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Nutzungsuntersagung mit Anordnung der Entfernung der ...

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Gericht: Bayerischer<br />

Verwaltungsgerichtshof<br />

München 25. Senat<br />

Entscheidungsdatum: 19.11.2007<br />

Aktenzeichen: 25 B 05.12<br />

Dokumenttyp: Urteil<br />

Leitsatz<br />

- 1 -<br />

Quelle:<br />

Norm: Art 82 S 2<br />

BauO BY<br />

<strong>Entfernung</strong> <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung bei <strong>Nutzungsuntersagung</strong><br />

in Bezug auf eine rechtswidrig ausgeübte Wohnnutzung<br />

Langtext<br />

Das Vorhalten einer funktionstüchtigen Wohnungseinrichtung kann Teil <strong>der</strong> in einer baulichen<br />

Anlage rechtswidrig ausgeübten Wohnnutzung sein und auf <strong>der</strong> Grundlage des Art. 82 Satz 2<br />

BayBO (BauO BY) unterbunden werden.(Rn.23)<br />

Sonstiger Orientierungssatz<br />

Wochenendhaus; illegale Wohnnutzung in den Kellerräumen; <strong>Nutzungsuntersagung</strong>;<br />

<strong>Anordnung</strong>, die Wohnungseinrichtung zu entfernen; Rechtsgrundlage; Wi<strong>der</strong>spruch zu<br />

öffentlich-rechtlichen Vorschriften; <strong>Anordnung</strong>sinhalt; Bestimmtheit; Verhältnismäßigkeit;<br />

Ermessen; Zwangsgeldandrohung; nur teilweise Erfüllung <strong>der</strong> Grundandrohung; Divergenz<br />

Fundstellen<br />

VGHE BY 61, 50-58 (Leitsatz und Gründe)<br />

ZfBR 2008, 595-598 (Leitsatz und Gründe)<br />

BayVBl 2008, 629-632 (Leitsatz und Gründe)<br />

BauR 2008, 1598-1602 (Leitsatz und Gründe)<br />

BRS 71 Nr 189 (2007) (Leitsatz und Gründe)<br />

weitere Fundstellen<br />

KommunalPraxis BY 2008, 184 (Leitsatz)<br />

BauR 2008, 2091 (Leitsatz)<br />

Verfahrensgang<br />

vorgehend VG Würzburg, 23. November 2004, Az: W 4 K 04.630, Urteil<br />

Tenor<br />

Tatbestand<br />

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.<br />

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.<br />

III. Das Urteil ist wegen <strong>der</strong> Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die<br />

Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages<br />

abwenden, wenn nicht <strong>der</strong> Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.<br />

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.


1 Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die im Zusammenhang <strong>mit</strong> einer<br />

<strong>Nutzungsuntersagung</strong> (Untersagung <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> Kellerräume eines als<br />

"Wochenendhaus" genehmigten Gebäudes als Küche und als Wohn-/Esszimmer o<strong>der</strong> als<br />

sonstigen Aufenthaltsraum) getroffene <strong>Anordnung</strong>, "zu diesem Zweck die momentan<br />

vorhandene Wohnungseinrichtung zu entfernen", einschließlich hieran anknüpfen<strong>der</strong><br />

Zwangsgeldandrohungen.<br />

2 Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. ... <strong>der</strong> Gemarkung R , Mit Baugesuch<br />

vom 2. Dezember 1996 beantragten sie eine Baugenehmigung für den Neubau eines<br />

Wochenendhauses auf dem Grundstück. Nach den Bauplänen sollte das Kellergeschoß talseitig<br />

vollständig über <strong>der</strong> natürlichen Geländeoberfläche zu liegen kommen und normale Fenster<br />

erhalten. Als Nutzung <strong>der</strong> Kellerräume ist im "Grundriss KG" "Hobbyraum" und "Abstellraum/<br />

Gartengeräte" angegeben.<br />

3 Mit Bescheid vom 4. März 1997 erteilte das Landratsamt Miltenberg den Klägern im<br />

Einvernehmen <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Gemeinde die beantragte Baugenehmigung. Durch Grüneintragung<br />

wurde die Geländeoberfläche abweichend von dem natürlichen Geländeverlauf so festgelegt,<br />

dass die in den Eingabeplänen talseitig vorgesehenen Kellerfenster zu etwa zwei Dritteln<br />

verdeckt sind. Außerdem enthält die Baugenehmigung den "Hinweis", dass im Kellergeschoß<br />

und im Dachgeschoß "keine Aufenthaltsräume im Sinne des Art. 48 Abs. 1 BayBO (z.B. Wohn-,<br />

Schlaf-, Gasträume) eingerichtet werden" dürfen.<br />

4 Nachdem das Landratsamt aufgrund einer Nachbarbeschwerde auf eine planabweichende<br />

Ausführung des Bauvorhabens <strong>der</strong> Kläger aufmerksam geworden war - unter an<strong>der</strong>em war<br />

anstelle <strong>der</strong> talseitig vorgeschriebenen Anschüttung an das Kellergeschoß eine befestigte<br />

und umwehrte Terrasse <strong>mit</strong> Pergola angebaut worden -, verfügte es <strong>mit</strong> Bescheid vom 29.<br />

September 2000 die Baueinstellung. Bemühungen <strong>der</strong> Kläger um eine Tekturgenehmigung<br />

blieben erfolglos.<br />

5 Anlässlich einer Baukontrolle im September 2001 stellte das Landratsamt fest, dass die Räume<br />

im Kellergeschoß vollständig als Wohnräume eingerichtet waren.<br />

6 Am 22. Oktober 2000 beschloss die Gemeinde R für das betreffende Gebiet den Bebauungsplan<br />

"Wochenendhausgebiet O ..." als Satzung, am 18. April 2001 wurde <strong>der</strong> Bebauungsplan<br />

ortsüblich bekannt gemacht. Nach den textlichen Festsetzungen B.1. des Bebauungsplans<br />

zu "Art und Maß <strong>der</strong> baulichen Nutzung" muss "das bei stark hängendem Gelände teilweise<br />

freistehende Sockelgeschoß ... angeschüttet werden (Geländeausgleich)"; "Kellergeschosse sind<br />

zulässig; sie dürfen jedoch nicht zu Wohnzwecken genutzt werden."<br />

7 Mit Bescheid vom 23. Januar 2002 untersagte das Landratsamt den Klägern, "die in <strong>der</strong> …<br />

genehmigten Planvorlage 'Grundriss Kellergeschoß' eingezeichneten Räume 'Hobbyraum'<br />

als Küche und 'Abstellraum/Gartengeräte' als Wohn-/Esszimmer o<strong>der</strong> als sonstigen<br />

Aufenthaltsraum im Sinne <strong>der</strong> Bayerischen Bauordnung zu nutzen (Nr. I Satz 1), ordnete an,<br />

"zu diesem Zweck ... die momentan vorhandene Wohnungseinrichtung dieser Räume zu<br />

entfernen" (Nr. I Satz 2), und verpflichtete die Kläger, die <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Baugenehmigung gefor<strong>der</strong>te<br />

Auffüllung durchzuführen (Nr. II); außerdem ordnete es die sofortige Vollziehung <strong>der</strong> Nrn. I<br />

und II dieses Bescheides an (Nr. V) und drohte für den Fall, dass die Kläger die in <strong>der</strong> Nr. I<br />

festgelegte Pflicht nicht bis spätestens 30. April 2002 erfüllen, ein Zwangsgeld in Höhe von<br />

1.500 Euro an (Nr. III). Die Nutzung – so die Begründung - könne untersagt werden, weil im<br />

Kellergeschoß keine Aufenthaltsräume genehmigt worden seien und solche auch nach dem<br />

- zwischenzeitlich in Kraft getretenen - Bebauungsplan unzulässig seien. Die <strong>Anordnung</strong>, die<br />

Wohnungseinrichtung zu entfernen, sei dringend notwendig, weil nur so eine präzise Kontrolle<br />

möglich sei. An<strong>der</strong>nfalls könnte die verbotene Nutzung zu je<strong>der</strong> Zeit "schleichend" wie<strong>der</strong><br />

aufgenommen werden. Sie führe zu keinem Substanzverlust, weil die Einrichtungsgegenstände<br />

nur zwischengelagert werden müssten. Mit Bescheid vom 13. November 2003 verlängerte das<br />

Landratsamt die in Nr. III des Bescheids vom 23. Januar 2002 gesetzte Frist bis 31. Januar 2004.<br />

