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DRUCKSACHE

Der Bundesrat 2012/2013

Der Bundesrat 2012/2013

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<strong>DRUCKSACHE</strong><br />

Der BunDesrat 2012/2013<br />

Der Bundesrat –<br />

eine Bilanz<br />

Das Jahr<br />

in Zahlen<br />

Seite 8<br />

Nah dran<br />

Der BunDesrat<br />

unD Die<br />

Bürger<br />

Seite 14<br />

Wussten Sie schon …?<br />

WissensWertes<br />

runD um Den<br />

BunDesrat<br />

Seite 21


2 inhalt<br />

4<br />

8<br />

12<br />

14<br />

18<br />

21<br />

22<br />

24<br />

26<br />

27<br />

Von mensch zu mensch<br />

Der Bundesrat vertritt die Interessen der Länder<br />

und Bürger.<br />

Der Bundesrat – eine Bilanz<br />

Viele entscheidungen berühren den alltag.<br />

ein stück deutscher geschichte<br />

Das Preußische Herrenhaus hat eine lange Historie.<br />

nah dran<br />

Im Bundesrat üben sich Jugendliche in Politik.<br />

in aller Welt<br />

Der Bundesrat verbindet Völker.<br />

Wussten sie schon …?<br />

amüsantes und Wissenswertes rund<br />

um den Bundesrat<br />

Vor ort<br />

schnelle Hilfe nach dem Hochwasser<br />

am Puls der Zeit<br />

Der Bundesrat ist online – mit Website,<br />

twitter & Co.<br />

Blick nach vorn<br />

Der neue Bundesratspräsident stephan Weil<br />

blickt auf das kommende Jahr.<br />

Zu guter letzt<br />

auf ein<br />

Übrigens …<br />

190<br />

Gesetze hat der Bundesrat im Jahr<br />

2012/2013 gebilligt<br />

und damit etwa<br />

unverheirateten<br />

Vätern mehr<br />

Rechte zugestanden.<br />

(Stand August 2013)<br />

Mehr auf Seite 8


Wort<br />

Er ist der erste grüne Bundesratspräsident<br />

in der Geschichte der Bundesrepublik:<br />

Winfried Kretschmann. 2012 hat er das Amt<br />

übernommen. Hier verrät er, was ihn in diesem<br />

Jahr bewegt, gefreut und aufgeregt hat.<br />

„Bewegt …<br />

… hat mich meine reise nach<br />

Japan und südkorea. Die Gespräche<br />

mit politischen Mandatsträgern<br />

und insbesondere<br />

engagierten Persönlichkeiten<br />

der Zivilgesellschaft haben mir<br />

gezeigt, welch großes Interesse<br />

an der energiewende in<br />

Deutschland besteht. Wir haben<br />

mit unserem überparteilichen<br />

Konsens weltweit eine Vorreiterrolle<br />

eingenommen. Wenn<br />

wir die energiewende zu einem<br />

ökologischen wie ökonomischen<br />

erfolgsmodell machen, wird das<br />

viele nachahmer finden.“<br />

„Gefreut …<br />

… hat mich, dass wir uns so<br />

zügig über die Fluthilfefinanzierung<br />

geeinigt haben. Wir<br />

konnten das parlamentarische<br />

Verfahren so schnell wie<br />

möglich abschließen und den<br />

Betroffenen finanzielle Hilfe<br />

zukommen lassen. Diese notsituation<br />

hat bewiesen, dass das<br />

parlamentarische Verfahren<br />

mit zwei Kammern gut funktioniert.<br />

Bundestag und Bundesrat<br />

sind schnell handlungsfähig<br />

und ziehen, wenn es darauf<br />

ankommt, an einem strang.“<br />

„Aufgeregt …<br />

… hat mich in meinem Jahr als<br />

Bundesratspräsident so richtig<br />

eigentlich nichts. nennen wir<br />

es mal ,gewurmt‘: dass wir<br />

mein ansinnen nach mehr<br />

transparenz und öffentlicher<br />

Wahrnehmung der arbeit des<br />

Bundesrates nicht so schnell<br />

und weitreichend haben umsetzen<br />

können.“<br />

editorial 3


4 Von mensch zu mensch<br />

oktober 2012<br />

3. oktoBer 2012:<br />

Symbolische Amtsübergabe an Winfried Kretschmann<br />

Das miteinan


Der aktiV gestalten<br />

Der Bundesrat vertritt die interessen der länder und Bürger<br />

12. oktoBer 2012:<br />

Winfried Kretschmann wird zum Bundesratspräsidenten gewählt<br />

Der Bundestag stellt sich vor 5<br />

Auf dem Bürgerfest zum Tag der<br />

Deutschen Einheit präsentiert<br />

sich die Länderkammer jedes<br />

Jahr mit einem eigenen Stand –<br />

hier 2012 in München.


6 Von mensch zu mensch<br />

Winfried Kretschmann (links) folgt 2012 auf Horst Seehofer. Der Bundesrat im Dialog mit den Bürgern Das Bürgerfest: Spitzenpolitiker hautnah<br />

Ob steuerreform, nPD-Verbot oder finanzielle<br />

Hilfen für die Opfer der Flutkatastrophe:<br />

Der Bundesrat ist an jeder wichtigen entschei-<br />

dung direkt beteiligt. neben der politischen<br />

600.000<br />

Gäste haben im vergangenen Jahr<br />

das Bürgerfest zum Tag der Deutschen<br />

Einheit in München besucht.<br />

november 2012<br />

arbeit wendet sich die Länderkammer oft auch<br />

direkt an die Bürger. ein Beispiel: das Bürger-<br />

fest. Hier können die Menschen jedes Jahr zum<br />

tag der Deutschen einheit einen Blick hinter die<br />

Kulissen werfen. Politik von Mensch zu Mensch.<br />

als eines der fünf ständigen Verfassungsorgane<br />

Deutschlands ist der Bundesrat die Vertretung<br />

2. noVemBer 2012:<br />

Winfried Kretschmann hält seine Antrittsrede im Bundesrat<br />

der 16 Länder und ihrer Bürger. Der Föderalismus<br />

hat in Deutschland tradition. er schützt die Interessen<br />

der Länder und sorgt gleichzeitig dafür,<br />

dass die Bedürfnisse des Gesamtstaates nicht aus<br />

den augen verloren werden. so können etliche<br />

Gesetze, die im Bundestag beschlossen wurden,<br />

erst dann in Kraft treten, wenn der Bundesrat<br />

zugestimmt hat. Damit sind die Länder keine<br />

„Befehlsempfänger“ des Bundes. sie entscheiden<br />

mit – auch durch eigene Gesetzesinitiativen.<br />

an der spitze des Bundesrates steht sein Präsi-<br />

dent. Dieser wird jährlich aus dem Kreis der<br />

16 Ministerpräsidenten gewählt. Die abfolge steht<br />

dabei fest – auf den Ministerpräsidenten Bayerns<br />

folgt beispielsweise immer der regierungschef<br />

von Baden-Württemberg. Der Bundesratspräsident<br />

übt zudem die Funktion des staatsoberhauptes<br />

aus, wenn der Bundespräsident an der amtsausübung<br />

gehindert ist. Dies ist zum Beispiel<br />

auch dann der Fall, wenn der Bundespräsident<br />

seinen urlaub antritt.<br />

seit seinem umzug im Jahr 2000 von Bonn nach<br />

Berlin hat der Bundesrat seinen sitz im Preußischen<br />

Herrenhaus. ein geschichtsträchtiger Ort:<br />

Hier war der sitz der ersten Kammer des Preußischen<br />

Landtages.


