazerbationshäufigkeit <strong>de</strong>s atopischen<br />

Ekzems maßgeblich beeinträchtigen. Umgekehrt kann ihre<br />

Meidung als Prävention und therapeutische Maßnahme in <strong>de</strong>m<br />

komplexen Krankheitsbild angesehen wer<strong>de</strong>n und zum<br />

Wohlbefin<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten beitragen.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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38 Triggerfaktoren und Prävention<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 39<br />

<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

Konsenspapier <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgruppe LATOPIA<br />

J. <strong>Wohlrab</strong> 1,2 , F. Steierhoffer 2<br />

1 Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie; 2 Institut<br />

für angewandte Dermatopharmazie <strong><strong>de</strong>r</strong> Martin-Luther-Universität Halle-<br />

Wittenberg<br />

Präambel<br />

Präambel 39<br />

LATOPIA 40<br />

Ziel <strong>de</strong>s Konsenspapiers 40<br />

Notwendigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> adjuvanten <strong>Therapie</strong> 41<br />

Basistherapie 41<br />

Grundlagen <strong><strong>de</strong>r</strong> epikutanen Applikation 42<br />

Spezifische Wirkstoffe 44<br />

Aspekte <strong>de</strong>s Patientenmanagements 50<br />

Aspekte <strong>de</strong>s Krankheitsmanagements 51<br />

Anhang mit Wirkstoffdossiers 53<br />

Das vorliegen<strong>de</strong> Konsenspapier stellt eine Empfehlung dar, die<br />

nach <strong>de</strong>m aktuellen Stand <strong>de</strong>s ärztlichen Wissens, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis<br />

naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und <strong><strong>de</strong>r</strong> wissenschaftlichen<br />

Informationen sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> praktischen Erfahrung erstellt wur<strong>de</strong>. Die<br />

Inhalte sollen Ärztinnen und Ärzten sowie Mitarbeitern an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Berufsgruppen, die an <strong><strong>de</strong>r</strong> Versorgung von Patienten beteiligt sind,<br />

eine Anleitung für eine optimierte Handlungsweise geben. Die<br />

Autoren dieses Konsenspapiers haben bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erstellung<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Wert auf die Validierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Empfehlungen durch<br />

GCP-konforme klinische Studien gelegt. Häufig stützen sich aber<br />

die Inhalte auf breite Erfahrungswerte, da validierte klinische Daten<br />

nicht verfügbar sind bzw. <strong>de</strong>n Autoren nicht bekannt waren.<br />

Die Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> Empfehlungen fällt in <strong>de</strong>n persönlichen<br />

Entscheidungsbereich eines je<strong>de</strong>n Nutzers. Auch wenn die Autoren<br />

größtmögliche Sorgfalt bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erstellung und Recherche <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Inhalte haben walten lassen, sind Irrtümer, Fehler und<br />

____________________________________________________________________________<br />

<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


40 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Qualitätsmängel nicht auszuschließen. Umfang und Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Versorgung von Patienten und die Auswahl diagnostischer und<br />

therapeutischer Strategien sind in die Verantwortlichkeit eines<br />

je<strong>de</strong>n Arztes gestellt.<br />

LATOPIA<br />

LATOPIA ist eine Gruppe von interessierten und engagierten<br />

Ärzten und Apothekern, die optimierte Konzepte für die adjuvante<br />

Basistherapie von Patienten mit chronischen Hauterkrankungen<br />

erarbeiten und weiterentwickeln.<br />

Zur Erreichung dieses Ziels suchen die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA<br />

<strong>de</strong>n fachlichen Konsens zwischen erfahrenen nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelassenen<br />

Dermatologen, engagierten Klinikärzten und Apothekern. Dabei<br />

wird beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s auf die Praxis-relevante und Patienten-orientierte<br />

Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> erarbeiteten Inhalte Wert gelegt. LATOPIA sucht<br />

<strong>de</strong>n Kontakt zu Patienten, Selbsthilfegruppen, versorgen<strong>de</strong>n<br />

Dermatologen, klinisch sowie experimentell orientierten<br />

Wissenschaftlern und <strong><strong>de</strong>r</strong> Kosmetik- und Pharmaindustrie.<br />

Innerhalb <strong>de</strong>s Arbeitskreises sind Arbeitsgruppen aktiv, die sich mit<br />

gemeinsam benannten Schwerpunkten befassen. Ziel ist es,<br />

Konsenspapiere als Standards für die praktische Anwendung zu<br />

erarbeiten und durch Publikationen und<br />

Informationsveranstaltungen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Kollegen verfügbar zu<br />

machen. LATOPIA befürwortet die konstruktive fachliche und<br />

wissenschaftliche Diskussion <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsinhalte ausdrücklich und<br />

ist an <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeit engagierter Fachkollegen in <strong>de</strong>n Fachgruppen<br />

interessiert. Durch die regelmäßige Information und Abstimmung<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Dermatologischen Gesellschaft sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Arbeitsgruppen sollen die Arbeitsergebnisse als Ergänzung zu <strong>de</strong>n<br />

bereits verfügbaren Leitlinien dienen.<br />

Ziele <strong>de</strong>s Konsenspapiers<br />

Die Inhalte <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Konsenspapiers sollen Ärzten als<br />

Anleitung und Hilfe bei <strong><strong>de</strong>r</strong> individuellen, Patienten-bezogenen,<br />

Krankheitsphasen-adaptierten Konzeption einer adjuvanten<br />

Basistherapie von Patienten mit atopischer <strong>Dermatitis</strong> dienen sowie<br />

Apothekern helfen, eine fundierte und praxisrelevante Beratung<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 41<br />

Betroffener zu leisten, um ein einheitliches Versorgungs- und<br />

Beratungskonzept zu ermöglichen.<br />

Notwendigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> adjuvanten <strong>Therapie</strong><br />

Nach heutigem pathoge<strong>net</strong>ischen Verständnis han<strong>de</strong>lt es sich bei<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> um einen Symptomenkomplex, <strong>de</strong>n<br />

Patienten mit einer ge<strong>net</strong>isch fixierten Disposition zu einem Atopie-<br />

Syndrom entwickeln können. Die Ausprägung <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptome,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Schweregrad und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlauf kann durch exogene und<br />

endogene Triggerfaktoren individuell sehr unterschiedlich<br />

beeinflusst wer<strong>de</strong>n.<br />

Obwohl die pathoge<strong>net</strong>ischen Zusammenhänge weitgehend<br />

unbekannt sind, können eine Vielzahl pathophysiologischer<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen am Hautorgan selber, aber auch an an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Organen beobachtet wer<strong>de</strong>n. Für das Hautorgan hat die verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />

Funktionsstruktur <strong>de</strong>s Stratum corneum eine große Be<strong>de</strong>utung.<br />

Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die gestörte Barrierefunktion wird für sekundäre<br />

pathologische Szenarien mit verantwortlich gemacht. Deren<br />

therapeutische funktionelle Restitution ist das Hauptziel <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

adjuvanten epikutanen Applikation von Externa.<br />

Basistherapie<br />

Die Barrierefunktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis wird überwiegend durch <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

äußerste Schicht, das Stratum corneum (Hornschicht), realisiert. Die<br />

Hornschicht besteht aus drei wesentlichen funktionsstrukturellen<br />

Elementen: 1. im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Differenzierung gebil<strong>de</strong>te<br />

Korneozyten (Apoptose-ähnlicher Prozess), 2. aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

interzellulären Lipidsubstanz, 3. aus wasserbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Substanzen<br />

(natürlicher Feuchthaltefaktor). Nach heutigem Kenntnisstand sind<br />

für eine physiologische Funktion nicht nur die Quantität und die<br />

Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Elemente, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch <strong><strong>de</strong>r</strong>en molekulare<br />

Ordnung von Be<strong>de</strong>utung. Insgesamt lassen sich komplexe<br />

physikochemische und biologische Konditionen benennen, die<br />

unter physiologischen Bedingungen die regulierte Barriere bil<strong>de</strong>n.<br />

Da bei Patienten, die an einer atopischen <strong>Dermatitis</strong> lei<strong>de</strong>n, die<br />

Barrierefunktion mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger stark eingeschränkt ist, ist eine<br />

therapeutische Substitution sinnvoll und notwendig, um die<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


42 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

_____________________________________________________________________________________<br />

entzündliche Reaktion zu supprimieren und physiologische<br />

Bedingungen zu rekonstruieren. Auch im klinisch symptomfreien<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> –armen Intervall lassen sich <strong><strong>de</strong>r</strong>artige<br />

Funktionseinschränkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Barriere nachweisen. Vor diesem<br />

Hintergrund ist die Anwendung von epikutan applizierten Externa<br />

zur funktionellen Rekonstituierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Barriere sowohl im<br />

symptomfreien wie im symptomatischen Krankheitsintervall<br />

rational begrün<strong>de</strong>t. Die verwen<strong>de</strong>ten galenischen Zubereitungen<br />

wer<strong>de</strong>n als Basistherapeutika1 bezeich<strong>net</strong>.<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwendung <strong><strong>de</strong>r</strong>artiger Basistherapeutika kann die<br />

additive Applikation von Wirksubstanzen zur Desinfektion o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Antibiose, zur Juckreizhemmung, zur Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wasserbindungskapazität bzw. zur Beeinflussung weiterer Faktoren<br />

Teil <strong>de</strong>s therapeutischen Konzepts sein. Weitere adjuvante<br />

Maßnahmen, die <strong>de</strong>n therapeutischen Erfolg unterstützen, wer<strong>de</strong>n<br />

im vorliegen<strong>de</strong>n Konsenspapier ausgespart.<br />

Grundlagen für die epikutane Applikation<br />

Die Grundlage einer topischen Präparation dient als Träger für<br />

unterschiedliche Arzneistoffe und besitzt darüber hinaus eine<br />

Eigenwirkung. Die Eignung einer Grundlage für ein konkretes<br />

therapeutisches Ziel ist somit abhängig von <strong>de</strong>n physikochemischen<br />

Eigenschaften <strong>de</strong>s o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> integrierten Arzneistoffe sowie vom<br />

individuellen Hautzustand.<br />

Letzterer wird insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Barriere- und<br />

Reservoirfunktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wasserabgabe (z.B.<br />

Okklusion) sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> metabolischen Aktivität einzelner<br />

Kompartimente beeinflusst. Dies ist für eine Vielzahl von<br />

galenischen Rohstoffen belegt. Weiterhin sind toxisch-irritative<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> sensibilisieren<strong>de</strong> Eigenschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Inhaltsstoffe zu beachten,<br />

<strong>de</strong>nen eine große praktische Relevanz zukommt. Neben <strong>de</strong>n<br />

Rohstoffen <strong><strong>de</strong>r</strong> Salbengrundlage sind Konservierungs-, Farb- und<br />

Duftstoffe, Emulgatoren, Stabilisatoren und weitere Hilfsstoffe in<br />

diesem Zusammenhang von Be<strong>de</strong>utung.<br />

Da die atopische <strong>Dermatitis</strong> eine in Schüben verlaufen<strong>de</strong>,<br />

chronische Dermatose darstellt, ein inhomogenes klinisches Bild<br />

1 Einige Autoren bezeichnen diese auch als Pflegetherapeutika<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 43<br />

bietet und unterschiedliche Triggerfaktoren <strong>de</strong>m Krankheitsverlauf<br />

eine sehr individuelle Note geben, kann kein einheitliches<br />

therapeutisches Konzept postuliert wer<strong>de</strong>n. Dies gilt auch und<br />

gera<strong>de</strong> für die adjuvante Basistherapie.<br />

Die praktische Erfahrung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Betreuung von atopischen<br />

Patienten lehrt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> für das klinisch symptomfreie o<strong><strong>de</strong>r</strong> –arme<br />

Intervall typische trockene Hautzustand auch die Wahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Grundlage wesentlich bestimmt. Meist wer<strong>de</strong>n hierbei geeig<strong>net</strong>e<br />

Lipidkombinationen als Vehikel eingesetzt, um einen Barriereeffekt<br />

zu erzielen. Die damit bewirkte Okklusion kann aber auch sehr<br />

ungünstige Effekte vermitteln. Es sei hier eindringlich darauf<br />

hingewiesen, dass die Anwendung von <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen lipidreichen<br />

Zubereitungen (z.B. lipophile Salbe) bei akuten, nässen<strong>de</strong>n, meist<br />

staphylogen superinfizierten Arealen zu einer Verschlechterung <strong>de</strong>s<br />

Hautzustan<strong>de</strong>s beiträgt. Eine dynamische, Krankheitsphasenadaptierte,<br />

stark individualisierte Konzeption einer adjuvanten<br />

Basistherapie ist einem starren, uniformen Vorgehen nach unseren<br />

Erfahrungen <strong>de</strong>utlich überlegen.<br />

Die traditionelle Sichtweise <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung von O/W-Emulsionen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schüttelmixturen bei akuten Schüben bzw. von W/O-<br />

Emulsionen, wasserfreien (Fett-)Salben o<strong><strong>de</strong>r</strong> weichen Pasten bei<br />

chronischen Stadien ist aus mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner Sicht nur noch bedingt<br />

zeitgemäß. Galenisches Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung lipidreicher<br />

Basistherapeutika ist eine möglichst rasche, gleichmäßige<br />

Verteilung innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht, ohne diese zu permeieren. In<br />

diesem Zusammenhang hat sich die Anwendung liposomaler,<br />

oleosomaler, lamellärer und an<strong><strong>de</strong>r</strong>er kolloidaler Systeme<br />

(Nanopartikel, Mikroemulsionen) bewährt, die aufgrund ihrer hohe<br />

Effektivität und kosmetische Akzeptanz zunehmend Anwendung<br />

fin<strong>de</strong>n. Wegen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utlich komplexeren Aufbaus <strong><strong>de</strong>r</strong>artiger<br />

Systeme gestaltet sich aber die Einarbeitung von Arzneistoffen<br />

meist aufwändiger. Grundsätzlich sollten nur Magistralrezepturen<br />

Verwendung fin<strong>de</strong>n, die hinsichtlich ihrer galenischen und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>matopharmazeutischen Sinnhaftigkeit und Stabilität nach<br />

anerkannten Kriterien überprüft sind.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


44 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

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Spezifische Wirkstoffe 2<br />

Zur sinnvollen Anwendung spezifischer Wirkstoffe o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wirkstoffkombinationen als Additiva in Basistherapeutika ist die<br />

Definition eines klaren therapeutischen Ziels Grundvoraussetzung.<br />

Dazu müssen die pharmakoki<strong>net</strong>ischen und -dynamischen<br />

Grun<strong>de</strong>igenschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Wirkstoffe bekannt und nach<br />

anerkannten Kriterien charakterisiert sein. Kosmetische<br />

Wirkstoffgemische o<strong><strong>de</strong>r</strong> pflanzliche Extrakte sind nur dann<br />

akzeptable Additiva, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong>en chemische Zusammensetzung<br />

bekannt und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Charakterisierung wie genannt erfolgt ist.<br />

Gleichwohl lässt sich einem Wirkstoff nicht immer nur ein klarer<br />

therapeutischer Effekt zuordnen, da die pathoge<strong>net</strong>ischen und<br />

pharmakodynamischen Faktoren einan<strong><strong>de</strong>r</strong> bedingen bzw.<br />

beeinflussen.<br />

Grundsätzlich sollte die Konzeption <strong><strong>de</strong>r</strong> galenischen Optimierung<br />

eines Präparates nach Möglichkeit auf einen Wirkstoff ausgerichtet<br />

wer<strong>de</strong>n (Monopräparate). Kombinationspräparate sind häufig<br />

pharmazeutisch unsinnig bzw. stellen galenische<br />

Kompromisslösungen dar, die keine optimierte Wirkung erwarten<br />

lassen.<br />

Hydratisieren<strong>de</strong> und hygroskopische Substanzen<br />

Zur relevanten Erhöhung <strong>de</strong>s Wassergehalts <strong>de</strong>s Stratum corneum<br />

ist nicht allein die Applikation einer hydrophilen Phase von<br />

Be<strong>de</strong>utung. Wasserbin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Faktoren realisieren die Stabilität eines<br />

wässrigen Kompartiments innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> ansonsten lipophil<br />

geprägten Barriereschicht. Neben Harnstoff haben sich Glycerol<br />

(auch in Kombination mit Harnstoff) o<strong><strong>de</strong>r</strong> Sorbitol als sehr wirksam<br />

erwiesen. Aber auch Dexpanthenol/Panthenol, Allantoin o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Milchsäure können als etabliert angesehen wer<strong>de</strong>n. Propylenglycol<br />

hingegen wird wegen <strong>de</strong>s „stinging effect“ zunehmend gemie<strong>de</strong>n.<br />

Der Einsatz von Aminosäuren o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>en Derivaten, die z.T. auch<br />

Bestandteil <strong>de</strong>s „Natural Moisturizing Factors“ sind, stellt zwar<br />

einen sehr innovativen Ansatz dar, kann aber <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit noch nicht<br />

abschließend beurteilt wer<strong>de</strong>n.<br />

2 siehe Anhang mit Wirkstoffdosiers<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 45<br />

Harnstoff<br />

Harnstoff ist galenisch als problematisch anzusehen. Dies gilt<br />

sowohl hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Stabilität (Zersetzung in Ammoniumcyanat,<br />

Ammoniak und Kohlendioxid), als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Handhabbarkeit bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einarbeitung in verschie<strong>de</strong>ne Vehikelsysteme. Zu<strong>de</strong>m besitzt<br />

Harnstoff eine konzentrationsabhängige irritativ-toxische Wirkung,<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e auf stark entzündlich verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Arealen. Dieser,<br />

durch die Patienten als Brennen empfun<strong>de</strong>ne Effekt, kann als<br />

lokaler Triggerfaktor <strong><strong>de</strong>r</strong> Hautsymptome wirken.<br />

Glycerin<br />

Glycerin ist ein schwerflüchtiger dreiwertiger Alkohol, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />

Wasser mischbar ist. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in Kombination mit Harnstoff<br />

hat sich die Anwendung als Barriere-protektiv bewährt. Glycerin ist<br />

Bestandteil einer Vielzahl von etablierten Basistherapeutika und gilt<br />

als unbe<strong>de</strong>nklich.<br />

Pantothensäure/Panthenol<br />

Die zu <strong>de</strong>n B-Vitaminen gehörige Pantothensäure ist Bestandteil<br />

<strong>de</strong>s Coenzyms A, wird aber wie ihr Alkohol (Panthenol) synthetisch<br />

hergestellt. Pantothensäure ist sehr instabil und gut wasserlöslich.<br />

Panthenol wird in <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut zu Pantothensäure umgebaut, ist aber<br />

galenisch stabiler. Neben <strong>de</strong>m Barriere-protektiven Effekt, wird <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Pantothensäure eine granulations- und epithelisierungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong><br />

Wirkung zugeschrieben. Letzteres bedingt die häufige Anwendung<br />

als Wundsalbe.<br />

Lipidzusätze<br />

Cerami<strong>de</strong><br />

Cerami<strong>de</strong> sind komplexe polare Lipi<strong>de</strong>, die als das morphologische<br />

Äquivalent <strong><strong>de</strong>r</strong> Barriere angesehen wer<strong>de</strong>n. Es gibt eine Vielzahl<br />

von Subtypen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en analytische Erfassung erst seit kurzem<br />

möglich ist und <strong><strong>de</strong>r</strong>en individuelle funktionelle Be<strong>de</strong>utung für das<br />

Stratum corneum bisher nur unzureichend bekannt ist. Nach<br />

heutigem Kenntnisstand ist ein beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es Ceramid-Muster in<br />

qualitativer und quantitativer Hinsicht für die Funktion <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hornschicht verantwortlich. Die topische Applikation von bisher<br />

verfügbaren synthetischen Cerami<strong>de</strong>n und Ceramidmischungen<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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46 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

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führt, wenn überhaupt nur zu einer kurzfristigen Substitution <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Barriere. Die erhoffte morphologische Integration <strong><strong>de</strong>r</strong> applizierten<br />

Cerami<strong>de</strong> in die Bilayer-Strukturen <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht zum Zwecke<br />

einer funktionellen Substitution konnte bisher nicht nachgewiesen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Fettsäuren<br />

Die Synthese <strong><strong>de</strong>r</strong> Cerami<strong>de</strong> erfolgt aus unterschiedlichen<br />

Bausteinen. Fettsäuren spielen dabei eine ganz entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle.<br />