8 Anlässlich einer gemeinsamen Ortsbesichtigung am 9. Februar 2004 stellte das Landratsamt<br />

fest, dass im Abstell- und Geräteraum die dort bislang vorhandene Esszimmermöblierung<br />

entfernt worden war, während <strong>der</strong> als "Hobbyraum" genehmigte Raum nach wie vor<br />

eine Einbauküche beinhaltete, die nach Angaben des Bevollmächtigten <strong>der</strong> Kläger aber<br />

"funktionslos" gestellt worden sei, indem <strong>der</strong> Backofen und die Kochmulde ausgebaut worden<br />

- 2 -


seien. Daraufhin teilte das Landratsamt den Klägern <strong>mit</strong> Schreiben vom 24. März 2004 <strong>mit</strong>,<br />

dass sie die in Nr. I des Bescheids vom 23. Januar 2002 festgesetzte Pflicht nicht fristgerecht<br />

erfüllt hätten und deshalb das angedrohte Zwangsgeld zur Zahlung fällig sei. Außerdem drohte<br />

es den Klägern <strong>mit</strong> Bescheid vom selben Tag ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 Euro an, falls<br />

die Kläger die in Nr. I des Bescheides vom 23. Januar 2002 festgelegte Pflicht, im "Hobbyraum"<br />

die Einbauküche zu entfernen, nicht bis spätestens 30. April 2004 erfüllen.<br />

9 Die Wi<strong>der</strong>sprüche <strong>der</strong> Kläger gegen die Bescheide des Landratsamts vom 23. Januar 2002 in<br />

<strong>der</strong> Fassung des Än<strong>der</strong>ungsbescheids vom 13. November 2003 sowie gegen den Bescheid vom<br />

24. März 2004 blieben erfolglos (Wi<strong>der</strong>spruchsbescheide <strong>der</strong> Regierung von Unterfranken vom<br />

6.4.2004 und 16.6.2004), desgleichen die Anträge <strong>der</strong> Kläger auf gerichtlichen Eilrechtsschutz,<br />

soweit sie die <strong>Anordnung</strong> in Nr. I des Bescheides vom 23. Januar 2002 betrafen (VG Würzburg<br />

vom 22.4.2002 Az. W 4 S 02.333; BayVGH vom 15.10.2003 Az. 25 CS 02.1215; VG Würzburg<br />

vom 22. Oktober 2004 Az. W 4 S 04.1276; BayVGH vom 1.2.2005 Az. 25 CS 04.3140).<br />

10 Mit Bescheid vom 22. Juli 2004 drohte das Landratsamt den Klägern für den Fall <strong>der</strong><br />

Nichtbeachtung <strong>der</strong> <strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 2 des Bescheids vom 23. Januar 2002 ein<br />

Zwangsgeld in Höhe von 6.000 Euro an. Über den hiergegen erhobenen Wi<strong>der</strong>spruch wurde<br />

bisher nicht entschieden.<br />

11 Mit Urteil vom 23. November 2004 wies das Verwaltungsgericht die Klagen gegen den Bescheid<br />

des Landratsamts vom 23. Januar 2001 in <strong>der</strong> Fassung des Ergänzungsbescheids vom 13.<br />

November 2003 in <strong>der</strong> Gestalt des Wi<strong>der</strong>spruchsbescheids vom 6. April sowie gegen den<br />

Bescheid des Landratsamts vom 24. März 2004 in <strong>der</strong> Gestalt des Wi<strong>der</strong>spruchsbescheids<br />

vom 16. Juni 2004 ab. Die <strong>Nutzungsuntersagung</strong> in Nr. I Satz 1 des Bescheides vom 23.<br />

Januar 2002 sei rechtmäßig. Auch die <strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 2 sei rechtlich nicht zu<br />

beanstanden. Was die Rechtsgrundlage betreffe, könne offen bleiben, ob die <strong>Anordnung</strong><br />

auf Art. 82 Satz 2 BayBO gestützt werden könne, denn jedenfalls sei Art. 60 Abs. 2 Satz 2<br />

BayBO eine taugliche Rechtsgrundlage. Abgesehen davon seien auch die Voraussetzungen<br />

für eine Beseitigungsanordnung nach Art. 82 Satz 1 BayBO erfüllt, weil auf an<strong>der</strong>e Weise<br />

keine rechtmäßigen Zustände hergestellt werden könnten. Die <strong>Anordnung</strong> sei auch<br />

hinreichend bestimmt. Der im Bescheid verwendete Begriff <strong>der</strong> "Wohnungseinrichtung"<br />

lasse keine ernstlichen Zweifel aufkommen, was gemeint sei. Zum Wohnen gehöre eine<br />

Küche, und <strong>der</strong> Begriff des "Hobbyraums" umfasse eine Küche nicht. Es müssten also alle<br />

Einrichtungsgegenstände entfernt werden, die zu einer funktionsfähigen Küche gehörten. Eine<br />

genaue Bezeichnung <strong>der</strong> einzelnen Einrichtungsgegenstände sei rechtlich nicht geboten und<br />

wäre auch gar nicht praktikabel. Hinsichtlich <strong>der</strong> Zwangsgeldandrohung vom 24. März 2004<br />

könne auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.<br />

12 Auf Antrag <strong>der</strong> Kläger hat <strong>der</strong> Senat die Berufung zugelassen, soweit sich die Kläger gegen<br />

die <strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 2 des Bescheides vom 23. Januar 2002 und gegen die hierauf<br />

bezogenen Zwangsgeldandrohungen in Nr. III des Bescheides vom 23. Januar 2002 und in Nr. I<br />

des Bescheides vom 24. März 2004 wenden. Im Übrigen hat er das Verfahren abgetrennt (Az.<br />

25 ZB 06.1960) und den Zulassungsantrag abgelehnt. Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger<br />

ihr Klagebegehren im zugelassenen Umfang weiter. Sie beantragen,<br />

13 den Bescheid des Landratsamts Miltenberg vom 23. Januar 2002 in <strong>der</strong><br />

Fassung des Ergänzungsbescheides vom 13. November 2003 in <strong>der</strong> Gestalt<br />

des Wi<strong>der</strong>spruchsbescheids <strong>der</strong> Regierung von Unterfranken vom 6. April 2004<br />

hinsichtlich Nr. I Satz 2 sowie hinsichtlich <strong>der</strong> auf diese <strong>Anordnung</strong> bezogenen<br />

Zwangsgeldandrohung in Nr. III des Bescheides vom 23. Januar 2002 und die weitere<br />

Zwangsgeldandrohung in Nr. I des Bescheides des Landratsamts Miltenberg vom 24.<br />

März 2004 in <strong>der</strong> Gestalt des Wi<strong>der</strong>spruchsbescheides <strong>der</strong> Regierung von Unterfranken<br />

vom 16. Juni 2004 aufzuheben.<br />

14 Zur Begründung führen sie aus, für die angeordnete <strong>Entfernung</strong> <strong>der</strong> momentan vorhandenen<br />

Wohnungseinrichtung fehle eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, wobei auch nicht<br />

dahingestellt bleiben könne, welche von drei denkbaren Ermächtigungsgrundlagen im Ergebnis<br />

greife. Art. 82 Satz 2 BayBO stelle keine hinreichende Rechtsgrundlage dar. Diese Vorschrift<br />

sei nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH vom 15.5.1986 BayVBl<br />

1987, 150 f.) eine <strong>Anordnung</strong>sgrundlage zunächst nur für Unterlassen; ein aktives Handeln<br />

sei vom Wortlaut <strong>der</strong> Norm nicht gedeckt. Ein positives Tun könne auf dieser Grundlage daher<br />

- 3 -


nur ausnahmsweise und in beson<strong>der</strong>en Fällen verlangt werden, nämlich dann, wenn das<br />

Unterlassen einem positiven Tun gleichkomme, beispielsweise für die <strong>Nutzungsuntersagung</strong> von<br />

nicht genehmigten Lagerplätzen, weil dort das Abstellen <strong>der</strong> Gegenstände die Lagernutzung<br />

perpetuieren würde. Im Unterschied dazu sei es bei <strong>der</strong> Untersagung <strong>der</strong> Nutzung eines<br />

Raums als Aufenthaltsraum nicht notwendig, auch das Ab- und Einstellen von Sachen zu<br />

unterbinden. Der verbotenen Nutzung als Aufenthaltsraum stehe nicht das Gebot gleich,<br />

dort alle Sachen zu entfernen, weil die <strong>Nutzungsuntersagung</strong> nicht das Verbot enthalte,<br />

Sachen abzustellen o<strong>der</strong> zu lagern. Die Räumungsanordnung sei weniger eine Umsetzung<br />

