Erweiterung eines Wohnhauses Bayvgh, Urt. v. 12.12.2007

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Recherchieren unter juris | Das Rechtsportal Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München 14. Senat Entscheidungsdatum: 12.12.2007 Aktenzeichen: 14 B 05.2165 Dokumenttyp: Urteil Sonstiger Orientierungssatz - 1 - Quelle: Langtext Normen: § 35 Abs 2 BauGB, § 35 Abs 3 BauGB, § 35 Abs 4 S 1 Nr 5 BauGB Baurecht; Baugenehmigung; Außenbereich; Wohnhaus; Erweiterung; Teilprivilegierung (verneint); Angemessenheit; Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung Fundstellen ZfBR 2008, 285-287 (Leitsatz und Gründe) BayVBl 2008, 668-669 (red. Leitsatz und Gründe) BRS 71 Nr 114 (2007) (red. Leitsatz und Gründe) weitere Fundstellen DVBl 2008, 336 (Leitsatz) Verfahrensgang vorgehend VG Ansbach, 11. April 2005, Az: AN 9 K 04.787, Entscheidung nachgehend BVerwG 4. Senat, 16. April 2008, Az: 4 B 24/08, Beschluss Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. IV. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. .../3 der Gemarkung R. (Baugrundstück), welches im Westen von der ... und im Osten von der öffentlichen Straße „W.“ begrenzt wird. Es liegt in der Schutzzone der Verordnung über den „Naturpark F.“ vom 6. Dezember 1988; ein Bebauungsplan besteht für diesen Bereich nicht. Bereits im Jahr 1987 hatte die Beklagte dem Kläger für das Vorhaben „Wiederaufbau der ehemaligen Scheune als Wohnhaus“ antragsgemäß die Baugenehmigung erteilt (Bescheid vom 27.8.1987). Nordöstlich des daraufhin vom Kläger errichteten Wohnhauses befinden sich zwei weitere Wohnhäuser, die ebenfalls über die Straße „W.“ erschlossen werden. 2 2. Im Februar 2003 beantragte der Kläger die Erteilung der Baugenehmigung für eine Wohnhauserweiterung. Er beabsichtigt die Errichtung eines unterkellerten, eingeschossigen und mit einem begehbaren Gründach versehenen Gebäudes (Grundfläche: 7 x 6,25 m), welches durch einen Windfang mit dem nördlich gelegenen Wohnhaus verbunden werden soll. Durch den Neubau werden ein zusätzlicher Wohnraum (38,6 qm), ein Windfang

Recherchieren unter juris | Das Rechtsportal<br />

Gericht: Bayerischer<br />

Verwaltungsgerichtshof<br />

München 14. Senat<br />

Entscheidungsdatum: <strong>12.12.2007</strong><br />

Aktenzeichen: 14 B 05.2165<br />

Dokumenttyp: <strong>Urt</strong>eil<br />

Sonstiger Orientierungssatz<br />

- 1 -<br />

Quelle:<br />

Langtext<br />

Normen: § 35 Abs 2<br />

BauGB, § 35<br />

Abs 3 BauGB,<br />

§ 35 Abs 4 S<br />

1 Nr 5 BauGB<br />

Baurecht; Baugenehmigung; Außenbereich; Wohnhaus; <strong>Erweiterung</strong>; Teilprivilegierung<br />

(verneint); Angemessenheit; Verfestigung und <strong>Erweiterung</strong> einer Splittersiedlung<br />

Fundstellen<br />

ZfBR 2008, 285-287 (Leitsatz und Gründe)<br />

BayVBl 2008, 668-669 (red. Leitsatz und Gründe)<br />

BRS 71 Nr 114 (2007) (red. Leitsatz und Gründe)<br />

weitere Fundstellen<br />

DVBl 2008, 336 (Leitsatz)<br />

Verfahrensgang<br />

vorgehend VG Ansbach, 11. April 2005, Az: AN 9 K 04.787, Entscheidung<br />

nachgehend BVerwG 4. Senat, 16. April 2008, Az: 4 B 24/08, Beschluss<br />

Tenor<br />

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.<br />

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.<br />

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch<br />

Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die<br />

Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.<br />

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.<br />

Tatbestand<br />

1 1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. .../3 der Gemarkung R. (Baugrundstück),<br />

welches im Westen von der ... und im Osten von der öffentlichen Straße „W.“ begrenzt wird. Es<br />

liegt in der Schutzzone der Verordnung über den „Naturpark F.“ vom 6. Dezember 1988; ein<br />

