# Mit Erstsemester_innen Spezial # LiSAs - kritisches O ...
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TantePaul Geschichte der Uni Bremen 17<br />
cher Ansprüche an die neue Universität<br />
wie<br />
* die rationale, effektive und sich ihrer<br />
gesellschaftlichen Funktion bewusste<br />
Organisation von Forschung und<br />
Lehre<br />
* die Sicherung einer gesellschaftswissenschaftlichen<br />
Fundierung und einer<br />
gesellschaftskritischen Orientierung<br />
von Forschung und Lehre<br />
* die Modernisierung des Studiums und<br />
des Prüfungswesens<br />
3. Die Transparenz des Universitätslebens<br />
für alle Beteiligten und für die Öffentlichkeit<br />
4. Die Stellung der Universität in der Gesellschaft<br />
als Stätte kritischer Bewusstseinsbildung<br />
gegenüber gesellschaftlichen,<br />
politischen und ökonomischen<br />
Prozessen, als Stätte wechselseitiger<br />
Beeinflussung aller gesellschaftlichen<br />
Gruppen, als Zentrum geistiger Ausstrahlung<br />
auf alle Bildungsbemühungen.<br />
Im universitären Alltag sollte dies die „konsequente<br />
Ausrichtung der Wissenschaft<br />
und Bildung auf die Bedürfnisse einer de-<br />
Universität als Ort kritischer<br />
Wissenschaft [...] gerät<br />
unausweichlich in Konflikt<br />
mit gesellschaftspolitischen<br />
Kräften<br />
mokratischen und sozialen Gesellschaft“,<br />
welche „die Interessen der großen Mehrheit<br />
der Bevölkerung aufnimmt“ bedeuten. Die<br />
Studierenden sollten mittels praktischem<br />
und gesellschaftswissenschaftlichem<br />
Bezug gesellschaftliche Verantwortung<br />
und Selbstständigkeit entwickeln. Gelernt<br />
werden sollte nur noch in Kleingruppen<br />
und anhand von Fallbeispielen, um so das<br />
Studium von Unnützem zu entlasten und<br />
zu straffen. Prüfungen, die eh nur mit Hilfe<br />
von Angst Herrschaftsverhältnisse zementieren,<br />
sollten, um der sozialen Selektion<br />
vorzubeugen, verwissenschaftlicht und<br />
Schritt für Schritt zu studienbegleitenden<br />
Leistungskontrollen umgestaltet werden.<br />
Der gesamte Wissenschaftsbetrieb sollte<br />
gleichberechtigt und demokratisch organisiert<br />
werden, um so die alleinige Vorherrschaft<br />
der Professor_<strong>innen</strong> wie an den<br />
alten Ordinarien-Universitäten zu durchbrechen.<br />
Die Studierenden sollten zu Partnern<br />
der Professor_<strong>innen</strong> werden.<br />
Eine Universität - als politischer Kristallisationspunkt<br />
Auf dem Höhepunkt der Student_<strong>innen</strong>bewegung,<br />
deren Ziele das „Bremer Modell“<br />
beeinflussten, wurde im Jahr 1968<br />
die Durchführung der konkreten Planung<br />
und Gründung der Bremer Universität in<br />
die Hände eines Gründungssenats gelegt,<br />
der aus Professor_<strong>innen</strong>, Assistent_<strong>innen</strong><br />
(akademischen <strong>Mit</strong>arbeiter_<strong>innen</strong>) und<br />
Studierenden anderer deutscher Universitäten<br />
bestand. Dass diese Aufgabe nicht<br />
von einer Behörde, sondern von Universitätsmitgliedern<br />
und zwar aus allen Statusgruppen<br />
selbst übernommen werden sollte,<br />
war neu und stellte den Versuch dar, „die<br />
universitären Spannungen“ also die unterschiedlichen<br />
Interessen von Professor_<strong>innen</strong>,<br />
<strong>Mit</strong>arbeiter_<strong>innen</strong> und Studierenden<br />
- „schon während der Gründungsphase der<br />
Universität demokratisch auszutragen.“<br />
Unter Einbeziehung der Öffentlichkeit konkretisierte<br />
sich nun die Universität. Die<br />
konservative Presse und insbesondere<br />
der Springer-Verlag verbreiteten das Klischee<br />