<strong>der</strong> <strong>Nutzungsuntersagung</strong> o<strong>der</strong> ein Mittel zur praktischen Kontrolle, son<strong>der</strong>n vielmehr eine<br />

vorbeugende Maßnahme, um eine Zuwi<strong>der</strong>handlung von vornherein zu erschweren. Da<strong>mit</strong> gehe<br />

die <strong>Anordnung</strong> aber über die Ermächtigungsnorm hinaus. Ersatzweise könne auch nicht auf Art.<br />

60 Abs. 2 BayBO zurückgegriffen werden, weil insoweit Art. 82 Satz 2 BayBO lex specialis und<br />

eine Anwendung <strong>der</strong> Generalklausel deshalb unzulässig sei. Der Fall <strong>der</strong> <strong>Nutzungsuntersagung</strong><br />

sei abschließend in Art. 82 Satz 2 BayBO geregelt. Der Gesetzgeber habe sich hierbei<br />

augenscheinlich dagegen entschieden, auf ein positives Tun gerichtete Regelungsbefugnisse<br />

zu integrieren. Art. 82 Satz 1 BayBO stelle ebenfalls keine Ermächtigungsgrundlage dar,<br />

weil eine Wohnungseinrichtung keine Anlage im Sinne dieser Vorschrift sei. Der Beklagte<br />

könne sich auch nicht auf Praktikabilitätsgesichtspunkte berufen, weil solche Gründe keine<br />

Ermächtigungsnorm ersetzen könnten. Der Inhalt <strong>der</strong> <strong>Anordnung</strong> sei zudem zu unbestimmt<br />

und da<strong>mit</strong> nicht vollstreckbar. Von dem verwendeten Begriff <strong>der</strong> "Wohnungseinrichtung"<br />

sei die Kücheneinrichtung nicht umfasst, erst recht nicht die zugehörige Installation. Auch<br />

hätten die im Einzelnen zu entfernenden Einrichtungsgegenstände konkret bezeichnet werden<br />

müssen; für die Kläger sei nicht zweifelsfrei erkennbar, was <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Bezeichnung <strong>der</strong> momentan<br />

vorhandenen Wohnungseinrichtung gemeint sei und was von ihnen verlangt werde. Die<br />

<strong>Anordnung</strong> sei auch unverhältnismäßig, weil jedenfalls die Einbauküche sich nicht leicht und<br />

ohne bauliche Verän<strong>der</strong>ungen ausbauen lasse. Sie sei auch wesentlich zu weit gefasst, weil<br />

Möbel auch im Rahmen einer Hobbynutzung zulässig seien. Im Übrigen sei die <strong>Anordnung</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>der</strong> Funktionslosstellung <strong>der</strong> Einbauküche durch <strong>Entfernung</strong> des Elektroherdes und des<br />

Kochfeldes über Gebühr erfüllt und deshalb ein verhältnismäßiges Vollstreckungsinteresse nicht<br />

mehr gegeben. Schließlich lasse die Zwangsgeldandrohung nicht erkennen, wem von mehreren<br />

Adressaten welches Zwangsgeld angedroht sei.<br />

15 Der Beklagte beantragt,<br />

16 die Berufung zurückzuweisen.<br />

17 Die Rechtsfrage, auf welche Rechtsgrundlage die Räumungsanordnung habe gestützt werden<br />

können, könne letztlich offen bleiben, weil jedenfalls eine taugliche Rechtsgrundlage gegeben<br />

sei. Vertrete man die Auffassung, dass Art. 82 Satz 2 BayBO grundsätzlich nur zu einem<br />

Eingriff ermächtige, <strong>der</strong> auf das Unterlassen einer Handlung gerichtet sei, könnte die vom<br />

Landratsamt verfügte <strong>Entfernung</strong> <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung als rechtswidrig angesehen<br />

werden. Denkbar wäre allerdings auch, die Räumungsanordnung – entsprechend dem Fall einer<br />

<strong>Nutzungsuntersagung</strong> von Lagerplätzen – als untrennbaren Teil <strong>der</strong> <strong>Nutzungsuntersagung</strong> zu<br />

bewerten. Im Übrigen böte die Generalklausel in Art. 60 Abs. 2 Satz 2 BayBO eine tragfähige<br />

Befugnisnorm. Zwar könne eine ausdrücklich auf die Spezialbefugnis in Art. 82 Satz 1 BayBO<br />

(gemeint ist wohl: Art. 82 Satz 2 BayBO) gestützte <strong>Anordnung</strong> nicht ohne weiteres in eine<br />

<strong>Anordnung</strong> nach Art. 60 Abs. 2 Satz 2 BayBO umgedeutet werden, weil hierfür (teilweise)<br />

an<strong>der</strong>e Voraussetzungen bestünden und (möglicherweise) an<strong>der</strong>e Ermessenserwägungen<br />

anzustellen seien; doch gelte dies nicht für den vorliegenden Fall, weil die tatbestandlichen<br />

Voraussetzungen identisch und die Ermessenserwägungen auch für eine auf Art. 60 Abs.<br />

2 Satz 2 BayBO gestützte <strong>Anordnung</strong> tragfähig seien. Zur Frage <strong>der</strong> Bestimmtheit und<br />

Vollstreckbarkeit habe sich <strong>der</strong> Senat bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes<br />

geäußert.<br />

18 Am 19. November 2007 hat <strong>der</strong> Senat mündlich verhandelt. Auf die Nie<strong>der</strong>schrift wird<br />

Bezug genommen. Wegen <strong>der</strong> weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf<br />

die Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen. Beigezogen und<br />

Gegenstand <strong>der</strong> mündlichen Verhandlung waren fünf Bauakten des Landratsamtes Miltenberg<br />

(Az. BV 416/73; BV 881/96; BV 896/96; ; Nr. 51-S-72-2000-1; Nr. 52-T-11-2002-1), zwei<br />

Heftungen <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruchsakte <strong>der</strong> Regierung von Unterfranken (Az. 220-4160.06-6/04) sowie<br />

eine Kopie des Bebauungsplans "Wochenendhausgebiet O ..." <strong>der</strong> Gemeinde R.<br />

- 4 -


Entscheidungsgründe<br />

19 Die zulässige Berufung (§ 124 Abs. 1, § 124 a Abs. 5 und 6 VwGO) ist unbegründet.<br />

20 1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auch in dem im Berufungsverfahren noch anhängigen<br />

Umfang zu Recht abgewiesen. Die in Nr. I Satz 2 des Bescheides des Landratsamtes Miltenberg<br />

vom 23. Januar 2002 getroffene <strong>Anordnung</strong>, "die momentan vorhandene Wohnungseinrichtung<br />

(<strong>der</strong> Kellerräume des Wochenendhauses <strong>der</strong> Kläger) zu entfernen", ist rechtmäßig und verletzt<br />

die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).<br />

21 a) Die <strong>Anordnung</strong> findet in Art. 82 Satz 2 BayBO eine tragfähige Rechtsgrundlage.<br />

22 Hiernach kann die im Wi<strong>der</strong>spruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehende "Benutzung<br />

untersagt werden". Das wird häufig durch ein schlichtes Unterlassen im Sinne eines<br />

Aufgebens des bisherigen rechtswidrigen Nutzungsverhaltens erfüllt sein (ob dies "in den<br />

Regel" so ist, wie <strong>der</strong> 2. Senat des BayVGH in seiner Entscheidung vom 15.5.1986 BayVBl<br />

1987, 150 meint, erscheint zweifelhaft, ist aber im vorliegenden Zusammenhang nicht<br />

entscheidungserheblich und kann deshalb offen bleiben). In diesen Fällen erschöpft sich <strong>der</strong><br />

Regelungsinhalt einer <strong>Nutzungsuntersagung</strong> im Grundsatz in einem bloßen Innehalten <strong>mit</strong> dem<br />

rechtswidrigen Verhalten (vgl. BayVGH vom 15.5.1986 a.a.O.; vom 4.8.2004 BayVBl 2005, S.<br />

369). <strong>Anordnung</strong>en, die vom Adressaten darüber hinaus auch ein positives Tun, etwa im Sinne<br />

einer Umgestaltung <strong>der</strong> Anlage und da<strong>mit</strong> <strong>der</strong> räumlich-gegenständlichen Voraussetzungen<br />

<strong>der</strong> Nutzung verlangen, können in diesen Fällen nicht auf Art. 82 Satz 2 BayBO, möglicherweise<br />

aber auf an<strong>der</strong>e Rechtsgrundlagen gestützt werden (vgl. BayVGH vom 23.1.1973 VGH n.F. 26,<br />