erleben – hier Winfried Kretschmann (rechts) und Horst Seehofer<br />

Ein bunter Bundesrat für die kleinen Gäste<br />

Der Bundestag stellt sich vor 7<br />

natürlich gehen im Bundesrat nicht nur Politi- mit den Beschäftigten des Bundesrates über die Ein Blick hinter die<br />

ker ihrer arbeit nach. Vom archivar über die arbeit des Verfassungsorgans zu informieren. Kulissen des Bundesrates:<br />

Verwaltung bis hin zu den beiden Direktoren ein buntes unterhaltungsprogramm rundete<br />

des Bundesrates sind rund 200 Mitarbeiter für das Fest ab. Die Überzeugung des ehemaligen<br />

den reibungslosen ablauf des Parlamentsalltags Bundespräsidenten roman Herzog, dass „der<br />

verantwortlich.<br />

Leitwert in einem freiheitlichen Gemeinwesen<br />

Vielfalt heißt“, wird auf dem Bürgerfest im di-<br />

Den Bundesrat hautnah erleben rekten Kontakt zwischen Politikern und Bürgern<br />

jeden alters und jeder Herkunft bestätigt. Politik<br />

Wer sich für Geschichte und arbeit des Bundesrates<br />

interessiert, kann sich jedes<br />

Jahr auf dem traditionellen<br />

zum anfassen eben.<br />

Bürgerfest zum tag der Deutschen<br />

einheit informieren.<br />

Die fünf stänDigen Verfassungsorgane<br />

Zu den Höhepunkten des<br />

Festes gehört immer die symbolische<br />

amtsübergabe – am<br />

Bundespräsident<br />

- Staatsoberhaupt<br />

- prüft und unterzeichnet Gesetze<br />

3. Oktober 2012 etwa vom da-<br />

Bundestag<br />

- kontrolliert die Regierung<br />

maligenBundesratspräsiden- - verabschiedet Gesetze<br />

ten Horst seehofer an seinen<br />

nachfolger, Baden-Württembergs<br />

Ministerpräsidenten<br />

Winfried Kretschmann, im<br />

Bundesregierung<br />

- steuert die staatlichen und politischen<br />

Geschäfte Deutschlands<br />

- bringt Gesetzentwürfe ein<br />

Präsentationszelt des Bun-<br />

Bundesrat<br />

- vertritt die Interessen der Länder<br />

desrates. Gleichzeitig hatten<br />

- nimmt am Gesetzgebungsprozess teil<br />

alle Besucher die Gelegenheit,<br />

Bundesverfassungsgericht<br />

sich in einer multimedialen<br />

ausstellung und im Gespräch<br />

- wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes<br />

14.–15. noVemBer 2012:<br />

Rollenspiel „Jugend im Bundesrat“<br />

22. noVemBer 2012:<br />

Mendelssohn-Konzertabend im Bundesrat


8 Der Bundesrat – eine Bilanz<br />

Dezember 2012<br />

In der Regel kommen die Mitglieder des Bundesrates<br />

einmal im Monat zusammen, um über Gesetzentwürfe zu<br />

entscheiden oder eigene auf den Weg zu bringen. Die Etikette<br />

ist streng: Weder Applaus noch Zwischenrufe sind üblich.


nah Dran<br />

am alltag<br />

Viele entscheidungen des Bundesrates berühren das leben der Bürger<br />

nicht alles ist so groß und erregt gleich so viel aufsehen wie das nPD-<br />

Verbotsverfahren, das der Bundesrat im november 2012 angestoßen<br />

hat. Dennoch betreffen viele entscheidungen der Länderkammer die Bürger<br />

ganz direkt in ihrem alltag. Das zeigt auch die Bilanz für das Bundesrats-<br />

jahr 2012/2013.<br />

14. DeZemBer 2012:<br />

Bundesrat beschließt NPD-Verbotsverfahren<br />

In der regel tagen die Mitglieder einmal im Monat. Das hat gereicht, um<br />

seit dem 1. november 2012 190 Gesetze (stand 21. august 2013) auf den Weg<br />

zu bringen. allein am letzten sitzungstag vor der sommerpause, dem 5. Juli,<br />

billigte die Länderkammer 38 Gesetze, die nach der unterschrift durch den<br />

Bundespräsidenten in Kraft traten.<br />

elektrische radlampen<br />

sind jetzt erlaubt<br />

etwas, das beispielsweise für viele<br />

radfahrer zwar gang und gäbe ist,<br />

Der Bundestag zieht Bilanz 9<br />

sind elektrische Fahrradlampen. Die<br />

beliebte alternative zum Dynamo war<br />

bisher nur geduldet – aber nicht erlaubt. Das hat sich nun geändert: In der<br />

letzten sitzung vor der sommerpause<br />

stimmten die Länder einer regierungsvorlage<br />

zu, der zufolge radfahrer die nPD-VerBot<br />

Leuchten verwenden dürfen. Diese<br />

angestreBt<br />

neue Verordnung ist seit dem 1. august<br />

in Kraft. Übrigens: In der gleichen<br />

Kaum eine Entscheidung des Bundesrates hat im<br />

vergangenen Jahr für ein so großes Echo gesorgt<br />

wie der Beschluss vom 14. Dezember 2012.<br />

Damals stimmten die Mitglieder dafür, ein neues<br />

NPD-Verbotsverfahren anzustreben und beim Bundesverfassungsgericht<br />

in Karlsruhe eine erneute<br />

Entscheidung über eine mögliche Verfassungswidrigkeit<br />

der Partei zu beantragen. Bundesregierung<br />

und Bundestag lobten das Vorgehen, schlossen<br />

sich dem Antrag jedoch nicht an. Beide hielten<br />

einen eigenen Verbotsantrag für nicht erforderlich.<br />

Aktuell bereiten zwei Prozessbevollmächtigte des<br />

Bundesrates die Klageschrift vor.


