Die Zukunft der Pharmaindustrie in Europa

Die Zukunft der Pharmaindustrie in Europa Die Zukunft der Pharmaindustrie in Europa

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EUROPÄISCHE UNION Die Zukunft der Pharmaindustrie in Europa - Herausforderungen und Chancen Heinz Zourek, Generaldirektor Unternehmen und Industrie Universität Basel, den 12. Oktober 2009 1

EUROPÄISCHE UNION<br />

<strong>Die</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>der</strong> <strong>Pharma<strong>in</strong>dustrie</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> -<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen und Chancen<br />

He<strong>in</strong>z Zourek, Generaldirektor Unternehmen und Industrie<br />

Universität Basel, den 12. Oktober 2009<br />

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I. EINFÜHRENDE ANMERKUNGEN<br />

• <strong>Die</strong> Gesundheit nimmt e<strong>in</strong>en überragenden Platz im Leben e<strong>in</strong>es<br />

jeden Menschen e<strong>in</strong>. Es gibt kaum e<strong>in</strong>e Frage, die uns alle mehr<br />

betrifft als die eigene Gesundheit. Gesundheitsthemen haben e<strong>in</strong>en<br />

hohen Stellenwert <strong>in</strong> unserer Gesellschaft. Es gibt deshalb auch<br />

ke<strong>in</strong>en Grund anzunehmen, dass sich dies zukünftig än<strong>der</strong>n wird.<br />

• Auch für das <strong>Europa</strong> <strong>der</strong> Nachkriegsgeschichte ist das Thema<br />

Gesundheit von zentraler Bedeutung. Das europäische Modell beruht<br />

auf <strong>der</strong> Teilnahme aller unserer Bürger an <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong><br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen. Zu dieser sozialstaatlichen Dimension gehört<br />

auch e<strong>in</strong> hohes Maß an Gesundheitsschutz und <strong>der</strong> Zugang zu<br />

e<strong>in</strong>er qualitativ hochwertigen mediz<strong>in</strong>ischen Versorgung.<br />

• Gesundheit hat auch e<strong>in</strong>e wirtschaftspolitische Dimension: Das<br />

Gesundheitswesen leistet, e<strong>in</strong>en unersetzlichen Beitrag zum<br />

wirtschaftlichen Wohl <strong>Europa</strong>s. E<strong>in</strong> wirtschaftlich erfolgreiches<br />

Gesundheitswesen ist e<strong>in</strong> "Muss", wenn wir <strong>Europa</strong> wirtschaftlich<br />

wie<strong>der</strong>beleben wollen und wir es ernst me<strong>in</strong>en, die Ziele <strong>der</strong> Lissabon<br />

Agenda zu erreichen.<br />

II. WAS SIND DIE HERAUSFORDERUNGEN, DENEN WIR UNS<br />

STELLEN MÜSSEN?<br />

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Voraussagen über die <strong>Zukunft</strong> s<strong>in</strong>d schwierig, vielleicht sogar<br />

unmöglich. Doch e<strong>in</strong>ige Trends s<strong>in</strong>d ohne jeden Zweifel bereits heute<br />

auszumachen und damit auch die Herausfor<strong>der</strong>ungen, denen wir uns<br />

stellen müssen:<br />

• Technologischer Fortschritt,<br />

• alternde Gesellschaften,<br />

• neue Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit,<br />

• die Probleme <strong>in</strong> den öffentlichen Haushalte und<br />

• die Globalisierung<br />

s<strong>in</strong>d hier die Stichworte.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich des technologischer Fortschritts…<br />

Mehr als 10000 jahrelang hat sich kaum etwas geän<strong>der</strong>t. Diagnose<br />

und Behandlung basierte auf das, was man sehen, riechen, schmecken,<br />

fühlen konnte und/o<strong>der</strong> was sich aus Erfahrungen <strong>in</strong>tuitiv ergab.<br />

In den letzten 100 Jahre hat sich die Mediz<strong>in</strong> gewandelt. Diagnose<br />

und Behandlung s<strong>in</strong>d wissenschaftlich fundiert, d.h. die zunehmende<br />

Kenntnis über biochemische und biologische Prozesse ist zum<br />

bestimmenden Faktor geworden<br />

Heute stehen wir an e<strong>in</strong>er neuen Schwelle Diagnose und Behandlung<br />

wird zunehmend von E<strong>in</strong>blicken <strong>in</strong> molekulare Prozesse und den<br />

