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Konzeption Mutter und Kind in Gastfamilien (PDF) - Arkade eV

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<strong>Arkade</strong> e.V. // JuMeGa ®<br />

Junge Menschen <strong>in</strong> <strong>Gastfamilien</strong><br />

Eisenbahnstr. 30/1, D 88212 Ravensburg<br />

T +49 751. 366 55 90, <strong>in</strong>fo@arkade-jumega.de<br />

Außenstellen:<br />

D 73728 Essl<strong>in</strong>gen, Neckarstr. 57, T +49 711. 57 74 19 30<br />

D 78532 Tuttl<strong>in</strong>gen, Mittlere Gasse 19, T +49 7462. 94 79 10<br />

D 89077 Ulm, Wagnerstr. 6, T +49 731. 176 60 80<br />

Stand Oktober 2011<br />

arkade<br />

<strong>Konzeption</strong> JuMeGa ®<br />

Betreutes Wohnen <strong>in</strong> <strong>Gastfamilien</strong><br />

für <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong>


<strong>Arkade</strong> e.V., Jugendhilfe JuMeGa ®<br />

Der Vere<strong>in</strong> <strong>Arkade</strong> ist seit 1977 Träger geme<strong>in</strong>depsychiatrischer<br />

E<strong>in</strong>richtungen <strong>und</strong> seit 1997 auch freier Träger der Jugendhilfe.<br />

Die sozialpsychiatrische, die geme<strong>in</strong>depsychiatrische Gr<strong>und</strong>haltung<br />

aller Bereiche der <strong>Arkade</strong> ist im Leitbild formuliert.<br />

„Zur Erfüllung ihrer Aufgaben <strong>und</strong> mit Blick auf die Bedürfnisse<br />

<strong>und</strong> die Bedürftigkeit der begleiteten Menschen sorgt <strong>Arkade</strong><br />

e.V. für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>denahe Versorgung, für den Aufbau von<br />

dezentralen Strukturen, für durchlässige Hilfeangebote <strong>und</strong><br />

stellt die Hilfe zur Selbsthilfe <strong>in</strong> den Mittelpunkt.“<br />

Die Fachdienste der e<strong>in</strong>zelnen Bereiche „haben den Anspruch,<br />

den Anderen als e<strong>in</strong>zigartiges Gegenüber wert zu schätzen <strong>und</strong><br />

achten die Unterschiedlichkeit von Menschen mit Beh<strong>in</strong>derungen<br />

als bereichernden Teil der menschlichen Vielfalt“.<br />

(Aus dem Leitbild der <strong>Arkade</strong>)<br />

Für den Jugendhilfebereich bedeutet diese Haltung, dass sich<br />

die Fachdienste bei der Begleitung von jungen Menschen jeweils<br />

auf e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Prozess e<strong>in</strong>lassen, e<strong>in</strong>en Prozess,<br />

der alle Beteiligten mitnimmt. Das Wohl des jungen Menschen<br />

immer im Blick, richten die Fachdienste ihre Begleitung <strong>und</strong><br />

Unterstützung fallbezogen <strong>und</strong> ereignisorientiert aus. Für jeden<br />

jungen Menschen wird der Rahmen der Begleitung <strong>und</strong> die Gestaltung<br />

des Hilfenetzes neu <strong>und</strong> kreativ entwickelt. E<strong>in</strong>e Person<br />

des Fachdienstes ist während der gesamten Maßnahmendauer<br />

für alle beteiligten Menschen <strong>und</strong> Institutionen Ansprechpartner.<br />

Im Kernbereich JuMeGa ® – Junge Menschen <strong>in</strong> <strong>Gastfamilien</strong> –<br />

haben sich Spezialisierungen entwickelt. Seit 2008 <strong>in</strong>stalliert<br />

<strong>und</strong> begleitet JuMeGa ® für das Landratsamt Ravensburg Patenschaften<br />

für <strong>K<strong>in</strong>d</strong>er psychisch kranker Eltern (KIP). Das Angebot<br />

für schwangere Mädchen <strong>und</strong> jugendliche Mütter mit ihren<br />

<strong>K<strong>in</strong>d</strong>ern wurde konzeptionell ausgearbeitet. Neben der <strong>Gastfamilien</strong>betreuung<br />

hat JuMeGa ® e<strong>in</strong>en Fachdienst für den<br />

Bereich Mobile Jugendarbeit / Streetwork aufgebaut.


„ Bohr e<strong>in</strong> Loch<br />

<strong>in</strong> den Sand<br />

sprich<br />

e<strong>in</strong> Wort h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

sei leise<br />

vielleicht<br />

wächst de<strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>es Vertrauen<br />

irgendwann<br />

groß<br />

<strong>in</strong> die Sonne.“<br />

aus: „Schmerzvoll lebendig“ von Konstant<strong>in</strong> Wecker<br />

(1998 by Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln)<br />

Inhalt<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Bedarf<br />

Angebot<br />

Zielgruppe<br />

<strong>Gastfamilien</strong><br />

Begleitender Fachdienst<br />

F<strong>in</strong>anzierung<br />

Fazit<br />

Fallverlauf 1<br />

Fallverlauf 2<br />

4<br />

6<br />

6<br />

8<br />

10<br />

13<br />

14<br />

15<br />

16


1 Bedarf<br />

Häufige Erfahrung ist, dass m<strong>in</strong>derjährige <strong>und</strong> bee<strong>in</strong>trächtigte<br />

