Kindschaftssachen
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Kindschaftssachen
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Eric Faber<br />
Arbeitshilfe<br />
<strong>Kindschaftssachen</strong> im familienrichterlichen<br />
Dezernat<br />
Sorge- und Umgangsrecht<br />
Verfahrensregelungen<br />
Vollstreckung und Entscheidung<br />
Version 2.0
IMPRESSUM<br />
Herausgeber:<br />
Justizakademie NRW<br />
Autor:<br />
Eric Faber<br />
Arbeitshilfe<br />
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung<br />
und Verbreitung, vorbehalten. Die<br />
Schrift darf in keiner Form – auch nicht auszugsweise<br />
– ohne schriftliche Genehmigung der JAK<br />
reproduziert oder unter Verwendung elektronischer<br />
Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder<br />
verbreitet werden.<br />
Version 2.0<br />
<strong>Kindschaftssachen</strong> im familienrichterlichen<br />
Dezernat<br />
• Sorge und Umgangsrecht<br />
• Verfahrensregelungen<br />
• Vollstreckung und Entscheidung
Inhaltsverzeichnis<br />
_____________<br />
©Justizakademie NRW<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung 5<br />
1.1 Kindeswohl 6<br />
1.2 Kindesanhörung 7<br />
1.3 Aufgaben und Stellung des Jugendamts (JA) 8<br />
2 Verfahrensregelungen 11<br />
2.1 Allgemeine Vorschriften 11<br />
2.2 Spezielle Regelungen für das Verfahren in <strong>Kindschaftssachen</strong>, §§ 151 ff. FamFG 14<br />
3 Elterliche Sorge 19<br />
3.1 § 1671 BGB, Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge 19<br />
3.2 § 1628 BGB, Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheit der Eltern 26<br />
3.3 § 1626a BGB, gemeinsame Sorge nichtverheirateter Eltern 27<br />
3.4 § 1674 BGB, Ruhen der elterlichen Sorge 28<br />
3.5 § 1680 BGB 29<br />
3.6 § 1630 Abs. 3 BGB 30<br />
3.7 § 1631b BGB, Genehmigung der Unterbringung Minderjähriger 30<br />
3.8 § 1632 Abs.1, Abs.4 BGB, Herausgabe und Verbleibensanordnung bei Pflegeverhältnis 30<br />
3.9 §§°1666, 1666a BGB, Verfahren auf Entziehung des Sorgerechts nach 32<br />
3.10 § 1696 BGB, Abänderung gerichtlicher Sorgeentscheidungen 37<br />
4 Umgang 39<br />
4.1 Ausschluss des Umgangsrechts 42<br />
4.2 Umgangspflegschaft, § 1684 Abs. 3, S. 3 BGB 44<br />
4.3 Konkrete Ausgestaltung von Umgangskontakten 45<br />
4.4 Umgangskosten 47<br />
5 Vollstreckung von Entscheidungen in <strong>Kindschaftssachen</strong> 49<br />
5.1 Vollstreckung von Sorgeentscheidungen 50<br />
5.2 Vollstreckung von Umgangsentscheidungen 50<br />
Fragen zum Verständnis 53<br />
3
Ein Wort zu Beginn<br />
©Justizakademie NRW<br />
Ein Wort zu Beginn<br />
_____________ Diese Arbeitshilfe soll in erster Linie dazu dienen, Familienrichtern und Familienrichterinnen wie<br />
auch sonstigen Interessierten einen Überblick über die <strong>Kindschaftssachen</strong> zu verschaffen. <strong>Kindschaftssachen</strong><br />
stellen Familienrichter und Familienrichterinnen vor besondere Herausforderungen:<br />
Da die Eltern des Kindes oder der Kinder in Trennung leben, befinden sich die Beteiligten in einer<br />
emotionalen Ausnahmesituation, der Streit um die Kinder wird immer auch als ein Angriff auf die<br />
eigene Elternkompetenz erlebt.<br />
Durch diese Arbeitshilfe soll kein Fachbuch oder ein Kommentar ersetzt werden. Insbesondere<br />
erhebt sie auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit, sondern spiegelt<br />
vor allem die Sicht des Autors wider.<br />
Die folgenden Piktogramme sollen Ihnen die Orientierung erleichtern:<br />
4<br />
Besonders wichtig<br />
Aufgabe<br />
Kaffeepause<br />
Beispiel<br />
Zusammenfassung<br />
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und viele Erfolge bei der Anwendung in der Praxis.
1 Einleitung<br />
©Justizakademie NRW<br />
1 Einleitung<br />
_______________________________________ Dieses Kapitel dient der Heranführung an das besondere Vorgehen bei<br />
<strong>Kindschaftssachen</strong>.<br />
Das Kapitel ist nochmals in drei Unterkapitel geteilt.<br />
Die <strong>Kindschaftssachen</strong> stellen die Familienrichterin/den Familienrichter immer wieder vor besondere<br />
Herausforderungen. Dies gilt erst recht für den „frischgebackenen“ Familienrichter (zu<br />
Gunsten der Lesbarkeit wird durchgängig die männliche Form für Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen<br />
verwendet. Sie schließt jeweils die weibliche Form mit ein).<br />
Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Die Beteiligten befinden sich gerade in einer<br />
aktuellen Trennungssituation, demnach in einem seelischen Ausnahmezustand. Dies schlägt<br />
sich auch im Verhalten während der Sitzung nieder. Die mit den Kindern zusammenhängenden<br />
Fragen werden von den Eltern – und erst recht von den Kindern – als existentiell erlebt.<br />
Es sind neben den „Elternparteien“ noch weitere Beteiligte in die Entscheidungsfindung einzubinden<br />
wie etwa Jugendamt, Verfahrensbeistand, Pflegeltern etc. Hinter den Eltern stehen oft<br />
Familienangehörige oder Freunde, welche ein bestimmtes Ergebnis von ihnen erwarten.<br />
5<br />
Beachten Sie:<br />
Eine perfekte oder „richtige“ Lösung gibt es oft nicht. Häufig wechseln im Verfahrensverlauf<br />
die rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten grundlegend.<br />
Neben dem juristischen Neuland, das erschlossen werden muss, sind daher Kompetenzen gefragt,<br />
die im richterlichen Leben ansonsten eine untergeordnete Rolle spielen oder vollkommen<br />
neu erlernt werden müssen.<br />
Dazu zählen insbesondere kommunikative Fähigkeiten, sowie ein gutes Gespür für die „verdeckten“<br />
Absichten und Wünsche der Beteiligten.<br />
Beachten Sie:<br />
Ziel aller Maßnahmen muss sein, die Eltern dazu zu befähigen, die mit den Kindern zusammenhängenden<br />
Fragen – auch bei Meinungsverschiedenheiten in anderen Bereichen<br />
– selbst ohne gerichtliche Hilfe zu regeln.<br />
Dafür ist es wichtig, die vorhandenen wahren Interessen hinter den jeweils vertretenen<br />
Rechtspositionen aufzuspüren und diese in eine umfassende Lösung mit einzubeziehen.<br />
Manchmal gelingt es aber nicht, die Beteiligten zum wahren Kern des Streits zu führen. Vielleicht<br />
gelingt dann keine streitschlichtende oder nur eine vorläufige Regelung. Dies darf durch<br />
den Familienrichter nicht als Niederlage verstanden werden. Häufig liegt es daran, dass die<br />
Beteiligten noch nicht so weit waren.<br />
Beachten Sie:<br />
Eine noch so gut begründete und formaljuristisch korrekte Entscheidung ist absolut<br />
nutzlos, wenn die Beteiligten sie nicht akzeptieren und praktisch ausüben. Eine auf den<br />
ersten Blick widersprüchliche Vereinbarung kann aber die Eltern dauerhaft befrieden<br />
und so dem Kindeswohl dienen.<br />
Andererseits bieten die Kindschaftsverfahren dem Richter die seltene Möglichkeit, mit den<br />
Beteiligten gestalterisch Lösungen für die Zukunft zu entwickeln.
1 Einleitung<br />
©Justizakademie NRW<br />
Einige Tipps für den Termin:<br />
Nehmen Sie sich bei streitigen Sorge- und Umgangsregelungen viel Zeit. Es reicht, wenn<br />
die Eltern aufgewühlt und im Stress sind. Umso mehr Ruhe müssen Sie ausstrahlen! Oft<br />
empfiehlt sich die Terminierung als letzte Sache des Termintages, um nicht in Zeitdruck<br />
durch nachfolgende Termine zu geraten.<br />
Die Zeit, die Sie am Anfang eines Verfahrens investieren, um Ruhe hereinzubringen und<br />
mit den Eltern eine bestimmte Linie herauszuarbeiten, amortisiert sich im Laufe des Verfahrens<br />
vielfach, weil nicht ständig neue streitige Anträge eingehen.<br />
Bereiten Sie den Termin gut vor. Lesen Sie den Jugendamtsbericht, telefonieren Sie bei<br />
Unklarheiten vorher noch zusätzlich mit dem dortigen Sachbearbeiter. Sie sollten die<br />
Namen der Kinder und die wichtigsten Tatsachen kennen ohne nachschlagen zu müssen,<br />
sonst werden die Eltern nicht das Gefühl haben, dass Sie sich mit ihrem Fall vertraut gemacht<br />
haben und in der Lage sind, eine so wichtige Angelegenheit zu entscheiden.<br />
Beginnen Sie den Termin mit dem Hinweis, dass das Problem des Umgangs und der<br />
Sorge die Eltern noch lange begleiten werde und Schwierigkeiten kurz nach der Trennung<br />
nichts Ungewöhnliches sind. Wichtig sei aber, gemeinsam eine dauerhaft tragfähige<br />
Lösung zu finden.<br />
Manchmal ist es notwendig, dass die Eltern und Beteiligten Gelegenheit bekommen, das<br />
zu sagen, „was sie immer schon mal sagen wollten“. Sofern dies in vertretbarer Diktion<br />
und im angemessenen zeitlichen Rahmen geschieht, sollte man dies zulassen, um dann<br />
den Blick in die Zukunft zu lenken.<br />
Wenn ein Elternteil den Kindeswillen anbringt, hilft der Hinweis, dass Kinder nie gerne ihr<br />
Kinderzimmer aufräumen, nie freiwillig ins Bett und schon gar keine Schularbeiten machen<br />
wollen. In all den Fällen setzen sich Eltern – zu Recht – über den Kindeswillen hinweg.<br />
Man muss den Eltern mitunter deutlich machen, dass auch Kinder ihre eigenen Vorteile<br />
sehen und es durchaus schaffen, aus dem Streit der Eltern Kapital zu schlagen und ihre<br />
eigenen Interessen durchzusetzen. Manchen Eltern kann man so die Augen öffnen, sich<br />
von ihrem Nachwuchs nicht gegeneinander ausspielen zu lassen.<br />
Die Kindesanhörung sollte immer unter Beteiligung des Verfahrensbeistandes stattfinden.<br />
Sie ist nicht eine bloße Formalie, sondern ein wichtiges Informationsmittel.<br />
Mitunter haben die Kinder noch den klarsten Blick im Trennungschaos. Ein denkbarer<br />
Ansatz ist es dann, eine Lösung mit dem Kind zu besprechen und diese Lösung dann gemeinsam<br />
den Eltern vorzutragen. Das verblüfft die Eltern oft, aber der vorher geäußerte<br />
und auf den Willen des Kindes gestützte Widerstand bricht dann schnell zusammen.<br />
Versuchen Sie nicht um jeden Preis, bereits eine endgültige Lösung zu erreichen. Sorge-<br />
und Umgangsverfahren sind auch gruppendynamische Prozesse und müssen „reifen".<br />
Wenn Sie im ersten Termin mit den Eltern eine Zielvorstellung erarbeitet haben und für<br />
eine Übergangszeit eine bestimmte Regelung vereinbaren, lernen die Eltern mehr und<br />
mehr mit der Sache umzugehen. Oft löst sich das Verfahren später in Wohlgefallen auf.<br />
1.1 Kindeswohl<br />
Alle <strong>Kindschaftssachen</strong> stehen unter dem Primat des Kindeswohls, d. h. der Familienrichter<br />
muss sich fragen, ob die getroffene Entscheidung – aber auch ein vereinbarter Vergleich – kindeswohlgerecht<br />
ist, § 1697a BGB.<br />
Im kindschaftsrechtlichen Verfahren ist der Begriff des Kindeswohls der am häufigsten gebrauchte<br />
und missbrauchte Begriff.<br />
6
1 Einleitung<br />
©Justizakademie NRW<br />
7<br />
Beachten Sie:<br />
Die Maßstäbe unterscheiden sich dabei:<br />
So muss für einen Sorgeentzug nach §§°1666, 1666a BGB eine Kindeswohlgefährdung<br />
vorliegen, für eine Entscheidung der Sorgeübertragung muss eine positive Kindeswohlprüfung<br />
vorgenommenen werden, während etwa im Rahmen einer Entscheidung nach<br />
§°1680 Abs.2 BGB eine negative Kindeswohlprüfung ausreichend ist, also „dem Wohl<br />
des Kindes nicht widerspricht“.<br />
Die gesetzlichen Vorgaben variieren hinsichtlich der Kindeswohlentsprechung zwischen<br />
• „entspricht“ (§ 1626 a BGB),<br />
• „gefährdet“ (§ 1666 BGB),<br />
• „am besten entspricht“ (§ 1671, BGB § 1697 a BGB),<br />
• „dient“ § 1680 BGB § 1680 Absatz II 2 BGB),<br />
• „nicht widerspricht“ § 1680 BGB § 1680 Absatz II 1 BGB, § 156 FamFG § 156 Absatz II<br />
2 FamFG),<br />
• „erforderlich“ (§ 1684 Absatz IV 1 BGB) und<br />
• „triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe“ (§ 1696 BGB). 1<br />
Was dem Kindeswohl entspricht, ist die Gretchenfrage jedes Verfahrens. So viele Beteiligte, so<br />
viele Meinungen gibt es – den Familienrichter eingeschlossen. Anders als etwa im Zivilrecht<br />
sind dabei nicht abgeschlossene, sondern sich stetig verändernde Sachverhalte zu beurteilen.<br />
Zudem muss über künftige Zeiträume eine Prognoseentscheidung getroffen werden. Auch dies<br />
fordert die Richterpersönlichkeit in besonderem Maß.<br />
Beispiel:<br />
Ob in einem Zivilverfahren der Motor des gebrauchten PKW bei Kauf kaputt war oder<br />
nicht, kann der Sachverständige nachträglich beurteilen oder unterliegt der Beweislastverteilung.<br />
Ob aber im Familienverfahren die alleinerziehende Mutter künftig ihr Alkoholproblem<br />
in den Griff bekommen wird oder nicht, lässt sich hingegen allenfalls aus den<br />
Erfahrungen der Vergangenheit indiziell ableiten.<br />
Gleichwohl hängt von der Beurteilung die Entscheidung ab, ob das Kind bei der Mutter bleibt<br />
oder zu einer Pflegefamilie geht – eine Entscheidung, die nicht zuletzt den Lebensweg des<br />
Kindes maßgeblich beeinflussen wird.<br />
1.2 Kindesanhörung<br />
Beachten Sie:<br />
In den Sorge- und Umgangsverfahren ist das minderjährige Kind persönlich anzuhören.<br />
Die Anhörung von Kindern 2 richtet sich nach § 159 FamFG. Geboten ist die Anhörung von Kindern<br />
jedenfalls im Schulalter oder bereits auch früher. 3 Zwingend vorgeschrieben ist sie nach §<br />
159 Abs. 1 FamFG bei Vollendung des 14. Lebensjahres. Sinnvoll ist die Anhörung auch bei kleineren<br />
Kindern, sofern eine Verständigung möglich ist. Das BVerfG hat in den letzten Jahren die<br />
1 Heilmann, „Die Gesetzeslage zum Sorge- und Umgangsrecht“ NJW 2012, S. 16.<br />
2 Ausführlich zur Vorgehensweise bei Kindesanhörungen Carl/Eschweiler, NJW 2005, S. 1681.<br />
3 BGH FamRZ 1984, S. 1084, 1085 f.; BayOblG FamRZ 1997, S.223, 224; KG FamRZ 1999, S. 808, 809.
1 Einleitung<br />
©Justizakademie NRW<br />
Altersgrenze kontinuierlich nach unten verschoben, so dass jetzt spätestens die Anhörung eines<br />
dreijährigen Kindes geboten sein dürfte. 4<br />
Normalerweise wird die Anhörung des Kindes in Abwesenheit aller anderen Beteiligten durchgeführt.<br />
Allerdings muss dem Verfahrensbeistand stets Gelegenheit gegeben werden, an der<br />
Anhörung teilzunehmen. In Problemfällen kann das Kind auch zu Hause oder z. B. im Kindergarten<br />
angehört werden.<br />
8<br />
Beachten Sie:<br />
Das Ergebnis der Anhörung wird vom Richter zusammengefasst (aktenkundig gemacht)<br />
und den übrigen Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis gegeben. 5<br />
Diese Dokumentationspflicht ist nach § 28 Abs. 4 FamFG ausdrücklich vorgeschrieben.<br />
Aus der Dokumentation muss sich das wesentliche Ergebnis der Anhörung ergeben. 6<br />
Geladen wird nicht das minderjährige Kind, sondern es wird dem Elternteil, bei dem es lebt,<br />
aufgegeben, das Kind zum Termin oder einem gesonderten Anhörungstermin mitzubringen<br />
bzw. vorzustellen.<br />
Beachten Sie:<br />
Die Anhörung von Kindern stellt gerade den „neuen“ Familienrichter vor eine extreme<br />
Herausforderung. Kinder haben eine komplett andere Aussagepsychologie und Erlebniswelt<br />
als Erwachsene 7 , mit denen der Richter bisher zu tun hatte. Es kann daher nur<br />
dringend geraten werden, entsprechende Fortbildungen zu besuchen oder sich in das<br />
Thema einzulesen. 8 Eine gelungene Anhörung wird das Kind nämlich nicht noch zusätzlich<br />
belasten.<br />
Ob schon zum ersten Termin die Kinder geladen werden oder sogar die Anhörung noch vor<br />
dem Termin erfolgt, hängt von der persönlichen Arbeitsweise und vom Einzelfall ab.<br />
Beispiel:<br />
Ist zu erwarten, dass in einem Umgangsverfahren eine einvernehmliche Regelung durch<br />
die Eltern erfolgt, kann u. U. auch eine Ladung und Anhörung unterbleiben. In einigen<br />
Fällen sollte aber ein gefundenes Ergebnis den Kindern mitgeteilt werden, sofern diese<br />
anwesend sind. Sind die Eltern in der Lage, diese Lösung selbst bekannt zu geben, wird<br />
dies die Kinder in der Regel entlasten.<br />
1.3 Aufgaben und Stellung des Jugendamts (JA)<br />
Beachten Sie:<br />
Die Aufgaben der Jugendämter sind in den Vorschriften des SGB VIII geregelt.<br />
Das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) ist vom Zuschnitt her ein modernes Leistungsgesetz<br />
(und kein Eingriffsgesetz mehr).<br />
4 BVerfG FamRZ 2010, S. 1622 (1623).<br />
5 BGH FamRZ 1986, S. 895 (896).<br />
6 Thomas-Putzo/Hüßtege, § 159 FamFG Rz.9.<br />
7 Strobach, Die seelische Entwicklung des Kindes nach einer Elterntrennung und Scheidung FPR 2008, S. 148.<br />
8 Vgl. Carl Eschweiler, Kindesanhörung – Chancen und Risiken NJW 2005, S. 1681.
1 Einleitung<br />
©Justizakademie NRW<br />
Umfang der Aufgaben und Leistungen:<br />
Das SGB VIII regelt bundeseinheitlich die Leistungen gegenüber jungen Menschen sowie<br />
deren Familien<br />
Träger der öffentlichen Jugendhilfe sind die Landkreise und kreisfreien Städte, die die Jugendämter<br />
einrichten<br />
9<br />
Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz<br />
Familienförderung<br />
Kindertagesbetreuung, Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte<br />
Kinder und Jugendliche, Inobhutnahme, Vormundschaft, Beistandschaft<br />
Registerauskunft an die Mutter (Negativattest = schriftliche Auskunft über Nichtabgabe<br />
und Nichtersetzung von Sorgeerklärungen)<br />
Beurkundungen (Vaterschaftsanerkennung, Unterhalt, Sorgeerklärungen)<br />
Beachten Sie:<br />
Für den Bereich des Sorge- und Umgangsrechts und dort insbesondere für die Fälle einer<br />
Kindeswohlgefährdung, ist § 8a SGB VIII ausschlaggebend. Danach haben die Jugendämter<br />
den Personensorgeberechtigten jedwede Hilfe zur Sicherstellung des Kindeswohls<br />
anzubieten, anderenfalls das Familiengericht anzurufen bzw. in Eilfällen selbst tätig<br />
zu werden. 9<br />
Die Sachbearbeiter des Jugendamts sind z. T. schon sehr lange mit der betroffenen Familie<br />
vertraut. Der Familienrichter kann daher einerseits von diesem Erfahrungsschatz profitieren<br />
und muss gleichzeitig einen eigenen, unvoreingenommenen Blick auf die Beteiligten bewahren.<br />
9 § 8a SGB VIII Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung:<br />
(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen<br />
bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei<br />
sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der<br />
wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung<br />
der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten<br />
oder den Erziehungsberechtigten anzubieten.<br />
(2) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch<br />
erbringen, ist sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz 1 in entsprechender Weise<br />
wahrnehmen und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen.<br />
Insbesondere ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten oder<br />
den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten,<br />
und das Jugendamt informieren, falls die angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung<br />
abzuwenden.<br />
(3) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen;<br />
dies gilt auch, wenn die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der<br />
Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann<br />
die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den<br />
Jugendlichen in Obhut zu nehmen.<br />
(4) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der<br />
Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Personensorgeberechtigten<br />
oder die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich<br />
und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt<br />
die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.
