Weltseele und unendlicher Verstand - Salomon Maimon
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ken ausgeht, „daß wir nämlich von den Dingen nur das a priori erkennen, was wir selbst in sie<br />
hineinlegen.“ (B XVIII) 379 Kants Position geht also wesentlich von der ‚engsten Verbindung’<br />
zwischen dem „Gr<strong>und</strong>akt der synthetischen Gegenstandsbestimmung mit dem Gedanken ‚Ich<br />
denke’“ 380 aus. Andererseits folgt daraus, daß dasjenige notwendig <strong>und</strong> allgemein gültig ist,<br />
was der transzendentalen Einheit der Apperzeption gemäß ist. 381 Nach <strong>Maimon</strong> verstrickt sich<br />
Kant allerdings beim Übergang vom Apriori zum Aposteriori in einen Zirkel. Das Problem<br />
der Anwendung bzw. des Übergangs bleibt nach Meinung <strong>Maimon</strong>s in der Philosophie Kants<br />
ungelöst. Nach <strong>Maimon</strong> hingegen kann die transzendentale Deduktion als Frage nach der Ge-<br />
setzmäßigkeit (quid rationis) der Synthesis von <strong>Verstand</strong>esbegriffen <strong>und</strong> empirischen An-<br />
schauungen allein durch die Annahme einer absolut spontanen Tätigkeit gelöst werden. Im<br />
Gegensatz zu Kant geht <strong>Maimon</strong> von einem unendlichen <strong>Verstand</strong> aus, welcher als der „inne-<br />
re Ursprung unserer Erkenntnistätigkeit“ 382 aufzufassen ist. Das Problem der Anwendung<br />
bzw. des Überganges kann nach <strong>Maimon</strong> allein die These der ursprünglichen Identität von<br />
Subjekt <strong>und</strong> Objekt, von Materie <strong>und</strong> Form der Erkenntnis in einem unendlichen <strong>Verstand</strong> lö-<br />
sen.<br />
379 Denselben Nachdruck auf das Selbst findet man gleichfalls in Kants Opus postumum. Siehe beispielsweise:<br />
„Daß wir nichts einsehen als was wir selbst machen können.“ (AA XXII, 82) Vgl. auch: „Wir machen alles<br />
selbst.“ (AA XXII, 353)<br />
380 Henrich (2004), 1400 f.: „Nun hat aber Kant den Gr<strong>und</strong>akt der synthetischen Gegenstandsbestimmung mit<br />
dem Gedanken ‚Ich denke’ zusammengebracht <strong>und</strong> aufs engste verb<strong>und</strong>en.“<br />
381 Zöller (1984), 148: „Die ursprünglich im Zusammenhang der Selbstvergewisserung von Bewußtsein eingeführte<br />
Apperzeptionseinheit soll jetzt für Objektivität aufkommen, soll ‚eine objektive Bedingung aller Erkenntnis<br />
(sein), nicht deren ich bloß selbst bedarf, um ein Objekt zu erkennen, sondern unter der jede Anschauung stehen<br />
muß, um für mich Objekt zu werden’ (B 138). Den Übergang vom allgemeinen Selbstbewußtsein zum möglichen<br />
Gegenstandsbewußtsein erreicht Kant über die apperzeptive Bedingtheit aller Verbindung.“ Vgl. Zöller<br />
(1984), 149: „Auf der Gr<strong>und</strong>lage ihrer Bedingungsfunktion für den Begriff vom Objekt zeichnet Kant die transzendentale<br />
Einheit der Apperzeption als ‚objektiv’ (B 139) aus <strong>und</strong> spricht ihr <strong>und</strong> ihr allein zu, ‚objektiv gültig’<br />
(B 140) zu sein. (§ 18)“ (149)<br />
382 Guttman (1912), 528. Guttmanns Analyse des Verhältnisses von subjektiver Erkenntnistätigkeit <strong>und</strong> objektiver<br />
(absolut-spontaner) Tätigkeit ist seiner Analyse von Spinozas Aristotelismus entnommen. Die vorliegende<br />
Arbeit wird Guttmann in zahlreichen Punkten folgen, so daß <strong>Maimon</strong>s Kant-Kritik über Spinoza gleichzeitig auf<br />
den (mittelalterlichen) Aristotelismus zurückbezogen wird.<br />
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