Mütter trotz <strong>in</strong>tensiver Begleitung <strong>und</strong> Unterstützung<br />

durch die Jugendhilfe im Leben scheitern.<br />

Sie können ihre <strong>Mutter</strong>pflichten nicht erfüllen, zum<strong>in</strong>dest nicht<br />

auf Dauer. Auch die schulische <strong>und</strong> berufliche Ausbildung gel<strong>in</strong>gt<br />

trotz Unterstützung nicht. Häufig wechseln die <strong>K<strong>in</strong>d</strong>er<br />

dieser Mütter <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er frühen Lebensphase von der <strong>Mutter</strong>-<strong>K<strong>in</strong>d</strong>-<br />

E<strong>in</strong>richtung <strong>in</strong> die Tagespflege, zur <strong>Mutter</strong> zurück <strong>und</strong> dann evt.<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Bereitschaftspflege, wieder zurück zur <strong>Mutter</strong>, zur Fre<strong>und</strong><strong>in</strong>,<br />

zu den Großeltern, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Heime<strong>in</strong>richtung. Alle Fremdplatzierungen<br />

s<strong>in</strong>d meist begleitet von den immer wiederkehrenden<br />

Bemühungen der <strong>Mutter</strong> oder des Vaters um Rückkehr<br />

ihres <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es <strong>in</strong> die Herkunftsfamilie.<br />

Am Ende dieser Odyssee ist das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> trotz ernsthafter<br />

Bemühungen <strong>und</strong> f<strong>in</strong>anziellem E<strong>in</strong>satz vieler Instanzen<br />

tief verunsichert, nicht gehalten <strong>und</strong> b<strong>in</strong>dungsgestört.<br />

Es ist e<strong>in</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong>, das Not wegen unzureichender Versorgung<br />

durch die <strong>Mutter</strong> erfahren hat, das se<strong>in</strong>e Bezugspersonen <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>e Orte immer wieder wechseln musste, das nicht weiß,<br />

wo es dauerhafte Geborgenheit f<strong>in</strong>den kann. E<strong>in</strong> orientierungsloses,<br />

verängstigtes <strong>K<strong>in</strong>d</strong>, das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Existenznot um das<br />

Überleben kämpft <strong>und</strong> häufig massive Verhaltensauffälligkeiten<br />

zeigt. Bei diesen <strong>K<strong>in</strong>d</strong>ern s<strong>in</strong>d Anpassungsprobleme <strong>und</strong> starke<br />

Entwicklungsverzögerungen zu beobachten. In den Fachkreisen<br />

(vgl. die B<strong>in</strong>dungsforschung) herrscht E<strong>in</strong>igkeit, dass gerade<br />

ganz kle<strong>in</strong>e <strong>K<strong>in</strong>d</strong>er nichts dr<strong>in</strong>gender brauchen als e<strong>in</strong>en k<strong>in</strong>dgemäßen<br />

Rhythmus <strong>in</strong> der Alltagsversorgung, e<strong>in</strong>en fe<strong>in</strong>fühligen<br />

Umgang <strong>in</strong> Pflege <strong>und</strong> Ernährung, e<strong>in</strong>e dauerhafte<br />

fre<strong>und</strong>liche Zuneigung <strong>und</strong> schließlich e<strong>in</strong>e gleichbleibende<br />

Bezugsperson, die ihnen e<strong>in</strong>en sicheren Rahmen gibt.<br />

Die jugendliche <strong>Mutter</strong>, die diesen Bedürfnissen ihres <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es<br />

nicht gerecht werden konnte, ist doppelt gescheitert.<br />

Sie konnte sich nicht zu e<strong>in</strong>er eigenen selbstverantwortlichen<br />

Persönlichkeit als junger Mensch entwickeln <strong>und</strong> konnte noch<br />

viel weniger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e verantwortungsbewusste <strong>Mutter</strong>rolle h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wachsen.<br />

Schuldgefühle, Versagensängste, Schuldzuweisungen<br />

an andere verstärken die Flucht vor dem <strong>K<strong>in</strong>d</strong> oder den Kampf<br />

um das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> oft wechselweise <strong>und</strong> dies alles zum Schaden für<br />

das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>und</strong> die überforderte, unreife <strong>Mutter</strong>.<br />

Die jugendlichen Mütter geraten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en gravierenden<br />

Zwiespalt zwischen ihren altersgemäßen Bedürfnissen,<br />

ihrer <strong>in</strong>dividuellen Bee<strong>in</strong>trächtigung <strong>und</strong> dem hohen<br />

Anspruch an e<strong>in</strong>e <strong>Mutter</strong>persönlichkeit.<br />

Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Entwicklungsphase, <strong>in</strong> der sie sich noch <strong>in</strong> der<br />

schulischen <strong>und</strong> beruflichen Ausbildung bef<strong>in</strong>den. Daneben<br />

wollen die altersgemäßen Bedürfnisse erfüllt werden, also Freiheit<br />

genießen, abendliches Ausgehen mit Gleichaltrigen, die<br />

Suche nach Partnerschaft <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>schaft, das Ausleben der<br />