Zu<strong>de</strong>m sind sie selber wichtiger Bestandteil <strong>de</strong>s Stratum corneum<br />

und besitzen Barriere-för<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Effekte. Aus diesem Grund wird<br />

die topische Applikation von freien Fettsäuren (FFS) praktiziert.<br />

Eine funktionelle Substitution ist aber nur bedingt nachweisbar.<br />

Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e kann eine relevante Substitution im Hinblick auf die<br />

Induktion <strong><strong>de</strong>r</strong> endogenen Ceramidsynthese nahezu ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n, da die FFS nicht o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur in sehr geringem Ausmaß in die<br />

Keratinozyten eindringen.<br />

N-Acetylethanolamine<br />

N-Acylphosphatidylethanolamine (N-acyl PE) sind physiologische<br />

Lipi<strong>de</strong>, die im Stratum granulosum vorkommen und stressabhängig,<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e UV-abhängig exprimiert wer<strong>de</strong>n. Sie können an<br />

cannabinoi<strong>de</strong> Rezeptoren bin<strong>de</strong>n und über second messenger einen<br />

antientzündlichen Effekt vermitteln. Zu<strong>de</strong>m besitzen sie<br />

physikochemische Eigenschaften um reaktive Sauerstoffspezies<br />

(ROS) zu neutralisieren.<br />

Desinfizieren<strong>de</strong> Substanzen<br />

Triclosan<br />

Die Anwendung von Triclosan in topischen Zubereitungen<br />

(ausschließlich mit lipophilem Grundcharakter) hat sich sehr<br />

bewährt. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Keimdichte von<br />

Staphylokokken (Staph. aureus) als häufiger Triggerfaktor, aber<br />

auch von gramnegativen Keimen (Klebsiella, Proteus) ist<br />

therapeutisch sehr effektiv.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 47<br />

Farbstoffe<br />

Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e das Triphenylmethan<strong><strong>de</strong>r</strong>ivat Brillantgrün besitzt eine<br />

zuverlässige und klinisch bewährte antimikrobielle Wirksamkeit. Es<br />

wirkt durch Entzug von H + -Ionen von Nukleotid-Donatoren auf<br />

grampositive Bakterien bakterizid und auf Dermatophyten und<br />

Hefepilze fungistatisch. Pyoktanin, Fuchsin und Eosin sind wegen<br />

<strong>de</strong>s geringeren antimikrobiellen Effektes für eine topische <strong>Therapie</strong><br />

weniger geeig<strong>net</strong>. Gentianaviolett, eine Mischung verschie<strong>de</strong>n<br />

methylierter p-Rosaniline und Kristallviolett fin<strong>de</strong>t hingegen häufig<br />

Anwendung.<br />

Chlorhexidin<br />

Chlorhexidin ist ein synthetisches kationisches Antiseptikum mit<br />

guter Wirksamkeit gegenüber grampositiven und gramnegativen<br />

Keimen sowie in geringerem Ausmaß auch Candida albicans. Zur<br />

Anwendung an <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut sind Chlorhexidingluconat (Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>, Salben)<br />

sowie Chlorhexidindiacetat (Gaze) in Gebrauch. Chlorhexidin<br />

lagert sich als kationisches Biguanid an die negativ gela<strong>de</strong>ne<br />

Oberfläche von Bakterien an. Durch die hierbei ausgelöste<br />

Ladungsumkehr wer<strong>de</strong>n u.a. membrangebun<strong>de</strong>ne Enzyme wie die<br />

bakterielle ATPase gehemmt. Der Einsatz insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in<br />

superinfizierten Arealen hat sich bewährt.<br />

Chinolin-Derivate<br />

Die Chinolin-Derivate 8-Chinolinol (Cloxiquin, Clioquinol) und<br />

Methylchinolinol (Chlorquinaldon) bil<strong>de</strong>n intrazellulär lipophile<br />

Metall-Chelatkomplexe, die toxisch sind. Die Wirksamkeit gegen<br />

grampositive Keime ist schwächer als gegen Dermatophyten.<br />

Darüber hinaus wird über erhöhte Sensibilisierungspotenz sowie ein<br />

Irritationspotenzial bei <strong>de</strong>n halogenierten Substanzen berichtet.<br />

Kaliumpermanganat<br />

Durch Abspaltung von Sauerstoff wirkt Kaliumpermanganat als<br />

Oxidationsmittel und damit <strong>de</strong>sinfizierend. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung<br />

entsteht Braunstein, <strong><strong>de</strong>r</strong> zu Verfärbungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut führen kann.<br />

Kaliumpermanganat (als standardisierte Lösung) hat sich als Zusatz<br />

in Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Waschwasser bewährt.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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48 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

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Wasserstoffperoxid<br />

Wasserstoffperoxid vermag durch Abspaltung von Sauerstoff eine<br />

oxidative Wirkung zu entfalten. Diese führt zu einem kurzfristigen,<br />

gleichwohl starken <strong>de</strong>sinfizieren<strong>de</strong>n Effekt. Da Wasserstoffperoxid<br />

nur im sauren Milieu stabil ist, wer<strong>de</strong>n häufig geringe Mengen<br />

diverser Säuren zugesetzt, die einen irritativen Effekt vermitteln<br />

können. In einer mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen, optimierten Galenik wird<br />

Wasserstoffperoxid erst nach topischer Applikation<br />

temperaturabhängig liberiert.<br />

Povidon-Jod<br />

Polyvinylpyrrolidon (PVP) bil<strong>de</strong>t mit Jod einen Komplex, wobei<br />

das freie Jod nach Verbrauch durch gebun<strong>de</strong>nes ersetzt wird. Durch<br />

Oxidation bzw. Halogenierung von Histidin und Tyrosin wird eine<br />

Denaturierung von Eiweißen bewirkt. Die Substanz ist gut haut-<br />

und schleimhautverträglich und besitzt ein geringes<br />

Sensibilisierungspotential.<br />

Juckreizhemmen<strong>de</strong> Substanzen<br />

Lokalanästhetika<br />

Die eutektische Mischung aus Lidocain und Prilocain bewirkt einen<br />

lokalanästhetischen Effekt, <strong><strong>de</strong>r</strong> von Patienten meist als unangenehm<br />

empfun<strong>de</strong>n wird, da es neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Juckreizhemmung zu<br />

sensorischen Beeinträchtigungen kommt. Weiterhin ist das<br />

sensibilisieren<strong>de</strong> Potential insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong><strong>de</strong>r</strong> parasubstituierten<br />

Benzol<strong><strong>de</strong>r</strong>ivate <strong>de</strong>s Estertyps zu beachten. Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkstärke als<br />

gering einzustufen ist Polidocanol, welches amphotere Strukturen<br />

besitzt, die mit Tensi<strong>de</strong>n vergleichbar und <strong>de</strong>shalb mit W/O-<br />

Cremegrundlagen inkompatibel sind.<br />

Gerbstoffe<br />

Bei <strong>de</strong>n heute üblicherweise verwen<strong>de</strong>ten synthetischen<br />

Gerbstoffen han<strong>de</strong>lt es sich um Kon<strong>de</strong>nsate von Phenolsulfonsäure,<br />

Harnstoff, Formal<strong>de</strong>hyd o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kresolsulfonsäure. Neben einem<br />

geringen lokalanästhetischen und somit antipruriginösen Effekt<br />

wirken sie adstringierend. Natürliche Gerbstoffe, wie Tannin,<br />

wer<strong>de</strong>n heute nur noch selten eingesetzt.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 49<br />

Antihistaminika<br />

Die sinnvolle Anwendung von topischen Antihistaminika setzt<br />

zunächst voraus, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> bestehen<strong>de</strong> Juckreiz auch histaminerg<br />

vermittelt wird. Dies trifft bei Atopikern nur bedingt zu. Selbst die<br />

Anwendung systemischer Antihistaminika, die nichtsedierend<br />

wirken und zu<strong>de</strong>m einen Eosinophilenmigrations-hemmen<strong>de</strong>n<br />

Effekt vermitteln, bewirkt häufig nur einen geringen bis keinen<br />

antipruriginösen Effekt. Dies kann aber individuell sehr<br />

unterschiedlich sein. Die Applikation topischer Antihistaminika ist<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel ohne Effekt und wird auch nur selten praktiziert.<br />

Weitere juckreizhemmen<strong>de</strong> Substanzen<br />

Berichte über die topische Anwendung von Capsaicin o<strong><strong>de</strong>r</strong> Doxepin<br />

sind als unzureichend validiert einzustufen. Die Anwendung von<br />

Phenol ist obsolet. Menthol wirkt irritierend.<br />

Weitere Anmerkungen<br />

Hautreinigung<br />

Die Verwendung von Syn<strong>de</strong>ts mit leicht saurem pH-Wert (pH 5,5)<br />

wird als optimal angesehen. Hingegen gilt die Anwendung von<br />

Seifen (Hydroxylionenbildung) o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar Natriumlaurylsulfathaltiger<br />

Zusätze (Irritation) als unzweckmäßig. Rückfetten<strong>de</strong><br />

Zusätze wie Lecithin, Fettsäuren, Pflanzenöle o<strong><strong>de</strong>r</strong> Cerami<strong>de</strong><br />

erhöhen die subjektiven Anwendungseigenschaften, haben aber<br />

ansonsten nur geringe Effekte. Mil<strong>de</strong> Tensi<strong>de</strong> wie Zuckertensi<strong>de</strong><br />

(Alkylpolyglucosi<strong>de</strong>) o<strong><strong>de</strong>r</strong> Aminosäuretensi<strong>de</strong> (Acylglutamate) sind<br />

empfehlenswert. Allgemein gilt, dass häufiges, langes und heißes<br />

Waschen, Duschen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ba<strong>de</strong>n vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n soll.<br />

Fett-feucht Behandlung<br />

Die fett-feuchte Behandlung hat sich als einfache, gleichwohl etwas<br />

aufwendigere Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> antipruriginösen <strong>Therapie</strong> sehr bewährt.<br />

Das betroffene Areal bzw. das gesamte äußere Integument (Kopf<br />

wird ausgespart) wird mit einer sehr fettreichen Grundlage<br />

eingesalbt und anschließend mit feuchten Tüchern,<br />

Schlauchverbän<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> Laken be<strong>de</strong>ckt. Grundsätzlich können<br />

auch <strong>de</strong>sinfizieren<strong>de</strong> Zusätze <strong><strong>de</strong>r</strong> fettreiche Grundlage (z.B.<br />

Triclosan) o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m Tränkwasser (z.B. Chlorhexidin) beigefügt<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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50 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

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wer<strong>de</strong>n. Das beschriebene Vorgehen kann bedarfsgerecht mehrfach<br />

täglich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt wer<strong>de</strong>n und bewirkt auch einen<br />

antientzündlichen Effekt.<br />

Konservierungsstoffe, Duftstoffe<br />

Grundsätzlich ist die Konservierung von topischen Präparationen,<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e wasserhaltiger Zubereitungen, sinnvoll und<br />

notwendig. Substanzen, die als konservieren<strong>de</strong> Zusätze<br />

Verwendung fin<strong>de</strong>n, können sensibilisieren<strong>de</strong> Eigenschaften<br />

besitzen. Erfahrungsgemäß sind <strong><strong>de</strong>r</strong>artige Allergien bei atopischen<br />

Patienten nicht von beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s großer praktischer Relevanz. Dies<br />

gilt in gleicherweise für die gängigen Duftstoffe. Gleichwohl bleibt<br />

hier die grundsätzlich hohe Prävalenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Duftstoffallergie in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Allgemeinbevölkerung (1-2%) zu berücksichtigen. Deshalb ist die<br />

Verwendung von duftstofffreien Zubereitungen empfehlenswert.<br />

Grundsätzlich sollte vor diesem Hintergrund auf alle galenisch o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

pharmazeutisch überflüssigen Zusätze o<strong><strong>de</strong>r</strong> Hilfsstoffe verzichtet<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Phytosubstanzen<br />

Die topische Anwendung von Phytosubstanzen ist zwar häufig, aber<br />

aus pharmazeutischer Sicht als wenig standardisiert zu bewerten.<br />

Auch wenn für einige Substanzen pharmakologische Grunddaten<br />

zum Wirksamkeitsnachweis vorliegen, fehlen meist validierte<br />

klinische Studien für die verfügbaren Präparate.<br />

Aspekte <strong>de</strong>s Patientenmanagements<br />

Um ein optimiertes Betreuungskonzept für Patienten mit einer<br />

atopischen Disposition bzw. einer manifesten atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

zu gewährleisten, müssen alle an <strong><strong>de</strong>r</strong> Versorgung <strong><strong>de</strong>r</strong> Betroffenen<br />

Beteiligten konzertiert agieren. Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Abstimmung zwischen<br />

Arzt und Apotheker ist die Information, Schulung und Motivation<br />

<strong>de</strong>s Patienten Grundvoraussetzung für einen mittel- bis langfristigen<br />

Behandlungserfolg. Grundzüge <strong><strong>de</strong>r</strong> Betreuung sollten in Leitlinien<br />

bzw. Konsenspapieren dokumentiert sein, um eine abgestimmte und<br />

wissenschaftlich fundierte Handlungsweise zu ermöglichen.<br />

Derartige Anleitungen sollten aber einem flexiblen<br />

individualisierten Betreuungskonzept nicht im Wege stehen. Die<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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<strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong> 51<br />

Definition und Kommunikation individueller Behandlungsziele ist<br />

die Basis einer gefestigten Arzt-Patienten-Beziehung und letztlich<br />

Grundlage einer aus Sicht <strong>de</strong>s Patienten befriedigen<strong>de</strong>n Betreuung.<br />

Als Hilfestellung für die Erfassung <strong><strong>de</strong>r</strong>artiger individueller<br />

Behandlungsziele kann eine vorbereitete Checkliste dienen.<br />

Die Honorierung von erweiterten Beratungsleistungen durch die<br />

Krankenkassen ist zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da sie zwingen<strong><strong>de</strong>r</strong> Bestandteil <strong>de</strong>s<br />

therapeutischen Gesamtkonzeptes ist. Die ärztliche<br />

Gesprächsführung verlangt eine empathische Haltung und einen, für<br />

<strong>de</strong>n Patienten überzeugen<strong>de</strong>n und glaubwürdigen Grundcharakter.<br />

Die zunehmen<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Zwänge, die die therapeutischen<br />

Entscheidungen <strong>de</strong>s Arztes zwangsläufig beeinflussen, sollten<br />

ebenfalls Inhalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Arzt-Patienten-Kommunikation sein. Die<br />

Empfehlung von nicht erstattungsfähigen Therapeutika ist kein<br />

unmoralisches Anliegen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n momentan politisch gewollt und<br />

im Versorgungssystem vorgesehen. Gleichwohl sind<br />

Basistherapeutika ein essentieller Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> ärztlichen<br />

<strong>Therapie</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Erstattungsfähigkeit <strong>de</strong>shalb dringend zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

ist.<br />

Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> ärztlich bestimmten Patientenführung sollte die<br />

eigenverantwortliche und individualisierte Behandlung durch <strong>de</strong>n<br />

Patienten selbst unter ärztlicher Kontrolle sein. Klare ärztliche<br />

Handlungsanweisungen, psychologische Festigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten<br />

und För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbsthilfe sind bewährte Betreuungsprinzipien.<br />

Aspekte <strong>de</strong>s Krankheitsmanagements<br />

Vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Sinnhaftigkeit einer Basistherapie mit und<br />

ohne additive Wirksubstanzen ist <strong><strong>de</strong>r</strong>en Anwendung Teil <strong>de</strong>s<br />

therapeutischen Gesamtkonzepts. Deshalb ist die<br />

Erstattungsfähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Basistherapie zwingend zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da<br />

durch die Fortsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitigen politisch motivierten<br />

Verfahrensweise eine Min<strong><strong>de</strong>r</strong>versorgung <strong><strong>de</strong>r</strong> Betroffenen entsteht<br />

und zu erheblichen Folgekosten führen wird.<br />

Um die qualifizierte Versorgung chronisch erkrankter atopischer<br />

Patienten sicherzustellen, ein professionelles Management<br />

umzusetzen und <strong><strong>de</strong>r</strong> individuellen Prägung im Hinblick auf<br />

ge<strong>net</strong>ische Disposition, Triggerfaktoren und therapeutischem<br />

Konzept gerecht zu wer<strong>de</strong>n, ist zu for<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass vorzugsweise<br />

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52 <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> atopischen <strong>Dermatitis</strong><br />

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speziell ausgebil<strong>de</strong>ten Ärzten die Betreuung übertragen wird. Dies<br />

sollte durch <strong>de</strong>n Erwerb einer entsprechen<strong>de</strong>n Zusatzqualifikation<br />

sichergestellt wer<strong>de</strong>n und könnte mit <strong>de</strong>m bereits etablierten System<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Trainerausbildung zur Patientenschulung im Rahmen <strong>de</strong>s<br />

Qualitätsmanagements kombiniert wer<strong>de</strong>n.<br />

Literatur<br />

- Übersichten zur weiterführen<strong>de</strong>n Orientierung -<br />

[1] Abeck D, Ring J (2002) Atopisches Ekzem im Kin<strong>de</strong>salter<br />

(Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis). Zeitgemäßes Management. Steinkopff-Verlag.<br />

[2] Ring J, von Zumbusch A (2000) Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis. C.H.Beck Verlag.<br />

[3] Abeck D, Fölster-Holst R (2003) Was hilft meinem Kind bei<br />

Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis. Thieme Verlag.<br />

[4] Garbe C, Reimann H, San<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bähr C (1996) Rationelle <strong><strong>de</strong>r</strong>matologische<br />

Rezeptur. Thieme verlag mit Govi-Verlag.<br />

[5] NRF / SR (2004) Standardisierte Rezepturen. Govi-Verlag.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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Anhang<br />

Wirkstoffdossiers<br />

A. Herrmann 1 , J. <strong>Wohlrab</strong> 1,2<br />

Anhang 53<br />

1 Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie; 2 Institut<br />

für angewandte Dermatopharmazie <strong><strong>de</strong>r</strong> Martin-Luther-Universität Halle-<br />

Wittenberg<br />

Jeweils mit Hinweisen zu:<br />

- zugelassene Indikation<br />

- Kontraindikation<br />

- Dosierung + Applikationshinweise<br />

- Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- Pharmakodynamik<br />

- Therapeutische Wirkungen<br />

- Unerwünschte Wirkungen<br />

- Wechselwirkungen<br />

- Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Schwangeschaft und Stillen<br />

- Literatur (ausgewählte Hinweise)<br />

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54 Brillantgrün<br />

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Brillantgrün<br />

Kontraindikationen<br />

- Schlecht heilen<strong>de</strong> Wun<strong>de</strong>n<br />

- Großflächige Anwendung<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

- 0,05%-0,5% (bis 1%) in Lösungen, Cremes, Pu<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sterile Lösung 0,05 bzw. 0,1%:<br />

- Eine mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Lösung getränkte Kompresse kurzfristig auf die betroffene<br />

Körperstelle legen<br />

- auch kleinflächig an und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundhöhle möglich<br />

Lösung 0,5%:<br />

- 1-3mal tgl. auf betroffene Körperstellen auftragen<br />

- Lösung ist zum baldigen Verbrauch bestimmt<br />

- Lösung vor Lichteinwirkung schützen, da Bildung toxischer<br />

Zersetzungsprodukte<br />

Creme, Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />

- 1-2mal tgl. anwen<strong>de</strong>n<br />

Achtung! Verfärbung von Haut, Kleidung und Verbän<strong>de</strong>n.<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- Tetraethyldiaminotriphenylmethansulfat<br />

- Triphenylmethan-Farbstoff<br />

- Löslich in Wasser und Ethanol<br />

Achtung! In Zubereitungen von Brillantgrün sind Verunreinigungen mit<br />

Schwermetallen möglich<br />

Topische Applikation:<br />

- Systemische Resorption sehr gering, Systemwirkungen wur<strong>de</strong>n nicht<br />

beschrieben (Gloor, 2000)<br />

Pharmakodynamik<br />

Antiseptikum<br />

- Organischer Triphenylmethan-Farbstoff, wie auch Gentianaviolett und<br />

Fuchsin<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Wirkung:<br />

- Pe<strong>net</strong>ration <strong><strong>de</strong>r</strong> Zellmembran <strong><strong>de</strong>r</strong> Mikroorganismen Bindung an<br />

Nukleinsäuren<br />

- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zellwand- und Proteinbiosynthese<br />

Brillantgrün 55<br />

Zusätzlich:<br />

Proteinkoagulation<br />

Herabsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberflächenspannung <strong>de</strong>s Substrates, auf <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Keim<br />

wächst<br />

Pe<strong>net</strong>rierbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Plasmamembran <strong>de</strong>s Keimes wird erhöht <br />

