Historische und geographische Excurse zu Tac. Ann. I, 55, 57, 58 ...

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Angrifife von einem Hinterhalt aus wiederholt Schaden zugefügt hatten, schlössen ihn ein-
mal in einer engen Thalschlucht ein und bereiteten ihm beinahe den Untergang. Mit
seinem ganzen Heere würde er umgekommen sein, wenn nicht die Germanen ohne Ord-
nung auf die Römer eingedrungen wären; sie begiengen diese Unvorsichtigkeit, weil sie
nichts mehr von den Römern fürchteten, als wären sie schon in ihrer Gewalt und bedürfte
es nur noch eines Schwertstreiches. Nachdem so Drusus über sie gesiegt hatte, zeigten
sie sich nicht mehr so muthig wie früher, sondern beunruhigten die Römer nur aus der
Ferne, wagten aber nicht, näher zu rücken, wesshalb Drusus seinerseits sich nicht mehr
um sie bekümmernd ^) da, wo der Lupias und Elison sich vereinigen, ein CasteU gegen
sie 2) anlegte und ein zweites im Lande der Chatten, am Rheine selbst.
Dio nennt hier als den ersten Grund, durch welchen Drusus zur Umkehr bestimmt
wurde, Mangel an Lebensmitteln. Der römische Feldherr suchte desshalb gewiss auf dem
kürzesten Wege befreundeten Gegenden sich zu nähern. War dieser kürzeste Weg, wie
es wahrscheinlich ist, der ihm schon bekannte und einigermafsen gebahnte südlich von
der Lippe, auf dem er nach der Weser gezogen war, so wird die Stelle, an der er sich
an der Weser gelagert hatte und von der aus er den Rückzug antrat, nicht in dem nörd-
lichen Theile des Cheruskergebietes auf dem linken Weserufer zu suchen sein; vielmehr
ist nicht unwahrscheinlich, dass Drusus die Gegend zwischen Höxter und Beverungen
erreicht hatte (s. Essellen S. 29). Als er sich aus dieser Gegend zurückzog, wurde ihm
von den Feinden mehrmals ein Hinterhalt gestellt; die dadurch veranlassten Gefechte
haben natürlich nicht an einem, sondern an mehreren Tagen stattgefunden; darauf folgte
erst noch die Hauptge^ahr in der Thalschlucht ^). Auch scheint Drusus nicht unmittelbar
nach seinem Siege in nächster Nähe der Thalschlucht das Castell angelegt zu haben,
sondern — von den Feinden nur aus der Ferne beunruhigt — noch weiter gezogen zu
sein. Auf diese "Vfeise musste er, da er wegen des Mangels an Lebensmitteln wohl möglichst
starke Tagmärsche machte, eine ziemliche Strecke nicht bloss über die Gegend
von Elsen, sondern auch über die von Liesborn hinausgerückt sein.
Ferner kann, weil Drusus schon an der Weser Mangel an Lebensmitteln litt, nicht
angenommen werden, dass er zur Erbauung eines Castells längere Zeit an einetn Punkte
verweilte, wo er ringsum von Feinden, Sigambrern und Cheruskern, umgeben war und
vom Rheine her auf der Lippe keine Zufuhr erhalten konnte. Hatte er auch durch den
Sieg, den er bei seiner Befreiung aus der Thalschlucht erfocht, die Feinde eingeschüchtert.
') Giefers in der Zuitschr. für vat. Gesch. uud Alt. VII, 7 übersetzt KaTa(ppov£tv durch verachten,
und ävtinatacppovetv durch: ,, wieder verachten" oder (S. 15) durch: ,,GegeDv«rachtung beweisen." Es liegt
aber hier tu dem Aasdrucke wohl nicht mehr, als oben angegeben ist. Vgl. Ilalm za Cic. dir. ia Gaec. §. 23.
de imp. Pomp. §. 43.
^) Das Castell war gegen die Feinde d. h. Cherusker und Sigambrer angelegt, auch wenn es entfernter
von den erstem war. In 0