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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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hinaus unterscheidet Leibniz zwischen der Platonischen Auffassung von der <strong>Weltseele</strong> <strong>und</strong><br />

den Stoikern, die eine „allgemeine, alle anderen aufsaugenden Seele angenommen haben.“ 219<br />

Desweiteren sieht Leibniz Spinoza in der Nähe der Einseelenlehre (Monopsychismus): „Spi-<br />

noza, der nur eine einzige Substanz zuläßt, entfernt sich von der Lehre eines einigen, allum-<br />

fassenden Geistes nicht allzuweit“ 220 Nach Leibniz hingegen gibt es unendlich viele von Gott<br />

geschaffene Substanzen, welche sich durch eine prästabilierte Harmonie aufeinander <strong>und</strong> auf<br />

Gott beziehen: 221<br />

„Das System der prästabilierten Harmonie ist am besten geeignet, dieses Übel [der Einseelenlehre;<br />

F.E.] zu beseitigen. Denn es zeigt, daß es einfache, unausgedehnte Substanzen geben<br />

muß, die in der ganzen Natur verbreitet sind, daß die einzelnen Substanzen von allen andern,<br />

nur nicht von Gott, unabhängig subsistieren <strong>und</strong> daß sie niemals ganz von organisierten Körpern<br />

getrennt sind.“ 222<br />

Neben den besagten Paragraphen der „einleitenden Abhandlung“ der Theodicée findet sich<br />

eine prägnante Zusammenfassung von Leibniz’ Lehre <strong>und</strong> seiner Kritik am Monopsychismus<br />

in dem Text „Betrachtungen über die Lehre von einem einigen, allumfassenden Geiste“ von<br />

1702, in dem gleichfalls auf die Beziehung zur Diskussion von Evolution <strong>und</strong> Epigenesis ein-<br />

Gottheit einbilden, eine Vorstellung, deren Unmöglichkeit mein System vielleicht allein klar zeigt.“ (Leibniz<br />

[1996 a], XXXV)<br />

219<br />

Leibniz [1996 b], Einleitende Abhandlung, § 9, 40.<br />

220<br />

Leibniz (1966), 50.<br />

221<br />

Vgl. Leibniz (1966), 52: „Spinoza hat beweisen wollen, daß es nur eine einzige Substanz in der Welt gibt,<br />

aber diese seine Beweise sind kläglich oder unverständlich.“ Im Gegensatz zu Spinozas Monopsychismus behauptet<br />

Leibniz, Gott sei intelligentia supram<strong>und</strong>ana: „Ich denke gar nicht, daß man mir einen Vorwurf daraus<br />

machen kann, daß ich Gott als intelligentia supram<strong>und</strong>ana [d.i. als überweltliches <strong>Verstand</strong>eswesen] bezeichnet<br />

habe. Wollen jene, die das mißbilligen, sagen, daß er eine intelligentia m<strong>und</strong>ana [d.i. ein weltliches <strong>Verstand</strong>eswesen]<br />

ist, was heißt, daß er die <strong>Weltseele</strong> ist? Ich hoffe nicht. Jedoch tun sie gut daran, sich zu hüten, das unbedacht<br />

zuzugeben“ (Leibniz [1990] 20); vgl. weiterhin Leibniz (1996 b), „Der Hauptirrtum jenes Kaiser <strong>und</strong> der<br />

Stoiker bestand jedoch darin, daß sie sich einbildeten, das Gute am Universum müßte Gottes eigenen Beifall erregen,<br />

weil sie Gott als <strong>Weltseele</strong> auffaßten. Dieser Irrtum hat nichts mit unserer Lehre gemein: nach unserer<br />

Auffassung ist Gott intelligentia extram<strong>und</strong>ana, wie Martianus Capelle sie nennt, oder besser noch supram<strong>und</strong>ana.“<br />

(256)<br />

222<br />

Leibniz (1996 b), Einleitende Abhandlung, §. 10, 41. <strong>Maimon</strong> wird sich daher auch eingehend mit der prästabilierten<br />

Harmonie beschäftigen. Zur Interpretation der prästabilierten Harmonie als Harmonie von Leib <strong>und</strong><br />

Seele, wie sie von <strong>Maimon</strong> in der <strong>Weltseele</strong> aufgefaßt wird, vgl. Mendelssohn (1972): „Diese Harmonie zwischen<br />

Seele <strong>und</strong> Körper hat der Schöpfer des Alls in der Weise eingerichtet, dass alle Bewegungen des Körpers<br />

mit den Vorstellungen <strong>und</strong> Begehrungen der Seele, <strong>und</strong> umgekehrt, harmonisieren.“ (228) Vgl. hierzu auch<br />

Wolff (1745), § 745, 478 f. Im Gegensatz hierzu interpretieren beispielsweise Gurwitsch <strong>und</strong> Cassirer die prästabilierte<br />

Harmonie primär als Harmonie der Monaden untereinander; vgl. Gurwitsch (1974), 97 f. sowie Cassirer<br />

(2001), 569. Leibniz (1996 a), Vorwort, XXVII: „Durch die unmerklichen Perzeptionen erklärt sich auch jene<br />

w<strong>und</strong>erbare prästabilierte Harmonie der Seele <strong>und</strong> des Körpers“. Die prästabilierte Harmonie von Seele <strong>und</strong><br />

Körper erscheint an dieser Stelle als Sonderfall der allgemeinen Harmonie der Monaden untereinander.<br />

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