Wasseraufnahme verstärkt Quellung<br />

Lösung: austrocknen<strong>de</strong> Wirkung<br />

Nicht karzinogen.<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Erregerspektrum:<br />

- Sproßpilze<br />

- Dermatophyten (auch T. mentagrophytes)<br />

- grampositive und gramnegative Bakterien<br />

- Die Wirkung gegen Hefe- und Fa<strong>de</strong>npilze in vitro ist besser als die Wirkung<br />

von Nystatin und Griseofulvin, (Lit. bei Gloor, 2000)<br />

Antimyzetische Wirkung von Brillantgrün und Malachitgrün ist stärker als die<br />

von Gentianaviolett. Die bakteriostatische Wirkung ist i.A. nach 24-48 h<br />

reversibel.<br />

Anwendungsgebiete:<br />

Kutane Candidosen<br />

Tinea corporis (Dyshidrosiforme Hand- und Fußmykosen, Interdigital-<br />

und Fußmykosen)<br />

Gramnegativer Fußinfekt<br />

Follikuläre Dermatophytosen<br />

Erythrasma<br />

Ulzera mit pathogener Hefepilzbesiedlung<br />

Nässen<strong>de</strong> Dermatosen<br />

Intertriginöse Dermatosen<br />

Blasenbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Dermatosen<br />

Unerwünschte Wirkungen<br />

- Bei intertriginöser Anwendung Gefahr von Irritationen bis Nekrosen<br />

(insbes. bei Säuglingen)<br />

- Starke Granulationshemmung dosisabhängig; Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wundheilung;<br />

Anwendung in o.g. niedriger Dosierung<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


56 Brillantgrün<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

- Grüne Verfärbung von Haut, Kleidung und Verbän<strong>de</strong>n<br />

- Selten Typ IV-Sensibilisierungen, ggf. Gruppensensibilisierungen gegen<br />

Parastoffe<br />

- Bislang bei <strong><strong>de</strong>r</strong>matologischer Anwendung kein Hinweis auf Kanzerogenität<br />

Wechselwirkungen<br />

- In Kombination mit Zinkoxid; Wirkverlust von Brillantgrün<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Kortikosteroi<strong>de</strong><br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

- Bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n und geriatrischen Patienten anwendbar (Orfanos, 2002)<br />

Literatur<br />

- Orfanos CE, Garbe C: <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Hautkrankheiten. Springer-Verlag<br />

Berlin 2002, S. 33<br />

- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />

Verlag Berlin, 2000<br />

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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate<br />

Zugelassene Indikationen<br />

Lösung:<br />

Antiseptikum für die Haut<br />

Spülen von Wun<strong>de</strong>n<br />

Waschen <strong>de</strong>s Körpers<br />

Befeuchten von Verbän<strong>de</strong>n<br />

Bereiten von Umschlägen<br />

Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate 57<br />

Salben / Cremes:<br />

Bakteriell superinfizierte bzw. ekzematisierte Dermatomykosen<br />

Dermoepi<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis variköser Unterschenkel<br />

Bakterielle bzw. impetiginisierte Ekzeme, auch endogene Ekzeme und<br />

Gehörgangsekzeme<br />

Nummuläres mikrobielles Ekzem<br />

Ekzematisierte Impetigo contagiosa.<br />

Kontraindikationen<br />

Schwangerschaft<br />

Stillzeit<br />

Bekannte Kontaktallergien gegen <strong>de</strong>n Wirkstoff<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

Lösung 0,1%<br />

unverdünnt anwen<strong>de</strong>n:<br />

0,1% SR für Spülungen, Umschläge, Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

0,4% für partielle Körperwaschungen, Spülungen, betupfen betroffener<br />

Hautareale, befeuchten von Verbän<strong>de</strong>n, bereiten von Umschlägen.<br />

Tabletten:<br />

- Wässrige Lösungen 1 : 2000- 1 : 1000<br />

Salben, Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> 1%<br />

- 1mal - mehrmals tgl. anzuwen<strong>de</strong>n<br />

- Gelbe Farbe <strong>de</strong>s Externums kann Kleidung u.a. Gegenstän<strong>de</strong> färben<br />

Warnhinweis:<br />

- Der Wirkstoff kann mit Schwermetallen farbige Verbindungen eingehen <br />

kein Kontakt zu metallischen Gegenstän<strong>de</strong>n.<br />

- Keine Kombination mit Zinkoxid und sulfonierten Schieferölen.<br />

- Die Lösung kann in Stoffen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kunststoffbö<strong>de</strong>n Flecken verursachen,<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e wenn Spuren von Schwermetallen enthalten sind.<br />

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58 Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- Bis(8-hydroxychinolinium)sulfat<br />

- Chinolinol<br />

Synonyme: 8-Hydroxychinolin, Oxin, Chinosol<br />

- Gelbe Kristalle<br />

- Gut löslich in Alkohol, praktisch unlöslich in Wasser<br />

- Chinolinol = äquimolare Verbindung aus 8-Hydroxy-Chinolinolsulfat und<br />

Kaliumsulfat leicht löslich in Wasser<br />

Topische Applikation:<br />

- Für Chinolinol konnten keine Daten zur perkutanen Resorption gefun<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

- Für Clioquinol (chemisch nah verwandt):<br />

Bei topischer Anwendung bis 30mg kein messbarer Blutspiegel<br />

Okklusive Anwendung Nachweis im Urin von 1,2-3,6% <strong><strong>de</strong>r</strong> applizierten<br />

Dosis (Degen et al. 1979 in: Gloor, 2000)<br />

Bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n Resorption bis 40% <strong><strong>de</strong>r</strong> applizierten Dosis möglich (Stohs et al.<br />

1984 in: Gloor, 2000)<br />

Für Chinosol und Clioquinol gilt:<br />

HWZ nach oraler Gabe: 24-35h<br />

Metabolisierung: zu Glucuronid und in geringem Umfang zu Sulfat<br />

Elimination über die Niere<br />

Pharmakodynamik<br />

- Antiseptikum<br />

- Bildung von Metall-Chelat-Komplexen<br />

toxische Wirkung in Mikroorganismen o<strong><strong>de</strong>r</strong> / und<br />

Inaktivierung von Enzymen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mikroorganismen durch Chelatbildung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Metallkomponenten <strong><strong>de</strong>r</strong> Enzyme<br />

- Bakteriostatisch, fungizid<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Erregerspektrum:<br />

- Gram-positive Bakterien (v.a. Staph. aureus)<br />

- Pilze: Trichophyton-Arten, Microsporum spp.<br />

Erregerlücken:<br />

- Gram-negative Bakterien (Proteus mirabilis, E. coli)<br />

- Candida spp.<br />

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Unerwünschte Wirkungen<br />

- Hautirritationen (gelegentlich)<br />

- Selten Kontaktekzeme<br />

Wechselwirkungen<br />

Chinolin und <strong>de</strong>ssen Derivate 59<br />

- Unverträglichkeit mit Zinkoxid und sulfonierten Schieferölen<br />

- Galenische Unverträglichkeit mit Anionenaktiven Emulgatoren<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Topische Kortikosteroi<strong>de</strong><br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Schwangerschaft:<br />

Kontraindiziert.<br />

- Potentiell mutagen. Teratogene Wirkungen können nicht ausgeschlossen<br />

wer<strong>de</strong>n. In-vivo-Untersuchungen an Knochenmarkzellen von Mäusen<br />

ergaben positive Resultate nach Behandlung mit Chinolinol, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Relevanz<br />

jedoch fraglich ist, da Effekte erst in toxischen Konzentrationen auftreten<br />

bzw. methodische Mängel vorliegen.<br />

Stillzeit:<br />

- Kontraindiziert. Aus Vorsichtsgrün<strong>de</strong>n. Es ist nicht bekannt, ob Chinolinol<br />

in die Muttermilch übergeht.<br />

Literatur<br />

- Fachinformation Chinosol Stand 1/2000<br />

- Fischer T: On 8-hydroxyquinoline-zinc oxi<strong>de</strong> incompatibility.<br />

Dermatologica. 1974;149(3):129-35<br />

- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />

Verlag Berlin, 2000<br />

- Hutzler D, Pevny I: Allergien auf 8-Hydroxyquinolin-Derivate. Derm Beruf<br />

Umwelt. 1988 May-Jun;36(3):86-90<br />

- Oelschlager H, Rothley D, Muller M: The antihistaminic effect of a gel for<br />

burns and wounds containing tyrothricin, fomocaine, diphenhydramine and<br />

8-hydroxyquinoline. Arzneimittelforschung. 1982;32(1):72-5<br />

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60 Chlorhexidin<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Chlorhexidin<br />

Zugelassene Indikationen<br />

Pulver:<br />

Nabelpflege <strong>de</strong>s Neugeborenen<br />

Infizierte Gewebs<strong>de</strong>fekte<br />

Intertriginöse Entzündungen<br />

Lösung zum Sprühen auf die Haut:<br />

- Antiseptische Behandlung oberflächlicher Hautverletzungen.<br />

Gazeverband:<br />

Geringfügige Verbrennungen und Verbrühungen<br />

Wun<strong>de</strong>n mit Hautverlust, Rißwun<strong>de</strong>n, Abschürfwun<strong>de</strong>n<br />

Hauttransplantationen<br />

Unterschenkelgeschwüre<br />

Lösung /Gel /Lutschpastillen (Mund- und Rachentherapeutikum):<br />

Akute Zahnfleischentzündungen, Verletzungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundhöhle:<br />

Gingivitis, Stomatitis, Glossitis, Aphthen, Mykosen, Soor, infizierte<br />

Alveolen, Prothesenstomatitis.<br />

Temporäre intraorale Keimzahl-Reduktion<br />

Temporäre adjuvante <strong>Therapie</strong> zur mechanischen Reinigung bei bakteriell<br />

bedingten Entzündungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gingiva u. Mundschleimhaut<br />

Nach parodontalchirurgischen Eingriffen<br />

Bei eingeschränkter Mundhygienefähigkeit. Mundgeruch<br />

Gel (auch in Kombination mit einem Lokalanästhetikum):<br />

- Zur Instillation in die Harnröhre vor Einführung eines Katheters o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Instrumente.<br />

- In Komb. mit Dexamethason und Lidocain: Strahlenulcus <strong><strong>de</strong>r</strong> Harnblase u.<br />

Strahlencystitis, Ulcus simplex vesicae. Unterstützen<strong>de</strong> <strong>Therapie</strong> bei<br />

chronischen, unspezifischen Urethriti<strong>de</strong>n und Cystiti<strong>de</strong>n<br />

Kontraindikationen<br />

Schlecht durchblutetes Gewebe<br />

Anw. am Trommelfell (über Einzelfälle von Taubheit nach externer<br />

Anwendung bei Trommelfellperforation wur<strong>de</strong> berichtet)<br />

Anw. am Auge und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Augenumgebung<br />

stark nässen<strong>de</strong> Gewebs<strong>de</strong>fekte (Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>)<br />

Schleimhäute, großflächige und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> tiefe Wun<strong>de</strong>n, Säuglinge (Hautspray)<br />

Schwere Leberfunktionsstörungen, Wun<strong>de</strong>n/ Ulzera im Mund/Rachen,<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> unter 4 Jahren<br />

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Anwendungsbeschränkung:<br />

- erosiv-<strong>de</strong>squamative Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundschleimhaut<br />

- Wun<strong>de</strong>n, Ulzerationen<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> / Cremes (1%):<br />

- Mehrmals tgl. betroffene Hautareale einpu<strong><strong>de</strong>r</strong>n / eincremen<br />

- Übermäßiges Stäuben und Einatmen <strong>de</strong>s Pulvers vermei<strong>de</strong>n<br />

Chlorhexidin 61<br />

Hautspray / Wundspülung (0,05-0,1%):<br />

- Mehrmals tgl. nach Bedarf auf die Wun<strong>de</strong> sprühen (ca. 10 cm Abstand)<br />

bzw. Wun<strong>de</strong> spülen<br />

Mundspülung:<br />

- 0,05%-0,1%: unverdünnte Lösung, bis 2%: Verdünnung lt. Beipackzettel<br />

- 2mal tgl., am besten morgens u. abends (nach <strong>de</strong>n Mahlzeiten und<br />

Zähneputzen) anwen<strong>de</strong>n<br />

- Bei je<strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendung im Beipackzettel angegebene Dosis (ca. 10 ml) 1 min<br />

im Mund spülen o<strong><strong>de</strong>r</strong> gurgeln. Ausspucken, nicht schlucken o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

nachspülen.<br />

- Nur kurzfristig anwen<strong>de</strong>n!<br />

- Keine zuckerhaltigen Speisen und Getränke unmittelbar nach Anwendung<br />

von Chlorhexidin einnehmen, sonst ist ein Wirkverlust von Chlorhexidin<br />

mgl.<br />

Mundgel:<br />

- 1-2mal tgl. morgens bzw. abends nach <strong>de</strong>n Mahlzeiten direkt auf die<br />

entzün<strong>de</strong>te Stelle bzw. verletzte Stelle im Mundraum auftragen.<br />

Prothesenträger: Gel dünn auf die gereinigte Prothese auftragen<br />

Lutschpastillen:<br />

- Mehrmals tgl. 1 Lutschpastille (bis alle 1-2 h 1LP)<br />

- Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>: bis zu 4 LP /d<br />

Gel zur Instillation von Kathetern:<br />

- 6-10g Gel mittels Spritze in die Harnröhre einbringen<br />

- Desinfizieren<strong>de</strong> (und ggf. lokalanästhetische) Wirkung tritt nach 5-10 min<br />

ein.<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- 1,1'- Hexamethylenbis[5- (4- chlorphenyl)biguanid]<br />

- synthetisches Derivat <strong>de</strong>s Guanidins<br />

- Kristalline Substanz, farblos, geruchlos<br />

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62 Chlorhexidin<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

- Längere Lagerung Bildung von toxischem p-Chloranilin möglich<br />

- Chlorhexidin (= freie Base), Chlorhexidin-Diacetat, Chlorhexidin-<br />

Dihydrochlorid geringe Löslichkeit in Wasser (0,06-1,0 g / 100ml)<br />

- Chlorhexidin-Digluconat gute Löslichkeit in Wasser (> 50g / 100ml)<br />

- Unverträglichkeit mit anionischen Verbindungen (Bicarbonate, Chlori<strong>de</strong>,<br />

Citrate, Phosphate, Sulfate), da es schwerlösliche Salze bil<strong>de</strong>t<br />

Topische Applikation:<br />

Erwachsene: wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte Anwendung auf gesun<strong><strong>de</strong>r</strong> Haut: keine Resorption<br />

nachweisbar<br />

Früh- und Neugeborene (28.-39. SSW): nach Ba<strong>de</strong>n in 4% Chlorhexidin-<br />

Digluconat-Detergens-Lösung bis 1,0µg/ml Chlorhexidin im Blut<br />

nachweisbar<br />

Orale Applikation (Tierversuch an Ratten und Mäusen) Hohe Aktivitäten<br />

im Verdauungstrakt, sehr langsame Resorption<br />

Adsorption an Zahnschmelz, Dentin, Zement und Schleimhäuten <br />

langsame Desorption bis 8 h im Speichel nachweisbar (Depoteffekt)<br />

Absorption bei Blasenspülungen etc. ist gering, toxisches p-Chloranilin ist<br />

nicht nachweisbar<br />

Metabolisierung über Leber und Niere<br />

Elimination in 90% über Faeces<br />

Eliminationshalbwertszeit: ca. 4 Tage<br />

Pharmakodynamik<br />

- Antiseptikum<br />

Chlorhexidin<br />

- Hohe Zellwandaffinität, lipophile Gruppen<br />

Desorientierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lipoproteinmembranen<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberflächenbeschaffenheit von Bakterienmembranen<br />

- Adsorption von Chlorhexidin<br />

Störung <strong>de</strong>s osmotischen Gleichgewichts<br />

Austritt von Zytoplasma, Zerstörung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zytoplasmamembran <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Erreger<br />

- In hohen Konzentrationen<br />

Koagulation von Zellproteinen und Enzymhemmung<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Erregerspektrum:<br />

- grampositive Bakterien: u.a. Streptococcus mutans, Neisseria gonorrhoe<br />

- gramnegative Bakterien: Pseudomonas stutzeri, E. coli, Salmonellen<br />

- Candida albicans<br />

- Mikrosporum canis (Gloor, 2000)<br />

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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Erregerlücken<br />

- Geringe Wirkung:<br />

- Pseudomonas spp., Proteus spp., Aci<strong>net</strong>obacter, Klebsiellen<br />

- Mykobakterien<br />

- Hefen, Dermatophyten<br />

Unwirksam auf:<br />

- Bakterien-, Pilzsporen<br />

- Viren<br />

- Schimmelpilze<br />

- Trichomonas vaginalis<br />

Chlorhexidin 63<br />

- Wirkungsmaximum im neutralen-leicht alkalischen Bereich pH6, saurer pH<br />

Wirkung vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

- Anwesenheit organischer Substanzen (Blut, Eiweiße, Eiter) <br />

Chlorhexidin-Wirkung wird verringert (nicht so lt. Hornstein 1985)<br />

- Eine Resistenzinduktion ist gegenüber Pseudomonas und Serratia spp.<br />

möglich (Gloor, 2000)<br />

Studien:<br />

Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Standortflora <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut (Expan<strong>de</strong>d-Flora-Test nach Ley<strong>de</strong>n)<br />

Chlorhexidin 1% in 70% Ethanollösung besser als 70% Ethanol und<br />

besser als Triclosan Creme 2% (Gloor, 2002)<br />

Wundheilungsstörungen sind durch Chlorhexidin <strong>de</strong>nkbar, <strong>de</strong>nn nach<br />

Anwendung von Chlorhexidin z.B. beim Ulcus cruris sind histologisch<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mikrovaskularisation und bei Dendrozyten<br />

nachweisbar (Fumal, 2002)<br />

Granulationshemmung ist jedoch geringer als bei Triphenylmethan-<br />

Farbstoffen (Gloor, 2000)<br />

Schwere atopische <strong>Dermatitis</strong>: 6 Patienten, Behandlung mit fett-feuchten<br />

Verbän<strong>de</strong>n (pflegen<strong>de</strong> Externa und 0,5% Chlorhexidin-Lösung) nach 3<br />

Tagen drastische Verbesserung <strong>de</strong>s klinischen Scores (SCORAD) (Abeck,<br />

1999)<br />

Mund- / Rachenraum: Chlorhexidin hat gute Wirkung gegenüber allen<br />

Erregern, die mit Plaque, Gingivitis o<strong><strong>de</strong>r</strong> Karies assoziiert sind Gold-<br />

Standard für antiseptische Behandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundhöhle; in Studien:<br />

signifikante Reduktion von Streptococcus mutans (Frentzen, 2002)<br />

Intensivmedizin / Pflege von Venenkathetern: Metaanalyse von 8 Studien<br />

von 1991-2000 Chlorhexidin 2% zur Haut<strong>de</strong>sinfektion 50%<br />

reduziertes Risiko für Katheterinfektionen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Katheter-assoziierte Sepsis<br />

gegenüber Polyvidon-Jod (O'Grady, 2002)<br />

Epiduralkatheter: Kein Unterschied in bakterieller Besiedlung nach<br />

Haut<strong>de</strong>sinfektion mit Chlorhexidin 0,5% in Ethanol o<strong><strong>de</strong>r</strong> 10% Polyvidon-<br />

Jod (Kasuda, 2002)<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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64 Chlorhexidin<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Neonatologie: Chlorhexidin-Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> Reduktion von<br />

Nabelschnurinfektionen von 42% (=Kontrollen) auf 16% (Chlorhexidin-<br />

Gruppen) Chlorhexidin = Therapeutikum <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl bei Nabelpflege <strong>de</strong>s<br />

Neugeborenen (Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>), obwohl dadurch die Nabelschnur durchschnittlich<br />

länger verbleibt (10 d vs. 6 d bei trockener Pflege) (Verber, 1993)<br />

Weitere Anwendung:<br />

- Bei Flussäureverätzung: in Kombination mit Calciumgluconat (siehe<br />

Rezeptur)<br />

Unerwünschte Wirkungen<br />

Haut:<br />

- Bei Hautabschürfungen: Schmerzen beim Auftragen von 1%iger Lösung<br />

- Wundheilungsstörungen sind möglich.<br />

- Bei sehr häufiger Anwendung: Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis (allergische KD bei bis zu<br />

13% <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten mit Ulcera cruris, Knudsen, 1991, nach John und Geier<br />