Bebauungsplan besteht für diesen Bereich nicht. Bereits im Jahr 1987 hatte die Beklagte dem<br />

Kläger für das Vorhaben „Wiederaufbau der ehemaligen Scheune als Wohnhaus“ antragsgemäß<br />

die Baugenehmigung erteilt (Bescheid vom 27.8.1987). Nordöstlich des daraufhin vom Kläger<br />

errichteten <strong>Wohnhauses</strong> befinden sich zwei weitere Wohnhäuser, die ebenfalls über die Straße<br />

„W.“ erschlossen werden.<br />

2 2. Im Februar 2003 beantragte der Kläger die Erteilung der Baugenehmigung für eine<br />

Wohnhauserweiterung. Er beabsichtigt die Errichtung <strong>eines</strong> unterkellerten, eingeschossigen<br />

und mit einem begehbaren Gründach versehenen Gebäudes (Grundfläche: 7 x 6,25 m),<br />

welches durch einen Windfang mit dem nördlich gelegenen Wohnhaus verbunden werden<br />

soll. Durch den Neubau werden ein zusätzlicher Wohnraum (38,6 qm), ein Windfang


(7,4 qm) und ein Freisitz geschaffen. Der Stadtbaumeister der Beklagten führte in einer<br />

Sitzung des Bauausschusses hierzu aus, der Anbau sei im Verhältnis zum Wohnhaus<br />

unverhältnismäßig groß und führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Außenbereichs.<br />

In einer Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege heißt es, der geplante<br />

Anbau mit Flachdach sei ein Fremdkörper in der Umgebung. Daraufhin lehnte die Beklagte den<br />

Bauantrag ab (Bescheid vom 16.12.2003). Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne<br />

Erfolg (Widerspruchsbescheid der Regierung von ... vom 29.3.2004).<br />

3 3. Die vom Kläger am 5. Mai 2004 erhobene Klage mit dem Antrag,<br />

4 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Dezember 2003 und des<br />

Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom 29. März 2004 zu verpflichten, ihm die<br />

Baugenehmigung zu erteilen,<br />

5 wies das Verwaltungsgericht Ansbach mit <strong>Urt</strong>eil vom 11. April 2005 ab. Der Kläger habe keinen<br />

Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung. Das Außenbereichsvorhaben widerspreche<br />

öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Die planungsrechtliche Zulässigkeit des nicht privilegierten<br />

Vorhabens beurteile sich nach § 35 Abs. 2 BauGB. Das Bauvorhaben falle nicht unter § 35 Abs.<br />

4 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Es handele sich nicht um eine <strong>Erweiterung</strong> sondern um die Errichtung<br />

<strong>eines</strong> zweiten Bauwerks, das - vom bisherigen Wohngebäude räumlich abgesetzt - als<br />

eigenständige bauliche Anlage errichtet werde. Zudem seien nur geringfügige <strong>Erweiterung</strong>en<br />

genehmigungsfähig; hier gehe es aber um eine deutliche Vergrößerung der Wohnfläche (32,6<br />

v.H.). Auch fehle es an einer Angemessenheit unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse des<br />

Klägers bzw. seiner Familie. Hierbei komme es nicht auf die selbstbestimmten Bedürfnisse der<br />

Bewohner an. Orientierungsrahmen seien die Regelungen zur Wohnraumförderung. Danach<br />

dürfe der Bruttorauminhalt des Gebäudes für einen Vierpersonenhaushalt 740 cbm nicht<br />

übersteigen; diese Grenze sei überschritten. Das Vorhaben widerspreche den öffentlichen<br />

Belangen nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 2, 5 und 7 BauGB. Das Baugrundstück liege innerhalb<br />

der Schutzzone des Naturparks F.. Dort seien alle Handlungen verboten, die den Charakter des<br />

Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck des Naturparks zuwiderlaufen. Das sei<br />

bei der Errichtung <strong>eines</strong> weiteren Bauvorhabens der Fall. Darüber hinaus beeinträchtige es auch<br />

die Belange des Denkmalschutzes und die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz<br />

1 Nr. 5 BauGB), weil es in der Nähe des Baudenkmals „K. Kirche“ sowie des „Gesamtdenkmals<br />

R.“ liege. Schließlich stehe dem Vorhaben auch § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB entgegen. Bei<br />

den drei an der „W.“ vorhandenen Wohngebäuden handele es sich um einen Siedlungssplitter,<br />

dessen Verfestigung im Fall der <strong>Erweiterung</strong> um ein weiteres Wohngebäude zu befürchten sei.<br />