Sexualität, der Drang nach Abenteuer <strong>und</strong> nach Ausprobieren<br />

der eigenen Person. Dem steht nahezu diametral die Anforderung<br />

entgegen, e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es <strong>K<strong>in</strong>d</strong> zuverlässig, dauerhaft <strong>und</strong> e<strong>in</strong>fühlsam<br />

zu versorgen <strong>und</strong> dies auch, was oft am schwersten<br />

wiegt, mit dauerhafter Präsenz abends, <strong>in</strong> der Nacht <strong>und</strong> <strong>in</strong> den<br />

frühen Morgenst<strong>und</strong>en. Auch wenn die jungen Mütter – <strong>und</strong><br />

auch die Väter – dies mit gutem Willen zunächst versuchen<br />

wollen <strong>und</strong> sie die entsprechende Unterstützung <strong>und</strong> Schulung<br />

durch Fachkräfte bekommen, können sie dies, von Ausnahmen<br />

abgesehen, nicht leisten. Die altersspezifischen Bedürfnisse<br />

können sie nicht verne<strong>in</strong>en, verdrängen oder längere Zeit aufschieben.<br />

Besonders trifft dies auf die jungen Menschen zu, die<br />

Jugendhilfe benötigen, weil sie <strong>in</strong> der eigenen Persönlichkeitsentwicklung<br />

verzögert <strong>und</strong> bee<strong>in</strong>trächtigt s<strong>in</strong>d. Das <strong>Mutter</strong>- <strong>und</strong><br />

Elternse<strong>in</strong> entspricht nicht den Bedürfnissen <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />

dieser jungen Menschen. Die Hilfe von außen wird häufig als<br />

Druck, als E<strong>in</strong>engung der eigenen Ansprüche <strong>und</strong> als Kontrolle<br />

erfahren.<br />

4<br />

5


2 Angebot<br />

Dieses Angebot basiert auf der <strong>Konzeption</strong> von JuMeGa ® .<br />

Es werden im Folgenden nur die Aspekte angesprochen, die<br />

über die zugr<strong>und</strong>e liegende <strong>Konzeption</strong> h<strong>in</strong>aus speziell für<br />

jugendliche Mütter mit ihren <strong>K<strong>in</strong>d</strong>ern wichtig s<strong>in</strong>d. Damit wird<br />

hier von Mädchen ausgegangen (Personenkreis des § 35a<br />

SGB VIII), die noch nicht <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, für e<strong>in</strong> verletzliches<br />

kle<strong>in</strong>es <strong>K<strong>in</strong>d</strong> Verantwortung zu übernehmen, da sie auch für<br />

sich selbst noch ke<strong>in</strong>e Verantwortung übernehmen können.<br />

2.1 Zielgruppe<br />

Angesprochen s<strong>in</strong>d Mädchen mit ihren <strong>K<strong>in</strong>d</strong>ern,<br />

die den sozialen Anforderungen von Wohngruppen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em<br />

selbstständigeren Wirtschaften im Betreuten Wohnen nicht<br />

nachkommen können,<br />

für die ambulante Unterstützungsangebote nicht ausreichen,<br />

die auf Gr<strong>und</strong> ihrer Bee<strong>in</strong>trächtigung e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles<br />

Betreuungssett<strong>in</strong>g benötigen,<br />

die mit ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong> zusammenleben wollen,<br />

die bereit s<strong>in</strong>d, sich auf e<strong>in</strong>en familiären Betreuungsrahmen<br />

e<strong>in</strong>zulassen,<br />

für deren <strong>K<strong>in</strong>d</strong>er e<strong>in</strong> Zusammenleben mit der <strong>Mutter</strong> wertvoll<br />

ersche<strong>in</strong>t,<br />

die wegen evt. drohender <strong>K<strong>in</strong>d</strong>eswohlgefährdung (§ 8a SGB<br />

VIII) besondere Aufsicht benötigen.<br />

Wenn junge, noch <strong>in</strong> der Entwicklung stehende Jungen <strong>und</strong><br />

Mädchen Eltern werden, wenn „<strong>K<strong>in</strong>d</strong>er“ <strong>K<strong>in</strong>d</strong>er bekommen,<br />

dann entsteht e<strong>in</strong>e Problemkonstellation zwischen den Bedürfnissen<br />

des neugeborenen <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es, den Bedürfnissen der<br />

jugendlichen <strong>Mutter</strong>, den Notwendigkeiten des Schutzes für<br />

das Neugeborene <strong>und</strong> den Notwendigkeiten der Entwicklungsförderung<br />

der jugendlichen <strong>Mutter</strong>.<br />

Wenn die jugendliche <strong>Mutter</strong> nach fachlicher E<strong>in</strong>schätzung<br />

nicht alle<strong>in</strong>e für ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> sorgen kann <strong>und</strong> mit der Aufgabe<br />

des „<strong>Mutter</strong>se<strong>in</strong>s“ zunächst überfordert ist,<br />

wenn ke<strong>in</strong>e Herkunftsfamilie vorhanden ist, die e<strong>in</strong>spr<strong>in</strong>gen<br />

kann,<br />

wenn die jugendliche <strong>Mutter</strong> aber ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> bekommen <strong>und</strong><br />

behalten möchte,<br />

wenn ke<strong>in</strong>e richterliche Trennung verfügt wird,<br />

dann ist die Jugendhilfe aufgefordert e<strong>in</strong> Angebot bereitzuhalten,<br />

das für die jugendliche <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> für ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong><br />

Schutz, Förderung <strong>und</strong> geme<strong>in</strong>sames Leben ermöglicht.<br />