1 Einleitung<br />
©Justizakademie NRW<br />
10<br />
Zusammenfassung:<br />
<strong>Kindschaftssachen</strong> stellen Familienrichter vor Herausforderungen, da sich die Beteiligten<br />
in einer emotionalen Ausnahmesituation befinden.<br />
Der Familienrichter muss immer eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung treffen (§<br />
1697a BGB).<br />
Das minderjährige Kind ist in Sorge- und Umgangsverfahren persönlich anzuhören. Die<br />
Anhörung von Kindern richtet sich nach § 159 FamFG. Sofern eine Verständigung möglich<br />
ist, ist die Anhörung auch bei kleineren Kindern sinnvoll.<br />
§ 8a SGB VIII regelt die Aufgaben und Befugnisse des Jugendamts, insbesondere für die<br />
Fälle einer Kindswohlgefährdung.
2 Verfahrensregelungen<br />
©Justizakademie NRW<br />
2 Verfahrensregelungen<br />
______________________________ Dieses Kapitel dient der Erklärung der Verfahrensregelungen bei<br />
<strong>Kindschaftssachen</strong>.<br />
Das Kapitel ist nochmals in zwei Unterkapitel geteilt.<br />
Das zum 1.9.2009 in Kraft getretene FamFG hat die bisherige Rechtszersplitterung in Vorschriften<br />
der ZPO und des FGG beseitigt, dafür wurde das komplette 6. Buch der ZPO und das FGG<br />
aufgehoben.<br />
11<br />
Beachten Sie:<br />
Das Verfahrensrecht ist jetzt im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den<br />
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt. 10<br />
Nach § 151 FamFG umfassen die <strong>Kindschaftssachen</strong> Verfahren betreffend:<br />
Elterliche Sorge<br />
Umgangsrecht<br />
Kindesherausgabe<br />
Vormundschaft<br />
Pflegschaft oder gerichtliche Bestellung eines sonstigen Vertreters für einen Minderjährigen<br />
oder für eine Leibesfrucht<br />
Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen (§§ 1631b,<br />
1800 und 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)<br />
Anordnung der freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach den Landesgesetzen<br />
über die Unterbringung psychisch Kranker<br />
Aufgaben nach dem Jugendgerichtsgesetz<br />
Nachfolgend werden wegen der praktischen Relevanz für das familienrichterliche Dezernat<br />
insbesondere die Verfahren über die elterliche Sorge und das Umgangsrecht behandelt.<br />
2.1 Allgemeine Vorschriften<br />
Beachten Sie:<br />
Die Verfahrensbeteiligten sind in § 7 FamFG als Generalklausel benannt. Den Beteiligten<br />
ist rechtliches Gehör zu geben.<br />
Nach der Vorschrift des § 34 FamFG sind sie persönlich zu hören, eine Entscheidung darf<br />
daher gem. § 37 FamFG nur auf solche Tatsachen gestützt werden, zu denen zuvor das<br />
rechtliche Gehör gegeben wurde.<br />
Die Rechte und Pflichten zur Verfahrenseinleitung leiten sich aus den materiellen Regelungen<br />
ab, §§ 23, 24 FamFG. Danach können Sorge- und Umgangsverfahren weiter auf Antrag oder<br />
von Amts wegen (auf Anregung) eingeleitet werden.<br />
10 Einen Überblick über das Verfahren in <strong>Kindschaftssachen</strong> nach dem FamFG bietet der Aufsatz von Stößer,<br />
FamRZ 2009, S. 656 ff.
2 Verfahrensregelungen<br />
©Justizakademie NRW<br />
12<br />
Beachten Sie:<br />
Statt Prozesskostenhilfe wird gem. § 76 ff. FamFG in Familiensachen Verfahrenskostenhilfe<br />
bewilligt. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts in <strong>Kindschaftssachen</strong> ist nach § 78<br />
Abs. 2 FamFG nur dann vorzunehmen, wenn die Sach- und Rechtslage dies erforderlich<br />
machen. Strittig ist, ob ein mutwilliger VKH-Antrag vorliegt, wenn nicht zuvor das JA zur<br />
Vermittlung eingeschaltet wurde. 11<br />
Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 26 FamFG. Beweiserhebungen und Aufklärung<br />
des Sachverhalts sind weiter im Freibeweis gem. § 29 FamFG möglich. Der Richter kann aber<br />
nach § 30 FamFG die förmliche Beweisaufnahme anordnen. § 28 FamFG stellt klar, was schon<br />
bisher weitestgehend gerichtliche Übung war: Im Rahmen einer Kindesanhörung ist ein Vermerk<br />
über das Ergebnis der Anhörung aufzunehmen.<br />
Beachten Sie:<br />
Wegen § 37 FamFG ist das Anhörungsergebnis, sofern es Einfluss auf die Entscheidung<br />
haben könnte, den Verfahrensbeteiligten bekanntzugeben und ihnen Gelegenheit zur<br />
Äußerung zu geben.<br />
Dies kann durch schriftliche Übersendung des Anhörungsvermerks oder Gelegenheit zur Stellungnahme<br />
im Termin erfolgen. 12<br />
Beachten Sie:<br />
Aus der Bekanntgabeverpflichtung gem. § 37 II FamFG ergibt sich daher eine besondere<br />
Vorsicht im Umgang mit „geheimen“ Informationen, also Mitteilungen der Kinder oder<br />
des Jugendamtes „unter der Hand“, die die Beteiligten (Eltern) nicht zur Kenntnis nehmen<br />
dürfen. Auch diese Informationen sind grundsätzlich bekannt zu geben, weshalb<br />
etwa die Kinder im Rahmen der Anhörung vorab darüber aufgeklärt werden sollten.<br />
In allen Familienangelegenheiten wird gem. § 38 FamFG durch Beschluss entschieden, so auch<br />
in den <strong>Kindschaftssachen</strong>. Treffen die Eltern eine einvernehmliche Regelung zur Erledigung<br />
des Verfahrens, werden diese wie auch in den ZPO-Verfahren als Vergleich bezeichnet, § 36<br />
FamFG. Jede Entscheidung ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG zu versehen,<br />
die Teil des Beschlusses sein muss, also nicht etwa der Entscheidung bei Zustellung beigefügt<br />
werden kann.<br />
Beachten Sie:<br />
In den <strong>Kindschaftssachen</strong> ist über die Kosten nach den §§ 80 ff FamFG zu entscheiden.<br />
Das Gericht kann alle Kosten und Auslagen (also auch RA Kosten und Sachverständigenkosten)<br />
nach billigem Ermessen den Beteiligten auferlegen. Nach den Regelbeispielen in § 81 Abs. 2<br />
Ziffer 1-5 FamFG ist die Kostenauferlegung auf nur einen Beteiligten erweitert und erleichtert<br />
worden. Das Gericht kann auch von der Erhebung der gerichtlichen Kosten und Auslagen absehen<br />
und anordnen, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.<br />
11 Ablehnend: OLG Hamm: Beschluss vom 03.03.2011 – 8 WF 34/11, NJW-RR 2011, 1577; mutwillig, wenn zeitnaher<br />
Erfolg des JA absehbar: OLG Koblenz: Beschluss vom 16.02.2009 – 11 WF 135/09, FamRZ 2009, S. 1230.<br />
12 Vgl. Zöller/Feskorn, FamFG, § 37 Rz.15, 16.
2 Verfahrensregelungen<br />
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13<br />
Frage:<br />
Wann kann eine Kostentragungspflicht angeordnet werden? Nennen Sie mindestens<br />
drei Beispiele:<br />
Eine Kostentragungspflicht kann angeordnet werden:<br />
Durch grobes Verschulden veranlasstes Verfahren<br />
o Verlangt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit<br />
Von vornherein aussichtloser Antrag<br />
o Diese Frage wird meist schon bei der VKH Bewilligung zu prüfen sein, zudem<br />
sind die Erfolgsaussichten von Sorge und Umgangsverfahren nach der Rspr.<br />
der Obergerichte fast immer gegeben.<br />
Unwahre Angaben eines Beteiligten<br />
o Wesentliche Tatsachen müssen schuldhaft falsch dargestellt sein. Schwer<br />
nachweisbar.<br />
Verletzung von Mitwirkungspflichten<br />
o Es muss zu einer erheblichen Verzögerung kommen, angesichts der Amtsermittlungspflicht<br />
des Gerichts nach § 26 FamFG sind nur wenige Anwendungsfälle<br />
denkbar, z. B. bei mangelnder Mitwirkung im Rahmen der Begutachtung.<br />
Verstoß gegen Beratungsauflage<br />
o Weigert sich ein Elternteil an einer kostenlosen Beratung teilzunehmen, kann<br />
dieses Verhalten über die Kostenregelung gem. §§ 81 Abs. 2 Nr.5, 150 Abs. 4,<br />
156 Abs. 1 FamFG sanktioniert werden.<br />
Bei einem Vergleich nach §§ 36, 156 Abs. 2 FamFG gilt zunächst die Vergleichsregelung zu den<br />
Kosten, § 83 Abs. 1 FamFG.<br />
Beachten Sie:<br />
Achtung: bei vereinbarter Kostenaufhebung, z. B. im Rahmen eines Umgangsvergleichs,<br />
wird auch ein nicht VKH-Berechtigter an den Sachverständigenkosten beteiligt!<br />
Hierauf ist ggf. vorab hinzuweisen.<br />
Bei Erledigung und Antragsrücknahme gelten wiederum über § 83 Abs. 2 FamFG die Kostengrundsätze<br />
des § 81 FamFG.<br />
In den <strong>Kindschaftssachen</strong>, die auch von Amts wegen geführt werden können, kommt eine Erledigung<br />
durch die Beteiligten nicht in Betracht, § 22 Abs. 4 FamFG. Das Gericht hat dann die<br />
Erledigung festzustellen.<br />
Beispiel:<br />
Im Verfahren auf Sorgeentzug kommen die Eltern den Auflagen des Jugendamts vollumfänglich<br />
nach. Das Jugendamt erklärt das Verfahren für „erledigt“.<br />
Das Gericht hat nach § 22 FamFG festzustellen, dass familiengerichtliche Maßnahmen<br />
nicht erforderlich sind und über die Kosten zu entscheiden.
2 Verfahrensregelungen<br />
©Justizakademie NRW<br />
2.2 Spezielle Regelungen für das Verfahren in <strong>Kindschaftssachen</strong>, §§<br />
151 ff. FamFG 13<br />
Die Sorge- und Umgangsverfahren werden als <strong>Kindschaftssachen</strong> bezeichnet.<br />
Das Verfahren ist in den §§ 151 ff FamFG geregelt.<br />
14<br />
Beachten Sie:<br />
Für die <strong>Kindschaftssachen</strong> gilt das Beschleunigungs- und Vorrangsgebot des §°155<br />
FamFG.<br />
Konkret heißt dies, dass in den bezeichneten Verfahren spätestens einen Monat nach Beginn<br />
ein Termin stattzufinden hat, in dem die Beteiligten und das Jugendamt persönlich anzuhören<br />
sind.<br />
Das Gericht hat, wie auch bisher schon, zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens auf ein Einvernehmen<br />
der Beteiligten hinzuwirken, sofern dies dem Kindeswohl nicht widerspricht, § 156 Abs. 1<br />
FamFG.<br />
Beachten Sie:<br />
Nach § 156 Abs. 1, S. 4 FamFG hat das Gericht jetzt die Befugnis, die Eltern zur Teilnahme<br />
an einer Beratung durch die Beratungsstellen und Träger der Jugendhilfe bindend zu<br />
verpflichten.<br />
Die Nichtteilnahme kann zu einer nachteiligen Kostenentscheidung führen, (vergleiche oben), §<br />
81 FamFG.<br />
Das Gericht kann aber nach wie vor nicht die Eltern zur Durchführung einer Mediation oder<br />
Therapie verpflichten. Mit der Teilnahme an einem einmaligen Beratungsgespräch sind die Eltern<br />
daher ihrer Verpflichtung aus § 156 Abs. 1, S. 4 FamFG nachgekommen.<br />
Beachten Sie:<br />
Eine VKH Bewilligung erstreckt sich daher nicht auf die Kosten einer Mediation! 14<br />
Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 152 FamFG. Der gesetzliche Wohnsitz des minderjährigen<br />
Kindes ist nicht mehr ausschlaggebend. Die Zuständigkeit wird nach dem gewöhnlichen<br />
Aufenthalt des Kindes bestimmt.<br />
Beachten Sie:<br />
Bei Anhängigkeit einer Ehesache ist das für die Ehesache zuständige Gericht auch für die<br />
<strong>Kindschaftssachen</strong> zuständig.<br />
Eine Kindschaftssache ist daher an das Gericht der Ehesache zu verweisen, wenn eine Ehesache<br />
an einem anderen Gericht anhängig ist oder wird, § 151 FamFG.<br />
Ausdrücklich regelt § 154 FamFG, dass der gewöhnliche Aufenthaltsort bei gemeinsamer elterlicher<br />
Sorge nicht nur durch einen Elternteil bestimmt werden kann.<br />
13 Das waren früher in der ZPO die Vaterschaftsfeststellungs- und -anfechtungsklagen, die jetzt Abstammungssachen<br />
heißen, § 111 Nr. 2 und Nr. 3 FamFG. Diese neuen Begriffe werden teilweise noch falsch gebraucht.<br />
14 Ganz h. M. Götsch, FamRZ 2009, S. 384., a. A.: OLG Köln: Beschluss vom 03.06.2011 – 25 UF 24/10, BeckRS<br />
2011, 24961 für die gerichtsnahe Mediation.
2 Verfahrensregelungen<br />
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15<br />
Beispiel:<br />
Verzieht also der Kindesvater mit dem gemeinsamen minderjährigen Kind von Köln<br />
nach Hamburg, so kann das Familiengericht Hamburg auf Antrag der Kindesmutter das<br />
Verfahren über das Aufenthaltsbestimmungsrecht an das Familiengericht Köln abgeben.<br />
Ein späterer Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes (zum Beispiel Obhutswechsel)<br />
führt nach den Grundsätzen der perpetuatio fori nach § 154 FamFG nicht zu einem Wegfall der<br />
einmal gegebenen Zuständigkeit.<br />
So können Kindseltern, die von einer Kindeswegnahme bedroht sind, nicht durch einen Umzug<br />
die Zuständigkeit entfallen lassen, in der Hoffnung, bei einem neuen Richter/Richterin eine<br />
andere Bewertung der Situation zu erfahren.<br />
Beachten Sie:<br />
Für Eilmaßnahmen (Gefahr im Verzug) begründet §°50 Abs. 2 FamFG zudem eine besondere<br />
Eilzuständigkeit.<br />
Beispiel: Das Kind wohnt mit dem Vater in Köln. Im Urlaub auf Norderney stellt die umgangsberechtigte<br />
Kindesmutter Verletzungen an dem Kind fest, die mutmaßlich vom<br />
Vater stammen. Das AG Norden ist gem. §°50 Abs. 2 FamFG zuständig für eine Eilmaßnahme<br />
(eA auf Übertragung des ABR).<br />
Die internationale Zuständigkeit richtet sich abgestuft nach folgenden Vorschriften:<br />
Nach Brüssel IIa (EG-VO Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003) 15<br />
o MSA (Minderjährigenschutzabkommen) 16 , für Nicht-EU-Staaten<br />
o Dann erst nach dem Auffangtatbestand des § 99 FamFG (Wohnsitz des minderjährigen<br />
Kindes).<br />
Nach dem „Gesetz zur Aus- und Durchführung bestimmter Rechtsinstrumente auf dem Gebiet<br />
des internationalen Familienrechts“ (IntFamRVG) ist gem. §§ 12, 13 das Amtsgericht am Sitz<br />
des OLG zuständig für Fälle der Kindesentführung, Anerkennung und Vollstreckung von ausl.<br />
Sorge- und Umgangstiteln und nachfolgende Verfahren.<br />
Das Rechtstatut in <strong>Kindschaftssachen</strong> mit Auslandsbezug (IPR) – also das anzuwendende materielle<br />
Recht – richtet sich nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ) bzw. Art. 21<br />
EGBGB.<br />
Jeder Sorgerechts- und Umgangsrechtsantrag wird gem. § 162 FamFG dem zuständigen Jugendamt<br />
zur Anhörung zugeleitet, das selbst oder durch einen Verband (Diakonisches Werk,<br />
Caritas usw.) einen Bericht erstellt. Wohnt ein Elternteil nicht am Gerichtsort, schaltet das örtliche<br />
Jugendamt das zuständige auswärtige Jugendamt im Rahmen der Amtshilfe ein.<br />
Dem Jugendamt steht auf Antrag nach § 162 Abs. 2 FamFG eine eigene Beteiligungsstellung<br />
zu. Gem. § 162 Abs. 3 FamFG hat das Jugendamt aber auch unabhängig davon ein Beschwerderecht<br />
in <strong>Kindschaftssachen</strong>.<br />
15 Abgedruckt in Zöller ZPO.<br />
16 Abgedruckt in Palandt BGB.
2 Verfahrensregelungen<br />
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16<br />
Beachten Sie:<br />
Die Eltern sind stets Beteiligte, § 7 FamFG. 17<br />
Die Eltern sind in <strong>Kindschaftssachen</strong> stets gem. § 160 FamFG anzuhören.<br />
Muss-Beteiligter im Sinne des § 7 Abs. 2 FamFG ist auch das betroffene minderjährige<br />
Kind, welches in der Regel von den Eltern im Verfahren gesetzlich vertreten werden<br />
kann. 18<br />
Eine Anhörung kann nur aus schwerwiegenden Gründen 19 (§ 160 Abs. 3 FamFG) unterbleiben,<br />
beim nicht sorgeberechtigten Elternteil, wenn keine Aufklärung erwartet werden kann (z. B.<br />
nicht ehelicher Vater hat nie mit Mutter und Kind zusammen gelebt), § 160 Abs. 2 FamFG.<br />
Beachten Sie:<br />
Unter Umständen sind nach § 161 FamFG auch die Pflegepersonen zu hören und zu<br />
beteiligen.<br />
Nach § 158 Abs. 1 FamFG ist ein Verfahrensbeistand (früher: Verfahrenspfleger) zu bestellen,<br />
wenn die Kindschaftssache die Person des Kindes betrifft und die Bestellung zur Wahrnehmung<br />
der Interessen des Kindes erforderlich ist.<br />
Dies ist nach Nrn. 2 und 3 der Vorschrift regelmäßig der Fall in den Verfahren nach<br />
§§ 1666,1666a BGB<br />
Im Fall der mit einem Obhutswechsel verbundenen Wegnahme<br />
Außerdem bei einem Ausschluss oder einer wesentlichen Einschränkung des Umgangsrechts.<br />
20 Eine solche Einschränkung kann auch schon in der Möglichkeit des nur begleiteten<br />
Umgangs liegen. 21<br />
Die Vergütung des Verfahrensbeistands nach § 158 VII FamFG fällt für jedes Kind gesondert<br />
an. 22<br />
Beachten Sie:<br />
Die Vertretungsmacht der Eltern kann ausgeschlossen und entzogen werden 23 , §§°1795,<br />
1796 BGB. Dann ist ein Verfahrenspfleger zu bestellen. Allerdings darf auch im Fall eines<br />
erheblichen Interessengegensatzes zwischen Eltern und Kind den Eltern die Vertretungsbefugnis<br />
im Zusammenhang mit einem Kindschaftsverfahren dann nicht entzogen<br />
werden, wenn bereits durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands für eine wirksame<br />
Interessenvertretung des Kindes Sorge getragen werden kann. 24 Eines Teilsorgeentzugs<br />
und der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedürfte es in diesen Fällen daher nicht.<br />
17 Auch die nicht sorgeberechtigten Elternteile.<br />
18 BGH NJW 2011, S. 3454.<br />
19 Thomas-Putzo/Hüßtege, § 160 Rz.3: Gründe des § 43 Abs. 2 FamFG oder unbekannter Aufenthalt, Unerreichbarkeit.<br />
20 Dies dürfte also insbesondere der Fall sein, wenn der umgangsbegehrende Elternteil mutmaßlich physische<br />
oder sexuelle Gewalt gegenüber dem Kind angewendet hat. Vgl. Zöller/Philippi, FamFG, § 158 Rz.6.<br />
21 OLG Saarbrücken FamRZ 2010, S. 1446.<br />
22 BGH FamRZ 2010, S. 1976.<br />
23 Eingehend: Schael „Verfahrensbeteiligung Minderjähriger nach dem FamFG“ FamRZ 2009, S. 265 (268).<br />
24 BGH, Beschluss vom 07.09.2011 – XII ZB 12/11, BeckRS 2011, 23922, NJW 2011, S. 3454; BGH B. v. 18.01.2012 –<br />
XII ZB 489/11 – BeckRS 2012, 03457.