37/39 zu Installationsanlagen).<br />

23 Gleichwohl findet die <strong>Anordnung</strong> des Landratsamts, die in den Kellerräumen des<br />

Wochenendhauses <strong>der</strong> Kläger "momentan vorhandene Wohnungseinrichtung ... zu<br />

entfernen", in Art. 82 Satz 2 BayBO eine tragfähige Rechtsgrundlage, weil das Vorhalten einer<br />

funktionstüchtigen Wohnungseinrichtung bereits Teil <strong>der</strong> Wohnnutzung ist und deshalb ebenso<br />

untersagt werden kann wie sonstiges Wohnnutzungsverhalten in diesen Räumen <strong>der</strong> Kläger.<br />

24 In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass eine <strong>Nutzungsuntersagung</strong> dann die<br />

Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalten kann, wenn sich die rechtswidrige<br />

Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände manifestiert. Üblicherweise<br />

wird dies am Beispiel von Lagerplätzen erläutert. Weil die rechtswidrige Nutzung eines<br />

Grundstücks als Lagerplatz fortdauert, solange dort die Lagerung von Gegenständen anhält,<br />

beinhaltet die <strong>Anordnung</strong>, die rechtswidrige Nutzung zu unterlassen, hier die Verpflichtung,<br />

die gelagerten Gegenstände zu entfernen. Die <strong>Anordnung</strong>, einen Lagerplatz zu räumen, ist<br />

deshalb <strong>Nutzungsuntersagung</strong> im engeren Sinne und kann folglich auf Art. 82 Satz 2 BayBO<br />

gestützt werden (BayVGH vom 15.5.1986 a.a.O.; Jäde, Bauaufsichtliche Maßnahmen, 2. Aufl.<br />

2001, Rd.Nr. 260; a.A. BayVGH vom 4.8.2004 a.a.O.). Lagerplätze sind freilich nicht das einzige<br />

Beispiel für eine gegenständlich manifestierte rechtswidrige Nutzung. Vielmehr lassen sich die<br />

Kernaussagen hierzu generalisieren. Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> in Art. 82 Satz 2 BayBO geregelten<br />

Befugnis, die illegale Nutzung einer Anlage zu untersagen, können immer dann auch auf<br />

Gegenstände bezogene <strong>Anordnung</strong>en getroffen werden, wenn sich die rechtswidrige Nutzung<br />

gerade in <strong>der</strong> speziell ihrem Zweck dienenden Anwesenheit dieser Gegenstände manifestiert.<br />

25 Gemessen hieran liegt die Nutzung <strong>der</strong> Kellerräume im Wochenendhaus <strong>der</strong> Kläger als<br />

Wohnraum und Küche nicht erst dann vor, wenn in diesen Räumen gewohnt o<strong>der</strong> gekocht<br />

wird, wenn also eine vorhandene Wohnzimmereinrichtung tatsächlich zum Wohnen und<br />

eine vorhandene, betriebsbereite Einbauküche tatsächlich zum Kochen o<strong>der</strong> sonstigen<br />

küchentypischen Verrichtungen genutzt wird. Sie hat vielmehr bereits <strong>mit</strong> dem Einrichten des<br />

Abstellraums <strong>mit</strong> Wohnzimmermöbeln und dem Einbau einer funktionsfähigen, betriebsbereiten<br />

Küche in den Hobbyraum begonnen. Bereits das Vorhalten dieser benutzbaren Küchen- und<br />

Wohnzimmereinrichtung ist die fragliche Nutzung, bereits das Belassen dieser Einrichtung<br />

in den Kellerräumen zu Wohnzwecken führt zu einer Perpetuierung dieser Nutzung und kann<br />

deshalb im Falle ihrer Rechtswidrigkeit untersagt werden.<br />

26 Die Vorstellung, dass ein baurechtswidriger Zustand nicht erst <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Aufnahme einer<br />

illegalen Nutzung, son<strong>der</strong>n bereits <strong>mit</strong> <strong>der</strong> gegenständlichen Vorbereitung dieser Nutzung<br />

beginnt, ist dem öffentlichen Baurecht nicht fremd. Der Grundsatz <strong>der</strong> Einheit von Anlage<br />

und Nutzung liegt beispielsweise dem bauplanungsrechtlichen Vorhabensbegriff (§ 29 Abs.<br />

- 5 -


1 BauGB) zugrunde, eine Auflösung dieses Zusammenhangs von Gebäude (-Substanz) und<br />

Funktion wäre nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht jedenfalls bei<br />

Nutzungsän<strong>der</strong>ungen im Außenbereich <strong>mit</strong> Bundesrecht nicht zu vereinbaren (BVerwG vom<br />

11.11.1988 NVwZ-RR 1989, 340 m.w.N.; vom 15.11.1974 BVerwGE 47, 185/187 f.). Gegenstand<br />

<strong>der</strong> bauplanungsrechtlichen Beurteilung sind deshalb im Falle einer Nutzungsän<strong>der</strong>ung eines<br />

bereits vorhandenen Gebäudes im Außenbereich auch die von dem vorhandenen Gebäude<br />

ausgehenden Wirkungen (BVerwG vom 11.11.1988 a.a.O.; vom 15.11.1974 a.a.O.).<br />

27 Die Einheit von Anlage und Nutzung gilt im Grundsatz auch im Bauordnungsrecht. Sie ist<br />

etwa bei <strong>der</strong> Bestimmung des Verfahrensgegenstandes des Genehmigungsverfahrens<br />

maßgeblich, auch wenn die Bayerische Bauordnung die Nutzungsän<strong>der</strong>ung – ähnlich wie das<br />

Baugesetzbuch des Bundes beim Vorhabensbegriff des § 29 BauGB - als von <strong>der</strong> Errichtung<br />

o<strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung einer baulichen Anlage geson<strong>der</strong>ten Genehmigungstatbestand kennt (ebenso<br />

z.B. Jäde, a.a.O., RdNr. 6). Entsprechendes gilt grundsätzlich auch für die bauaufsichtlichen<br />

<strong>Anordnung</strong>sbefugnisse. Auch hier stellt die Beson<strong>der</strong>heit, dass die Bayerische Bauordnung<br />

neben <strong>der</strong> <strong>Nutzungsuntersagung</strong> gemäß Art. 82 Satz 2 BayBO in Art. 82 Satz 1 BayBO eine<br />

spezielle Befugnisnorm enthält, soweit die Beseitigung baulicher o<strong>der</strong> sonstiger Anlagen<br />

in Frage steht, nicht den Grundsatz <strong>der</strong> Einheit von Anlage und Nutzung in Frage, son<strong>der</strong>n<br />

trägt vielmehr <strong>mit</strong> speziell geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen aus Gründen<br />

<strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit lediglich <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Tragweite dieser bauaufsichtlichen<br />

Maßnahme <strong>mit</strong> regelmäßig beson<strong>der</strong>s intensiven Eingriffen in die Interessen des Eigentümers<br />

Rechnung (vgl. hierzu z.B. Decker in Simon/Busse, BayBO, RdNr. 76 ff. zu Art. 82).<br />

Soweit <strong>der</strong> Anwendungsbereich des Art. 82 Satz 1 BayBO reicht, hat das Instrument <strong>der</strong><br />

<strong>Nutzungsuntersagung</strong> gemäß Art. 82 Satz 2 BayBO zurückzutreten. Konsequenz dieser<br />

gesplitteten Eingriffsbefugnisse kann sein, dass die Nutzung einer Anlage auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

des Art. 82 Satz 2 BayBO untersagt werden kann, während die <strong>Anordnung</strong> <strong>der</strong> Beseitigung<br />

<strong>der</strong> Anlage an den in Art. 82 Satz 1 BayBO normierten höheren Eingriffsvoraussetzungen<br />

scheitert. In allen an<strong>der</strong>en Fällen, in denen nicht eine Beseitigung baulicher o<strong>der</strong> sonstiger<br />

Anlagen im Sinne des Art. 82 Satz 1 BayBO in Frage steht und deshalb Art. 82 Satz 2 BayBO<br />

die <strong>Anordnung</strong>sgrundlage bildet, bleibt es bei <strong>der</strong> einheitlichen Beurteilung <strong>der</strong> Nutzung<br />

und ihrer gegenständlichen Voraussetzungen. Wenn also – wie hier – die Inneneinrichtung<br />

von Räumen, die nach überwiegen<strong>der</strong> Meinung nicht unter den Anlagenbegriff des Art. 82<br />

Satz 1 BayBO fällt, als Voraussetzung einer illegalen Wohnnutzung in Frage steht, beginnt<br />

die rechtswidrige Nutzung grundsätzlich bereits <strong>mit</strong> <strong>der</strong> zweckgerichteten Einrichtung<br />

<strong>der</strong> Räume <strong>mit</strong> Wohnmöbeln, und das Belassen <strong>der</strong> Möbel in den Räumen führt zu einer<br />