Auch Mädchen, von denen angenommen wird, dass sie die<br />

<strong>Mutter</strong>rolle auf lange Zeit nicht ausfüllen können <strong>und</strong> nicht mit<br />

der gebotenen Vorsicht <strong>und</strong> Regelmäßigkeit ihre Säugl<strong>in</strong>ge<br />

pflegen können, haben e<strong>in</strong> Recht auf e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Leben<br />

mit ihren <strong>K<strong>in</strong>d</strong>ern <strong>und</strong> können häufig e<strong>in</strong>er Trennung nicht zustimmen.<br />

Es lohnt sich, der <strong>Mutter</strong> Entwicklungszeit mit ihrem<br />

<strong>K<strong>in</strong>d</strong> e<strong>in</strong>zuräumen <strong>und</strong> diese Zeit angemessen zu begleiten,<br />

auch wenn e<strong>in</strong>e Trennung von <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> von den Fachdiensten<br />

vorausgesehen wird. Das Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d ist geschützt, <strong>und</strong><br />

die <strong>Mutter</strong> kann erfahren, welche E<strong>in</strong>schränkung es für ihr<br />

Leben bedeutet, <strong>Mutter</strong> zu se<strong>in</strong>. So kann es gel<strong>in</strong>gen – dafür<br />

sprechen auch die Erfahrungen von JuMeGa ® –, dass die jugendliche<br />

<strong>Mutter</strong> ohne Zwang <strong>und</strong> richterliche Entscheidung<br />

e<strong>in</strong>er häuslichen Trennung von ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong> zustimmen kann.<br />

Die Entscheidung der <strong>Mutter</strong> ist hervorgegangen aus ihrer<br />

praktischen Erfahrung, was sie wirklich dauerhaft an der Versorgung<br />

des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es leisten kann <strong>und</strong> auch will.<br />

E<strong>in</strong>e Antwort auf diese schwierige Situation kann e<strong>in</strong>e Gastfamilie<br />

se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> familiärer Lebensort, an dem entsprechend<br />

des jeweiligen Bedarfes für <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> Schutz, Förderung<br />

<strong>und</strong> geme<strong>in</strong>sames Leben möglich ist. E<strong>in</strong>e Gastfamilie<br />

ermöglicht diesen Mädchen, wenn sie schwanger s<strong>in</strong>d oder<br />

schon geboren haben, das Zusammenleben mit ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong><br />

unter familiären Bed<strong>in</strong>gungen. Sie bietet e<strong>in</strong>en Rahmen,<br />

der angemessene Förderung <strong>und</strong> Schutz für die <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong><br />

das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> ermöglicht. In e<strong>in</strong>er familiären Geme<strong>in</strong>schaft, <strong>in</strong> der<br />

sich die <strong>K<strong>in</strong>d</strong>erversorgung auf mehrere Schultern verteilt,<br />

kann es gel<strong>in</strong>gen, dass die <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> das kle<strong>in</strong>e <strong>K<strong>in</strong>d</strong> sich<br />

entwickeln können, ohne sich gegenseitig zu beh<strong>in</strong>dern.<br />

6<br />

7


2.2 <strong>Gastfamilien</strong><br />

Die Gastfamilie stellt die Versorgung, Erziehung <strong>und</strong> Förderung<br />

des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es sicher. Sie sorgt auch für die erforderliche Begleitung<br />

der <strong>Mutter</strong>. Die junge <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den normalen<br />

Familienalltag <strong>in</strong>tegriert. Die <strong>Mutter</strong> kann so im Rahmen<br />

ihrer Möglichkeiten die Versorgung <strong>und</strong> Erziehung ihres <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es<br />

übernehmen <strong>und</strong> gleichzeitig ihren schulischen oder beruflichen<br />

Weg weiterverfolgen. Das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em konstanten Beziehungsrahmen<br />

geschützt. Die <strong>Mutter</strong> wird angeleitet, ihr Baby<br />

zu versorgen, mit ihm zu spielen <strong>und</strong> vieles mehr, jedoch ohne<br />

dass sie <strong>in</strong> die Pflicht genommen wird, alle<strong>in</strong>e die Verantwortung<br />

für das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> zu tragen. Wenn der Kontakt zum <strong>K<strong>in</strong>d</strong> nach<br />

den Möglichkeiten, den Fähigkeiten <strong>und</strong> dem Willen der <strong>Mutter</strong><br />

erfolgt <strong>und</strong> zwar so, dass <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em fre<strong>und</strong>lich<br />

liebevollen Verhältnis zue<strong>in</strong>ander stehen können, dann kann die<br />

jugendliche <strong>Mutter</strong> entsprechend ihrer Kraft <strong>und</strong> ihrer Freude<br />

allmählich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Mutter</strong>rolle h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>wachsen <strong>und</strong> ist nicht gezwungen<br />

<strong>in</strong> der frühen Lebensphase des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es schon zwischen<br />

Trennung oder voller Verantwortung zu entscheiden. Dieser<br />

Prozess kann ohne Schaden für das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> geschehen. Das jugendliche<br />

Mädchen muss nicht mehr um ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> kämpfen <strong>und</strong><br />

kann die eigene Entwicklung verfolgen, sie kann selbst entscheiden,<br />

wo das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> se<strong>in</strong>e familiäre Heimat <strong>in</strong> Zukunft haben<br />

soll. Gleichzeitig kennen sich Pflegeeltern <strong>und</strong> junge <strong>Mutter</strong><br />

gut, es können belastende Konkurrenzsituationen vermieden,<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e gute Beziehungs- <strong>und</strong> Kontaktgestaltung erreicht<br />

werden. Dem <strong>K<strong>in</strong>d</strong> wird so e<strong>in</strong>e frühe Schädigung durch Beziehungs-,<br />

