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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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82<br />

2. Kapitel<br />

ren oder indexikalischen Ausdrücken werden wir im vierten Kapitel in<br />

Zusammenhang mit der semantischen Diagnostizierung der Nagelschen<br />

Thesen erneut begegnen: „Ich“, „Hier“, „Dieses da“, „Jetzt“ sind Beispiele<br />

für solche Ausdrücke. Ihre Referenz hängt von dem räumlichen, zeitlichen<br />

oder psychischen Kontext <strong>und</strong> der Position des Sprechers in diesem Kon<br />

text ab. Sie helfen dem Sprecher, sich zu orientieren <strong>und</strong> zu lokalisieren.In<br />

gehaltvollen Aussagen können Indikatoren in ihrer Bezugnahme fehlgehen,<br />

darummöchteichsiealsdigitale Indikatoren bezeichnen sie erzeugen<br />

Wahrheit <strong>und</strong> Falschheit.<br />

Analog Indikatoren wie zum Beispiel die von mir beschriebenen men<br />

talen Präsentate melden dagegen durch einen systeminternen Zustand die<br />

pure Präsenz eines Reizes. Als Datensätze sind sie unter der Hinsicht ihres<br />

Gehalts nicht relational strukturiert, aber sie besitzen relationale Eigen<br />

schaften (zum Beispiel bezüglich anderer Systemzustände <strong>und</strong> ihrer physi<br />

kalischen Aktivierungsbedingungen). Wenn wir den Gehalt eines visuellen<br />

Präsentats oder einer Schmerz Quale sprachlich wiedergeben wollten,<br />

müßten wir Digital Indikatoren verwenden, zum Beispiel, indem wir sa<br />

gen: „Rot Jetzt Hier!“ oder „Hier Jetzt Zahnschmerzen!“. 87 Das<br />

verdeutlicht aus externer Perspektive die interne Funktion von Indikato<br />

ren. Warum aber Analog Indikatoren? Weil mentale Präsentate einen In<br />

tensitätsparameter besitzen: Rotwahrnehmungen, subjektive Schmerzer<br />

lebnisse oder Emotionen wie Eifersucht <strong>und</strong> Dankbarkeit können inner<br />

halb eines bestimmten Bereichs die Intensität oder Signalstärke des<br />

Präsentandums (also Information über eine physikalische Eigenschaft des<br />

selben) für den Organismus intern darstellen. Sie erzeugen aber nicht Wahr<br />

heit oder Falschheit, sondern bloß Ähnlichkeit.<br />

An diesem Punkt wird man unweigerlich mit dem folgenden anti natura<br />

listischen Einwand konfrontiert: „Nun gut, das ist ja alles gut <strong>und</strong> schön<br />

aber es sagt uns nicht das, was wir doch immer wissen wollten: Ist die<br />

subjektive Taxonomie mentaler Zustände abbildbar auf die entstehende<br />

neurowissenschaftliche Taxonomie? Was ist denn nun am Ende die Qualität<br />

der Röte <strong>und</strong> die Schmerzhaftigkeit von Schmerzen?“ Die hypothetische<br />

Antwort lautet: Ihren Rotwahrnehmungen <strong>und</strong> Schmerzerlebnissen liegen<br />

bestimmte Datenstrukturen zugr<strong>und</strong>e, die von komplizierten neuronalen<br />

Mechanismen erzeugt werden (durch einen Vorgang, den wir auf einer<br />

höheren Beschreibungsebene als mentale Präsentation analysieren können)<br />

<strong>und</strong> die physikalisch durch bestimmte neuronale Erregungsmuster reali<br />

87 Wenn man einen mentalen Zustand bei seinem ersten Auftreten nicht sofort identifizie<br />

ren oder wiedererkennen kann, bedeutet dies nicht unbedingt, daß man unter einem Mangel<br />

an Faktenwissen leidet, sondern nur, daß man bestimmte Begriffe nicht erfolgreich anwenden<br />

kann. Gegen die diffusen Nagelschen <strong>und</strong> Jacksonschen Begriffe von „innerem Wissen“ hat<br />

Janet Levin geltend gemacht, daß die Verbindung zwischen Wissen bezüglich mentaler Zu<br />

stände <strong>und</strong> gewissen diskriminatorischen Fähigkeiten keine logisch notwendige ist, sondern<br />

daß wir in den fraglichen Fällen schlicht mit epistemischen Defiziten konfrontiert sind. Bezüg<br />

lich dieser Argumentationslinie mit Blick auf das Verhältnis zwischen der objektiven <strong>und</strong><br />

subjektiven Individuierung phänomenaler Zustände vgl. Levin 1986.

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