6 4. Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und<br />

beantragt,<br />

7 das <strong>Urt</strong>eil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. April 2005 zu ändern und<br />

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Dezember 2003 und des<br />

Widerspruchsbescheids der Regierung von ... vom 29. März 2004 zu verpflichten, ihm die<br />

beantragte Baugenehmigung zu erteilen.<br />

8 Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe die gebotene Ermittlung über die baulichen<br />

Verhältnisse in seinem Wohnhaus und insbesondere über die Größe des gleichzeitig als<br />

Esszimmer genutzten Wohnzimmers unterlassen. In vergleichbarer Nähe zur K. Kirche befänden<br />

sich einige Nebengebäude. Es handele sich um ein Vorhaben gem. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5<br />

BauGB, weil es nicht um die Genehmigung <strong>eines</strong> zweiten Bauwerks gehe. Nach Sinn und Zweck<br />

der Regelung solle zur Schonung des Außenbereichs nur vermieden werden, dass sich die Zahl<br />

der baulichen Anlagen erhöhe; danach sei sogar eine <strong>Erweiterung</strong> auf bis zu zwei Wohnungen<br />

zulässig. Das Vorhaben weise somit nicht die typische Außenbereichsgefährdung auf, die<br />

sich aus einer Erhöhung der Zahl der Haushalte ergebe. Darüber hinaus sei die <strong>Erweiterung</strong><br />

sowohl im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude als auch zu den Wohnbedürfnissen der<br />

vierköpfigen Familie angemessen. Das Verwaltungsgericht wende die Wertungen des<br />

Wohnraumförderungsgesetzes als absolute Schranke an, ohne den tatsächlichen baulichen<br />

Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Dem teilprivilegierten Vorhaben könnten allenfalls Belange<br />

des Denkmalschutzes entgegengehalten werden. Es sei jedoch nicht erkennbar, inwieweit<br />

diese Belange tatsächlich beeinträchtigt sein sollten. Die Verordnung über den Naturpark F.<br />

könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, weil es sich hierbei nicht um einen Plan<br />

- 2 -


im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB handele. Ebenso wenig lasse der unselbständige<br />

Ausbau der vorhandenen Wohnung die Verfestigung <strong>eines</strong> Bebauungssplitters befürchten.<br />

9 Die Beklagte beantragt,<br />

10 die Berufung zurückzuweisen.<br />

11 Sie trägt vor, für ein benachbartes Anwesen im Jahr 1985 eine Pergola genehmigt zu haben.<br />

Soweit ohne ihr Wissen und Zustimmung eine Glasüberdachung aufgebracht worden sei,<br />

habe man den Sachverhalt aufgegriffen. Unabhängig davon könne diese Pergola mit dem<br />

beantragten Wohnhausanbau nicht verglichen werden.<br />

12 Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich in dem Verfahren nicht geäußert.<br />

13 5. Der Senat hat das Baugrundstück und dessen Umgebung am 27. September 2007 in<br />

Augenschein genommen. Auf die hierüber gefertigte Niederschrift und auf die Niederschrift<br />

über die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2007 wird Bezug genommen.<br />

14 6. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.<br />

Entscheidungsgründe<br />

15 A. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht<br />

hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der von ihm<br />

begehrten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Zur Begründung nimmt der Senat<br />

auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 130 b VwGO). Nur<br />

ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:<br />

16 Zutreffend kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass das geplante Bauvorhaben<br />

auf dem Baugrundstück öffentlich-rechtlichen Vorschriften (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayBO)<br />

widerspricht, weil das Baugrundstück nicht dem Bebauungszusammenhang zuzurechnen ist<br />

(dazu unten Nr. 1) und weil die geplante Bebauung dieses somit im Außenbereich gelegenen<br />

Grundstücks öffentliche Belange nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB beeinträchtigt (dazu unten Nr.<br />

2).<br />

17 1. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, das Baugrundstück liege außerhalb der<br />

im Zusammenhang bebauten Ortsteile, ist nicht zu beanstanden. Der Senat teilt diese<br />

Einschätzung und kommt nach dem durchgeführten Augenschein zu dem Ergebnis, dass<br />

der in der näheren Umgebung des geplanten Standorts vorhandene aus dem Wohnhaus des<br />

