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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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entwürfe wie die Bonnets. 234 Es ist vor allem der von <strong>Maimon</strong> gegen Leibniz’ petites percep-<br />

tions verwendete Begriff der „Fibern“, welche einen Zusammenhang mit Bonnets Seelenlehre<br />

nahelegt:<br />

„So können wir die Bewegung einer Mühle oder eines Wasserfalls nicht wahrnehmen, wenn<br />

wir einmal deren gewohnt sind, warum? weil diese Gewohnheit, die Fibern des Organs biegsam<br />

<strong>und</strong> dem Eindruck nachgebend gemacht hat, so daß sie den zur Empfindung erforderlichen<br />

Widerstand nicht mehr leisten. Wir haben daher keine Empfindung, nicht wie Leibniz<br />

sagt: obschon wir den Eindruck davon bekommen, sondern weil wir in der That den zur Empfindung<br />

gehörigen Eindruck nicht bekommen haben.“ (<strong>Weltseele</strong>, 86)<br />

Die „Mechanik unserer Empfindungen“ 235 mittels einer Theorie der „Fibern“ zu erklären un-<br />

ternimmt Bonnet in seinem Analytischen Versuch über die Seelenkräfte. 236 Dieser Schrift<br />

konnte <strong>Maimon</strong> entnehmen, daß die „Ideen [...] an die Bewegungen des Gehirns gefesselt“ 237<br />

sind. Physisch erklärt <strong>Maimon</strong> gleichfalls folgendes Phänomen: „Wir nehmen täglich wahr,<br />

daß diese Formen (nach gewissen Dispositionen der Körper) ihre Wirkung äussern, <strong>und</strong> dann<br />

plötzlich aufhören, <strong>und</strong> widerum anfangen zu wirken, (wie z.B. Denken, <strong>und</strong> sich willkürlich<br />

bewegen im Wachen <strong>und</strong> Schlafen)“ (<strong>Weltseele</strong>, 66 f.). Leibniz erklärt dieses Phänomen mit<br />

seiner Theorie der petites perceptions, die <strong>Maimon</strong> irrtümlicherweise als „Theorie der dunk-<br />

len Vorstellungen“ (<strong>Weltseele</strong>, 67, 73) 238 bzw. als die Theorie „der nicht wahrgenommenen<br />

Wirkungen“ (<strong>Weltseele</strong>, 67) bezeichnet. <strong>Maimon</strong>s These, die an die Diskussion um das Erin-<br />

nerungsvermögen erinnert <strong>und</strong> die er anhand von Aristoteles <strong>und</strong> Locke entwickelt, ist die,<br />

daß diese dunklen Vorstellungen nichts „als bloße Dispositionen <strong>und</strong> in den Organen hinter-<br />

234<br />

Daß <strong>Maimon</strong> mit Bonnets Analytischem Versuch über die Seelenkräfte vertraut ist, geht aus der <strong>Weltseele</strong>, 83<br />

Anm. hervor.<br />

235<br />

Bonnet (1771), 66.<br />

236<br />

Bonnet (1771), 48-86, besonders 55 f. Vgl. ferner Bonnet (1770), 23 f.: „Ich bin also auf den Gedanken gekommen,<br />

die empfindlichen Fibern müßten solchergestalt eingerichtet seyn, daß eine mehr oder weniger anhaltende<br />

Wirkung der Gegenstände in denselben mehr oder weniger dauerhafte Bestimmungen zuwegebringe, welche<br />

eigentlich das Physische der Erinnerung ausmachen.“<br />

237<br />

Bonnet (1771), 51. Vgl. <strong>Weltseele</strong>, 74 f.. „Wir denken nicht im Schlafe, <strong>und</strong> doch kann die association der<br />

dem Schlafe vorhergehenden <strong>und</strong> nachfolgenden Ideen begreiflich gemacht werden, indem während dem Schlafe<br />

die Gehirnbewegungen nach mechanischen Gesetzen auf einander gefolgt sind (ob schon nicht mit dem Grade<br />

der Stärke, der als Disposition zur Seelenwirkung erforderlich ist) so daß man aus den, dem Schlafe vorhergehenden,<br />

<strong>und</strong> allen den während desselben statt habenden, den Gr<strong>und</strong> der darauf folgenden Gehirnbewegung, <strong>und</strong><br />

folglich auch der damit verknüpften Vorstellungen angeben kann <strong>und</strong> dergl.“<br />

238<br />

Siehe Mendelssohn (1979), 4.<br />

64

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