Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
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auf. 316 Daß <strong>Maimon</strong> mit der Debatte um die „pythagoreischen“ 317 Autoren Timaios von Lo-<br />
kroi <strong>und</strong> Ocellus Lucanus, dessen Rolle für Platons <strong>Weltseele</strong>nkonzeption im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
diskutiert wurde, bekannt war, geht aus einer Bemerkung in der <strong>Weltseele</strong> hervor. 318 Auf die<br />
Verbindung Aristoteles’ <strong>und</strong> der Aristoteles-Kommentatoren zur Lehre von der <strong>Weltseele</strong><br />
wurde bereits ausführlich gehandelt. 319 Vorsokratische <strong>und</strong> Aristotelische Motive verbinden<br />
sich in der stoischen Lehre von der <strong>Weltseele</strong>, was sich in den Begriffen logos, pneuma <strong>und</strong><br />
logoi spermatikoi zeigt. 320 In der Philosophie Plotins <strong>und</strong> in der neuplatonischen Philoso-<br />
phie 321 überhaupt nimmt die <strong>Weltseele</strong> eine zentrale Rolle ein. Einen vertrauten Umgang mit<br />
neuplatonischen Motiven hat <strong>Maimon</strong> nicht nur in der Auseinandersetzung mit <strong>Maimon</strong>ides<br />
316 Zu den Vorsokratikern siehe beispielsweise die auf einschlägige philosophiehistorische Darstellungen wie<br />
Brucker <strong>und</strong> Bayle (sowie auf Adelungs Philosophie der Geschichte für Liebhaber) zurückgehenden Ausführungen<br />
<strong>Maimon</strong>s in: „Kurze Darstellung philosophischer Systeme“ (GW IV, 389-465), 390-416. Zu Thales heißt es<br />
dort beispielsweise: „Ausserdem ist bei ihm Gott, das höchste Wesen, nach dem Zeugniss einiger Schriftsteller,<br />
die mit der Materie verknüpfte, wirkende (nicht hervorbringende), Formelle, <strong>und</strong> Endursache d.h. die <strong>Weltseele</strong>.“<br />
(GW IV, 392) Der locus classicus für die Auffassung von der <strong>Weltseele</strong> für die westliche Philosophie ist Platons<br />
Timaios. Neben den bereits genannten Darstellungen der philosophiehistorischen Standardwerke seiner Zeit<br />
(Brucker <strong>und</strong> Bayle) sowie bei Adelung konnte <strong>Maimon</strong> vor allem aus der Debatten um die <strong>Weltseele</strong> im Timaios<br />
in den Schriften von M. (1770), Meiners (1782), 708-729; Meiners (1775), 1-60; Plessing (1787), 291-310;<br />
Plessing (1788), 367-412; Tennemann (1790 a), 1-70; Tennemann (1790 b), 34-64 <strong>und</strong> Tiedemann (1791), 116-<br />
139, erfahren haben. Zur Platon-Rezeption im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert siehe Franz (1996), 45-98.<br />
317 Dabei handelt es sich nicht um pythagoreische, sondern sogenannte neupythagoreische, also nachplatonische<br />
Autoren. Im achtzehnten Jahrh<strong>und</strong>erte wurde die „Echtheit“ der als pythagoreisch aufgefaßten Autoren <strong>und</strong> deren<br />
Schriften über die <strong>Weltseele</strong> z.B. von Boyer (1763), Batteux (1768 a), Batteux (1768 b), M. (1771) <strong>und</strong> Tiedemann<br />
(1778) diskutiert. Zur Echtheitsfrage <strong>und</strong> Rezeptionsgeschichte siehe Baltes (1972) sowie Harder<br />
(1966), X-XXII.<br />
318 Siehe <strong>Weltseele</strong>, 48: „Da ich (ich gestehe es gern) in den Alten nicht sicher bewandert bin, <strong>und</strong> besonders, da<br />
diese sich gemeiniglich (zum wenigsten für uns) dunkel ausdrücken, <strong>und</strong> man bey Anführungen ihrer Meinungen<br />
immer Gefahr läuft, ihren Meinungen seinen eigenen Sinn unterzuschieben, wenn man ihnen einen richtigen<br />
Sinn überhaupt beylegen will, so kann der Leser von mir nicht erwarten, daß ich hier Stellen aus dem Timäus<br />
Lokrius, Oecellus <strong>und</strong> dergl. anführen <strong>und</strong> erläutern werde.“<br />
319 Zum offensichtlichen Widerspruch von Aristoteles’ Abneigung gegen die Lehre von der <strong>Weltseele</strong> <strong>und</strong> der<br />
positiven Einschätzung der antiken <strong>und</strong> mittelalterlichen Aristoteles-Kommentatoren siehe Brague (2001), 326:<br />
„Il ne faut donc pas s’étonner de ce que l’idée d’âme du monde ressurgisse presque sans solution de continuité<br />
dans toute l’histoire de la philosophie, et pas seulement dans l’Antiquité. La tradition aristotélicienne ne fait pas<br />
totalement exception puisque, malgré les efforts d’Aristote pour l’exorciser, l’idée d’âme du monde y refera surface<br />
sous la figure de l’intellect actif universel. En effet, soit par le biais de l’idée d’éther, soit une fois l’intellect<br />
agent de De l’âme, III, 5, identifié par Alexandre avec le premier moteur divin, la dimension cosmique se réintroduira<br />
dans l’idée d’âme pour ne plus guère la quitter.“<br />
320 Zur Auffassung von der <strong>Weltseele</strong> in der Stoa siehe Meyer (1914): „Dieser Urstoff wird durchströmt von der<br />
Gottheit, der göttlichen Urkraft, die die Hyle formiert, [...], die als <strong>Weltseele</strong> das Weltganze zu einem lebenden<br />
Wesen macht, <strong>und</strong> als Weltvernunft [...] die vernünftige <strong>und</strong> zweckvolle Gestaltung der Dinge herbeiführt.“ (10)<br />
Vgl. ferner White (2003) sowie Moreau (1939), 158-186, Dilthey , 315 f. Zum Verhältnis von Stoa zu Spinoza<br />
siehe Long (2003).<br />
321 Zu Plotin <strong>und</strong> dem Neuplatonismus siehe Halfwassen (2004), 110-113 sowie Ziebritzki (1994), 160-175.<br />
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