der „roten Kaderschmiede“, bevor<br />
der Lehrbetrieb überhaupt aufgenommen<br />
wurde. Aber auch die Bremer CDU und<br />
FDP schreckten zunehmend vor der konkreten<br />
Umsetzung dessen zurück, was sie<br />
als abstrakte Zielvorgabe noch selbst mit<br />
beschlossen hatten. Als die Universität<br />
Bremen zwei Jahre früher als geplant im<br />
Herbst 1971 eröffnet wurde, konterte der<br />
Gründungsrektor „Diese heftige konservative<br />
Opposition gegen die Bremer Universität<br />
war zu erwarten.“ Sie „hat die Aufgabe,<br />
uns vorbeugend einzuschüchtern [...]<br />
Universität als Ort kritischer Wissenschaft<br />
[...] gerät unausweichlich in Konflikt mit gesellschaftspolitischen<br />
Kräften“. Kräfte, „die<br />
mit Händen und Füßen dagegen kämpfen,<br />
daß eine kritische Einstellung der Bürger<br />
alltägliche Realität wird, weil sie fürchten,<br />
dass ihre Interessen und ihre Macht einem<br />
geschärften Blick wohlinformierter Bürger<br />
nicht standhält [...].“<br />
Eine Universität - in den Anfängen<br />
Eigentlich hätte der Lehrbetrieb erst im<br />
Herbst 1973 beg<strong>innen</strong> sollen. Bremen entschloss<br />
sich jedoch, einem Wunsch des<br />
Bundes folgend, zu einem Schnellbauprogramm,<br />
Finanzspritze inklusive, da der<br />
„Fachkräftemangel“ immer größer wurde.<br />
So nahmen im Wintersemester 1971/72 57<br />
Hochschullehrer_<strong>innen</strong> und 450 Studieren-<br />
de den Lehrbetrieb im GW1 und NW1 auf.<br />
Langfristig sollte ein Verhältnis von 10 Studierenden<br />
auf eine_n Hochschullehrer_in<br />
gehalten werden.<br />
Die eigentlichen Gebäude der Universität<br />
konnten erst nach und nach und bei weitem<br />
nicht den ursprünglichen Planungen<br />
entsprechend gebaut werden. Die Universität<br />
hatte ihren Platz am Stadtrand zwischen<br />
Park und Autobahn gefunden. Dies<br />
folgte der Überlegung, dass ein Standort<br />
innerhalb der Stadt auf Grund der räumlichen<br />
Enge keine langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten<br />
zu ließe.<br />
Gleichzeitig sollte aber die Stadt selbst um<br />
die neue Universität herum wachsen und<br />
sie so zum Zentrum eines neuen Stadtteils<br />
machen. Die Anlage eines Campus war<br />
zentraler Bestandteil der Universitätskonzeption.<br />
Im Zentrum die Universitätsbibliothek,<br />
im Außenbereich Sportplätze, sollte<br />
er der gemeinsame Lebensmittelpunkt aller<br />
Universitätsmitglieder sein. Etwa 2000<br />
Studierende sollten in Wohnheimen mit je<br />
80-120 Personen direkt auf dem Campus<br />
wohnen. Jedes Wohnheim sollte zudem<br />
eine Wohnung für eine_n Professor_in mit<br />
seiner_ihrer Familie umfassen.<br />
Über viele Jahre sorgfältig geplant und vorbereitet,<br />
lief der neue Alltagsbetrieb der<br />
Universität ab, wie an keiner Universität<br />
zuvor. Herkömmliche Lehrveranstaltungen,<br />
Vorlesungen und Seminare gab es<br />
Kräfte, „die mit Händen und<br />
Füßen dagegen kämpfen,<br />
daß eine kritische Einstellung<br />
der Bürger alltägliche<br />
Realität wird, weil sie<br />
fürchten, dass ihre Interessen<br />
und ihre Macht einem<br />
geschärften Blick wohlinformierter<br />
Bürger nicht standhält<br />
nicht, sondern ausschließlich Kleingruppenarbeit<br />
in Form von Projekten, deren<br />
Inhalte - wie das gesamte Studium - von<br />
Hochschullehrer_<strong>innen</strong> aus verschiedenen<br />
Studiengängen und auch den Studierenden<br />
selbst zusammengestellt wurden. Die<br />
Projektarbeit machte große Vorlesungsräume<br />
überflüssig. Statt dessen wurden<br />
die Innenwände der universitären Gebäu-