Interaktionen, die durch unser Erbgut bee<strong>in</strong>flusst werden, bestimmt.<br />

Es steht deshalb zu erwarten, dass es aufgrund neuer Technologien<br />

(Bio-, Nano- und Gentechnologie) vor allem im Bereich Gesundheit<br />

verstärkt zu Innovationen kommen wird. Wissenschaftliche<br />

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Durchbrüche werden auch die Entwicklungs- und<br />

Verschreibungspraxis von Arzneimitteln revolutionieren. Wir stehen erst<br />

am Anfang. <strong>Die</strong> Biotechnik könnte die künstliche Schaffung<br />

menschlicher Organe ermöglichen. In <strong>der</strong> Pharmazie wird es möglich<br />

werden, <strong>in</strong>dividualisierte Arzneimittel (personalised Medic<strong>in</strong>es)<br />

herzustellen und Arzneimittel mit weniger Nebenwirkungen.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> alternden Gesellschaften…<br />

• Noch ist die gesamte Tragweite e<strong>in</strong>er alternden Gesellschaft auf die<br />

öffentlichen F<strong>in</strong>anzen, die Sozialversicherungssysteme, das<br />

Arbeitskräfteangebot, die Produktivität und auf die Wirtschaft trotz<br />

e<strong>in</strong>er Vielzahl von Studien schwierig vorauszusagen.<br />

• <strong>Die</strong> demographischen Verän<strong>der</strong>ungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> globales Problem.<br />

E<strong>in</strong>er Prognose <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>ten Nationen zufolge wird das<br />

Durchschnittsalter <strong>der</strong> Weltbevölkerung von heute 29 Jahren bis<br />

2050 auf 38 Jahre steigen. Der Anteil <strong>der</strong> Über-60-Jährigen wird<br />

sich im selben Zeitraum verdoppeln. <strong>Die</strong> USA, Japan und sogar<br />

Ch<strong>in</strong>a werden ebenfalls von diesem Trend bee<strong>in</strong>flusst. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

werden wir <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> als erste mit den Auswirkungen konfrontiert<br />

werden.<br />

• E<strong>in</strong>e Tatsache steht somit fest: <strong>Die</strong> Zunahme <strong>der</strong> Lebenserwartung<br />

und demografischer Wandel werden und zu e<strong>in</strong>er weiter steigenden<br />

Nachfrage nach Gütern und Leistungen im Bereich Gesundheit<br />

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führen. In <strong>der</strong> Summe hat das Thema Gesundheit das<br />

volkswirtschaftliche Potenzial, e<strong>in</strong>e Quelle für Innovation,<br />

Wachstum und Beschäftigung zu se<strong>in</strong>.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit…<br />

• In <strong>der</strong> jüngsten Vergangenheit s<strong>in</strong>d auch neue Bedrohungen für die<br />

öffentliche Gesundheit aufgetreten, z.B. SARS o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Vogelgrippevirus H5N1. H<strong>in</strong>zu kommen mehr und mehr mit<br />

unseren Lebensstil zusammenhängende Krankheiten wie Diabetes<br />

und Übergewicht. Des Weiteren können <strong>in</strong> <strong>Zukunft</strong> neue o<strong>der</strong><br />

altbekannte Krankheiten, Epidemien etc. häufiger und an mehr<br />

Orten als Folge des Klimawandels auftreten.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich die Beschränkungen <strong>in</strong> den öffentlichen Haushalten…<br />

• <strong>Die</strong> längere Lebenserwartung ist ohne jeden Zweifel positiv zu<br />

bewerten. <strong>Die</strong> Ausweitung des therapeutisch Machbaren führt zu<br />

e<strong>in</strong>er Nachfrageausweitung und damit zu höheren<br />

Gesundheitskosten <strong>in</strong> den öffentlichen Haushalten. Dennoch: Auf<br />

die Nutzung neuer Erkenntnisse zur Behandlung von Krankheiten zu<br />

verzichten, sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> unserer Gesellschaft kaum denkbar.<br />

Kostensenkungsdebatten haben <strong>in</strong> den letzten Jahren die<br />

öffentliche Diskussion im Gesundheitswesen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> bestimmt.<br />

