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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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90<br />

2. Kapitel<br />

Aus empirischer Perspektive 113 mag sie als eine teilweise starken Schwan<br />

kungen unterworfene, umfassende Hintergr<strong>und</strong>variable erscheinen. In<br />

theoretischer Hinsicht taucht sie auf allen Ebenen der Analyse erneut in<br />

Form einer modalen Intuition auf, die Peter Bieri einmal als die „tibetani<br />

sche Gebetsmühlenfrage“ bezeichnet hat. Welches mentale Phänomen<br />

auch immer einer physikalistischen oder funktionalistischen Analyse un<br />

terzogen wird, am Ende aller theoretischen Bemühungen taucht wieder die<br />

unvermeidliche, oben bereits angesprochene Frage auf: „Aberwärealldies<br />

nicht auch ohne Bewußtsein möglich?“<br />

Es hat in der neueren Diskussion viele Versuche gegeben, das mysteriöse<br />

Phänomen einzukreisen. Dabei ist auf vielen Beschreibungsebenen von<br />

den physikalischen Eigenschaften des Gehirns bis hinauf zu seiner reprä<br />

sentationalen Aktivität nach hinreichenden <strong>und</strong> notwendigen Bedingun<br />

gen für die Zuschreibung des Prädikats „bewußt“ gesucht worden. Lassen<br />

Sie uns zunächst einen kurzen Blick auf drei Versuche von Hirnforschern<br />

werfen, die rätselhafte „Feldqualität“ auf der neurobiologischen Beschrei<br />

bungsebene dingfest zu machen. Das Ziel einer harten operationalistischen<br />

Strategie ist es zum Beispiel gewesen, den Begriff des „bewußten Zustands“<br />

relativ zu genau spezifizierten Arten von Experimenten zu definieren<br />

(durch den schönen Ausdruck α (D e E + p )6 ), indem man verlangt, daß die Ver<br />

suchsperson sich „einer Eigenschaft gewahr ist <strong>und</strong> daß sie sich gewahr sein<br />

von sich nicht gewahr sein mentalistisch unterscheiden kann.“ 114 Den Versu<br />

chen von Neurowissenschaftlern, aufgr<strong>und</strong> empirischer Erkenntnisse zu<br />

einer genaueren Begriffsbestimmung zu kommen, ist gemeinsam, daß sie<br />

eine starke pragmatische Komponente aufweisen. Ernst Pöppel hat in Zu<br />

sammenhang mit Untersuchungen zur zeitlichen Quantelung der Infoma<br />

tionsverarbeitung im Gehirn eine Definition des Zustands „bewußt“ vorge<br />

schlagen, die sich aus neuropsychologischen Erkenntnissen bezüglich des<br />

„subjektiven Gegenwartsfensters“ ergeben. Dieses Gegenwartsfenster wird<br />

vom menschlichen Gehirn geöffnet, indem es eine Vielzahl von Operatio<br />

nen zu maximal drei Sek<strong>und</strong>en andauernden phänomenalen Wahrneh<br />

mungsgestalten integriert. Pöppel sagt:<br />

Faßt man die Bef<strong>und</strong>e über die Klassifikation psychischer Phänomene <strong>und</strong> die<br />

Beobachtungen über zeitliche Integration zusammen, bietet sich eine pragmati<br />

sche Definition des Zustands „bewußt“ an; es läßt sich sagen: “Bewußt“ ist<br />

jener Zustand, bei dem für jeweils wenige Sek<strong>und</strong>en aufgr<strong>und</strong> eines integrati<br />

ven Mechanismus des Gehirns „Mentales“ repräsentiert ist, d. h. im Fokus der<br />

Aufmerksamkeit steht. 115<br />

113 Einen ausgezeichneten Überblick über den Status von „Bewußtsein“ in der gegenwärti<br />

gen philosophisch wissenschaftlichen Theorienbildung gibt der Sammelband von Marcel ⁄<br />

Bisiach 1988. Vgl. auch Globus⁄ Maxwell 1976. Siehe auch <strong>Metzinger</strong> 1995 a.<br />

114 Dies ist nur der Gr<strong>und</strong>gedanke. Die genaue Definition findet sich in Werth 1983:<br />

119.<br />

115 Vgl. Pöppel 1989: 30; dazu auch Pöppel 1985.

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