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Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon

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ne Sinnlichkeit. 388 Für diesen ist <strong>Verstand</strong> <strong>und</strong> Sinnlichkeit ein <strong>und</strong> eben dasselbe. 389 Da der<br />

unendliche <strong>Verstand</strong> seine Objekte ohne Sinnlichkeit denkt, ergibt sich, daß diese allein in<br />

Verhältnissen bestehen. 390 Und daraus ergibt sich schließlich, daß die Einheit des unendlichen<br />

<strong>Verstand</strong>es <strong>und</strong> seiner Objekte keine synthetische, sondern eine analytische ist. 391 Der höchste<br />

Gr<strong>und</strong>satz der Erkenntnis ist daher nach <strong>Maimon</strong> nicht synthetisch (A 154/B 193) 392 , sondern<br />

der Satz des Widerspruchs <strong>und</strong> der Identität: „Erkenntnis a priori im engsten <strong>Verstand</strong>e <strong>und</strong><br />

absolut betrachtet, ist also die Erkenntnis eines Verhältnisses zwischen Objekten auch vor die<br />

Erkenntnis der Objekte selbst, worunter dieses Verhältnis angetroffen wird, ihr Prinzip ist der<br />

Satz des Widerspruchs (oder der Identität)“ (Versuch, 96 [169]) 393 Objektive Notwendigkeit<br />

kann der Erkenntnis daher nur dann zugesprochen werden, wenn sie allein dem Satz des Wi-<br />

derspruchs folgt. 394 Dies führt uns nach <strong>Maimon</strong> auf einen „unendlichen <strong>Verstand</strong>, bei dem<br />

die Formen zugleich selbst Objekte des Denkens sind; oder der aus sich alle mögliche Arten,<br />

von Beziehungen <strong>und</strong> Verhältnissen der Dinge (der Ideen) hervorbringt.“ (Versuch, 40 [64 f.])<br />

Der <strong>Verstand</strong> 395 denkt seine Objekte als reine Relationen bzw. diese sind nichts anderes als<br />

bloße Verhältnisse. Ein jedes Glied einer Relation ist nur das, was es ist, in Beziehung auf das<br />

andere Glied, welches durch das Verhältnis bestimmt ist. Im Gegensatz hierzu versteht Mai-<br />

mon die Einbildungskraft als den Modus des Denkens, wo die Glieder eines Wechsel als ab-<br />

388 Vgl. Versuch, 103 [183]: „das unendliche denkende Wesen hingegen denkt alle mögliche Begriffe auf einmal<br />

aufs vollständigste, ohne irgend eine Beimischung der Sinnlichkeit.“<br />

389 Vgl. Versuch, 103 [183]: „sie doch von einem unendlichen denkenden Wesen als eine <strong>und</strong> eben dieselbe<br />

Kraft gedacht werden müssen, <strong>und</strong> daß die Sinnlichkeit bei uns der unvollständige <strong>Verstand</strong> ist.“<br />

390 Vgl. Versuch, 52 Anm. [86 Anm.]: „Diese Art Synthesis ist bei einem endlichen <strong>Verstand</strong>e, eine bloße Form,<br />

die ohne Anwendung auf einen bestimmten Gegenstand der Anschauung an sich betrachtet, kein Objekt bestimmt.<br />

Man kann sie mit einem algebraischen Ausdruck, wo x eine Funktion von y, <strong>und</strong> umgekehrt, ist, vergleichen,<br />

das nur durch Bestimmung der einen dieser Größen, die andere durch ihr Verhältnis zur Ersteren, bestimmt;<br />

folglich findet bei einem endlichen <strong>Verstand</strong>e nur die erste Art Synthesis, als Objekt, statt; bei einem unendlichen<br />

<strong>Verstand</strong>e hingegen, findet die zweite Art statt: denn dieser denkt alle mögliche Dinge dadurch.“<br />

391 Vgl. Versuch, 52 Anm. [86 f. Anm.]: „Bei einem unendlichen <strong>Verstand</strong>e ist Subjekt, was bloß als möglich<br />

gedacht wird, <strong>und</strong> Prädikat, was daraus notwendig folgt.“<br />

392 Vgl. Versuch, 223 [418]: „Ich bemerke hier ein für allemal, daß ich die von Herrn Kant genannte objektive<br />

Notwendigkeit (Bedingung einer objektiven Wahrnehmung oder Erfahrung) für eine bloß subjektive Notwendigkeit<br />

halte“<br />

393 Vgl. Versuch, 96 [170]: „weil der Satz der Identität die allgemeinste Form unserer Erkenntnis ist, folglich von<br />

allen Gegenständen überhaupt, sie mögen übrigens beschaffen sein wie sie wollen, gelten muß.“<br />

394 Siehe Versuch, 226 [424 f.], 232 f. [436 f.]<br />

395 Bloße (reine) Verhältnisse konstituieren für den unendlichen <strong>Verstand</strong> „reelle“ Gegenstände, während diese<br />

für den endlichen <strong>Verstand</strong>, mit der oben erwähnten Ausnahme der arithmetischen Konstruktion, nur „formell“<br />

sind.<br />

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