Perpetuierung <strong>der</strong> rechtswidrigen Nutzung, solange die Zweckrichtung nicht objektivierbar in<br />

eine rechtmäßige geän<strong>der</strong>t wird. Infolgedessen kann die illegale Nutzung auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

des Art. 82 Satz 2 BayBO nicht nur verhaltensbezogen, son<strong>der</strong>n auch gegenstandsbezogen<br />

untersagt werden, und zwar in <strong>der</strong> Weise, dass die Gegenstände entwe<strong>der</strong> zu beseitigen<br />

o<strong>der</strong> – falls ihre schlichte Lagerung in <strong>der</strong> Anlage eine legale Nutzung darstellt - funktionslos<br />

zu stellen sind. Durchgreifende Bedenken gegen diese Konsequenz ergeben sich auch nicht<br />

aus dem Wesen <strong>der</strong> <strong>Nutzungsuntersagung</strong> o<strong>der</strong> ihrer systematischen Stellung zwischen<br />

Baueinstellung und Beseitigungsanordnung (vgl. hierzu z.B. Dürr/König, Baurecht, 4. Aufl.<br />

2000, RdNr. 405). Insbeson<strong>der</strong>e können Zugriffsschranken, die sich aus <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong><br />

Beeinträchtigung durch die <strong>Anordnung</strong> einer Beseitigung o<strong>der</strong> Funktionslosstellung von<br />

Einrichtungsgegenständen im Einzelfall unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ergeben,<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Ermessensbetätigung (so z.B. Dürr/König, a.a.O) o<strong>der</strong> – genauer – im Rahmen<br />

einer <strong>der</strong> Ermessensbetätigung vorgelagerten Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt<br />

werden. Substantielle, nicht wie<strong>der</strong> gutzumachende Eingriffsfolgen, aufgrund <strong>der</strong>er die<br />

<strong>Nutzungsuntersagung</strong> in <strong>der</strong> Sache einer Beseitigungsanordnung nahe kommt, können nämlich<br />

nach ständiger Rechtsprechung über die (formelle) Rechtswidrigkeit hinaus auch von <strong>der</strong><br />

materiellen Rechtswidrigkeit <strong>der</strong> Nutzung abhängig gemacht werden (BayVGH vom 24.10.1986<br />

BayVBl 1987, 753; vom 6.2.1980 BayVBl 1980, 246 m.w.N.).<br />

28 Für eine einheitliche Betrachtung <strong>der</strong> illegalen Nutzung und ihrer gegenständlichen<br />

Voraussetzungen spricht übrigens auch ein eklatantes Durchsetzungs- und Kontrollbedürfnis,<br />

auf das das Landratsamt in <strong>der</strong> Begründung des angegriffenen Bescheides zu Recht hinweist.<br />

Wäre die Auffassung <strong>der</strong> Kläger richtig, dass eine illegale Wohnnutzung nur dann vorläge,<br />

wenn sie die Wohnungs- und Kücheneinrichtung in den Kellerräumen ihres Wochenendhauses<br />

aktuell benutzen, indem sie beispielsweise die Kochplatte des Herdes <strong>der</strong> Einbauküche<br />

zum Erhitzen einer Speise einschalten, während das Vorhandensein einer vollständig<br />

installierten und betriebsfertigem Küche <strong>mit</strong> einem Herd, <strong>der</strong> nur noch eingeschaltet werden<br />

- 6 -


muss, allen sonstigen erfor<strong>der</strong>lichen Anschlüssen, einem aufgefülltem Kühlschrank und<br />

Küchenschränken, die <strong>mit</strong> allen für das Kochen notwendigen Vorräten und Gerätschaften<br />

ausgestattet sind, noch als bauaufsichtlich irrelevante Vorbereitungshandlung außer Acht<br />

gelassen werden müsste, verkäme die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit einer behördlichen<br />

<strong>Nutzungsuntersagung</strong> vollständig zur Farce, weil – wie das Landratsamt zutreffend bemerkt -<br />

eine "schleichende" Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> Nutzung we<strong>der</strong> verhin<strong>der</strong>t noch effektiv kontrolliert<br />

werden könnte. Das gilt umso mehr, wenn die vorhandene Einrichtung bei realistischer<br />

Betrachtung nahezu zwangsläufig auf die illegale Nutzung zuläuft, weil sich <strong>der</strong>en mögliche<br />

Verwendung in <strong>der</strong> illegalen Nutzung erschöpft. Das verwaltungsvollstreckungsrechtliche<br />

Instrumentarium hilft insoweit nicht weiter, weil dessen Einsatz Kenntnis <strong>der</strong> Behörde von<br />

einer Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> untersagten illegalen Nutzung voraussetzt, an <strong>der</strong> es hier mangels<br />

effektiver Kontrollmöglichkeit gerade fehlt (a.A. BayVGH - II. Senat - vom 23.1.1973 a.a.O.).<br />

Dass <strong>der</strong> Gesetzgeber den Nutzungsbegriff des Art. 82 Satz 2 BayBO gleichwohl auf den<br />

reinen Verhaltensaspekt verengen und die <strong>Anordnung</strong>sbefugnisse auf ein schlichtes Innehalten<br />

beschränken wollte, ohne den Bauaufsichtsbehörden die Möglichkeit an die Hand zu geben,<br />

auch auf die gegenständlichen Voraussetzungen <strong>der</strong> illegalen Nutzung einzuwirken und da<strong>mit</strong><br />

den Missstand gewissermaßen an <strong>der</strong> Wurzel anzupacken, erscheint <strong>mit</strong> Blick auf das Bedürfnis<br />

nach einem lückenlosen, effektiven bauaufsichtlichen Instrumentarium kaum plausibel.<br />

Das gilt umso mehr, als <strong>der</strong> Gesetzgeber bei <strong>der</strong> <strong>Nutzungsuntersagung</strong> - im Gegensatz zur<br />

Baueinstellung, für die er in Art. 81 Abs. 2 BayBO eine ganze Reihe flankieren<strong>der</strong> Maßnahmen<br />

an die Hand gibt, die zur Effektuierung <strong>der</strong> eigentlichen <strong>Anordnung</strong> beitragen - auf flankierende<br />

Maßnahmen zur Durchsetzung und Kontrolle <strong>der</strong> Grundanordnung verzichtet hat, geleitet<br />

offensichtlich von <strong>der</strong> Vorstellung, <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Befugnisnorm des Art. 82 Satz 2 BayBO – ebenso<br />

wie auch <strong>mit</strong> Art. 82 Satz 1 BayBO - grundsätzlich ein in sich abgeschlossenes, lückenloses<br />

Instrument zur Unterbindung illegaler Nutzungen zur Verfügung gestellt zu haben.<br />

29 Der Rechtsauffassung des Senats, dass die illegale Nutzung und ihre gegenständlichen<br />

Voraussetzungen als Einheit zu betrachten sind, können die Kläger auch nicht <strong>mit</strong> Erfolg<br />

entgegenhalten, <strong>der</strong> verbotenen Nutzung stehe das Gebot, dort alle Möbel zu entfernen,<br />

auch deshalb nicht gleich, weil die <strong>Nutzungsuntersagung</strong> nicht das Verbot beinhalte, Möbel<br />

abzustellen o<strong>der</strong> zu lagern. Richtig ist allerdings, dass die Nutzung eines Kellerraums als<br />

Lagerraum für Möbel bauplanungsrechtlich unbedenklich sein kann, auch wenn die Nutzung<br />

als Wohnraum unzulässig ist. Gleichwohl spricht <strong>der</strong> Umstand, dass die Anwesenheit von<br />

Möbeln unter bestimmten Zwecksetzungen zulässig sein kann, nicht gegen eine einheitliche<br />

Betrachtung von Nutzungen und ihren gegenständlichen Voraussetzungen <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Folge, dass<br />

eine illegale Nutzung gegebenenfalls auch gegenstandsbezogen untersagt werden kann.<br />

Denn gegenständliche <strong>Anordnung</strong>en auf <strong>der</strong> Grundlage des Art. 82 Satz 2 BayBO setzen wie<br />

ausgeführt - voraus, dass die Anwesenheit bestimmter Gegenstände gerade durch einen<br />

rechtswidrigen Nutzungszweck motiviert ist. Differenzierungsmerkmal ist also stets <strong>der</strong> <strong>mit</strong><br />

den eingebrachten Gegenständen verfolgte Zweck. Der Zweck, Möbel in bestimmten Räumen<br />

zu lagern, ist bauplanungsrechtlich aber vom Zweck, diese Räume zu möblieren, um darin zu<br />

wohnen, kategorisch zu unterscheiden. Än<strong>der</strong>t sich die Zwecksetzung, etwa indem Möbel, die<br />

in den betreffenden Räumen zunächst zu Wohnzwecken eingebracht waren, künftig nur mehr<br />

gelagert werden sollen, liegt gegebenenfalls eine rechtlich beachtliche Nutzungsän<strong>der</strong>ung<br />

vor (Art. 62 Satz 2 BayBO), die den Makel <strong>der</strong> Illegalität entfallen lassen kann <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Folge,<br />

dass auch die <strong>Anordnung</strong>sbefugnis des Art. 82 Satz 2 BayBO nicht mehr greift. Wann dies <strong>der</strong><br />

Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Etwaige Abgrenzungsprobleme stellen sich im Falle einer<br />

<strong>Nutzungsuntersagung</strong> nicht an<strong>der</strong>s als in vielen an<strong>der</strong>en Bereichen des öffentlichen Baurechts.<br />

30 Eine einheitliche Betrachtung von Nutzungen und ihren gegenständlichen Voraussetzungen<br />

liegt auch <strong>der</strong> Entscheidung des 26. Senats des Verwaltungsgerichtshofs vom 12.11.1987<br />

(BayVBl 1988, 600/601 – illegale Nutzung eines Tanzsaals als Diskothek -) zugrunde, <strong>der</strong> es<br />

nicht nur für zulässig, son<strong>der</strong>n unter Bestimmtheitsgesichtspunkten sogar für geboten hält,<br />

die Untersagung <strong>der</strong> Nutzung <strong>mit</strong> einer genaueren Beschreibung dessen zu verbinden, was an<br />

baulichen und betrieblichen Än<strong>der</strong>ungsmaßnahmen erwartet wird.<br />

31 Von <strong>der</strong> Entscheidung des 2. Senats des Verwaltungsgerichtshofs vom 15.5.1986 (a.a.O.), auf<br />

die sich die Kläger im Wesentlichen berufen, weicht die Rechtsauffassung des erkennenden<br />

Senats nicht ab. Der 2. Senat führt aus, dass zwar eine <strong>Nutzungsuntersagung</strong> in bestimmten<br />

Fällen die Verpflichtung zur Beseitigung von Gegenständen beinhalten könne, wie z.B. die<br />

<strong>Entfernung</strong> von gelagertem Gut auf Lagerplätzen, weil die rechtswidrige Nutzung hier anhalte,<br />

solange eine Lagerung tatsächlich stattfinde, dass dies aber bei <strong>der</strong> Untersagung <strong>der</strong> Nutzung<br />

- 7 -


eines Raumes als Aufenthaltsraum an<strong>der</strong>s sei. Er begründet diese Rechtsauffassung da<strong>mit</strong>,<br />

dass hier die "Nutzung ..., nicht aber das Aufstellen und Lagern von bestimmten Gegenständen<br />

in einem solchen Raum (untersagt sei), soweit er nicht als Aufenthaltsraum genutzt wird",<br />

weswegen aufgrund einer <strong>Nutzungsuntersagung</strong> nach Art. 82 Satz 2 BayBO auch nicht<br />

das "Leermachen <strong>der</strong> Räume" verlangt werden könne. Von dieser Rechtsauffassung weicht<br />

<strong>der</strong> erkennende Senat nicht ab, weil er – wie ausgeführt – zwischen dem bloßen "Abstellen<br />

und Lagern" von Möbeln und dem Einrichten eines Raums <strong>mit</strong> Möbeln zu Wohnzwecken<br />

unterscheidet. Nur über den erstgenannten Fall hatte <strong>der</strong> 2. Senat entschieden; insoweit<br />

teilt <strong>der</strong> erkennende Senat die Rechtsauffassung des 2. Senats, dass die Beseitigung von<br />

Gegenständen, die in einem Raum lediglich abgestellt und gelagert werden, nicht im<br />

Zusammenhang <strong>mit</strong> einer <strong>Nutzungsuntersagung</strong> auf <strong>der</strong> Grundlage des Art. 82 Satz 2 BayBO<br />

angeordnet werden kann, sofern <strong>der</strong> Lagerzweck in den betreffenden Räumen zulässig ist.<br />

Demgegenüber hat <strong>der</strong> erkennende Senat hier – wie zu zeigen sein wird - über den Fall zu<br />

entscheiden, dass Wohnmöbel zu Wohnzwecken vorgehalten werden, zu dem <strong>der</strong> 2. Senat<br />

keinen Rechtssatz formuliert hat. Divergenz liegt <strong>mit</strong>hin nicht vor. Einer Anrufung des Großen<br />

Senats des Verwaltungsgerichtshofs (§ 12 i.V.m. § 11 VwGO, Art. 7 AGVwGO) bedurfte es nicht.<br />

32 Die Entscheidung des 14. Senats des Verwaltungsgerichtshofs vom 4.8.2004 (a.a.O.)<br />

veranlasst schon deshalb nicht zur Anrufung des Großen Senats, weil diese Entscheidung im<br />

Eilrechtsschutzverfahren ergangen ist und <strong>der</strong> 14. Senat da<strong>mit</strong> im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1<br />

VwGO nicht "endgültig" über eine Frage des Landesrechts entschieden hat.<br />

33 Da <strong>Nutzungsuntersagung</strong>en so<strong>mit</strong> bereits auf <strong>der</strong> Grundlage des Art. 82 Satz 2 Bay-BO <strong>mit</strong> auf<br />

Gegenstände bezogenen <strong>Anordnung</strong>en verbunden werden können, kann offen bleiben, ob die<br />

von Regierung und Verwaltungsgericht vertretene Auffassung zutrifft, dass jedenfalls auch die<br />

Generalklausel des Art. 60 Abs. 2 Satz 2 BayBO und eventuell auch Art. 82 Satz 1 BayBO als<br />

Rechtsgrundlage herangezogen werden könnte.<br />

34 b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 82 Satz 2 BayBO liegen vor, weil die<br />

Kellerräume des Wochenendhauses <strong>der</strong> Kläger in dem für die Beurteilung <strong>der</strong> Rechtmäßigkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Anordnung</strong> maßgeblichen Zeitpunkt des Beschei<strong>der</strong>lasses im Wi<strong>der</strong>spruch zu öffentlichrechtlichen<br />

Vorschriften benutzt wurden.<br />

35 Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Kellerräume im Zeitpunkt des Beschei<strong>der</strong>lasses zu<br />

Wohnzwecken eingerichtet waren. Erstmals stellte dies das Landratsamt anlässlich einer am<br />

26. September 2001 durchgeführten Baukontrolle fest. Diese Feststellung ist auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

<strong>der</strong> hierbei angefertigten Fotos (Bl. 55 <strong>der</strong> Akte Nr. 55-S-72-2001-1 des Landratsamts)<br />

nachvollziehbar. Die Einrichtung zu Wohnzwecken haben die Kläger letztlich auch einräumen<br />

lassen, indem ihr Bevollmächtigter etwa in <strong>der</strong> Berufungsbegründung die Einrichtung des<br />

Raums "Abstellraum/Gartengeräte" selbst als "Wohnungseinrichtung" bezeichnet und unter<br />

Hinweis auf die <strong>mit</strong> dem Landratsamt gemeinsam durchgeführten Ortsbesichtigungen im<br />

Januar und Februar 2004 weiter angibt, dass die Küche "hiernach" funktionslos gestellt wurde,<br />

indem Elektroherd und Kochfeld ausgebaut wurden. Dass die Möbel in den Kellerräumen<br />

bloß abgestellt o<strong>der</strong> gelagert worden wären, wie die Kläger in an<strong>der</strong>em Zusammenhang<br />

behaupten, trifft nach <strong>der</strong> Überzeugung des Senats ersichtlich nicht zu. Bereits <strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />

Einrichtung <strong>der</strong> Kellerräume als Wohn-/Essraum und Küche haben die Kläger – wie ausgeführt –<br />

die Wohnnutzung aufgenommen.<br />

36 Diese Wohnnutzung stand auch im Wi<strong>der</strong>spruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Dabei<br />

kann dahingestellt bleiben, ob hierfür – wie im Regelfall <strong>der</strong> <strong>Nutzungsuntersagung</strong> – bereits<br />

(formelle) Rechtswidrigkeit genügt, o<strong>der</strong> ob darüber hinaus aus Verhältnismäßigkeitsgründen<br />

auch materielle Rechtswidrigkeit vorliegen muss, weil die Nutzung <strong>der</strong> Kellerräume als<br />

Wohnraum und Küche im Zeitpunkt des <strong>Anordnung</strong>serlasses sowohl formell als auch materiell<br />

rechtswidrig war.<br />

37 Die formelle Rechtswidrigkeit <strong>der</strong> Wohnnutzung ergibt sich daraus, dass die Kellerräume des<br />

Wochenendhauses im "Grundriss KG" <strong>der</strong> Eingabeplanung als "Hobbyraum" und "Abstellraum/<br />

