Jazz-Improvisation und Management - IDS Scheer
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Solche Regeln sollten auch von Managern bei Vorträgen oder Präsentationen befolgt werden. Häufig ist weniger mehr.<br />
Nicht eine Folienschlacht, bei der in kurzer Zeit zig Folien über den Overheadprojektor gezogen werden oder im Beamer<br />
durchrauschen, beeindruckt, sondern klare Aussagen, die folgerichtig aufeinander aufbauen. Je höher jemand einen<br />
Managerrang besitzt, desto weniger Folien sollte er benutzen <strong>und</strong> mehr auf das Charisma seiner Persönlichkeit vertrauen.<br />
Obwohl bei einer <strong>Improvisation</strong> intellektuelle Anstrengungen erforderlich sind, z. B. bei der Verfolgung der harmonischen<br />
Entwicklung eines Stückes, ist die Emotionalität sehr stark beteiligt. Als dritte Komponente kommt die Motorik hinzu, die<br />
bei Pianisten oder Saxofonspielern durch eine besonders ausgebildete Fingerfertigkeit vorhanden sein muss. Diese drei<br />
Komponenten: Intellekt, Emotion <strong>und</strong> Motorik zu koordinieren, erfordert eine hohe Anstrengung. Die emotionale Seite ist<br />
sicher besonders herauszustellen. Die Anregungen <strong>und</strong> das Spannungsgefühl, die durch den Rhythmus <strong>und</strong> den Swing<br />
erzeugt werden, verhelfen dem Solisten dazu, aus dem vorhandenen Baukasten an Wörtern in Blitzesschnelle sinnvolle<br />
Sätze zusammenzustellen. Vieles davon geschieht unbewusst, d. h. der Solist versenkt sich in das rhythmische <strong>und</strong> melodische<br />
Gefühl des Stückes <strong>und</strong> lässt sich von seinem Inneren treiben. Häufig ist er sogar erstaunt, wenn er eine aufgezeichnete<br />
Aufnahme seines Solos hört. Es ist ungefähr so wie bei einem Tausendfüßler: Ihm ist nicht bewusst, welches<br />
schwierige Koordinationsproblem er beim Gehen zu bewältigen hat, trotzdem funktioniert es. Wäre ihm das Koordi -<br />
nations problem bewusst, könnte er straucheln.<br />
Zu viel intellektuelle Kontrolle während des Solos kann schaden. Der Solist klebt zu stark an eingeübten Pattern <strong>und</strong> die<br />
eigentliche Freisetzung spontaner <strong>und</strong> unerwarteter Ideen fehlt.<br />
Auch erfolgreiche Unternehmer handeln häufig „aus dem Bauch“. Wahrscheinlich sind Instinkt <strong>und</strong> Angstgefühle für ein<br />
erfolgreiches Unternehmertum unabdingbar. Natürlich ist ein Bauchgefühl nicht nur angeboren, sondern auch Ergebnis<br />
vielfältiger Erfahrungen, die sich dann zu Verhaltensmustern verdichtet haben <strong>und</strong> bei entsprechenden Ereignissen spontan<br />
abgerufen werden können. Gerade bei Entscheidungen mit hohem Risiko, Personalgesprächen <strong>und</strong> beim Eingehen<br />
von Partnerschaften mit anderen Unternehmen entscheidet häufig das Bauchgefühl.<br />
Schnell zu reagieren <strong>und</strong> blitzschnell interessante Aussagen zu finden hat häufig etwas mit Humor <strong>und</strong> Witz zu tun. Es<br />
sollen eben keine langatmigen Geschichten erzählt werden, sondern kurze Storys mit Pointen. Viele <strong>Jazz</strong>-Musiker besitzen<br />
einen Sinn für Witz <strong>und</strong> Humor. Die Anzahl von Musikerwitzen belegt dies. Der kürzeste lautet:<br />
Drei <strong>Jazz</strong>-Musiker gehen an einer Kneipe vorbei ....<br />
Ein weiterer bringt die schwierigen wirtschaftlichen Umstände von <strong>Jazz</strong>-Musikern auf den Punkt:<br />
Frage: Wie wird man als <strong>Jazz</strong>-Musiker Millionär?<br />
Antwort: Indem man als Milliardär beginnt.<br />
In den Vorstandsetagen ist normalerweise Humor <strong>und</strong> Witz nicht sonderlich verbreitet.<br />
Die Business-Kleidung verbreitet eher eine steife Atmosphäre. Hier<br />
könnte ein Schuss Esprit <strong>und</strong> Pointenorientierung häufig aufgesetztes Verhalten<br />
menschlicher <strong>und</strong> kommunikativer gestalten.<br />
5 <strong>Jazz</strong> als Lernprozess<br />
<strong>Jazz</strong> ist eine Musik, die von dem ständigen Lernen der Musiker lebt. Jeder hört<br />
aufeinander, jeder ist mal Solist, mal Begleiter. Da ständig überraschende<br />
Situationen entstehen, sind Missverständnisse <strong>und</strong> auch Fehler möglich. <strong>Jazz</strong><br />
ist deshalb keine vollkommene Musik, sondern es überwiegt die Kreativität. Um<br />
neue Dinge auszuprobieren, darf man nicht ängstlich vor Fehlern sein. Fehler<br />
gehören zum Lernprozess; nur wer nichts Neues versucht, macht keine Fehler.<br />
Diese Erkenntnis gilt natürlich auch im <strong>Management</strong>. Nicht jede Idee für ein<br />
neues Produkt ist erfolgreich. Die Einstellung einer Produktentwicklung ist kein<br />
Misserfolg, sondern zeigt lediglich, dass während der Produktentwicklung neue<br />
Erkenntnisse aufgetreten sind, welche die ursprünglichen Annahmen korrigieren. Der Mut, neue Märkte oder neue<br />
Produktideen aufzunehmen, muss positiv betrachtet werden. Selbstverständlich gilt es, jede Idee kritisch zu hinterfragen,<br />
aber sie darf auch nicht von vornherein durch zu kritische Argumente getötet werden.<br />
Im <strong>Jazz</strong> haben sich in den ersten h<strong>und</strong>ert Jahren seines Bestehens die Stilrichtungen in kurzer Zeit abgelöst. Bei dem<br />
Musiker Miles Davis wurde bereits darauf hingewiesen, dass er viermal im Leben stilbildend an neuen Musikrichtungen<br />
beteiligt war.<br />
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