Richtet man den Blick auf die Chancen, sollten die Themen<br />

Innovation und Wachstum <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund rücken.<br />

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Gesundheitspolitik und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit müssen<br />

ke<strong>in</strong>e sich wi<strong>der</strong>sprechenden Ziele se<strong>in</strong>.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Globalisierung…<br />

• Trotz <strong>der</strong> jüngsten Tendenzen zu mehr Protektionismus, e<strong>in</strong>e<br />

Folge <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzkrise, schreitet die<br />

Globalisierung weiter voran. <strong>Die</strong>se br<strong>in</strong>gt neue Möglichkeiten und<br />

eröffnet neue Märkte. Der Absatz <strong>der</strong> <strong>Pharma<strong>in</strong>dustrie</strong> außerhalb <strong>der</strong><br />

traditionellen Märkte, d. h. <strong>der</strong> "alten" Industrieregionen gew<strong>in</strong>nt<br />

zunehmend an Bedeutung.<br />

• <strong>Die</strong> Weltbank geht davon aus, dass die Weltbevölkerung bis 2050<br />

auf rund neun Milliarden Menschen anwachsen wird. Weltweit<br />

wird <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Nachfrage nach Pharmaprodukten und<br />

Mediz<strong>in</strong>technik <strong>in</strong> den nächsten Jahren deutlich zunehmen, vor allem<br />

<strong>in</strong> den schnell wachsenden und bevölkerungsreichen Entwicklungs-<br />

und Schwellenlän<strong>der</strong>n. Für Entwicklungslän<strong>der</strong> ist Gesundheit neben<br />

Bildung und - <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Schwellenlän<strong>der</strong>n -<br />

Umweltschutz e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> zentralen Schlüsselgrößen für die<br />

wirtschaftliche Entwicklung. Ch<strong>in</strong>a plant z.Zt. die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es<br />

flächendeckenden Krankenversicherungsschutzes. Bislang ist nur<br />

die städtische Bevölkerung halbwegs versorgt. 700 Millionen<br />

Ch<strong>in</strong>esen leben auf dem Land, weitab vom nächsten Arzt o<strong>der</strong><br />

Krankenhaus. Gleichzeitig steigen die Fälle von chron. Erkrankungen<br />

wie z.B. Herzleiden o<strong>der</strong> Diabetes. <strong>Die</strong>s bedeutet, dass neben <strong>der</strong><br />

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Bekämpfung von Infektionserkrankung, e<strong>in</strong>er Priorität <strong>in</strong><br />

Entwicklungslän<strong>der</strong>n, zunehmend sogenannte<br />

Zivilisationskrankheiten behandelt werden müssen. <strong>Die</strong> wachsende<br />

Bev. und die Alterung ebendieser <strong>in</strong> Verbildung mit e<strong>in</strong>em steigenden<br />

Wohlsstandsniveau führen zu e<strong>in</strong>em Volumenzuwachs <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen und -gütern.<br />

• Gleichzeitig führen die weltweite Zusammenarbeit und <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>ternationale Handel zu e<strong>in</strong>er globalen Arbeitsteilung. E<strong>in</strong> neues<br />

Arzneimittel ist häufig das Ergebnis von Forschung und<br />

Entwicklung <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>, von kl<strong>in</strong>ischen Prüfungen <strong>in</strong> Indien und<br />

von <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a hergestellten Wirkstoffen, bevor es schließlich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

EU hergestellt, verpackt und verkauft wird. <strong>Die</strong>se globale<br />

Neuorganisation schafft neue Möglichkeiten, aber auch neue<br />

Probleme, z.B. nehmen Arzneimittelfälschungen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> zu.<br />

• Man darf nicht verschweigen, dass die zunehmende Öffnung <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>ternationalen Märkte nicht nur die Absatzchancen für europäische<br />

Hersteller und <strong>Die</strong>nstleistern erhöht. Internationalisierung heißt<br />

auch, dass sich <strong>der</strong> Standortwettbewerb deutlich verschärft.<br />

Neben den traditionellen Pharmastandorten wie den USA,<br />

Deutschland, Frankreich, Großbritannien und <strong>der</strong> Schweiz haben<br />

sich bereits neue außereuropäische Standorte wie z. B. Israel,<br />

S<strong>in</strong>gapur o<strong>der</strong> Indien etabliert. Auch diese wollen vom<br />