Gartengeräte" bezeichnet sind, Wohnnutzung also schon nicht vom Genehmigungsantrag<br />

und deshalb auch nicht von <strong>der</strong> Baugenehmigung umfasst war. Im Übrigen enthält die<br />

Baugenehmigung auch den ausdrücklichen "Hinweis", dass im Kellergeschoß und im<br />

Dachgeschoß "keine Aufenthaltsräume im Sinne des Art. 48 Abs. 1 BayBO (z.B. Wohn-, Schlaf-,<br />

Gasträume) eingerichtet werden" dürfen.<br />

- 8 -


38 Die Wohnnutzung in den Kellerräumen des Wochenendhauses war und ist auch materiell illegal.<br />

Seit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans "Wochenendhausgebiet O ... " am 18. April 2001<br />

ist die Wohnnutzung bauplanungsrechtlich unzulässig, weil nach <strong>der</strong> textlichen Festsetzung<br />

B.1. des Bebauungsplans zu Art und Maß <strong>der</strong> baulichen Nutzung Kellergeschosse nicht zu<br />

Wohnzwecken genutzt werden dürfen und die in den Kellerräumen des Wochenendhauses<br />

<strong>der</strong> Kläger tatsächlich ausgeübte Wohnnutzung dieser Festsetzung wi<strong>der</strong>spricht (§ 30 Abs.<br />

1 BauGB). Aber auch vor dem Inkrafttreten des Bebauungsplans war die Wohnnutzung<br />

materiell rechtswidrig. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob <strong>der</strong> im Zeitpunkt <strong>der</strong> Genehmigung<br />

des Wochenendhauses in Aufstellung befindliche Bebauungsplan gemäß § 33 Abs. 1<br />

BauGB Grundlage für die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Vorhabens sein konnte,<br />

wofür immerhin spricht, dass, wie das Landratsamt in <strong>der</strong> Begründung des Bescheides<br />

vom 23. Januar 2002 ausführt, "die Baugenehmigung seinerzeit eng an dem Entwurf des<br />

Bebauungsplans ausgerichtet wurde", o<strong>der</strong> ob stattdessen die Maßstäbe des § 35 BauGB o<strong>der</strong><br />

gegebenenfalls auch des § 34 Abs. 1 BauGB zugrunde zu legen waren. Denn die Zulässigkeit<br />

einer Wohnnutzung in den Kellerräumen des Wochenendhauses <strong>der</strong> Kläger ergibt sich aus<br />

keinem dieser bauplanungsrechtlichen Maßstäbe. Wie das Landratsamt im Bescheid vom 23.<br />

Januar 2002 unwi<strong>der</strong>sprochen ausführt, entsprach <strong>der</strong> seinerzeitige Bebauungsplanentwurf<br />

dem nunmehr rechtsverbindlich gewordenen Bebauungsplan <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Folge, dass die<br />

Wohnnutzung auch gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB nicht zulässig gewesen sein kann, weil<br />

anzunehmen war, dass sie den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans entgegensteht.<br />

Und einer Zulässigkeit nach § 34 o<strong>der</strong> 35 BauGB stand – soweit ersichtlich – eine "mehrjährige<br />

Verän<strong>der</strong>ungssperre" entgegen, die nach Angaben des Landratsamts in <strong>der</strong> Begründung des<br />

Bescheides vom 23. Januar 2002 un<strong>mit</strong>telbar vor Inkrafttreten des Bebauungsplans außer Kraft<br />

getreten war; Gegenteiliges wurde nicht vorgetragen.<br />

39 c) Auf <strong>der</strong> Grundlage des Art. 82 Satz 2 BayBO konnte das Landratsamt deshalb die<br />

rechtswidrige Benutzung <strong>der</strong> Kellerräume zu Wohnzwecken untersagen, wobei – wie<br />

ausgeführt – die Beibehaltung <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung als gegenständliche Voraussetzung<br />

<strong>der</strong> rechtswidrigen Wohnnutzung ebenso untersagt werden konnte wie das bisherige<br />

Nutzungsverhalten <strong>der</strong> Kläger. Die <strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 2 des Bescheides des Landratsamts<br />

vom 23. Januar 2002 hält sich innerhalb des von <strong>der</strong> Rechtsgrundlage vorgezeichneten<br />

Rahmens.<br />

40 Entgegen <strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong> Kläger hat die <strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 2 gegenüber <strong>der</strong><br />

<strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 1 eine selbstständige Bedeutung. Sie bezieht sich, wie sich aus<br />

<strong>der</strong> Formulierung "zu diesem Zweck" ergibt, zwar auf die in Nr. I Satz 1 ausgesprochene<br />

<strong>Nutzungsuntersagung</strong>, bringt aber unmissverständlich zum Ausdruck, dass nicht nur ein<br />

als Wohnnutzung zu identifizierendes Verhalten <strong>der</strong> Kläger untersagt sein, son<strong>der</strong>n dass<br />

auch die Wohnungseinrichtung als gegenständliche Voraussetzung <strong>der</strong> Wohnnutzung<br />

entfernt werden soll. Die <strong>Anordnung</strong> erledigt sich deshalb nicht bereits durch die im<br />

Eilrechtsschutzverfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung <strong>der</strong> Kläger, die Kellerräume<br />

nicht mehr zu Wohnzwecken zu nutzen.<br />

41 Die <strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 2 des Bescheides ist auch nicht einschränkend dahin auszulegen,<br />

dass ihr bereits durch geringfügige Maßnahmen zur Einschränkung <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit<br />

und Betriebsbereitschaft <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung entsprochen wäre. Wie sich aus dem<br />

Wortlaut <strong>der</strong> <strong>Anordnung</strong> ergibt, ist die "momentan vorhandene Wohnungseinrichtung" aus<br />

den Kellerräumen zu entfernen. Das Landratsamt hatte dabei ersichtlich das Ziel vor Augen,<br />

die illegale Wohnnutzung zu unterbinden, indem es den Missstand <strong>der</strong> illegalen Wohnnutzung<br />

gleichsam an den Wurzeln anpackt und "zu diesem Zweck" die vollständige <strong>Entfernung</strong><br />

<strong>der</strong> Wohnungseinrichtung verlangt. Diese Zielrichtung bestätigt auch die Begründung des<br />

Bescheides ("Auslagerung <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung"). Punktuelle Maßnahmen wie etwa <strong>der</strong><br />

Ausbau von Backofen und Kochfeld in <strong>der</strong> Küche genügen dem ersichtlich nicht, wenn die<br />

Küchenfunktionen im Übrigen erhalten bleiben.<br />

42 An<strong>der</strong>erseits verhin<strong>der</strong>t die <strong>Anordnung</strong> nicht, die Kellerräume, wie in den genehmigten<br />

Plänen vorgesehen, als "Hobbyraum" bzw. "Abstellraum/Gartengeräte" zu nutzen. Auch dies<br />

bringt das Landratsamt in <strong>der</strong> Begründung des Bescheides zum Ausdruck. Die <strong>Anordnung</strong><br />

hält sich da<strong>mit</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Rechtsgrundlage. Sie verpflichtet die Kläger also nicht dazu,<br />

sämtliche vorhandenen Gegenstände zu beseitigen und die Kellerräume vollständig leer zu<br />

räumen. Dem <strong>Entfernung</strong>sgebot des Bescheides ist vielmehr dann entsprochen, wenn die<br />

eingebrachten Einrichtungsgegenstände so aus ihrem bisherigen Zusammenhang entfernt<br />

- 9 -


wurden, dass sie ihre Zweckeignung als Wohnungseinrichtung vollständig und objektivierbar<br />

verloren haben. Es ist den Klägern deshalb unbenommen, gegebenenfalls auch Teile <strong>der</strong><br />

vorhandenen Kücheneinrichtung in den Kellerräumen zu lagern, vorausgesetzt allerdings, dass<br />

die Funktionsfähigkeit <strong>der</strong> Küche tatsächlich vollständig aufgehoben ist.<br />

43 d) Die Räumungsanordnung ist auch nicht zu unbestimmt.<br />

44 Von <strong>der</strong> <strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 2 des Bescheides, die "momentan vorhandene<br />

Wohnungseinrichtung" zu entfernen, ist erkennbar auch die Kücheneinrichtung erfasst.<br />

