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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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dell zu <strong>Maimon</strong>s Philosophie aufgefaßt wird, indem er für <strong>Maimon</strong> mit der „deification“ 527<br />

der Einbildungskraft die Begriffe Individualität <strong>und</strong> Subjektivität zu Prinzipien erhebt. Mai-<br />

mons philosophisches Programm, das sich in dem Gebrauch der Begriffe der <strong>Weltseele</strong> <strong>und</strong><br />

des unendlichen <strong>Verstand</strong>es zeigt, ist genau das Gegenteil davon.<br />

(1) Zunächst ist festzuhalten, daß für <strong>Maimon</strong>ides die Einbildungskraft ein sinnliches Vermö-<br />

gen ist: „Die Einbildungskraft aber ist ohne Zweifel eine körperliche Kraft.“ 528 Als körperli-<br />

ches Vermögen (Materie) ist die Einbildungskraft nach <strong>Maimon</strong>ides dem <strong>Verstand</strong> <strong>und</strong> der<br />

Vernunft (Form) entgegengesetzt. <strong>Maimon</strong>ides schreibt im Führer der Unschlüssigen, „daß<br />

der Mensch sich nicht durch die Einbildungskraft von den übrigen Lebewesen unterscheidet,<br />

<strong>und</strong> daß die Tätigkeit der Einbildungskraft nicht die gleiche, sondern das Gegenteil der des<br />

Denkens ist.“ 529 Für <strong>Maimon</strong> ist die Auffassung, daß Einbildungskraft, Sinnlichkeit <strong>und</strong> An-<br />

schauung dem <strong>Verstand</strong> <strong>und</strong> der Vernunft entgegengesetzt sind, wesentlich. 530 Unter der mo-<br />

nistischen Perspektive des Versuches wird zwar eine Synthese beider durch Quantifizierung<br />

entworfen; da diese jedoch nur als Ziel- <strong>und</strong> Endpunkt aufgefaßt wird, bleibt auch dort der<br />

527 Jacobs (1960), 266. Jacobs weist auf das paradoxe Ergebnis hin, daß <strong>Maimon</strong> trotz seines gr<strong>und</strong>sätzlich entgegengesetztem<br />

philosophischen Programm mit seinen Ausführungen zur Einbildungskraft den Weg bereitet<br />

„for Fichte and the Romantic deification of the Imagination.“ (266)<br />

528 <strong>Maimon</strong>ides [1995], 2. Buch, 36. Kapitel, 245. Vgl. Diesendruck (1927), 99: „Es steht aber fest, daß auf jeden<br />

Fall die Imagination im Verein mit den anderen nur animalischen Vermögen Materie bilden für den Intellekt, der<br />

allein als die Form des Menschen anzusprechen ist.“<br />

529 <strong>Maimon</strong>ides [1995], 1. Buch, 73. Kapitel, 347 f. Leo Strauss hat zum Thema der Einbildungskraft im Führer<br />

geschrieben: „Man übertreibt nicht sehr, wenn man sagt, daß der ganze More newuchim der Kritik an der Einbildungskraft<br />

gewidmet ist.“ (Strauss [1997], 93) Und er fährt in Anknüpfung an die eben zitierte Passage fort:<br />

„Die Einbildungskraft ist dem <strong>Verstand</strong> geradezu entgegengesetzt: sie erfaßt nur das Individuelle, nicht das Allgemeine;<br />

sie kann sich in keiner Weise bei ihrer Tätigkeit von der Materie freimachen <strong>und</strong> kann also nie eine<br />

Form erkennen, weshalb man denn auf sie gar keine Rücksicht nehmen darf. Sie beeinträchtigt notwendig die<br />

Tätigkeit des <strong>Verstand</strong>es; die Befreiung von ihrem Einfluß ist eine unerläßliche Bedingung des wahrhaften Erkennens.“<br />

(Strauss [1997], 93) Diesendruck schreibt in diesem Sinne: „Die Unterscheidung zwischen dem Vernünftigen<br />

<strong>und</strong> Imaginären <strong>und</strong> ihre Wertung geht wie ein roter Faden durch den ganzen Moreh.“ (Diesendruck<br />

[1927], 100 Anm.) Siehe weiterhin Diesendruck (1927), 100: „Aber nicht allein unzulänglich ist die Imagination,<br />

sie ist zur Vernunft entgegengesetzt <strong>und</strong> negierend. Dies wird in verschiedenen Zusammenhängen hervorgehoben.<br />

Am klarsten aber in der zehnten Prämisse Moreh I, Kap. 73. Dort wird erklärt, daß der Mensch sich im<br />

Punkte der Imagination in nichts von den Tieren unterscheidet <strong>und</strong> daß die Wirkung der Imagination das Gegenteil<br />

ist von der des Intellekts; [...].“ Vgl. hierzu auch Spinoza (1993), 79 sowie 77: „Meinethalben verstehe man<br />

hier unter ‚Einbildungskraft’, was man will, wenn sie nur etwas vom <strong>Verstand</strong> Verschiedenes ist <strong>und</strong> etwas,<br />

durch das die Seele sich in einem Zustand des Leidens befindet.“<br />

530 Vgl. beispielsweise GW I, 257; GW II, 535; GW III, 232; GW IV, 184, 250, 601; GW VII, 559 f..<br />

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