Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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96<br />
2. Kapitel<br />
sichtig sein. Die Mikro Ereignisse, von denen wir nicht verstehen, wie sie<br />
Gr<strong>und</strong>lage phänomenalen Bewußtseins sein können <strong>und</strong> über die wir mehr<br />
<strong>und</strong> mehr erfahren, werden ausschließlich aus der („Dritte Person“ )Per<br />
spektive der Neurowissenschaftler untersucht <strong>und</strong> erklärt. Sie gehören we<br />
der zu unserer mesokosmischen Lebenswelt, noch sind sie introspizier<br />
bar. 137 Was wir ihnen manchmal vorschnell nach der Mikro Makro Analo<br />
gie 138 als subjektive Erlebnisinhalte zuordnen, sind nicht Gegenstände<br />
derselben Erkenntnismethode, sondern Resultate der Anwendung des bis<br />
dato wissenschaftlich noch unverstandenen Prozesses der mentalen Reprä<br />
sentation auf sich selbst. Ob Introspektion qua mentale Metarepräsentation<br />
überhaupt sinnvollerweise als ein Erkenntnisinstrument gelten kann, das<br />
zur Konkurrenz oder zum Vergleich mit dem Erkenntnisinstrument „Wis<br />
senschaft“ in der Lage ist, scheint zudem äußerst fraglich. 139<br />
Dieser kurze Gang durch den Garten gegenwärtiger Bewußtseinstheorien<br />
zeigt, daß man das Explanandum („phänomenales Bewußtsein“) auf vielen<br />
137 Vgl. jedoch Churchland 1985b.<br />
138 Die Mikro Makro Intuition ist auch eines der entscheidenden philosophischen Motive,<br />
die zur Entwicklung der Supervenienz These geführt haben. Wenn wir physikalische Objekte<br />
mittlerer Größenordnung betrachten, nehmen wir an ihnen makroskopische Eigenschaften<br />
wir Solidität, Farbe oder Form wahr. Diese Makro Eigenschaften sind nicht durch universell<br />
gültige nomologische Korrelationen mit den ihnen zugr<strong>und</strong>eliegenden mikroskopischen Ei<br />
genschaften verknüpft. Da es keine bikonditionalen Verknüpfungen in Gestalt von „Brücken<br />
gesetzen“ universeller Gültigkeit gibt (die Festigkeit <strong>und</strong> Farbe eines Tisches können aus ganz<br />
verschiedenen Materialien resultieren), kann man Makro Eigenschaften nicht auf Mikro Ei<br />
genschaften reduzieren oder in Begriffen der tieferliegenden Beschreibungsebene definieren.<br />
Makro Eigenschaften erfordern eine eigene Beschreibungsebene <strong>und</strong> diese ist nomologisch<br />
inkommensurabel mit der „unter“ ihr liegenden molekularen oder atomaren oder quantenme<br />
chanischen Beschreibungsebene. Trotzdem glaubt niemand, daß Tische in irgendeinem meta<br />
physisch ontologischen Sinne eigenständige Entitäten einer anderen Ebene sind. Und schließ<br />
lich glauben wir, daß die Makro Eigenschaften von Tischen durch ihre Mikro Eigenschaften<br />
determiniert sind obwohl kausale Erklärungen (die strikte Gesetze instantiieren, vgl. Da<br />
vidson 1981) nun nicht mehr möglich sind. Viele Philosophen haben deshalb geglaubt, daß<br />
man eine Art minimalen Materialismus formulieren kann, der die eben geschilderte Intuition<br />
auf den Bereich psychophysischer Korrelationen überträgt. <strong>Subjekt</strong>ivität ist jedoch mehr als<br />
ein von unten determiniertes Makro Phänomen: <strong>Subjekt</strong>ivität als das Auftreten perspekti<br />
visch organisierter Repräsentationsräume in Biosystemen bringt eine neue Qualität mit sich,<br />
die alle Beispiele, aus denen sich die Mikro Makro Intuition speist (Tische, Wasserwellen,<br />
Regenbögen), nicht besitzen nämlich Innerlichkeit. Bezüglich des mit Blick auf diese<br />
Problematik <strong>und</strong> psychologische Eigenschaften entwickelten Erklärungstyps der Instantiie<br />
rungs Erklärung vgl. Cummins 1983, Eimer 1990. Eine gute Erläuterung des Begriffs „Super<br />
venienz“ in deutscher Sprache bietet Stoecker 1992.<br />
139 Wie bereits angedeutet liegt dies daran, daß externe, öffentliche Repräsentate in propo<br />
sitionalem Format (wissenschaftliche Theorien) einen völlig anderen Typus von Wissen in<br />
stantiieren als mentale Meta Repräsentate (Inhalte von Introspektion; vgl. hierzu Abschnitt<br />
2.2.1). In jedem Falle haben die mechanistische Theorien des Mentalen erzeugenden scientific<br />
communities eines mit den biologischen Gehirnen der einzelnen Wissenschaftler gemein: Sie<br />
sind auf Teile der Welt gerichtete Repräsentationssysteme. Daß die von ihnen generierten<br />
Repräsentate nur dann miteinander in Kontakt gebracht werden können, wenn es sich<br />
um propositionale handelt, darf uns nicht verw<strong>und</strong>ern. Vgl. auch Churchland 1989,<br />
Teil II.