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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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98<br />

2. Kapitel<br />

rie des Bewußtseins. 140 Wenn nämlich die metarepräsentierende Funktion<br />

auf dem subsymbolischem Niveau eines Systems operiert etwa, indem die<br />

Aktivierungsvektoren einiger innerer Schichten eines neuronalen Netzes<br />

durch die Aktivierungsvektoren anderer Schichten abgebildet werden<br />

dann wäre die diesen Prozess beschreibende Theorie des Bewußtseins eine<br />

mikrokognitive oder mikrofunktionalistische. 141 Eine solche Theorie des<br />

Bewußtseins hätte sich somit an der Feinstruktur eines Netzwerkes zu<br />

orientieren, sie würde Bewußtsein als nicht regelgeleitete Darstellung einer<br />

Menge von Subsymbolen durch eine andere Menge von Subsymbolen inner<br />

halb eines Parallelsystems erklären. Da das Gehirn ein massiv parallel<br />

arbeitendes selbstorganisierendes System ist, liegen solche Vermutungen<br />

nahe. Bewußtsein muß nicht auf deklarativem Meta Wissen eines Systems<br />

über seine eigenen inneren Zustände oder auf assertorischen „Higher Or<br />

der Thoughts“ à la Rosenthal beruhen. Wenn Bewußtsein überhaupt als<br />

eine höherstufige, rekursive Form von biologischer Informationsverarbei<br />

tung erklärt werden kann, dann ließen sich bereits jetzt aus der Theorie<br />

konnektionistischer Systeme theoretische Modelle entwickeln, die zeigen,<br />

wie Metarepräsentation ohne diskrete interne Symbole oder propositiona<br />

les inneres Wissen realisiert werden könnte. Die neue psychologische Ei<br />

genschaft der „Bewußtheit“ würde in solchen Systemen nicht die Einheit<br />

lichkeit des internen Darstellungsraums „von oben“ stiften. Vielmehr<br />

würde diese umgekehrt einfach dadurch entstehen, daß ein komplexes,<br />

nicht lineares physikalisches System sich bei jedem gegebenen Input wie<br />

derinseinenenergieärmstenZustandzurelaxierenversucht<strong>und</strong>dabei<br />

durch Eigenschaftsbindung eine Objektbildung auf höchster Stufe vor<br />

nimmt das heißt: ein einheitliches Weltmodell erzeugt. Damit gibt es<br />

das ist jenseits aller technischen Details die philosophisch interessante<br />

Einsicht die Möglichkeit eines Mittelwegs zwischen platten Reduktionis<br />

men, diffusen Emergenztheorien des Bewußtseins <strong>und</strong> klassisch kognitivi<br />

stischen bzw. sententialistischen Erklärungsstrategien. Dieser Mittelweg<br />

heißt subsymbolische Meta Repräsentation.<br />

Diese Erklärungsstrategie ist das Mittel der Wahl für jede repräsentiona<br />

listische Rekonstruktion von Bewußtsein als einer inneren Erfahrung <strong>und</strong><br />

als Denkfigur ist sie natürlich keineswegs neu. 142 Darum kann man sich<br />

140 Vgl. Baars 1988.<br />

141 Vgl. Clark 1987: 34. Eine mikrofunktionalistische Theorie könnte in solchen Fällen, in<br />

denen ein System überhaupt keinen globalen Output mehr erzeugt, die einzige Möglichkeit<br />

sein, ihm noch sinnvollerweise eine psychische Eigenschaft wie „Bewußtheit“ zuzuschreiben.<br />

Beim Menschen ist eine solche Situation (in der behaviorale Zuschreibungskriterien keine<br />

Anwendung mehr finden können) zum Beispiel beim „Totalen Locked In Syndrom“ (TLIS)<br />

gegeben, das nach schweren Läsionen im Bereich der Pons <strong>und</strong> ⁄ oder des Mesenzephalons<br />

auftreten kann. Zur Substitution behavioraler durch neuropsychologische Zuschreibungskri<br />

terien in solchen Situationen vgl. Kurthen 1990: 70ff.<br />

142 Bezüglich der in den verschiedensten Varianten auch heute immer wieder auftauchen<br />

den Akt Objekt Äquivokation von „Repräsentation“ bzw. „Idee“ gab es bereits vor der klassi<br />

schen deutschen <strong>Subjekt</strong>philosophie eine philosophische Kontroverse zwischen Arnauld <strong>und</strong><br />

Malebranche (vgl. Scheerer 1990b: 19ff), in deren Verlauf Arnauld interessanterweise

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