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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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griffe, sondern auch die Anschauungsformen, weil es sonst keine Anschauung für das Subjekt<br />

gäbe. Nach Kant muß demnach auf eine ursprünglich-synthetische Tätigkeit geschlossen wer-<br />

den, welche das Phänomen des Selbstbewußtseins als dem Begleitenkönnen von Vorstellun-<br />

gen mit dem ‚Ich denke’ als ursprüngliches Herstellen von Übergangsweisen von einem <strong>und</strong><br />

für ein Subjekt erklärt. Diese Tätigkeit ist nach Kant jedoch synthetisch <strong>und</strong> nicht spontan-<br />

produzierend, weil die zu verbindende Materie gegeben sein muß, damit sich das Subjekt<br />

überhaupt bewußt werden kann: es gilt nur für einen <strong>Verstand</strong>, so Kant, „durch dessen reine<br />

Apperzeption in der Vorstellung: Ich bin, noch gar nichts Mannigfaltiges gegeben ist.“ 356 (B<br />

138) Die Tätigkeit der synthetischen Gegenstandsbestimmung gründet folglich im Vermögen<br />

der transzendentalen Apperzeption, wobei dessen apriorische Synthesisleistungen die „Bedin-<br />

gungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung“ (A 158/B 197) geben, d.h. die Form<br />

der Erfahrung bereitstellen. Dadurch wird Kants kopernikanische Wende beschrieben, die in<br />

der gr<strong>und</strong>legenden Einsicht besteht, daß „die Gegenstände [...] sich nach unserem Erkenntnis<br />

richten“ (B XVI) müssen. Die Frage nach der Bedingung der Möglichkeit von theoretischer<br />

Gegenstandsbeziehung wird durch das Radikalvermögen der transzendentalen Apperzeption<br />

gelöst, d.h. es ist die Tätigkeit des Selbst, welches die Form der Erfahrung herstellt. 357 Die<br />

Synthesis von diesen Formen der Erfahrung mit der Materie, d.h. den empirischen Anschau-<br />

ungen, ist dadurch möglich, daß das Subjekt die Materie gewissermaßen in die von ihm a<br />

priori bereitgestellten Formen einordnet, um es dadurch zum Gegenstand der Erfahrung zu<br />

machen: „Das erkennende Subjekt, nach dem sich das erkannte Objekt bei Kant richtet, ist<br />

dasjenige, was die Objektivität des Objekts zustandebringt, indem es ihm einen Platz in der<br />

ihrer Form nach von ihm selbst gemachten Natur anweist.“ 358 Der Gegenstandsbezug, um den<br />

356 Siehe Baum (1993): „Unser <strong>Verstand</strong> ist also zwar spontan tätig, aber nicht produktiv, da durch das Bewußtsein<br />

unserer selbst im Gedanken ‚Ich denke’ keine Mannigfaltigkeit von Vorstellungen gegeben, sondern nur das<br />

Vermögen, Vorstellungen zu verbinden, als ein in allem Vorstellen einfaches <strong>und</strong> identisches bewußt gemacht<br />

wird.“ (24)<br />

357 Objektive <strong>und</strong> allgemeine Erkenntnis, i.e. Erfahrung, kann es nach Kant nur geben, „wenn wir die Notwendigkeit<br />

selber hervorbringen. Von diesem Gedanken geht alles bei Kant aus.“ (Cohen [1918], 342; Hervorh.<br />

F.E.)<br />

358 Baum (1984), 177.<br />

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