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Portfolioarbeit vielfältige Beratungsszenarien angeboten, Vorworte und Nachworte geschrieben sowie<br />

‚Spielregeln’ eingeführt. So gilt z.B. die Regel, jedes ‚Dokument’ mit einer Notiz zu versehen, aus der entweder<br />

hervorgeht, welchen Beitrag das ‚Dokument’ zur Lösung des Problems bzw. zum inhaltlichen Lernfortschritt<br />

leistet oder was es über das eigene Lernen bzw. die Lernbedingungen zeigt. Das eigene Lern- und<br />

Arbeitsverhalten sowie die Lernergebnisse werden so immer wieder kriterienbezogen reflektiert. Ziel- oder<br />

Interessenänderungen, aber auch Irr- und Umwege im Lernprozess werden in Portfolios nachvollziehbar und<br />

geben dem eigenen Lern- und Erkenntnisprozess gegebenenfalls eine neue Richtung. Entsprechende<br />

aussagekräftige Notizen, Dokumente und Unterlagen werden im Portfolio gesammelt. Die abschließende<br />

Selbstbeurteilung bzw. Selbsteinschätzung der Qualität der eigenen Arbeit erfolgt an Hand von Kriterien, die<br />

allen am Lehr-Lern-Prozess Beteiligten bekannt sind (Transparenz). Dem partizipativen Anspruch des<br />

Portfolioansatzes entsprechend müssen die Lernenden an der Erstellung der Beurteilungskriterien beteiligt<br />

werden (vgl. Paulson et al. 1991). Die gemeinsame Erstellung solcher Beurteilungsraster fördert eine<br />

Kommunikation zwischen Schüler/innen und ihren Lehrpersonen, bei der die Standards, die in der jeweiligen<br />

Lerngruppe und dem jeweiligen Fach eingehalten werden sollen, gemeinsam festgelegt und geklärt werden (vgl.<br />

Dumke & Häcker 2003). Diese geben dem eigenen Lernen Orientierung und sind daher von großer Bedeutung<br />

für das selbstgesteuerte Lernen.<br />

Reflexionen dürfen sich dabei allerdings nicht ausschließlich auf die operativen Aspekte des Lernens<br />

beschränken. In ihrer Einseitigkeit laufen solche Reflexionen Gefahr, die Frage der Qualität von Lernergebnissen<br />

indivi<strong>du</strong>alistisch zu verkürzen: Sie blenden die <strong>ko</strong>nkreten situativ-institutionellen Lernbedingungen aus und<br />

betreiben damit einseitig die Perfektionierung indivi<strong>du</strong>ellen Lernhandelns. Weil die Qualität von<br />

Lernergebnissen aber in einem <strong>ko</strong>mplexen Zusammenspiel zwischen der Qualität des Angebots und der Qualität<br />

seiner Nutzung entsteht (vgl. Fend 1981; Helmke 2004), führt die Ausblen<strong>du</strong>ng der situativen Lernbedingungen<br />

bei der Beurteilung der Qualität von Lernergebnissen in der Konsequenz zu einer Ausblen<strong>du</strong>ng der Frage der<br />

Qualität des Lernangebotes. Der <strong>ko</strong>nstitutive Beitrag des didaktischen Handelns der Lehrenden zur Qualität der<br />

Lernergebnisse der Lernenden gerät dabei leicht aus dem Blick. Die Ausblen<strong>du</strong>ng des Beitrages des<br />

Lehrhandelns zur Qualität der Lernergebnisse begünstigt „personalisierende Tendenzen“ d. h. das<br />

Hineinverlegen von Ursachen für Verhalten, Defizite und Störungen ‚in’ die Person des Lernenden. Mit dieser<br />

sehr nahe liegenden Zuschreibung (vgl. Häcker, Eysel & Bergmann, 2006), wird dem Indivi<strong>du</strong>um die alleinige<br />

Verantwortung für sein (Lern-)Handeln auferlegt; es wird ihm nicht vermittelt, dass dieses (Lern-) Handeln<br />

immer mit den Gegebenheiten einer didaktisch arrangierten Situation verbunden ist. Damit droht es auf Seiten<br />

der Lernenden nicht nur zu einer Verschleierung ihrer Lernbedingungen zu <strong>ko</strong>mmen, sondern ihnen wird<br />

zugleich die indivi<strong>du</strong>elle Abarbeitung struktureller Widersprüche aufgebürdet: Die Lernenden werden für Erfolg<br />

bzw. für Misserfolge indivi<strong>du</strong>ell ‚haftbar’ gemacht, Erfolg und Misserfolg werden so ideologisch pro<strong>du</strong>ziert. In<br />

schulischen Lehr-Lern-Kontexten wird - um <strong>ko</strong>nkret zu werden - bei der Beurteilung von Lernergebnissen in der<br />

Regel nicht gefragt, ob die Lernenden Gelegenheit hatten, herauszufinden, wie sie am besten lernen, ob sie bei<br />

ihrem Lernen angemessen unterstützt wurden, ob sie in ihrem eigenen Tempo lernen <strong>ko</strong>nnten, ob sie Lernort, -<br />

zeitpunkt und die -partner wählen <strong>ko</strong>nnten usw.. Im schulischen Alltag <strong>ko</strong>mmt es in der Regel nicht zu einer<br />

gemeinsamen Einschätzung der Qualität der Lernergebnisse unter Berücksichtigung der Lernbedingungen.<br />

Der mögliche Sinn von Reflexion über den eigenen Lernprozess und seine Resultate, nämlich eine<br />

Lernprozesseinschätzung vorzunehmen und die für ein besseres Lernen gegebenenfalls notwendigen<br />

Veränderungen gemeinsam vorzunehmen oder einzufordern, wird <strong>du</strong>rch die Ausblen<strong>du</strong>ng der situativinstitutionellen<br />

Lernbedingungen unterlaufen. Wo die Reflexion des eigenen Lernprozesses in der Portfolioarbeit<br />

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