1998 ist Chlorhexidin in Dt. nicht unter <strong>de</strong>n 20 häufigsten<br />

Kontaktallergenen bei Patienten mit CVI (Gloor, 2000)),<br />

Photosensibilisierung (selten)<br />

- Reizerscheinungen am Auge ab 0,1% Chlorhexidin-Lösung<br />

Geschmack:<br />

- Orale Anwendung: Beeinträchtigung <strong>de</strong>s Geschmacksempfin<strong>de</strong>ns<br />

(reversibel)<br />

Gastrointestinaltrakt:<br />

Orale Anwendung:<br />

- Taubheitsgefühl <strong><strong>de</strong>r</strong> Zunge<br />

- Verfärbungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Zähne<br />

- Restaurationen und Zungenpapillen (Haarzunge) (reversibel)<br />

- Desquamative Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mukosa<br />

- Bei Spray-Applikation: Parotisschwellung (reversibel, Einzelfälle)<br />

Wechselwirkungen<br />

- Seifen, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e anionische Substanzen, Kaliumiodid=> Inkompatibilität<br />

- Borate, Dicarbonate, Carbonate, Chlori<strong>de</strong>, Citrate, Phosphate, Sulfate <br />

Salzbildung bei Chlorhexidinkonzentration >0,05%<br />

- Saccharose Inaktivierung von Chlorhexidin<br />

- Polysorbat-80, unlösliche Magnesium-, Zink- und Calciumsalze =><br />

Desaktivierung möglich<br />

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Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Propanol<br />

- Kortikosteroi<strong>de</strong><br />

- Lokalanästhetika<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Chlorhexidin 65<br />

- Schwangerschaft: Strenge Indikationsstellung. Chlorhexidin soll während<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schwangerschaft nicht großflächig angewandt wer<strong>de</strong>n.<br />

- In tierexperimentellen Studien fin<strong>de</strong>n sich keine Hinweise auf teratogene,<br />

jedoch auf embryotoxische Eigenschaften<br />

- Keine Einschränkung bei:<br />

- Anwendung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zahnheilkun<strong>de</strong><br />

- Instillation in Harnröhre vor Einführung eines Katheters o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Instrumente<br />

Stillzeit:<br />

- Strenge Indikationsstellung. Chlorhexidin soll während <strong><strong>de</strong>r</strong> Stillzeit nicht<br />

großflächig angewandt wer<strong>de</strong>n.<br />

- Es ist nicht bekannt, ob Chlorhexidin mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Muttermilch ausgeschie<strong>de</strong>n<br />

wird.<br />

- Keine Einschränkung bei:<br />

- Anwendung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zahnheilkun<strong>de</strong><br />

- Instillation in Harnröhre vor Einführung eines Katheters o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Instrumente<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>: Anwendung ist zugelassen, außer:<br />

- Hautspray: Kontraindiziert bei Säuglingen<br />

- Lutschpastillen: Kontraindiziert bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n < 4 Jahre<br />

Literatur<br />

- Fachinformation Chlorhexamed 1% Gel, Stand 1/2002, Uro-Trainere-<br />

Chlorhexidin, Stand 1/1997<br />

- Abeck D, Brockow K, Mempel M, Fesq H, Ring J: Behandlung <strong>de</strong>s akut<br />

exazerbierten atopischen Ekzems mit fett-feuchten Verbän<strong>de</strong>n und<br />

topischem Chlorhexidin. Hautarzt 1999; 50: 418-21<br />

- Fumal I, Braham C, Paquet P, Pierard-Franchimont C, Pierard GE: The<br />

beneficial toxicity paradox of antimicrobials in leg ulcer healing impaired<br />

by a polymicrobial flora: a proof-of-concept study. Dermatology. 2002;204<br />

Suppl 1:70-4<br />

- Frentzen M, Ploenes K, Braun A: Clinical and microbiological effects of<br />

local chlorhexidine applications. Int Dent J. 2002 Oct;52(5):325-9<br />

- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />

Verlag Berlin, 2000<br />

____________________________________________________________________________<br />

<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


66 Chlorhexidin<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

- Gloor M, Becker A, Wasik B, Kniehl E: Triclosan, ein <strong><strong>de</strong>r</strong>matologisches<br />

Lokaltherapeutikum. Hautarzt 2002; 53: 724-729<br />

- Hornstein OP, Nürnberg E: Externe <strong>Therapie</strong> von Hautkrankheiten. Thieme<br />

Verlag Stuttgart, New York 1985<br />

- Kasuda H, Fukuda H, Togashi H, Hotta K, Hirai Y, Hayashi M: Skin<br />

disinfection before epidural catheterization: comparative study of povidoneiodine<br />

versus chlorhexidine ethanol. Dermatology. 2002;204 Suppl 1:42-6<br />

- Knudsen BB, Avnstorp C: Chlorhexidine gluconate and acetate in patch<br />

testing. Contact <strong>Dermatitis</strong>. 1991 Jan;24(1):45-9<br />

- O'Grady NP, Alexan<strong><strong>de</strong>r</strong> M, Dellinger EP, Gerberding JL, Heard SO, Maki<br />

DG, Masur H, McCormick RD, Mermel LA, Pearson ML, Razu II,<br />

Randolph A, Weinstein RA: Gui<strong>de</strong>lines for the prevention of intravascular<br />

catheter-related infections. MMWR Recomm Rep. 2002 Aug 9;51(RR-<br />

10):1-29<br />

- O'Grady NP: Applying the science to the prevention of catheter-related<br />

infections. J Crit Care. 2002 Jun;17(2):114-21<br />

- Verber IG, Pagan FS. What cord care--if any? Arch Dis Child. 1993<br />

May;68(5 Spec No):594-6<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Gentianaviolett<br />

Zugelassene Indikationen<br />

- keine<br />

Kontraindikationen<br />

Schlecht heilen<strong>de</strong> Wun<strong>de</strong>n<br />

Großflächige Anwendung<br />

Schwangerschaft/Stillzeit<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

Gentianaviolett 67<br />

Erwachsene / Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />

- 1-3mal tgl.<br />

- auf betroffene Körperstellen auftragen<br />

Großflächig o<strong><strong>de</strong>r</strong> auf stark geschädigter Haut max. 0,1% in Lösungen<br />

Kleinflächig, Pinselungen 0,5% in Lösungen<br />

- Anwendung kleinflächig auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundhöhle möglich (durch <strong>de</strong>n Arzt)<br />

- Vernachlässigbarer Alkoholanteil in <strong><strong>de</strong>r</strong> 0,1%igen Lösung, ca. 4% bei<br />

0,5%iger Lösung<br />

- Hautreizung durch sauren pH <strong><strong>de</strong>r</strong> Lösung.<br />

- UV-Licht kann die Wirkung steigern<br />

- in Konzentrationen


68 Gentianaviolett<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Pharmakodynamik<br />

- Antiseptikum<br />

Wirkmechanismus:<br />

- Pe<strong>net</strong>ration <strong><strong>de</strong>r</strong> Zellmembran <strong><strong>de</strong>r</strong> Mikroorganismen Bindung an<br />

Nukleinsäuren Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zellwand- und Proteinbiosynthese<br />

(Glutaminvorstufen)<br />

Zusätzlich:<br />

Proteinkoagulation<br />

Herabsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberflächenspannung <strong>de</strong>s Substrates, auf <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Keim<br />

wächst<br />

Pe<strong>net</strong>rierbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Plasmamembran <strong>de</strong>s Keimes wird erhöht <br />

Wasseraufnahme verstärkt Quellung<br />

Lösung: austrocknen<strong>de</strong> Wirkung<br />

Bakteriostatische Wirkung<br />

- Nicht karzinogen.<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Erregerspektrum:<br />

- Sproßpilze<br />

- Dermatophyten<br />

- grampositive und gramnegative Bakterien, einschließlich Pseudomonas<br />

Die Wirkung gegen Hefe- und Fa<strong>de</strong>npilze in vitro ist besser als die Wirkung<br />

von Nystatin und Griseofulvin, (Lit. bei Gloor, 2000)<br />

Die bakteriostatische Wirkung ist nach 24-48 h reversibel.<br />

Erregerlücke:<br />

- Streptokokken<br />

Anwendungsgebiete<br />

- Antiseptikum, Antimykotikum zur lokalen Anwendung an <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />

Hautinfektionen:<br />

Kutane Candidosen<br />

Tinea corporis (Dyshidrosiforme Hand- und Fußmykosen, Interdigital- und<br />

Fußmykosen)<br />

Gramnegativer Fußinfekt<br />

Follikuläre Dermatophytosen<br />

Erythrasma<br />

Ulzera mit pathogener Hefepilzbesiedlung<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Weitere Dermatosen zur Prophylaxe / <strong>Therapie</strong> von Superinfektionen:<br />

Superinfizierte Atopische <strong>Dermatitis</strong> (Brockow, 1999)<br />

Nässen<strong>de</strong> Dermatosen<br />

Intertriginöse Dermatosen<br />

Blasenbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Dermatosen<br />

Früher: Systemische Anwendung als Anthelmintikum, heute obsolet<br />

Gentianaviolett 69<br />

- Bislang bei <strong><strong>de</strong>r</strong>matologischer Anwendung kein Hinweis auf Kanzerogenität<br />

Unerwünschte Wirkungen<br />

Violette Verfärbung von Haut, Kleidung und Verbän<strong>de</strong>n<br />

Granulationshemmung Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wundheilung Dosisabhängig <br />

Anwendung in o.g. niedriger Dosierung<br />

Irritationen bis Gewebsnekrosen sind möglich<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bei:<br />

• Konzentrationen > 1%<br />

• Intertriginöser Anwendung<br />

• Säuglingen<br />

Typ IV-Sensibilisierungen sind selten<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Kortikosteroi<strong>de</strong><br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Schwangerschaft und Stillzeit:<br />

- Kontraindikation<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />

- Keine großflächige Anwendung<br />

Literatur<br />

- Brockow K, Grabenhorst P, Abeck D, Traupe B, Ring J, Hoppe U, Wolf F:<br />

Effect of gentian violet, corticosteroid and tar preparations in<br />

Staphylococcus-aureus-colonized atopic eczema. Dermatology.<br />

1999;199(3):231-6<br />

- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />

Verlag Berlin, 2000<br />

- Garbe C, Reimann H, San<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bähr C: Rationelle <strong><strong>de</strong>r</strong>matologische Rezeptur.<br />

Thieme Verlag 1996<br />

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70 Gerbstoffe, synthetische<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Gerbstoffe, synthetische<br />

Zugelassene Indikationen<br />

Entzündliche, nässen<strong>de</strong> und jucken<strong>de</strong> Hauterkrankungen<br />

Ekzeme und Hautentzündungen aufgrund von bakteriellen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Pilzinfektionen<br />

Win<strong>de</strong>l<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis<br />

Intertrigo<br />

Schüttelmixtur, Gel und Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> zusätzlich:<br />

Verbrennungen ersten Gra<strong>de</strong>s (z.B. <strong>Dermatitis</strong> solaris, akute polymorphe<br />

Licht<strong><strong>de</strong>r</strong>matose)<br />

Juckreiz; speziell im Genito-Anal-Bereich<br />

Hyperhidrosis<br />

Infektiöse Exantheme wie z. B. Windpocken<br />

Schüttelmixtur zusätzlich:<br />

Grad bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Mykosetherapie<br />

Gel zusätzlich:<br />

Hyperergische Insektenstichreaktion<br />

Ba<strong>de</strong>zusatz zusätzlich:<br />

Hyperhidrosis<br />

Kontraindikationen<br />

- Anwendung am Auge<br />

Pu<strong><strong>de</strong>r</strong> zusätzlich:<br />

- Offene Wun<strong>de</strong>n<br />

Gel zusätzlich:<br />

- Personen unter 18 J. (keine Erfahrungen) lt. Roter Liste 2003, nicht nach<br />

aktueller Fachinformation!<br />

Anwendungsbeschränkung:<br />

Bei Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>n allgemein:<br />

Größere Hautverletzungen<br />

Akute unklare Hauterkrankungen<br />

Schwere fieberhafte und infektiöse Erkrankungen<br />

Herzinsuffizienz<br />

Hypertonie<br />

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Dosierung und Applikationshinweise<br />

Creme / Fettcreme:<br />

- 1-2mal tgl. (bis 3mal tgl.)<br />

- Dünn auf die erkrankten Hautstellen auftragen<br />

- Bis zur Abheilung<br />

Lotio:<br />

- 1-2mal tgl.<br />

- Nach kräftigem Schütteln <strong><strong>de</strong>r</strong> Flasche auftragen<br />

Gerbstoffe, synthetische 71<br />

Gel:<br />

- 3mal tgl. dünn<br />

- Auf die betroffenen Hautstellen auftragen und leicht einmassieren<br />

- Bei Bedarf öfters anwen<strong>de</strong>n<br />

Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />

- Trocken- u. Nachbehandlung:<br />

- Morgens und abends anwen<strong>de</strong>n<br />

Ba<strong>de</strong>zusatz:<br />

- Substanz im warmen Wasser (32-35°C) auflösen<br />

- Zur Anwendung als Teil-, Voll-, Sitz- u. Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>bad<br />

sowie für feuchte Umschläge, Waschungen und kalte Kompressen<br />

- Dosierung entsprechend aktueller Gebrauchsinformation, ca.:<br />

- Vollbad: 30g Pulver auf 150 l Wasser<br />

- Sitzbad: 10g Pulver auf 25 l Wasser<br />

- Teilbad: 5g Pulver auf 10 l Wasser etc.<br />

- Bei akut entzün<strong>de</strong>ter berührungsempfindlicher Haut niedrigere<br />

Konzentrationen wählen!<br />

- Ba<strong>de</strong>dauer: 10-20 min; Anwendungsdauer: 3-14d, ggf. auch langfristig<br />

Keine Beschränkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Anwendungsdauer. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel sind 4 Wochen<br />

ausreichend.<br />

Bei Augenkontakt:<br />

- Sofort reichlich mit klarem Wasser spülen (10 min)<br />

- Konsultation eines Augenarztes<br />

Anleitung zur Herstellung einer "Abkochung" aus Eichenrin<strong>de</strong> (nach Schröter,<br />

2001):<br />

1-2 Eßlöffel zerkleinerte Eichenrin<strong>de</strong> auf 250 ml Wasser<br />

15 min kochen<br />

Abgießen, Durchsieben, Abkühlen<br />

Verwen<strong>de</strong>t wird die abgekühlte Flüssigkeit für Umschläge<br />

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72 Gerbstoffe, synthetische<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

Gerbstoffe = große heterogene Gruppe von Stoffen, die gerbend ("gar<br />

machend", Eiweiß fällend, adstringierend) wirken (modifiziert nach Schröter,<br />

2001):<br />

Mineralgerbstoffe (meist basische, kationische Substanzen), z.B.<br />

• Aluminium-Verbindungen wie Aluminiumchloridhexahydrat<br />

• Bismut-Verbindungen wie Bismutum subgallicum o<strong><strong>de</strong>r</strong> Bismutum<br />

subnitricum<br />

• Chromsalze<br />

• Eisenverbindungen<br />

• Magnesium-Silizium-Verbindungen wie Wasserhaltiges Mg-Silikat<br />

(= Talkum)<br />

• Silber-Verbindungen wie Silbereiweiß-Acetlytannat (= Argentum<br />

diacetylotannicum) o<strong><strong>de</strong>r</strong> Silbernitrat (= Argentum nitricum)<br />

• Zink-Verbindungen wie Zinkoxid<br />

Organische Gerbstoffe (meist saure, anionische Verbindungen), z.B.<br />

• Synthetische Gerbstoffe (siehe unten)<br />

• Pflanzliche Gerbstoffe<br />

• Teere: Steinkohlenteer, Schieferteer, Pflanzenteer<br />

• Milchsäure<br />

• Trichloressigsäure, Phenole<br />

• Farbstoffe wie Brillantgrün, Gentianaviolett und Fuchsin<br />

• 8-Chinolinolsulfat, Clioquinol, Ethacridinlaktat, Merbromin,<br />

Pyoktanin<br />

Synthetische Gerbstoffe:<br />

- Wasserlösliche organische Mischkon<strong>de</strong>nsationsprodukte<br />

- Wichtigster Vertreter: Tamol ® = Natriumsalz eines relativ niedrig-<br />

molekularen Phenolsulfonsäure-Phenol-Harnstoff-Formal<strong>de</strong>hyd-<br />

Kon<strong>de</strong>nsationsproduktes<br />

Vorteil gegenüber pflanzlichen Gerbstoffen:<br />

Stabilität gegenüber fermentativen Einflüssen<br />

Bessere Standardisierung und Dosierung möglich<br />

Höhere kosmetische Akzeptanz, <strong>de</strong>nn: Synthetische Gerbstoffe sind farblos<br />

Topische Applikation:<br />

Perkutane Resorption ist bei intakter Haut praktisch ausgeschlossen, <strong>de</strong>nn:<br />

Eiweiß-Gerbstoff-Komplex-Bildung => Bindung <strong>de</strong>s Gerbstoffes in <strong>de</strong>n<br />

obersten Hautschichten, NW im Str. corneum, aber nicht mehr im Str.<br />

basale)<br />

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Gerbstoffe, synthetische 73<br />

Bei geschädigter Hornschicht können jedoch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis wirksame<br />

Konzentrationen erreicht wer<strong>de</strong>n<br />

Wirkstofffreigabe erfolgt begünstigt aus hydrophilen Grundlagen (besser<br />

aus Gel als aus Creme o<strong><strong>de</strong>r</strong> Fettcreme; Schröter, 2001)<br />

Pharmakodynamik<br />

- Adstringens<br />

Eiweißfällen<strong>de</strong> Wirkung<br />

- adstringieren<strong>de</strong> = Eiweiß <strong>de</strong>naturieren<strong>de</strong> = versiegeln<strong>de</strong> = schorfbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

gerben<strong>de</strong> Wirkung<br />

- Saure Phenolgruppen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gerbstoffe reagieren mit Aminogruppen basischer<br />

Aminosäuren <strong><strong>de</strong>r</strong> Proteine Querverbindungen zwischen Gerbstoffen und<br />

Eiweißen die bei Entzündungen, Wun<strong>de</strong>n entstehen<strong>de</strong>n Exsudateiweiße<br />

und in geringerem Maß auch Eiweiße aus <strong>de</strong>n obersten Lagen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hornschicht wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>naturiert<br />

Entquellung (durch Fällung quellfähiger Eiweiße)<br />

Austrocknung<br />

Verdichtung <strong>de</strong>s kolloidalen Gefüges, oberflächliche Abdichtung<br />

- Bildung eines schützen<strong>de</strong>n Films Hornhautstabilisierung / Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

<strong>de</strong>s TEWL (Schmersal, 1995)<br />

- Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Eiweiß- und Elektrolytverlustes durch die Haut<br />

Hämostyptischer Effekt:<br />

Bei Kontakt zu Schleimhäuten / Wun<strong>de</strong>n kommt es durch oberflächliche<br />

Eiweißfällung zu einer Abdichtung und Schrumpfung <strong>de</strong>s Gewebes (Wienert,<br />

2001)<br />

Schweißhemmen<strong>de</strong> Wirkung<br />

Theorie: Durch adstringieren<strong>de</strong> Wirkung Reversibler Verschluss <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schweißdrüsenausführungsgänge<br />

Antimikrobielle / antimykotische Wirkung<br />

Indirekt<br />

- Durch Entzug von mikrobiell verwertbarem Substrat, Austrocknung und<br />

"Membranbildung"<br />

Direkt<br />

- Extrakte <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamamelis v.-Rin<strong>de</strong> (Poylmere Proanthoyanidine) sind<br />

wirksam gegenüber Herpesviren (HSV-1), jedoch geringer als Aciclovir<br />

(Er<strong>de</strong>lmeier, 1996; Gloor, 2000)<br />

- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> reversen Transkriptase <strong>de</strong>s HIV (Yoshida, 1996)<br />

(Der Wirkmechanismus ist unklar)<br />

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74 Gerbstoffe, synthetische<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

- Experiment zur Plasmakoagulation von St. aureus: Durch die gleichzeitige<br />

Anwendung von Tanninen und Oxacillin ist bei besserer Wirkung eine<br />

geringere Oxacillindosis (als bei Oxacillin allein) erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich (Akiyama<br />

2001)<br />

Antientzündliche Wirkung<br />

Der genaue Wirkmechanismus <strong><strong>de</strong>r</strong> Gerbstoffe ist unbekannt. Mögliche<br />

Theorien:<br />

Fällung reaktiver Eiweiße und / o<strong><strong>de</strong>r</strong> zusätzlich<br />