Wachstumsmarkt Pharma und Gesundheit profitieren. Von diesem<br />

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<strong>in</strong>ternationalen Standortwettbewerb ist <strong>Europa</strong> als e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> großen<br />

Pharmastandorte beson<strong>der</strong>s betroffen. Es stellt sich daher die Frage, <strong>in</strong><br />

welcher Wettbewerbsposition sich <strong>Europa</strong> im Vergleich zu an<strong>der</strong>en<br />

<strong>in</strong>ternationalen Standorten bef<strong>in</strong>det und wie diese durch politische<br />

Maßnahmen gestärkt werden kann.<br />

WAS SIND UNSERE ANTWORTEN?<br />

• Angesichts dieser Fakten wäre es unverantwortlich, auf den Beitrag zu<br />

verzichten, den die Gesundheitswirtschaft - und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die<br />

<strong>Pharma<strong>in</strong>dustrie</strong> - beim Erreichen <strong>der</strong> Ziele <strong>der</strong> Lissabon Agenda<br />

leisten kann. <strong>Die</strong> Europäische Kommission hat die Bedeutung<br />

dieser Branche für die Wettbewerbsfähigkeit erkannt.<br />

• Verschiedene Maßnahmen zur Stärkung des Pharmastandorts <strong>Europa</strong><br />

s<strong>in</strong>d zum Teil bereits umgesetzt worden o<strong>der</strong> bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong><br />

Vorbereitung.<br />

• Innovation ist e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Schlüssel. Das 7. europäische<br />

Forschungsrahmenprogramm ist ehrgeizig (ca. 50 Milliarden Euro<br />

für den Zeitraum 2007 bis 2013). Gesundheit und Biowissenschaften<br />

s<strong>in</strong>d Prioritäten. E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s wichtiges Projekt ist die Geme<strong>in</strong>same<br />

Technologie-Initiative "Innovative Arzneimittel". Durch diese<br />

öffentlich-private Partnerschaft werden Forschungse<strong>in</strong>richtungen, die<br />

Industrie, die Mitgliedstaaten und die Kommission<br />

zusammengebracht. Das Ziel ist es, den Entwicklungsprozess für<br />

Arzneimittel zu beschleunigen, so dass wissenschaftliche<br />

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Durchbrüche schneller <strong>in</strong> sichere, marktfähige Produkte umgesetzt<br />

werden.<br />

• Wir müssen bereit se<strong>in</strong>, neue Technologien zu nutzen. Seit 2002<br />

verfolgt die Europäische Kommission e<strong>in</strong>e umfassende Strategie zu<br />

den Biowissenschaften und zur Biotechnologie. Sie erstreckt sich auf<br />

Aspekte <strong>der</strong> Forschungspolitik und des Rechtsrahmens, aber etwa<br />

auch auf Fragen des Zugangs zu Risikokapital für kle<strong>in</strong>ere und<br />

mittlere Unternehmen.<br />

• <strong>Die</strong> rechtlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d Kernpunkte beim<br />

Bemühen, Innovationen im Arzneimittelbereich zu för<strong>der</strong>n, so dass<br />

neue Produkte frühzeitig dem Patienten zur Verfügung stehen. <strong>Die</strong><br />

Herausfor<strong>der</strong>ung besteht dar<strong>in</strong>, angemessene, auf wissenschaftlicher<br />

Grundlage basierte Rechtsvorschriften zu entwickeln, ohne dass<br />

unnötige bürokratische Fesseln angelegt werden. <strong>Die</strong>s ist von<br />

beson<strong>der</strong>er Bedeutung gerade im H<strong>in</strong>blick auf KMU. Viel wurde<br />

bereits erreicht: <strong>Die</strong> Novellierung <strong>der</strong> europäischen<br />

Arzneimittelvorschriften hat e<strong>in</strong>e substanzielle Verbesserung des<br />

Umfeldes bewirkt. <strong>Die</strong> Stärkung des geistigen Eigentums durch die<br />

Harmonisierung des Unterlagenschutzes auf 10 Jahre und e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl von an<strong>der</strong>en Maßnahmen bei <strong>der</strong> arzneimittelrechtlichen<br />