10 Der Bundesrat – eine Bilanz<br />

Drei Stimmen für Hamburg,<br />

fünf beispielsweise für<br />

Hessen: Jedes Land hat eine<br />

festgelegte Anzahl an<br />

Stimmen – abhängig von<br />

der Zahl seiner Einwohner.<br />

stichWort<br />

Vorlage ging es auch um die streifenwagen der<br />

Polizei, die künftig nach us-Vorbild<br />

mit heulendem sirenenton und<br />

zusätzlichem roten Blink-<br />

licht ausgestattet werden<br />

können.<br />

Die reform des viel<br />

diskutierten Punkte-<br />

katalogs indes hatte<br />

alle dem Bundesrat vorgelegten<br />

der Bundesrat zu-<br />

Beratungsgegenstände sowie die<br />

nächst zurück an den<br />

Beratungsergebnisse werden in<br />

Bundestag verwiesen.<br />

Drucksachen aufbereitet.<br />

er sah hier noch Änderungsbedarf,<br />

etwa bei den<br />

geplanten Fahreignungsseminaren.<br />

Im Vermittlungsausschuss<br />

ende Juni fanden beide<br />

seiten einen Kompromiss. Die reform<br />

tritt nun zum 1. Mai 2014 in Kraft.<br />

Dezember 2012<br />

Drucksache<br />

Die Liste weiterer Be-<br />

schlüsse ist lang – und<br />

umfasst ein breites<br />

themenspektrum: Das<br />

steuerabkommen mit<br />

der schweiz wurde<br />

abgelehnt, die suche<br />

nach dem endlager<br />

für atommüll kann beginnen, in der tiermast<br />

müssen Landwirte künftig weniger antibiotika<br />

einsetzen. unverheiratete Väter haben nun mehr<br />

rechte in der elterlichen sorge, die Beschneidung<br />

von Jungen bleibt unter bestimmten Voraussetzungen<br />

auch künftig erlaubt. und Minijobber<br />

dürfen seit Jahresbeginn 450 euro statt 400<br />

euro verdienen.<br />

Durch eigene Gesetzentwürfe wiederum bringt<br />

sich der Bundesrat aktiv ins politische Geschehen<br />

ein. so will er die Bürger etwa vor überhöhten<br />

Mieten schützen. Maklerprovisionen soll<br />

zudem nur noch der auftraggeber tragen – bei<br />

Mietwohnungen ist das meist der Vermieter.<br />

entsprechende Vorlagen haben die Länder im<br />

Juni 2013 an die Bundesregierung weitergeleitet,<br />

die den entwurf samt eigener stellungnahme<br />

dem Bundestag überreicht hat.<br />

Das mediale echo fällt bei einzelnen Initiativen<br />

immer höchst unterschiedlich aus.<br />

aber selbst, wenn es gering ist:<br />

Weniger wichtig sind die the-<br />

men dennoch nicht. schließlich<br />

berühren sie jeden einzelnen<br />

im alltag. Ganz unmittelbar.


Der BunDesrat in Zahlen<br />

69<br />

500<br />

113.400<br />

11<br />

mitglieder hat der Bundesrat.<br />

16 ministerpräsidenten und eine<br />

je nach land unterschiedliche<br />

anzahl weiterer Vertreter bilden<br />

den Bundesrat.<br />

Quadratmeter umfasst der<br />

Plenarsaal im Preußischen<br />

herrenhaus.<br />

Drucksachen hat der Bundesrat<br />

seit 1949 in etwa produziert –<br />

für die ersten 30 Jahre muss<br />

gerundet werden.<br />

7.453<br />

914<br />

94<br />

gesetze wurden seit 1949<br />

verkündet, davon 3.817 als<br />

zustimmungsbedürftig. Dies<br />

sind 51 Prozent aller gesetze.<br />

sitzungen des Bundesrates gab<br />

es seit 1949. (Stand September 2013)<br />

gesetzesbeschlüsse, gesetzentwürfe<br />

und gesetzesanträge<br />

wurden am 8. Juli 1994 beraten<br />

– ein rekord. Dies ist auch<br />

die sitzung mit den meisten<br />

tagesordnungspunkten: 157.<br />

länder waren im Jahr 1949 im Bundesrat mit vollem stimmrecht vertreten. Berlin (West)<br />

verfügte zu dieser Zeit nur über ein eingeschränktes stimmrecht. Durch die Bildung Baden-<br />

Württembergs 1952 sank die Zahl auf neun, das saarland kam 1957 als zehntes land hinzu.<br />

1990 vollendeten die fünf neuen länder die einheit auch im Bundesrat – und das wiedervereinigte<br />