Direkte Wirkung auf entzündungsvermitteln<strong>de</strong> Enzyme auch in<br />

therapeutischer Dosierung:<br />

1. Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> 5-Lipoxygenase durch Bestandteile von Hamamelis<br />

virginiana (Hartisch, 1997)<br />

2. Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Humanen Leukozyten-Elastase (Mrowietz, 1991; Er<strong>de</strong>lmeier,<br />

1996) => nach 24stündiger Inkubation Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> 12-HETE-<br />

Rezeptoren (12-Hydroxyeikosatetraensäure) ohne die Affinität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rezeptoren für 12-HETE zu beeinflussen (Der genaue Wirkmechanismus ist<br />

unbekannt)<br />

3. Downregulation von 12-HETE-Rezeptoren auf Keratinozyten nach<br />

Applikation von Tamol als synthetischem Wirkstoff (Arenberger, 1992;<br />

Gloor, 2000)<br />

4. Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivität <strong><strong>de</strong>r</strong> Chymase und <strong>de</strong>s Plasmins humaner Mastzellen<br />

(= proinflammatorische Enzyme), dosisabhängig und nicht kompetitiv<br />

(Wiedow, 1997)<br />

5. Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> IgE-vermittelten Histaminfreisetzung (Zuberbier, 1999)<br />

Synthetisches Tannin hat kein Einfluss auf (Schröter, 2001):<br />

f-met-leu-phe-induzierte Neutrophilenchemotaxis<br />

Degranulation neutrophiler Granulozyten<br />

Aktivität verschie<strong>de</strong>ner Enzyme neutrophiler Granulozyten wie CathepsinG,<br />

Beta-Glucuronidase, Myeloperoxdiase<br />

Klinische Effekte:<br />

- Nachweis einer entzündungshemmen<strong>de</strong>n Wirkung:<br />

- Im UV-Erythem-Hemmtest (Taube und Schröter, 1999)<br />

- Am Crotonöl-Mausohr-Ö<strong>de</strong>m-Mo<strong>de</strong>ll (Er<strong>de</strong>lmeier, 1996)<br />

- Gefäßverengen<strong><strong>de</strong>r</strong> Effekt wur<strong>de</strong> im Vasokonstriktionstest<br />

nachgewiesen (Diemunsch, 1987 in Gloor, 2000)<br />

- CAVE! Der entzündungshemmen<strong>de</strong> Effekt von Tannin und Hamamelis ist<br />

geringer als von Hydrokortison! (Gloor, 2000)<br />

Lt. Taube und Schröter, 1999: entspricht die Wirkung synthetischen Tannins<br />

bei gleicher Dosis (1%) etwa 2/3 <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirkung von Hydrokortison<br />

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Juckreizvermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />

- Nachweis durch Histamin-Quad<strong>de</strong>ltest (Puschmann, 1985)<br />

- Wirkung erscheint z.T. vergleichbar mit topisch applizierten<br />

Antihistaminika (Puschmann, 1985)<br />

Gerbstoffe, synthetische 75<br />

Durch:<br />

Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> IgE-vermittelten Histaminfreisetzung (Zuberbier, 1999)<br />

Antiinflammatorische Wirkung s.o.<br />

Schmerzvermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />

- Lippenreizmetho<strong>de</strong> Unempfindlichkeit durch topische Gerbstoffe<br />

vergleichbar mit einem Lokalanästhetikum (Puschmann, 1985)<br />

- Keine Untersuchungen zu tumorerzeugen<strong>de</strong>m / mutagenen Potential o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zur Reproduktionstoxizität von Gerbstoffen (Keine klinischen Hinweise<br />

bislang!)<br />

Fragliche tumorprotektive Wirkung<br />

Khan, 1988 und weitere Arbeiten aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgruppe um Mukhtar:<br />

Nach Applikation von Tanninsäure und Polyphenole <strong>de</strong>s grünen Tees (GTP)<br />

wur<strong>de</strong> die Tumor-initiieren<strong>de</strong> Wirkung eines Benzo[a]pyrens (BPDE-2)<br />

gemin<strong><strong>de</strong>r</strong>t, d.h. die Latenzphase bis zum Auftreten eines Hauttumors war<br />

kürzer. WM?: Inaktivierung <strong>de</strong>s BPDE-2?<br />

Wang, 1991:<br />

Tierexperimente: Haarlose Mäuse erhielten Polyphenole <strong>de</strong>s Grünen Tees<br />

(GTP) im Trinkwasser o<strong><strong>de</strong>r</strong> topisch auf die Haut + UVB-Bestrahlung vs.<br />

Plazebo + UVB-Bestrahlung Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Mäuse mit Hauttumoren und<br />

Anzahl Hauttumore/Maus waren bei Applikation von GTP geringer<br />

Perchellet, 1992:<br />

12-O-Tetra<strong>de</strong>canoyl-Phorbol-13-Acetat (TPA) Potenter Tumorpromoter in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Maus-Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis. Tanninsäure und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Gallussäure-Derivate hemmen<br />

die TPA-induzierte Ornithin-Decarboxylase, die Wasserstoffperoxid-<br />

Produktion und die DNA-Synthese (Tumor-Promotion)<br />

Srivastava, 2000:<br />

12-O-Tetra<strong>de</strong>canoyl-Phorbol-13-Acetat (TPA)-induzierte NO-Freisetzung in<br />

Rattenhepatozyten durch Tanninsäure und Polyphenole <strong>de</strong>s grünen Tees<br />

vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t Entzündungshemmung<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

- Synthetische Gerbstoffe lassen einen klinischen Effekt vermuten, <strong><strong>de</strong>r</strong> jedoch<br />

nur fraglich über einen Grundlagen-Effekt hinausgeht (Gloor, 2000)<br />

- Die Effizienz ist <strong>de</strong>utlich geringer als die von Kortikosteroi<strong>de</strong>n.<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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76 Gerbstoffe, synthetische<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Korting, 1995:<br />

Plazebo-kontrolliert, doppel-blind, randomisiert<br />

n=72 Patienten mit mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ater Atopischer <strong>Dermatitis</strong><br />

Vgl. Hamamelis-Extrakt-Salbe mit Grundlage und 0,5% Hydrokortison-<br />

Creme über 14 Tage<br />

Kein Unterschied Hamamelis-Extrakt zu Plazebo, bei<strong>de</strong> Zubereitungen<br />

waren <strong>de</strong>utlich weniger wirksam als Hydrokortison<br />

Buhles, 1992; Swoboda, 1991<br />

- Wirksamkeit vergleichbar mit Bufexamac<br />

- Wirksamkeitsnachweis ohne signifikante Unterschie<strong>de</strong><br />

- Die Untersuchungen waren jedoch nicht Vehikel-kontrolliert<br />

Dennoch:<br />

Gerbstoffe gehören zu <strong>de</strong>n ältesten bei nässen<strong>de</strong>n Hautkrankheiten eingesetzten<br />

Lokaltherapeutika (Schröter, 2001)<br />

Nässen<strong>de</strong> Ekzeme<br />

Hauptindikation für Gerbstoffe: Eccema madidans, bes. intertriginös (Schröter,<br />

2001)<br />

Weitere Einsatzgebiete:<br />

Alle weiteren Ekzemformen (Kortikoid-sparen<strong><strong>de</strong>r</strong> Effekt durch<br />

alternieren<strong>de</strong> Behandlung: Gerbstoffe - Steroi<strong>de</strong> und Intervalltherapie)<br />

Win<strong>de</strong>l<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis<br />

Intertrigo<br />

Verbrennungen ersten Gra<strong>de</strong>s (z.B. <strong>Dermatitis</strong> solaris, akute polymorphe<br />

Licht<strong><strong>de</strong>r</strong>matose)<br />

Juckreiz – speziell im Genito-Anal-Bereich –<br />

Hyperhidrosis (Achtung! Wirkung ist geringer als die von<br />

Aluminiumverbindungen - <strong><strong>de</strong>r</strong> "Hornzellpfropf" wird durch Desquamation<br />

sehr schnell wie<strong><strong>de</strong>r</strong> abgerieben)<br />

Infektiöse Exantheme wie z. B. Windpocken<br />

Balanitis / Vulvitis<br />

Genitaler / analer Pruritus<br />

Unerwünschte Wirkungen<br />

- In Einzelfällen:<br />

- Leichte Hautreizungen, Austrocknungsgefühl<br />

- Kontaktallergien (Müller, 1994)<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Wechselwirkungen<br />

Gerbstoffe zeigen eine Inkompatibilität mit:<br />

Schwermetallsalzen<br />

Alkaloi<strong>de</strong>n<br />

Gelatine<br />

Albumin<br />

Stärke<br />

Oxidieren<strong>de</strong>n Substanzen<br />

Keine Mischung mit diesen Substanzen!<br />

Gerbstoffe, synthetische 77<br />

Gerbstoffe im Ba<strong>de</strong>zusatz: In Gegenwart von alkalischen Seifen wird die<br />

Wirksamkeit beeinträchtigt.<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Sämtliche systemische und topische Dermatika unter Beachtung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wechselwirkungen<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

- Keine Einschränkungen<br />

Literatur<br />

- Akiyama H, Fujii K, Yamasaki O, Oono T, Iwatsuki K: Antibacterial action<br />

of several tannins against Staphylococcus aureus. J Antimicrob Chemother.<br />

2001 Oct;48(4):487-91<br />

- Arenberger P, Kemeny L, Ruzicka T: Einfluss von Tamol auf Eikosanoid-<br />

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- Buhles N: Nichtsteroidale Lokaltherapie <strong>de</strong>s endogenen Ekzemes. Akt<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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78 Gerbstoffe, synthetische<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Glycerin<br />

Zugelassene Indikationen<br />

- Hautpflege, Hautschutz<br />

Kontraindikationen<br />

- Keine<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

Glycerin 79<br />

- Mehrmals täglich auftragen<br />

- Glycerin kann bis zu einer Konzentration von 10% in nahezu alle O/W- und<br />

amphiphilen Systeme eingearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- 1,2,3-Propantriol, Glycerin, Glycerol = dreiwertiger Alkohol<br />

- Physiologisch im Stoffwechsel vorkommend (v.a. als Ester <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Triglyzeri<strong>de</strong>)<br />

- Kommt nach Triglycerid-Hydrolyse in <strong>de</strong>n Talgdrüsen auf/in die Haut<br />

(Wichtigster Mechanismus zur Hauthydratation überhaupt) (Fluhr, 2003)<br />

- Sirupöse Flüssigkeit mit süßem Geschmack<br />

- Gut wasserlöslich, hygroskopisch (schwer wasserfrei zu halten)<br />

- Synthese: vom Propylen <strong><strong>de</strong>r</strong> Crackgase<br />

- Verwendung: Pharmazeutische Industrie, bei Herstellung von Sprengstoffen<br />

etc.<br />

Topische Applikation:<br />

Eindringen in die Tiefe <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht<br />

Applikation einer O/W-Emulsion => in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tiefe <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht mehr<br />

Glycerin als oberflächlich (Batt, 1986)<br />

Glycerin verbleibt > 6 Stun<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht (Gloor, 2000)<br />

Metabolisierung<br />

Elimination über Galle und Niere<br />

Da es sich um eine körpereigene Substanz han<strong>de</strong>lt, die im Körper in<br />

erheblichem Maß vorkommt, sind toxische Reaktionen nicht zu erwarten<br />

(Gloor, 2000)<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


80 Glycerin<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Pharmakodynamik<br />

- Moisturizer<br />

Hygroskopische Wirkung<br />

Abhängig von relativer Luftfeuchtigkeit (Froebe, 1990 in Gloor, 2000)<br />

Im Vergleich zu an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Polyhydroxyalkoholen, Polyethylenglykolen,<br />

Propylenglykolen: sehr ausgeprägt (Cohen, 1993)<br />

Stärker als die Wirkung von Harnstoff (Gloor, 2000)<br />

Wasserabgabe aus wässriger Lösung von Glycerin <strong>de</strong>utlich geringer als aus<br />

reinem Wasser (Batt, 1986) Hydratisieren<strong>de</strong> Wirkung auf Str. corneum<br />

Hydratisieren<strong>de</strong> Wirkung<br />

wur<strong>de</strong> nachgewiesen von 10% Glycerin in W/O- als auch in O/W-<br />

Grundlage; jedoch besser in O/W-Emulsionen (Bettinger, 1994)<br />

setzt schneller ein als durch Wasser allein erreichbar ist (Pe<strong><strong>de</strong>r</strong>sen, 1999)<br />

ist konzentrationsabhängig: 10% Glycerin ist stärker wirksam als 5%ige<br />

O/W-Emulsion, NW mit Korneometrie (Gloor, 1997)<br />

ist steigerbar durch Kombination mit Harnstoff<br />

ist stärker als die Wirkung von Harnstoff (Fluhr, 2003, Gloor, 1998)<br />

ist schon mit 1% Glycerin zu erreichen, wenn die Applikation mit polaren,<br />

lamellären Lipi<strong>de</strong>n erfolgt - Lipi<strong>de</strong> allein haben keinen vergleichbaren<br />

Effekt (Summers, 1996; Gloor, 2000)<br />

Regenerative Hautschutzwirkung<br />

Barriere-Regeneration nach okklusiver Anwendung von Glycerin stärker als<br />

nach Applikation von Wasser (Bettinger, 1998)<br />

Auch nach lang dauern<strong><strong>de</strong>r</strong> (über 3 Tage) NLS-Schädigung ist durch 4 Tage<br />

<strong>Therapie</strong> mit Glycerin-haltiger Zubereitung (21,25 bzw. 42,5%) eine 7 Tage<br />

über die <strong>Therapie</strong> hinausgehen<strong>de</strong>, sehr effektive Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hornschichtregeneration nachweisbar (Fluhr, 1999)<br />

Repetitiver Waschtest: Hautschädigung kann durch Auftragen einer 10%<br />

Glycerin-haltigen Emulsion verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t und zusätzlich kann eine Hydratation<br />

erreicht wer<strong>de</strong>n (Grunewald, 1995 in Gloor, 2000)<br />

Entschuppen<strong>de</strong> Wirkung<br />

Rawlings, 1995<br />

Glycerin beschleunigt <strong>de</strong>n Desmosomenabbau in oberflächlicher Hornschicht<br />

(ELMI-Nachweis und Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s immunhistologischen Nachweises<br />

von Desmoglein 1 Marker <strong><strong>de</strong>r</strong> Desmosomenintegrität) Mechanische<br />

Hautfestigkeit ist verringert durch dramatische Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

interkorneozytären Kräfte (gemessen mit Extensiometer)<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Hautglättung<br />

Beschleunigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Desquamation (Gloor, 1998)<br />

Hautelastizität steigt (Gloor, 1998)<br />

Glycerin 81<br />

Pe<strong>net</strong>rationsverbesserung für an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Wirkstoffe<br />

Nachweis für Hexylnicotinat (Bettinger, 1998)<br />

Keine Pe<strong>net</strong>rationsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung bei Dermatokortikosteroi<strong>de</strong>n (Fluhr, 1998)<br />

Experimentelle Ergebnisse:<br />

Burke, 1997:<br />

Glycerin scheint <strong>de</strong>n Effekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Phosphorylierung auf die Effektivität <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zytosolischen Phospholipase A2 (Schlüsselenzym für die Bildung von<br />

Arachidonsäure) zu maskieren 300-390%ige Aktivität <strong>de</strong>s Enzyms in<br />

Anwesenheit von Glycerin (im Vgl. ohne Glycerin)<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Atopische <strong>Dermatitis</strong><br />

Lo<strong>de</strong>n, 2001:<br />

Randomisierte, parallele, doppelblin<strong>de</strong> Studie, n=109 Patienten mit Atopischer<br />

<strong>Dermatitis</strong>; Vergleich 20% Glycerin-Creme mit 4% Harnstoff-NaCl-Creme<br />

über 30 Tage; TEWL- und Hautkapazitätsmessung; Keine signifikanten<br />

Unterschie<strong>de</strong>, etwas niedrigere TEWL-Werte nach Harnstoff-Applikation;<br />

Klinische Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauttrockenheit besser für Harnstoff-haltige<br />

Zubereitungen<br />

Lo<strong>de</strong>n, 2002:<br />

Randomisierte, doppel-blin<strong>de</strong> Studie, n=197 Patienten; Vgl. Harnstoff 4%-<br />

NaCl 4%-Creme mit Glycerin 20% Creme und Placebo; Signifikant stärkere<br />

lokale oberflächliche Reaktion bei Harnstoff als bei Glycerin-Creme (24% vs.<br />

10% <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten) bei gleichem klinischen Effekt<br />

Weitere Einsatzgebiete:<br />

Trockene Haut (Xerosis cutis)<br />

Prophylaxe/Nachbehandlung <strong>de</strong>s kumulativ-subtoxischen Han<strong>de</strong>kzems<br />

Psoriasis vulgaris<br />

Ichthyosen<br />

Besenreiser-Varizen (Teleangiektasien an <strong>de</strong>n Beinen)<br />

72%ige Glycerin-Lösung ist:<br />

sehr gut und schnell wirksam<br />

vergleichbar mit Natriumtetra<strong>de</strong>cylsulfat (STS)<br />

führt seltener zu Hämatomen, Schwellungen und Hyperpigmentierungen<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


82 Glycerin<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Unerwünschte Wirkungen<br />

- Eventuell klebriges Gefühl auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />

- Ein Fallbericht über eine allergische Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis auf Glycerin<br />

(Preston, 2003)<br />

- Keine systemischen Nebenwirkungen<br />

Wechselwirkungen<br />

- Keine<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Harnstoff, Milchsäure, NaCl<br />

- Dithranol, Kortikosteroi<strong>de</strong><br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

- Keine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Hinweise / Einschränkungen<br />

Literatur<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


84 Harnstoff<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Harnstoff<br />

Zugelassene Indikationen<br />

Hyperkeratosen (übermäßige Verhornung)<br />

Leichtere Formen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ichthyosis (Rückfallprophylaxe und<br />

Dauerbehandlung)<br />

Follikuläre Verhornungsstörungen<br />

Intervall- und Nachbehandlung bei topischer Glucocorticoid- und<br />

Phototherapie (Psoriasis vulgaris, atopische Ekzeme)<br />

Exsikkations<strong><strong>de</strong>r</strong>matosen<br />

Trockene Hautzustän<strong>de</strong> verschie<strong>de</strong>ner Genese (z.B. Altershaut –<br />

Berufs<strong><strong>de</strong>r</strong>matosen – Rhaga<strong>de</strong>n)<br />

20%-40%:<br />

Ablösen bzw. Auflösen erkrankter, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e pilzbefallener Nägel<br />

Kontraindikationen<br />

Bei Konzentrationen > 5%:<br />

- Akute entzündliche Hautzustän<strong>de</strong><br />

- Großflächige Anwendung bei Niereninsuffizienz<br />

Anwendungsbeschränkung:<br />

- Nicht mit Augen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhäuten in Berührung bringen<br />

- Nicht bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n anwen<strong>de</strong>n (keine ausreichen<strong>de</strong>n Erfahrungen)<br />

20% Creme:<br />

- Behandlung entzündlicher und exkoriierter, akuter Hautzustän<strong>de</strong><br />

- Augen- u. Schleimhautkontakt<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

Allgemein:<br />

- Medizinisch sinnvoll erscheinen Konzentrationen von min<strong>de</strong>stens 5%<br />

(10%) Harnstoff<br />

- Eine Einarbeitung von bis zu 10% Harnstoff ist in die meisten O/W- und<br />

amphiphilen Systeme möglich.<br />

- Höhere Konzentrationen (20-40%) dienen <strong><strong>de</strong>r</strong> Onycholyse (o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> lokalen<br />

Keratolyse - ohne Zulassung, siehe Therapeutische Wirkungen)<br />

- Niedrigere Konzentrationen sind bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, im Gesicht, in <strong>de</strong>n<br />

Intertrigines und für kosmetische Effekte anzuwen<strong>de</strong>n<br />

- Mehrmals tgl., min<strong>de</strong>stens 2mal tgl. (morgens und abends)<br />

- Auf die gut gereinigte erkrankte Haut (am günstigsten nach Ba<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Duschen) auftragen<br />

____________________________________________________________________________<br />

<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Harnstoff 85<br />

Behandlungsdauer:<br />

- Bis zum Abklingen <strong><strong>de</strong>r</strong> Symptome<br />

- Zur Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Rückfällen 2mal wöchentlich o<strong><strong>de</strong>r</strong> je nach Bedarf<br />