2 Verfahrensregelungen<br />
©Justizakademie NRW<br />
17<br />
Beispiel:<br />
Aussagegenehmigung für minderjähriges Kind, dessen (mit-)sorgeberechtigtem Vater<br />
Missbrauch vorgeworfen wird.<br />
Ein psychologisches Gutachten wird vielfach von den Anwälten pauschal beantragt. Man sollte<br />
den Beteiligten vorab klar machen, dass die Begutachtung eine erhebliche Belastung für alle<br />
Beteiligten ist. Die meisten Obergerichte fordern mangels eigener Sachkunde des Gerichts<br />
allerdings stets die Einholung eines solchen psychologischen Gutachtens. 25<br />
Bei der Einholung eines Sachverständigengutachtens ist zu beachten, dass die Kindeseltern zur<br />
Mitwirkung verpflichtet sind, § 27 Abs. 1 FamFG.<br />
Beachten Sie:<br />
Die Mitwirkung kann aber nicht erzwungen werden. Z. B. kann das Erscheinen zur Exploration<br />
durch den Sachverständigen nicht zwangsweise durchgesetzt werden. 26<br />
Allerdings kann das persönliche Erscheinen der Beteiligten im Termin gem. § 33 FamFG durchgesetzt<br />
werden, so dass der Sachverständige im Termin eine notwendige Beobachtung und<br />
Fragestellung durchführen kann.<br />
Beachten Sie:<br />
Scheitert die Einholung des Gutachtens an der fehlenden Mitwirkung eines Elternteils,<br />
kann dies<br />
• zum einen in der Beweiswürdigung negativ berücksichtigt werden 27 und<br />
• sich zum anderen nach § 81 FamFG negativ in dem Kostenausspruch auswirken.<br />
Die fehlende Einwilligung in die Begutachtung des Kindes kann allerdings gem. § 1666 BGB<br />
gerichtlich ersetzt werden. 28 Formal handelt es sich um einen Teilentzug der elterlichen Sorge.<br />
Beachten Sie:<br />
Der Sachverständige darf gemäß § 163 FamFG vermittelnd tätig werden.<br />
D. h. er ist nicht mehr nur auf die Beantwortung der gerichtlichen Beweisfragen (Kindeswohl<br />
etc.) beschränkt, sondern darf mit den Eltern z. B. auch eine Umgangsregelung zur Lösung der<br />
streitigen Probleme erarbeiten. Dafür muss er vom Familiengericht beauftragt sein. Dem<br />
Sachverständigen ist bereits bei Erteilung des Gutachtenauftrags gem. § 163 Abs. 1 FamFG eine<br />
Frist zur Erstellung zu setzen, um das Beschleunigungsgebot zu wahren.<br />
25 Vgl. die Nachweise bei: Palandt/Diederichsen, BGB, § 1632 Rz.20.<br />
26 Zöller/Philippi, FamFG, § 163 Rz.3.<br />
27 Zöller/Feskorn, FamFG, § 163 Rz.4.<br />
28 OLG Karlsruhe FamRZ 1993, S. 1479; BayObLG FamRZ 1995, S. 501; OLG Zweibrücken FamRZ 1999, S. 155. Vgl.<br />
aber auch BVerfG FuR 2003, S. 408.
2 Verfahrensregelungen<br />
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18<br />
Beachten Sie:<br />
Es empfiehlt sich, vor Gutachtenerteilung telefonisch mit dem Sachverständigen Rücksprache<br />
zu halten, wann mit der Begutachtung begonnen werden kann und wie lange<br />
die Bearbeitung dauern wird. Um eine rasche Bearbeitung zu gewährleisten, sollte man<br />
sich von Kollegen – auch aus benachbarten Bezirken – eine Vielzahl von Sachverständigen<br />
nennen lassen, aus denen man dann ggf. den „Schnellsten“ auswählen kann.<br />
Zu Bedenken ist hier, dass sich gerade bei kleinen Kindern alleine durch den Zeitablauf während<br />
der Begutachtung (z. B. längerer Verbleib in der Pflegefamilie) andere Bewertungen ergeben<br />
können (also z. B. eine noch anfänglich mögliche Rückführung zu den Eltern nach weiteren<br />
vier Monaten nicht mehr möglich ist, da sich nun die Bindungen an die Pflegeeltern verfestigt<br />
haben).Das Vermittlungsverfahren ist nach § 165 FamFG bei Umgangsschwierigkeiten durchzuführen,<br />
es sei denn, zuvor wäre bereits ein Vermittlungsverfahren gescheitert.<br />
Beachten Sie:<br />
Im Vermittlungsverfahren ist unverzüglich ein Termin zu bestimmen.<br />
Kommt es zu keinem einvernehmlichen Ergebnis oder erscheint ein Elternteil nicht im Termin,<br />
so ist die Erfolglosigkeit der Vermittlung durch Beschluss festzustellen, § 165 Abs. 5 FamFG.<br />
Danach kann – wie auch bei einem bereits vorherigen Scheitern einer Vermittlung – in das Ordnungsmittelverfahren<br />
übergegangen werden.<br />
Beachten Sie:<br />
Der Gegenstandswert für ein Verbundverfahren in einer Kindschaftssache beträgt jetzt<br />
nach § 44 II FamGKG:<br />
• Wert der Ehesache + 20%, Mindestwert daher 2.400,00 €, unabhängig von der Anzahl<br />
der Kinder.<br />
Beim isolierten Verfahren werden als Regelwert gem. § 45 III FamGKG 3.000 € angesetzt,<br />
Erhöhung nach Billigkeit möglich 29 , ebenfalls unabhängig von der Anzahl der betroffenen<br />
Kinder.<br />
Zusammenfassung:<br />
Das Verfahrensrecht ist im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten<br />
der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt.<br />
Eltern sind stets Beteiligte. Nach § 34 FamFG sind die Beteiligten persönlich zu hören.<br />
Die Entscheidung darf nur auf die Tatsachen gestützt werden, zu denen zuvor das rechtliche<br />
Gehör gegeben wurde.<br />
Für die <strong>Kindschaftssachen</strong> gilt das Beschleunigungs- und Vorrangsgebot.<br />
29 Restriktive Auslegung durch die Rspr. Termindauer von 6 Stunden führt nicht zu Erhöhung, OLG Koblenz<br />
FamRZ 2009, S. 1433.
3 Elterliche Sorge<br />
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3 Elterliche Sorge<br />
______________________________ Dieses Kapitel dient dem Einblick in den Aspekt der elterlichen Sorge bei<br />
<strong>Kindschaftssachen</strong>.<br />
Das Kapitel ist nochmals in elf Unterkapitel geteilt.<br />
19<br />
Beachten Sie:<br />
Die elterliche Sorge umfasst gem. § 1626 Abs. 1 BGB die Personen- und die Vermögenssorge.<br />
Daraus ergibt sich nicht nur ein Sorgerecht, sondern auch eine Sorgepflicht.<br />
Im familienrichterlichen Dezernat steht der Streit um das Sorgerecht bzw. Teilbereiche des<br />
elterlichen Sorgerechts häufig im Mittelpunkt. Oft ist dieser Streit um die Sorge der Höhepunkt<br />
in der Eskalation des Beziehungskonflikts zwischen den Eltern.<br />
Die Aufgabe des Familienrichters besteht dann darin, die Eltern von den Streitigkeiten auf der<br />
Paarebene wieder auf die Sachebene der Erziehungsfragen zu bringen und eine kindeswohlgerechte<br />
Lösung für das gemeinsame Kind zu entwickeln.<br />
Beachten Sie:<br />
Neben diesen Elternstreitigkeiten spielen im Bereich der elterlichen Sorge insbesondere<br />
die Verfahren auf Entzug der elterlichen Sorge wegen einer Kindeswohlgefährdung eine<br />
große Rolle.<br />
Beide Themenbereiche werden im Folgenden anhand der einzelnen gesetzlichen Grundlagen<br />
kurz dargestellt.<br />
3.1 § 1671 BGB, Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen<br />
Sorge<br />
§ 1671 BGB regelt die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf einen Elternteil bzw. den<br />
Vater, wenn bei (verheirateten) Eltern die gemeinsame elterliche Sorge bestand oder der Kindesmutter<br />
die alleinige elterliche Sorge nach § 1626a Abs. 3 BGB zustand.<br />
Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter<br />
Eltern vom 16.4.2013 (Inkrafttreten 19. Mai 2013) 30 normierte § 1671 BGB nur die Sorge<br />
der verheirateten Eltern bei Trennung und Scheidung. Nunmehr wird durch Abs. 2 der Vorschrift<br />
auch die Übertragung der Sorge bei nicht verheirateten Eltern geregelt, bei denen die<br />
Kindesmutter die alleinige elterliche Sorge nach § 1626a Abs. 3 BGB hat.<br />
Weggefallen ist daher der Regelungsgehalt des § 1672 BGB a. F.<br />
Beachten Sie:<br />
Nach Trennung und Scheidung der Eltern besteht die gemeinsame elterliche Sorge fort,<br />
wenn beide Eltern dies wollen und deshalb keinen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge<br />
gem. § 1671 BGB stellen.<br />
Ein solcher Antrag auf alleinige Übertragung des Sorgerechts kann im Rahmen des Scheidungsverbundes,<br />
aber auch in einem isolierten Verfahren und im Wege der eA gestellt werden.<br />
30 BGBl I 2013, S.795.
3 Elterliche Sorge<br />
©Justizakademie NRW<br />
Der Kampf um das alleinige Sorgerecht oder Aufenthaltsbestimmungsrecht gehört in der<br />
familienrechtlichen Praxis zu den besonders unangenehmen Rechtsstreitigkeiten. Ausgehend<br />
von der These, dass üblicherweise niemand Kinder bekommt, um dann nicht mit Ihnen<br />
zusammen zu leben, ist gerade die Frage des Aufenthalts der Kinder existentiell für<br />
die Eltern. Mit dieser Frage wird schließlich auch die weitere Lebensplanung entschieden.<br />
Es empfiehlt sich die Eltern darauf hinzuweisen, dass die mit einer Trennung einhergehende<br />
Schädigung der Kinder nur durch das Zusammenwirken der Eltern möglichst gering<br />
gehalten werden kann. Die Kinder müssen das Recht behalten, in der Auseinandersetzung<br />
der Eltern neutral bleiben zu dürfen.<br />
Den Eltern sollte bewusst gemacht werden, dass es bei der Frage des Sorgerechts nicht<br />
um die Frage geht, wer der bessere Elternteil ist. Ein „Erziehungspokal“ wird ebenso wenig<br />
vergeben, wie über den Charakter eines Elternteils zu entscheiden ist.<br />
20<br />
Antragsgemäße<br />
Sorgeübertragung auf einen<br />
Elternteil/Vater<br />
(ggf. Zustimmung<br />
14jähriges Kind nötig)<br />
a) Zustimmung zum Sorgeantrag<br />
Abbildung § 1671 BGB, Struktur<br />
Zu einem „streitigen“ Verfahren nach § 1671 BGB kommt es also nur, wenn der andere Elternteil<br />
der Sorgeübertragung nicht zustimmt.<br />
Beachten Sie:<br />
1671 Abs. 1 Nr.1,<br />
Abs.2 Nr.1 BGB<br />
Zustimmung des<br />
anderen<br />
Elternteils/Mutter<br />
1671 BGB,<br />
Übertragung der<br />
alleinigen (Teil-)Sorge<br />
bei vorheriger<br />
gemeinsamer Sorge oder<br />
Alleinsorge der Mutter<br />
Ausnahme Abs. 4: Bedenken<br />
hins. Erziehungsfähigkeit<br />
Prüfung 1666 BGB<br />
1671 Abs. 1 Nr.2, Abs.2<br />
Nr.2 BGB<br />
Keine Zustimmung des<br />
anderen Elternteils/Mutter<br />
Zweistufige<br />
Kindeswohlprüfung<br />
Bei Zustimmung eines Elternteils ist die Sorge – zwingend durch entsprechenden Beschluss<br />
und nicht etwa durch Vereinbarung oder Vergleich – auf den anderen Elternteil<br />
zu übertragen.<br />
Etwas anderes gilt nur dann, wenn das schon 14-jährige betroffene Kind widerspricht oder gemäß<br />
§ 1671 Abs. 4 BGB die elterliche Sorge anderweitig zu regeln ist.
3 Elterliche Sorge<br />
©Justizakademie NRW<br />
21<br />
Beispiel:<br />
Droht also bei dem antragstellenden Elternteil eine Kindeswohlgefährdung, wenn er<br />
alleine die elterliche Sorge ausübte, dann ist von Amts wegen gem. §§ 1666, 1666a BGB<br />
eine anderweitige Entscheidung trotz Zustimmung des anderen Elternteils zu treffen.<br />
b) Keine Zustimmung zum Sorgeantrag<br />
Beachten Sie:<br />
Erfolgt keine Zustimmung, hat das Familiengericht eine positive Kindeswohlprüfung<br />
vorzunehmen (… dem Wohl des Kindes am besten entspricht.).<br />
Die gesetzliche Regelung des § 1671 Abs. 1 und Abs. 2 Ziffer 2 BGB hat nach Ansicht des BGH 31<br />
und des BVerfG 32 die gemeinsame elterliche Sorge nicht zum Regelfall oder zu einer gesetzlichen<br />
Vermutung erklärt und damit auch nicht die Übertragung des Sorgerechts auf einen einzelnen<br />
Elternteil zu einem Ausnahmetatbestand gemacht. D. h. die gemeinsame elterliche Sorge<br />
ist nicht von Anfang an als dem Kindeswohl förderlicher anzusehen. 33 Gegen den Willen<br />
eines Elternteils ist die Anordnung eines Betreuungs-Wechselmodells nicht möglich. 34<br />
Das Familiengericht hat daher nach § 1671 Abs.1 nr.2, 2 Nr. 2 BGB eine zweistufige Prüfung<br />
vorzunehmen:<br />
Entspricht die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl?<br />
Ist aus Kindeswohlgründen die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil geboten?<br />
Beachten Sie:<br />
Im familiengerichtlichen Verfahren ist durch das Gericht zu prüfen, inwieweit beide Eltern<br />
uneingeschränkt zur Pflege und Erziehung des Kindes geeignet sind, ob ein gemeinsamer<br />
Wille zur Kooperation besteht und ob keine sonstigen Gründe vorliegen, die es im<br />
Interesse des Kindeswohls gebieten, das Sorgerecht nur einem Elternteil zu übertragen.<br />
Das Kindeswohl hat sich danach an den Grundsätzen der Kontinuität, der Förderung, der<br />
Bindungen des Kindes an seine Eltern und an seine Geschwister, sowie am geäußerten<br />
Willen des Kindes zu orientieren. 35<br />
Die richterliche Kindeswohlentscheidung nach § 1671 Abs.1, 2 Nr.2 BGB hat daher folgende<br />
Kriterien 36 abzuwägen und im Rahmen des Verfahrens festzustellen:<br />
Kooperationsfähigkeit- und -bereitschaft<br />
Grds. Erziehungseignung<br />
Kontinuität<br />
Bindung des Kindes (Eltern, Geschwister, weitere Bezugspersonen)<br />
31 BGH FamRZ 2008, S. 592; BGH NJW 2000, S. 205 = FamRZ 99, S. 1646 mit Anmerkung Born FamRZ 2000, S.<br />
396; OLG Saarbücken, OLG Report Saarbrücken 2002, S. 230; a. A. OLG Hamm FamRZ 1999, S. 1597; OLG<br />
Frankfurt FamRZ 2002, S. 187, die die gemeinsame elterliche Sorge als gesetzliche Ausgangslage ansehen.<br />
32 BVerfG FamRZ 2007, S. 1876.<br />
33 Vgl. dazu auch: Kindler, Fichtner: Die gemeinsame elterliche Sorge aus der Sicht der Bindungs- und Scheidungsforschung,<br />