Berlin erhielt volles stimmrecht.<br />

11


12 ein stück deutscher geschichte<br />

Friedrich Wilhelm IV., König<br />

von Preußen (1795–1861)<br />

Januar 2013<br />

Wo Der kronPrinZ in<br />

spielstätte von friedrich Wilhelm iV., erste kammer des preußischen<br />

ie Götzenzeit, wie Heidentraum / blickt ins<br />

„W Fenster der eibenbaum.“ Mit diesen Versen<br />

leitet theodor Fontane 1862 seine „Wanderung<br />

durch die Mark Brandenburg“ ein, in der er das<br />

schicksal eines eibenbaumes im Garten des Preußischen<br />

Herrenhauses beschreibt – genau jener<br />

Liegenschaft, in der heute der Bundesrat an der<br />

Leipziger straße 3 und 4 tagt. In dem Baum soll<br />

Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) als<br />

kleiner Junge gern herumgeklettert sein, wenn<br />

die königliche Familie bei den damaligen eigentümern<br />

des Gebäudes Leipziger straße 3 zu<br />

Gast war. Wegen dieser Kindheitserinnerung<br />

verhinderte Friedrich Wilhelm 1851 höchstpersönlich,<br />

dass der Baum gefällt oder auch nur<br />

verpflanzt wurde, als es um einen erweiterungsbau<br />

des Gebäudes ging.<br />

Weder die Monarchie noch das Preußische Herrenhaus<br />

als Gebäude in seiner damaligen Form<br />

– geschweige denn als Institution – haben bis in<br />

die Gegenwart überlebt. auch die vom Dichter auf<br />

ein alter von mehreren hundert Jahren geschätzte<br />

eibe fiel vermutlich Kriegswirren zum Opfer.<br />

aber seitdem im Jahr 2000 der Bundesrat in das<br />

Gebäude an der Leipziger straße einzog, erinnern<br />

im südlichen Garten zwei neuanpflanzungen an<br />

die königliche anekdote.<br />

Das areal ist auf jeden Fall reich an Historie. 1761<br />

wurde an der Leipziger straße 4 eine Porzellanmanufaktur<br />

gegründet, die bis heute als Königlich<br />

Preußische Porzellanmanufaktur – wenn auch<br />

an anderer stelle – besteht. Das Gebäude an der<br />

Leipziger straße 3 wiederum, jenes mit den eiben<br />

im Garten, war von 1825 bis 1851 im Besitz der<br />

Familie Mendelssohn Bartholdy, deren spross<br />

Felix seine Ouvertüre zu shakespeares „sommernachtstraum“<br />

hier komponiert hat. alexander von<br />

Humboldt hatte im Garten eine geomagnetische<br />

Messstelle in Form einer Hütte.<br />

16. Januar 2013:<br />

109. Jahrestag der Übergabe des Preußischen Herrenhauses<br />

Das Preußische Herrenhaus an der Leipziger Straße 3–4.<br />

Der Bau wurde im Januar 1904 vollendet – 2004 feierte der<br />

Bundesrat das Jubiläum mit einem Festakt.<br />

Heute verbinden wir das Wort „Herrenhaus“<br />

hauptsächlich mit dem neoklassizistischen<br />

Gebäude des Bundesrates in Berlin – fertiggestellt<br />

wurde es im Januar 1904. tatsächlich war<br />

das Preußische Herrenhaus zunächst aber eine<br />

Institution: die erste Kammer des preußischen<br />

Parlaments, geschaffen durch die preußische<br />

Verfassung von 1850 und ausgestaltet durch eine<br />

Verordnung von König Friedrich Wilhelm IV. von<br />

1854. Mit Demokratie nach heutigen Maßstäben


Den eiBen kletterte<br />

Parlaments, Bundesrat: Die leipziger straße 3–4 hat eine lange historie<br />

hatte das Parlament allerdings wenig zu tun. Deshalb<br />

wurde es auch 1918 vom preußischen revolutionskabinett<br />

beseitigt, ebenfalls per Verordnung.<br />

Die repräsentanten der Herrschenden hatten somit<br />

gerade einmal 14 Jahre in dem für sie neu errichteten<br />

Gebäude tagen und aus den Fenstern auf<br />

besagte eibe blicken können.<br />

Für kurze Zeit konferierte anschließend der Zentralrat<br />

der arbeiter- und Bauernräte im Herrenhaus,<br />

20. Januar 2013:<br />

Niedersachsen-Wahl verändert Mehrheitsverhältnisse<br />

bis nach der neuen preußischen Verfassung von<br />

1920 der Preußische staatsrat sowie das Preußische<br />

Wohlfahrtsministerium einzogen. Bis der<br />

staatsrat im Juli 1933 unter dem ns-regime als<br />

Vertretungsorgan aufgelöst wurde, war Konrad<br />

adenauer (1876–1967) als Zentrumsmitglied dessen<br />

Präsident.<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg war Konrad ade-<br />

nauer dann Präsident des Parlamentarischen<br />

rates, der am 23. Mai<br />

1949 gemeinsam mit<br />

den Vizepräsidenten<br />

das Grundgesetz für<br />

die Bundesrepublik<br />

Deutschland verkündete<br />

und damit die<br />

gesetzliche Basis für<br />

den Bundesrat schuf.<br />

Die Länderkammer<br />

tagte fortan in Bonn,<br />

der ersten Hauptstadt<br />

der neuen republik.<br />

Das schwer von Bomben getroffene Gebäude des<br />

Herrenhauses, im sowjetischen sektor des geteilten<br />

Berlins gelegen, diente unterdessen nach<br />

provisorischer Instandsetzung unterschiedlichen<br />

Institutionen der DDr.<br />

als auch dies Geschichte war und Berlin zur<br />

Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands<br />

wurde, fand der Bundesrat im Preußischen Herrenhaus<br />

eine neue residenz. Die erste sitzung<br />

im neuen alten Haus fand am 29. september<br />

2000 statt. Vorher war das Gebäude grundlegend<br />

renoviert und umgebaut worden. „Den altbau<br />

respektieren, ohne den vergangenen neobarock<br />

zu beschwören“, so beschrieb der architekt Peter<br />

schweger den Gestaltungsansatz. Politiker, Mitarbeiter<br />

und Besucher bescheinigen ihm täglich,<br />

dass dies gelungen ist.<br />

22. Januar 2013:<br />

Sondersitzung zum 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages<br />

Die erste Sitzung des<br />

Bundesrates im neuen<br />

Gebäude – dem Preußischen<br />

Herrenhaus –<br />

am 29. September 2000:<br />

Am Rednerpult steht<br />

Erwin Teufel, damaliger<br />

Ministerpräsident von<br />

Baden-Württemberg.<br />

Foto: picture-alliance /<br />

akg-images<br />

13


14 nah dran<br />

Demokratie erlernen<br />

streiten und kompromisse finden – im Bundesrat üben sich Jugendliche in Politik<br />