öfter anwen<strong>de</strong>n<br />

- Okklusivverbän<strong>de</strong> sind möglich<br />

Zur atraumatischen Onycholyse (o<strong><strong>de</strong>r</strong> 40% Pasten):<br />

- Bei Onychmykose stets in Kombination mit einem Antimykotikum<br />

20% Creme:<br />

- Messerrückendick auf <strong>de</strong>n erkrankten Nagel auftragen<br />

- Umgeben<strong>de</strong> Haut evtl. schützen<br />

- Durch Okklusivverband ab<strong>de</strong>cken<br />

- Nach 5-10 Tagen Kontrolle und Entfernung <strong><strong>de</strong>r</strong> erweichten Nagelteile<br />

- Evtl. Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holung <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung<br />

- Behandlungsdauer: Durchschnittlich 16 Tage<br />

40% Pasten:<br />

Nagelaufweichpaste<br />

1. Fuß / Füße in warmem Wasser ba<strong>de</strong>n, abtrocknen<br />

2. Paste auf Nagel auftragen, nicht einmassieren, nicht auf die <strong>de</strong>n Nagel<br />

umgeben<strong>de</strong> Haut bringen (Umgebung mit Zinkpaste ab<strong>de</strong>cken)<br />

3. Wasserfestes Pflaster auf Nagel / Nägel kleben<br />

4. Nach 24 h aufgeweichte Nagelsubstanz und Salbenreste so weit wie<br />

möglich mit Nagelschaber / Feile entfernen<br />

5. Erneut ba<strong>de</strong>n, Paste auftragen, neuen Verband anlegen<br />

Bis: alle hyperkeratotischen Nagelpartien vollständig entfernt sind (1-2 (bis<br />

6) Wochen)<br />

Bä<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />

- ca. 5%ig<br />

- 1-2 Tassen Harnstoff (Urea pura)<br />

- Auf ein Vollbad<br />

- gut auflösen! (Schröter, 2001)<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- Harnstoff war <strong><strong>de</strong>r</strong> erste synthetisch hergestellte organische Stoff<br />

(Friedrich Wöhler, 1828)<br />

Urea, Carbamidum, Diamid <strong><strong>de</strong>r</strong> Kohlensäure<br />

Hygroskopische, kristalline, geruch- und farblose Substanz<br />

Gut löslich in Wasser und Ethanol, schlecht löslich in Ether und Chloroform<br />

In wässrigen Lösungen ist Harnstoff instabil Zerfall in Ammoniak und<br />

Kohlensäure unangenehmer Geruch<br />

In wasserfreien Grundlagen können sich (bes. bei Konz. > 10%) Kristalle bil<strong>de</strong>n keine<br />

kontinuierliche Harnstofffreisetzung, mögliche Reibung<br />

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86 Harnstoff<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

- Harnstoff ist ein natürliches Abbauprodukt <strong>de</strong>s menschlichen<br />

Eiweißstoffwechsels<br />

Harnstoff entsteht in Mengen von 20-35g/24h im Körper<br />

Relativ ungiftige Substanz: Für <strong>de</strong>n Menschen gelten Tagesdosen bis zu<br />

80 g i.v. und 100 g p.o. als ungefährlich (Bei Tierversuchen traten bei<br />

sehr hohen Dosen Konvulsionen auf)<br />

- Harnstoffgehalt <strong>de</strong>s Str. corneums stammt aus <strong>de</strong>m Schweiß und wird i.R.<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verhornung v. a. aus L-Arginin (durch extrahepatische Arginase,<br />

abhängig von Manganionen-Konzentration und L-Arginin-Konzentration in<br />

Keratinozyten (<strong>Wohlrab</strong> J, 2002)) gebil<strong>de</strong>t<br />

- Wirkung als "Natural Moisturizing Factor" entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Wirkung für<br />

Funktion und Struktur <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />

- in pathologisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis Harnstoffgehalt vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

(siehe Therapeutische Wirkungen)<br />

Topische Applikation:<br />

Untersuchungen von <strong>Wohlrab</strong>, 1993:<br />

• Schnellere Freisetzung aus Öl/Wasser als aus Wasser/Öl-Emulsionen<br />

• Applikation als O/W-Emulsion => lange verbleibt ein hoher Anteil an<br />

Harnstoff in oberer Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis, nur geringe Pe<strong>net</strong>ration von Harnstoff in<br />

tiefere Hornschichtanteile<br />

• Applikation als W/O-Emulsion => langsamere Wirkstofffreigabe;<br />

Okklusionseffekt => jedoch stärkere Pe<strong>net</strong>ration in Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis und in<br />

Dermis<br />

Die resorbierte Harnstoffmenge spielt toxikologisch keine Rolle<br />

Keine Metabolisierung (Stoffwechselendprodukt)<br />

Elimination unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t über Niere, in geringem Maße auch über <strong>de</strong>n<br />

Schweiß<br />

Systemische Applikation<br />

- Obsolet (früher Anwendung als Diuretikum und zur Senkung <strong>de</strong>s<br />

Augeninnendrucks)<br />

Pharmakodynamik<br />

Hydratationsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />

- Durch hygroskopische Wirkung <strong>de</strong>s Harnstoffs (Zunahme freien Wassers)<br />

(nach Schröter, 2001):<br />

1. Nach Pe<strong>net</strong>ration in <strong>de</strong>n Keratinozyten intrazelluläre<br />

Wassereinlagerung (in be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>m Maß)<br />

2. Harnstoff im Interzellularraum interzelluläre Wassereinlagerung (in<br />

geringerem Maß)<br />

- Wassergehalt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht steigt und wird gehalten<br />

- Aufquellung <strong>de</strong>s Str. corneums<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Harnstoff 87<br />

- Wasseraufnahmefähigkeit / Hydratation <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht:<br />

wird durch Harnstoff gesteigert (Swanbeck, 1968)<br />

ist durch W/O-Emulsionen länger erhöht als durch O/W-Emulsionen<br />

(<strong>Wohlrab</strong>, 1988)<br />

hält bei fortdauern<strong><strong>de</strong>r</strong> Applikation > 20 Tage an (Lo<strong>de</strong>n, 1999)<br />

- Zum Verhältnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Wasseraufnahmefähigkeit zum Harnstoffgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Haut gibt es wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchliche Ergebnisse:<br />

Wasserbindungsvermögen und Harnstoffgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis verhalten<br />

sich gleichsinnig zueinan<strong><strong>de</strong>r</strong> (Schröter, 2001)<br />

Dosiserhöhung von 3-5% auf 10% Harnstoff bedingt keine Verbesserung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Hydratationskapazität <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht (Corneometrische<br />

Untersuchungen Gloor, 2000)<br />

- Barriere-Regeneration-för<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung durch<br />

Reduktion <strong>de</strong>s TEWL<br />

vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te irritative Hyperämie nach Applikation von Na-Lauryl-Sulfat<br />

(Lo<strong>de</strong>n, 2003)<br />

Keratoplastische Wirkung<br />

Niedrige Harnstoff-Konzentration<br />

Spaltung von Wasserstoffbrückenbindungen <strong>de</strong>s Keratin (Neubert, 2001)<br />

Schwächung <strong><strong>de</strong>r</strong> van-<strong><strong>de</strong>r</strong>-Waalsschen Wechselwirkungen zwischen <strong>de</strong>n<br />

Keratin-Molekülen<br />

Keratin wird dispergiert<br />

Jedoch keine Vermehrung <strong>de</strong>s an Tesafilm haften<strong>de</strong>n Materials nach<br />

Vorbehandlung mit 10%iger Harnstoff-Zubereitung im Gegensatz zu 2%<br />

Salicylsäure (Lo<strong>de</strong>n, 1995)<br />

in niedrigen Konzentrationen ( 30% Harnstoff<br />

Durch:<br />

Zusätzliche Spaltung von Disulfid-Brücken <strong><strong>de</strong>r</strong> Proteine<br />

Aufquellung <strong>de</strong>s Interzellularraumes durch Wassereinlagerung mit<br />

vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Adhäsion zwischen <strong>de</strong>n Zellen verstärkte Desquamation<br />

Wirkung ist konzentrations- und zeitabhängig<br />

Proliferationshemmen<strong>de</strong> Wirkung auf die Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis (<strong>Wohlrab</strong>, 1976)<br />

Wirkmechanismus weitgehend unklar:<br />

- Beeinflussung <strong><strong>de</strong>r</strong> Regulation <strong>de</strong>s Zellzyklus<br />

- Arretierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Keratinozyten im Str. basale in <strong><strong>de</strong>r</strong> Metaphase <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitose<br />

(Glinos, 1993)<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


88 Harnstoff<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Tierversuch (Meerschweinchen):<br />

10%ige Harnstoff-Lösung:<br />

Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> DNS-synthetisieren<strong>de</strong>n Zellen im Str. basale<br />

(vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Mitose-In<strong>de</strong>x)<br />

Verlängerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensdauer postmitotischer Keratinozyten<br />

Verdünnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Epi<strong><strong>de</strong>r</strong>mis<br />

Bei Langzeitanwendung führt diese Wirkung jedoch nicht zur Atrophie<br />

Hagemann, 1996:<br />

n=10 Patienten mit Psoriasis: <strong>Therapie</strong> 2 Wochen mit 10% Harnstoff-Salbe,<br />

Vehikel o<strong><strong>de</strong>r</strong> ohne <strong>Therapie</strong> => Besserung <strong>de</strong>s klinischen Scores, 2fache<br />

Haut-Hydratation, geringer Abfall <strong>de</strong>s TEWL an Harnstoff-behan<strong>de</strong>lten<br />

Stellen; Histo: 29% Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Dicke und 51% Reduktion<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> epi<strong><strong>de</strong>r</strong>malen Proliferation; z.T. Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in Zytokeratin-<br />

Expression und Involucrin-Expression<br />

Juckreizstillen<strong>de</strong> Wirkung<br />

- Wirkmechanismus ist ungeklärt<br />

- Mo<strong>de</strong>ll: Trypsin-induzierter Pruritus<br />

Liberations- und pe<strong>net</strong>rationsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />

- Liberationsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Wirkstoffe aus ihren Vehikeln (z.B.<br />

Hydrokortison, Prednisolon, Dithranol)<br />

Wasserbindungskapazität <strong><strong>de</strong>r</strong> Hornschicht erhöht<br />

- Pe<strong>net</strong>ration an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Wirkstoffe erleichtert (z.B. Hydrokortison, Prednisolon,<br />

Trimacinolonacetonid, Dithranol, Tretinoin u.v.a.) (Wahlberg, 1973;<br />

Feldmann, 1974; <strong>Wohlrab</strong>, 1980)<br />

- Effekt scheint Grundlagen-abhängig zu sein (Fluhr, 1998)<br />

Antiseptische Wirkung<br />

- Hinweise auf antimikrobielle und fungistatische Wirkungen (<strong>Wohlrab</strong>,<br />

1989)<br />

- Die Wirkung ist nachweisbar gegenüber Staph. aureus und C. albicans; im<br />

Vgl. zu Chlorhexidin und Fuchsin jedoch schwach (Gloor, 2002: in vivo-<br />

Untersuchungen mit Okklusions- und Agar-Diffusions-Test von Präparation<br />

aus Hamamelis 90% und Harnstoff 5%)<br />

Wundheilungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Wirkung<br />

- Harnstoff ist hygroskopisch Sekret kann aufgenommen wer<strong>de</strong>n<br />

- Proteo-, muko- und nekrolytische Wirkung<br />

- Unspezifischer Fremdkörperreiz<br />

- Pathologisch verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Haut Harnstoffgehalt vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>t, z.B. (Schröter,<br />

2001)<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Harnstoff 89<br />

Atopische <strong>Dermatitis</strong>: um bis zu 85% in aktiven Her<strong>de</strong>n, um bis zu 70% bei<br />

normal erscheinen<strong><strong>de</strong>r</strong> Haut<br />

Xerosis cutis: um bis zu 50%<br />

Psoriasis vulgaris: um bis zu 40%<br />

"Substitution" erscheint sinnvoll<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Atopische <strong>Dermatitis</strong>, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e subakute bis chronische Ekzeme<br />

Anwendung von Harnstoff im subakuten bis chronischen Stadium<br />

10%ige W/O Emulsion o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Salbe und/ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Bä<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kombinationstherapie mit Kortikosteroi<strong>de</strong>n, Polidocanol (verstärkt<br />

juckreizmil<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Effekt), NaCl, Milchsäure<br />

Lo<strong>de</strong>n, 2002: Vgl. Harnstoff 4%-NaCl 4%-Creme mit Glycerin 20% Creme<br />

und Placebo: Randomisierte, doppel-blin<strong>de</strong> Studie, n=197 Patienten mit zu<br />

Signifikant stärkere lokale oberflächliche Reaktion als bei Glycerin-<br />

Creme (24% vs. 10% <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten) bei gleichem klinischen Effekt<br />

Hagstromer 2001: Vgl. Harnstoff 4%-NaCl 4%-Creme mit Harnstoff 4%<br />

Creme: Randomisierte, doppel-blin<strong>de</strong> Studie, n=22 Patienten mit zu<br />

Harnstoff und NaCl scheint etwas effektiver zu sein als Harnstoff allein<br />

Milchschorf<br />

2mal tgl. 5% Harnstoff in W/O-Emulsion (Schröter, 2001)<br />

Pruritus allgemein (zu, Psoriasis, Kontaktekzem, Xerosis cutis, Pruritus sine<br />

materia)<br />

5-10% Harnstoff mehrmals tgl. Kühlschrank-kalt auftragen, ggf. kombiniert<br />

mit Polidocanol 3%<br />

Freitag, 1997: n=1611, ca. 6 Wochen <strong>Therapie</strong> mit Kombination Harnstoff<br />

5% und Polidocanol 3% => 48,9% <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten waren frei von Juckreiz;<br />

Beurteilung durch Arzt und Patient bei fast 90% <strong><strong>de</strong>r</strong> Fälle gut bis sehr gut<br />

Ichthyosen, Hyperkeratosen (follikulär, palmar, plantar), Xerosis cutis<br />

5-12%ige W/O Emulsion o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Salbe und/ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Bä<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

(Kuster, 1998: Harnstoff 10% ist sehr effektiv bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit Ichthyosis)<br />

Einsatz von 40% Harnstoff-Creme ist möglich, um einen schnellen<br />

klinischen Effekt zu erzielen (A<strong>de</strong>mola, 2002)<br />

Kombinationstherapie mit Tretinoin, Polidocanol (verstärkt<br />

juckreizmil<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Effekt), Milchsäure<br />

Kuzmina, 2002: Vergleichen<strong>de</strong>, randomisierte, doppel-blin<strong>de</strong> Studie, n=23<br />

ältere gesun<strong>de</strong>n Proban<strong>de</strong>n: Kombination von Harnstoff mit NaCl vs.<br />

Harnstoff allein; Applikation an <strong>de</strong>n Unterschenkeln: guter Effekt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hauthydratation; kein zusätzlicher Effekt gegenüber Harnstoff allein<br />

hinsichtlich TEWL, elektrischer Impedanz u.a. Parameter<br />

Gloor, 2002 (b): Kein zusätzlicher klinischer Effekt im Vgl. zu und durch<br />

Kombination mit Ammoniumlactat<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


90 Harnstoff<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Psoriasis vulgaris<br />

Anwendung von Harnstoff vor allem bei chronisch stationären Formen<br />

10%ige W/O Emulsion o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Salbe und/ o<strong><strong>de</strong>r</strong> Harnstoff-Bä<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kombinationstherapie mit Kortikosteroi<strong>de</strong>n, Steinkohlenteerlösung, NaCl,<br />

Dithranol, Milchsäure, Salicylsäure<br />

Seborrhoische <strong>Dermatitis</strong>, Seborrhoi<strong>de</strong> Psoriasis<br />

Anwendung von Harnstoff im subakuten bis chronischen Stadium<br />

Kombination von 10% Harnstoff mit Bifonazol 1%; 1-2mal tgl. über ca. 4<br />

Wochen (Schröter, 2001)<br />

Kombination von 40% Harnstoff mit Bifonazol 1% für Psoriasis capitis und<br />

seborrhoische <strong>Dermatitis</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Kopfhaut (Shemer, 2000)<br />

Hyperkeratotische Tinea corporis, Tinea pedis/manus, Pityriasis versicolor<br />

Kombination von 10% Harnstoff mit Bifonazol 1%, Clotrimazol 1%; 2mal<br />

tgl.<br />

Tanuma, 2001: Bei hyperkeratotischer Tinea pedis ist die Kombination<br />

eines Azols (Lanoconazol 1%) mit 10% Harnstoff <strong><strong>de</strong>r</strong> alleinigen<br />

Azoltherapie überlegen.<br />

Bei Onychomykose / Hyperkeratotischen Nägeln: Anwendung von 40%<br />

Harnstoff, möglich auch in Kombination mit Bifonazol 1% (Bonifaz, 2001:<br />

Studie n=25 Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> => Kombination ist auch bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n wirksam),<br />

Clotrimazol 1% o<strong><strong>de</strong>r</strong> Naftifin 1%<br />

Lingua villosa nigra<br />

10%ige wässrige Harnstoff-Lösung (Cave: Haltbarkeit begrenzt!) mehrmals<br />

tgl. pinseln und mit weicher Zahnbürste bürsten (Schröter, 2001)<br />

Ulcera / schlecht heilen<strong>de</strong> Wun<strong>de</strong>n<br />

Anwendung pur (Urea pura), ggf. Kombination mit Glukose (1:1), o<strong><strong>de</strong>r</strong> als<br />

15% Harnstoff in Polyethylenglykolsalbe (Schröter, 2001)<br />

Bislang sind keine toxischen Wirkungen bei topischer Applikation bekannt<br />

Unerwünschte Wirkungen<br />

- Eine Irritation <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut (Rötung, Brennen, Jucken o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schuppung) ist<br />

möglich, wenn akut entzündliche Hautzustän<strong>de</strong> behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />

Selten:<br />

- Überempfindlichkeitsreaktion<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Wechselwirkungen<br />

Harnstoff 91<br />

- Liberation (Freisetzung) an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Wirkstoffe aus lokal angewen<strong>de</strong>ten<br />

Arzneimitteln und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Eindringen in die Haut kann verstärkt wer<strong>de</strong>n.<br />

- Dies ist beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bekannt von Kortikosteroi<strong>de</strong>n, Dithranol und<br />

Fluorouracil.<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

Tretinoin, Retinolpalmitat (CAVE Nebenwirkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Retinoi<strong>de</strong> können<br />

verstärkt sein)<br />

Antimykotika (Bifonazol, Clotrimazol)<br />

Steroi<strong>de</strong> (Hydrokortison u.a.)<br />

Steinkohlenteerlösung<br />

Salicylsäure<br />

Dithranol (Geringere Nebenwirkungen <strong>de</strong>s Dithranol in Kombination mit<br />

Harnstoff)<br />

Dexpanthenol<br />

Polidocanol<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Schwangerschaft:<br />

- Bei umfangreicher Anwendung am Menschen hat sich kein Verdacht auf<br />

eine embryotoxische/teratogene Wirkung ergeben.<br />

Stillzeit:<br />

- Keine Risiken bekannt<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />

- Bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Konzentrationen von 10% Urea bei einigen Präparaten<br />

aufgrund mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrungen kontraindiziert (Eucerin ® Salbe 10%<br />

Urea; bei Elacutan Salbe: Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> = Anwendungsbeschränkung), bei <strong>de</strong>n<br />

meisten an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Präparaten keine Kontraindikation.<br />

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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


94 Polidocanol<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Polidocanol<br />

Zugelassene Indikationen<br />

Cremes, Salben, Supp.:<br />

Jucken<strong>de</strong> Dermatosen (z.B. Neuro<strong><strong>de</strong>r</strong>mitis, Exsikkationsekzem, Psoriasis,<br />

Windpocken)<br />

Schmerzhafte entzündliche Erkrankungen an Zahnfleisch,<br />

Mundschleimhaut und Lippen, Prothesendruckstellen (Dekubitus); als<br />

Wundverband nach zahnärztlicher Behandlung<br />

Hämorrhoi<strong>de</strong>n (Hämorrhoi<strong>de</strong>n, Perianalthrombosen, Analekzem, Proktitis,<br />

Periproktitis, zur Nachbehandlung bei Verödung und Hämorrhoi<strong>de</strong>ktomie)<br />

Varizen (oberflächliche Venenentzündungen, Stauungsschmerzen u.<br />

Schweregefühl in <strong>de</strong>n Beinen, traumatische Folgezustän<strong>de</strong> wie Prellungen,<br />