FPR 2008, S. 139.<br />
34 OLG Düsseldorf FamRZ 2011, S. 1154; OLG Hamm FamRZ 2012, S. 646.<br />
35 BGH FamRZ 1990, S. 392 (393).<br />
36 Aktuelle Rspr. zu diesen Kriterien bei: Wanitzka FamRZ 2012, S. 1344 ff.
3 Elterliche Sorge<br />
©Justizakademie NRW<br />
Kindeswille (tatsächlicher geäußerter)<br />
Bindungstoleranz<br />
Förderungswillen und -möglichkeit<br />
In der Praxis kommen Einschränkungen bzw. Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts aufgrund<br />
der folgenden Kriterien in Betracht:<br />
Dagegen<br />
Fehlender Grundkonsens zwischen den Eltern 37 , der zu ständigen Auseinandersetzungen<br />
geführt hat und auch für die Zukunft weitere Streitigkeiten befürchten lässt 38 , wobei die<br />
Dominanz eines Elternteils alleine noch kein Grund für die Übertragung der Alleinsorge<br />
ist. 39<br />
Mangelnde Eignung eines Elternteils zur Erziehung und Betreuung des Kindes 40<br />
Die bestehenden sozialen und räumlichen Bezugssysteme (Verwandte, Kindergarten,<br />
Freunde der Kinder), insbesondere bei ansonsten gleicher Eignung der Eltern 41<br />
22<br />
Beachten Sie:<br />
Dies entspricht dem Kontinuitätsprinzip.<br />
Starke Bindungen des Kindes an Eltern und Geschwister sowie<br />
der Kindeswille, soweit das Kind nach Alter und Reife zu einer verantwortlichen Willensbildung<br />
in der Lage ist. 42<br />
Beachten Sie:<br />
Dabei ist klar, dass der Wille des Kindes manipuliert werden kann und deshalb nicht immer<br />
sachgerecht ist und keinesfalls als „heiliger Grundsatz" über dem gesamten Verfahren<br />
schwebt. Die Praxis zeigt, dass der Wille des Kindes nur dann manchen Elternteilen<br />
„heilig" ist, wenn er sich mit dem eigenen Willen deckt. Der Kindeswille dient sowohl zur<br />
Ermittlung der Elternbindung und ist auch Ausdruck der Selbstbestimmung des Kindes.<br />
43<br />
reicht die bloße örtliche Entfernung zwischen den Wohnsitzen der Eltern nicht aus. 44<br />
Auch unterschiedlicher Glaube ist kein ausreichender Grund, die elterliche Sorge allein<br />
übertragen zu bekommen. Hat ein Kind Eltern verschiedenen Glaubens (z. B. christliche<br />
Mutter und muslimischer Vater), rechtfertigt der Wunsch eines Elternteils, das Kind christlich<br />
taufen zu lassen, nicht die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge, auch wenn<br />
das Kind bereits am kirchlichen Gemeindeleben teilnimmt (siehe aber unten, § 1628 BGB).<br />
wird die erforderliche Fremdbetreuung aufgrund von Berufstätigkeit unterschiedlich gewichtet.<br />
45<br />
37 OLG Köln FamRZ 2005, S. 1275 (Leitsatz).<br />
38 Nähere Einzelheiten bei Maier in Hdb. des Fachanwalts Familienrecht , 8. Aufl. 2011, 4. Kap. Rz. 202 ff., vgl. OLG<br />
Köln FamRZ 2005, S. 1275; OLG Saarbrücken OLGR 2004, S. 155: Motzer FamRZ 2006, S. 73.<br />
39 BVerfGE vom 30.06.2009 – 1 BvR 1868/08 zitiert nach juris.<br />
40 So bei erheblichen Alkoholproblemen eines Elternteils, OLG Brandenburg, FamRZ 2002, S. 120.<br />
41 OLG Hamm FamRZ 2009, S. 1757.<br />
42 Dabei kann bei ansonsten gleicher Eignung der Kindeswille ausschlaggebend sein: OLG Hamm FamRZ 2011, S.<br />
1306 (11-jähriges Kind).<br />
43 BVerfG FamRZ 2009, S. 1389.<br />
44 OLG Naumburg, FamRZ 2002, S. 564; OLG Hamm FamRZ 2002, S. 565.
3 Elterliche Sorge<br />
©Justizakademie NRW<br />
In der Praxis wird am häufigsten vorgetragen, dass sich die Eltern nicht über die Belange des<br />
Kindes einigen können.<br />
23<br />
Beachten Sie:<br />
Die Uneinigkeit der Eltern in einer wichtigen Angelegenheit des Kindes (z. B. die religiöse<br />
Erziehung) rechtfertigt nicht zwangsläufig die Übertragung der gesamten elterlichen<br />
Sorge auf einen Elternteil.<br />
Das BVerfG 46 führt hierzu aus, bei Anwendung von § 1671 Abs.1, 2 Nr. 2 BGB hätten sich die<br />
Gerichte nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit Teilentscheidungen als<br />
milderem Mittel zu begnügen, wo immer dies dem Kindeswohl Genüge tut.<br />
Bei Dissens über den Lebensmittelpunkt des Kindes müssten die Gerichte Feststellungen dazu<br />
treffen, ob es den Eltern auch in anderen Fragen des Sorgerechts an dem gebotenen Mindestmaß<br />
an Übereinstimmung bzw. an einer tragfähigen sozialen Beziehung fehlt. Sei dies nicht<br />
der Fall, so müsse erwogen werden, ob eine Übertragung lediglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts<br />
zur Wahrung des Kindeswohls ausreichend ist, womöglich verbunden mit einer<br />
Regelung des Umgangsrechts. 47<br />
Beachten Sie:<br />
In Fällen des Auswanderungswunsches des betreuenden Elternteils ist die Übertragung<br />
des Aufenthaltsbestimmungsrechts (ABR) auf den auswanderenden Elternteil notwendig,<br />
da ansonsten wegen des widersprechenden Elternteils die Ausreise mit Kind<br />
rechtswidrig wäre. 48<br />
Der Übertragung des ABR steht nicht entgegen, dass das Kind ggf. im Inland besser gefördert<br />
werden könnte, da hier die allgemeine Handlungsfreiheit des Elternteils überwiegt, der den<br />
Wohnort wechseln möchte. Die Übertragung des ABR kann daher nur versagt werden, wenn<br />
konkret das Kindeswohl durch die Auswanderung negativ beeinflusst würde. 49 Das Umgangsrecht<br />
ist in die Abwägung mit einzubeziehen. 50<br />
Der BGH hält zwar daran fest, dass in Fällen, in denen die gemeinsame elterliche Sorge praktisch<br />
nicht „funktioniert" und es den Eltern nicht gelingt, zu gemeinsamen Entscheidungen im<br />
Interesse des Kindes zu gelangen, der Alleinsorge eines Elternteils der Vorzug gegenüber dem<br />
Fortbestand der gemeinsamen Sorge zu geben ist.<br />
Beachten Sie:<br />
Die Übertragung der Alleinsorge, so stellt der BGH ebenfalls klar, setzt jedoch konkrete<br />
tatrichterliche Feststellungen zu den Voraussetzungen des § 1671 Abs.1, 2 Nr. 2 BGB<br />
voraus. Formelhafte Wendungen, nach denen den Eltern die Kontakt- und Kooperationsbereitschaft<br />
fehlt, könnten das Ergebnis solcher Feststellungen zwar zusammenfassen,<br />
aber solche Feststellungen nicht ersetzen. 51<br />
45 OLG Brandenburg FamRZ 2009, S. 1759 (nicht dem Kindeswohl abträglich; OLG Köln FamRZ 2010, S. 139.<br />
Mutter als Hausfrau besser geeignet als berufstätiger Vater, der Fremdbetreuung in Anspruch nehmen müsste.<br />
46 BVerfG FamRZ 2004, S. 1015.<br />
47 Vgl. auch KG FamRZ 2008, S. 634.<br />
48 BGH FamRZ 2010, S. 1061.<br />
49 Vgl. den Überblick bei Wanitzka FamRZ 2010, S. 1381 (1383).<br />
50 BGH a. a. O.<br />
51 BGH FamRZ 2005, S. 1167; BGH FamRZ 1999, S. 1646.
3 Elterliche Sorge<br />
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Der angeführte Umstand, dass die Parteien „tief zerstritten" seien, besage noch nichts über<br />
deren Unfähigkeit, in Angelegenheiten ihres Kindes zu gemeinsamen kindeswohlverträglichen<br />
Lösungen zu gelangen.<br />
24<br />
Beachten Sie:<br />
Problematisch ist die Situation, wenn der antragstellende Elternteil maßgeblich zu den<br />
Kooperationsschwierigkeiten selbst beiträgt oder diese sogar hervorruft. Hier ist ggf. zu<br />
prüfen – und der Elternteil auch darauf hinzuweisen –, ob durch dieses Verhalten ggf.<br />
schon die Erziehungseignung insgesamt in Frage gestellt ist. Die Eltern haben sich nämlich<br />
um die Wiederherstellung der Kooperationsbasis zu bemühen. 52 Bestehen Streitigkeiten,<br />
so muss festgestellt werden, dass tatsächlich ein negativer Einfluss auf das Kindeswohl<br />
besteht, damit eine Sorgeübertragung gerechtfertigt ist. 53<br />
Daher wird in den meisten Fällen als mildeste und verhältnismäßigste Maßnahme nur ein Teilbereich<br />
der elterliche Sorge (z. B. Gesundheitsfürsorge bei Streit um kieferorthopädische Behandlung)<br />
oder die Entscheidungsbefugnis für eine bestimmte Angelegenheit (etwa Auswahl<br />
der weiterführenden Schule) gem. § 1628 BGB zu übertragen sein, bei Belassung der gemeinsamen<br />
elterlichen Sorge im Übrigen. 54<br />
Sofern nur eine Angelegenheit im Sinne des § 1628 BGB betroffen ist, sollte der antragstellende<br />
Elternteil im Sinne des § 1671 BGB darauf hingewiesen werden. Dieser kann seinen Antrag<br />
dann ggf. umstellen, sofern man nicht ohnehin davon ausgeht, dass dieser Antrag schon als<br />
Minus im Antrag nach § 1671 BGB enthalten ist.<br />
Im Übrigen könnten die Probleme, die sich aus der unterschiedlichen religiösen Ausrichtung<br />
der Eltern ergeben, auch durch eine Entscheidung nach §°1628 BGB oder durch eine Teilübertragung<br />
des Sorgerechts gelöst werden. 55<br />
Beachten Sie:<br />
Die Kindeseltern sollten darauf hingewiesen werden, dass der betreuende Elternteil in<br />
den „Angelegenheiten des täglichen Lebens“ ohnehin gem. § 1687 Abs. 1 BGB alleinentscheidungsbefugt<br />
ist.<br />
Im Ergebnis führt dies dazu, dass Streitigkeiten über solche Alltagsangelegenheiten<br />
nicht zu einer Sorgeentscheidung nach § 1671 BGB führen können, da hier schon ein Regelungsbedarf<br />
nicht besteht.<br />
Oft ist nach einem solchen Hinweis schon „die Luft raus“, etwa wenn lediglich um Ernährungsgewohnheiten<br />
oder den Fernsehkonsum gestritten wird und die Schwelle zu einer Kindeswohlgefährdung<br />
unstreitig nicht erreicht ist.<br />
Ein gleichwohl aufrechterhaltener Antrag nach § 1671 BGB wäre dann zurückzuweisen.<br />
52 OLG Hamm FamRZ 2005, S.537.<br />
53 OLG Köln FamRZ 2009, S. 62.<br />
54 Vgl. BVerfG FamRZ 2004, S. 1015.<br />
55 Dazu auch OLG Schleswig FamRZ 2003, S. 1948.
3 Elterliche Sorge<br />
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25<br />
Frage:<br />
Was sind Beispiele für Angelegenheiten des täglichen Lebens? Nennen Sie mindestens<br />
zwei weitere Beispiele:<br />
Die Angelegenheiten des täglichen Lebens sind dabei nach den individuellen Verhältnissen des<br />
Kindes zu bestimmen und zu unterscheiden von den „Sorgeangelegenheiten von erheblicher<br />
Bedeutung“ (vgl. § 1628 BGB), die eine Sorgeregelung notwendig machen können.<br />
Beispiel:<br />
So könnte die Afrikareise eines Säuglings gem. §§ 1628, 1671 BGB zu beurteilen sein,<br />
während die gleiche Reise eines 17-jährigen Kindes von § 1687 BGB gedeckt sein dürfte.<br />
Die streitige Frage etwa, wer das Kind am Kindergarten oder Hort abholt und nach Hause<br />
begleitet, ist eine Angelegenheit des täglichen Lebens und wird daher vom betreuenden<br />
Elternteil alleine entschieden. 56 Beteiligt sich der weit entfernt wohnende Vater<br />
nicht an der schulischen Frage einer Gruppeneinteilung, führt dies nicht zu einer für ihn<br />
negativen Sorgeentscheidung, da es sich dabei gerade um eine Frage des täglichen<br />
schulischen Lebens handelt, die ohnehin vom betreuenden Elternteil zu regeln ist. 57<br />
Als Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung werden u. a. angesehen:<br />
Notwendigkeit der Behandlung eines hyperkinetischen Syndroms 58<br />
Örtlicher Schulwechsel 59<br />
Impfung des Kindes 60<br />
Entscheidung über Umgang mit Bezugspersonen gem. § 1685 61<br />
Religiöse Erziehung (Konfession)<br />
Wahl des Vornamens 62<br />
Beachten Sie:<br />
Dementsprechend hat natürlich auch der umgangsberechtigte Elternteil gem.<br />
§§°1687Abs. 1 S. 4, 1687a BGB in den Zeiten des Umgangs das alleinige Sagen in den<br />
Angelegenheiten des täglichen Lebens.<br />
56 Palandt/Diederichsen, § 1687 Rz.11.<br />
57 OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2011 – 4 UF 96/11, BeckRS 2011, 19027.<br />
58 OLG Bamberg FamRZ 2003, S. 1403.<br />
59 OLG Dresden FamRZ 2003, S. 1489.<br />
60 KG FamRZ 2006, S. 142.<br />
61 OLG Dresden NJW-RR 2005, S. 373<br />
62 Palandt/Diederichsen, § 1628 Rz.4.
3 Elterliche Sorge<br />
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26<br />
Beispiel:<br />
Fragen der Ernährung, der Bettruhe, Fernsehkonsum und der Aktivitäten können damit<br />
insbesondere nicht zu Bedingungen für eine Umgangsausübung erhoben werden, auch<br />
wenn eine Vereinbarung auch zu diesen Themen oft hilfreich ist, um Widerstände gegen<br />
einen Umgang abzubauen.<br />
Eine gemäß § 1671 BGB getroffene gerichtliche Regelung kann später durch einen neuen Antrag<br />
gem. § 1696 BGB grundsätzlich wieder abgeändert werden.<br />
Gerichtliche Sorgerechtsregelungen, mit der die bestehende gemeinsame elterliche Sorge<br />
aufgehoben wird, können auf folgendem Wege erreicht werden:<br />
Durch einen Verbundantrag im Rahmen des Scheidungsverfahrens nach § 137 Abs. 3<br />
FamFG. In der Praxis werden Anträge aber meist isoliert gestellt bzw. gem. § 140 Abs. 2<br />
Nr.3 FamFG aus Kindeswohlgründen abgetrennt.<br />
Durch einen isolierten Sorgerechtsantrag außerhalb des Scheidungsverbundes 63 , ein bei<br />
einem anderen Gericht anhängiges Verfahren ist von Amts wegen abzugeben, § 153<br />
FamFG.<br />
Durch eine einstweilige Anordnung (eA) gem. § 49 ff FamFG, die als Zulässigkeitsvoraussetzung<br />
keine Hauptsache benötigt. 64 Dieser Eilantrag kann auf die Übertragung des gesamten<br />
Sorgerechts oder auch nur bestimmter Teile des Sorgerechts wie des Aufenthaltsbestimmungsrechtes<br />
gerichtet sein.<br />
3.2 § 1628 BGB, Gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheit<br />
der Eltern<br />
Eine gerichtliche Entscheidung kommt im Rahmen des § 1628 BGB nur in Betracht bei<br />
1. „einzelnen (Sorge-)Angelegenheiten“, die<br />
2. „von erheblicher Bedeutung“ sind.<br />
Beachten Sie:<br />
Beide Tatbestandsmerkmale müssen vorliegen. Zusätzlich muss die Übertragung auch<br />
dem Kindeswohl dienen, § 1697a BGB. Kann nicht festgestellt werden, dass eine Übertragung<br />
dem Kindeswohl am besten entspreche, ist der Antrag zurückzuweisen. 65<br />
Auch hier ist daher wieder die Abgrenzung zu den Alltagsangelegenheiten der §§ 1687, 1687a<br />
BGB zu treffen (siehe oben bei § 1671 BGB).<br />
Beachten Sie:<br />
Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist der Antrag in Form einer Negativentscheidung<br />
zurückzuweisen. 66<br />
Eine Urlaubsreise kann Gegenstand der elterlichen Sorge sein. 67<br />
63 Ein solches isoliertes Verfahren ist nur zulässig, wenn kein Verbundverfahren anhängig ist. Andernfalls wird der<br />
isoliert eingereichte Antrag gem. § 151 FamFG zur Folgesache.<br />
64 § 51 Abs. 3 FamFG.<br />
65 OLG Düsseldorf BeckRS 2010, 18767: Entscheidung der Teilnahme an der Kommunion, da dies eine endgültige<br />
Festlegung in der Konfession darstellen würde.<br />
66 Palandt/Diederichsen, § 1628 BGB Rz.7.
3 Elterliche Sorge<br />
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27<br />
Beispiel:<br />
Handelt es sich aber um die Abi-Fahrt des 17-jährigen Sohnes, dürfte es am Merkmal der<br />
erheblichen Bedeutung fehlen und die Zustimmungsbefugnis des betreuenden Elternteils<br />
sich alleine aus § 1687 BGB ergeben.<br />
Hingegen sind die im Dezernat häufigen Fälle der verweigerten Zustimmung zur Beantragung<br />
eines Kinderreiseausweises gem. § 1628 BGB zu entscheiden. 68<br />
Die getroffenen Anordnungen können durch Auflagen (etwa zeitliche Beschränkung des<br />
Rechts oder Informationsverpflichtung zugunsten des anderen Elternteils) begleitet werden, §<br />
1628, S. 2 BGB.<br />
3.3 § 1626a BGB, gemeinsame Sorge nichtverheirateter Eltern<br />
Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter<br />
Eltern am 19. Mai 2013 konnte der nicht mit der Kindesmutter verheiratete Vater nach §<br />
1626a BGB a. F. Teilhabe an der elterlichen Sorge (Mitsorge) nur durch<br />
spätere Heirat<br />
oder durch eine bei dem Jugendamt abzugebende gemeinsame Sorgeerklärung erlangen,<br />
also mit Zustimmung der Mutter, § 1626a BGB. Diese Bestimmung hatte das BVerfG in Anschluss<br />
an einer Entscheidung des EuGHMR 69 für verfassungswidrig erachtet 70 .<br />
§ 1626a BGB wurde daher wie folgt neu gefasst:<br />
(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet, so steht ihnen die el-<br />
terliche Sorge gemeinsam zu,<br />
1. wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen),<br />
2. wenn sie einander heiraten oder<br />
3. soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt.<br />
(2) Das Familiengericht überträgt gemäß Absatz 1 Nummer 3 auf Antrag eines Elternteils die el-<br />
terliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Über-<br />
tragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die<br />
der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, und sind sol-<br />
che Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge<br />
dem Kindeswohl nicht widerspricht.<br />
(3) Im Übrigen hat die Mutter die elterliche Sorge.<br />
Der nicht verheiratete, nicht sorgeberechtigte Kindesvater kann daher jetzt nicht nur mit Zustimmung<br />
der Mutter die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind erlangen, sondern nach §<br />
1626a Abs. 2 BGB auch durch familiengerichtliche Entscheidung. Nach § 1626a Abs. 2 BGB<br />
kann aber auch die Kindesmutter als Elternteil den Antrag stellen und so den Kindesvater an<br />