februar 2013<br />

1. feBruar 2013:<br />

Steuerabkommen mit der Schweiz scheitert endgültig<br />

1. feBruar 2013:<br />

Präsentation der 2-Euro-Gedenkmünze „Baden-Württemberg“


20.–21. feBruar 2013:<br />

Modell Europa Parlament (MEP) im Bundesrat<br />

Rollenspiel hin oder her: Beim Projekt<br />

„Modell Europa Parlament“ gilt auch<br />

für die Schüler ein strenger Dresscode.<br />

22. feBruar 2013:<br />

Bundesratspräsident reist in die Schweiz<br />

15


16 nah dran<br />

Daumen hoch: Dass Politik<br />

viel Arbeit bedeutet, aber<br />

auch Spaß machen kann,<br />

erfahren diese Schüler<br />

beim Rollenspiel<br />

„Jugend im Bundesrat“.<br />

märz 2013<br />

Die großen säulen aus grauem stein erheben<br />

sich mächtig in der eingangshalle, alles<br />

wirkt imposant. Die architektur des Preußischen<br />

Herrenhauses sollte vor allem eins: einschüchtern.<br />

Mehr als 100 Jahre nach der erbauung ist davon<br />

nichts mehr zu spüren. Der Bundesrat hat die<br />

türen des Hauses geöffnet. Jetzt sind dort Jugendliche<br />

unterwegs, diskutieren, streiten, suchen<br />

Kompromisse. In rollenspielen üben sie sich in<br />

Demokratie – auf Bundes- und manchmal auch auf<br />

europaebene. so wie im Februar 2013. 180 schüler<br />

aus den 16 Bundesländern sowie aus ungarn und<br />

Belgien diskutierten zwei tage lang Fragen der<br />

europapolitik. und die hatten es in sich. auf dem<br />

70.000<br />

Gäste besuchen<br />

jedes Jahr den Bundesrat.<br />

1. märZ 2013:<br />

Bundesrat fordert flächendeckenden Mindestlohn<br />

Programm standen resolutionen zur Finanzkrise,<br />

zu atomwaffen, Überfischung oder zur sozialen<br />

Integration Jugendlicher. Der name des Projekts:<br />

„Modell europa Parlament“ (MeP). 2013 fand es<br />

zum 14. Mal statt, zum zwölften Mal stellte dabei<br />

der Bundesrat seine räumlichkeiten zur Verfügung.<br />

Die schirmherrschaft liegt traditionell beim<br />

amtierenden Bundesratspräsidenten.<br />

„Man darf sich nicht vom Begriff Politik abschrecken<br />

lassen und denken, dass Politik gleich<br />

Langeweile ist“, fasste zum Beispiel Julian aus<br />

Halle sein Fazit des MeP zusammen – und umschrieb<br />

damit das eigentliche Ziel des Projekts.<br />

Die Macher wollen Jugendliche an der politischen<br />

Gestaltung teilhaben lassen. Das kann sowohl<br />

auf europa- als auch auf Bundesebene geschehen.<br />

Hier veranstaltet die Länderkammer selbst seit<br />

2008 ein ähnliches Projekt: „Jugend im Bundesrat“.<br />

Bei dem zweitägigen rollenspiel diskutieren<br />

vor allem schüler aus dem Land des amtierenden<br />

Bundesratspräsidenten. 2012/2013 war das<br />

Winfried Kretschmann – für ihn stehen sinn und<br />

Zweck des rollenspiels außer Frage. „Jugendliche<br />

müssen Demokratie erlernen, davon bin ich fest<br />

überzeugt“, sagte er beim fünften event dieser<br />

art im november 2012. „sie haben sich mit Leidenschaft<br />

für ihre Überzeugungen eingesetzt, sie<br />

haben um Mehrheiten und Kompromisse gerun-<br />

19. märZ 2013:<br />

Bundesratspräsident bei Amtseinführung des Papstes


gen und sich mit vollem elan durch die Mühlen<br />

der politischen entscheidungsprozesse gekämpft.<br />

Das ist Veranschaulichung der Demokratie, wie<br />

ich sie mir wünsche.“<br />

es sind jedoch nicht immer solche<br />

großen events, bei denen Jugendli-<br />

che oder auch erwachsene einblicke<br />

in die arbeit des Bundesrates erhal-<br />

ten. rund 70.000 Gäste besuchen pro Jahr den<br />

Bundesrat, lassen sich durch Wandelhalle und<br />

Plenarsaal führen. Für sie stehen Info-Vorträge<br />

genauso auf dem Programm wie eine anschließende<br />

Diskussion. schüler können sich hier ebenfalls<br />

an einem rollenspiel probieren – auch wenn<br />

es in diesem Fall nicht zwei tage, sondern etwas<br />

herZlich Willkommen!<br />

22. märZ 2013:<br />

Besuch der Vorsitzenden des russischen Föderationsrates<br />

mehr als eine stunde dauert. Immerhin: Das<br />

reicht, um die Beratung eines Gesetzentwurfs im<br />

sogenannten ersten Durchgang zu simulieren.<br />

Möglich sind solche Besucherprogramme<br />

immer dann,<br />

wenn nicht die Mitglieder des<br />

Bundesrates den Plenarsaal<br />

belegen – diese tagen in der<br />

regel einmal im Monat. an den sitzungstagen<br />

selbst gibt es ein alternativangebot. Von der<br />

Besuchertribüne aus können Bürger die Debatten<br />

ihrer Vertreter aus den Ländern im Plenum<br />

verfolgen. Die Zeiten, in denen das Preußische<br />

Herrenhaus auch ein solches war, sind schließlich<br />

lange vorbei.<br />

Den Bundesrat von<br />

innen kennenlernen<br />

17<br />

Beim MEP-Event steht<br />

Finanzminister Wolfgang<br />

Schäuble den Jugendlichen<br />

Rede und Antwort.<br />

Mehr Infos zu Besuchen<br />

im Bundesrat:<br />

„Guten Tag, Sie wünschen?“ Das fragt Diana Mattig<br />

immer wieder an der Pforte des Bundesrates. An ihr und<br />

ihren Kollegen muss vorbei, wer ins Preußische Herrenhaus<br />

will. „Politiker sind immer freundlich”, sagt sie.<br />

Mit Besuchern wechselt Diana Mattig gern ein paar<br />

Worte. Viele loben, wie gut alt und neu in der Architektur<br />

harmonieren. „Und sie lieben die Hortensien im Ehrenhof.”<br />

Wird Kindern langweilig, helfen Bundesrats-Malbücher.<br />

„Jugendliche wiederum fasziniert das Rollenspiel“,<br />

weiß die 42-Jährige. Dabei simulieren Schüler etwa eine<br />

Sitzung der Länderkammer.<br />

25. märZ 2013:<br />

Bundesratspräsident reist in die Niederlande


18 in aller Welt<br />

Setsuko Kida, Opfer der<br />

Dreifachkatastrophe in<br />

Fukushima, zeigt<br />

Winfried Kretschmann auf<br />

einer Landkarte die<br />

verstrahlten Gebiete.<br />

Foto: picture-alliance/dpa<br />

mai 2013<br />

mehr als hänDesch<br />

Fukushima, Panmunjom, Yad Vashem: auch<br />

das Bundesratsjahr 2012/13 stand im Zeichen<br />

wichtiger auslandsreisen des Bundesratspräsi-<br />

denten. Die parlamentarische Diplomatie des<br />

Bundesrates dient der Förderung der Zusammenarbeit<br />

Deutschlands mit seinen ausländischen<br />

Partnern. eine aufgabe, die insbesondere die<br />

Ostasien-reise von Winfried Kretschmann kennzeichnete.<br />

aufgegebene Häuser und menschenleere Land-<br />

schaften prägen auch zweieinhalb Jahre nach der<br />

atomkatastrophe das Bild der unglücksprovinz<br />

Fukushima. noch immer müssen etwa 150.000<br />

Menschen in Behelfsunterkünften leben. eine<br />

sperrzone mit einem radius von 20 Kilometern<br />

trennt das Gebiet vom rest des Landes – auch<br />