Zulassung u.a.:<br />

Reduzierungen o<strong>der</strong> Stundung <strong>der</strong> Gebühren,<br />

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leichterer Zugang zu wissenschaftliche Beratung durch die<br />

Agentur,<br />

spezielle Anreize für Unternehmen, die "Orphan Medic<strong>in</strong>al<br />

Products" entwickeln, und<br />

die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es "KMU-Büros" bei <strong>der</strong> EMEA<br />

s<strong>in</strong>d zu nennen.<br />

• <strong>Die</strong> Verordnung für Medikamente zur Behandlung seltener<br />

Krankheiten und die Annahme <strong>der</strong> Verordnung für Arzneimittel<br />

für neuartige Therapien s<strong>in</strong>d zwei weitere Meilenste<strong>in</strong>e. <strong>Die</strong>ser<br />

gewährleistet den höchsten Gesundheitsschutz für Patienten, bei<br />

gleichzeitiger För<strong>der</strong>ung von Innovationen.<br />

• Weitere wichtige Verbesserungen s<strong>in</strong>d mit dem sich auf dem Weg<br />

bef<strong>in</strong>dlichen Pharma-Paket verbunden. <strong>Die</strong>ses Paket besteht aus<br />

zwei Teilen, aus e<strong>in</strong>er Mitteilung und drei konkreten<br />

Gesetzgebungs<strong>in</strong>itiativen. In <strong>der</strong> Mitteilung zeigen wir die<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen auf, denen wir uns gegenüber sehen. Darauf folgt<br />

e<strong>in</strong>e Analyse <strong>der</strong> Fel<strong>der</strong>, auf denen Handlungsbedarf besteht. Im<br />

zweiten Teil werden drei Gesetzgebungsverfahren auf den Weg<br />

gebracht werden, nämlich:<br />

Pharmacovigilanz<br />

Sicherheit im Vertrieb und<br />

Informationen für Patienten.<br />

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• H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Sicherheit von Mediz<strong>in</strong>produkten und<br />

Arzneimittel machen wir ke<strong>in</strong>e Kompromisse. Im Rahmen unseres<br />

Pharmapakets werden wir die Pharmakovigilanz, d.h. die<br />

Marktüberwachung verstärken. Zusätzlich werden wir, die<br />

Sicherheitsanfor<strong>der</strong>ungen für Arzneimittel im Vertrieb erhöhen.<br />

<strong>Die</strong>s ist notwendig, um Arzneimittelfälschungen entgegenzutreten,<br />

denn jüngste Studien zeigen, dass krim<strong>in</strong>elle Element, das Fälschen<br />

von Arzneimittel zunehmend als lukratives Betätigungsfeld<br />

entdecken. Im Vor<strong>der</strong>grund steht bei unserem Vorschlag, die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Herstellung, die E<strong>in</strong>fuhr und den Vertrieb von<br />

Arzneimitteln zu verschärfen. Wir erwägen hierbei u.a. auch<br />

Maßnahmen, die <strong>der</strong> verbesserten Rückverfolgbarkeit im Vertrieb und<br />

<strong>der</strong> Unversehrtheit <strong>der</strong> Verpackung dienen.<br />

• E<strong>in</strong> weiterer Schwerpunkt unsere Arbeit ist die Frage, <strong>in</strong>wieweit <strong>der</strong><br />

Zugang des Patienten zu Arzneimittel<strong>in</strong>formationen verbessert<br />

werden kann. Das Ziel e<strong>in</strong>es mündigen Patienten setzt e<strong>in</strong>en<br />

<strong>in</strong>formierten Patienten voraus. Allerd<strong>in</strong>gs muss bei Arzneimittel auch<br />

e<strong>in</strong> Abgleiten <strong>in</strong> nur den Absatz för<strong>der</strong>nde Werbung vermieden<br />

werden. Auch hierzu hat die Kommission im vergangenen W<strong>in</strong>ter<br />

e<strong>in</strong>en Gesetzgebungsvorschlag gemacht.<br />

• Innovative Konzepte brauchen wir auch bei <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

unseres Gesundheitswesens. <strong>Die</strong> gegenwärtige Zersplitterung des<br />

EU-Arzneimittelmarktes hängt <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie mit <strong>der</strong><br />

