# Mit Erstsemester_innen Spezial # LiSAs - kritisches O ...
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TantePaul Uni-Geschichte 19<br />
derung Einhalt gebieten zu können, nahm<br />
die Bremer Wissenschaftsbehörde die Universität<br />
von nun an an die kurze Leine. Die<br />
Berufungspolitik veränderte sich, das Projektstudium<br />
wurde zurückgedrängt und<br />
von Vorlesungen und Seminaren ersetzt,<br />
Professor_<strong>innen</strong>, die sich weiterhin allzu<br />
kritisch äußerten, wurden Maulkörbe verpasst.<br />
Eine Universität - damit der Rubel rollt<br />
Während der 80er und 90er Jahre verschärfte<br />
sich die Haushaltslage des Landes<br />
Bremen immer weiter. Die an kapitalistische<br />
Interessen gebundene deutsche<br />
Finanz- und Steuerpolitik war in den Zeiten<br />
der wirtschaftlichen Flaute und der Wiedervereinigung<br />
nicht mehr bereit vergangene<br />
soziale und kulturelle Bildungsstandards<br />
zu finanzieren.<br />
An der Universität wurden verstärkt neue,<br />
technische Studiengänge eingerichtet, um<br />
Bremen mit Hilfe von gut ausgebildeten<br />
Fachkräften für die Ansiedlung von Unternehmen<br />
interessant zu machen (z.B.<br />
Produktionstechnik für Daimler-Chrysler).<br />
1986 begann man sogar mit dem Bau des<br />
„Technologiepark“, einer Ansammlung von<br />
Unternehmen, die von der Forschung der<br />
Universität nebenan profitieren sollten.<br />
Heute nennt sich die Universität „anerkannter<br />
Wissenschaftsstandort“,damit<br />
viele Unternehmen Geld in die Universität<br />
investieren, weil sie dadurch Einfluss auf<br />
Forschungsvorhaben, -ergebnisse und<br />
Lehrinhalte bekommen. An Geld mangelt<br />
es der Universität trotzdem weiterhin, jedes<br />
Jahr werden ihre finanziellen <strong>Mit</strong>tel<br />
erneut gekürzt. Sie soll statt dessen mehr<br />
„Drittmittel“ , von Unternehmen einwerben<br />
und von Studierenden Gebühren einnehmen.<br />
Das schafft Konkurrenz. Die Uni wird<br />
nur noch mit ökonomischem Interesse betrachtet:<br />
Dem der Wirtschaft, des Kapitals.<br />
Der Bologna-Prozess ordnet im Jahr 1999<br />
Bildung dem europäischen Ziel unter, bis<br />
2010 zum „wettbewerbsfähigsten und<br />
dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum“<br />
zu werden. Forscher_<strong>innen</strong><br />
der Bremer Universität arbeiten derweil<br />
an militärischen Aufklärungsdrohnen oder<br />
Fuchs-Panzern der Bundeswehr mit. Das<br />
ist gut für den Standort Bremen und den<br />
Standort Deutschland. Alles, was sich<br />
aus Sicht des Staates und der Wirtschaft<br />
finanziell nicht mehr rechnet, wird aufgegeben.<br />
So wurden seit dem WS 2005 das<br />
Ende der Studiengänge Sport und Behindertenpädagogik<br />
besiegelt und andere wie<br />
etwa die Chemie stark zusammengekürzt.<br />
Ein Wissenschaftsplan wird aufgestellt,<br />
der die Zukunft der Universität bis ins Jahr<br />
2010 beschreibt. Er wird bestimmt von<br />
dem „wachsenden Bedarf an hochqualifiziertem<br />
Nachwuchs auf dem Arbeitsmarkt<br />
[...] sowie den knapper werdenden Wissenschaftsbudgets.“<br />
Auf einen Professor kommen<br />
im Durchschnitt mittlerweile etwa<br />
70 Studierende. Die Meinungen, Wünsche<br />
und Interessen der Studierenden spielen<br />
derweil keine Rolle mehr. Aus ihrer Sicht<br />
„handelt es sich [...] um eine Geschichte der<br />
fortlaufenden Verschlechterung des studentischen<br />
Alltags an jeder erdenklichen<br />
Stelle.“ Heute haben sie nur noch zu funktionieren,<br />
müssen sich eigene Interessen<br />
abgewöhnen und sich statt dessen Konkurrenz<br />
und herrschaftskonforme Leistungsbereitschaft<br />
zu eigen machen.<br />