als der Bundesratspräsident die region<br />

besuchte. er tauschte sich im<br />

rahmen einer asienreise im<br />

Mai 2013 mit Politikern<br />

und aktivisten über die<br />

stichWort<br />

situation und die Perspektiven<br />

in Fukushima<br />

Präsidialbüro<br />

aus. „es ist mir ein<br />

großes anliegen, den<br />

Das Präsidialbüro betreut mit fünf<br />

Menschen vor Ort die<br />

Mitarbeiterinnen alle reisen des<br />

große anteilnahme der<br />

Bundesratspräsidenten ins ausland<br />

deutschen Bevölkerung<br />

sowie die Besuche internationaler<br />

auszusprechen“, sagte<br />

Würdenträger im<br />

Kretschmann bei einem<br />

Bundesrat.<br />

Gespräch mit Yuhei sato, dem<br />

Gouverneur von Fukushima. Im<br />

3. mai 2013:<br />

Bundesrat fordert schwarze Listen für Steueroasen<br />

ausland tritt der Bundesratspräsident als repräsentant<br />

Deutschlands auf und ist daher ein gefragter<br />

Gesprächspartner für die Politik – oder Kronprinz<br />

naruhito.<br />

aber auch Vertreter der japanischen Zivilgesellschaft<br />

wie die Gruppe „aKW Zero“ hatten Gelegenheit,<br />

mit dem Bundesratspräsidenten zu diskutieren.<br />

„Ich möchte Ihnen Mut machen und Ihnen sagen:<br />

Die energiewende ist auch und gerade in einem


ütteln Der Bundesrat verbindet Völker<br />

industrialisierten Land möglich“, gab Kretschmann den<br />

aktivisten mit auf den Weg.<br />

Parallelen ganz anderer art zeigte der Besuch der<br />

schwerbewachten innerkoreanischen Grenze im Grenzort<br />

Panmunjom. als Vertreter eines ehemals geteilten<br />

staates sagte Winfried Kretschmann mit Blick auf den<br />

Fall der Berliner Mauer: „Ich hoffe, dass es hier auch mal<br />

einen ruck tut und es eine friedliche Wiedervereinigung<br />

der beiden Länder gibt.“<br />

9.–16. mai 2013:<br />

Bundesratspräsident vertritt Bundespräsidenten<br />

18.–28. mai 2013:<br />

Bundesratspräsident besucht Japan und Südkorea<br />

In einem traditionellen<br />

Kloster in der Nähe von<br />

Kyoto tauscht Winfried<br />

Kretschmann Geschenke<br />

mit einem Mönch aus.<br />

Der Bundesratspräsident<br />

bei der Besichtigung des<br />

Changdeokgung-Palasts<br />

in Südkoreas Hauptstadt<br />

Seoul mit Schülerinnen in<br />

traditioneller Tracht<br />

Foto: picture-alliance/dpa<br />

19


20 in aller Welt<br />

Der Bundesratspräsident<br />

Winfried Kretschmann legt<br />

zusammen mit Benedikt<br />

Haller, dem Gesandten der<br />

Deutschen Botschaft, in der<br />

Gedenkstätte Yad Vashem<br />

einen Kranz nieder.<br />

Foto: picture-alliance/dpa<br />

Juni 2013<br />

Ging es in asien um die energiewende und die<br />

situation in Korea, so stand die nahostreise im<br />

Juni 2013 im Zeichen des Gedenkens. Im Zentrum<br />

der „Halle der erinnerung“<br />

in der Gedenkstätte Yad Vashem<br />

steht eine einzelne Kerze in<br />

Form eines zerbrochenen Bronzekelches.<br />

Der Boden besteht aus steinplatten mit<br />

den namen der 22 größten Konzentrationslager.<br />

unter diesen Platten ist die asche aus den Lagern<br />

begraben. Vor Ort erinnerte Winfried Kretschmann<br />

an die Judenvernichtung und legte einen<br />

50 Jahre freunDschaft<br />

6. Juni 2013:<br />

Bundesratspräsident zeichnet Schülerzeitungen aus<br />

Bewegender Besuch<br />

im nahen osten<br />

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Jean-Pierre Bel und Winfried<br />

Kretschmann (von links)<br />

Kranz nieder. Bei einem anschließenden treffen<br />

mit Holocaust-Überlebenden in tel aviv mahnte<br />

er, dass die „erinnerung an den schrecken der<br />

schoah“ wachgehalten werden<br />

müsse – vor allem bei der Jugend.<br />

neben Gesprächen mit Parlaments-<br />

und regierungsvertretern in tel aviv, Jerusalem<br />

und ramallah besuchte Kretschmann Projekte in<br />

Israel und Palästina: „Die Beispiele, die wir gesehen<br />

haben, wo sich die Menschen an der Basis<br />

begegnen, sind von unschätzbarem Wert.“<br />

Um den 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages am<br />

22. Januar 2013 zu feiern, besuchte eine Delegation<br />

des französischen Senats den Festakt im Bundesrat.<br />

Die seit 1995 jährlich tagende deutsch-französische<br />

Freundschaftsgruppe ist ein wichtiger Pfeiler der<br />

parlamentarischen Diplomatie. Daher teilten sich die<br />

Franzosen die Plätze in den Länderbänken mit ihren<br />

deutschen Kollegen. Der französische Senatspräsident<br />

Jean-Pierre Bel betonte in seiner Rede, dass<br />

die Aussöhnung der früheren Erbfeinde die Grundlage<br />

der europäischen Einigung sei. Martin Schulz,<br />

Präsident des Europaparlamentes, griff diesen Punkt<br />

auf und regte an, die enge Beziehung auch für andere<br />

Staaten wie Polen zu öffnen.<br />

7. Juni 2013:<br />

Bundesrat billigt Gesetzentwürfe zum Mieterschutz


7. Juni 2013:<br />

Bundesrat stimmt Steuerrechtskompromiss zu<br />

Wussten sie schon, Dass …<br />

… der Bundesrat am 7. september 1949<br />

als erstes Verfassungsorgan der Bundesrepublik<br />

Deutschland zusammentrat<br />

– noch vor dem Bundestag?<br />

… die kürzeste sitzung des Bundesrates<br />

am 13. september 1972 nur fünf minuten<br />

dauerte?<br />

… sich kurt Beck (rheinland-Pfalz) und<br />

Peter harry carstensen (schleswig-holstein)<br />

in der sitzung vom 18. Dezember<br />

2009 mit gedichten um das Wachstumsbeschleunigungsgesetz<br />

stritten?<br />

Beck rezitierte das „sprungbrett“ von<br />

eugen roth, carstensen konterte mit<br />

theodor storms „aus der marsch“ –<br />

allerdings nur in Papierform.<br />

… der Bundesrat in seiner konzeption<br />

weltweit einmalig ist? er ist nämlich<br />

nicht die „Zweite kammer“ des Parlaments,<br />

sondern stellt ein eigenständiges<br />

Verfassungsorgan dar.<br />

7. Juni 2013:<br />

Bundesratspräsident lädt zum kulturellen Abend ein<br />

… es bis 1969 ein „Bundesministerium<br />

für die angelegenheiten des Bundesrates<br />

und der länder“ gab?<br />

… das archiv des Bundesrates mehr als<br />

1.600 regalmeter akten des Bundesrates<br />

umfasst? Jährlich kommen 25<br />

regalmeter hinzu.<br />

… jedes Jahr eine 2-euro-gedenkmünze<br />

mit einem symbol jenes landes<br />

herausgegeben wird, das die Bundesratspräsidentschaft<br />

inne hat?<br />

… es 67 Bundesratspräsidenten seit<br />

1949 gab, davon nur eine frau?<br />

21


22 Vor ort<br />

Juni 2013<br />

Zusammenhalt<br />

unD hilfe in Der not<br />

nach dem hochwasser bringen Bund und länder schnell die soforthilfe auf den Weg<br />