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unterschiedlichen nationalen Preisgestaltung und Erstattung<br />

zusammen. Über die Vergütung von Gesundheitsleistungen und<br />

Arzneimitteln entscheiden die Mitgliedstaaten, allerd<strong>in</strong>gs müssen sie<br />

sich dabei an die Bestimmungen <strong>der</strong> Transparenzrichtl<strong>in</strong>ie<br />

(89/105/EWG) und des EG-Vertrags halten, wonach<br />

Entscheidungen über Preisgestaltung und Erstattung<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e rasch und transparent zu erfolgen haben.<br />

Unterschiedliche Systeme führen zu Unterschieden <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Preisgestaltung und Erstattung, <strong>der</strong> Zeitspanne bis zur Marktzulassung<br />

und den Zugangsmöglichkeiten.<br />

• <strong>Die</strong> Mitgliedstaaten stehen vor <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

drei Ziele <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gen: Optimale Nutzung <strong>der</strong><br />

Ressourcen, um die F<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> Gesundheit für e<strong>in</strong>e<br />

alternde Bevölkerung dauerhaft zu sichern, Zugang zu<br />

Arzneimitteln für EU-Patienten und Anreize für Innovationen<br />

• Was kann die Europäische Kommission tun? Sie kann die<br />

Mitgliedstaaten bei ihren Entscheidungen unterstützen und als<br />

ehrlicher Makler fungieren. E<strong>in</strong>e solche Funktion hatte im Bereich<br />

Arzneimittel das Pharmazeutische Forum, das im Oktober 2008<br />

erfolgreich abgeschossen wurde. Ziel dieser Initiative war es, e<strong>in</strong>e<br />

schnellere und bessere Verfügbarkeit von Arzneimittel <strong>in</strong> den<br />

Mitgliedstaaten zu ermöglichen, gleichzeitig aber auch die<br />

bestmögliche Verwendung von beschränkten öffentlichen Mitteln<br />

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zu garantieren. Das Arzneimittelforum hat geme<strong>in</strong>same Grundsätze<br />

verabschiedet, um zukünftige nationale Preisfestsetzungs- und<br />

Erstattungspolitiken und Entscheidungen zur relativen Wirksamkeit<br />

zu unterstützen. Aufgrund <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesem Prozess gemachten positiven<br />

Erfahrungen werden <strong>der</strong> Informationsaustausch und die<br />

Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit den<br />

Betroffenen auf EU-Ebene verstärkt. Ferner wurden konkrete<br />

Ergebnisse zum Thema Patienten<strong>in</strong>formationen erzielt.<br />

• Zur <strong>in</strong>ternationalen Dimension…Viele <strong>der</strong> aufgeworfenen Fragen<br />

lassen sich besser <strong>in</strong>ternational beantworten, z.B. Epidemien o<strong>der</strong> die<br />

sich aus <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wertschöpfungskette ergebenden Folgen.<br />

Deshalb ist <strong>in</strong>ternationale Zusammenarbeit e<strong>in</strong> "Muss". Durch die<br />

Globalisierung entstehen aber auch neue Herausfor<strong>der</strong>ungen im<br />

Bereich <strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit. Illegale Arzneimittel gibt es <strong>in</strong><br />

unterschiedlicher Form, darunter Arzneimittelfälschungen. Sicherheit<br />

ist e<strong>in</strong>e Voraussetzung für den Handel mit Arzneimitteln. Gefälscht<br />

werden nicht nur „Lifestyle“-Produkte wie "Viagra", son<strong>der</strong>n<br />

auch Arzneimittel zur Behandlung von lebensgefährlichen<br />

Krankheiten. <strong>Die</strong> Bekämpfung von Fälschungen erfor<strong>der</strong>t<br />

geme<strong>in</strong>same <strong>in</strong>ternationale Anstrengungen. <strong>Die</strong> bilaterale<br />

Zusammenarbeit mit ausgewählten Drittlän<strong>der</strong>n muss<br />

weiterentwickelt werden. Deshalb werden neue Mechanismen für<br />

den Austausch von Informationen über illegale Vertriebskanäle<br />

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und Fälschungen e<strong>in</strong>gerichtet werden. <strong>Die</strong> Kommission arbeitet<br />

geme<strong>in</strong>sam mit europäischen und <strong>in</strong>ternationalen Partnern <strong>in</strong>tensiv an<br />

diesem Thema. Sie verfolgt diese Ziele zusätzlich zu ihren bilateralen<br />

Kontakten im Rahmen <strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation (WHO) und<br />

des <strong>Europa</strong>rates.<br />

• <strong>Die</strong> Festlegung und Durchsetzung <strong>in</strong>ternationaler Normen für die<br />

