Der Göttinger Katalog Didaktischer Modelle

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13.09.2013 Aufrufe

Veränderungen in der Umwelt, im besonderen in der Arbeitswelt (Automatisierung) und in der Politik (Demokratisierung). Spätestens seit den Veröffentlichungen des "CLUB OF ROME " traten jedoch mit dieser Forderung nach "antizipatorischem Lernen " auch neue Begründungen hervor, die vor allem in einer Sicherung des Überlebens angesichts drohender Umweltkatastrophen in Verbindung standen. "Antizipation" als Fähigkeit, sich auf neue, vorher noch nicht dagewesene geschichtliche Situationen nicht nur einstellen zu lernen, sondern darüber hinaus vorwegnehmend die Qualifikation zu ihrer Bewältigung zu erwerben, ist ganz offensichtlich nur durch neue Formen bewußten und organisierten Lernens vorstellbar, anders als das adaptive Lernen, das in informeller Weise, sei es als langfristig-kollektiver oder kurzfristig-individueller Anpassungsprozeß, auch unbewußt stattfinden kann (BOTKIN u. a. 1979). Der fünfte Aspekt des erweiterten Lernbegriffs, individuelles und gesellschaftliches Lernen, ist ebenfalls eine programmatische Forderung, die erstmals in dieser Deutlichkeit im Lernbericht an den CLUB OF ROME enthalten ist. Gemeint ist damit, daß Gesellschaften als Ganze zu lernen haben, wenn sie überleben wollen, nicht nur ihre einzelnen Individuen. Daß damit keineswegs nur eine vordergründige Analogiebildung zu einem individuellen Lernbegriff gemeint ist, sondern tatsächlich eine Erweiterung des Lernbegriffs auf Kollektive als dessen Merkmalsträger, geht aus dem folgenden Zitat hervor: "Um den Sinn des gesellschaftlichen Lernens zu erläutern, wäre ein Beispiel angebracht. Vor einem Jahrhundert waren die Konzeption von Wachstum und Ent- 18

wicklung einzig auf den Menschen bezogen. Heute ist es üblich, auch von Wachstum und Entwicklung der Gesellschaft zu sprechen. Ähnlich können wir auch von der Lernkapazität einer Gesellschaft sprechen - ob sie schnell oder langsam, effektiv oder ineffektiv lernt" (a. a. 0., S. 29, Fußnote). Der sechste Aspekt des erweiterten Lernbegriffs ergibt sich schon aus der Tatsache seiner Behandlung in internationalen Gremien und deren Orientierung an einer weltweiten, globalen Perspektive: Nationales und globales Lernen. Dem muß man gegenwärtig noch den Hinweis auf den Umstand hinzufügen, daß auch das Lernen auf lokaler und regionaler Ebene sowie in inter-und multikulturellen Kontexten für breite Bevölkerungskreise neue Bedeutung erhält, angefangen von Bürgerinitiativen und Gastarbeitern bis hin zu hohen Beamten internationaler Organisationen. Es kann künftig nicht mehr ausreichen, daß Probleme von Unterricht und Lernen in der Selbstgenügsamkeit nationaler Bezugsgruppen verhandelt werden. Die Gliederung der für das öffentliche Bildungswesen zuständigen Administrationen in nationale und subnationale Organe kann kein hinreichender Grund für eine Unterrichtswissenschaft mehr sein, ihre analytischen und praktischen Bemühungen allein im Rahmen nationaler Bezugsgruppen und Bezugssysteme zu behandeln. Dies gilt für Lehrpläne und Lehr-Lernformen ebenso wie für Lernbedingungen und Wechselbeziehungen von Bildungseinrichtungen und Kultursystem. Es gilt vielmehr, auf das gesamte Inventar der von der Gattung Mensch im Laufe der Geschichte entwickelten Erfahrungen, Deutungsmuster und Werkzeuge zurückzugreifen und einer selbstgenügsamen nationalen oder gar kleingruppen-bezogenen Lernperspektive eine Absage zu erteilen, zunächst auf 19

Veränderungen in der Umwelt, im besonderen in der<br />

Arbeitswelt (Automatisierung) und in der Politik (Demokratisierung).<br />

Spätestens seit den Veröffentlichungen<br />

des "CLUB OF ROME " traten jedoch mit dieser Forderung nach<br />

"antizipatorischem Lernen " auch neue Begründungen<br />

hervor, die vor allem in einer Sicherung des Überlebens<br />

angesichts drohender Umweltkatastrophen in Verbindung<br />

standen. "Antizipation" als Fähigkeit, sich auf neue,<br />

vorher noch nicht dagewesene geschichtliche Situationen<br />

nicht nur einstellen zu lernen, sondern darüber hinaus<br />

vorwegnehmend die Qualifikation zu ihrer Bewältigung zu<br />

erwerben, ist ganz offensichtlich nur durch neue Formen<br />

bewußten und organisierten Lernens vorstellbar, anders<br />

als das adaptive Lernen, das in informeller Weise, sei<br />

es als langfristig-kollektiver oder<br />

kurzfristig-individueller Anpassungsprozeß, auch<br />

unbewußt stattfinden kann (BOTKIN u. a. 1979).<br />

<strong>Der</strong> fünfte Aspekt des erweiterten Lernbegriffs, individuelles<br />

und gesellschaftliches Lernen, ist ebenfalls<br />

eine programmatische Forderung, die erstmals in dieser<br />

Deutlichkeit im Lernbericht an den CLUB OF ROME<br />

enthalten ist. Gemeint ist damit, daß Gesellschaften<br />

als Ganze zu lernen haben, wenn sie überleben wollen,<br />

nicht nur ihre einzelnen Individuen. Daß damit<br />

keineswegs nur eine vordergründige Analogiebildung zu<br />

einem individuellen Lernbegriff gemeint ist, sondern<br />

tatsächlich eine Erweiterung des Lernbegriffs auf<br />

Kollektive als dessen Merkmalsträger, geht aus dem<br />

folgenden Zitat hervor:<br />

"Um den Sinn des gesellschaftlichen Lernens zu erläutern,<br />

wäre ein Beispiel angebracht. Vor einem Jahrhundert<br />

waren die Konzeption von Wachstum und Ent-<br />

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