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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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ein wesentlicher Unterschied unübersehbar. Während für Aristoteles <strong>und</strong> die mittelalterliche<br />

Aristotelische Tradition das erkennende Subjekt durch Passivität ausgezeichnet ist, so geht<br />

Spinoza ganz von dem Begriff einer Erkenntnistätigkeit aus. 421 Für die Aristotelische Wahr-<br />

nehmungs- <strong>und</strong> Erkenntnistheorie ist Erkenntnis als passive Aufnahme intelligibler Formen<br />

(durch den aktiven Intellekt) zu erklären, wohingegen Spinoza die Erkenntnistätigkeit in den<br />

Mittelpunkt seiner Theorie stellt. An die Stelle des Aristotelischen Formbegriffes ist bei Spi-<br />

noza der „Gesetzesbegriff der modernen Wissenschaft getreten“ 422 . Von der passiven Abbild-<br />

theorie Aristoteles kommt es bei Spinoza zur „autonomen Erkenntnislehre“ 423 . Julius Gutt-<br />

mann hat in diesem Zusammenhang nachgewiesen, daß trotz des unterschiedlichen Erkennt-<br />

nisideals bei Spinoza eine eindeutige Parallele zu Aristoteles zu Tage tritt.<br />

„Die rationale Erkenntnis unseres Bewußtseins ist kein Empfangen des Objekts, sondern wird<br />

aus der eigenen Erkenntnisgesetzmäßigkeit des Bewußtseins erzeugt. Doch ebendiese erzeugende<br />

Tätigkeit des Bewußtseins ist nur ein Teil des unendlichen göttlichen Erkenntnisprozesses.<br />

In unserem rationalen Erkennen wirkt Gott selbst, nicht als ein unserer Erkenntnis<br />

äußerliches Objekt[,] sondern als der innere Ursprung unserer Erkenntnistätigkeit, als der letzte<br />

logische Gr<strong>und</strong>, aus dem alle Ergebnisse unserer Erkenntnis hervorgehen. So sehr der veränderte<br />

Erkenntnisbegriff Spinozas das Verhältnis des Bewußtseins zu seinen metaphysischen<br />

Bedingungen umgestaltet, die Gr<strong>und</strong>anschauung des Aristotelismus, daß unsere Erkenntnis<br />

auf dem metaphysischen Zusammenhange des Bewußtseins mit dem allumfassenden göttlichen<br />

Intellekt beruht, bleibt auch für ihn unentbehrlich. Er muß diese metaphysische Annahme<br />

in seine Erkenntnistheorie einfügen, um die Korrespondenz von Erkenntnis <strong>und</strong> Wirklichkeit<br />

begreiflich zu machen.“ 424<br />

Spinoza, <strong>und</strong> <strong>Maimon</strong> folgt ihm hierin, ist mit der Aristotelischen Tradition darin einig, daß<br />

die Erkenntnistätigkeit keine Tätigkeit eines Subjekts im Sinne Kants ist, sondern die subjek-<br />

God having no spiritual transcendence, is not isolated from the sensible world. On the other hand, he is not simply<br />

identical with it.” (85) Kaufmann weist in diesem Zusammenhang auf die Unterscheidung Spinozas von natura<br />

naturata <strong>und</strong> natura naturans hin.<br />

421 Hierin besteht gleichfalls ein Unterschied zwischen <strong>Maimon</strong>s Auffassung des Subjekts im Zusammenhang<br />

mit der <strong>Weltseele</strong> <strong>und</strong> dem Subjekt im Zusammenhang mit dem unendlichen <strong>Verstand</strong>.<br />

422 Siehe Guttmann (1912), 516: „An die Stelle des aristotelischen Formbegriffes ist bei ihm der Gesetzesbegriff<br />

der modernen Wissenschaft getreten. Mit den Mitteln dieses Gesetzesbegriffes aber leistet er das Gleiche, was<br />

der Aristotelismus mit seinem Formbegriff geleistet hatte. In seinem System ist, wie die folgenden Ausführungen<br />

beweisen sollen, die Weltansicht des Arisotelismus in die Begriffsform der modernen Wissenschaft übertragen.“<br />

423 Guttmann (1912), 528.<br />

424 Guttmann (1912), 528. Dem letzten Satz ist zu entnehmen, inwiefern <strong>Maimon</strong> mit der Annahme eines unendlichen<br />

<strong>Verstand</strong>es die Probleme der transzendentalen Deduktion zu lösen gedachte.<br />

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