der gemeinsamen elterlichen Sorge beteiligen.<br />
67 Reise zu Verwandten nach Kasachstan: OLG Hamburg, FamRZ 2012, S. 562; dagegen keine erhebliche Bedeutung<br />
bei Reise nach Russland: OLG Köln FamRZ 2012, S. 563.<br />
68 OLG Karlsruhe FamRZ 2005, S. 1187.<br />
69 EuGHMR FamRZ 2010, S. 103.<br />
70 BVerfG NJW 2010, S. 1403.
3 Elterliche Sorge<br />
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28<br />
Beachten Sie:<br />
Anders als bei einem Antrag auf Alleinsorge nach § 1671 BGB verlangt der Gesetzgeber<br />
also für die Herstellung der gemeinsamen Sorge nach § 1626a BGB nicht, dass dies dem<br />
Kindeswohl dient, sondern nur, dass dies „… dem Kindeswohl nicht widerspricht … .“ Die<br />
Anforderungen an die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge sind daher deutlich<br />
geringer, es ist nur eine negative Kindeswohlprüfung.<br />
Äußert sich der andere Elternteil nicht, so wird zudem vermutet, dass die Voraussetzungen<br />
für die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Interesse des Kindes vorliegen.<br />
Für das Verfahren gelten die besonderen Verfahrensvorschriften nach § 155a FamFG:<br />
Fristende zur Stellungnahme für die Mutter frühestens sechs Wochen nach Geburt<br />
Beschleunigungsgrundsatz des § 155 BGB gilt (unter Beachtung der eben genannten Frist)<br />
Sofern gem. § 1626a II 2 BGB keine Einwendungen erhoben werden, kann ohne Anhörung des<br />
JAs und ohne persönliche Anhörung der Eltern im schriftlichen Verfahren entschieden werden,<br />
ansonsten Erörterungstermin mit persönlicher Anhörung, § 155a Abs. 4 FamFG.<br />
Die Entscheidung ist dem Sorgeregister mitzuteilen, § 58a SGB VIII.<br />
Eine Abänderung einer Sorgeentscheidung nach § 1626a BGB (also einer hergestellten gemeinsamen<br />
Sorge der Kindeseltern) erfolgt gem. § 1696 Abs. 1 S. 2 BGB nach § 1671 Abs. 1 BGB; es<br />
gelten also nicht die hohen Anforderungen des § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB.<br />
Beachten Sie:<br />
Gem. § 1626 d BGB müssen Sorgeerklärungen und Zustimmungen öffentlich beurkundet<br />
werden. Urkundsperson ist entweder der Notar (§ 20 Absatz I BNotO) oder die Urkundsperson<br />
beim Jugendamt. Die Beurkundung kann allerdings auch durch einen gerichtlich<br />
gebilligten Vergleich ersetzt werden, § 127 a BGB. 71<br />
3.4 § 1674 BGB, Ruhen der elterlichen Sorge<br />
Das Ruhen der elterliche nach § 1674 I BGB ist in Rechtspflegerzuständigkeit durch Beschluss<br />
festzustellen (§ 3 I Nr. 2 a RpflG), wenn ein mitsorgeberechtigter Elternteil an der Ausübung<br />
der Sorge gehindert ist (Abwesenheit oder Krankheit).<br />
Beachten Sie:<br />
Insbesondere bei Sorgeanträgen nach § 1671 Abs. 2 Nr.2 BGB mit dem Behaupten, der<br />
andere Elternteil sei untergetaucht und oder etwa im Ausland nicht zu erreichen, sind<br />
die Antragsteller auf dieses Verfahren zu verweisen. 72 Denn ist das ruhen der Sorge festgestellt,<br />
kann der mitsorgeberechtigte Elternteil nach § 1678 abs.1 BGB die elterliche<br />
Sorge alleine ausüben.<br />
Dies gilt z. B. auch bei länger andauernder Strafhaft. 73<br />
71 BGH NJW 2011, S. 2360.<br />
72 Z. B.: Vater in der Ukraine in Strafhaft. OLG Brandenburg FamRZ 2009, S. 237.<br />
73 OLG Brandenburg FamRZ 2009, S. 1683: Entziehung ggf. erst bei Ende der Strafhaft.
3 Elterliche Sorge<br />
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Häufig werden unbegleitete ausländische Jugendliche durch das Jugendamt in Obhut genommen.<br />
Wegen des Auslandsbezugs ist gem. § 14 I Nr. 10 RpflG der Richter zuständig. Ist ungeklärt,<br />
ob der Betroffene minderjährig ist oder wenn die Sorgeberechtigten unbekannt oder<br />
nicht erreichbar sind, ist gem. § 1773 Abs. 2 BGB ein Vormund zu bestellen und zusätzlich ggf.<br />
das Ruhen der elterlichen Sorge anzuordnen.<br />
3.5 § 1680 BGB<br />
In § 1680 BGB wird der Übergang der elterlichen Sorge geregelt, sofern ein (Mit-) Sorgeberechtigter<br />
stirbt oder ihm die elterliche Sorge entzogen wird.<br />
29<br />
Frage:<br />
Welche Möglichkeiten bestehen bei Tod eines Sorgeberechtigten, die elterliche Sorge<br />
zuzuweisen?<br />
Beachten Sie:<br />
Tod eines Sorgebrechtigten/Entzug der elterlichen Sorge<br />
Auswirkungen auf weitere Sorgeberechtigte / den anderen Elternteil<br />
gemeinsame Sorge<br />
anderer mitsorgeberechtigter<br />
Elternteil erhält kraft Gesetz<br />
Gesamtsorge<br />
Alleinsorge, §§ 1671, 1626a BGB<br />
Übertragung nach negativer<br />
Kindeswohlprüfung<br />
(..nichts spricht dagegen...)<br />
Abbildung § 1680 BGB, Struktur<br />
Im Fall der gemeinsamen Sorge (gleich ob aus Heirat oder nach § 1626a BGB) erhält der<br />
andere Elternteil nach dem Tod des Mitsorgeberechtigten das alleinige Sorgerecht unmittelbar<br />
kraft Gesetz.
3 Elterliche Sorge<br />
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3.6 § 1630 Abs. 3 BGB<br />
Eine Sorgeübertragung kann das Familiengericht auf Antrag der Eltern oder der Pflegeperson<br />
aussprechen, wenn sich das Kind gem. § 1630 Abs. 3 BGB längerer Zeit in Familienpflege befindet.<br />
30<br />
Beispiel:<br />
Die 18-jährige, alleinsorgeberechtigte Mutter hat ihr Kind für die Dauer ihrer Berufsausbildung<br />
bei ihrer Mutter, der Großmutter des Kindes, untergebracht. Beide wollen nun,<br />
dass die Großmutter die Gesundheitsfürsorge übertragen bekommt, damit diese die<br />
notwendigen Arztbesuche problemlos abwickeln kann.<br />
Beachten Sie:<br />
Es handelt sich also um einen Fall der einvernehmlichen Sorgeübertragung, entweder<br />
beantragen die sorgeberechtigten Eltern selbst die Übertragung oder sie stimmen dem<br />
Antrag der Pflegeperson zu. Die Übertragung ist dann durch Beschluss auszusprechen.<br />
Entsprechend § 1687 BGB hat die Pflegeperson für die „Angelegenheiten des täglichen Lebens“<br />
ohnehin schon die Vertretungsmacht, § 1688 BGB.<br />
3.7 § 1631b BGB, Genehmigung der Unterbringung Minderjähriger<br />
Im Rahmen des § 1631b BGB wird keine gerichtliche Unterbringungsentscheidung für das Kind<br />
getroffen, vielmehr wird die Sorgeentscheidung der sorgeberechtigten Eltern, das Kind wegen<br />
einer Eigen- oder Fremdgefährdung unterzubringen, wegen der damit verbundenen Freiheitsentziehung<br />
familiengerichtlich genehmigt.<br />
Beachten Sie:<br />
Für die eA reicht ein ärztliches Zeugnis aus, für eine längerfristige Maßnahme ist ein<br />
ärztliches Gutachten notwendig, §§ 321, 331 FamFG.<br />
Häufig geschieht eine Unterbringung ohne Genehmigung, weil etwa ein Suizidversuch<br />
eine sofortige Unterbringung notwendig macht. Die Genehmigung ist dann – ebenso wie<br />
die Anhörung des Kindes – unverzüglich nachzuholen, § 1631b, S. 3 BGB.<br />
Die freiheitsentziehende Unterbringung ist unzulässig, solange eine Heimerziehung in<br />
einer offenen Einrichtung nicht aussichtslos erscheint. 74<br />
3.8 § 1632 Abs.1, Abs.4 BGB, Herausgabe und Verbleibensanordnung<br />
bei Pflegeverhältnis<br />
Nach § 1632 BGB können sorgeberechtigte Eltern ihr Kind jederzeit heraus verlangen, wenn es<br />
ohne die Zustimmung der Eltern/des Elternteils – also widerrechtlich – vorenthalten wird.<br />
74 BGH NJW 2012, 2584.
3 Elterliche Sorge<br />
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31<br />
Beispiel:<br />
Nach Beendigung der Ferienumgangskontakte meldet der nichtsorgebrechtigte Vater<br />
seinen Sohn, der sich bei ihm aufhält, in der Schule seines Wohnorts an und erklärt der<br />
Mutter, der Sohn werde jetzt bei ihm leben – was auch dem Willen des Sohnes entspreche.<br />
Die Kindesmutter kann als Inhaberin des Aufenthaltsbestimmungsrechts den Sohn nach<br />
§ 1632 Abs. 1 BGB heraus verlangen und nach §§ 89, 90 FamFG vollstrecken.<br />
Beachten Sie:<br />
Über einen Herausgabeanordnungantrag (ggf. im Wege der eA) kann also sichergestellt<br />
werden, dass ein Kind zu dem Sorgeberechtigten zurückkehrt. Erst dann wäre ggf. ein<br />
Verfahren über eine Änderung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu führen.<br />
Die in der Praxis schwierigen Fälle ergeben sich dann, wenn Herausgabeantrag und die Frage<br />
einer – auch von Amts wegen zu prüfenden – Verbleibensanordnung aufeinandertreffen.<br />
Beispiel:<br />
Mit Zustimmung der Eltern befinden sich die minderjährigen Kinder in einer Pflegefamilie.<br />
Die Eltern widerrufen nun ihre Zustimmung, da sie der Ansicht sind, nun wieder die<br />
Kinder gut versorgen zu können. Sie verlangen die Kinder heraus. Die Pflegeeltern behaupten<br />
das Wohl der Kinder sei bei einer Rückkehr gefährdet und beantragen eine Verbleibensanordnung.<br />
Voraussetzung für eine Verbleibensanordnung ist eine Familienpflege seit längerer Zeit. Dieser<br />
Zeitbegriff ist aus der Sicht des betroffenen Kindes zu bewerten. 75 Während aus der Sicht<br />
eines Kleinkindes schon 2 Monate eine längere Zeit i. S. d. Vorschrift darstellen können, wird<br />
dies ein 16-jähriges Kind anders beurteilen.<br />
Beachten Sie:<br />
Voraussetzung ist weiter ein ernstlicher Wegnahmewille der Aufenthaltsbestimmungsberechtigten.<br />
Die bloße Ankündigung „die Kinder sollen irgendwann wieder bei uns<br />
wohnen“ dürfte daher noch nicht reichen.<br />
Schließlich muss durch die Wegnahme eine Kindeswohlgefährdung drohen. Zu prüfen und<br />
von Amts wegen aufzuklären ist daher, ob eine solche Kindeswohlgefährdung im Sinne des §<br />
1666 BGB bei Rückkehr zu den Sorgeberechtigten droht.<br />
Beachten Sie:<br />
Darüber hinaus kann diese Gefährdung sich in diesen Fällen konkret auch aus den Auswirkungen<br />
des erneuten Bindungsabbruchs, also der Trennung des Kindes von der Pflegefamilie<br />
ergeben. 76<br />
75 OLG Köln FamRZ 2007, S. 658.<br />
76 EGMR FamRZ 2004, S. 1456, 1459; OLG Hamm FamRZ 2004, S. 1396.
3 Elterliche Sorge<br />
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Hier spielen – genauso wie bei dem Begriff der „längeren Familienpflege“ – die altersabhängigen<br />
Besonderheiten des Bindungsaufbaus eine Rolle. 77<br />
32<br />
Beispiel:<br />
Mit Zustimmung der alleinsorgeberechtigten und suchtkranken Mutter wurde das neugeborene<br />
Kind in eine Bereitschaftspflegefamilie gegeben. Die Mutter hat über einen<br />
Zeitraum von 6 Monaten eine Therapie erfolgreich durchgeführt. Die gewachsenen Bindungen<br />
des Kleinkindes zu den Pflegeeltern würden ggf. durch eine Rückkehr zur Mutter<br />
zerstört, das Kind in kindeswohlgefährdender Weise dadurch belastet. Obwohl die Mutter<br />
also jetzt zur Versorgung des Kindes in der Lage wäre, könnte eine Verbleibensanordnung<br />
zugunsten der Pflegeeltern ergehen.<br />
Konkret ist also eine Abwägung zwischen dem Elternrecht, der Grundrechtsposition des Kindes<br />
und dem Grundrecht der Pflegefamilie geboten. 78 Die Möglichkeit einer Kindeswohlgefährdung<br />
ist dabei schon für eine Verbleibensanordnung ausreichend. 79<br />
Ergeht eine Verbleibensanordnung ist ggf. von Amts wegen aber der Umgang der Sorgeberechtigten<br />
zu regeln.<br />
Beachten Sie:<br />
Eine Verbleibensanordnung kann gem. § 1682 BGB auch zugunsten von Bezugspersonen<br />
getroffen werden.<br />
Beispiel:<br />
Das 16-jährige Kind lebt seit 10 Jahren mit der Mutter und ihrem neuen Lebensgefährten<br />
in einem Haushalt zusammen. Der von der Mutter geschiedene Vater ist mitsorgeberechtigt.<br />
Er lebt mit neuer Familie 500 km entfernt, Umgangskontakte finden nicht statt.<br />
Die Mutter stirbt. Der Vater erhält gem. § 1680 Abs. 1 BGB das Sorgerecht und möchte<br />
das Kind in seinen Haushalt holen. Das Familiengericht kann hier gem. § 1682, S. 2 BGB<br />
den Verbleib des Kindes bei dem Lebensgefährten der Mutter zur Aufrechterhaltung der<br />
bestehenden Bindungen des Kindes anordnen.<br />
3.9 §§°1666, 1666a BGB, Verfahren auf Entziehung des Sorgerechts<br />
nach<br />
Verfahren auf Entziehung des Sorgerechts nach § 1666 ,1666a BGB werden im Regelfall durch<br />
einen Antrag des Jugendamtes eingeleitet. 80 Hier bestehen besondere Anforderungen an die<br />
gerichtlichen Ermittlungen (Amtsermittlungsgrundsatz!).<br />
77 Vgl. zu den kindespsychologischen Besonderheiten Balloff: Rückführung des Kindes in die Herkunftsfamilie<br />
oder Verbleibensanordnung nach § 1632 IV BGB aus familienrechtspsychologischer Sicht. FPR 2004, S. 431.<br />
78 OLG Hamm FamRZ 2007, S. 659.<br />
79 Ein Verständnis von § 1632 IV BGB, dass eine Verbleibensanordnung von einer mit Sicherheit zu erwartenden<br />
Kindeswohlschädigung bei Rückkehr des Kindes zu seinen Eltern abhängig macht, wird der Grundrechtsposition<br />
des betroffenen Kindes aus Art. 2 I i.V. mit Art. 1 I GG nicht gerecht.“ BVerfG NJW 2010, S. 2336.<br />
80 Sog. Gefährdungsmitteilung nach § 8a III SGB VIII.
3 Elterliche Sorge<br />
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33<br />
Beachten Sie:<br />
Ohne Anhörung der Eltern sollte keine Entscheidung getroffen werden. Muss eine Sofortmaßnahme<br />
ergehen, so ist die Anhörung unverzüglich nachzuholen.<br />
Ist die elterliche Sorge ganz oder teilweise zu entziehen, ist eine<br />
Ergänzungspflegschaft einzurichten (teilweiser Sorgeentzug) oder<br />
Ein Vormund zu bestellen (Entzug des gesamten Sorgerechts).<br />
Da die Vormundschaften beim Familiengericht geführt werden, kann der Familienrichter unmittelbar<br />
in seinem Beschluss über die elterliche Sorge einen Vormund oder Ergänzungspfleger<br />
auswählen. Die Akte ist danach dem Rechtspfleger zuzuschreiben, damit dieser den Vormund<br />
oder Ergänzungspfleger bestellen kann, § 1789, 1791 BGB.<br />
Beachten Sie:<br />
Die in der Praxis übliche Übertragung bzw. Bestellung des JA als Pfleger oder Vormund<br />
ist so im Gesetz nicht vorgesehen, sondern der Ausnahmefall, § 1791b BGB. 81 In der Regel<br />
ist daher eine geeignete natürliche Person zu bestellen, erst wenn diese nicht vorhanden<br />
ist, das JA.<br />
Das Bundesverfassungsgericht stellt hohe Anforderungen für den Umfang der Amtsermittlung,<br />
die tatrichterlichen Ausführungen und für die Prüfung des Gerichtes auf, ob nicht durch<br />
andere Maßnahmen mit geringerer Eingriffsintensität das zu schützende Kindeswohl gewahrt<br />
werden kann. 82<br />
Beispiel:<br />
Soweit z. B. durch Trennung der Kinder von der Mutter die drohende Kindeswohlgefährdung<br />
ausreichend verhindert wird, kann auch nur dieser Teil des Sorgerechts entzogen<br />
werden. 83 Die konkreten Gefährdungen des Kindeswohls müssen als „mit ziemlicher<br />
Sicherheit zu einer erheblichen Schädigung führend“ festgestellt werden. 84 Andererseits<br />
führt die Zustimmung des Sorgeinhabers zur Fremdunterbringung nicht zwangsläufig zu<br />
einem Wegfall der Kindeswohlgefährdung, wenn ein jederzeitiger Widerruf möglich ist. 85<br />
81 § 1791b BGB: Bestellte Amtsvormundschaft des Jugendamts<br />
(1) Ist eine als ehrenamtlicher Einzelvormund geeignete Person nicht vorhanden, so kann auch das Jugendamt<br />
zum Vormund bestellt werden. Das Jugendamt kann von den Eltern des Mündels weder benannt noch ausgeschlossen<br />
werden.<br />
(2) Die Bestellung erfolgt durch Beschluss des Familiengerichts; die §§ 1789, 1791 sind nicht anzuwenden.<br />
82 BVerfG, B. v. 28.02.2012 – 1 BvR 3116/11, BeckRS 2012, 48175.<br />
83 OLG Hamm FamRZ 2009, S. 1752 , 1753.<br />
84 BVerfG FamRZ 2010, S. 713.<br />
85 OLG Hamm BeckRS 2012, 12861.
3 Elterliche Sorge<br />
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34<br />
Beachten Sie:<br />
Nach § 158 Abs. 2 Nr.2 FamFG ist in derartigen Fällen in der Regel dem minderjährigen<br />
Kind ein Verfahrensbeistand zu bestellen.<br />
Die Vorschrift des § 1666 BGB dient lediglich der Gefahrenabwehr, nicht der Bereitstellung<br />
optimaler Förderung und Erziehung 86 , Stichwort: Wächteramt des Staates. 87<br />
Demzufolge gilt:<br />
Die durch Art. 6 II 1 GG garantierte primäre Entscheidungszuständigkeit der Eltern für die Pflege<br />
und Erziehung ihrer Kinder beruht auf der Erwägung, dass die Interessen des Kindes am<br />
besten von den Eltern wahrgenommen werden. Dabei wird sogar die Möglichkeit in Kauf genommen,<br />
dass das Kind durch einen Entschluss der Eltern Nachteile erleidet, die im Rahmen<br />
einer nach objektiven Maßstäben getroffenen Erziehungsentscheidung vielleicht vermieden<br />
werden könnten.<br />
Beachten Sie:<br />
Die Eltern und deren sozio-ökonomische Verhältnisse gehören grundsätzlich zum<br />
Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes. Zum Wächteramt des Staates zählt nicht die<br />
Aufgabe, für eine den Fähigkeiten des Kindes bestmögliche Förderung zu sorgen.<br />
Nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit der Eltern berechtigt den Staat auf der Grundlage<br />
seines ihm nach Art. 6 II 2 GG zukommenden Wächteramtes, die Eltern von der Pflege und<br />
Erziehung ihres Kindes auszuschalten oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen.<br />
Beachten Sie:<br />
Voraussetzung der Entziehung der elterlichen Sorge ist gem. § 1666 BGB eine Gefährdung<br />
des Kindeswohls, also ein bereits eingetretener Schaden des Kindes oder eine gegenwärtige,<br />
in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei seiner weiteren<br />
Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt.<br />
Die hinreichende Tatsachengrundlage dafür ist vom Gericht näher darzutun! 88<br />
Elterliches Fehlverhalten und Schwächen in der Erziehung, sowie eine schlechte (finanzielle,<br />
häusliche, intellektuelle) Gesamtsituation rechtfertigen daher keinen Sorgeentzug, sofern<br />
nicht die Eingriffsschwelle der Kindeswohlgefährdung überschritten ist.<br />
Beachten Sie:<br />
Kurz gesagt: das Kind hat keinen Anspruch auf bestmögliche Versorgung und Förderung,<br />
sondern muss sich damit begnügen, was die Eltern zu leisten imstande sind, 89 auch<br />
wenn das manchmal im Einzelfall zu Nachteilen führt und zu Bedauern ist.<br />
In der Praxis ist der Übergang von hinzunehmenden Nachteilen zu kindeswohlgefährdendem<br />
Tun oder Unterlassen oft fließend und besonders dann problematisch, wenn eine kontinuierliche<br />