Orts- <strong>und</strong> vor allem Versorgungswechsel erspart.<br />

Ist e<strong>in</strong> Platz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gastfamilie angedacht, ist zu klären:<br />

Können sich <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> auf e<strong>in</strong>en familiären Rahmen<br />

e<strong>in</strong>lassen?<br />

Gibt es e<strong>in</strong>en <strong>Gastfamilien</strong>platz, der dem jeweiligen Bedarf<br />

aller Voraussicht nach entsprechen kann?<br />

Kann das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> – sollte die <strong>Mutter</strong> das geme<strong>in</strong>same Leben<br />

beenden wollen – als Pflegek<strong>in</strong>d bei dieser Familie bleiben?<br />

Familien, die sich bereit erklären e<strong>in</strong>e jugendliche <strong>Mutter</strong> mit<br />

ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong> zu begleiten, übernehmen e<strong>in</strong>e große Aufgabe.<br />

Das kle<strong>in</strong>e <strong>K<strong>in</strong>d</strong> muss entsprechend se<strong>in</strong>es Alters versorgt,<br />

gepflegt <strong>und</strong> gefördert werden.<br />

Der Schutz des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es muss gewährleistet se<strong>in</strong>.<br />

Die junge <strong>Mutter</strong> muss erzogen, begrenzt <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihren jugendlichen<br />

Bedürfnissen verstanden <strong>und</strong> anerkannt werden.<br />

Das Zusammense<strong>in</strong> von <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> muss begleitet,<br />

gefördert <strong>und</strong> wertgeschätzt werden.<br />

Die berechtigten Kontaktwünsche des Vaters <strong>und</strong> der Großeltern<br />

des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es müssen angemessenen Raum bekommen.<br />

Diese Herausforderung an e<strong>in</strong>e Gastfamilie,<br />

e<strong>in</strong>em Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>en warmen Familienplatz,<br />

e<strong>in</strong>er Jugendlichen die notwendige Freiheit <strong>und</strong> Begrenzung,<br />

e<strong>in</strong>er <strong>Mutter</strong>-<strong>K<strong>in</strong>d</strong>-Dyade e<strong>in</strong>en angemessenen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><br />

zu bieten, bedeutet für den JuMeGa ® Fachdienst, dass diese<br />

<strong>Gastfamilien</strong> besonders sorgfältig ausgewählt werden müssen.<br />

Es werden <strong>in</strong> der Regel <strong>Gastfamilien</strong> mit reicher Lebens- <strong>und</strong><br />

Erziehungserfahrung se<strong>in</strong>. Die erwachsenen Familienmitglieder<br />

sollten über e<strong>in</strong>e stabile Persönlichkeit verfügen <strong>und</strong> mit ihrem<br />

Leben zufrieden se<strong>in</strong>. Freude an <strong>K<strong>in</strong>d</strong>ern <strong>und</strong> Jugendlichen,<br />

sowie e<strong>in</strong> Interesse an der Vielfalt von menschlichen Biographien<br />

s<strong>in</strong>d hilfreich. Besonders ist darauf zu achten, dass die<br />

Gastfamilie die eigene Familienplanung abgeschlossen hat<br />

<strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> Konkurrenz zu der jungen <strong>Mutter</strong> gehen muss.<br />

E<strong>in</strong> angemessenes Verhältnis von Nähe <strong>und</strong> Distanz ist unabd<strong>in</strong>gbar.<br />

8<br />

9


2.3 Begleitender Fachdienst<br />

Zum generellen Verständnis von professioneller Begleitung<br />

im Rahmen von JuMeGa ® f<strong>in</strong>den sich Ausführungen <strong>in</strong> der<br />

vorliegenden JuMeGa ® <strong>Konzeption</strong>. Der JuMeGa ® Fachdienst<br />

versteht sich als Gestalter e<strong>in</strong>es Netzwerkes <strong>und</strong> ist im S<strong>in</strong>ne<br />

e<strong>in</strong>es Case Managements für den gesamten Ablauf der Maßnahme<br />

zuständig. Bezogen auf dieses spezielle Angebot<br />

arbeitet der Fachdienst <strong>in</strong> den folgenden Bereichen:<br />

Das <strong>K<strong>in</strong>d</strong><br />

Die Beobachtung <strong>und</strong> E<strong>in</strong>schätzung der Entwicklung des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es<br />

<strong>und</strong> die verantwortliche Sorge für den <strong>K<strong>in</strong>d</strong>erschutz (§ 8a SGB<br />

VIII), hat für den Fachdienst oberste Priorität.<br />

Dazu dienen:<br />

regelmäßige Hausbesuche bei der Gastfamilie <strong>und</strong> eigenständige<br />

Kontakte mit dem <strong>K<strong>in</strong>d</strong>,<br />

enge Kooperation mit dem zuständigen Jugendamt <strong>und</strong><br />

dem Vorm<strong>und</strong>,<br />

regelmäßige ärztliche Kontrollen des Ges<strong>und</strong>heitszustandes<br />

des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es.<br />

Die <strong>Mutter</strong><br />

Die jugendliche <strong>Mutter</strong> hat das Recht, nicht nur als <strong>Mutter</strong> gesehen<br />

zu werden, sondern ihre ganz eigene Bedürftigkeit muss<br />

Raum bekommen <strong>und</strong> mit Entwicklungsimpulsen beantwortet<br />

werden.<br />

Aufgaben s<strong>in</strong>d:<br />

die Klärung <strong>und</strong> Weiterentwicklung des Verhältnisses zwischen<br />

