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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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Der Bildungstrieb äußert sich nach Blumenbach in den Phänomenen Zeugung, Ernährung <strong>und</strong><br />

Reproduktion, er ist die dazugehörige Kraft zu diesen Phänomenen. 131 Jede weitere Spekulati-<br />

on über den Bildungstrieb schneidet Blumenbach mit dem Hinweis auf Newtons Kraftbegriff<br />

ab, zu welchem der Bildungstrieb analog aufgefaßt werden soll. Wie die Begriffe Attraktion<br />

<strong>und</strong> Schwere bei Newton, so soll der Bildungstrieb nichts anderes als eine Kraft bezeichnen,<br />

„deren constante Wirkung aus der Erfahrung anerkannt worden, deren Ursache aber so gut<br />

wie die Ursache der genannten, noch so allgemein anerkannten Naturkräfte, für uns qualitas<br />

occulta ist.“ (Bildungstrieb, 26) 132 Zur Erläuterung zitiert Blumenbach in einer Fußnote eine<br />

Stelle aus Newtons Optick zur Attraktionskraft, welche im Original folgendermaßen lautet:<br />

„How these Attractions may be perform’d, I do not here consider. What I call Attraction may<br />

be perform’d by impulse, or by some other means unknown to me. I use that Word here to<br />

signify only in general any Force by which Bodies tend towards one another, whatsoever be<br />

the Cause.” 133<br />

In der Frage nach dem Status des Bildungstriebes hält es Blumenbach mit dem „ontological<br />

<strong>und</strong> etiological agnosticism that was part of the Newtonian tradition.“ 134 Daher läßt sich sa-<br />

gen, daß der Bildungstrieb eine organische Version Newtonischer Kraft ist, „eine besondere<br />

Art von Kausalität in der organischen Materie, eine organische Kraft.“ 135<br />

131 Nach Specht „geht Blumenbach davon aus, daß Zeugung, Ernährung <strong>und</strong> Reproduktion nur Modifikationen<br />

derselben Kraft sind, denn Ernährung ist kontinuierliche Reproduktion <strong>und</strong> Reproduktion ist wiederholte partielle<br />

Generation.“ (Specht [1984], 860).<br />

132 Ebenso Blumenbach (1788), 14.<br />

133 Newton (1952), 376. Vgl. hierzu Hall (1968), 12 sowie Stein (2002), 289-293.<br />

134 Hall (1968), 20. Vgl. Blumenbach (1788), 14. Zu Blumenbachs Verhältnis zu Newton siehe McLaughlin<br />

(1982), 360: „Dieser Vitalismus erklärt das Leben nicht, er setzt es unerklärt oder als unerklärlich voraus. Bei<br />

der Frage nach der Ursache des Lebens oder der Lebenskraft war zu dieser Zeit ein Vergleich mit der Ursache<br />

der Newtonschen Gravitationskraft üblich. Dies ist mehr als eine Floskel; die Vitalisten des ausgehenden 18.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts waren Newtonianer. Ihr Vitalismus war der alte Mechanismus plus ‚etwas Hinzugefügtem’, nämlich<br />

einer Lebenskraft.“ Vgl. hierzu ferner Driesch (1922), 58.<br />

135 McLaughlin (1982), 359. Folgende Materialsammlung aus der Sek<strong>und</strong>ärliteratur soll diese Behauptung<br />

bestätigen: Nach diesen ist der Bildungstrieb „only an impulse, an effect of some unknown cause, an activity of<br />

organic matter“ (Steigerwald [2002], 97), „initiated the organization of previously unformed material“ (Larson,<br />

[1994] 160), „organic version of Newtonian force, a mechanico-teleological drive operating materially within<br />

organic bodies to give rise to their determinate structures“ (Lenoir [1980], 77); „The Bildungstrieb was not a<br />

blind mechanical force of expansion which produced structure by being opposed in some way; it was not a<br />

chemical force of ‘fermentation,’ nor was it a soul superimposed upon matter. Rather the Bildungstrieb was conceived<br />

as a teleological agent which had its antecedents ultimately in the inorganic realm but which was an<br />

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