Verschlechterung der Situation zu beobachten ist.<br />
86 OLG Hamm FamRZ 2004, S. 1806.<br />
87 OLG Hamm FamRZ 2009, S. 1753.<br />
88 BVerfG NJW 2010, 2333; FamRZ 2010, S. 713.<br />
89 OLG Hamm FamRZ 2009, S. 1753 (1754).
3 Elterliche Sorge<br />
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35<br />
Beispiel:<br />
• Ab welcher Fehlstundenzahl in der Schule ist die Grenze zur Kindeswohlgefährdung<br />
überschritten?<br />
• Wird das Kind, welches grundsätzlich Abitur machen könnte, aus der Familie genommen,<br />
weil sich wegen schlechter familiärer Verhältnisse die schulische Leistung<br />
drastisch verschlechtert?<br />
• Ist der sog. „Klaps auf den Popo“ für einen Entzug ausreichend oder erst das blaue<br />
Auge nach einer Ohrfeige?<br />
• Wird das Recht der Gesundheitsfürsorge entzogen, wenn die verschriebenen Medikamente<br />
nicht verabreicht werden, oder erst, wenn dadurch eine weitere pathologische<br />
Störung feststellbar ist?<br />
• Nimmt das Kind erheblichen Schaden, wenn beide Eltern alkoholkrank sind?<br />
Beachten Sie:<br />
Die psychiatrische Begutachtung eines Elternteils ist in diesem Zusammenhang nicht<br />
möglich, da hier keine gesetzliche Grundlage besteht, die fehlende Mitwirkung führt<br />
daher auch nicht zu einer Beweisvereitelung.<br />
Die Eltern können aber mit den Zwangsmitteln des § 33 FamFG zu dem persönlichen Erscheinen<br />
bei Gericht gezwungen werden, damit sie im Termin von einem Sachverständigen begutachtet<br />
werden können. 90<br />
Ebenso wenig kann gem. § 1666 III BGB für einen Elternteil die Teilnahme an einer Psychotherapie<br />
gerichtlich angeordnet werden, auch hierfür fehlt es an einer Rechtsgrundlage. 91 Wohl<br />
kann aber die psychologische Begutachtung des Kindes angeordnet werden, hierfür kann die<br />
Einwilligung der Sorgeinhaber ersetzt werden bzw. für die Dauer der Begutachtung das ABR<br />
entzogen werden. 92<br />
Besteht gemeinsame elterliche Sorge, kann unter Berücksichtigung des § 1680 Abs. 3 BGB bei<br />
einer Kindeswohlgefährdung eine Übertragung des gesamten Sorgerechts auf das JA und nicht<br />
auf weiteren Elternteil nur stattfinden, wenn die Gründe für einen Sorgeentzug nach § 1666<br />
BGB auch in der Person des anderen Elternteils vorliegen.<br />
Beachten Sie:<br />
Ansonsten ist die notwendige Folge, dass der andere Elternteil Sorgeinhaber wird. 93<br />
In einem Anhörungstermin gem. § 157 FamFG sind mit den Eltern (und ggf. dem Kind) die<br />
Möglichkeiten der Vermeidung von Sorgemaßnahmen durch anderweitige Hilfe zu erörtern,<br />
das persönliche Erscheinen der Eltern ist daher anzuordnen, §° 157 Abs. 2, FamFG.<br />
Beachten Sie:<br />
Das Jugendamt ist zu laden, § 157 Abs. 1, S. 3 FamFG.<br />
90 Insgesamt: BGH FamRZ 2010, S. 720.<br />
91 BVerfG: Beschluss vom 01.12.2010 – 1 BvR 1572/10, BeckRS 2011, 48089.<br />
92 Vgl. OLG Rostock FamRZ 2011, S. 1873.<br />
93 OLG Hamm FamRZ 2009, S. 1752 (1753).
3 Elterliche Sorge<br />
©Justizakademie NRW<br />
§ 1666 Abs. 3 BGB zählt einige Maßnahmen auf, die das Familiengericht treffen kann:<br />
Gebote, öffentliche Hilfen wie beispielsweise Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und<br />
der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen<br />
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen<br />
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere<br />
Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten<br />
oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält<br />
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind<br />
herbeizuführen<br />
Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge<br />
Die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge<br />
36<br />
Beachten Sie:<br />
Das Familiengericht kann darüber hinaus aber jede andere Maßnahme treffen, die zur<br />
Abwehr der Kindeswohlgefährdung geeignet ist.<br />
Eine länger dauernde kindesschutzrechtliche Maßnahme hat das Gericht in angemessenen<br />
Zeitabständen zu überprüfen, § 1666 Abs. 2 BGB.<br />
Beispiel:<br />
Ist also zum Beispiel den Kindeseltern die elterliche Sorge wegen einer Kindeswohlgefährdung<br />
entzogen worden, so wird das Gericht unter Berücksichtigung der zur Entziehung<br />
führenden Umstände zu überprüfen haben, ob zum Beispiel nach einem Jahr diese<br />
Gründe weggefallen sind. Der Beschluss wäre dann nach § 1696 BGB aufzuheben.<br />
Es empfiehlt sich, die Sache auf entsprechende Frist zu legen und nach Fristablauf eine Anfrage<br />
an Jugendamt, Verfahrensbeistand, Vormund/Pfleger und Kindeseltern bezüglich veränderter<br />
Umstände zu stellen. 94<br />
Beachten Sie:<br />
Wird von einer Maßnahme abgesehen, so ist auch dies zu überprüfen, in der Regel nach<br />
Ablauf von 3 Monaten, § 166 Abs. 3 FamFG.<br />
Dadurch wird sichergestellt, dass die Eltern im Termin nicht nur Lippenbekenntnisse abgeben,<br />
sondern sich die Situation für das gefährdete nachhaltig ändert.<br />
Auf die erneute Überprüfung sollte im Termin hingewiesen werden.<br />
94 Neues Pebb§y-Produkt Sorgeverfahren!
3 Elterliche Sorge<br />
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3.10 § 1696 BGB, Abänderung gerichtlicher Sorgeentscheidungen<br />
37<br />
Beachten Sie:<br />
Entscheidung über das Sorgerecht können nach § 1696 BGB auch wieder abgeändert<br />
werden. Möglich ist dies nach dem Gesetzeswortlaut aber nur „aus triftigen, das Kindeswohl<br />
berührende Gründen“.<br />
Damit liegen hier die Voraussetzungen höher als im Fall des § 1671 II Nr. 2 BGB der lediglich<br />
verlangt, dass die Entscheidung dem „Wohl des Kindes am ehesten entspricht“.<br />
Der strenge Maßstab gilt allerdings nicht für die Abänderung einer eA im gleichen Verfahren,<br />
sondern alleine für die Abänderung einer Endentscheidung. 95 Die hohen Anforderungen gelten<br />
auch nicht bei den Entscheidungen nach § 1626a Abs. 2 BGB, da § 1696 Abs. 1 S. 2 BGB hier auf<br />
die Anwendbarkeit des § 1671 BGB verweist.<br />
Beachten Sie:<br />
Damit müssen für eine Entscheidung die Vorteile einer Abänderung deren Nachteile<br />
deutlich überwiegen. 96<br />
Dabei nimmt man aber bei dem ernstlichen Willen des Kindes die Betreuungsverhältnisse zu<br />
ändern 97 und erst recht bei dem geänderten Willen der Eltern z. B. die gemeinsame Sorge wieder<br />
auszuüben 98 das Vorliegen der Voraussetzungen als indiziert an.<br />
Jedenfalls stellt der eindeutige Wille eines 16-jährigen Kindes bei bestehendem Regelungsbedarf<br />
in Sorgeangelegenheiten daher einen triftigen Grund für eine Abänderung dar. 99<br />
Liegt eine gerichtliche Elternvereinbarung etwa zum Aufenthalt des Kindes bei einem Elternteil<br />
vor, ist streitig, ob § 1696 BGB für eine Abänderung anwendbar ist. 100<br />
Beachten Sie:<br />
Ansonsten ist bei allen Abänderungen von Sorgeentscheidung wegen geänderter Umstände<br />
§ 1696 BGB einschlägig, es sei denn das gerichtliche Einschreiten erfolgt wegen<br />
einer Kindeswohlgefährdung, dann richtet sich die Entscheidung nach §°1666 BGB. 101<br />
95 BVerfG FamRZ 2009, S. 1389.<br />
96 OLG Köln FamRZ 2005, S. 1276.<br />
97 OLG Hamm FamRZ 2005, S. 746.<br />
98 OLG Dresden FamRZ 2001, S. 632.<br />
99 OLG Hamm BeckRS 2010, 28472 (zuvor war die Alleinsorge auf die Mutter übertragen gewesen).<br />
100 OLG Brandenburg FamRZ 2008, S. 2055 (+); OLG Jena FamRZ 2008, S. 806 (-), für eine Abänderung nach § 1696<br />
BGB zuletzt: BGH B. v. 16.03.2011 – XII ZB 407/10.<br />
101 BVerfG FamRZ 2009, S. 1472.
3 Elterliche Sorge<br />
©Justizakademie NRW<br />
38<br />
Zusammenfassung:<br />
Gem. § 1626 Abs. 1 BGB umfasst die elterliche Sorge, die Personen- und die Vermögenssorge.<br />
Daraus ergibt sich nicht nur ein Sorgerecht, sondern auch eine Sorgepflicht.<br />
Im Bereich der elterlichen Sorge spielen insbesondere die Verfahren auf Entzug der elterlichen<br />
Sorge wegen einer Kindeswohlgefährdung eine große Rolle.<br />
Nach Trennung und Scheidung der Eltern besteht die gemeinsame elterliche Sorge fort,<br />
soweit beide Eltern dies wollen und auf Grund dessen keinen Antrag auf Übertragung<br />
der Alleinsorge gem. § 1671 BGB stellen.<br />
Bei Zustimmung eines Elternteils ist die Sorge auf den anderen Elternteil zu übertragen.<br />
Erfolgt keine Zustimmung, hat das Familiengericht eine zweistufige Kindeswohlprüfung<br />
vorzunehmen<br />
1. Aufhebung gemeinsame Sorge gerechtfertigt?<br />
2. Wer bekommt die alleinige Sorge?<br />
Zu beachten ist stets der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz:<br />
Soweit ein Teilentzug oder eine Teilübertragung der Sorge ausreicht, ist nur diese Maßnahme<br />
zu treffen.
4 Umgang<br />
©Justizakademie NRW<br />
4 Umgang<br />
______________________________ Dieses Kapitel dient dazu, den Umgang mit beiden Elternteilen zum Wohle<br />
des Kindes zu gestalten.<br />
Das Kapitel ist nochmals in zwei Unterkapitel geteilt.<br />
Leider kommt es in der familienrechtlichen Praxis immer wieder vor, dass Umgangskontakte<br />
zum nichtbetreuenden Elternteil oder anderen Bezugspersonen scheitern. Konflikte entstehen<br />
dabei sowohl durch den betreuenden als auch den umgangsberechtigten Elternteil. So ist es oft<br />
der betreuende Elternteil, der bewusst – mitunter aber auch ganz unbewusst – durch ein sehr<br />
behütendes Verhalten oder durch einen vor dem Kind ausgelebten Elternkonflikt nach Trennung<br />
das Kind in seinem Umgangsverhalten beeinflusst. Der umgangsberechtigte Elternteil<br />
ruft den Konflikt etwa durch Nachfragen bei dem Kind nach dem neuen Partner des betreuenden<br />
Elternteils oder durch seinen Wunsch, das Kind möge bei ihm wohnen, hervor.<br />
Das Kind wird dadurch in einen Loyalitätskonflikt getrieben. Manche Kinder lösen den Konflikt<br />
dadurch, dass sie den Umgang verweigern.<br />
39<br />
Beachten Sie:<br />
§ 1626 Abs. 3 BGB legt fest, dass der Umgang mit beiden Elternteilen zum Wohle des<br />
Kindes gehört. § 1684 Abs. 1 BGB definiert dies als eigenes Recht des Kindes. Damit korrespondiert<br />
eine echte Pflicht des betreffenden Elternteils zum Umgang. 102 Auf das Umgangsrecht<br />
kann daher auch nicht durch vertragliche Vereinbarung durch die Eltern verzichtet<br />
werden. 103 Das Recht, Art und Umfang des Umgangs zu bestimmen, ergibt sich<br />
aus dem Recht der Personensorge, § 1632 Abs. 2 BGB.<br />
Umgangsstreitigkeiten gehören zum Alltag des familienrichterlichen Dezernats. Auch hier<br />
stecken – ähnlich wie bei den Sorgestreitigkeiten – zumeist die Beziehungsstreitigkeiten und<br />
Konfliktmuster der Eltern hinter den vorgetragenen Umgangsproblemen.<br />
Da die Eltern nach der Trennung häufig über das Kind nur noch Informationen aus zweiter<br />
Hand bekommen – die durch den Loyalitätskonflikt des Kindes auch noch stark gefärbt sind –<br />
bietet sich hier ein ideales Spielfeld für Missverständnisse auf beiden Seiten.<br />
Oft stellt sich im Termin heraus, dass die Eltern über die strittigen Fragen noch nie unmittelbar<br />
gesprochen haben, weil sie den Kontakt ohnehin abgebrochen haben oder nicht bereit sind,<br />
den Angaben des anderen Elternteils zu glauben.<br />
Das Familiengericht sollte dem Elternteil, bei dem sich das Kind befindet, möglichst frühzeitig<br />
eindringlich und nachhaltig deutlich machen, dass Besuchskontakte zum anderen Elternteil<br />
nicht nur zu billigen, sondern aktiv zu fördern sind. Dabei sollte auch klargestellt werden, dass<br />
gelegentliche emotional bedingte Zwistigkeiten, die bei Umgangskontakten immer wieder<br />
einmal auftreten, nicht „hochgeschaukelt“ werden sollten und vor allem nicht zum Anlass genommen<br />
werden sollten, Umgangskontakte zu verhindern.<br />
Dem anderen Elternteil ist klar zu machen, dass ein Umgangstermin keine unverbindliche Verabredung<br />
ist, sondern für das Kind unbedingt einzuhalten ist. Zudem diesen Umgangskontakte<br />
alleine dem Kind und nicht der Kontakt- oder Streitpflege mit dem ehemaligen Partner.<br />
102 BGH FamRZ 2005, S. 429; OLG Brandenburg FamRZ 2005, S. 293.<br />
103 BGH FamRZ 2005, S. 1471.
4 Umgang<br />
©Justizakademie NRW<br />
Einige Tipps für den Termin:<br />
Bei der Erörterung der zu treffenden Umgangsregelung liegt der Knackpunkt mitunter bei<br />
technischen Details, die für die genaue Festlegung der Umgangstermine von Bedeutung<br />
sind<br />
40<br />
Beispiel:<br />
wie z. B. Schichtpläne bei Arbeitnehmern mit Wechselschichten, Zeiten von Betriebsferien,<br />
bereits gebuchte Urlaube, aber auch die Termine der Kinder wie etwa Zeiträume<br />
der Schulferien, Termine von Sportvereinen, Schulsportnachmittag, Klassenfahrten,<br />
Kindergeburtstage der Freunde, usw.<br />
Bestehen Anhaltspunkte für Schichtdienst usw. (Jugendamtsbericht!), ist eine entsprechende<br />
vorbereitende Auflage an die Eltern ratsam.<br />
In den Termin sollte man immer nicht nur den Kalender des laufenden Jahres mitnehmen,<br />
sondern auch den des nächsten Jahres vor allem mit den Schulferien.<br />
Lassen Sie auch den umgangsberechtigten Elternteil an den „Lästigkeiten" der Kinderziehung<br />
teilhaben. Wenn Termine bei Ärzten, Therapeuten, Fahrten mit dem Sportverein zu<br />
Auswärtsspielen usw. anstehen, kann sich auch der umgangsberechtigte Elternteil einbringen<br />
und muss sich in die Pflicht nehmen lassen.<br />
Auch Schularbeitenaufsicht usw. gehört dazu! Das vermeidet auch bei den Kindern die<br />
Schwarz-Weiß-Sicht („Sonntags-Papa" gegen „Alltags-Mama").<br />
An solchen Dingen lässt sich auch gut die Ernsthaftigkeit des Umgangswunsches austesten!<br />
Versuchen Sie nicht um jeden Preis, bereits eine endgültige Lösung zu erreichen. Umgangsverfahren<br />
sind häufig Prozesse und müssen „reifen". Wenn Sie im ersten Termin mit<br />
den Eltern eine Zielvorstellung erarbeitet haben und für eine Übergangszeit eine bestimmte<br />
Regelung vereinbaren, lernen die Eltern mehr und mehr mit der Sache umzugehen<br />
und oft löst sich das Verfahren später in Wohlgefallen auf.<br />
Beachten Sie:<br />
Kommt es zu Umgangsstreitigkeiten, ist gem. § 162 FamFG das örtliche Jugendamt einzuschalten,<br />
um eine Vermittlung zwischen den Eheleuten zu versuchen. Greift dies nicht,<br />
dann bietet sich das Vermittlungsverfahren durch das Familiengericht nach § 165 FamFG<br />
an.<br />
Gerichtliche Umgangsregelungen gem. § 1684 Abs. 3 BGB können auf folgendem Weg erreicht<br />
werden:<br />
Durch einen Verbundantrag im Rahmen des Scheidungsverfahrens (diese Regelung wird<br />
aber erst mit Rechtskraft der Scheidung wirksam, es sei denn es erfolgt eine vorherige Abtrennung,<br />
§ 137 Abs. 3 FamFG)<br />
Durch einen isolierten Antrag zum Umgangsrecht außerhalb des Scheidungsverbundes<br />
Durch eine einstweilige Anordnung gem. § 49 ff FamFG, auch gem. § 51 Abs. 3 FamFG als<br />
selbständiges Verfahren
4 Umgang<br />
©Justizakademie NRW<br />
Die Eltern können auch über das Umgangsrecht einen Vergleich als Umgangsvereinbarung<br />
schließen. Auch wenn dieser Vergleich gerichtlich protokolliert worden ist, handelt es sich dabei<br />
aber (noch) nicht um einen der Vollstreckung zugänglichen Titel.<br />
Die gerichtliche Entscheidung (und so auch ein Elternvergleich) muss einen durchsetzbaren<br />
Inhalt hinsichtlich Ort, Zeit, Häufigkeit, Holen und Bringen enthalten 104 und darf insbesondere<br />
nicht Entscheidungen darüber auf Dritte übertragen. 105<br />
Die Umgangsregelung muss konkret und vollständig sein. 106<br />
41<br />
Beachten Sie:<br />
Eine gerichtliche Bestimmung des Umgangs mit dem Tenor …nach näherer Maßgabe des<br />
Jugendamts … ist daher zu vermeiden, da hieraus weder konkrete Rechte noch Pflichten<br />
abgeleitet werden können und damit eine Durchsetzung nicht möglich ist.<br />
Insbesondere in Elternvergleichen kann aber auch eine unkonkrete Formulierung gewählt<br />
werden (... zudem mittwochs, wenn das Kind keine Freunde besucht …), wenn die<br />
Eltern willens sind, gemeinsam eine flexible Lösung umzusetzen und dafür nur einen<br />
groben Rahmen benötigen.<br />
Bei angeordneter Umgangspflegschaft nach § 1684 Abs. 3 BGB ist der Umgangspfleger entscheidungsbefugt<br />
für die „Feinabstimmung“ des Umgangs, das Gericht muss aber die wesentlichen<br />
Modalitäten (begleiteter/unbegleiteter Umgang) sowie Häufigkeit, Dauer und Umfang<br />
selber festlegen. 107<br />
Die Umgangsentscheidung ergeht beim Verbundantrag zusammen mit dem Scheidungsbeschluss,<br />
in den anderen Fällen durch Beschluss, der mit der befristeten Beschwerde gem. § 58<br />
FamFG angefochten werden kann.<br />
Beachten Sie:<br />
Eine aufgrund mündlicher Verhandlung getroffene einstweilige Anordnung bzgl. des<br />
Umgangs kann nicht angefochten werden (§ 57 FamFG.)<br />
Neben dem normalen Umgangsrecht besteht auch ein Umgangsrecht des Kindes mit Bezugspersonen<br />
des § 1685 BGB.<br />
Beispiel:<br />
Dies sind z. B. die Großeltern und erwachsene Geschwister, aber auch die Stiefeltern, die<br />
sich von dem betreuenden Elternteil getrennt haben. Voraussetzung ist stets eine bestehende<br />
Bindung.<br />
Die Häufigkeit und Dauer der Umgangskontakte steht hinter denen aus § 1684 BGB zurück. 108<br />
Ist für den Kindesvater der Umgang bereits geregelt und darüber ein Kontakt zu den Großeltern<br />
gegeben, so kann dies einem gesonderten Umgangsrecht der Großeltern entgegenste-<br />
104 BGH B. v. 01.02.2012 – XII ZB 188/11 – BeckRS 2012, 04752, nicht erforderlich aber detailliert bezeichnete Verpflichtungen<br />
