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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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4.4. Kants Stellungnahme <strong>und</strong> <strong>Maimon</strong>s allgemeine Antinomie des Denkens überhaupt<br />

In seinem Brief an Markus Herz vom 26. Mai 1789 geht Kant detailliert auf <strong>Maimon</strong>s Kritik<br />

im Versuch ein. Treffend charakterisisert Kant <strong>Maimon</strong>s Gr<strong>und</strong>lehre folgendermaßen: „Die<br />

Theorie des Hrn. Maymon ist im Gr<strong>und</strong>e: die Behauptung eines <strong>Verstand</strong>es (<strong>und</strong> zwar des<br />

menschlichen) nicht blos als eines Vermögens zu denken, wie es der unsrige <strong>und</strong> vielleicht al-<br />

ler erschaffenen Wesen ist, sondern eigentlich als eines Vermögens anzuschauen“. 433 Gegen<br />

eine solche Konzeption hatte sich Kant bereits in der Kritik der reinen Vernunft an zahlrei-<br />

chen Stellen ausgesprochen. Er dient geradezu als Negativfolie für Kants Konzeption des end-<br />

lichen diskursiven <strong>Verstand</strong>es. In der B-Deduktion kommt Kant an nicht weniger als an sechs<br />

Stellen auf die Konzeption eines anschauenden <strong>Verstand</strong>es zu sprechen 434 . Der <strong>Verstand</strong> ist<br />

diskursiv <strong>und</strong> daher verbindend <strong>und</strong> nicht schaffend. Der Gr<strong>und</strong>modus ist der der Synthesis<br />

(intellectus ectypus versus archetypus). Die Anschauung ist passiv <strong>und</strong> auf das Gegebensein<br />

der Materie angewiesen (sinnliche versus intellektuelle Anschauung). Daß es sich damit in der<br />

Tat so verhält, folgt Kant aus dem Begriff der transzendentalen Apperzeption: „Ich würde gar<br />

nicht einmal wissen können, daß ich sie habe, folglich würden sie für mich, als erkennendes<br />

Wesen, schlechterdings nichts sein“ 435 . Daraus folgt, „daß unsere Erkenntnis von Dingen<br />

selbst das der Erfahrung nur unter jenen Bedingungen möglich sei“. 436 <strong>Maimon</strong>, der wie gese-<br />

hen nicht von der Kantischen Rechtmäßigkeit, sondern vom Begriff der Gesetzmäßigkeit aus-<br />

geht, sieht sich hingegen genötigt, das Selbstbewußtsein nicht als den höchsten Punkt gelten<br />

zu lassen. Vielmehr wird die Genese des Bewußtseins aus der analytischen Einheit des unend-<br />

433<br />

AA XI, 51. In der Tat, so Kant, ist „Hrn. Maymons Vorstellungsart mit diesem [dem „Spinozism“; F.E.] einerlei<br />

<strong>und</strong> könnte vortrefflich dazu dienen die Leibnizianer ex concessis zu widerlegen.“ (AA XI, 50)<br />

434<br />

B 135, B 138 f., B 145, B 153, B 157 f., B 159. Vgl. hierzu <strong>und</strong> zum folgenden Förster (2002), besonders 177.<br />

435<br />

AA XI, 52.<br />

436<br />

AA XI, 52: „dagegen ich den Begriff von einem Objecte überhaupt (der im klärsten Bewußtsein unserer Anschauung<br />

gar nicht angetroffen wird) dem <strong>Verstand</strong>e, als einem besonderen Vermögen, zuschreibe, nämlich die<br />

synthetische Einheit der Apperception, durch welche allein das Mannigfaltige der Anschauung (deren jedes ich<br />

mir besonders immerhin bewußt sein mag) in ein vereinigtes Bewußtsein, zur Vorstellung eines Objects überhaupt,<br />

(dessen Begriff durch jenes Mannigfaltige nun bestimmt wird) zu bringen.“<br />

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