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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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Gleichsetzung von Gott <strong>und</strong> aktivem Intellekt, den aktiven Intellekt faßt er jedoch gleichfalls<br />

als transzendent auf. 71 . Themistius steht in der Rezeptionsgeschichte von aktivem <strong>und</strong> passi-<br />

vem <strong>Verstand</strong> für die Lehre, daß der passive <strong>Verstand</strong> selbst eine überindividuelle Substanz<br />

sei <strong>und</strong> in engem Verhältnis zum aktiven Intellekt stehe. 72<br />

Innerhalb dieses Spektrums bewegen sich die Spekulationen der mittelalterlichen islamischen<br />

Philosophen über den aktiven Intellekt. 73 Zunächst ist festzuhalten, daß alle der transzenden-<br />

ten Interpretation des aktiven Intellekt folgen 74 , diesen jedoch neuplatonisch 75 als zehnte<br />

Emanation Gottes auffassen, welcher die sublunare Sphäre als dator formarum regiert. Der<br />

aktive Intellekt ist damit nicht nur die Wirkursache für den passiven <strong>Verstand</strong> <strong>und</strong> also der<br />

menschlichen <strong>Verstand</strong>eserkenntnis, sondern gleichfalls die Ursache für die Formen sämtli-<br />

cher sublunarer Substanzen. Dieser Schritt über den ursprünglichen Rahmen hinaus versteht<br />

sich vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Gleichsetzung des aktiven Intellekts mit dem <strong>Verstand</strong> Gottes<br />

sowie der Aristotelischen Zeugungslehre. Während jedoch die Lehre vom aktiven <strong>und</strong> passi-<br />

ven Intellekt in Über die Seele relativ problemlos transzendent interpretiert werden kann,<br />

wehrt sich Aristoteles gerade in seiner Zeugungslehre 76 gegen die unmittelbare Wirkung einer<br />

71<br />

Themistius macht den aktiven Intellekt, so Schroeder/Todd (1990), 39, zum „second God“.<br />

72<br />

Vgl. hierzu Schroeder/Todd (1990), 37 sowie Feldman (1984), 73: „Themistius rejects Alexander’s notion that<br />

the material intellect is a mere disposition rooted in the bodily structure of the organism. Instead he argued that<br />

the material intellect is a substance of which this disposition is predicated; that is, the material intellect serves as<br />

a substratum for this disposition. But as a substance, the material intellect is an ontologically independent entity,<br />

which for Themistius means that it is capable of existence independent of, or separate from, the body; that is, the<br />

material intellect is essentially incorporeal, although it is accidentally and temporarily concretized in individual<br />

human bodies. Since it is substantial and incorporeal, the material intellect is eternal. Moreover, contrary to<br />

Alexander’s claim, the Agent Intellect is not identical with God. Indeed Themistius suggests that the Agent Intellect<br />

is identical with the material intellect.“<br />

73<br />

Für den vorliegenden Zusammenhang sei allein auf Alfarabi, Avicenna <strong>und</strong> Averroes verwiesen. Die gr<strong>und</strong>legende<br />

Arbeit hierzu ist Davidson (1992).<br />

74<br />

Davidson (1992), 13: „Alfarabi, Avicenna, and Averroes, like virtually all Islamic and Jewish philosophers in<br />

the Aristotelian tradition, accepted the transcendent interpretation without question.“<br />

75<br />

Zum neuplatonischen Einfluß siehe Kraemer (2003), 44-47 <strong>und</strong> Davidson (1992). Daß neuplatonische Lehrstücke<br />

in Einklang mit der Aristotelischen Lehre gesehen wurden, zeigen die im Mittelalter Aristoteles zugeschriebenen<br />

pseudo-Aristotelischen Schriften Buch über die Ursachen (Liber de causis), welche tatsächlich eine<br />

Adaption von Proklos’ Gr<strong>und</strong>legung der Theologie (Elementatio theologica) darstellt (vgl. Graeser [2004]), sowie<br />

die auf die Enneaden Plotins zurückgehende Theologie des Aristoteles (Theologia Aristotelis; vgl. Adamson<br />

[2001]). Den Einfluß neuplatonischen Gedankenguts auf <strong>Maimon</strong>ides zeichnet Ivry (1991) <strong>und</strong> Ivry (1992) nach.<br />

76<br />

Die Zeugungslehre Aristoteles’ untersteht ebenso der Unterscheidung von dynamis <strong>und</strong> energeia, welche mit<br />

der vierfachen Ursachenlehre in Verbindung gebracht wird, vgl. Aristoteles (1999), 8. Buch, 4. Kapitel, 226<br />

[1044 a]: „Z.B. beim Menschen: Welches ist die stoffliche Ursache? Etwa die Menstruation. Welches die bewe-<br />

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