des betreuenden Elternteils, etwa zum Bereithalten und Abholen des Kindes.<br />
105 OLG Frankfurt FamRZ 2008, S. 1372.<br />
106 BVerfG FamRZ 2009, S. 1472.<br />
107 OLG Hamm FamRZ 2013 S.310; KG, B. v. 21.09.2012 - 17 UF 118/12, BeckRS 2012, 23567, FamRZ 2013 S.308.<br />
108 OLG Brandenburg FamRZ 2008, S. 2303.
4 Umgang<br />
©Justizakademie NRW<br />
hen. 109 Voraussetzung ist auch hier alleine das Kindeswohl, nicht etwa die Akzeptanz des betreuenden<br />
Elternteils. 110<br />
4.1 Ausschluss des Umgangsrechts<br />
42<br />
Beachten Sie:<br />
Nach § 1684 I BGB hat jedes – eheliche wie nichteheliche – Kind das Recht auf Umgang<br />
mit beiden Eltern; damit korrespondiert das Recht und die Pflicht der Eltern, einerseits<br />
diesen Umgang auszuüben (§ 1684 I Hs. 2 BGB), andererseits ihn nicht zu behindern<br />
(§ 1684 II BGB).<br />
Hierbei handelt es sich um ein originäres (Umgangs-)Recht, das durch familiengerichtliche<br />
Entscheidung nur eingeschränkt werden kann, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist<br />
(§ 1684 IV, S. 1 BGB). Ein Ausschluss auf längere Zeit kann nur erfolgen, wenn anderenfalls das<br />
Wohl des Kindes gefährdet wäre (§ 1684 IV, S. 2 BGB). 111<br />
Auch ein Ausschluss des elterlichen Umgangsrechts eines in einer Pflegefamilie untergebrachten<br />
Kindes setzt voraus, dass der Schutz des Kindes dies nach den konkreten Umständen des<br />
Einzelfalls erfordert, um eine konkrete Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung<br />
abzuwehren. 112<br />
Beachten Sie:<br />
Droht ein Ausschluss (auch nur ein teilweiser Ausschluss im Sinne einer „wesentlichen<br />
Beschränkung“) des Umgangsrechts, ist gem. § 158 Abs. 2 Nr. 5 FamFG in der Regel ein<br />
Verfahrensbeistand zu bestellen.<br />
Frage:<br />
Was kann familiengerichtlich vor einem kompletten Umgangsausschluss getan werden?<br />
Was sind mildere Maßnahmen?<br />
Die Weigerung des Kindes reicht für einen Ausschluss des Umgangs nicht aus, sondern ist<br />
durch geeignete Maßnahmen abzubauen.<br />
Bei bestehenden Gefährdungen ist auch zu prüfen, ob diese nicht durch begleitenden Umgang<br />
gem. § 1684 Abs. 4, Satz 3 BGB 113 abgewendet werden können.<br />
109 OLG Hamm famRZ 2011, S. 1154.<br />
110 KG FamRZ 2009, S. 1229.<br />
111 EuGHMR FamRZ 2004, S. 1456; EuGHMR FamRZ 2001, S. 341; BVerfG FamRZ 2004, S. 1166; BVerfG FamRZ<br />
2005, S. 1057; zuletzt: OLG Köln FamRZ 2009, S. 1422; KG FamRZ 2002, S. 1163; OLG Saarbrücken FamRZ<br />
2002, S. 369; OLG Düsseldorf FamRZ 2002, S. 512; OLG Brandenburg FamRZ 2000, S. 1106; OLG Schleswig<br />
FamRZ 2000, S. 48; OLG Bamberg FamRZ 2000, S. 46; OLG Hamm FamRZ 1999, S. 326; OLG Karlsruhe FamRZ<br />
1999, S. 184; OLG Düsseldorf FamRZ 1998, S. 1460; speziell zum Vorwurf sexuellen Missbrauches OLG München<br />
FamRZ 1999, S. 674; BVerfG FamRZ 2013, 433 (befürchtete Übergriffe auf die Mutter aus der rechtsextremen<br />
Szene).<br />
112 BVerfG BeckRS 2013, 46036, FamRZ 2013, 361.<br />
113 Vgl. hierzu Stieghorst ZFE 2002, S. 235; OLG Köln FamRZ 2005, S. 1770.
4 Umgang<br />
©Justizakademie NRW<br />
43<br />
Beachten Sie:<br />
Auflagen zur Vorbereitung des Umgangs können den Eltern allerdings nicht gemacht<br />
werden. 114<br />
Allerdings ist bei älteren Kindern (≥ 14 Jahre) zu prüfen, ob eine nachhaltige – also ernsthafte<br />
und nicht fremdbestimmte – Umgangsverweigerung nicht zu einem Ausschluss des Umgangs<br />
bis zur Volljährigkeit führt. 115<br />
Eine Anordnung von festen Umgangszeiten wird dementsprechend abgelehnt, wenn das 16jährige<br />
Kind seinen Vater sehen will, aber den Kontakt von seinen Vorstellungen abhängig<br />
macht, § 1684 BGB. 116<br />
Bei sehr zerstrittenen Eheleuten kommt häufiger der Wunsch auf, das Umgangsrecht mit<br />
dem anderen Elternteil gänzlich ausschließen zu lassen. Man empfindet jeden Kontakt<br />
zum anderen Ehegatten als Störung oder Belästigung und bezieht die Kinder in diese<br />
Zwistigkeiten ein. Vielfach wird das Umgangsrecht auch noch einmal dazu genutzt, „alte<br />
Rechnungen" zu begleichen und dem Partner noch einmal „etwas auszuwischen".<br />
Machen Sie beiden Eltern sehr schnell nachhaltig deutlich, dass ein Ausschluss des Umgangsrechtes<br />
kaum Aussicht auf Erfolg hat. Dies gilt auch dann, wenn der Umgang nur<br />
zeitweise ausgeschlossen werden soll.<br />
Ziel aller Beteiligten – auch der beteiligten Anwälte – sollte die Beruhigung der Situation<br />
und der Abbau von Streitigkeiten sein, nicht das Anheizen von Konflikten. Weisen Sie notfalls<br />
auch die Anwälte deutlich darauf hin, dass in den Schriftsätzen nur die konkreten<br />
Umgangsschwierigkeiten vorgetragen werden sollen.<br />
Beachten Sie:<br />
Umgangskontakte müssen die getrennten und geschiedenen Eltern bis zur Volljährigkeit<br />
des Kindes abwickeln. Es versteht sich von selbst, dass nicht ein ganzer Apparat von<br />
Juristen, Sozialarbeitern, Umgangspflegern, Pädagogen, Psychologen usw. für diese<br />
gesamte Zeit bereitgestellt werden kann, um die Eltern auf den rechten Pfad zu verweisen<br />
– und das ganze möglichst auch noch auf Kosten der Allgemeinheit. Weisen Sie die<br />
Eltern bei Zeiten darauf hin, dass sie in absehbarere Zeit in der Lage sein müssen, den<br />
Umgang selbst zu regeln.<br />
Je eher sich die zerstrittenen Eheleute daher daran gewöhnen, die Besuchskontakte als<br />
absolute Normalität zu begreifen und eigenständig ohne Probleme abzuwickeln, desto<br />
besser!<br />
Beachten Sie:<br />
Ein vollständiger, unbefristeter Ausschluss des Umgangsrechts kommt nur in absoluten<br />
Ausnahmefällen wie z. B. stattgefundenen Gewalttaten gegen das Kind in Betracht.<br />
Ansonsten vertreten der EuGH und das BVerfG aber auch die Obergerichte im Bereich<br />
des Ausschlusses von Umgangskontakten eine sehr restriktive Linie.<br />
114 Durchführung einer Spieltherapie: OLG Koblenz B. vom 19.2.2008, juris.<br />
115 15-jähriges Kind: OLG Hamm FamRZ 2009, S. 1423.<br />
116 KG BeckRS 2010, 22695.
4 Umgang<br />
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44<br />
Beispiele:<br />
• Eine pädophile Neigung ohne behandlungsbedürftige Störung alleine gefährdet<br />
das Kindeswohl nicht und rechtfertigt keine Einschränkung des Umgangsrechts. 117<br />
• Eine Umgangsregelung, die weder Übernachtungen noch Ferienaufenthalte eines<br />
dreijährigen Kindes bei einem ca. 550 km entfernt wohnenden Elternteil vorsieht,<br />
verstößt gegen Art. 6 GG. 118<br />
• Umgangsausschluss für die Ferienzeit verstößt gegen Art. 6 GG, wenn keine hinreichende<br />
Begründung gegeben wird.<br />
• Ohne sachverständige Beratung und ohne Auseinandersetzung mit der Möglichkeit<br />
der Durchführung begleiteter Umgangskontakte kann ein Umgangsausschluss<br />
nicht ausgesprochen werden. 119<br />
• Hat die Mutter begründete Angst vor einer (erneuten) Entführung des Kindes nach<br />
Ägypten, kommt ein befristeter Umgangsausschluss des Vaters in Betracht. 120<br />
• Nur wenn eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage gegeben ist, kann das Familiengericht<br />
im Umgangsverfahren von der Beiziehung eines Sachverständigen absehen.<br />
Allein die Möglichkeit, dass ein Übernachten des drei jährigen Kindes beim<br />
umgangsberechtigten Elternteil eher schadet als nützt, vermag eine Ablehnung<br />
des Übernachtungsantrags nicht zu begründen. 121<br />
4.2 Umgangspflegschaft, § 1684 Abs. 3, S. 3 BGB<br />
Gem. § 1684 Abs. 3, S. 3 BGB kann durch das Familiengericht eine Umgangspflegschaft eingerichtet<br />
werden, wenn dauerhaft eine gerichtlich auferlegte Pflicht zur Sicherstellung eines guten<br />
Erziehungsverhältnisses zwischen Kind und anderem Elternteil verletzt wird. Eine Kindeswohlgefährdung<br />
ist nicht erforderlich.<br />
Beachten Sie:<br />
Die Umgangspflegschaft ist zu befristen, § 1684 Abs. 3, S. 5 BGB.<br />
Beispiel:<br />
Dem Kindesvater ist durch Umgangsbeschluss auferlegt, während der Umgangskontakte<br />
nicht schlecht über die Kindesmutter zu reden. Gleichwohl zeigt er dem Kind während<br />
des Umgangs die neuesten Schriftsätze aus dem Unterhaltsverfahren und erklärt dem<br />
Kind: „Deine Mutter will mir alles Geld wegnehmen. Dann können wir in Zukunft nicht<br />
mehr ins Kino gehen, wenn Du hier bist.“<br />
Bei § 1684 Abs. 3, S. 4 BGB handelt es sich zunächst nicht um einen Sorgeentzug, wenn eine<br />
Kindeswohlgefährdung nicht vorliegt, sondern alleine die Verletzung der – angeordneten –<br />
Pflichten aus Abs. 2. streitig ist, ob der Umgangspfleger in diesem Fall von sich aus die genaueren<br />
Umgangsmodalitäten im Rahmen der Umgangspflegschaft selbst bestimmen darf. 122<br />
117 BVerfG FamRZ 2008, S. 494; OLG Düsseldorf FamRZ 2009, S. 1685: Ausschluss bei gleichzeitiger dissozialer<br />
Persönlichkeitsstörung.<br />
118 BVerfGE FamRZ 2005, S. 871.<br />
119 BVerfG, Beschluss vom 23.01.2008 – 1 BvR 2911/07, BeckRS 2008, 32559.<br />
120 OLG Hamm FamRZ 2010, S. 1574.<br />
121 BVerfG NJW 2007, S. 1266.<br />
122 Verneinend: OLG Hamm NJW-RR 2011, S. 150; bejahend: OLG Düsseldorf BeckRS 2011, 13155, FamRZ 2011, S.<br />
822.
4 Umgang<br />
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Wird allerdings durch das Umgangsverhalten eines Elternteils die Schwelle zur Kindeswohlgefährdung<br />
überschritten, so ist eine Umgangspflegschaft auf Grundlage der §§ 1666, 1666a BGB<br />
anzuordnen. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist nämlich vor Entziehung des – gesamten<br />
– Aufenthaltsbestimmungsrechts wegen Umgangsvereitelung eine Umgangspflegschaft<br />
einzurichten. Davon kann nur bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit abgesehen werden.<br />
123 Lehnt also der allein sorgeberechtigte Elternteil die Umgangskontakte des anderen<br />
Elternteils mit dem gemeinsamen Kind in einer das Kindeswohl gefährdenden Weise ab,<br />
kommt in Betracht, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Dauer der Umgangskontakte<br />
zu entziehen und eine Umgangspflegschaft anzuordnen 124 und nicht das gesamte Aufenthaltsbestimmungsrecht.<br />
Dann kann der Umgangspfleger unstreitig als Teilsorgerechtsinhaber<br />
auch die Ausgestaltung der Umgangskontakte vornehmen.<br />
Als Teilsorgeentzug ist die Umgangspflegschaft daher gesondert auszusprechen – etwa zusammen<br />
mit der Umgangsentscheidung – und ein Umgangspfleger zu bestellen.<br />
4.3 Konkrete Ausgestaltung von Umgangskontakten<br />
Für die konkrete Ausgestaltung von Umgangskontakten gibt es keine festen Regeln, es ist immer<br />
eine kindeswohlgerechte Einzelfallregelung zu treffen – ganz gleich, ob die Eltern eine<br />
Vereinbarung treffen oder das Gericht entscheidet.<br />
14-tägige Besuchskontakte über das Wochenende haben sich zwar in vielen Fällen als praktikabel<br />
erwiesen, es besteht aber kein Anlass eine solche Regelung als Grenze nach oben oder nach<br />
unten zu betrachten.<br />
45<br />
Beachten Sie:<br />
Den streitenden Eltern sollte daher immer wieder klar gemacht werden, dass alleine die<br />
Bedürfnisse des Kindes die Umgangsentscheidung oder die Vereinbarung bestimmen.<br />
Dafür sollte bei den Eltern auch das Bewusstsein geschaffen werden, dass eine Abweichung<br />
von der üblichen Regelung nicht „Sieg oder Niederlage“ darstellt 125 , sondern im<br />
vorliegenden Fall das Beste für das Kind ist.<br />
Je flexibler die Eltern einvernehmlich Umgangskontakte durchführen und selbst abstimmen<br />
können, desto weniger wird das Kind durch dieses Thema belastet. Im Ergebnis<br />
streitet daher oft bei der konkreten Ausgestaltung die Vollstreckbarkeit mit dem Kindeswohl.<br />
Natürlich müssen praktische Erwägungen und Gegebenheiten auch berücksichtigt werden.<br />
Beispiel:<br />
Wochenendarbeit der Elternteile, weite Entfernungen der Wohnorte und Hobbys der<br />
Kinder sollten ebenso in die Entscheidung einfließen wie das Alter der Kinder und etwa<br />
die Bindung an Geschwisterkinder.<br />
Ein Kleinkind wird zur Aufrechterhaltung der Bindungen eher häufige, kurze Umgangskontakte<br />
zur Aufrechterhaltung der Bindungen benötigen, als ein 15-jähriger, dessen Eltern sich aktuell<br />
getrennt haben.<br />
123 BGH NJW 2012, S. 151.<br />
124 OLG Saarbrücken NJW-RR 2008, S. 162.<br />
125 So aber häufig empfunden. Vgl. Kindler: Umgangsregelungen im Einzelfall FPR 2009, S. 150.
4 Umgang<br />
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So haben sich die kindespsychologisch empfohlenen Besuchszeiten im Laufe der Jahre stark<br />
abweichend entwickelt 126 :<br />
Umgangszeiten aus psychologischer Sicht<br />
Klußmann (1981) Fthenakis (1995)<br />
bis 2 J: 1-2 Std / Monat bis 6 Mon. täglich einige Stunden<br />
46<br />
6-18 Mon. täglich bis zweitägig für einige Stunden<br />
18-36 Mon. 2-3 Mal in der Woche einige Stunden + 1 Tag<br />
am Wochenende<br />
2-6 J: 4-6 Std / Monat 3-6 J: Wochenendbesuche; zusätzlich Begegnungen<br />
in der Woche; Ferienaufenthalte von<br />
einer Woche. Übernachtungen im allgemeinen<br />
ab 3 Jahre, spätestens ab 7 Jahre<br />
6-10 J: 6-8 Std / Monat 6-10 J: Mehrere Kontakte in der Woche und am<br />
Wochenende; längere Ferienaufenthalte.<br />
Gewisse Flexibilität ab diesem Alter erforderlich<br />
ab 10 J: 9-10 Std / Monat<br />
(bei völlig spannungsfreien<br />
Beziehungen<br />
der Eltern evtl. auch 2<br />
Mal im Monat)<br />
10-12 J: Vergleichbar wie die vorige Gruppe, aber<br />
mit zunehmenden Flexibilitätsbedürfnissen<br />
ab 12 J: zwei Kontakte für einige Stunden pro Woche<br />
und 14-tägige Besuche mit oder ohne<br />
Übernachtung<br />
Auch wenn die Eltern einen Umgangsvergleich schließen wollen, ist es häufig sinnvoll, als Familienrichter<br />
die Punkte anzusprechen, die Konfliktstoff bergen könnten, wenn die Eltern darüber<br />
noch nicht gesprochen haben:<br />
Was passiert, wenn der Umgang ausfällt (wegen Krankheit, einer Familienfeier, Geburtstag<br />
von Freunden etc.)?<br />
Was passiert, wenn statt des Vaters dessen neue Lebensgefährtin das Kind abholt?<br />
Wie wird verfahren, wenn das Kind sich über den anderen Elternteil beklagt?<br />
