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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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– Dinge an sich verursacht. Diese „Illusion“ (Versuch, 113 [202]) kann nach <strong>Maimon</strong> folgen-<br />

dermaßen erklärt werden:<br />

„Die Vorstellung der Objekte der Anschauungen in Zeit <strong>und</strong> Raum, sind gleichsam die Bilder,<br />

die durch das transzendentale Subjekt aller Vorstellungen (das reine Ich, durch seine reine<br />

Form a priori gedacht) im Spiegel (das empirische Ich) hervorgebracht werden; sie scheinen<br />

aber, als kämen sie von etwas hinter dem Spiegel (von Objekten, die von uns selbst verschieden<br />

sind). Das empirische (Materiale) der Anschauungen ist wirklich (so wie die Lichtstrahlen)<br />

von etwas außer uns, d.h. (verschieden von uns) gegeben. Man muß sich aber durch den<br />

Ausdruck: außer uns, nicht irre machen lassen, als wäre dieses etwas mit uns im Raum-<br />

Verhältnis, weil Raum selbst nur eine Form in uns ist, sondern dieses außer uns, bedeutet nur<br />

etwas, in dessen Vorstellungen wir uns keine Spontanaität bewußt sind, d. h. ein (in Ansehung<br />

unseres Bewußtseins) bloßes Leiden aber keine Tätigkeit in uns.“ (Versuch, 113 f. [202 f.])<br />

Daß <strong>Maimon</strong> das transzendentale Subjekt dabei nicht im Sinne Kants auffaßt, wird klar, wenn<br />

man sich vor Augen führt, welche Funktionen es bei <strong>Maimon</strong> zu erfüllen hat. Das reine Ich<br />

bringt nach <strong>Maimon</strong> nicht nur die Formen der Vorstellungen der Gegenstände im Bewußtsein<br />

hervor, sondern auch das „empirische (Materiale)“ (Versuch, 113 [202]). Das transzendentale<br />

Subjekt oder reine Ich Kants erfüllt damit dieselbe Funktion wie der göttliche Intellekt: es ist<br />

causa formalis <strong>und</strong> causa materialis. Die Vorstellungen des Bewußtseins weisen also auf die<br />

Darstellungen des unendlichen <strong>Verstand</strong>es. Mit der Erkenntnistätigkeit des Bewußtseins wird<br />

daher nicht (ursprünglich oder rekonstruierend) synthetisiert, sondern es wird die Identität<br />

oder Ähnlichkeit mit der absoluten Spontaneität des unendlichen <strong>Verstand</strong>es vollzogen. 430 Ein<br />

Spiegel des reinen Ich ist das empirische Ich genau dann, wenn es dieselbe Tätigkeit vollzieht.<br />

Zusammenfassend läßt sich über das Verhältnis von endlichem <strong>und</strong> unendlichem <strong>Verstand</strong><br />

festhalten, daß dieses mit dem Verhältnis von passivem <strong>und</strong> aktivem <strong>Verstand</strong> in enge Ver-<br />

bindung gebracht werden kann. Zunächst ist zum aktiven Intellekt folgendes zu sagen: Die<br />

430 Den Begriffen Identität <strong>und</strong> Ähnlichkeit werden im nächsten Kapitel die arithmetische <strong>und</strong> die geometrische<br />

Konstruktion zugeordnet. In der arithmetischen Konstruktion, wie sie <strong>Maimon</strong> im Zusammenhang mit dem unendlichen<br />

<strong>Verstand</strong> versteht, findet eine tatsächliche Identität beider Tätigkeiten statt (rationalistische Mystik). In<br />

der geometrischen Konstruktion, die noch in Verbindung mit der <strong>Weltseele</strong> zu untersuchen sein wird, wird eine<br />

Ähnlichkeit im Sinne der Platonischen Auffassung mathematischer Konstruktion behauptet.<br />

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