„<strong>Mutter</strong>se<strong>in</strong>“ <strong>und</strong> „Jugendlichse<strong>in</strong>“ des Mädchens,<br />

das E<strong>in</strong>fordern von Schulbesuch / beruflicher Ausbildung der<br />

jugendlichen <strong>Mutter</strong>,<br />

die Planung der Zukunft von <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>in</strong> alltagspraktischer<br />

<strong>und</strong> f<strong>in</strong>anzieller H<strong>in</strong>sicht,<br />

die enge Kooperation mit den zuständigen Stellen (Jugendamt<br />

/ E<strong>in</strong>gliederungshilfe, Schule / Ausbildung, Vorm<strong>und</strong> des<br />

<strong>K<strong>in</strong>d</strong>es).<br />

Die Beziehung zwischen <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong><br />

<strong>und</strong> ihr familiäres Umfeld<br />

In der Gestaltung <strong>und</strong> Weiterentwicklung dieser Beziehungen<br />

liegen wertvolle Impulse für die Entwicklung von <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Mutter</strong>. Die emotionale Ebene, die diese Beziehung immer hat,<br />

kann e<strong>in</strong>en fruchtbaren Boden für die Persönlichkeitsentwicklung<br />

der jugendlichen <strong>Mutter</strong> darstellen. Auch geht es um die<br />

Lebens- <strong>und</strong> Zukunftsperspektiven für <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>und</strong><br />

den Aufbau von sozialen Netzwerken für ihre Integration.<br />

Der Fachdienst<br />

unterstützt <strong>und</strong> begleitet die Gastfamilie <strong>in</strong> ihrem Bemühen,<br />

die Beziehung zwischen <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> zu stärken,<br />

er gestaltet <strong>und</strong> begleitet den Kontakt zum Vater <strong>und</strong> den<br />

Verwandten des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es. Auch mit dem Blick darauf, dass diese<br />

Menschen für das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> evt. später zu e<strong>in</strong>em wichtigen Netzwerk<br />

werden können.<br />

Die Gastfamilie<br />

Im Alltag muss die Gastfamilie die Balance halten zwischen<br />

dem Schutz des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es <strong>und</strong> der Stärkung der <strong>Mutter</strong> im Umgang<br />

mit ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong>. Sie muss flexibel zur Verfügung stehen<br />

<strong>und</strong> Aufgaben übernehmen, aber genauso auch loslassen <strong>und</strong><br />

im H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> bleiben können. Der Fachdienst steht den <strong>Gastfamilien</strong><br />

mit fachlichem Wissen zur Seite, hat supervidierende<br />

Funktion <strong>und</strong> entwickelt mit den <strong>Gastfamilien</strong> <strong>und</strong> den Müttern<br />

zusammen die Strukturen <strong>und</strong> Regeln des Familienalltags.<br />

Die Unterstützung der <strong>Gastfamilien</strong> umfasst:<br />

Die <strong>in</strong>dividuell abgestimmte Regelbetreuung: Darunter s<strong>in</strong>d<br />

Hausbesuche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>- bis vierwöchigen Abständen <strong>und</strong> zusätzliche<br />

Telefonkontakte zu verstehen.<br />

Die ereignisbezogene Betreuung bzw. Krisen<strong>in</strong>tervention<br />

(z.B. ges<strong>und</strong>heitliche Krisen, gravierende Beziehungsprobleme).<br />

In diesem Fall können wöchentlich 2-3 Term<strong>in</strong>e vor Ort zusätzlich<br />

anfallen, bis das Problem gelöst oder „die Wogen sich<br />

geglättet“ haben.<br />

E<strong>in</strong>e R<strong>und</strong>-um-die-Uhr-Erreichbarkeit des gesamten Teams,<br />

10<br />

11


jedoch nicht im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Rufbereitschaft, sondern die<br />

Familien verfügen über e<strong>in</strong>e Liste aller privaten Telefonnummern<br />

des Fachdienstes.<br />

Die Vermittlung notwendiger fachärztlicher <strong>und</strong> therapeutischer<br />

Begleitung für <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong>.<br />

Die Mitwirkung bei der Hilfeplanung des Jugendamtes sowie<br />

enge Kooperation mit den zuständigen Stellen <strong>und</strong> Personen<br />

(Herkunftsfamilie, Arzt <strong>und</strong> andere therapeutische Dienste,<br />

Schule / Beruf, Jugendamt / E<strong>in</strong>gliederungshilfe, psychiatrische<br />

Fachdienste <strong>und</strong> andere Partner).<br />

Die Unterstützung bei der Organisation von zusätzlichen über<br />

den Hilfeplan def<strong>in</strong>ierten <strong>und</strong> vom Jugendamt f<strong>in</strong>anzierten<br />

Entlastungs- <strong>und</strong> Förderleistungen <strong>in</strong> speziellen Fällen.<br />

1.<br />

2.<br />

1.<br />

2.<br />

2.4 F<strong>in</strong>anzierung<br />

Für die jugendliche <strong>Mutter</strong> fallen die Kosten an wie sie <strong>in</strong><br />

der vorliegenden JuMeGa ® <strong>Konzeption</strong> aufgeführt s<strong>in</strong>d. Die<br />

