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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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88<br />

2. Kapitel<br />

kens sein: „Aber alles, was Du so beschreibst, kann es auch ohne Bewußtsein<br />

geben. Wir könnten ein künstliches System so programmieren, daß es die<br />

entsprechende innere Konfiguration aufweist <strong>und</strong> trotzdem gäbe es keinen<br />

Gr<strong>und</strong>, anzunehmen, daß dieses System Bewußtsein instantiiert!“ Typi<br />

scherweise wird mit solchen Einwänden kein genauer Bewußtseinsbegriff<br />

mitgeliefert, aus dem hervorginge, worin genau die a priori Irreduzibilität<br />

des fraglichen psychischen Phänomens bestehen könnte.<br />

Seriöse Theoretiker werden sich zumeist auf eine gemeinsame Diagnose<br />

als F<strong>und</strong>ament für eine fruchtbare Diskussion einigen können: Das Expla<br />

nandum ist nicht klar. Wir haben noch nicht verstanden, auf welche Eigen<br />

schaft(en) mentaler Repräsentate wir uns beziehen, wenn wir über ihre<br />

Bewußtheit sprechen. 108 Das primäre philosophische Problem resultiert<br />

aber klarerweise aus der Homogenität 109 phänomenalen Bewußtseins: Wie<br />

kann eine Theorie mentaler Repräsentation die einheitliche <strong>und</strong> bruchlose<br />

Natur des subjektiven Erlebnisraums verständlich machen? Wie ist es mög<br />

lich, daß aus den verschiedenen vom menschlichen Gehirn benutzten Re<br />

präsentatformaten ein nicht fragmentiertes Bewußtsein entsteht, dessen<br />

Inhalt unter den Standardbedingungen des Wachzustandes ein phänome<br />

nales Ich in einer Welt ist?<br />

Interessanterweise ist Homogenität auch eine der zentralen phänomeno<br />

logischen Eigenschaften von Qualia, die diese als primitive <strong>und</strong> absolut<br />

analyseresistente Elemente des Mentalen erscheinen lassen: Jeder Teil eines<br />

roten Objekts ist auch rot, jedes Zeitsegment einer inneren Episode vom<br />

Typ „süßes Geschmackserlebnis“ zeichnet sich durch dieselbe sprachlich<br />

nur sehr schwer kommunizierbare Charakteristik aus. Homogenität ist ei<br />

nes der stärksten Kennzeichen des nicht relationalen Aspekts von <strong>Subjekt</strong>i<br />

vität, weil sie das wohl wesentlichste Merkmal des qualitativen Gehalts<br />

mentaler Zustände ins Blickfeld rückt. Somit wird Homogenität bereits bei<br />

der Betrachtung einzelner „Bausteine“ der phänomenalen Wirklichkeit<br />

zum Problem <strong>und</strong> zwar, weil unklar ist, wie diese subjektive Einheitlich<br />

keit 110 das Resultat von Myriaden von Informationsverarbeitungsereignis<br />

sen auf der neuronalen Ebene sein könnte. Notorische Optimisten des<br />

108 Gute Einführungen in die Problematik des Bewußtseinsbegriffs geben Allport 1988 <strong>und</strong><br />

Bieri 1991. Die These, daß das Prädikat „bewußt“ in einer wissenschaftlichen Taxonomie<br />

mentaler Zustände nur eine sehr untergeordnete Rolle zu spielen hat, vertritt Wilkes 1988.<br />

Vgl. auch <strong>Metzinger</strong> 1995 a, b, c.<br />

109 Eine interessante Diskussion des Sellarsschen Grain Arguments bietet Lycan 1987: 93ff.<br />

Vgl. auch <strong>Metzinger</strong> 1995 c.<br />

110 Die subjektive Einheitlichkeit als Qualität einzelner mentaler Inhalte oder des inneren<br />

Erlebnisraums als Ganzem führt in cartesianischer Interpretation zur Einheit des <strong>Subjekt</strong>s,<br />

also von der Eigenschaftsanalyse zur Objektbildung. Homogenität ist aber nicht dasselbe wie<br />

Descartes’ Unteilbarkeit des Ich. Wie ich weiter oben bereitsgesagt habe, sind egologische <strong>und</strong><br />

substantialistische Theorien des Mentalen in Schwierigkeiten geraten durch empirische Resul<br />

tate von Untersuchungen an kommissurotomierten Patienten. Es scheint jedoch plausibel,<br />

daß zumindest die den Aktivitäten der dominanten Hemisphäre postoperativer Patienten<br />

korrespondierenden mentalen Repräsentate (denn nur über sie liegen uns in der Experimen

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