Historische und geographische Excurse zu Tac. Ann. I, 55, 57, 58 ...

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b) Der Aufstand , durch welchen Varus zu schleunigem Aufbruch veranlasst wurde,
erhob sich in einer Gegend i), nach welcher die Römer, jedenfalls am zweiten Marschtage,
einen Weg ^ich erst öffnen mussten, die aber vom Rheine nicht so abgelegen war, dass
Varus für nöthig hielt, die vielen Unbewaffneten, die beim Heere waren, und das ent-
behrliche Gepäck schon von seinem Sommerlager aus auf einem anderen Wege an den
Rhein zu entsenden.
c) Am Ende des ersten Marschtages wurde ein der Zahl der Mannschaft und der
Kriegsordnung ganz entsprechendes Lager bezogen, an einer Stelle ^), zu welcher 6 Jahre
später Germanicus, nachdem er zwischen Ems und Lippe bis gegen den Lippischen Wald
vorgerückt war, in nordöstlicher Richtung nur wenige Meilen zu marschiren hatte. Am
zweiten Tage des in südlicher Richtung fortgesetzten Marsches wurde Varus, nachdem
seine Mannschaft sich bereits durch die Eröffiiung eines Weges auf dem waldigen und
sumpfigen Terrain abgemüht hatte, von den Germanen angegriffen; der Lagerplatz dieses
zweiten Marsch- und ersten Gefechtstages war nicht weit vom ersten Lager entfernt,
ebenso war auch die am zweiten Gefechtstage zurückgelegte Strecke nicht sehr bedeutend.
Während sie an diesem Tage, an welchem sie von einem grossen Theile des Gepäckes
befreit in besserer Ordnung zu einer lichten Stelle vordrangen, verhältnissmässig geringeren
Verlust, als am vorangehenden Tage erlitten, steigerte sich am dritten Tage wieder ihre
Bedrängniss, als sie aufs neue in Waldungen geriethen. Durch Flucht vermochte sich an
diesem Tage keiner mehr zu rotten, wohl aber muss es am ersten oder zweiten Gefechts-
tage einzelnen gelungen sein, zu entkommen, vielleicht nach Aliso.
d) Die Zahl der Germanen hatte sich mit jedem Tage vermehrt, da ausser den
Cheruskern noch andere Völkerschaften, namentlich Brukterer, Marsen und Chatten, am
Kampfe sich betheiligten.
§. 7. Genauere Nach Weisungen der Marschlinie des Varus und der Stellen, auf
welchen Germanicus die Reste seiner Lager fand, sind zwar vielfach versucht worden,
allein sie können nur als Hypothesen gelten, die zum Theil durch militärische Gründe wahr-
scheinlich gemacht, nicht selten aber auch auf willkürliche Interpretation der Quellen-
schriftsteller, auf unsichere Namendeutungen und trügerische Sagen, auf alte Gräber und
militärische Werke zweifelhaften Ursprungs gegründet sind und nicht berücksichtigen, dass
die Localitäten im Laufe von mehr als 18 Jahrhunderten natürliche und künsthche Ver-
änderungen erlitten haben. (Die massenhafte Literatur s. bei Ledebur das Land und
I) Am leichtesten scheint mit den alten Berichten die Annahme sich vereinigen zu lassen, dass din Un-
roheu bei einer oder einigen der kleineren VSikerscharten im Süden des Cheruskergebietes, in der Nähe d«r
Cbatteugrenz« ausbrachen und von Varus al» bedenklich dessbalb angesehen «rurdeu, weil er besorgen musste,
M könnten zunächst die Chatten und Marsen sich auschliessen. Die Menge der Unbewaffneten and das über-
flössige GepSck wollt« er, wenn es ohne Oefahr geschehen konnte, von einem Punkt« aas, zq dem «r uf seinam
Zuge noch vor einem Zusammenstoss mit den Anfitändischen gelangte, nach dem Rheine schicken oder rechnete
er darauf, dass der Aufstand, wenn er auch in weiterem Umkreise sich aassubreiten drohte, durch sein Erscheinen
mit einer imposanten Kriegsmacht — drei Legionen und den germanischen UiUsvSlkem , denen er dM N«A-
rücken gestattete — alsbald sein Ende finden werde.
'^) Vermothungsweise nennen wir die Gegend zwischen Lemgo aod Detmold.
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