Klägers sowie zwei weiteren Wohngebäuden bestehende Bebauungskomplex nicht Ausdruck<br />

einer organischen Siedlungsstruktur ist und somit nicht als ein zu einem Ortsteil gehörender<br />

Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB anzusehen ist. Es handelt sich<br />

hierbei vielmehr um einen Bebauungssplitter, der dem Außenbereich zuzuordnen ist.<br />

18 2. Darüber hinaus geht das Verwaltungsgericht zutreffend davon aus, dass die geplante<br />

Bebauung dieses im Außenbereich gelegenen Grundstücks öffentliche Belange nach § 35 Abs. 2<br />

und 3 BauGB beeinträchtigt.<br />

19 a) In diesem Zusammenhang teilt der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass<br />

das geplante Vorhaben nicht als <strong>Erweiterung</strong> <strong>eines</strong> Wohngebäudes im Sinne des § 35 Abs. 4<br />

Satz 1 Nr. 5 BauGB einzustufen ist.<br />

20 Es mag zwar sein, dass das Wohnhaus des Klägers im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5<br />

Buchst. a BauGB zulässigerweise errichtet wurde. Denn insoweit reicht das Vorliegen einer<br />

Baugenehmigung aus, unabhängig davon, ob diese dem damaligen materiellen Recht<br />

entspricht; dies ergibt sich aus der Feststellungswirkung der dem Kläger am 27. August 1987<br />

von der Beklagten erteilten und von dieser nicht zurückgenommenen Baugenehmigung<br />

(BVerwG vom 8.6.1979 BVerwGE 58, 124/126 f.; vgl. auch: Krautzberger in Battis/Krautzberger/<br />

Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, RdNrn. 95, 109 zu § 35).<br />

21 Bei dem Vorhaben handelt es sich jedoch nicht um eine „angemessene <strong>Erweiterung</strong>“<br />

des bestehenden <strong>Wohnhauses</strong> im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Nach der<br />

Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfasst der Begriff der „<strong>Erweiterung</strong>“ zwar<br />

- 3 -


allgemein die Vergrößerung <strong>eines</strong> bestehenden Wohngebäudes, findet seine Grenze aber dort,<br />

wo diese quantitative Vergrößerung in eine qualitative Veränderung des Gebäudes umschlägt.<br />

Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn neben dem bestehenden Wohngebäude - verbunden<br />

mit einem Zwischentrakt - räumlich abgesetzt ein zweites Bauwerk als eigenständige<br />

bauliche Anlage „erweiternd“ errichtet würde. Denn durch die Regelung des § 35 Abs. 4 Satz<br />

1 Nr. 5 BauGB sollen keine neuen Baurechte geschaffen, sondern vielmehr nur Härten und<br />

Schwierigkeiten beseitigt werden, um den bereits im Außenbereich Ansässigen in begrenztem<br />

Umfang zu begünstigen und diesem eine angemessene Wohnraumversorgung zu gewährleisten<br />

(BVerwG vom 19.2.2004 BVerwGE 120, 130/137 unter Hinweis auf BT-Drs. 10/6166 S. 132; vom<br />

12.3.1998 BVerwGE 106, 228/231; vom 6.10.1994 Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 304; vom<br />

23.1.1981 BVerwGE 61, 288/290; Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB/BauNVO, 5. Aufl. 2007,<br />

RdNr. 151 zu § 35 BauGB; Krautzberger, a.a.O., RdNr. 110 zu § 35). Dem liegt der Gedanke<br />

zugrunde, dass eine zusätzliche Beeinträchtigung des Außenbereichs durch die Gefahr einer<br />

verstärkten Zersiedelung, die mit einer Erhöhung der Zahl der baulichen Anlagen - anders als<br />

bei der „Einliegerwohnung als gedachter Hauptanwendungsfall des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5<br />

BauGB“ - zwangsläufig verbunden wäre, verhindert werden soll (BVerwG vom 19.2.2004 a.a.O.).<br />

22 Gemessen daran handelt es sich bei dem geplanten Vorhaben nicht um eine „<strong>Erweiterung</strong>“<br />

im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB, denn es ist ein eigenständiges, d.h. ein<br />

von dem vorhandenen Wohngebäude konstruktiv unabhängiges und auch selbständig<br />

nutzbares Gebäude. Diese Eigenständigkeit des geplanten Vorhabens kommt u.a. darin zum<br />

Ausdruck, dass zu dessen Errichtung keine grundlegenden Eingriffe in die Bausubstanz des<br />

