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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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92<br />

2. Kapitel<br />

My hypothesis is this: deficits in phenomenal consciousness as well as certain<br />

functional deficits occur if the rate of assembly formation falls below a critical<br />

threshold level. Whenever this level is surpassed, phenomenal states must<br />

necessarily occur. A critical production rate of neural assemblies is the neces<br />

sary and sufficient condition for the existence of phenomenal states. Awareness<br />

is the result of the system’s capacity to actively generate representations and<br />

metarepresentations. 119<br />

Die Flohrsche Hypothese ist ein gutes Beispiel für Versuche von Neurowis<br />

senschaftlern, das psychische Globalphänomen „Bewußtsein“ einzukreisen<br />

<strong>und</strong> seine notwendigen <strong>und</strong> hinreichenden biologischen Bedingungen im<br />

mer genauer zu formulieren. Von Interesse für eine Theorie des Menschen<br />

als eines bewußten Wesens sind auch neuere Überlegungen zu der Hypothe<br />

se, daß eine Phasengleichheit neuronaler Oszillationen das neurobiolo<br />

gisch funktionale Substrat dessen sein könnte, was wir auf der repräsenta<br />

tionalen Ebene als Eigenschaftsbindung bezeichnen <strong>und</strong> auf der phänome<br />

nalen Ebene als den Holismus unseres Bewußtseinsraums <strong>und</strong> einzelner<br />

seiner Elemente erleben. 120 Wenn solche Projekte einmal erfolgreich sein<br />

sollten, werden wir über empirisch f<strong>und</strong>ierte Zuschreibungskriterien für<br />

das Prädikat „bewußt“ beim Menschen verfügen. Dagegen scheint das<br />

philosophische Projekt einer generellen Theorie des Geistes zu verlangen,<br />

daß wir „Bewußtsein“ als eine mentale Universalie rekonstruieren: 121 Was<br />

ist es, das Bewußtsein bei allen möglichen Systemen, die die entsprechen<br />

den Zustände instantiieren können, zu Bewußtsein macht? Denn als Philo<br />

sophen wollen wir ja gerade wissen, wie eine möglichst umfassende, d. h.<br />

spezies <strong>und</strong> hardware unabhängige Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität aussehen<br />

müßte. 122<br />

Viele Funktionalisten haben deshalb versucht, abstraktere Eigenschaften<br />

informationsverarbeitender Systeme zur Definition von „Bewußtsein“ ein<br />

zusetzen. Ein solches Unternehmen kommt dem alten philosophischen Ziel<br />

einer Hardware <strong>und</strong> speziesunabhängigen universellen Psychologie näher,<br />

läuft aber ständig Gefahr, zu liberal bei der Entwicklung von Zuschrei<br />

119 Vgl. Flohr 1991: 255; dazu auch Flohr 1992: 54.<br />

120 Einen interessanten Versuch in dieser Richtung stellt zum Beispiel die Prototheorie von<br />

FrancisCrick<strong>und</strong>ChristofKochdar,vgl.Crick⁄Koch1990 a,b sowie Crick 1984. Diese<br />

Ansätze gehen über die quantitative Hypothese von Flohr hinaus, die ich hier als Beispiel<br />

gewählt habe, weil sie einen spezifischen Mechanismus der Eigenschaftsbindung durch tempo<br />

rale Kodierung im Auge haben. Vgl. dazu etwa Barinaga 1990, Engel et al. 1991a, b, c, 1992a,<br />

b, c, Gray et al. 1989, Kreiter ⁄ Singer 1992, Singer 1989, 1990, 1993, (im Druck) <strong>und</strong> Fußnote<br />

159. Siehe auch <strong>Metzinger</strong> 1995 b.<br />

121 Es könnte eben dieses Projekt sein, daß im Verlauf einer Naturalisierung des psycholo<br />

gischen <strong>Subjekt</strong>begriffs letztlich aufgegeben werden muß weil der Begriff des Bewußtseins<br />

im Verlauf seiner semantischen Anreicherung durch die empirischen Wissenschaften auf<br />

immer „tiefere“ Beschreibungsebenen abwandert <strong>und</strong> dadurch seine Universalität verliert.<br />

122 Eine naturalistische Theorie des <strong>Subjekt</strong>s muß deshalb keine biologische Theorie sein:<br />

Wenn <strong>Subjekt</strong>ivität ein repräsentationales Phänomen ist, dann können auch nicht biologische<br />

(z. B. postbiotische) Systeme unter Ausnutzung physikalischer Gesetzmäßigkeiten psychologi<br />

sche <strong>Subjekt</strong>e erzeugen. Vgl. etwa Langton 1989.

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