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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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organisierter Materie. 109 Basierend auf der Aristotelischen Unterscheidung von passiver Mate-<br />

rie <strong>und</strong> aktiver Form 110 , wird der Entwicklungs- oder Bildungsprozeß 111 von einer zur Materie<br />

hinzukommenden organisierenden bzw. selbstorganisierenden 112 Kraft gesteuert, die je nach<br />

Ansatz verschiedener Epigenesis-Theorien verschiedene theoretische Ausprägung erfährt. In<br />

den Worten Blumenbachs haben die Epigenetiker „allerhand Kräfte angenommen, die dieses<br />

Geschäfte bewürken sollten.“ 113 Wenngleich sich im folgenden zahlreiche zum Teil gewichti-<br />

ge Unterschiede in den zu diskutierenden Epigenesis-Theorien ergeben werden, so können<br />

diese jedoch alle als „vitalistisch“ 114 aufgefaßt werden. Die Theorie der Epigenesis soll daher<br />

im folgenden dadurch charakterisiert werden, „die einzelnen Teile nacheinander <strong>und</strong> unter<br />

Einwirkung einer immateriellen Kraft entstanden gedacht werden“ 115 . Im Gegensatz zur<br />

Theorie der Epigenesis verwirft die Theorie der Evolution nach Blumenbach „alle Zeugung in<br />

der Welt, <strong>und</strong> glaubt dagegen, dass zu allen Menschen <strong>und</strong> Thieren <strong>und</strong> Pflanzen, die je gelebt<br />

haben <strong>und</strong> noch leben werden, die Keime gleich bey der ersten Schöpfung erschaffen worden,<br />

so dass sich nun eine Generation nach der andern blos zu entwickeln braucht.“ (Bildungstrieb,<br />

109<br />

Vgl. Driech (1922), 34: „Epigenesis [...] kann einmal als Neubildung des Organisierten aus dem absolut Ungeordneten,<br />

aber auch als Neubildung des Hoch- aus dem Niederorganisierten gedacht werden.“ Die Neubildung<br />

aus dem „absolut Ungeordneten“ stellt die generatio aequivoca (spontane Erzeugung) dar. Vgl. hierzu Farley<br />

(1974), 1: „Basically, however, all proponents of spontaneous generation believe that some living entities may<br />

arise suddenly by chance from matter independently of any parent. […] Such entities were thought to arise either<br />

from inorganic matter (abiogenesis) or from organic matter which was itself alive or derived from a living organism<br />

(heterogenesis).” (1)<br />

110<br />

Siehe Driesch (1922), 11.<br />

111<br />

Auf den Zeitbezug der Epigenesis-Theorie verweisen Driesch (1922), 10, Zammito (2003), 86 <strong>und</strong> Löw<br />

(1980), 103.<br />

112<br />

Zammito (2003), 86.<br />

113<br />

Blumenbach 1779, 19. Darauf weist gleichfalls Zammito (2003), 86, mit folgenden Fragen hin: „Is it a causal<br />

force or a teleological principle? What ontological status does it have? When does it emerge? What preconditions<br />

in the material or in the wider environment are sufficient or necessary? Can such an approach be assimilated<br />

to materialist and to mechanist models of science or is it irreducibly vitalist, indeed animist?“<br />

114<br />

Zum Begriff des Vitalismus siehe Myers (1900), 219: „Vitalism includes Animism and Vitalism proper: the<br />

former implying the direction of an anima or soul, the latter that of numerous hyper-mechanical forces or principles.“<br />

Vgl. hierzu auch Wheeler (1936), 29: „vitalism (the whole is primary) and mechanism (the part is primary)“<br />

sowie McLaughlin (1989), 10. Eine mechanistische Epigenesis-Theorie vertritt beispielsweise Descartes<br />

(siehe Sloan [2002], 234); nach Breidbach – entgegen den noch zu diskutierenden Interpretationen – vertritt<br />

Caspar Friedrich Wolff eine materialistische Auffassung der Epigenesis (siehe Breidbach [1999], XXII-XXIV).<br />

115<br />

Lesky (1950), 1365; diese allgemeine Definition entspricht den folgenden Definitionen: Sloan (2002), 233:<br />

„gradual organization of unformed matter into a new organism <strong>und</strong>er the action of vital powers“; Cooper (2003),<br />

4: „the creative, incremental self-organization of form out of unstructured matter“; Löw (1980), 103: „allmähliche<br />

Entwicklung des Lebewesens aus einem <strong>und</strong>ifferenzierten Keim“; Roe (2002), 1: „gradual development<br />

from unorganized material”; Speybroeck/Waele/Vijver (2002), 9: „different organs form by a cascade of gradual<br />

changes in an <strong>und</strong>ifferentiated mass, leading to a well-organized whole, that is, the embryo“.<br />

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