F<strong>in</strong>anzierung der Maßnahme erfolgt <strong>in</strong> der Regel über §§ 35a,<br />

33 SGB VIII, 41, 35a, 33 SGB VIII.<br />

Die monatlichen Kosten der Maßnahme<br />

für die jugendliche <strong>Mutter</strong> umfassen:<br />

die Leistungen für die aufnehmende Gastfamilie<br />

(Gr<strong>und</strong>bedarfsatz <strong>und</strong> vierfacher Satz Kosten der Erziehung)<br />

die Personal- <strong>und</strong> Sachkostenpauschale für JuMeGa ®<br />

Die monatlichen Kosten der Maßnahme<br />

für das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> umfassen:<br />

Leistungen für die aufnehmende Gastfamilie im Rahmen<br />

von Vollzeitpflege<br />

Leistungen für den betreuenden Fachdienst JuMeGa ®<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>er Pauschale von 10 Fachleistungsst<strong>und</strong>en<br />

im Monat<br />

Obwohl <strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> nach der vorliegenden <strong>Konzeption</strong><br />

unter e<strong>in</strong>em Dach leben, ist die Unterbr<strong>in</strong>gung des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es<br />

wie e<strong>in</strong>e Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Familie zu verstehen,<br />

da die <strong>Mutter</strong> die Versorgung <strong>und</strong> Erziehung des<br />

<strong>K<strong>in</strong>d</strong>es gar nicht oder nur <strong>in</strong> Bruchteilen selbst wahrnehmen<br />

kann. Diese Sichtweise bestätigt e<strong>in</strong> Gutachten des Deutschen<br />

Vere<strong>in</strong>s 1 , <strong>in</strong> dem von e<strong>in</strong>em „funktionalen Familienbegriff“<br />

ausgegangen wird <strong>und</strong> demnach die Betreuung des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es<br />

<strong>in</strong> der Pflegefamilie <strong>in</strong> diesen Fällen als e<strong>in</strong>e Hilfe getrennt<br />

vom Elternhaus e<strong>in</strong>zustufen ist, bei dem das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

„neuen“ Familie lebt. Das bedeutet, dass das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> im Rahmen<br />

von Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) <strong>in</strong> der Gastfamilie lebt.<br />

1 Gutachten vom 12.02.2001 – G 85 / 2000, veröffentlicht <strong>in</strong> Heft 9 / 2001 N<br />

12<br />

13


3 Fazit<br />

Das entscheidend Neue dieses Angebotes ist, dass die jugendliche<br />

<strong>Mutter</strong> weder zu e<strong>in</strong>er Entscheidung für das <strong>K<strong>in</strong>d</strong>, noch<br />

gegen das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> zu e<strong>in</strong>em frühen Zeitpunkt gedrängt ist. Es können<br />

sich mit Ruhe die jeweils passenden Zukunftsperspektiven<br />

entwickeln. Zugleich ist das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> geschützt <strong>und</strong> erfährt möglichst<br />

von Geburt an emotionalen Halt <strong>und</strong> Fürsorge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

sicheren Entwicklungsmilieu.<br />

In den vergangenen Jahren hat der JuMeGa ® Fachdienst sieben<br />

jugendliche Mütter mit ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>in</strong> <strong>Gastfamilien</strong> begleitet.<br />

Diese Erfahrungen zeigen, dass es sich auch für sehr entwicklungsverzögerte<br />

Mütter <strong>und</strong> ihre <strong>K<strong>in</strong>d</strong>er lohnt, geme<strong>in</strong>same<br />

Entwicklungszeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em schützenden Rahmen zu bekommen.<br />

Vor allem zeigte es sich, dass die Mütter bed<strong>in</strong>gt durch diesen<br />

begleiteten emotionalen Erfahrungsraum deutliche Entwicklungsschritte<br />

machen <strong>und</strong> Verantwortlichkeit entwickeln können.<br />

Verantwortlichkeit <strong>in</strong> der Betreuung ihrer <strong>K<strong>in</strong>d</strong>er <strong>und</strong> auch<br />

bei der Entscheidung, sich vom <strong>K<strong>in</strong>d</strong> zu trennen.<br />

Fünf Mütter wurden während ihres Aufenthaltes <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gastfamilie<br />

schwanger. Vier von ihnen haben <strong>in</strong> dieser Gastfamilie<br />

geboren <strong>und</strong> dort mit ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong> gelebt. In e<strong>in</strong>em Fall musste<br />

die Gastfamilie gewechselt werden. Von diesen fünf <strong>Mutter</strong>-<br />

<strong>K<strong>in</strong>d</strong>-Betreuungen wird e<strong>in</strong>e noch von uns begleitet. Drei Mütter<br />

s<strong>in</strong>d mit ihren <strong>K<strong>in</strong>d</strong>ern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e weiterführende Jugendhilfemaßnahme<br />

gezogen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Mutter</strong> hat ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> als Pflegek<strong>in</strong>d<br />

bei der Gastfamilie gelassen.<br />

Zweimal wurden schwangere Mädchen, die wegen ihrer<br />

Schwangerschaft nicht <strong>in</strong> der bestehenden Jugendhilfemaßnahme<br />

bleiben konnten, <strong>in</strong> <strong>Gastfamilien</strong> aufgenommen. E<strong>in</strong>e<br />

davon hat ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> als Pflegek<strong>in</strong>d bei der Gastfamilie gelassen<br />

