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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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im Versuch die „Vereinigung der Kantischen Philosophie mit dem Spinozismo versucht“ 494 ,<br />

worauf bereits Kant hingewiesen hat. 495<br />

5.2. Einbildungskraft <strong>und</strong> das Problem von Subjektivität <strong>und</strong> Individualität<br />

Bereits in seiner „Rezension des Aenesidemus“ geht Fichte von der gr<strong>und</strong>legenden Einsicht<br />

aus: „die Vernunft ist praktisch“ 496 Wenngleich Fichte damit Kants Primat der praktischen<br />

Vernunft <strong>und</strong> nicht <strong>Maimon</strong>s Ideal der vita contemplativa folgt, so ist beiden Entwürfen die<br />

formale Struktur des Strebens oder des Triebes gemein: Für beide besteht der Charakter des<br />

endlichen Bewußtseins darin, „das Intelligible von sich selbst abhängig zu machen“ 497 . Der<br />

Charakter des Ich ist „absolute[.] Selbstständigkeit“ 498 , welchen es nur unter der Preisgabe der<br />

eigenen Bestimmung aufgeben kann. In den Aufzeichnungen „Practische Philosophie“ wird<br />

der Gedanke des Strebens weiter ausgeführt. Dieser Gedanke ist für Fichte derart zentral, daß<br />

er seine Philosophie eine „StrebungsPhilosophie“ 499 nennt. Im reinen Ich, so Fichte, ist dieses<br />

Streben ‚aufgehoben’, da das reine Ich durch absolute Spontaneität oder Tätigkeit zu bestim-<br />

494 GW III, 455 Anm. <strong>Maimon</strong> fährt dort fort, daß er „aber jetzt von der Unausführlichkeit dieses (einem jeden<br />

Selbstdenker natürlichen) Unternehmens vollkommen überzeugt [ist], <strong>und</strong> [er] glaubt vielmehr die Vereinigung<br />

der Kantischen Philosophie mit dem Humischen Skeptizismo bewerkstelligen zu können.“ (GW III, 455 Anm.)<br />

In vorliegender Interpretation von <strong>Maimon</strong>s Koalitionssystem impliziert diese Behauptung nicht, daß <strong>Maimon</strong><br />

seinen an Leibniz, Spinoza, <strong>Maimon</strong>ides <strong>und</strong> Aristoteles orientierten Rationalismus aufgegeben habe. Das Zitat<br />

besagt allein, daß er davon überzeugt ist, er könne eine Vereinigung der Kantischen Philosophie mit dem Humeschen<br />

Skeptizismus bewerkstelligen. Seine rationalistische Gr<strong>und</strong>position kann durchaus weiterhin als focus<br />

imaginarius dienen, wenngleich <strong>Maimon</strong> die Ansicht vertreten hat, daß man mit Kant <strong>und</strong> Hume in Einzelfragen<br />

der Philosophie <strong>und</strong> den Wissenschaften besser vorwärts kommen könne. <strong>Maimon</strong> behauptet an der zitierten<br />

Stelle nicht, er sei jetzt davon überzeugt, daß der Spinozismus unhaltbar <strong>und</strong> falsch sei <strong>und</strong> daß er sich um eine<br />

Vereinigung von Kant <strong>und</strong> Hume bemühe, welche die einzig wahre philosophische Position sei. <strong>Maimon</strong> hat sich<br />

weder von Kants kopernikanischer Wende, noch vom Primat der praktischen Vernunft überzeugen lassen. Und<br />

Hume gilt <strong>Maimon</strong> gleichfalls nur im Kontext der Einbildungskraft als Autorität, wenngleich in <strong>Maimon</strong>s philosophischer<br />

Entwicklung mehr <strong>und</strong> mehr die Überzeugung Oberhand gewinnt, daß die Einbildungskraft für sämtliche<br />

Erkenntnisgebiete eine konstitutive Rolle spielt. Vgl. hierzu Schrader (1983), Engstler (1990 b), Engstler<br />

(1994) <strong>und</strong> Bonsiepen (2002).<br />

495 In der Tat, so Kant, ist „Hrn. Maymons Vorstellungsart mit diesem [dem „Spinozism“; F.E.] einerlei <strong>und</strong><br />

könnte vortrefflich dazu dienen die Leibnizianer ex concessis zu widerlegen.“ (AA XI, 50)<br />

496 SW I, 22.<br />

497<br />

SW I, 22.<br />

498<br />

SW I, 22.<br />

499<br />

GA II, 3; 265.<br />

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