Hauptgebäudes sondern nur die Vergrößerung <strong>eines</strong> Türdurchbruchs notwendig werden.<br />

Darüber hinaus weist das geplante Gebäude allein im Erdgeschoß eine Wohnfläche von 46<br />

qm zuzüglich einer nutzbaren Fläche im Keller von 37,4 qm sowie ein nicht unerhebliches<br />

Bauvolumen von insgesamt 355,67 cbm auf, was ungefähr einem Drittel des Bauvolumens<br />

des bestehenden Wohngebäudes entspricht. Schließlich ermöglichen Art und Weise des<br />

geplanten Anschlusses an das vorhandene Wohngebäude bei objektiver Betrachtungsweise<br />

eine selbständige Nutzbarkeit des geplanten Vorhabens.<br />

23 Selbst wenn man jedoch das geplante Vorhaben als <strong>Erweiterung</strong> <strong>eines</strong> <strong>Wohnhauses</strong> ansehen<br />

wollte, handelte es sich jedenfalls nicht um eine „angemessene“ <strong>Erweiterung</strong> im Sinne von § 35<br />

Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b BauGB. Denn angemessen ist eine solche Wohnhauserweiterung<br />

nur dann, wenn sie ausgehend von den objektiven Verhältnissen des Eigentümers und seiner<br />

Familie - d.h. ohne Berücksichtigung der selbstbestimmten Bedürfnisse der Bewohner - der<br />

angemessenen Wohnraumversorgung der Familienangehörigen zu dienen bestimmt ist. Zur<br />

Orientierung ist dabei auf die Bestimmungen zur Wohnraumförderung abzustellen (so: Söfker<br />

in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Mai 2007, RdNr. 159 zu § 35; Roeser in Berliner<br />

Kommentar zum BauGB, Stand: September 2007, RdNr. 121 zu § 35; Jäde, a.a.O., RdNr. 152 ff.<br />

zu § 35).<br />

24 Hiervon ausgehend, ist die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, es fehle deutlich an einer<br />

Angemessenheit unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse des Klägers und seiner Familie<br />

(S. 8 der Entscheidungsgründe), nicht zu beanstanden. Denn orientiert man sich dabei an den<br />

Regelungen des zum 31. Dezember 2001 aufgehobenen (vgl. Art. 2 des Gesetzes zur Reform<br />

des Wohnungsbaurechts vom 13.9.2001 BGBl I 2376) Zweiten Wohnungsbaugesetzes (§ 39<br />

Abs. 1 und 2, § 82 II. WoBauG) wäre vorliegend eine Wohnfläche von 156 qm angemessen.<br />

Selbst wenn man davon ausginge, dass das bestehende Wohngebäude eine Wohnfläche<br />

von (nur) 127,47 qm (vgl. Bauantrag vom 30.6.1987, Bl. 1/6 der Beiakte 5) und nicht - wie<br />

vom früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers ausgeführt (Schriftsätze vom 9.1.2004<br />

Bl. 24 ff. der Beiakte 3 und vom 24.5.2004 Bl. 12/16 der Beiakte 1) - von 141 qm aufwiese,<br />

führte die geplante <strong>Erweiterung</strong> um 46 qm (Bauantrag vom 25.2.2003, vgl. Beiakte 3)<br />

zu einer deutlichen Überschreitung des vorgenannten Orientierungsrahmens. Zu keinem<br />

anderen Ergebnis führt eine an den derzeit geltenden Bestimmungen der Wohnraumförderung<br />

orientierte Betrachtung. Denn danach ergäbe sich vorliegend - einen Vierpersonenhaushalt<br />

trotz des Hinweises der Beklagten auf die melderechtlichen Verhältnisse betreffend das<br />

Anwesen des Klägers (vgl. S. 2 der Sitzungsniederschrift) unterstellt - eine Höchstgrenze von<br />

740 cbm (einschließlich Nebengebäude, jedoch ohne Garage; vgl. § 10 WoFG i.V.m. Nr. 86<br />

der Wohnraumförderungsbestimmungen 2003, Bek. d. StMI v. 11.11.2002, AllMBl 2002, S.<br />

971). Auch dieser Rahmen wird vorliegend - ohne Berücksichtigung des geplanten Vorhabens<br />

(umbauter Raum insgesamt 355,67 cbm) - schon von dem bestehenden Wohngebäude<br />

(umbauter Raum insgesamt 1096,41 cbm) deutlich überschritten.<br />

- 4 -


25 b) Das somit nicht teilprivilegierten Vorhaben beeinträchtigt öffentliche Belange (§ 35<br />