öffentliche Gesundheit spielt e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle, um zu<br />

verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass unsichere Produkte auf den EU-Markt gelangen. <strong>Die</strong><br />

mit den USA und Japan auf <strong>der</strong> Internationalen<br />

Harmonisierungskonferenz (ICH) durchgeführten Arbeiten s<strong>in</strong>d von<br />

enormer Bedeutung und müssen ausgeweitet werden. ICH-Normen<br />

sollten geför<strong>der</strong>t werden, damit sie weltweit akzeptiert werden.<br />

Gleichzeitig bietet die Zusammenarbeit Möglichkeiten, durch<br />

Maßnahmen zugunsten europäischer Unternehmen die Position <strong>der</strong><br />

EU zu stärken. Initiativen für e<strong>in</strong>en Dialog über<br />

Regulierungsfragen mit Drittländen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e den<br />

Schwellenlän<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d erfolgversprechend.<br />

• <strong>Europa</strong> ist für e<strong>in</strong>en fairen weltweiten Wettbewerb gut gerüstet. Es ist<br />

jedoch unstrittig, dass nichttarifäre Handelshemmnisse<br />

europäischen Anbietern den Marktzugang oft erschweren, während<br />

Nicht-EU-Unternehmen gleichzeitig den vollen Zugang zu den<br />

offenen europäischen Märkten nutzen. <strong>Die</strong> Kommission hat deshalb<br />

die Zusammenarbeit mit aufstrebenden Handelspartnern <strong>in</strong><br />

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verschiedenen, für Arzneimittel relevanten Bereichen aufgenommen,<br />

um auf diese Weise sicherzustellen, dass EU-Unternehmen unter<br />

gleichen Bed<strong>in</strong>gungen auf ausländischen Märkten konkurrieren<br />

können und ihre Konkurrenten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Regeln <strong>der</strong><br />

Welthandelsorganisation (WTO) e<strong>in</strong>halten.<br />

• <strong>Europa</strong> steht zu se<strong>in</strong>er Verantwortung. <strong>Die</strong> EU spielt bei <strong>der</strong><br />

Bekämpfung armutsbed<strong>in</strong>gter und vernachlässigter Krankheiten,<br />

die die Entwicklungslän<strong>der</strong> unverhältnismäßig stark betreffen<br />

e<strong>in</strong>e konstruktive Rolle. <strong>Die</strong> Kommission för<strong>der</strong>t die Forschung für<br />

und mit Afrika zu Therapien für vernachlässigte Krankheiten und hat<br />

es <strong>in</strong>ternationalen Unternehmen ermöglicht, den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

Arzneimittel mit deutlichen Preisnachlässen zur Verfügung zu stellen.<br />

Gleichzeitig wurden Vorkehrungen getroffen, dass diese<br />

Vorzugspreise nicht durch Re-Importe zu negativen Auswirkungen<br />

auf dem EU-Markt führen. <strong>Die</strong> EU unterstützt ferner den „Globalen<br />

Fonds zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria“ <strong>in</strong><br />

den Entwicklungslän<strong>der</strong>n. <strong>Die</strong> bedeutenden f<strong>in</strong>anziellen Beiträge aus<br />

öffentlichen und privaten Quellen wie Wohltätigkeitsorganisationen<br />

ermöglichen es dem Globalen Fonds, Prävention, Behandlung und<br />

Pflege zu för<strong>der</strong>n und so die dr<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lichen Maßnahmen zur<br />

Bekämpfung dieser Krankheiten zu beschleunigen.<br />

III. Fazit<br />

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• <strong>Europa</strong> kann e<strong>in</strong>en Beitrag leisten, e<strong>in</strong> Umfeld zu schaffen, das<br />

sowohl <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit als auch <strong>der</strong><br />

Wettbewerbsfähigkeit dient, und ermöglicht so, dass Patienten <strong>in</strong><br />

<strong>Europa</strong> und weltweit vom therapeutischen Fortschritt profitieren<br />

können.<br />

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