Im Jahr 2010 ist die Universität Bremen<br />
längst wieder dort angekommen, wo sie<br />
einmal aufgebrochen war, vieles zu verändern:<br />
In den herrschenden Verhältnissen<br />
von Kapital, Macht, Anpassung und Selektion.<br />
Hierzu befand im Moment der Universitätsgründung<br />
ihr erster Rektor: „Zur<br />
staatlichen Politik gehört der Kompromiss<br />
zwischen Interessen und Mächten unter<br />
Hintenanstellung der Frage nach Richtig<br />
oder Falsch, ein Pragmatismus, der in der<br />
Wissenschaft tödlich wäre. [...] Eine Wissenschaft<br />
dagegen, die sich öffentlichen<br />
Vorurteilen unterwerfen und Tarnung zum<br />
Prinzip erheben würde, gäbe sich selbst<br />
auf. Es kann deshalb kein konfliktfreies<br />
Verhältnis zwischen Regierung und Universität<br />
geben.“ Der amtierende Rektor im<br />
Jahr 2005 hingegen erhebt in diesem Sinne<br />
die wissenschaftliche Selbstbeschränkung<br />
zum Prinzip und appelliert an alle Universitätsmitglieder:<br />
„In Kooperation mit dem<br />
Land schaffen wir es.“<br />
Eine Universität - die sich selbst abschaffen<br />
will<br />
Im Frühjahr 2008 wurde der hoch umstrittene<br />
Hochschulentwicklungsplan HEP<br />
5 beschlossen und mit der Umsetzung<br />
begonnen - aufgrund massiven studentischen<br />
Protests immerhin mit mehr als<br />
zwei Jahren Verspätung. In dessen Rahmen<br />
soll die Universität um 25%, was etwa<br />
4000 Studienplätzen und 70 Porfessuren<br />
entspricht, verkleinert werden. Diese Kürzungen<br />
stellen den krassesten Einschnitt<br />
in der gesamten Unigeschichte dar. Die<br />
Einführung des B.A./M.A.- Systems in<br />
mittlerweile fast allen Studiengängen<br />
führte zudem zu einem verschulten, unkritischen<br />
und überlasteten Studium mit<br />
Anwesenheitspflicht. Im November 2009<br />
ließen daher zahlreiche Studierende an<br />
der Uni Bremen ihren Unmut über die aktuellen,<br />
untragbaren Studienbedingungen,<br />
sowie über die seit dem WS 09/10 abgeschaffte<br />
<strong>Mit</strong>tagspause aus, protestierten<br />
und besetzen mehrere Wochen zwei Seminarräume.<br />
Die finanziellen Bedingungen der Studis<br />
verschlechtern sich weiterhin, und anstatt<br />
Bafög-Erhöhungen, gibt es nun auch hier<br />
das erste „Deutschlandstipendium“, welches<br />
im Akademischen Senat Ende 2010<br />
wohlwollend abgenickt wurde. <strong>Mit</strong>tlerweile<br />
laufen die ersten Stipendiat_<strong>innen</strong> über<br />
den Campus, die 300€ dafür bekommen,<br />
dass sie zu den besten ihres Faches gehören;<br />
schließlich muss sich Leistung wieder<br />
lohnen! Dass sich so die Eliten selbst<br />
produzieren, da die „Leistungsstärksten“<br />
statistisch zu den finanziell besser Ausgestatten<br />
gehören, wird dabei nicht hinterfragt.<br />
Im Jahr 2011 feiert die Uni ihr 40. Jubiläum.<br />
Die Feierlichkeiten und die Selbstbeweihräucherung<br />
stehen dabei unter dem Motto<br />
„Auf dem Weg zu Exzellenz“. Nachdem sich<br />
die Uni von den oben beschriebenen „Kinderkrankheiten“<br />
der Gründungszeit erholen<br />
konnte, ist sie nun erwachsen geworden<br />
und darf nun oben mitmischen: Anfang des<br />
Jahres konnte sie sich mit 7 weiteren Konkurrent<strong>innen</strong><br />
gegen 22 Universitäten der<br />
BRD in der Exzellenzinitiative durchsetzen<br />
und ist eine Runde weiter. Im August legte<br />
die Uni dem DFG und Wissenschaftrat<br />
ihren Vollantrag „Zukunftskonzepte zum<br />
projektbezogenem Ausbau der universitären<br />
Spitzenforschung“ vor. Wir werden sehen<br />
wie sich die Uni Bremen in Konkurrenzkampf<br />
um die exzellenteste, d.h. Elitärste,<br />
Uni schlägt, und ob sie so zuzätzliches Geld<br />
für Spitzenforschung abgreifen kann.