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Märtyrer des Versuchs einer Erneuerung

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und die im Koran vorhandene Sprachkunst genauer zu bestimmen.<br />

Im Laufe ihrer Forschungen bezogen die Sprachwissenschaftler<br />

darüberhinaus auch die überlieferten Berichte in ihre Untersuchungen mit<br />

ein und untersuchten sie nach den grammatischen Regeln und<br />

Wortbedeutungen und der Satzbildung, um sie nach ihrer Richtigkeit zu<br />

überprüfen und Falsches auszusieben, und daraus entstand die<br />

Wissenschaft von der Überlieferung und den Überlieferern.<br />

Insofern nun eines der Hauptmerkmale der Sprache - und das gilt für jede<br />

Sprache - ihre Konventionalität ist, machte sich die Forschung daran,<br />

herauszufinden, was als Konvention Geltung hatte, sowohl im Hinblick auf<br />

die grammatischen Regeln als auch hinsichtlich der Bedeutungen und der<br />

sprachlichen Form. Und so stellten die Sprachforscher die Normen auf,<br />

nach denen die Regeln festzusetzen waren, und zwar nahmen sie als<br />

Grundlage die Folgerichtigkeit der Chronisten und die Kongruenz der<br />

Berichte hinsichtlich der grammatischen Regeln und hinsichtlich der<br />

Bedeutung der gebrauchten Ausdrücke. Konnte man z.B. aufgrund der<br />

Folgerichtigkeit, die sich in den Berichten der Chronisten fand, feststellen,<br />

daß das Satzsubjekt stets im Nominativ steht und das Satzobjekt im<br />

Akkusativ, dann stand dies als Norm und Regel der arabischen Sprache<br />

fest und war für alle Zeiten gültig. Dafür mußte aber eben geklärt sein, daß<br />

sich die überwiegende Mehrheit tatsächlich an diese Regel gehalten hat.<br />

Wenn aber eine bestimmte Form nur bei einem einzigen Chronisten<br />

auftauchte, mußte von allen Seiten her untersucht werden, welche<br />

Glaubwürdigkeit der betreffende Chronist besaß. Daraus entstand die<br />

"Wissenschaft von der Überprüfung der Überlieferer".<br />

Hier ist zu bemerken, daß gegen diese Methode zur Auffindung und<br />

Festlegung von grammatischen Regeln im Allgemeinen nichts<br />

einzuwenden ist, daß aber, sobald man sie auf den Bereich <strong>des</strong> Denkens<br />

überträgt, die Sache gefährlich wird, da man die Gültigkeit eines<br />

Gedankens nicht danach bewerten darf, in welcher Häufigkeit er auftritt.<br />

Zwar ist gültige Praxis, festzustellen, von wem der Text stammt, den wir<br />

vor Augen haben, aber dies kann für uns kein Maßstab dafür sein, ob wir<br />

diesem eine Verbindlichkeit für alle Zeiten und alle Orte der Erde<br />

zusprechen, während es hinsichtlich der sprachlichen Form durchaus<br />

möglich ist, zu sagen, daß die daraus abgeleiteten grammatischen Regeln<br />

verbindlich sind für alle Zeiten und Orte, wo es Menschen gibt, die sich<br />

der arabischen Sprache bedienen.<br />

Die Dogmatiker jedoch, die sich mit der wissenschaftlichen Erforschung<br />

der Grundlagen <strong>des</strong> Glaubens beschäftigten und dabei den<br />

Sprachwissenschaftlern folgten, übernahmen diese linguistischen Normen<br />

und wandten sie auf die Gedanken <strong>des</strong> Korans an. D.h. sie erklärten, daß<br />

die Frage, inwieweit ein Text oder eine Bestimmung Gültigkeit habe an<br />

allen Orten und für alle Zeiten, sich entscheiden ließe anhand der<br />

Häufigkeit, in der der Text oder das Urteil bei den Überlieferern auftrete,<br />

und diese Regel wandten sie auch auf den koranischen Text und die darin<br />

enthaltenen Vorschriften an.

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