126 Aus Seminarunterlagen: Prof. Dr. Uwe Jopt, Lemgo, Diplompsychologe – Sachverständiger – Familientherapeut.
4 Umgang<br />
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4.4 Umgangskosten<br />
Grundsätzlich sind die Umgangskosten vom umgangsberechtigten Elternteil zu tragen, also<br />
diejenigen Kosten, die z. B. für Abholen, Verpflegung und Übernachtung anfallen. Zur Deckung<br />
dieser Kosten hat der Umgangsberechtigte seinen Kindergeldanteil einzusetzen.<br />
Wird durch einen Aufenthaltswechsel des Kindes ein zusätzlicher Aufwand für die Ausübung<br />
des Umgangs verursacht, ist durch das Familiengericht im Einzelfall zu prüfen, ob der betreuende<br />
Elternteil anteilig zur Übernahme dieses erforderlichen Aufwands zu verpflichten ist,<br />
damit es nicht zu einer faktischen Vereitelung des Umgangsrechts kommt.<br />
47<br />
Beispiel:<br />
Die in Düsseldorf lebenden Eltern haben sich getrennt. Der Vater übt sein Umgangsrecht<br />
mit den bei der Mutter lebenden Kindern alle zwei Wochen am Wochenende aus. Die<br />
Kindesmutter zieht jetzt mit den Kindern zu ihrem neuen Freund in ein kleines Dorf nach<br />
Bayern, abseits der großen Städte.<br />
Die Fahrt mit dem Auto dorthin dauert 8 Stunden, Bahn und Flugreisen sind nicht möglich.<br />
Wie ist der Umgang zu gestalten?<br />
• Umgang am neuen Wohnort der Kinder und bei Anreise und Hotelübernachtung<br />
des Vaters?<br />
• Umgang nur noch in den Ferien?<br />
Muss die Mutter ggf. eine Fahrt übernehmen?<br />
Eine Berücksichtigung des Aufwandes für die Umgangskosten kann im familiengerichtlichen<br />
Verfahren zum Kindesunterhalt oder Betreuungsunterhalt erfolgen. Reicht der Kindergeldanteil<br />
hierzu nicht aus, sind zusätzlichen Kosten im Rahmen einer maßvollen Erhöhung des<br />
Selbstbehalts oder einer entsprechenden Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens zu<br />
berücksichtigen. 127<br />
Ist der mit dem Holen und Zurückbringen verbundene tatsächliche Aufwand für den umgangsberechtigten<br />
Elternteil noch zumutbar, so besteht keine Verpflichtung des allein sorgeberechtigten<br />
Elternteils zum Bringen und Zurückholen eines Kindes zum anderen Elternteil im<br />
Rahmen der Umgangsausübung. 128 Soweit aber eine Mitwirkungshandlung des betreuenden<br />
Elternteils erforderlich ist und dieser durch seinen Wegzug eine erhebliche räumliche Distanz<br />
zum umgangsberechtigten Elternteil geschaffen (und damit maßgeblich zur Entstehung des<br />
erheblichen Zeit- und Kostenaufwands im Rahmen des Umgangs beigetragen hat), so ist der<br />
betreuende Elternteil zur aktiven Mitwirkung verpflichtet. 129<br />
Sozialrechtliche Bezüge:<br />
Ein Hilfeempfänger kann nicht die Übernahme von Fahrtkosten für nahe Angehörige (hier: der<br />
Mutter) gem. § 73 SGB XII verlangen, wenn er nur dreimal pro Jahr dorthin fährt. Ob ein solcher<br />
Ersatzanspruch auch für die regelmäßigen Fahrtkosten beim wiederkehrenden Umgangsrecht<br />
mit Kindern besteht, ist streitig. 130<br />
127 BGH, U. v. 23.2.2005 – XII ZR 56/02 – FuR 2005, S. 253, NJW 2005, S. 1493; Thüringer Oberlandesgericht, B. v.<br />
25.05.2010, – 1 UF 19/10 – FamRZ 2010, S. 2079.<br />
128 OLG Nürnberg, B. v. 10.12.1998 – 7 UF 3741/98, FamRZ 1999, S. 1008, NJWE-FER 1999, S. 146.<br />
129 Brandenburgisches Oberlandesgericht, B. v. 22.05.2008, – 10 UF 119/07 – FamRZ 2009, S. 131: Verpflichtung,<br />
das Kind auf eigene Kosten zum Flughafen zu bringen und abzuholen; Schleswig-Holsteinisches OLG, B. v.<br />
3.02.2006, – 13 UF 135/05 – FamRZ 2006, S,. 881: anteilige Übernahme des für das Bringen und Holen der Kinder<br />
erforderlichen Aufwands.<br />
130 LSG Stuttgart, NJW-RR 2006, S,. 867; SG Berlin, U. v. 29.06.2009, S. 109 AS 25333/07, FamRZ 2010, S. 1019:<br />
Fahrkosten, nicht Unterhaltungskosten während des Umgangs; a. A.: LSG NW, U. v. 06.09.2007, – L 9 AS 80/06
4 Umgang<br />
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Der in Bedarfsgemeinschaft lebende Elternteil (betreuender Elternteil) muss den Kindern an<br />
den Umgangstagen die entsprechenden Geldmittel zur Verfügung stellen, ansonsten hat der<br />
Grundsicherungsträger die Mittel durch Gewährung anderweitiger Regelleistungen zu ersetzen.<br />
131<br />
48<br />
Zusammenfassung:<br />
Der Umgang mit beiden Elternteilen gehört zum Wohl des Kindes. Dies ist als Recht des<br />
Kindes definiert, § 1626 Abs. 3 BGB. Damit korrespondiert eine echte Pflicht des betreffenden<br />
Elternteils zum Umgang. Somit kann nicht auf das Umgangsrecht durch vertragliche<br />
Vereinbarung durch die Eltern verzichtet werden.<br />
Droht ein Ausschluss des Umgangsrechts, ist ein Verfahrensbeistand zu bestellen.<br />
Ein vollständiger unbefristeter Ausschluss des Umgangsrechts kommt nur in absoluten<br />
Ausnahmefällen in Betracht.<br />
Eine eingerichtete Umgangspflegschaft kann den Eltern helfen, bestehende Probleme<br />
beim Umgang zu überwinden. Die Umgangspflegschaft ist zu befristen.<br />
Umgangsbeschlüsse und -vergleiche sind konkret zu fassen, damit sie vollstreckbar sind.<br />
– FamRZ 2008, S. 1789: Reisekosten zur Wahrung des Umgangsrechts sind mit der Regelleistung gem. § 20 Abs.<br />
1 SGB II abgegolten.<br />
131 LSG NW Sozialrecht aktuell 2008, S. 155ff, Urteil vom 21.4.08, Az.: L 20 AS 112/06; vgl. auch BVerfG FamRZ<br />
2009, S. 191 hinsichtlich der PKH-Bewilligung für die Sorgeübertragung für ein entsprechendes SG Verfahren.
5 Vollstreckung von Entscheidungen in <strong>Kindschaftssachen</strong><br />
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5 Vollstreckung von Entscheidungen in <strong>Kindschaftssachen</strong><br />
______________________________ Dieses Kapitel dient dazu, die Vollstreckbarkeit der Entscheidungen in<br />
<strong>Kindschaftssachen</strong> darzustellen.<br />
Das Kapitel ist nochmals in zwei Unterkapitel geteilt.<br />
Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen richtet sich nach den §§°86 ff.<br />
FamFG. Gegenstand der Vollstreckung sind daher nach §°86 FamFG<br />
Gerichtliche Beschlüsse<br />
Gerichtlich gebilligte Vergleiche (z. B. Umgangsvergleiche)<br />
Weitere Titel nach § 794 ZPO, soweit die Beteiligten verfügungsbefugt sind (also keine<br />
Amtsverfahren: kein Vergleich zur Sorgeübertragung möglich)<br />
Die Vollstreckung ist nach §°86 Abs. 2 FamFG mit dem Wirksamwerden möglich, also mit Bekanntgabe<br />
im Sinne des §°40 FamFG.<br />
49<br />
Beachten Sie:<br />
Bei Gefahr in Verzug kann die sofortige Wirksamkeit angeordnet werden, §°40 Abs. 2, S.<br />
2 FamFG, etwa in Fällen der einstweiligen Anordnung. 132<br />
Für die Vollstreckung von Herausgabeentscheidungen oder Umgangsentscheidungen gelten<br />
die besonderen Regelungen der §§°88 ff. FamFG.<br />
Beispiel:<br />
Ein Elternteil bekommt das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen, § 1671 BGB.<br />
Die Vollstreckung des Herausgabeverlangens nach § 1632 Abs. 2, 3 BGB erfolgt ggf. mit<br />
unmittelbarem Zwang durch Wegnahme des Kindes § 90 FamFG.<br />
Gibt ein Elternteil das Kind nicht zum Umgang heraus, sind Ordnungsmittel nach § 89<br />
FamFG auf Antrag festzusetzen.<br />
Beachten Sie:<br />
Zuständig für die Vollstreckungsmaßnahmen ist nicht das Prozessgericht (also das Gericht,<br />
das die zu vollstreckende Entscheidung getroffen hat), sondern gem. § 88 Abs. 1<br />
FamFG das Gericht des Aufenthalts der betroffenen Person, i. d. R. also das Gericht am<br />
Aufenthaltsort des betroffenen Kindes, da hier ggf. weitere Ermittlungen vorzunehmen<br />
sind.<br />
Das Jugendamt ist zur Unterstützung verpflichtet, § 88 Abs. 2 FamFG.<br />
132 Vgl. Zöller/Feskorn, FamFG, § 40 Rz.12.
5 Vollstreckung von Entscheidungen in <strong>Kindschaftssachen</strong><br />
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5.1 Vollstreckung von Sorgeentscheidungen<br />
Kommt ein Verpflichteter der Herausgabeverpflichtung bezüglich des Kindes gegenüber dem<br />
sorgeberechtigten Eltern/Elternteil nicht nach, ist<br />
zulässig.<br />
primär ein Ordnungsmittel nach § 89 FamFG festzusetzen,<br />
erst dann – bei Erfolglosigkeit – die Anordnung unmittelbaren Zwangs nach § 90 FamFG<br />
5.2 Vollstreckung von Umgangsentscheidungen<br />
50<br />
Frage:<br />
Welche gerichtlichen Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine Umgangsentscheidung<br />
vollstreckt werden kann?<br />
Ein gerichtlich protokollierter Vergleich ist – noch – kein der Vollstreckung zugänglicher Titel.<br />
Beachten Sie:<br />
Erst wenn das Familiengericht den Inhalt der Einigung zum Inhalt einer eigenen Entscheidung<br />
macht, ist eine Vollstreckung möglich. 133 Das Gericht billigt den Umgangsvergleich<br />
durch Beschluss, wenn er „dem Kindeswohl nicht widerspricht“, § 156 Abs. 2, S. 2<br />
FamFG.<br />
Bei einem gerichtlich gebilligten Umgangsvergleich nach § 156 Abs. 2 FamFG ist daher die<br />
Belehrung über die möglichen Ordnungsmittel ebenfalls aufzunehmen 134 , §§ 86, 89 FamFG.<br />
Fehlt dieser Hinweis, können Ordnungsmittel nicht vollstreckt werden. 135 Genehmigung und<br />
Hinweis können aber durch gesonderten Beschluss nachgeholt werden. 136<br />
Eine Vollstreckung ist nur möglich, wenn die Umgangsregelung genaue Angaben über Zeit, Ort<br />
und Art des Umgangs enthält. 137<br />
Beachten Sie:<br />
Die Vorschrift des § 89 Abs. 4 FamFG hat auch Bedeutung für Umgangsrechtsverfahren!<br />
Häufig wird selbst gegenüber gerichtlich festgelegten Umgangsregelungen eingewandt,<br />
das Kind wolle den Umgang nicht.<br />
133 BGH FamRZ 1988, S. 277; OLG Stuttgart FamRZ 1979, S. 342; FamRZ 1981, S. 1105; OLG Hamm FamRZ 1980, S.<br />
932; OLG Zweibrücken, FamRZ 1982, S. 429; OLG Düsseldorf FamRZ 1983, S. 90; OLG Köln NJWE-FER 1998, S.<br />
163; OLG Brandenburg FamRZ 2001, S. 1315, 1316.<br />
134 Thomas-Putzo/Hüßtege, § 89 Rz.8.<br />
135 Die Belehrung nach § 89 FamFG ist dabei auch bei Umgangstiteln nach altem Recht nachzuholen: BGH, Beschl.<br />
v. 17. 8. 2011 − BGH Aktenzeichen XII ZB 621/10 -, NJW 2011, 3163, FamRZ 2011, S. 1729, FuR 2011, S. 695.<br />
136 Zöller/Feskorn, FamFG, § 89 Rz.8.<br />
137 Vgl. Zöller/Feskorn, FamFG, § 86 Rz.9.
5 Vollstreckung von Entscheidungen in <strong>Kindschaftssachen</strong><br />
©Justizakademie NRW<br />
Der Verpflichtete muss gem. § 89 Abs. 4 FamFG Gründe vortragen, aus denen sich ergibt,<br />
dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Das Verschulden wird also nunmehr<br />
vermutet. 138<br />
Beruft er sich gegenüber einer Umgangsregelung auf einen entgegenstehenden Willen<br />
des Kindes, muss er im Einzelnen darlegen, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum<br />
Umgang zu bewegen. 139 Dies ist dann nicht der Fall, wenn er das Kind gegen die Kontakte<br />
mit dem anderen Elternteil aktiv beeinflusst oder zumindest vorwerfbar unterlassen hat,<br />
das Kind positiv einzustimmen und zum Umgang zu bewegen. Verweigert sich aber das<br />
Kind dennoch nachhaltig und ernsthaft, dann scheidet ein Zwangsgeld gegen den Elternteil<br />
aus. Dabei geht man aber regelmäßig davon aus, dass der Widerstand eines Kindes<br />
nur vorgegeben ist und jedenfalls durch entsprechende Einwirkung des Sorgeberechtigten<br />
überwunden werden kann. Der bloße Hinweis des Kindes „Ich will nicht zum Papa"<br />
wird daher in der Praxis ebenso wenig ausreichen wie die alltägliche Weigerung eines Kindes,<br />
sein Kinderzimmer aufzuräumen, seine Hausaufgaben zu machen oder rechtzeitig ins<br />
Bett zu gehen.<br />
Bei gravierenderen Gründen – die das Kind auch in der richterlichen Anhörung angeben<br />
muss – wird dagegen Rechnung getragen werden müssen. Dabei ist auch entscheidend<br />
auf das Alter des Kindes und die sich daraus ergebende Selbständigkeit des Willens abzustellen.<br />
Die Altersgrenze, ab der eine Verweigerung nicht mehr alleine mit erzieherischen Mitteln<br />
überwunden werden kann wird bei 9-11 Jahren 140 angesetzt. Ein Zwang scheidet aus,<br />
wenn der betreuende Elternteil nicht mit erzieherischen Mitteln auf das die Umgangskontakte<br />
ablehnende Kind einwirken kann. 141<br />
Der Umgangsverpflichtete muss zur Vermeidung von Zwangsmitteln danach alle erzieherischen<br />
Mittel einsetzen, um Umgangskontakte auch gegen den geäußerten Willen des Kindes<br />
zu ermöglichen. Lehnt das Kind einen gerichtlich festgelegten Umgang mit dem Vater nachhaltig<br />
ab und ist nicht absehbar, dass die Weigerung durch erzieherische Maßnahmen abgebaut<br />
werden kann, ist dem Antrag auf Androhung von Zwangsmitteln gegen die Mutter jedoch nicht<br />
zu entsprechen. 142 Da ein Vollstreckungsverfahren nach § 89 FamFG ein eigenständiges Verfahren<br />
nach Art. 111 FGG-RefG darstellt, sind diese Grundsätze auch bei der Vollstreckung alter<br />
Umgangsentscheidungen (vor 01.09.2009) anzuwenden. 143<br />
51<br />
Beachten Sie:<br />
Unmittelbarer Zwang zur Durchsetzung eines Umgangsrechts ist unzulässig, § 90 Abs.<br />
2, S. 1 FamFG. Der Umgangsberechtigte ist also auf die Ordnungsmittel nach § 89<br />
FamFG beschränkt.<br />
Werden die gerichtlichen Anordnungen unterlaufen, kann das Gericht das Sorgerecht<br />
teilweise entziehen und einem Ergänzungspfleger zur Durchführung der Umgangskontakte<br />
übertragen (Umgangspflegschaft).<br />
138 Thomas-Putzo/Hüßtege, § 89 Rz.9.<br />
139 OLG Saarbrücken, B. v. 08.10.2012 - 6 WF 381/12, BeckRS 2012, 21763; FamRZ 2013, 476 L.<br />
140 OLG Hamm FamRZ 2008, S. 1371.<br />
141 OLG Hamm FamRZ 2004, S. 1797.<br />
142 OLG Düsseldorf NJW 2009, S. 3312.<br />
143 BGH NJW 2011, S. 3163.
5 Vollstreckung von Entscheidungen in <strong>Kindschaftssachen</strong><br />
©Justizakademie NRW<br />
52<br />
Zusammenfassung:<br />
Gegenstand der Vollstreckung sind gerichtliche Beschlüsse, gerichtlich gebilligte Vergleiche<br />
und weitere Titel nach § 794 ZPO.<br />
Bei Gefahr in Verzug kann die sofortige Wirksamkeit angeordnet werden.<br />
Das Prozessgericht ist nicht für die Vollstreckungsmaßnahmen zuständig, sondern das<br />
Gericht des Aufenthalts der betroffenen Person. Das Jugendamt ist zur Unterstützung<br />
verpflichtet.<br />
Zur Durchsetzung eines Umgangsrechts ist unmittelbarer Zwang unzulässig. Demnach<br />
ist der Umgangsberechtigte auf die Ordnungsmittel nach § 89 FamFG beschränkt. Bei<br />
einem gerichtlich gebilligtem Vergleich zum Umgangsrecht ist die Belehrung oder der<br />
Hinweis über die möglichen Ordnungsmittel ebenfalls aufzunehmen, §§ 86, 89 FamFG.
Fragen zum Verständnis<br />
©Justizakademie NRW<br />
Fragen zum Verständnis<br />
_____________ Die folgenden Fragen dienen zur Wiederholung und Vertiefung des Gelernten. Nehmen Sie sich<br />
zur Beantwortung dieser Fragen genügend Zeit.<br />
1a Welche besonderen Anforderungen stellen die <strong>Kindschaftssachen</strong> an den Familienrichter?<br />
1b Welche Vorkehrungen sollten getroffen werden, damit Termine mit den Familien erfreulich<br />
verlaufen?<br />
2a<br />
2b<br />
53<br />
Welche Verfahren umfassen die <strong>Kindschaftssachen</strong>?<br />
Welche speziellen Regelungen gelten für das Verfahren in <strong>Kindschaftssachen</strong>?
Fragen zum Verständnis<br />
©Justizakademie NRW<br />
3a Welche Voraussetzungen müssen bei einem Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen<br />
Sorge erfüllt sein?<br />
3b In welchen Fällen kommt eine gerichtliche Entscheidung bei Meinungsverschiedenheit der<br />
Eltern in Betracht? Differenzieren Sie zwischen Alltagsangelegenheiten und Sorgeangelegenheiten.<br />
3c<br />
4a<br />
54<br />
Wer ist Antragsteller in einem Verfahren auf Sorgeentzug nach § 1666 f BGB? Wann ist ein<br />
Gutachten einzuholen?<br />
Wie können Umgangsregelungen gemäß § 1684 Abs. 3 BGB erreicht werden? Wie sind<br />
diese auszugestalten?
Fragen zum Verständnis<br />
©Justizakademie NRW<br />
4b Welche milderen Maßnahmen kommen vor einem unbefristeten Ausschluss des Umgangsrecht<br />
in Betracht?<br />
5a<br />
55<br />
Nennen Sie den Gegenstand der Vollstreckung nach §° 86 FamFG:<br />
5b Beschreiben Sie in Stichpunkten, wie bei der Vollstreckung von Sorgeentscheidungen<br />
vorzugehen ist:
Abbildungsverzeichnis<br />
©Justizakademie NRW<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
56<br />
Abbildung § 1671 BGB, Struktur .................................................................................... 20<br />
Abbildung § 1680 BGB, Struktur.................................................................................... 29
Tabellenverzeichnis<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Umgangszeiten aus psychologischer Sicht ................................................................... 46