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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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„in zweierlei entgegengesetzten Rücksichten betrachtet werden kann <strong>und</strong> muß. 1) Als ein absoluter<br />

(durch Sinnlichkeit <strong>und</strong> ihre Gesetze uneingeschränkter). 2) Als unser <strong>Verstand</strong>, seiner<br />

Einschränkung nach. Er kann <strong>und</strong> muß daher nach zweierlei entgegengesetzten Gesetzen seine<br />

Objekte denken.“ (Versuch, 127 [227])<br />

Die Auflösung dieser Antinomie „ist aber nichts anders als die Idee des allervollkommensten<br />

Denkvermögens, wozu wir uns immer nähern müssen bis ins Unendliche“ (Antwort, 245<br />

[67]) 439 . Bei genauer Untersuchung des Versuches wie auch der Antwort läßt sich im An-<br />

schluß an die „allgemeine Antinomie des Denkens überhaupt“ (Antwort, 241 [56]) <strong>und</strong> deren<br />

Auflösung ein Widerspruch bzw. eine Entwicklung in <strong>Maimon</strong>s System erkennen. Einerseits<br />

behauptet <strong>Maimon</strong> anhand des Beispiels der arithmetischen Konstruktion (als Modus an-<br />

schauenden Denkens im endlichen <strong>Verstand</strong>) , daß der endliche <strong>Verstand</strong> Teil des unendli-<br />

chen <strong>Verstand</strong>es sei. Andererseits behauptet <strong>Maimon</strong> mit Kant, daß der „actus der Beziehung<br />

der Objekte auf einander“ (Versuch, 67 [112]) „immer eine subjektive Einheit des Bewußt-<br />

seins“ (Versuch, 67 [112]) voraussetzt. 440 Da wir als endliche Erkenntnisvermögen „in Anse-<br />

hung der Begriffe, die wir erlangen können, an der Sinnlichkeit haften müssen, um zum Be-<br />

wußtsein derselben zu gelangen“ (Versuch, 103 [183]), ist das Wissen als <strong>unendlicher</strong> Prozeß<br />

zu beschreiben, das zu keinem Abschluß kommen kann: „Wir fangen also mit unserer Er-<br />

kenntnis der Dinge von der Mitte an <strong>und</strong> hören wiederum in der Mitte auf.“ (Versuch, 190<br />

[350]) Und in Beziehung auf die arithmetische Konstruktion heißt es in diesem Zusammen-<br />

hang:<br />

439 Siehe Antwort, 245 [67]: „Die Vernunft fodert, daß man das Gegebne in einem Objekte nicht als etwas seiner<br />

Natur nach unveränderliches betrachten muß, sondern bloß als eine Folge der Einschränkung unsres Denkvermögens.<br />

Die Vernunft gebietet uns daher einen Fortschritt ins Unendliche, wodurch das Gedachte immer vermehrt,<br />

das Gegebne hingegen bis auf ein unendlich Kleines vermindert wird. Es ist hier die Frage nicht, wie weit<br />

wir hierinn kommen können, sondern bloß aus welchem Gesichtspunkt wir das Objekt betrachten müssen, um<br />

darüber richtig urteilen zu können.“ An dieser Stelle sei bereits ein Blick auf Fichte geworfen, dessen Verhältnis<br />

zu <strong>Maimon</strong> im Schlußkapitel ausführlich zur Sprache kommen wird: „Zu dieser sonderbaren Art zu definiren<br />

ließe sich vielleicht aus der reinen Mathematik (aus der Annäherung) ein Beispiel geben: es verhält sich, wie mit<br />

der Annäherung zum untheilbaren; zum unendlich kleinen, zur Quadratur des Zirkels u.s.f. – Der Widerspruch<br />

soll nie gehoben; aber er soll unendlich klein gemacht werden.“ (GA II, 3; 183 f.)<br />

440 Vgl. Versuch, 221 f. [415]: „Ein Gedanke erfordert sowohl eine subjektive, als eine objektive (des Bewußtseins<br />

<strong>und</strong> des Objekts) Einheit. Diese ist aber auch nur in Beziehung auf jene eine Einheit, indem es allerdings<br />

denkende Wesen geben kann, die dasjenige, was ich als Bestimmung von etwas anderm, folglich in einer Einheit<br />

mit demselben denke, anders denken“.<br />

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