Quetschungen)<br />

Ba<strong>de</strong>zusatz:<br />

- Zur unterstützen<strong>de</strong>n Behandlung von Hauterkrankungen mit trockener u.<br />

stark jucken<strong><strong>de</strong>r</strong> Haut wie z. B. Ekzeme, Pruritus senilis, Psoriasis<br />

Injektionslösung:<br />

- Verödung von Varizen, Besenreisern, Hämorrhoi<strong>de</strong>n<br />

- Verödung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Wandsklerosierung von endoskopisch diagnostizierten -<br />

gastrooesophagealen Varizen<br />

Als Kombinationspräparat mit Lokalanästhetika:<br />

- Lokalanästhesie <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut für Rhino-Laryngoskopie, Broncho- u.<br />

Gastroskopie sowie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Urologie<br />

Kontraindikationen<br />

Cremes, Salben:<br />

Akute Erythro<strong><strong>de</strong>r</strong>mie<br />

Akut entzündliche, nässen<strong>de</strong> und infizierte Hautprozesse<br />

Augen- u. Schleimhautkontakt<br />

Hämorrhoi<strong>de</strong>nsalben, Suppositorien:<br />

Säuglinge. Kleinkin<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Anwendungsbeschränkung:<br />

Ältere Patienten<br />

Ba<strong>de</strong>zusatz:<br />

Frische Psoriasis pustulosa-Formen<br />

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Injektionslösung:<br />

Zur Verödung von Varizen, Hämorrhoi<strong>de</strong>n:<br />

Bettlägerigkeit<br />

Arterielle Verschlußkrankheit Grad III u. IV<br />

Polidocanol 95<br />

Anwendungsbeschränkung:<br />

Oberflächliche u. tiefe Venenthrombosen<br />

Beinö<strong>de</strong>me<br />

Diabetische Mikroangiopathie<br />

Akute schwere Herzerkrankungen, die noch nicht stabilisiert sind<br />

Fieberhafte Zustän<strong>de</strong><br />

Arterielle Verschlusskrankheit Grad II<br />

Hohes Lebensalter o<strong><strong>de</strong>r</strong> schlechter Allgemeinzustand<br />

Bronchialasthma<br />

Bei Hämorrhoi<strong>de</strong>n: akute Entzündungen im Analbereich<br />

Schwangerschaft: Strenge Indikationsstellung im 1. Trimenon und nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

36. Schwangerschaftswoche<br />

Zur Verödung von Ösophagusvarizen:<br />

Schockzustand<br />

Anwendungsbeschränkung:<br />

Akute schwere Herzerkrankungen<br />

Fieberhafte Zustän<strong>de</strong><br />

Bronchialasthma<br />

Akute Erkrankungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lunge.<br />

Schwangerschaft: Strenge Indikationsstellung im 1. Trimenon und nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

36. Schwangerschaftswoche<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

Cremes, Salben, Suppositorien:<br />

Jucken<strong>de</strong> Dermatosen:<br />

- Ein- bis mehrmals tgl. dünn auftragen<br />

- Antrocknen lassen<br />

Hämorrhoi<strong>de</strong>n:<br />

- Initial 2mal tgl.; Dann 1mal tgl.<br />

Ba<strong>de</strong>zusatz:<br />

- Als Voll-, Teil- od. Duschbad<br />

- 2-3mal wöchentlich<br />

- Nicht unverdünnt mit <strong>de</strong>n Augen in Berührung bringen<br />

Injektionslösung:<br />

- Verödung<br />

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96 Polidocanol<br />

_____________________________________________________________________________________<br />

Retikuläre Varizen:<br />

- Je nach Größe <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />

- 0,1-0,3 ml / Injektion einer 0,5%igen Lösung intravasal<br />

Besenreiser-Varizen:<br />

- Je nach Größe <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />

- 0,1-0,2 ml / Injektion einer 0,5%igen Lösung intravasal<br />

Zentralvenen von Besenreiser-Varizen, kleine Varizen:<br />

- Je nach Größe <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />

- 0,1-0,2 ml / Injektion einer 1%igen Lösung intravasal<br />

Mittelgroße Varizen:<br />

Je nach Durchmesser <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />

- 0,5-1 ml (maximal 2ml) / Injektion einer 2-3%igen Lösung intravasal<br />

- 1. Sitzung: Nur 1 Injektion, bei guter Verträglichkeit in weiteren Sitzungen<br />

mehrere Injektionen<br />

Große Varizen:<br />

Je nach Durchmesser <strong><strong>de</strong>r</strong> Varizen:<br />

- 0,5-1 ml (maximal 2ml) / Injektion einer 2-3%igen Lösung intravasal<br />

- 1. Sitzung: Nur 1 Injektion 1ml einer 4%igen Lösung intravasal<br />

- Bei guter Verträglichkeit entsprechend <strong><strong>de</strong>r</strong> Länge <strong><strong>de</strong>r</strong> zu verö<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Varize<br />

in weiteren Sitzungen mehrere Injektionen (2-3 Injektionen mit maximal 2<br />

ml/ Injektion)<br />

Retikuläre, kleine und Besenreiservarizen:<br />

- Nur am horizontal o<strong><strong>de</strong>r</strong> 30-40° über horizontal gelagerten Bein injizieren<br />

- Generell i.v.! Luftfrei!<br />

- Niemals i.a.!!!! (Schwere Nekrosen sind möglich!)<br />

- Nach Behandlung: Kompressionsverband und min<strong>de</strong>stens 30 min laufen<br />

Hämorrhoi<strong>de</strong>n:<br />

- Je nach Größe <strong>de</strong>s Knotens: 0,5-1,5ml einer 3-4%igen Lösung streng<br />

submukös<br />

- 1. Sitzung: Nur Gesamtdosis: maximal 2ml einer 3-4%igen Lösung<br />

- Bei guter Verträglichkeit in weiteren Sitzungen mehrere Injektionen<br />

- Maximal-Dosis: 3ml einer 3%igen Lösung o<strong><strong>de</strong>r</strong> 2,5ml einer 4%igen Lösung<br />

Allgemein gültige Vorsichtsmaßnahmen bei Verödungen:<br />

In seltenen Fällen ist mit Schock o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kollaps zu rechnen; entsprechen<strong>de</strong><br />

Vorkehrungen sind zu treffen; enthält Ethanol! (5 Vol.-%). Nie i.a. injizieren!<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Maximaldosis pro Tag:<br />

2 mg Polidocanol/kg KG u. Tag für Varizen und Hämorrhoi<strong>de</strong>n<br />

4 mg Polidocanol/kg KG u. Tag für Ösophagusvarizen<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- Polyethylenglycolmonodo<strong>de</strong>cylether<br />

- Polymerisationsprodukt aus Do<strong>de</strong>cylalkohol und Ethylenoxid<br />

(unterschiedlicher Polymerisationsgrad)<br />

- Salbenartige, weiße, fette Substanz<br />

Polidocanol 97<br />

Topische Applikation:<br />

Plasmaproteinbindung 64%<br />

Terminale HWZ (parenterale Gabe): 4 h,<br />

Hepatische Metabolisierung<br />

Elimination über Galle (nach 72 h: 36%) und Niere (nach 72 h: 61%)<br />

Auch nach wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holter Gabe keine Kumulation in einzelnen<br />

Organsystemen<br />

Pharmakodynamik<br />

Antipruriginosum<br />

- Herabsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Membranpermeabilität für Kationen (bes. NatriumIonen,<br />

höhere Dosis auch KaliumIonen)<br />

- Konzentrationsabhängige Min<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erregbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Nervenfasern;<br />

<strong>de</strong>nn für die Erregungsleitung ist zur Ausbildung <strong>de</strong>s Aktionspotentials ein<br />

plötzlicher Anstieg <strong><strong>de</strong>r</strong> Na-Permabilität nötig<br />

- Hemmung (Aufhebung) <strong>de</strong>s Leitungsvermögens sensibler (sensorischer,<br />

motorischer und autonomer) Nervenfasern<br />

Nebeneffekt:<br />

- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erregungsleitung am Herzen<br />

Folgen:<br />

- Reduziertes Empfin<strong>de</strong>n für Schmerz und Juckreiz<br />

- Bei höherer Dosis auch für Kälte-, Wärme-, Berührungs- und<br />

Druckempfin<strong>de</strong>n<br />

Sklerosierung<br />

- Protein<strong>de</strong>naturierung durch Polidocanol Endothelschädigung<br />

- Gleichzeitig: Zunächst Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> direkten Thrombenbildung,<br />

dann langsames Wachstum eines Thrombus (über 7 d)<br />

- durch gleichzeitige Kompression Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rekanalisation<br />

- Umbau <strong>de</strong>s Thrombus zum narbenförmigen Venenstrang<br />

- Irreversible Abdichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vene<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


98 Polidocanol<br />

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Keine Hinweise auf mutagenes, kanzerogenes o<strong><strong>de</strong>r</strong> teratogenes Potential<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Antipruriginöse Wirkung:<br />

- Histamin-Quad<strong>de</strong>ltest => antipruriginöse Wirkung (Puschmann, 1992)<br />

- Allerdings Test mit Harnstoff-Polidocanol-Gemisch fragliche Wirkung<br />

rein durch Polidocanol!<br />

In klinischen Prüfungen nicht sehr überzeugend (Gloor, 2000)<br />

Sklerosierung:<br />

- Sehr gute, häufig praktizierte klinische Wirkung!<br />

Unerwünschte Wirkungen<br />

Salben, Cremes, Suppositorien:<br />

Gelegentlich Rötung, Juckreiz und Brennen am Applikationsort<br />

Selten Allergie, Kontaktekzem<br />

Injektionslösung:<br />

Bei Varzien:<br />

Hyperpigmentierung<br />

Periphlebitis und Nekrosen, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bei paravasaler Injektion<br />

Manchmal psychogen bedingte Reaktionen wie Kollaps, Atembeschwer<strong>de</strong>n,<br />

Druckgefühl, lokale Sensibilitätsstörungen.<br />

In Einzelfällen vorübergehend Schwin<strong>de</strong>lgefühl, Übelkeit, Sehstörungen u.<br />

metallischer Geschmack<br />

Selten allergische Hautreaktionen, äußerst selten allergischer Schock o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

asthmaähnliche Reaktionen<br />

Bei Hämorrhoi<strong>de</strong>n:<br />

Bei und nach Injektion vorübergehen<strong>de</strong> Schmerzen<br />

Bei Männern im Bereich <strong>de</strong>s 11 Uhr Knotens Prostataschmerzen<br />

Geringfügige Nachblutungen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Injektionsstelle<br />

Ganz selten sind vorübergehen<strong>de</strong> Erektionsstörungen<br />

Sehr selten anaphylaktischer Schock - Herzleistung kann kurzfristig<br />

verringert wer<strong>de</strong>n.<br />

In Einzelfällen vorübergehend Kollaps, Schwin<strong>de</strong>lgefühl,<br />

Atembeschwer<strong>de</strong>n, Druckgefühl in <strong><strong>de</strong>r</strong> Brust, Übelkeit, Sehstörungen,<br />

lokale Sensibilitätsstörungen und metallischer Geschmack<br />

Wegen Ateminsuffizienz ggf. kurzfristige Intubation und künstliche<br />

Beatmung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Wechselwirkungen<br />

- Bei gleichzeitiger Gabe von Anaesthetika besteht die Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wirkungsverstärkung auf das Herz (antiarrhythmischer Effekt)<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

Polidocanol 99<br />

Sklerosierungstherapie:<br />

- ggf. Kombination mit Kontrastmittel unter Bildwandler-Kontrolle (zur<br />

Überprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> intravasalen Injektion)<br />

Pruritusbehandlung:<br />

Zink<br />

Harnstoff<br />

Lokalanästhetika<br />

Antibiotika, Antiseptika<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Schwangerschaft:<br />

- Strenge Indikationsstellung im 1. Trimenon und nach <strong><strong>de</strong>r</strong> 36.<br />

Schwangerschaftswoche<br />

Stillzeit:<br />

- Sollte eine Sklerosierungsbehandlung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stillzeit erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich sein, sollte<br />

das Stillen für 2-3 Tage unterbrochen wer<strong>de</strong>n.<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />

- Keine Einschränkung<br />

Literatur<br />

- Fachinfo Aethoxysklerol<br />

- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />

Verlag Berlin, 2000<br />

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100 Povidonjod<br />

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Povidonjod<br />

Zugelassene Indikationen<br />

Lösung:<br />

- Hygienische u. chirurgische Hän<strong>de</strong><strong>de</strong>sinfektion<br />

1malige Anwendung:<br />

- Desinfektion <strong><strong>de</strong>r</strong> intakten äußeren Haut o<strong><strong>de</strong>r</strong> Antiseptik <strong><strong>de</strong>r</strong> Schleimhaut<br />

wie z. B. vor Operationen, Biopsien, Injektionen, Punktionen,<br />

Blutentnahmen u. Blasenkatheterisierungen<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte, zeitlich begrenzte Anwendung:<br />

- Wun<strong>de</strong>n<br />

- Verbrennungen<br />

- Infizierte und superinfizierte Dermatosen (Pyo<strong><strong>de</strong>r</strong>mien, Dermatomykosen,<br />

z.B. Tinea corporis, kutane Candidose)<br />

Salbe, Wundgel, sterile Wundauflage, Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>spray:<br />

- Zur wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holten, zeitlich begrenzten Behandlung und Desinfektion<br />

geschädigter Haut, z. B.<br />

Dekubitus<br />

Ulcus cruris<br />

Oberflächliche Wun<strong>de</strong>n<br />

Verbrennungen, Verbrühungen<br />

Infizierte und superinfizierte Dermatosen (Pyo<strong><strong>de</strong>r</strong>mien, Dermatomykosen,<br />

z.B. Tinea corporis, kutane Candidose)<br />

Vaginalzäpfchen:<br />

- Spezifische und unspezifische Infektionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schei<strong>de</strong>, z.B. durch<br />

Trichomonas vaginalis und Candida albicans<br />

Kontraindikationen<br />

Jodüberempfindlichkeit<br />

Schilddrüsenüberfunktion<br />

<strong>Dermatitis</strong> herpetiformis Duhring<br />

Vor o<strong><strong>de</strong>r</strong> nach einer Radioiodanwendung (bis zur dauerhaften Ausheilung)<br />

Anwendungsbeschränkung:<br />

Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bei großflächiger Anwendung (>10% KOF) o<strong><strong>de</strong>r</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holter<br />

Anwendung (>14d) auf geschädigter Haut und Schleimhaut:<br />

Bei Neugeborenen (insbes. Frühgeborenen) und Säuglingen bis zum Alter<br />

von 6 Monaten<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Povidonjod 101<br />

Bei Schilddrüsenerkrankungen – insbes. funktionelle Autonomien (latente<br />

Hyperthyreosen) – und ältere Patienten mit Strumen<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

Allgemein gilt:<br />

- Braunfärbung = Zeichen für Wirksamkeit, d.h. Entfärbung = Erschöpfung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wirksamkeit von Povidon-Jod<br />

Salbe:<br />

- 10% Povidon-Jod (entspricht ca. 1% verfügbares Jod bezogen auf die<br />

Salbenmenge)<br />

- Mehrmals tgl. auftragen<br />

Lösung:<br />

- (1%-) 7,5-10% Povidon-Jod<br />

- Unverdünnt auf die zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Stelle auftragen, trocknen lassen<br />

- Zur Desinfektion 2-3mal unverdünnt auftragen<br />

- Richtwerte für Verdünnungen (mit normalem Leitungswasser, stets frisch<br />

herstellen):<br />

Antiseptische Spülungen (Wundbehandlung): 1:2 bis 1:20<br />

Antiseptische Waschungen: 1:2 bis 1:25<br />

Antiseptische Teilbä<strong><strong>de</strong>r</strong>: ca. 1:25, Vollbä<strong><strong>de</strong>r</strong>: 1:100<br />

Salbengaze sterile Wundauflage:<br />

- 10% Povidon-Jod (entspricht ca. 1% verfügbares Jod bezogen auf die<br />

Salbenmenge)<br />

- 1 o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrere Gazestücke<br />

- Bei Bedarf mehrmals tgl.<br />

- Auf die zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Hautfläche auflegen<br />

Pu<strong><strong>de</strong>r</strong>spray:<br />

- Ein bis mehrmals tgl.<br />

- Gleichmäßig auf die erkrankte Stelle aus 20 cm Entfernung aufsprühen<br />

Behandlungsdauer:<br />

- 1-2 Wochen, 6 Wochen sollten nicht überschritten wer<strong>de</strong>n.<br />

Vaginalzäpfchen:<br />

- 1 Supp. enth.: Povidon-Iod 200 mg<br />

- 1mal tgl.<br />

- Ein Vaginalzäpfchen<br />

- Vor <strong>de</strong>m Schlafengehen<br />

- Tief in die Schei<strong>de</strong> einführen<br />

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102 Povidonjod<br />

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Bei Candida-albicans-Infektion:<br />

- Ggf. 2mal tgl.<br />

Behandlungsdauer:<br />

- 5-10 Tage<br />

Behandlung nicht vor Eintritt <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Regelblutung (Menarche)!<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- Poly(1- vinyl- 2- pyrrolidon)- Jod- Komplex<br />

- Synonyme: Povidon-Jod, PVP-Jod, PVJ<br />

Resorptionsverzögerer:<br />

Poly(1-vinyl-2-pyrrolidinon) Jod-Depot, aus <strong>de</strong>m eine langsame<br />

Freisetzung erfolgt (Gleichgewichtsreaktion)<br />

Mittleres Molekulargewicht 44.000<br />

- PVP-Jod-Trockensubstanz enthält ca. 10% (9-12%) verfügbares Jod und bis<br />

maximal 6,6% antimikrobiell unwirksames Jodid<br />

PVP-Jod-Komplex ist:<br />

Wirksam bei pH 2-7<br />

Löslich in Wasser<br />

Praktisch unlöslich in Ether, Ethanol, Aceton<br />

Hygroskopisch<br />

Topische Applikation:<br />

Jod<br />

Möglichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Jod-Resorption ist abhängig von: Art, Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Anwendung, applizierter Menge<br />

Anwendung auf intakter Haut nur sehr geringe Mengen resorbiert<br />

Ausge<strong>de</strong>hnte Wund- und Verbrennungsflächen, längerfristige Anwendung<br />

Erhöhung <strong>de</strong>s Jod Spiegels (im Allgemeinen passager)<br />

Bei gesun<strong><strong>de</strong>r</strong> Schilddrüse keine klinisch relevanten Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen im<br />

Schilddrüsen-Hormonstatus<br />

HWZ: ca. 48 h nach vaginaler Appl.<br />

Elimination fast ausschließlich renal, bei eingeschränkter Nierenfunktion =><br />

verzögert<br />

Povidon<br />

Resorption ist abhängig vom mittleren Molekulargewicht <strong>de</strong>s Gemisches:<br />

> 35 000 - 50 000 Retention im RHS (Retikulohistiozytäres System)<br />

möglich<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Povidonjod 103<br />

Thesaurismosen nur nach intravenöser und subkutaner Applikation, nicht<br />

bei lokaler Anwendung<br />

Pharmakodynamik<br />

- Antiseptikum, Iodophor<br />

- Mikrobizi<strong>de</strong> Wirkung beruht auf <strong>de</strong>m Anteil an freiem Jod<br />

- Jod = starkes Oxidationsmittel Reaktion mit ungesättigten Fettsäuren,<br />

SH- und OH-Gruppen von Aminosäuren in Enzymen und<br />

Strukturbausteinen von Mikroorganismen<br />

- schnelle Aufteilung <strong>de</strong>s Zytoplasmas<br />

- Koagulation <strong>de</strong>s Zellkernmaterials<br />

- Zellwandschä<strong>de</strong>n durch Poren o<strong><strong>de</strong>r</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung (fest-flüssig in<br />

Zellmembranen)<br />

- Keine mutagene Wirkung<br />

- Keine kanzerogene Wirkung bekannt, Langzeitstudien stehen aus (Fachinfo<br />

Traumasept)<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Erregerspektrum:<br />

Grampostitive und gramnegative Bakterien, auch MRSA, multiresistente<br />

Enterokokken, Pseudomonas spp., Mykobakterien<br />

Pilze, z.B. Candida spp.<br />

Einige Protozoen z.B. Chlamydien<br />

Zahlreiche Viren: Herpes simplex-, A<strong>de</strong>no-, Enteroviren, HIV, Rotaviren<br />

Achtung!<br />

- Einige Viren und Bakteriensporen wer<strong>de</strong>n erst nach längerer<br />

