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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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Tätigkeit, in welcher Kant die Lösung der transzendentalen Deduktion sieht, ist nach <strong>Maimon</strong><br />

keine subjektive, sondern eine objektive. 431 Die spontane Tätigkeit erreicht nach <strong>Maimon</strong> das<br />

Beweisziel der Deduktion nicht dadurch, daß diese in selbstreflexiver Struktur einem verbin-<br />

dendem Subjekt zugerechnet werden kann, sondern vielmehr dadurch, daß in dieser Materie<br />

<strong>und</strong> Form, Subjekt <strong>und</strong> Objekt ursprünglich identisch sind. Dadurch, <strong>und</strong> allein dadurch, kann<br />

nach <strong>Maimon</strong> das Problem der Rechtmäßigkeit (quid juris) als Gesetzmäßigkeit (quid ratio-<br />

nis) von Verbindung (Synthesis) überhaupt gelöst werden. Der unendliche <strong>Verstand</strong> kann da-<br />

her als pantheistische Interpretation des aktiven Intellekts in der Auffassung Alexanders be-<br />

zeichnet werden. Die Recht- <strong>und</strong> Gesetzmäßigkeit der Erkenntnisttätigkeit des endlichen<br />

<strong>Verstand</strong>es bzw. des Bewußtseins ist folglich nicht durch das formalen Charakteristikum des<br />

Selbst ausgezeichnet, sondern ergibt sich aus der Identität bzw. der Ähnlichkeit mit der Tätig-<br />

keit des unendlichen <strong>Verstand</strong>es. Dadurch, <strong>und</strong> aus der Reflexion auf die Genese des Bewußt-<br />

seins durch die Einbildungskraft, ergibt sich, daß das Modell <strong>unendlicher</strong> <strong>Verstand</strong>/endlicher<br />

<strong>Verstand</strong> (Bewußtsein) analog zum Verhältnis aktiver Intellekt/passiver Intellekt aufzufassen<br />

ist. <strong>Maimon</strong>s <strong>unendlicher</strong> <strong>Verstand</strong> ist folglich wesentlich gegen Kants ursprüngliche Synthe-<br />

sis des transzendentalen Subjekts gerichtet. Der höchste Punkt der Philosophie liegt nach<br />

<strong>Maimon</strong> nicht in der transzendentalen Apperzeption <strong>und</strong> der damit einhergehenden koperni-<br />

kanischen Wende, sondern ist gr<strong>und</strong>sätzlich mit der antiken <strong>und</strong> mittelalterlichen Philosophie<br />

zu bestimmen. Die bereits angesprochene Differenz von Identität <strong>und</strong> Ähnlichkeit des endli-<br />

chen mit dem unendlichen <strong>Verstand</strong> ist für den Zusammenhang von <strong>Maimon</strong>s Kant-Kritik<br />

von keiner Bedeutung. 432<br />

431 Genauer müßte man diese Tätigkeit als Subjekt-Objekt-Identität im Anschluß an Aristoteles’ Ausgang vom<br />

Objekt her kennzeichnen, während Fichte im Gegensatz zu <strong>Maimon</strong> diese Tätigkeit in einer Subjekt-Objekt-<br />

Identität im Anschluß an Kants Ausgang vom Subjekt her faßt.<br />

432 Während diese Distinktion im Vorhergehenden in Rücksicht auf Aristotelisches <strong>und</strong> neuplatonisches Gedankengut<br />

erklärt (bzw. der Ausblick auf die arithmetische <strong>und</strong> geometrische Konstruktion gegeben) wurde, so wird<br />

diese im Schlußkapitel einerseits mit Spinozas Monopsychismus (Identität) <strong>und</strong> andererseits mit Leibniz’ Monadologie<br />

(Ähnlichkeit) in Verbindung gebracht. Dies ist der Ort, die Gemeinsamkeiten <strong>und</strong> Unterschiede zu diskutieren,<br />

da dort die Frage nach dem Verhältnis von <strong>Weltseele</strong> (Spinoza gegen Leibniz) <strong>und</strong> <strong>unendlicher</strong><br />

<strong>Verstand</strong> (Leibniz gegen Kant) zur Sprache kommt.<br />

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