<strong>und</strong> die andere <strong>Mutter</strong> lebt mit ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong> noch <strong>in</strong> der Gastfamilie.<br />

Die folgenden zwei beispielhaften Fallverläufe können die Erfahrungen<br />

des JuMeGa ® Fachdienstes verdeutlichen <strong>und</strong> die<br />

Intention dieses speziellen Angebotes aufzeigen.<br />

Fallverlauf 1<br />

Sonja ist 15,4 Jahre alt, lebt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Heime<strong>in</strong>richtung, ist im<br />

7. Monat schwanger <strong>und</strong> will ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> unbed<strong>in</strong>gt behalten.<br />

Der Vater des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es muss e<strong>in</strong>e Haftstrafe absitzen.<br />

Sonja wird im 8. Monat ihrer Schwangerschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gastfamilie<br />

aufgenommen.<br />

<strong>Mutter</strong> <strong>und</strong> <strong>K<strong>in</strong>d</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Zeit vor der Geburt (Kaiserschnitt)<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong> den ersten zwei Monaten danach harmonisch<br />

<strong>und</strong> warm <strong>in</strong> den Familienablauf e<strong>in</strong>gebettet.<br />

Der Vater wird aus der Haftanstalt entlassen, Sonja geht<br />

wieder zur Schule, die Großmutter – ebenfalls <strong>in</strong>haftiert –<br />

hat durch Haftlockerung regelmäßig Kontakt zum Enkelk<strong>in</strong>d.<br />

Es folgen zwei Monate, <strong>in</strong> denen versucht wird, e<strong>in</strong>e Perspektive<br />

zu entwickeln. <strong>K<strong>in</strong>d</strong>svater <strong>und</strong> Großmutter machen<br />

deutlich, dass sie das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>in</strong> der eigenen Familie haben<br />

wollen <strong>und</strong> bee<strong>in</strong>flussen die knapp 16 jährige <strong>Mutter</strong> stark.<br />

Die <strong>Mutter</strong> verlässt die Gastfamilie <strong>und</strong> will ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> nicht<br />

bei sich haben.<br />

Während drei Monaten wird mit der Großmutter versucht<br />

e<strong>in</strong>e Rückführung der Enkel<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihren Haushalt zu organisieren.<br />

Die Familienverhältnisse verschlechtern sich, die<br />

Großmutter nimmt selber Abstand. Das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> bleibt als<br />

Pflegek<strong>in</strong>d bei der Gastfamilie <strong>und</strong> hat ke<strong>in</strong>e Brüche oder<br />

starke Verunsicherungen erleben müssen.<br />

Sonja hat sich <strong>in</strong> den nächsten drei Jahren stabilisiert. Sie<br />

hat <strong>in</strong>zwischen zwei weitere <strong>K<strong>in</strong>d</strong>er, für die sie angemessen<br />

sorgt.<br />

14<br />

15


Fallverlauf 2<br />

Jenny ist 15,2 Jahre alt <strong>und</strong> wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gastfamilie aufgenommen.<br />

Es stellt sich schnell heraus, dass Jenny schwanger<br />

ist.<br />

Jenny entscheidet sich, das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>in</strong> der Gastfamilie zu<br />

bekommen <strong>und</strong> von da aus auch die Schule zu beenden.<br />

Zwei Jahre kann Jenny <strong>in</strong> dieser Gastfamilie bleiben, sie<br />

sorgt für ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> <strong>in</strong> angemessenem Rahmen <strong>und</strong> meistert<br />

ihren Schulbesuch.<br />

Das schwierige Verhalten von Jenny führt zur Beendigung<br />

dieses <strong>Gastfamilien</strong>verhältnisses. Jenny zieht mit ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong><br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Gastfamilie.<br />

In dieser Familie lebt Jenny noch e<strong>in</strong>mal zwei Jahre zusammen<br />

mit ihrem <strong>K<strong>in</strong>d</strong>. Sie schließt die zweijährige Berufsfachschule<br />

mit der Mittleren Reife ab. Die Dreijährige ist e<strong>in</strong> gut<br />

entwickeltes <strong>und</strong> fröhliches <strong>K<strong>in</strong>d</strong>.<br />

Jenny geht zurück <strong>in</strong> ihre Herkunftsregion <strong>und</strong> dort <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

Betreutes Wohnen. Während der Zeit <strong>in</strong> der Gastfamilie<br />

wurde der Kontakt zum Großvater des <strong>K<strong>in</strong>d</strong>es gepflegt,<br />

der jetzt wieder <strong>in</strong> der Nähe wohnt. Jenny kann noch nicht<br />

ganz alle<strong>in</strong>e für ihr <strong>K<strong>in</strong>d</strong> sorgen, e<strong>in</strong> konsequenter Erziehungsstil<br />

ist schwierig <strong>und</strong> Jennys Nähe zum Alkohol macht<br />

Sorgen. Aber die Beiden haben e<strong>in</strong>e sehr liebevolle Beziehung<br />

<strong>und</strong> werden unterstützt durch den Großvater, den<br />

betreuten Rahmen des Wohnens <strong>und</strong> den <strong>K<strong>in</strong>d</strong>ergarten,<br />

den das <strong>K<strong>in</strong>d</strong> entsprechend se<strong>in</strong>es Alters jetzt besucht.

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