Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
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tungsmäßig-Typische des Menschen in Natur <strong>und</strong> Gesellschaftsleben“ 35 . Diesem Gattungs-<br />
mäßig-Typischen wird nun in der Neuzeit bzw. der Moderne das Individuum als Prinzip ent-<br />
gegengestellt. Nach dieser eben so allgemeinen <strong>und</strong> gängigen Meinung, ist das Prinzip der In-<br />
dividualität durch Leibniz’ Monadologie erstmals philosophisch reflektiert <strong>und</strong> begründet:<br />
„Die Monadenlehre von Leibniz gibt dann das klassische System des Individualismus.“ 36 Als<br />
ersten <strong>und</strong> einzigen Philosophen des Individuums faßt Huber Leibniz: „Doch erst Leibniz <strong>und</strong><br />
nur Leibniz hat, den Gr<strong>und</strong>gedanken von der Alleinwirklichkeit des Einzelnen mit kühnster<br />
Strenge in alle Tiefen verfolgend, ein individualistisches Weltsystem entwickelt, wie es die<br />
Monadenlehre darstellt.“ 37 Auch wenn diese Standardinterpretation einem Quellenstudium der<br />
Philosophie des Mittelalters, der Renaissance <strong>und</strong> der Leibnizischen Schriften nicht standzu-<br />
halten vermöchte, so ist sie für den vorliegenden Argumentationszusammhang eine nützliche<br />
Arbeitshypothese, mit der die Unterschiede zwischen <strong>Maimon</strong> <strong>und</strong> Leibniz in der <strong>Weltseele</strong>n-<br />
diskussion herausgearbeitet <strong>und</strong> bewertet werden können.<br />
Mit der Verwendung des Begriffes des unendlichen <strong>Verstand</strong>es wird ein zweites Paradigma<br />
neuzeitlichen bzw. modernen Philosophierens angegriffen: das Prinzip der Subjektivität, wie<br />
es von Kant in der transzendentalen Apperzeption, dem „Radikalvermögen aller unser Er-<br />
kenntnis“ (A 114) entworfen wird. <strong>Maimon</strong>s Auseinandersetzung geht in der Debatte um den<br />
unendlichen <strong>Verstand</strong> über die Wiedererneuerung eines Aristotelischen Standpunktes hinaus,<br />
indem er eine Antinomie von endlichem <strong>und</strong> unendlichem <strong>Verstand</strong>, Bewußtsein <strong>und</strong> Realität<br />
entwirft, die nicht nur als originelle Synthese von Rationalismus <strong>und</strong> Transzendentalphiloso-<br />
phie zu gelten hat, sondern darüber hinaus bei Fichte seine Entsprechung findet. Wenngleich<br />
auch <strong>Maimon</strong>s Synthesis von Mittelalter <strong>und</strong> Neuzeit bzw. Moderne eine eigenständige <strong>und</strong><br />
wann sich historisch die Entdeckung des Individuums zugetragen hat, da es um eine Gegenüberstellung von<br />
Primat des Allgemeinen mit dem des Besonderen <strong>und</strong> Individuellen geht, wofür vereinfachend <strong>und</strong> abkürzend<br />
die Bezeichnungen Mittelalter <strong>und</strong> Neuzeit bzw. Moderne verwendet werden.<br />
35 Heimsoeth (1958), 174.<br />
36 Heimsoeth (1958), 188.<br />
37 Huber (1989), 327.<br />
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