Abs. 3 Satz 1 BauGB). Dabei kann offen bleiben, ob das geplante Vorhaben - wie vom<br />

Verwaltungsgericht angenommen - bereits deshalb öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs.<br />

3 Satz 1 Nrn. 2 und 5 BauGB beeinträchtigt, weil das Baugrundstück innerhalb der Schutzzone<br />

des Naturparks F. und zugleich in unmittelbarer Nähe zum Baudenkmal „K. Kirche“ sowie<br />

zum Gesamtdenkmal R. liegt. Der Senat hat insoweit vor allem erhebliche Zweifel daran,<br />

ob die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Bauvorhaben beeinträchtige die Belange des<br />

Denkmalschutzes so zutrifft. Denn zum einen erscheint die im Baugenehmigungsverfahren<br />

eingeholte Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (vom 21.3.2003;<br />

Bl. 12 der Beiakte 3) als wenig aussagekräftig; zum anderen drängt sich dem Senat nach dem<br />

beim Augenschein gewonnen Eindruck von der Lage des Baugrundstücks und von dessen<br />

Umgebung eine solche Beeinträchtigung der genannten Denkmäler nicht auf.<br />

26 Letztlich bedarf diese Frage aber keiner abschließenden Klärung, weil das Verwaltungsgericht<br />

zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange im<br />

Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB. Nach dieser Vorschrift liegt eine Beeinträchtigung<br />

öffentlicher Belange insbesondere dann vor, wenn das Vorhaben die Entstehung, Verfestigung<br />

oder <strong>Erweiterung</strong> einer Splittersiedlung befürchten lässt. In diesem Zusammenhang teilt<br />

der Senat zunächst - nicht zuletzt aufgrund s<strong>eines</strong> bei dem Augenschein gewonnenen<br />

Eindrucks - die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei den drei an<br />

der Weinsteige gelegenen drei Wohngebäuden - wie bereits dargelegt - nicht um eine<br />

organische Siedlungsstruktur, sondern um eine unorganische Streubebauung im Sinne<br />

<strong>eines</strong> Siedlungssplitters handelt. Dem ist der Kläger im Berufungsverfahren auch nicht<br />

entgegengetreten.<br />

27 Der Senat sieht mit dem Verwaltungsgericht den vorgenannten Belang schon deshalb<br />

als beeinträchtigt an, weil das Vorhaben aufgrund seiner Größe die Verfestigung dieser<br />

Splittersiedlung und eine unerwünschte Zersiedelung des Außenbereichs befürchten lässt.<br />

Für diese Sichtweise spricht vor allem der Umstand, dass es sich bei dem beabsichtigten<br />

Vorhaben bei objektiver Betrachtungsweise um einen vom Hauptgebäude trennbaren,<br />

erweiterbaren sowie - aufgrund seiner Größe - eigenständig nutzbaren Baukörper handelt.<br />

Darüber hinaus führt das geplante Vorhaben aber auch zu einer <strong>Erweiterung</strong> des bestehenden<br />

Siedlungssplitters, weil es südlich der vorhandenen Bebauung errichtet werden soll und<br />

somit eine räumliche Ausdehnung des bisher von den bestehenden Gebäuden in Anspruch<br />

genommenen Bereichs zur Folge hat. Zu keiner anderen Einschätzung führt der Umstand,<br />

dass der Kläger - nach seinen Bekundungen und ausweislich der Bauvorlagen - keine<br />

selbständige Wohneinheit zu schaffen beabsichtigt. Denn eine grundsätzlich negativ zu<br />

beurteilende Verfestigung einer nicht privilegierten Wohnnutzung liegt schon dann vor, wenn<br />

eine vorhandene Wohneinheit durch Ausdehnung der Wohnnutzung auf einen Nebenraum<br />

erweitert wird, weil hiermit die Voraussetzungen für eine Intensivierung einer im Außenbereich<br />

grundsätzlich unzulässigen Nutzung geschaffen werden (BayVGH vom 17.10.2007 Az. 1 ZB<br />

06.3059). Das gilt erst Recht in den Fällen, in denen für die (unzulässige) Wohnnutzung ein<br />

weiterer Baukörper geschaffen werden soll.<br />

28 B. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die<br />

vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.<br />

29 C. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht<br />

gegeben sind.<br />

30 Beschluss<br />

31 Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 1<br />

GKG).<br />

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