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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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<strong>und</strong> beide Philosophen als Opportunisten begreift, welche der orthodoxen theologischen Mei-<br />

nung folgen, ohne daß deren Lehren aus den Prämissen der eigenen Metaphysik abgeleitet<br />

wären, so daß die System Leibniz’ <strong>und</strong> Mendelssohns als inkonsequent zu bezeichnen sind. 338<br />

In seiner Leibniz- <strong>und</strong> Mendelssohn-Kritik präsentiert sich <strong>Maimon</strong> als Erbe der islamischen<br />

<strong>und</strong> jüdischen Aristotelischen Tradition des Mittelalters. <strong>Maimon</strong>s Begriff von Individualität<br />

ist durch Aristoteles’ Auffassung der passiven Materie als principium individuationis geprägt.<br />

Die <strong>Weltseele</strong> als transzendenter Formgeber beherbergt die dem Menschen eigentümliche<br />

Form. Dementsprechend wird die Bestimmung des Menschen mit der mystisch-rationalisti-<br />

schen Tradition im Erwerben wissenschaftlicher objektiv-allgemeiner Erkenntnisse gese-<br />

hen. 339 Die <strong>Maimon</strong>sche Auffassung von der <strong>Weltseele</strong> folgt dem Aristotelischen Gattungs-<br />

realismus. Wenn demnach Friedrich Heinrich Jacobi die Frage stellt, „hat der Mensch Ver-<br />

nunft; oder hat Vernunft den Menschen?“ 340 , entscheidet sich <strong>Maimon</strong> zweifelsohne für die<br />

zweite Alternative. Nach Mendelssohn ist dies Ausdruck der Überzeugung des Spinozisten,<br />

der von sich behauptet, „er selbst sey kein für sich bestehendes Wesen, sondern ein bloßer<br />

Gedanke in Gott.“ 341 Die Substantialität der individuellen Seele kann nach Mendelssohn mit<br />

dem einfachen Hinweis auf Selbstbewußtsein widerlegt werden:<br />

„Um zu beweisen, daß nicht alle Dinge bloße Gedanken des Unendlichen sind, habe ich blos<br />

darzuthun, daß es außergöttliche endliche Geister gebe, die ihre eigene Substantialität haben,<br />

ohne mich auf Substanzen anderer Art einzulassen; ja es ist genug, wenn ich zeige, daß ich<br />

selbst ein mir eignes Bewußtseyn habe, <strong>und</strong> daher eine für mich bestehende außergöttliche<br />

338 Vgl. hierzu wiederum Russell (1997): „The inconsistencies, in which Leibniz is involved by the belief in God,<br />

are so many and various that it would take long to develop them all.” (182) Nach Russell nähert sich Leibniz<br />

immer dann an Spinoza an, wenn er ernsthaft argumentiert: „And so it happens that Leibniz, whenever the treats<br />

God at all seriously, falls involuntarily into a Spinozistic pantheism.“ (185 f.)<br />

339 Zu Aristoteles Auffassung vom Individuum <strong>und</strong> der individuellen Unsterblichkeit siehe Heimsoeth (1958),<br />

173 f.: „Die individuelle Unsterblichkeit läßt darum Aristoteles auch wieder fallen. Nur durch Materie <strong>und</strong> Leib<br />

wird die Form-Seele individualisiert, ans Einzelne gefesselt, selbst zum Einzelnen gemacht. An sich ist das rein<br />

Geistige ein Allgemeines! Das was die ewigen Prinzipien in ihrer Allgemeinheit faßt, kann selbst nicht von der<br />

Art des Zufällig-Beschränkten sein. Das Vernunftmoment in der Menschenseele, das ja ‚von außen’ in ihr leibgeb<strong>und</strong>enes<br />

Einzelsein hineinkommt, geht nach dem Tode über in den allgemeinen Nus, der über alle Einzelheit<br />

des Wirklichen erhaben ist. Die geistige Persönlichkeit in ihrer werthaften Einzigkeit spielt hier keine Rolle –<br />

wie auch die Psychologie des Aristoteles ganz der persönlich-inneren Bezugs entbehrt, sich vielmehr überall ans<br />

Gattungsmäßig-Typische des Menschen in Natur <strong>und</strong> Gesellschaftsleben hält.“<br />

340 Jacobi (2000), 286.<br />

341 Mendelssohn (1979), 92.<br />

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