Das Video zur ersten<br />

Sondersitzung des<br />

Bundesrates:<br />

Überschwemmte täler, zerstörte Deiche und<br />

ganze städte unter Wasser – die Flutkatastrophe<br />

2013 hat in Mitteleuropa eine spur der<br />

Verwüstung hinterlassen. Die Menschen in den<br />

betroffenen Gebieten haben durch ihre solidarität<br />

echten Zusammenhalt bewiesen. Doch auch die<br />

Politik ist mit einem effektiven und unbürokratischen<br />

Krisenmanagement ihrer Verantwortung<br />

gerecht geworden.<br />

Land unter: allein in Deutschland fielen zwischen<br />

Mai und Juni innerhalb weniger tage<br />

knapp 23 Billionen Liter regen. Das hat die Pegel<br />

von der Donau bis zur elbe auf eine rekordhöhe<br />

ansteigen lassen, die zuletzt vor rund 500 Jahren<br />

gemessen wurde. Viele Menschen haben ihr<br />

gesamtes Hab und Gut verloren. umso beeindruckender<br />

war die solidarität, mit der die Bürger<br />

den Wassermassen getrotzt haben. tausende Hel-<br />

hilfefonDs<br />

Bedrohliche Lage:<br />

Am Mittag des 5. Juni<br />

beträgt der Elbpegel in<br />

Dresden zirka 8,40 Meter.<br />

Foto: picture-alliance/dpa<br />

Bei der Finanzierung der Fluthilfe stehen Bund<br />

und Länder zusammen. Der Fonds wird vom Bund<br />

vorfinanziert. Anschließend haben die Länder<br />

20 Jahre Zeit, ihren Anteil von gut drei Milliarden<br />

Euro abzuzahlen. Bis zu 80 Prozent der Schäden<br />

können aus dem Fonds erstattet werden. So sollen<br />

auch Unternehmen entlastet werden, die wegen der<br />

Beschädigungen am Betrieb Kurzarbeit anmelden<br />

mussten.<br />

17. Juni 2013:<br />

Gedenken an den 60. Jahrestag des Aufstands des 17. Juni


fer aus ganz Deutschland schleppten sandsäcke,<br />

verteilten Lebensmittel und spendeten Geld, um<br />

die Betroffenen zu unterstützen.<br />

auch die Politik hat durch ihr schnelles Handeln<br />

ein Zeichen gesetzt. nur zwei tage nach dem Kabi-<br />

nettsbeschluss der Bundesregierung berieten sich<br />

die Länder am 26. Juni 2013 bereits in einer ersten<br />

sondersitzung über die Fluthilfe. Das gesamte<br />

parlamentarische Verfahren dauerte bis zum abschluss<br />

am 5. Juli 2013 gerade einmal zwölf tage.<br />

„Wenn es darauf ankommt, stehen die 16 Länder<br />

und der Bund im sinne der Bürger zusammen“,<br />

bekräftigt thüringens Ministerpräsidentin Christine<br />

Lieberknecht. so passierte der sonderfonds<br />

„aufbauhilfe“ in Höhe von acht Milliarden euro<br />

nicht einmal einen Monat nach Beginn der Flutkatastrophe<br />

den Bundesrat. „Die betroffenen Länder<br />

benötigen wie schon 2002 die solidarität aller. Das<br />

gewaltige ausmaß der schäden überfordert die<br />

Leistungskraft der einzelnen Bundesländer“, betont<br />

sachsens Ministerpräsident stanislaw tillich.<br />

auch vier Monate nach dem Hochwasser ist<br />

noch keine genaue Bilanzierung der Zerstörung<br />

möglich. sicher ist nur, dass allein der schaden<br />

für die Landwirtschaft etwa 400 Millionen euro<br />

beträgt. Für die reparaturen an Kultureinrichtungen<br />

sind bisher 100 Millionen euro veranschlagt.<br />

24.–29. Juni 2013:<br />

Nahostreise von Bundesratspräsident Kretschmann<br />

Das meiste Geld geht nach sachsen-anhalt,<br />

sachsen, Bayern und thüringen, den von den<br />

Überschwemmungen am stärksten betroffenen<br />

Ländern. Über die konkrete Verteilung der Finanzhilfe<br />

entschied der Bundesrat am 16. august<br />

2013 in einer zweiten sondersitzung. so sollen 50<br />

Prozent der acht Milliarden euro mit Hilfe eines<br />

Verteilungsschlüssels zwischen den betroffenen<br />

Ländern vergeben werden. Weitere 30 Prozent<br />

werden im einvernehmen zwischen dem Bund<br />

und den betroffenen Ländern verteilt. Mit dieser<br />

Verordnung stellt der Bundesrat sicher, dass das<br />

Geld so schnell wie möglich dort ankommt, wo es<br />

am dringendsten benötigt wird.<br />

26. Juni 2013:<br />

Erste Sondersitzung zur Flutkatastrophe in Ostdeutschland<br />

Stanislaw Tillich und<br />

Christine Lieberknecht<br />

bei der ersten Sondersitzung<br />

des Bundesrates<br />

am 26. Juni<br />

Foto: picture-alliance/dpa<br />

23<br />

Staatssekretär Gerd Schmitt,<br />

Direktor des Bundesrates,<br />

Stanislaw Tillich und<br />

Winfried Kretschmann (v.l.)<br />

in der Sitzung am 16. August.<br />

Zügig entscheidet der Bundesrat<br />

über die Verteilung<br />

der Hilfsgelder.<br />

Das Video zur zweiten<br />

Sondersitzung des<br />

Bundesrates:


24 am Puls der Zeit<br />

informatiV unD neutral<br />

Die App des Bundesrates<br />

kann sich jeder kostenfrei<br />

auf Smartphone oder Tablet<br />

laden – 200.000 Mal wurde<br />

sie bisher abgerufen.<br />

Das Social-Media-Angebot:<br />

Juni 2013<br />

Der Bundesrat präsentiert sich mit Website, twitter & co.<br />

ideos aus dem Plenum, die tagesordnung der<br />

Vnächsten sitzung oder Berichte über die jüngsten<br />

entscheidungen: Der Bundesrat informiert<br />

über seine arbeit – mit Website, apps, Youtube und<br />

Flickr. seit Juni 2013 gehört auch twitter dazu.<br />

„Heutzutage reicht<br />

eine Website einfach<br />

nicht mehr aus“,<br />

sagt Peter Wilke, der<br />

Internetbeauftragte des<br />

Bundesrates. „Man muss<br />

die Menschen in den sozialen<br />

netzwerken abholen.“ Daher<br />

ist der Bundesrat seit Juni 2013<br />

besonders über den Kurznachrichtendienst<br />

twitter aktiv.<br />

Hier können sich Follower auf<br />

den neuesten stand bringen und über Beschlüsse,<br />

tagesordnungen und interessante events informieren.<br />

Diesen service nutzen nicht nur Politiker<br />

und Fachleute aus den Verbänden, sondern auch<br />

Journalisten und interessierte Bürger.<br />

Während eine twitter-Meldung auf 140 Zeichen<br />

beschränkt ist, kann der<br />

Bundesrat in seinem Youtube-Kanal<br />

umfangreicher<br />

informieren: Warum gibt<br />

es die Gewaltenteilung?<br />

und was hat es eigentlich<br />

mit der Länderhoheit auf<br />

sich? Diese und weitere<br />

Fragen beantworten etwa<br />

schüler im rahmen der<br />

humorvollen Videoserie<br />

„Wie geht Deutschland?“.<br />

Videos von Plenarsitzungen<br />

und Interviews mit<br />

Bundesratsmitgliedern<br />

runden das Youtube-ange-<br />

26. Juni 2013:<br />

Twitter-Kanal des Bundesrates wird aktiviert<br />

bot ab. Das Internet-Portal Föderalion bringt mit<br />

Onlinespielen und Kurzfilmen speziell Jugendlichen<br />

den Föderalismus näher.<br />

für die Zukunft gerüstet<br />

Parteienwerbung will die redaktion dabei nicht<br />

machen – das angebot ist streng unabhängig.<br />

Wilke: „Wir bieten einen neutralen Blick auf den<br />

Bundesrat und heben keine politischen Meinungen<br />

hervor.“ Dazu gehören neben einer ausführlichen<br />

Berichterstattung zu den Plenarsitzungen<br />

auch Hintergrundberichte zu politischen<br />

themen und Gesetzesvorhaben. Mehr als 40.000<br />

Parlamentsdokumente sind auf der Internetseite<br />

veröffentlicht.<br />

Die umfangreiche Berichterstattung kommt gut<br />

an: Monatlich verzeichnet die Website bis zu 3,5<br />

Millionen aufrufe. Für diejenigen, die sich auch<br />

unterwegs informieren möchten, gibt es seit<br />

Oktober 2011 die Bundesrat-app, die bisher mehr<br />

als 200.000 Mal abgerufen wurde.<br />

auch in Zukunft wird der Bundesrat seinen<br />

Web-auftritt optimieren:<br />

noch in diesem Jahr wird<br />

die Liveübertragung der<br />

Plenarsitzungen im Internet<br />

ausgebaut. 2014 bringt die<br />

Länderkammer eine komplett<br />

überarbeitete Website<br />

an den start. Dank frischem<br />

Layout, neuer suchfunktionen,<br />

besserer Benutzerführung<br />

und einer umfangreichen<br />

Mediathek präsentiert<br />

sich der Bundesrat dann auf<br />

der eigenen Homepage mit<br />

einem noch serviceorientierteren<br />

auftritt.<br />

4.–5. Juli 2013:<br />

Deutsch-russische Freundschaftsgruppe im Bundesrat


5. Juli 2013:<br />

Bundesrat billigt die steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe<br />

Der Bundestag zieht Bilan z 25<br />

16. august 2013:<br />

Zweite Sondersitzung zur Flutkatastrophe<br />

Videos von Sitzungen auf Youtube,<br />

Hintergrundberichte auf der<br />

Website: Der Bundesrat geht mit<br />

hohem Informationsanspruch an<br />

sein Online-Angebot heran.<br />

Foto: wellphoto - fotolia.com<br />

Bürger, Journalisten und das Fachpublikum<br />

erhalten über die Onlinemedien des<br />

Bundesrates schnellen Zugriff auf gesuchte<br />

Informationen.<br />

Foto: Bundesregierung / Guido Bergmann


26 Blick nach vorn<br />

oktober 2013<br />

Drei fragen an …<br />

Stephan Weil, niedersächsischer<br />

Ministerpräsident,<br />

bei einer Rede im Bundesrat<br />

… stephan Weil, den neuen Bundesratspräsidenten<br />

1<br />

sie haben erst anfang des Jahres ihr amt als niedersäch-<br />

sischer ministerpräsident angetreten, ab 1. november sind<br />

sie auch Bundesratspräsident – eine ganz schöne Doppel-<br />

belastung. Wie bereiten sie sich darauf vor?<br />

sicherlich ist die Präsidentschaft eine Mehrbelastung. aber schon seit<br />

Beginn unserer regierungstätigkeit in niedersachsen bin ich im Bundesrat<br />

politisch sehr aktiv gewesen. und bei aktivität lernt man rhythmus und<br />

arbeit der Länderkammer besser kennen als durch jede theoretische<br />

einführung. und hoffentlich sind die Flutschäden auf der ICe-strecke<br />

Hannover-Berlin bald beseitigt. Die Vorbereitung der zentralen themen,<br />

die meine Bundesratspräsidentschaft begleiten werden, ist angelaufen,<br />

ebenso die terminkoordination und reiseplanungen.<br />

2<br />

hand aufs herz: haben sie manchmal ein mulmiges gefühl<br />

beim gedanken an die neuen aufgaben?<br />

Ich freue mich sehr auf die Bundesratspräsidentschaft. und es ist eine<br />

große ehre, diese aufgabe übernehmen zu können. Die damit verbundene<br />

Verantwortung ist mir ebenso bewusst wie die schon angesprochene<br />

Doppelbelastung. Ich möchte die Zeit nutzen, um insbesondere jüngeren<br />

Menschen die wichtige arbeit des Bundesrates näherzubringen. Wir<br />

können alle nicht genug für ein aktives Mitmachen werben, damit unsere<br />

Demokratie lebendig bleibt.<br />

3<br />

20. sePtemBer 2013:<br />

Letzte Sitzung des Bundesrates vor der Bundestagswahl<br />

Wo möchten sie im kommenden Jahr akzente setzen?<br />

Wir alle stehen vor enormen aufgaben. Die Gesellschaft wird immer älter,<br />

die Bevölkerungszahl nimmt ab. Daher gilt noch drängender, dass wir alle<br />

Kinder und Jugendlichen – und ich meine wirklich: alle – in den schulen<br />

und an ihren ausbildungsplätzen sehr gut auf ihre Berufstätigkeit vorbereiten<br />

müssen. eine qualitativ hochwertige individuelle Förderung in Kitas<br />

und schulen aber kostet enorm viel Geld. Geld, das zu investieren sich<br />

lohnt.<br />

3. oktoBer 2013:<br />

Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Stuttgart


Zu guter letZt<br />

impressum<br />

Herausgeber:<br />

Bundesrat<br />

Referat P 4<br />

Presse, Öffentlichkeitsarbeit, Besucherdienst<br />

Leipziger Straße 3-4<br />

10117 Berlin<br />

Telefon: 030 18 9100-0<br />

E-Mail: bundesrat@bundesrat.de<br />

Internet: www.bundesrat.de<br />

Gesamtleitung:<br />

Camilla Linke (V.i.S.d.P.)<br />

Projektleitung:<br />

Claudia Asbeck de Treutler<br />

Konzeption und Redaktionsleitung:<br />

Christian Horn (AD HOC PR)<br />

Tel. 05241/9039-33<br />

horn@adhocpr.de<br />

Realisierung, Text und Redaktion:<br />

AD HOC PR, Gütersloh: Elena Grawe,<br />

Thorben Grünewälder, Nicole Heymann,<br />

Stefan Temme, Tobias Thiele<br />

Mitarbeit:<br />

Thomas Rietig<br />

Grafik-Design:<br />

Wolfgang Schomberg, Martin Glatthor<br />

(zweiplus Büro für Grafik & Kommunikation, Bielefeld)<br />

Produktion und Druck:<br />

Druckhaus Rihn, Blomberg<br />

Bildnachweise:<br />

Cartoons Seite 2/6/16: Rudie - Fotolia.com<br />

Cartoon Seite 24: Huw Aaron - cartoonstock.com<br />

Foto Seite 9: blende40 - Fotolia.com<br />

Foto Seite 10 unten: dma_design - Fotolia.com<br />

Foto Seite 12 links: akg-images<br />

Soweit nicht anders angegeben, stammen alle weiteren<br />

Bilder aus dem Archiv des Bundesrates.<br />

Der Bundestag zieht Bilan z 27<br />

Zeichnung: Derek Pommer<br />

Das Magazin als E-Paper:

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