Einwirkungszeit ausreichend inaktiviert.<br />

- Anwesenheit organischer Substanzen (Blut, Eiweiße, Eiter)<br />

- Jod-Wirkung wird verringert (<strong>de</strong>nn diese Eiweiße wer<strong>de</strong>n ebenfalls<br />

<strong>de</strong>naturiert, freies Jod verbraucht)<br />

- Spezifische primäre o<strong><strong>de</strong>r</strong> sekundäre Resistenzen: keine (Reimer, 2002)<br />

- Granulationshemmung fraglich (Gloor, 2000)<br />

- Desinfizieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Effekt von PVP-J entspricht <strong>de</strong>m von Chlorhexidin-<br />

Ethanol (Kasuda, 2002),<br />

- Vergleichbare Ergebnisse brachte auch eine Studie zur Effektivität von<br />

Mundspülungen<br />

- Einsatz von PVP-J-Lösungen / Mundspülungen bei nosokomialen Infekten<br />

sinnvoll.<br />

- Polyvidon-Jod hat ein sehr weites Wirkungsspektrum gegen Viren und ist<br />

damit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Antiseptika überlegen (Kawana, 1997)<br />

- Kombination Jod und Povidon dosierte, langsame Freisetzung <br />

Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> lokalen Reizung gegenüber ethanolischer Jod-Lösung<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


104 Povidonjod<br />

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Unerwünschte Wirkungen<br />

Haut:<br />

- Passager: Schmerzen, Brennen, Wärmegefühl beim Auftragen auf<br />

Wundflächen<br />

- Langer Kontakt (mehrere Stun<strong>de</strong>n) mit 10% PVP-J-Lösung<br />

irritative Kontakt<strong><strong>de</strong>r</strong>matitis möglich (Iijima, 2002)<br />

- Kontaktallergische Reaktionen (Einzelfälle) vom Spättyp o<strong><strong>de</strong>r</strong> Soforttyp auf<br />

Jod o<strong><strong>de</strong>r</strong> Polyvinylpyrrilidon (Adachi, 2003)<br />

- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wundheilung (längere lokale Behandlung)<br />

Elektrolyte, Stoffwechsel:<br />

- Elektrolyt-, Serumosmolaritätsstörungen und metabolische Acidosen<br />

(Einzelfälle nach Resorption größerer Mengen z. B. bei<br />

Verbrennungsbehandlung)<br />

Urogenitaltrakt:<br />

- Niereninsuffizienz (Einzelfälle nach Resorption größerer Mengen z. B. bei<br />

Verbrennungsbehandlung)<br />

- Systemische Jod-Aufnahme bei langfristiger Anwendung auf ausge<strong>de</strong>hnten<br />

Haut-, Wund- od. Verbrennungsflächen möglich<br />

- In Einzelfällen Jod-induzierte Hyperthyreose bei prädisponierten Patienten.<br />

Intoxikation (bei Aufnahme von > 10g PVP-Jod)<br />

- Akute Jod-Intoxikation<br />

Symptome: u.a. Bauchschmerzen, Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe,<br />

Dehydratation, RR-Abfall mit Kollapsneigung, Glottisö<strong>de</strong>m,<br />

Blutungsneigung, Zynanose, Nierenschädigung bis Anurie<br />

- Lange, exzessive Zufuhr Hyperthyreose: mit Tachykardie, Unruhe,<br />

Tremor etc.<br />

Wechselwirkungen<br />

Quecksilberverbindungen <br />

Chemische Reaktion zu stark lokal-toxischem (ätzen<strong>de</strong>m) Quecksilberjodid<br />

Enzymatische Wundbehandlungsmittel <br />

Enzymkomponente wird unwirksam<br />

Wirkungsmin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Polyvidon-Jod möglich durch:<br />

• Reaktion mit Eiweiß u.a. organischen Substanzen, z. B. Blut- und<br />

Eiterbestandteilen<br />

• Silberhaltige Desinfektionsmittel (durch Ausfällung von Silberjodid)<br />

• Taurolidin (Antibiotikum) durch Jod Umwandlung zu Ameisensäure<br />

Brennen!<br />

• Wasserstoffperoxid<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


• Salicylsäure<br />

• Gerbsäure<br />

Lithium-<strong>Therapie</strong><br />

Povidonjod 105<br />

- Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Jodresorption und passagere Hypothyreose möglich<br />

- Falsch-positive Ergebnisse verschie<strong>de</strong>ner Diagnostika (Toluidin u.<br />

Guajakharz)<br />

- Störungen bei Schilddrüsenszintigraphie ( Karenzzeit von min. 1-2<br />

Wochen vor erneuter Szintigraphie), PBI-Bestimmung, Radio-Iod-<br />

Diagnostik<br />

Vaginalovula:<br />

- Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Reißfestigkeit und damit Beeinträchtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sicherheit<br />

von Latex-Kondomen möglich. Während <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung keine<br />

Schei<strong>de</strong>ndiaphragmen anwen<strong>de</strong>n (Sicherheit u. Reißfestigkeit kann<br />

beeinträchtigt wer<strong>de</strong>n)<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Dermatologische Lokal- und Systemtherapie unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Beachtung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wechselwirkungen s.o.<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten bei Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in Schwangerschaft und Stillzeit<br />

Schwangerschaft:<br />

- Strenge Indikationsstellung (insbes. für wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte und großflächige<br />

Anwendung) ab 3. Schwangerschaftsmonat.<br />

- Bei umfangreicher Anwendung am Menschen hat sich kein Verdacht auf<br />

eine embryotoxische/teratogene Wirkung ergeben.<br />

- Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Tierversuch erbrachte keine Hinweise auf<br />

embryotoxische/teratogene Wirkungen.<br />

- Risiko einer Hyperthyreose <strong>de</strong>s Feten durch resorbiertes Jod.<br />

Stillzeit:<br />

- Strenge Indikationsstellung (insbes. für wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte und großflächige<br />

Anwendung). Über die Muttermilch kann <strong>de</strong>m Säugling zuviel Jod<br />

zugeführt wer<strong>de</strong>n (Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Hypothyreose). Akze<strong>de</strong>ntielle orale<br />

Aufnahmen durch <strong>de</strong>n Säugling sollten vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>:<br />

- Anwendungsbeschränkung bei Neugeborenen (insbes. Frühgeborenen) und<br />

Säuglingen bis zum Alter von 6 Monaten) wegen Risiko einer<br />

Hypothyreose (durch zuviel externe Jodzufuhr)<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


106 Povidonjod<br />

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Kontrollen unter <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Therapie</strong><br />

- Schilddrüsenfunktion unter <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Therapie</strong> und ggf. bis 3 Monate danach<br />

kontrollieren bei:<br />

Schilddrüsenerkrankungen – insbes. funktionelle Autonomien (latente<br />

Hyperthyreosen) – und ältere Patienten mit Strumen<br />

Bei Neugeborenen und Säuglingen<br />

Bei Anwendung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwangerschaft => Kontrolle beim Kind<br />

Bei langfristiger Anwendung (6-12 Wochen)<br />

Literatur<br />

- Adachi A, Fukunaga A, Hayashi K, Kunisada M, Horikawa T: Anaphylaxis<br />

to polyvinylpyrrolidone after vaginal application of povidone-iodine.<br />

Contact <strong>Dermatitis</strong>. 2003 Mar; 48(3): 133-6<br />

- Fachinformation Betaisodona Salbe, Stand 1/2002, Traumasept-Lösung<br />

Stand 4/2003<br />

- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />

Verlag Berlin, 2000<br />

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povidone-iodine solution after surgery. Dermatology. 2002; 204 Suppl 1:<br />

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disinfection before epidural catheterization: comparative study of povidoneiodine<br />

versus chlorhexidine ethanol. Dermatology. 2002; 204 Suppl 1: 42-6<br />

- Kawana R, Kitamura T, Nakagomi O, Matsumoto I, Arita M, Yoshihara N,<br />

Yanagi K, Yamada A, Morita O, Yoshida Y, Furuya Y, Chiba S:<br />

Inactivation of human viruses by povidone-iodine in comparison with other<br />

antiseptics. Dermatology. 1997;195 Suppl 2:29-35<br />

- Niedner R: Cytotoxicity and sensitization of povidone-iodine and other<br />

frequently used anti-infective agents. Dermatology. 1997; 195 Suppl 2: 89-<br />

92<br />

- Pohl-Markl H, Neumann R: Polyvinylpyrrolidonejod-seine Be<strong>de</strong>utung in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Dermatologie. Z Hautkr. 1988 Dec 15; 63(12): 1009-15<br />

- Reimer K, Fleischer W, Brogmann B, Schreier H, Burkhard P,<br />

Lanzendorfer A, Gumbel H, Hoekstra H, Behrens-Baumann W: Povidoneiodine<br />

liposomes--an overview. Dermatology. 1997; 195 Suppl 2: 93-9<br />

- Reimer K, Wichelhaus TA, Schafer V, Rudolph P, Kramer A, Wutzler P,<br />

Ganzer D, Fleischer W: Antimicrobial effectiveness of povidone-iodine and<br />

consequences for new application areas. Dermatology. 2002; 204 Suppl 1:<br />

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- Schreier H, Erdos G, Reimer K, Konig B, Konig W, Fleischer W: Molecular<br />

effects of povidone-iodine on relevant microorganisms: an electronmicroscopic<br />

and biochemical study. Dermatology. 1997; 195 Suppl 2: 111-6<br />

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<strong>Wohlrab</strong> J (ed.): <strong>Adjuvante</strong> <strong>Therapie</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Atopischen</strong> <strong>Dermatitis</strong><br />

In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


Triclosan<br />

Zugelassene Indikationen<br />

- Antiseptikum<br />

Kontraindikationen<br />

Triclosan 107<br />

- Bei Nachweis von Pseudomonas spp. keine Anwendung von Triclosan,<br />

<strong>de</strong>nn möglicherweise Induktion einer Multiresistenz gegen eine Vielzahl<br />

von Antibiotika und Antiseptika! (siehe unter Pharmakodynamik)<br />

Dosierung und Applikationshinweise<br />

- Creme 2-3% Triclosan: 1mal - mehrmals tgl. auf die betroffenen Hautstellen<br />

auftragen.<br />

- Antiseptikum zur Haut<strong>de</strong>sinfektion: unverdünnte Anwendung<br />

Pharmakoki<strong>net</strong>ik<br />

- 2,4,4`-trichloro-2`-hydroxydiphenylether 5-Chlor-2-(2,4dichlorphenoxy)phenol<br />

- Lipophil<br />

Als Phenol bei Einarbeitung:<br />

- in Gele von Methyl-, Hydroxyethyl- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Hydroxypropylcellulose<br />

- Bindung an Ethersauerstoff <strong><strong>de</strong>r</strong> Celluloseether<br />

- Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirksamkeit<br />

- in Stärke, Dextran, Polyethylenglykole, Emulgatoren mit<br />

Propylenglykolgruppen<br />

- Nebenvalenzreaktionen<br />

- Vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirksamkeit<br />

- Neue Antibiotika wie z.B. NB 2001 und NB 2030 sind Komplexe von<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Cephalosporinen (ß-Laktam-Antibiotika) und Triclosan. Via<br />

Beta-Laktamase wird Triclosan von <strong>de</strong>n Cephalosporinen abgespalten und<br />

wirkt in <strong>de</strong>m Bakterium - Prodrug für Triclosan!<br />

Topische Applikation:<br />

- Metabolisierung vor allem zu Triclosan-Glucuronid<br />

- vorwiegend renale Elimination<br />

- Versuch: 2g Sicorten Plus Creme okklusiv auf 400cm² Rückenhaut;<br />

Resorption von 20% Triclosan (bestimmt über die renale Elimination von<br />

unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>tem Triclosan und Triclosan-Glucuronid) (Fachinfo Sicorten<br />

Plus Creme)<br />

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In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 4


108 Triclosan<br />

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Pharmakodynamik<br />

- Antiseptikum / Antibiotikum<br />

- Blocka<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> fabI-kodierten Enoyl(Acyl-Transport-Protein)-Reduktase<br />

(EACPR, EC 1.3.1.9)<br />

- Hemmung <strong><strong>de</strong>r</strong> bakteriellen Fettsäuresynthese<br />

- Einbau in Phospholipidmembranen<br />

- Störung von <strong><strong>de</strong>r</strong>en Integrität (Guillen, 2004)<br />

Niedrige Konzentration<br />

- bakteriostatische Wirkung<br />

Höhere Konzentration<br />

- bakterizi<strong>de</strong> Wirkung<br />

Resistenzentwicklung möglich durch:<br />

- Überexpression <strong>de</strong>s fabI-Gens (z.B. induzierte Resistenz mancher E.coli-<br />

Stämme)<br />

- Mutationen (Austausch einzelner Aminosäuren im Enzym reicht, damit<br />

einzelne Bakterien die 100fache Konzentration von Triclosan überleben)<br />

- zusätzliche Enoyl-Reduktasen in Bakterien ohne Angriffspunkt für<br />

Triclosan (z.B. fabK bei Streptococcus pneumoniae, Enterococcus faecalis,<br />

Pseudomonas aeruginosa)<br />

- aktiver Efflux von Triclosan durch Induktion einer "multidrug"-<br />

Effluxpumpe (z.B. bei Pseudomonas aeruginosa, wodurch auch Resistenzen<br />

gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Antibiotika wie Fluoroquinolonen erklärt wer<strong>de</strong>n)<br />

- Keine irritative, fotoallergene, fototoxische, mutagene, teratogene o<strong><strong>de</strong>r</strong> -<br />

kanzerogene Wirkung<br />

Therapeutische Wirkungen<br />

Erregerspektrum:<br />

- Staph. aureus<br />

- Klebsiella spp.<br />

- Proteus spp. (außer P. rettgeri und M. morganii)<br />

- Aci<strong>net</strong>obacter spp.<br />

Erregerlücken:<br />

- ß-hämolysieren<strong>de</strong> Streptokokken<br />

- Enterokokken<br />

- Pseudomonas spp.<br />

- Serratia, Stenotrophomonas maltophilia<br />

- Candida spp.<br />

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Triclosan 109<br />

Achtung!!!<br />

- Bei Nachweis von Pseudomonas spp. keine Anwendung von Triclosan,<br />

<strong>de</strong>nn möglicherweise Induktion einer Multiresistenz gegen eine Vielzahl<br />

von Antibiotika und Antiseptika! (siehe unter Pharmakodynamik)<br />

- Anwendung aus galenischen Grün<strong>de</strong>n nur in lipophilen Grundlagen,<br />

Indikationsbreite <strong>de</strong>utlich eingeschränkt.<br />

Atopische <strong>Dermatitis</strong><br />

Staph. aureus spielt pathoge<strong>net</strong>isch be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle<br />

- Anwendung von 2% TC in han<strong>de</strong>lsüblicher Cremegrundlage<br />

- vollständige Beseitigung von Staph. aureus<br />

- <strong>de</strong>utliche Reduktion <strong>de</strong>s klinischen Scores<br />

Prophylaxe <strong><strong>de</strong>r</strong> AD:<br />

- 3% Triclosan Creme; Staph. aureus - Besiedlung beseitigt; klinische<br />

Besserung auch ohne Zusatz von Kortikosteroi<strong>de</strong>n (Gehring, 1996)<br />

- 1% Chlorhexidingluconat-Lösung ist signifikant effektiver als 2%Triclosan-<br />

Creme,<br />

- 5% Fuchsin-Lösung NRF ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> Effektivität mit 2% Triclosan-Creme<br />

vergleichbar.<br />

Experimentell:<br />

- Malaria-<strong>Therapie</strong> (systemischer Einsatz zur Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von<br />

Resistenzen?! Rao, 2003)<br />

- Acne-<strong>Therapie</strong> (lokal in Hydrogelen, Lee, 2003)<br />

Unerwünschte Wirkungen<br />

- Selten<br />

- Hautreizungen (leichtes Brennen, Juckreiz, Rötung)<br />

- Kontaktallergien auf Triclosan<br />

Wechselwirkungen<br />

- Nicht bekannt<br />

Kombinationsmöglichkeiten<br />

- Harnstoff, topische Kortikosteroi<strong>de</strong><br />

Literatur<br />

- Gloor M, Becker A, Wasik B, Kniehl E: Triclosan, ein <strong><strong>de</strong>r</strong>matologisches<br />

Lokaltherapeutikum. Hautarzt 2002; 53: 724-729<br />

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110 Triclosan<br />

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- Stone GW, Zhang Q, Castillo R, Doppalapudi VR, Bueno AR, Lee JY, Li<br />

Q, Sergeeva M, Khambatta G, Georgopapadakou NH: Mechanism of<br />

Action of NB2001 and NB2030, Novel Antibacterial Agents Activated by<br />

beta-Lactamases. Antimicrob Agents Chemother. 2004 Feb;48(2):477-83<br />

- Sivaraman S, Sullivan TJ, Johnson F, Novichenok P, Cui G, Simmerling C,<br />

Tonge PJ: Inhibition of the Bacterial Enoyl Reductase FabI by Triclosan: A<br />

Structure-Reactivity Analysis of FabI Inhibition by Triclosan Analogues. J<br />

Med Chem. 2004 Jan 29;47(3):509-18<br />

- Guillen J, Bernabeu A, Shapiro S, Villalain J: Location and orientation of<br />

Triclosan in phospholipid mo<strong>de</strong>l membranes. Eur Biophys J. 2004 Jan 9<br />

- Rao SP, Surolia A, Surolia N.: Triclosan: a shot in the arm for antimalarial<br />

chemotherapy. Mol Cell Biochem. 2003 Nov;253(1-2):55-63<br />

- Lee TW, Kim JC, Hwang SJ: Hydrogel patches containing Triclosan for<br />

acne treatment. Eur J Pharm Biopharm. 2003 Nov;56(3):407-12<br />

- Regos J, Zak O, Solf R, Vischer WA, Weirich EG: Antimicrobial spectrum<br />

of triclosan, a broad-spectrum antimicrobial agent for topical application. II.<br />

Comparison with some other antimicrobial agents. Dermatologica.<br />

1979;158(1):72-9<br />

- Gloor M, Thoma K, Fluhr J: Dermatologische Externatherapie. Springer-<br />

Verlag Berlin, 2000<br />

- Fachinfo Sicorten Plus Creme, Stand 10/2000<br />

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Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA 111<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von LATOPIA, die bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Inhalte <strong>de</strong>s<br />

Konsenspapiers beteiligt waren:<br />

Herr Dr. Bezold, Guntram, Neu-Ulm; Herr Dr. Brilon, Clemens,<br />

Jülich; Frau Dr. Ehrich, Kathrin, Hannover; Herr Eichler, Guido,<br />

Solingen; Herr Eisfel<strong><strong>de</strong>r</strong>, Michael, Rottweil; Frau Dr. Frank,<br />

Undine, Jena; Herr Dr. Garbe, Florian, Berlin; Frau Dr. Gauger,<br />

Anke, München; Frau Dr. Gruner, Monika, Dres<strong>de</strong>n; Herr Dr.<br />

Gudat, Werner, Bo<strong>de</strong>nmais; Herr Dr. Hagemann, Tobias, Bonn;<br />

Frau Dr. Heger-Holz, Judith, Saarbrücken; Frau Dr. Heinze-<br />

Werlitz, Claudia, Münster; Frau Dr. Hetschko, I., Halle; Herr Dr.<br />

Hoffmann, Mattias, Witten; Herr Dr. Itschert, Götz, Pinneberg;<br />

Frau Dr. Jäger, Martina, Berlin; Frau Dr. Krähn-Senftleben,<br />

Ehingen; Frau Dr. Kubo, Elke, Berlin; Frau Dr. Kunz, Barbara,<br />

Hamburg; Frau Langhans, B., Halle; Herr Dr. Lucka, Dieter,<br />

Bremen; Frau Dr. Maerker, Hamburg; Frau Dr. Ogilvie,<br />

Alexandra, Erlangen; Frau Dr. Özen, Yasemin, Nürnberg; Herr Dr.<br />

Philipp, Armin, Stuttgart; Frau Dr. Piche, Eva, Tübingen; Frau Dr.<br />

Schnopp, Christina, München; Frau Dr. Schulz, Martina,<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>itzsch; Frau Dr. Simon, Margit, Berlin; Herr Steierhoffer,<br />

Ferdinand, Halle; Frau Dr. Tenorio, Susanne, Berlin; Herr PD Dr.<br />

<strong>Wohlrab</strong>, Johannes, Halle; Herr PD Dr. Wollenberg, Andreas,<br />

München; Herr Dr. Zimmermann, Gerhard, Mainz<br />

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