Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
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transzendenten Entität. Aristoteles konzipiert seine Zeugungslehre rein immanent, wofür das<br />
Schlagwort „ein Mensch zeugt einen Menschen“ 77 steht:<br />
„Überhaupt aber ist sowohl das, woraus etwas wird, wie das, wonach es wird, Natur (denn das<br />
Werdende, z.B. Pflanze oder Tier, hat Natur) <strong>und</strong> ebenso auch das, wodurch etwas wird, nämlich<br />
die als formgebend bezeichnete gleichartige Wesenheit; diese aber ist in einem anderen.<br />
Denn ein Mensch erzeugt einen Menschen.“ 78<br />
Die Form als das in Wirklichkeit Seiende teilt sich der Materie in der geschlechtlichen Zeu-<br />
gung in der Art mit, wie der Künstler die Form des Kunstwerkes in der Materie realisiert bzw.<br />
aktualisiert: „Auf ähnliche Weise verhält es sich auch mit dem durch die Natur Entstehenden.<br />
Denn der Same bringt in der Weise hervor wie der Künstler das Kunstwerk.“ 79<br />
gende? Etwa der Same. Welches die formbestimmende? Das Wesenswas. Welches das Weswegen? Der Zweck.“<br />
Siehe Zeller (1879), 525-529.<br />
77 Vgl. hierzu Oehler (1969), der von der „immanenten Zwecktätigkeit der Natur“ (125) spricht. Diese immanente<br />
Lehre ist nach Oehler explizit gegen Platons transzendente Ideen gerichtet, nämlich derart, „daß der Träger<br />
dieses Geschehens die durch Aristoteles säkularisierte Platonische Idee“ ist, welche „die artspezifischen Merkmale<br />
des von ihr konstituierten Individuums auf sich vereinigt – dieses Individuums <strong>und</strong> aller anderen, die zu<br />
derselben Art gehören.“ (138) Siehe Solmsen (1963), 491: „What is new in his [i.e. Aristotle’s; F.E.] outlook is<br />
that he has ‘internalized’ the teleological motif. As we have said, purpose and the good are no longer introduced<br />
ab extra; it is nature itself which works in the purposeful ways and methods of a craftsman—or ‘like’ a craftsman.“<br />
78 Aristoteles (1999), 7. Buch, 7. Kapitel, 189 [1032 a]; vgl. Aristoteles (1999), 7. Buch, 8. Kapitel, 193 [1033<br />
b]: „Bei manchen nun ist es sogar einleuchtend, daß das Erzeugende zwar von derselben Qualität ist wie das Erzeugte,<br />
aber doch nicht dasselbe, <strong>und</strong> nicht eins mit ihm der Zahl, sondern nur der Form nach, z.B. bei den natürlichen<br />
Dingen; denn der Mensch erzeugt wieder einen Menschen,“; siehe auch Aristoteles (1999), 9. Buch, 8.<br />
Kapitel, 245 [1050 a].<br />
79 Aristoteles (1999), 7. Buch, 9. Kapitel, 195 [1034 a]; vgl. Aristoteles (1999), 8. Buch, 3. Kapitel, 223 [1043<br />
b]: „daß niemand die Form macht oder erzeugt, sondern sie in einen bestimmten Stoff einbildet, <strong>und</strong> so dasjenige<br />
entsteht, was aus beiden, Stoff <strong>und</strong> Form, zusammengesetzt ist.“ Zur Zeugungslehre des Aristoteles vgl. Lesky<br />
(1950), 1350-1369, sowie Flashar (1983), 409: „Der Werdeprozeß des Embryos wird nun nach Analogie eines<br />
handwerklichen Herstellungsvorganges mit Hilfe der arist. Gr<strong>und</strong>begriffe ‚Stoff’/’Form’, ‚Zweck-’ <strong>und</strong> ‚Bewegungsursache’<br />
erklärt. Der Samen ist dabei gleichsam das Werkzeug der Natur, das den Werdeprozess in Gang<br />
setzt, indem es mit dem Katamenienstoff in Berührung kommt <strong>und</strong> aus ihm das Erzeugte form, wie ein Zimmermann<br />
mit einem Werkzeug aus Holz einen Stuhl herstellt (De gen. anim. I 22, 730 b 5ff.). Das Werden des<br />
Keimes ist dabei ‚ein Formbildungsgeschehen, das durch das Eidos des Erzeugers bestimmt <strong>und</strong> nach ihm gerichtet<br />
ist’ [...], so wie der Handwerker den Herstellungsprozess in der Ausrichtung auf das Produkt als Telos des<br />
Werdevorganges in Gang setzt. Diese Relationen werden nun von A. ganz ausdrücklich mit den vier Gr<strong>und</strong>ursachen<br />
in Verbindung gebracht. Während der Samen die causa efficiens <strong>und</strong> in gewisser Weise auch formalis ist,<br />
stellt der Katamenienstoff der Frau die Causa materialis <strong>und</strong> die embryonale Entwicklung ein immanentes Finalgeschehen<br />
(Causa finalis) der Natur selbst dar [...]. Zugleich wird dieser Vorgang aber auch als ein Überführen<br />
der Potentialität in die Aktualität gedeutet. Im Keim liegt die Anlage bzw. Möglichkeit beschlossen; das fertige<br />
Individuum ist die Verwirklichung dieser Anlage (De gen. anim. I 19, 726 b 15ff.). Was nun den Vorgang der<br />
Keimentwicklung selbst betrifft, so lehnt A. die Präformationstheorie des Anaxagoras ab, wonach alle Teile des<br />
künftigen Individuums im kleinen bereits vorgebildet seien, <strong>und</strong> setzt an deren Stelle die Lehre von der epigenetischen<br />
Organbildung, die von der Annahme ausgeht, dass die Organe sich nacheinander entwickeln.“ Siehe ferner<br />
Kummer (2001), 76-79, Lennox (2001), 230 f. <strong>und</strong> Needham (1934), 30.<br />
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