Diese Auffassung hatte <strong>der</strong> Senat bereits im Eilrechtsschutzverfahren vertreten. Hieran<br />

ist festzuhalten. Wie im Beschluss des Senats vom 1. Februar 2005 (Az. 25 CS 04.3140)<br />

ausgeführt, lässt sich dies im Zusammenhang <strong>mit</strong> dem Inhalt <strong>der</strong> <strong>Anordnung</strong> in Nr. I Satz 1 des<br />

Bescheides unschwer erkennen, weil dort konkret die Nutzung zweier konkreter Kellerräume,<br />

nämlich die des Hobbyraums als Küche und des Abstellraums/Gartengeräte als Wohn-/<br />

Esszimmer, untersagt wurde, und <strong>Anordnung</strong> Nr. I Satz 2 hieran anknüpfend bestimmt, dass "zu<br />

diesem Zweck" die momentan vorhandene Wohnungseinrichtung "dieser Räume" zu entfernen<br />

ist. Daraus ergibt sich zwanglos, dass auch die Kücheneinrichtung als Einrichtung des illegal<br />

als Küche genutzten Hobbyraums zu entfernen ist. Dass hierbei zwar nicht die komplette<br />

Installation zu entfernen ist, wohl aber die Anschlüsse <strong>der</strong> Küche in einer Weise funktionslos zu<br />

stellen sind, dass <strong>der</strong> Raum auch nach <strong>der</strong> Verkehrsauffassung keine Küche mehr ist, erschließt<br />

sich – wie dargestellt – aus <strong>der</strong> Zweckbestimmung <strong>der</strong> <strong>Nutzungsuntersagung</strong>.<br />

45 Für die Kläger ist auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> <strong>Anordnung</strong> auch hinreichend klar erkennbar, welche<br />

Einrichtungsgegenstände konkret zu entfernen sind, und welcher Zeitpunkt <strong>mit</strong> dem Begriff<br />

"<strong>der</strong>zeit vorhanden" maßgeblich ist. Auch insoweit hatte <strong>der</strong> Senat die <strong>Anordnung</strong> im<br />

Eilverfahren als rechtsstaatlich unbedenklich befunden. Auch an dieser Auffassung wird<br />

festgehalten. Hinsichtlich <strong>der</strong> Wohn-/Esszimmereinrichtung ergaben sich offensichtlich keinerlei<br />

Probleme, weil die Kläger die <strong>Anordnung</strong> insoweit <strong>mit</strong>tlerweile vollständig erfüllt haben.<br />

Erst recht ist klar erkennbar, was im Küchenbereich zu entfernen ist, nämlich die komplette<br />

Einbauküche, wobei diese Frage freilich nicht <strong>mit</strong> <strong>der</strong> weiteren – hier nicht zu entscheidenden -<br />

Frage vermengt werden darf, welche Einrichtungsgegenstände in welcher <strong>Anordnung</strong> die Kläger<br />

im Rahmen <strong>der</strong> genehmigten Nutzungszwecke "Abstellraum/Gartengeräte" und "Hobbyraum" in<br />

den Räumen belassen dürfen.<br />

46 e) Die <strong>Anordnung</strong> ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig. Insoweit hatte <strong>der</strong> Senat<br />

die <strong>Anordnung</strong> <strong>der</strong> aufschiebenden Wirkung <strong>der</strong> Rechts<strong>mit</strong>tel <strong>der</strong> Kläger im Rahmen <strong>der</strong> im<br />

Eilrechtsschutzverfahren gebotenen gerichtlichen Interessenabwägung abgelehnt, obwohl<br />

seinerzeit eine sichere Prognose zu den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens noch<br />

gar nicht möglich war. Erst recht wirft die angeordneten <strong>Entfernung</strong> <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung<br />

keine Verhältnismäßigkeitsprobleme auf, die weitestgehend ohne Substanzverlust zu<br />

bewerkstelligen ist, nachdem nun klargestellt ist, dass die <strong>Anordnung</strong> auf Art. 82 Satz 2 BayBO<br />

als Rechtsgrundlage gestützt werden kann.<br />

47 f) Nach alledem konnte das Landratsamt gemäß Art. 82 Satz 2 BayBO über die<br />

<strong>Nutzungsuntersagung</strong> einschließlich <strong>der</strong> Räumungsanordnung nach pflichtgemäßem Ermessen<br />

entscheiden. Soweit die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren Ermessensfehler geltend<br />

gemacht haben, greifen diese Bedenken im Ergebnis nicht durch. Ermessensfehler liegen<br />

insbeson<strong>der</strong>e nicht darin, dass das Landratsamt in einem Wochenendhausgebiet, das<br />

überwiegend illegal zu Wohnzwecken genutzt wird, zur Wie<strong>der</strong>herstellung rechtswidriger<br />

Zustände zunächst exemplarisch vorgeht. Anhaltspunkte dafür, dass das Landratsamt aus dem<br />

Kreise <strong>der</strong> illegalen Nutzer ausschließlich die Kläger willkürlich herausgreifen wollte, liegen nicht<br />

vor.<br />

48 2. Die Kläger werden auch nicht durch die Zwangsgeldandrohungen in Nr. III des Bescheids vom<br />

23. Januar 2002 sowie in Nr. I des Bescheids vom 24. März 2004 in ihren Rechten verletzt.<br />

49 a) Entgegen ihrer Behauptung haben sie die Grundanordnung in Nr. I Satz 2 des Bescheides<br />

vom 23. Januar 2002 hinsichtlich <strong>der</strong> Küche nicht <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Ausbau des Kochfeldes und<br />

des Backofens "über Gebühr erfüllt". Wie ausgeführt, ist grundsätzlich die vollständige<br />

<strong>Entfernung</strong> <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung verlangt. Punktuelle Maßnahmen genügen nicht,<br />

wenn die Küchenfunktionen im Wesentlichen erhalten bleiben und die Kücheneinbauten<br />

auch in ihrem Gesamtarrangement unverän<strong>der</strong>t bleiben, also weit von dem Normalbild etwa<br />

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einer Möbeleinlagerung o<strong>der</strong> sonstiger legaler Nutzungszwecke entfernt bleiben. Das ist<br />

hier <strong>der</strong> Fall. Die Küche erweckt auch nach den Fotos, die das Landratsamt auf Bitten des<br />

Senats im Rahmen einer Ortseinsicht am 24. Mai 2007 anfertigte, insgesamt den Eindruck<br />

einer voll eingerichteten, im wesentlichen auch funktionsfähigen und betriebsbereiten<br />

Küche. Der Umstand, dass die Kochfunktion wegen des Ausbaus des Kochfeldes und des<br />

Backofens momentan nicht zur Verfügung steht, fällt hierbei schon deshalb nicht beson<strong>der</strong>s<br />

ins Gewicht, weil diese Funktion <strong>mit</strong> wenigen Handgriffen wie<strong>der</strong> hergestellt werden kann.<br />

Im Übrigen deutet auch <strong>der</strong> Umstand, dass das Gebäude im Erdgeschoß - wie auf den in <strong>der</strong><br />

mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos zu erkennen lediglich über eine im Badezimmer<br />

provisorisch eingerichtete Kochgelegenheit verfügt, die das Küchenproblem auf Dauer kaum<br />

zufriedenstellend lösen wird, darauf hin, dass die Küche im Kellergeschoß weiterhin benötigt<br />

wird, zumal die Kläger bzw. die noch im Hause verbliebene Klägerin zu 1 das Gebäude<br />

– entgegen <strong>der</strong> Festsetzung des Gebiets im Bebauungsplan als Wochenendhausgebiet -<br />

offensichtlich illegal zum Dauerwohnen nutzen.<br />

50 b) Die Zwangsgeldandrohungen lassen bei verständiger Auslegung auch hinreichend<br />

bestimmt erkennen, dass das angedrohte Zwangsgeld im Falle <strong>der</strong> Vollstreckung nur einmal<br />

gesamtschuldnerisch von den Klägern verlangt werden können soll, auch wenn die Kläger<br />

unabhängig voneinan<strong>der</strong> zur <strong>Entfernung</strong> <strong>der</strong> Wohnungseinrichtung verpflichtet sind, weil auch<br />

die Grundanordnung auf ein bestimmtes, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllendes,<br />

einheitliches Ergebnis ausgerichtet ist. Bestimmtheitsprobleme, die die Kläger unter Hinweis<br />

auf eine Entscheidung des 15. Senats des Verwaltungsgerichtshofs (vom 24.7.2001 BayVBl<br />

2002, 279) geltend machen, ergeben sich auch insoweit nicht.<br />

51 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO. Die Entscheidung über die<br />

vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die<br />

Zulassung <strong>der</strong> Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.<br />

52 Beschluss:<br />

53 Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.500 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 47<br />

GKG).<br />

© juris GmbH<br />

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